Kultur Ansichten melancholischen Begriff haben „Knastis“ für bestimmte Tattoos geprägt. Eine der häufigsten Formen: Zwischen Daumen und Zeigefinger, nahe zum Daumengelenk, werden drei Punkte in einem Dreieck eingraviert. Angeblich signalisieren sie, dass der Träger Reue für seine Tat verspürt und sich nach einem besseren Leben sehnt. Sind die Punkte in einer Reihe zwischen Daumen und Zeigefinger eintätowiert, zeigen sie dem Eingeweihten: Dieser Mensch ist in Haft gewesen, ohne seine „Kollegen“ zu verraten. Dabei stehen die drei Punkte für die berühmten drei Affen: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Die Knastträne kann auch eine tränenförmige Tätowierung unter oder neben einem Auge sein. Hier steht sie grundsätzlich für eine längere Inhaftierungszeit, alle zehn Jahre darf eine Träne hinzukommen. Heute halten junge Gefangene diese Tätowierung allerdings einfach für „cool“ und lassen sie sich stechen, ohne die Bedeutung zu kennen. Diesen FOTOs: Getty Images, Sygma/Corbis Wer weint Knasttränen? Computerbilder haben den Berg ins Berliner Stadtbild integriert – ein monumentaler Anblick! Was soll ein Berg in Berlin? „The Berg“ ist (noch) fiktiv, und doch schon eine Attraktion für die Hauptstadt „The mother of all airports“, U n s e r T i pp Eines der berühmtesten Stücke für die linke Hand ist Maurice Ravels D-Dur Konzert, komponiert 1929. 26 F& A Warum sagen wir ...? ... Panik. FOTOs: Mila/Jakob Tigges, AKG-Images Gibt es Klavierstücke für eine Hand? Eines der ersten, nur mit der linken Hand zu spielenden Klavierkonzerte hat Franz Liszt komponiert; weitere folgten wenig später. Grund: Liszts Freund und ehemaliger Schüler, der ungarische Pianist Géza Graf Zichy, hatte bei einem Jagdunfall seine rechte Hand verloren, wollte aber auf keinen Fall die Musik aufgeben. Die von Liszt geschriebenen Stücke für die linke Hand dienten einige Jahrzehnte später auch dem österreichischen Pianisten Paul Wittgenstein (1887 – 1961): Dem Weltklassemusiker war nach einer schweren Verletzung im Ersten Weltkrieg der rechte Arm amputiert worden. Auch er ließ sich davon nicht in seiner Pianistenlaufbahn stoppen und beauftragte die berühmtesten Komponisten seiner Zeit, Stücke für ihn zu schreiben. Wittgenstein (ein Bruder des ebenfalls berühmt gewordenen Philosophen Ludwig Wittgenstein) stammte aus einer Industriellenfamilie, hatte nicht nur genügend musikalisches Genie, sondern auch Vermögen, um solche Größen wie Maurice Ravel, Richard Strauß, Sergej Prokofjew oder Benjamin Britten für das Projekt zu begeistern und der Musikwelt auf diese Weise ein reiches Repertoire an Konzerten für die linke Hand zu schenken. Die ehrgeizige Aufgabe, die sich dabei für die Komponisten stellt: Die Konzerte sollen „komplett“ klingen, der Zuhörer nicht heraushören können, dass nur eine Hand im Einsatz ist. Gespielt werden sie heute auch von zweihändigen Pianisten – für die meisten eine ziemliche Herausforderung. Denn auch bei Spitzenmusikern ist die linke Hand oft technisch etwas schwächer als die rechte. Die Luft flimmert zwischen den Olivenbäumen, die Sonne steht an ihrem höchsten Punkt im knallblauen Himmel – Mittagszeit im griechischen Arkadien. Es ist die Stunde des großen Pan, des Gottes der Hirten und Bauern, der in den Hainen der Peloponnes zu Hause ist. Grotesk sieht er aus, mit seinen zotteligen Bocksbeinen, den Hörnchen auf der Stirn und dem muskulösen Oberkörper. Doch weil er hinreißend auf seiner Flöte spielt, kann ihm auch die hübscheste Nymphe nicht widerstehen. Nicht von ungefähr ist der Gott der Hirten auch der Gott der Sexualität – Sex in seiner ursprünglichsten Form. Es gibt aber etwas, das Pan auf den Tod nicht leiden kann: dass man ihn bei seinem heiligen Mittagsschlaf stört. Tut ein unbedachter Hirte es doch, erhebt sich der Gott zu furchtbarer Größe und jagt alles, was ihm in den Weg kommt, davon. Ziegen und Schafe stieben dann in „panischem Schrecken“ in alle Himmelsrichtungen davon – das Wort Panik bezog sich also ursprünglich auf das Aufschrecken und Flüchten von Herdentieren. Heute bezeichnet man damit sowohl die (gefürchtete) Angstreaktion von Menschenmassen als auch individuelle Angstattacken. Jeder, der so eine „Panikattacke“ schon mal erlebt hat, weiß wie schrecklich sie sich anfühlt. Teuflisch geradezu. Da versteht man, warum die Kirchenväter im Mittelalter den großen Pan mitsamt seiner lüsternen Libido zum bocksbeinigen Teufel umfunktionierten. das ist Berlins stillgelegter Flughafen Tempelhof. Und geht es nach dem Berliner Architekten Jakob Tigges soll auf dem Flugfeld ein 1000 Meter hoher Berg entstehen – der „Tempelhof Mountain“, kurz „The Berg“ genannt. (Zum Vergleich: Der bisher höchste Punkt in Berlin, der Teufelsberg, erreicht gerade mal 115 Meter.) Eine Berglandschaft mit Felsen, Almen und Wäldern irgendwo hinter Alex und Charité – all das hat Tigges schon in mehreren Computerbildern simuliert. Sein Argument: „Das wäre eine Sehenswürdigkeit von hoher Anziehungskraft für Touristen sowie Berliner und für diese von großem Identifikationspotenzial.“ Tatsächlich ist die originelle Idee, die Tigges mit seinem Büro Mila schon vor einigen Jahren bei den Städteplanern eingereicht hat, in Berlin längst „Kult“ geworden. In Grundschulklassen zählt „The Berg“ zu den beliebtesten Malmotiven; Bilder von „The Berg“ schmücken immer mehr Wände in Berliner Bars und Cafés. Sogar international, vom amerikanischen „Boston Globe“ bis zum spanischen „El Periódico, wird das Projekt mit Interesse verfolgt. Architekturdozent Jacob Tigges versteht seinen Entwurf übrigens auch als Protest: „Ich finde es erbärmlich, wie der Senat mit dem Tempelhofer Feld umgeht.“ F&A 27