Geschichte Chali Xu Ur- und Altrom bis zur augusteischen Zeit in der Literatur Studienarbeit 1 Ur- und Alt-Rom und Rom in augusteischer Zeit anhand literarischer Quellen Einleitung Mein Vortrag tangiert einen schwierigen Bereich. Einerseits soll er eine Zeitspanne, nach römischen Rechnungen, über acht Jahrhunderte bedecken, nämlich von 753 v. Chr. bis zur Jahrtausendwende; andererseits lassen sich hier wohl mehrere namhafte Schriftsteller anhand vielfältiger Literaturgattungen jener Zeit einschätzen, die entweder als Zeitgenossen historische Ereignisse erlebt, oder gar vorangetrieben hatten, oder sich tief mit der Beschreibung über Ruhm und Ehre Roms mittels damals noch vorhandener Quellen beschäftigten. Diesbezüglich denke ich, dass mein Referat mit folgender Vorgehensweise durchgeführt werden kann. Zum nächsten werde ich verschiedene Autoren über die Gründung Roms durch Aeneas zitieren, die Autoren, die in diversen literarischen Gattungen und auch in verschiedenen Sprachen dies erläutert hatten. Folglich möchte ich einige berühmte Autoren in der republikanischen Zeit beschreiben, die selbst gleichzeitig auch Amtsträger in Rom waren. Da die Texte, die ich im ersten Teil meines Vortrages benutzt habe, fast ausnahmslos in der augusteischen Zeit entstanden waren, sind einige Phänomene in dieser Zeit nennenswert. Mein Ziel in diesem Vortrag besteht nicht darin, jegliche Bau- oder Bodendenkmäler aus Ur- und Alt-Rom bzw. Rom in der augusteischen Zeit anhand der Literatur aufzulisten. Ich möchte erstens verschiedene damals gängige Gattungen in der Literatur vorstellen; zweitens möchte ich versuchen die Urbanisierung Roms zu erklären. 1 Mythos und Gründungsgeschichte Wie auch immer, die römische Geschichte beginnt auch mit Mythen. Livius schreibt in der Vorrede seines Geschichtswerkes: „Man sieht es der alten Zeit nach, dass sie den Anbeginn der Städte verklärt, indem sie das Menschliche mit Göttlichem vermischt“.1 Die Anknüpfung der Römer, der römischen Gelehrten an die griechische Sagenwelt, an die Sagenwelt des ganzen Mittelmeerraums kann man heute dank der schriftlichen Überlieferung nachvollziehen. 1 W. Dahlheim. Die Antike, Paderborn 2002, 305. 2 Die Schlüsselfigur in der römischen Darlegung der griechischen Sagen war der trojanische Prinz Aeneas, der nach dem Fall seiner Heimatstadt aus dem brennenden Troja nach Westen floh, den alten Vater Anchises auf dem Rücken und die Schutzgötter der Stadt in Händen. Was dieser Held dann unternahm hatten römische Autoren auch dargestellt. Nach dem Scheitern der Liebe der karthagischen Königin Dido zu Aeneas hatte er erlangt, mit der Hilfe seiner Stammmutter Venus, das von den Göttern vorbestimmte Land zu erobern. Seine Nachfahren regieren 300 Jahre bis Romulus die Stadt Rom gründet. Unter den Römern gab es Streit über wann und von wem wurde die Stadt gegründet. Sogar einige Griechen haben verschiedene Meinungen dazu gegeben. Dies kann man durch Erörterung Dionys von Halikarnass erfahren.2 Obwohl die Narration der Griechen und der Römer gewiss Unterschied enthält, liest man aus dem Text klare Hinweise. Zunächst mussten Romulus und Remus, die Zwillingsbrüder durch eine Wölfin gezüchtet und von Hirten aufgezogen werden, bevor einer der beiden die mächtigste Stadt Rom gründen oder übernehmen durfte. Es lässt sich erschließen, dass hier ein typischer Topos in der frühen Mythologie wie zum Beispiel König Ödipus, oder die Aussetzung des trojanischen Prinz Paris und das Elend der Hellseherin Kassandra wieder auftaucht. So kann man anhand dieser auch hier behandelten Text als römische Interpretation bezeichnen. Zweitens trotz der oben genannten Darstellungstechnik wird im Text eine Zäsur zwischen der Stadt und dem bäuerlichen Land ausgedrückt. Die Gründung und Verwaltung einer Polis aus einem Kerngebiet mit seinem Umland als Lebenszentrum in der hellenistischen Welt dürfte Dionys, der erst 29 v. Chr als Lehrer nach Rom gekommen war, aus Erlebnis in griechischer Welt besser kannte als seine römischen Kollegen. So liest man bei ihm auch die wörtliche Verdeutlichung der zweiten Gründung des Rom und die Kolonisation. Er hatte die Römer auch für Hellenen gehalten.3 Seine römischen Kollegen haben ihre Aufmerksamkeiten mehr auf die Erweiterung der Stadt und Einmischung benachbarter Völker 2 Dionys von Halikarnass 1,72-73. 3 Dionys von Halikarnass 1,5,1; A. Mehl. Römische Geschichtsschreibung, Stuttgart 2001, 47. 3 gelegt. So bei dem Livius wurde der Raub der Sabinerinnen geschildert und der Wohnort der Sabiner Quirinal wurde im Machtgebiet Roms eingegliedert. Dionys Zeitgenosse Vergil hat seine Kraft und Begabung dem römischen Epos gewidmet, in dem er eine göttliche Weltplanung erzählt: Aus dem zerstörten Troja wuchs neues Leben, das von Romulus gegründete Rom unterwarf sich die Welt, und das Geschlecht der Julier, die Nachfahren der Venus und des Aeneas, brachten die goldenen Zeiten des Saturn zurück nach Italien. Aeneas weiß dies alles seit der Nacht, in der er in der Unterwelt seinen Blick weit in die Zukunft richten darf und die lange Reihe der Männer sieht, die Rom zur Herrin der Welt machten.4 Dionys kennt wohl, dass Römer sicherlich kaum einen einzigen Historiker oder Annalist aus der alten Zeit gehabt; allerdings jeder ihrer zeitgenössischen Historiker alte Geschehen aus den annales maximi genommen5, die jährliche Ereignisse in Rom notieren und bei dem Pontifex Maximus bewahrt werden. Dionys meint, bezüglich antiker Siedlungen des Rom, sei es bis dahin genug geredet worden6. 2 Polybios Leistung zum Aufstieg des Rom Die Römer haben keine lange Tradition der Geschichtsschreibung wie die Griechen. Eben sind jegliche Geschichtsschreiber wie Thukydides in Rom vermisst, die dafür bereit sind, die schriftlichen und mündlichen Materialien zu analysieren. Bezüglich der Stadtgründung kann man schon viele Varianten der römischen Darstellungen für durcheinander halten, etwa die Beziehung zwischen Aeneas und Romulus, Beziehung zwischen Alba Longa und Rom. Aber Römer sind in der Lage, dem Vorbild im römischen Sinne nachzumachen und eine römische Tradition herauszufinden. Der erste findet man bei der sogenannten Imitation der griechischen Epen und Theaterstücke bis auf scheinbar authentische römische Auslegung von Ennius und des trojanischen Krieges bzw. der griechischen Heldenwelt von Vergil; der letztere etwa bei Marcus Terentius Varro, der die sogenannte varronische Ära, nämlich die Gründung Roms auf das 3. Jahr der 6. Olympiade, gleich 753 v. Chr. in seinem De Gente Populi Romani datiert hatte, die Berechnung eines Ansatzpunktes, auf der spätere annalistische Werke wie Livius oder sogar Tacitus überhaupt basieren konnten. Livius nutzt die Klausel „ab urbe condita“ als der Titel seines Werkes so selbstverständlich, als wären diese drei Worte seit mehreren Jahrhunderten im jedermanns Mund zirkuliert. 4 Vergil, Aeneis 6,790ff. 5 Dionys von Halikarnass 1,73. 6 Dionys von Halikarnass 1,73.