Klingelnde Kassen über den Tod hinaus

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KULTUR
24
KULTURTIPP
„Schätze
aus dem
Rhein“
E
r gilt als kostbares
Überbleibsel aus der
Römerzeit: Rund 1700 Jahre lang ruhten Hunderte
Metallobjekte in einem
Arm des Altrheins. Küchengerät und Werkzeug,
Tafelgeschirr und Waffen –
Stücke aus Eisen, Bronze,
Kupfer und Silber römischer Bürger, die von 1967
bis 1997 in der Nähe der
heutigen Ortschaft Neupotz in Rheinland-Pfalz
aus dem Wasser geborgen
wurden. Nach langen Querelen um Zuständigkeit
und Eigentum hat der
„Barbarenschatz von Neupotz“, als der er inzwischen
bekannt ist, jetzt eine Dauerbleibe im Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte bekommen. Ab sofort ist er auf der Museumsinsel zu besichtigen. Dabei
waren die Entdecker nur
auf der Suche nach Kies, als
sie 1967 auf die ersten Reste stießen. Die Gebrüder
Ludwig und Willi Kühn
förderten mit den Schaufeln eines Schwimmbaggers nicht nur Gestein, sondern die römischen Objekte zutage. Nur schrittweise
brachten sie die Relikte ans
Licht, über die Jahrzehnte
wurden es mehr als 1000,
teilweise beschädigte Stücke, rund 700 Kilo römische Geschichte zum Anfassen. Der Schatz wurde
zunächst im Terra-Sigillata-Museum Rheinzabern
gezeigt, später kam er in
das Historische Museum
der Pfalz in Speyer. Da das
Museum renoviert wird,
bekommen
diese
Geschichtszeugnisse nun auf
der Museumsinsel ihren
Platz. Neben einfachem
Geschirr zeugen Prunkstücke für Speisen und Getränke von dem ausschweifenden Lebensstil der Römer. Nicht zuletzt deswegen stufen die Archäologen
den Schatz als wichtigsten
römischen Fund nördlich
der Alpen ein.
dpa
Infos: museumsportal-berlin.de
KOMPAKT
Parzinger: Vielfalt
verteidigen
dpa BERLIN. Der Präsi-
dent der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, hat die
Kultureinrichtungen
in
Deutschland dazu aufgefordert, die Vielfalt der Kultur zu verteidigen. Nach
dem Anschlag in Berlin
müsse der Staat entschlossen handeln. Gleichzeitig
trieben Rechtspopulisten
ein gefährliches Spiel mit
den Ängsten und verbauten Deutschlands Zukunft
als weltoffenes Land, erklärte Parzinger. Museen
und andere Kultureinrichtungen müssten jetzt zeigen, wie Vielfalt bereichern
könne. Als Beispiel nannte
Parzinger das Projekt
„Multaka“, bei dem Iraner
und Syrer in ihrer Muttersprache durch die Sammlungen der Berliner Museen führen.
Abschied wegen
Sparpolitik
dpa BONN. Die Bonner
Schauspieldirektorin Nicola Bramkamp wird ihren
Vertrag nicht verlängern
und das Haus 2018 verlassen. Ihren Abschied begründete sie am Donnerstag auch mit der anhaltenden Sparpolitik. Die „stetig
fortschreitenden Kürzungen im künstlerischen Bereich“ machten eine Fortführung ihres Konzeptes
nicht mehr möglich, teilte
sie mit.
FREITAG,
23. DEZEMBER 2016
Klingelnde Kassen über den Tod hinaus
Prince, Bowie, Hendrix – die Erben der prominenten Musiker verdienen weiter
Der Tod ist nicht das Karriereende: Musiker wie
Prince, David Bowie, Michael Jackson oder Jimi
Hendrix verdienen posthum kräftig weiter – und
sichern damit häufig den
Wohlstand ihrer Erben.
dpa LOS ANGELES. Einige
der ganz großen Musiker
sind in diesem Jahr von uns
gegangen. Im Popgeschäft ist
das allerdings kein Hindernis für die Fortsetzung einer
erfolgreichen Karriere. Als
beispielsweise die American
Music Awards im November
vergeben wurden, ging die
Trophäe für den besten
Soundtrack an den im April
gestorbenen Prince für die
Filmmusik zu „Purple Rain“
von 1984. Nach dem überraschenden Tod des 57-jährigen
Sängers an einer versehentlichen Überdosis Schmerzmittel waren die Verkäufe seines
wohl bekanntesten Albums
in die Höhe geschnellt.
Musikstars wie Jim Morrison, Janis Joplin, Bob Marley
und Jimi Hendrix sind nach
ihrem frühen Todesfall zu Ikonen geworden. Selbst Jahrzehnte danach gewinnen sie
neue Fans hinzu, ihre Musik
bringt Millionen. Vom Gitarrenhelden Hendrix etwa sind
dank eines umfangreichen
Archivs von Studio-Aufnahmen posthum viermal so viele
Alben erschienen wie zu Lebzeiten.
Ob Hinterbliebene und
Nachfahren berühmter Musiker noch lange an deren Erfolg verdienen, hängt aber
auch davon ab, welche Vorkehrungen getroffen werden.
Der ebenfalls in diesem Jahr
gestorbene Superstar David
Bowie war ein cleverer Geschäftsmann. Er sorgte dafür,
dass die Rechte an seiner Arbeit bei seiner Familie bleiben. Die Verwaltung vertraute er seinem langjährigen
Business-Manager Bill Zysblat an.
Bowie hat Berichten zufolge auch Vorbereitungen für
mehrere Anthologien seiner
Musik getroffen, die posthum herauskommen sollen.
KOMMENTAR
Späte
Perlen
Von
Joachim
Schmitz
D
In Berlin gedachten Fans im
August des verstorbenen David Bowie (Bild oben). Sie
werden wohl auch in den
nächsten Jahren mit „neuer“
Musik ihres Idols versorgt
werden. Alben für zwei Jahrzehnte soll Prince (links) hinterlassen haben. Ein Musterbeispiel für posthume Vermarktung ist Elvis Presley
Fotos: dpa
(rechts).
Seit seinem Krebstod mit 69
Jahren im Januar sind bereits die Sammlung „Legacy“
und ein Album zu seinem
Musical „Lazarus“ erschienen.
Es gebe noch unveröffentlichtes Material, sagte der
langjährige
Bowie-Produzent Tony Visconti der BBC.
Für das kommende Jahr kündigte er „eine Menge netter
Sachen“ an.
Auch von Prince wird noch
zu hören sein. Der Pop-Superstar hat einen Tresor voller
unveröffentlichter Musik hinterlassen, aber offenbar kein
Testament. Sein Nachlass, der
auf bis zu 300 Millionen Dollar geschätzt wird, geht damit
an Nelson und fünf Halbge-
schwister. Der Anwalt Donald David hat die Erbmasse
des erschossenen Rappers Tupac Shakur verwaltet. Wenn
Princes Nachlass gut gemanaged werde, sagt David, „wird
man in den nächsten zwei
Jahrzehnten immer wieder
neue Prince-Alben sehen.“ Erben von Musikern müssen
entscheiden, ob sie Werke
rausbringen, deren Urheber
sie möglicherweise aus guten
Gründen für sich behalten haben.
Wo es um viel Geld geht,
fehlt häufig das Fingerspitzengefühl, es nicht zu übertreiben. Die Erben der Reggae-Ikone Bob Marley wurden etwa dafür kritisiert, dass
sie dessen Namen für eine
Cannabis-Marke hergaben.
Michael Jacksons posthumer
Auftritt als Hologramm bei
den Billboard Music Awards
2014 fanden einige seiner
Fans verstörend.
Elvis Presleys Anwesen
Graceland in Memphis, schon
lange eine Pilgerstätte, ist vor
Kurzem um ein Hotel mit 450
Zimmern erweitert worden.
Ein 20 000 Quadratmeter großer „Unterhaltungskomplex“
soll im kommenden Jahr folgen.
Mit dem Graceland-Management hat auch die Stiftung, die sich um Princes Erbmasse kümmert, zusammengearbeitet, um aus Paisley
Park ein Museum zu machen.
Das hatte Prince gewollt. Nun
gibt es dort unter anderem die
VIP-Tour „Sunday Brunch Experience“, und Besucher können in Princes Tonstudios, wo
er tot aufgefunden wurde, den
Gesang für eines seiner Stücke aufnehmen.
Ob das auch den Wünschen
des Künstlers entspricht, ist
unbekannt. Princes Schwester Tyka Nelson sagte bei der
Museumseröffnung im Oktober, die Touristenattraktion
sei „authentisch“ und ganz im
Sinne ihres Bruders.
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Rowling arbeitet an zwei Romanen
Filme.“ Der neue Film aus
dem Potter-Kosmos, „Phantastische Tierwesen und wo
sie zu finden sind“, läuft zurzeit im Kino. Eddie Redmayne spielt darin die
Hauptfigur, den Zauberer
und
Fabelwesen-Experten
Newt Scamander. Die britische Bestsellerautorin startete damit eine neue fünfteilige
Filmreihe.
Unterdesssen wurde bekannt, dass „Harry Potter
und das verwunschene Kind“
von Joanne K. Rowling das
meistverkaufte Buch des Jahres in Deutschland ist. Auf
Platz drei der BelletristikJahrescharts folge zudem
noch die englische Originalausgabe „Harry Potter and
Die britische Erfolgsautorin
Foto: dpa
J. K. Rowling.
the Cursed Child“, teilte GfK
Entertainment mit.
„Harry Potter und das verwunschene Kind“ ist das
Skriptbuch zu dem Theaterstück, das seit Ende Juli in
London läuft. Harry Potter ist
darin inzwischen ein überarbeiteter Beamter im Ministerium für Zauberei und hat
Schwierigkeiten mit seinem
Sohn Albus Severus. Für die
britische Autorin Rowling ist
es bereits die sechste TopPlatzierung in Deutschland.
Schon in den Jahren 2000,
2001, 2003, 2005 und 2007
gewann sie laut GfK Entertainment mit ihren HarryPotter-Büchern die Jahreswertung.
Sehr erfolgreich ist auch
eine weitere britische Autorin: Jojo Moyes belegt mit ihren Werken „Über uns der
Himmel, unter uns das Meer“
sowie „Ein ganzes halbes
Jahr“ die Plätze zwei und vier.
Auf dem fünften Platz landete
der
österreichische
Schriftsteller Robert Seethaler mit seinem Roman „Ein
ganzes Leben“.
[email protected]
Elbphilharmonie:
Waltz weiht Foyers ein
„Harry Potter“-Theaterskript ist das meistverkaufte Buch des Jahres
dpa LONDON. Die britische
Erfolgsautorin und „HarryPotter“-Erfinderin J. K. Rowling arbeitet nach eigenen
Angaben gleich an zwei neuen Büchern.
Eines solle unter ihrem eigenen Namen herauskommen, das andere unter ihrem
Pseudonym Robert Galbraith, schrieb Rowling auf
Twitter. Sie wisse aber noch
nicht, welches zuerst fertig
werde. Ihr letzter GalbraithRoman „Career of Evil“
(2015) erschien 2016 unter
dem deutschen Titel „Die
Ernte des Bösen“.
Die 51-jährige Rowling
schrieb zugleich, dass es keinen Roman um Newt Scamander geben werde. „Nur
Wie der Bowie-Kult floriert: Hintergrund auf
noz.de/kultur.
Diese Promis starben
2016: Bildergalerie auf
noz.de/bildergalerie
en Medien wird nicht
zu Unrecht nachgesagt, sie hätten für den
absehbaren Tod prominenter Zeitgenossen so
manchen Nachruf in der
Schublade liegen. Ganz
ähnlich verhält es sich mit
der Musikbranche. Kaum
hat ein Star diese Welt
verlassen, überschwemmen in der Regel Best-ofund andere Alben den
Markt und schießen nicht
selten an die Chartspitze.
Daran ist zunächst mal
nichts Verwerfliches.
Schließlich ist es jedem
Fan selbst überlassen, ob
und welches Album seines Idols er sich nach dessen Ableben zulegt.
Allerdings gibt es Unterschiede: Künstler wie
Prince oder David Bowie
haben in ihrer immensen
Kreativität jede Menge
Material eingespielt, dessen posthume Veröffentlichung die eine oder andere Perle verspricht und
den Fans wahre Freude
bereiten wird. Alben jedoch, auf denen hastig die
alten Songs in mehr oder
weniger neuer Konstellation zusammengestellt
werden, haben den Beigeschmack, dass der Tod eines Künstlers nur instrumentalisiert wird, um Kasse zu machen. Richtig
übel aber wird es, wenn
Hinterbliebene in ihrer
Gier Werke des Verstorbenen veröffentlichen, die
dieser für nicht gut befunden und deshalb bewusst
zurückgehalten hatte.
dpa HAMBURG. Im neuen
Jahr geht’ s endlich los in der
Hamburger Elbphilharmonie: Mit der Uraufführung ihrer Performance „Figure Humaine – Menschliches Antlitz“ am 1. Januar wird die
Choreografin Sasha Waltz die
Foyers des soeben fertiggestellten Konzertgebäudes am
Hafen einweihen.
Zur spektakulären Architektur der Elbphilharmonie
erklärte sie: „Sie wirkt wie eine Welle, die sich aus dem
Wasser in die Stadt hinein
und aus der Stadt heraus bewegt. Die Idee des Wassers
und des Organischen sind
Elemente, mit denen ich
mich in meiner Choreografie
auseinandergesetzt habe.“
Dabei seien die Menschen –
die Tänzer und das Publikum
– wie Wasser, das den Konzertsaal, für sie „das eigentliche, pulsierende Herz des
Hauses“, umspült. Zugleich
gerate das Thema „Körper“ in
vielfachen Facetten zu einem
Aspekt ihrer Performance,
sagte Waltz.
Rund 80 Tänzer, Instrumentalsolisten und der Chor
Vokalconsort Berlin wirken
daran mit. „Eine Schlüsselrolle spielt das gleichnamige,
1943 entstandene Chorwerk
von Francis Poulenc. Das ist
ein ernstes und schwieriges,
am Ende aber auch Hoffnung
bringendes Stück“, erklärte
die weltweit gefeierte Künstlerin am Donnerstag .
„Königin der Koloratur“
Bedeutende slowakische Sopranistin: Edita Gruberová zum 70. Geburtstag
Von Pedro Obiera
WIEN. Sie feiert heute ihren
70. Geburtstag und singt
noch immer. Mit einer Stimme ohne nennenswerte Abnutzungserscheinungen. Die
lange Karriere der Sopranistin Edita Gruberová ist einer
selten anzutreffenden Symbiose aus perfekter Gesangstechnik, eiserner Disziplin
und viel Geduld zu verdanken.
Etliche Etiketten heftete
man der Sängerin an: „Köni-
Die slowakische Sopranistin Edita Gruberova. Foto: dpa
gin der Koloratur“, „Slowakische Nachtigall“ oder „Jahrhundert-Zerbinetta“. Solche
Rekordmarken dürfen nicht
darüber
hinwegtäuschen,
dass sich die Slowakin viel
Zeit nehmen durfte, teilweise
auch nehmen musste, bis sie
als Koloratursopran Geschichte schreiben und mit
wachsender Reife das gesamte Belcanto-Fach um Bellini,
Donizetti und Rossini erobern konnte.
Mit anderen stimmlichen
und gestalterischen Mitteln
als die Callas oder Joan Sutherland, ganz anders als die
noch ältere Generation um
Erika Köth oder Erna Berger.
Berger hat Edita Gruberová
zu verdanken, dass sie 1968
beim ARD-Wettbewerb nur
den zweiten Preis gewann.
Gruberovás „Königin der
Nacht“ gefiel der „deutschen
Nachtigall“ nicht.
1970 zog sie nach Wien, wo
man sie, abgesehen von der
„Königin der Nacht“, erstaunlich lange mit kleinen
Rollen abspeiste. Ihrer Entwicklung schadete das nicht.
Umso intensiver widmete sie
sich Gesangsstudien bei Ruthilde Boesch, mit der sie auch
die Zerbinetta aus Strauss’
„Ariadne auf Naxos“ einstudierte. Eine Rolle, die sie viele
Jahre konkurrenzlos beherrschen sollte. Es bedurfte allerdings des vehementen
Einsatzes von Freunden und
Förderern, darunter auch
Karl Böhm, bis sie die Partie
gegen den Willen des damaligen Intendanten Rudolf
Gamsjäger an der Wiener
Staatsoper singen durfte.
Damit setzte die internationale Karriere der Gruberová
ein. 1974 sang sie unter Karajan bei den Salzburger Fest-
spielen die „Königin der
Nacht“. Unvergesslich ihre
Münchner „Traviata“-Serie
unter Carlos Kleiber. Es folgten Triumph auf Triumph.
„Lucia di Lammermoor“ und
„Norma“, die Zugpferde von
Donizetti und Bellini, sind
nur zwei Beispiele ihres Repertoires, das viele der bis dahin unbekannten Werke der
italienischen Belcanto-Meister prägt. Nicht zu vergessen
ihr Einsatz für das Liedgut.
Vieles ist auf CD-Einspielungen erhalten.
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