ROLANDO VILLAZÓN CLUB WIEN Leitung: dr.brigitta weis A-1210 Wien Holzmeistergasse 12 email: [email protected] tel. u. Fax 0043 1 2711286 Wien am 23.März 2013 Rolando der Vielgeliebte und Vielgescholtene hat Fans ebenso wie seine Kritiker wieder einmal überrascht. Er sang am 15.März in der dritten Traviata-Vorstellung einen hinreißenden, berührenden Afredo, seine Stimme war voll jugendlichem Schmelz und die Schönheit Verdi ´scher Melodien glänzte . Seine Intensität in Arie und Cabaletta des zweiten Aktes nahm das Publikum gefangen, die hohen Töne kamen stark und klar, es war ein Abend, an dem Rolando einfach alles gelang. Dann stürzte er sich in die Dramatik des dritten Aktes. Ich glaube, niemand achtete mehr auf das dümmliche FrauenBallett, das uns der Regisseur aufdrängte, denn im Hintergrund der Szene schlich ein düsterer Alfredo mit einer Flasche in der Hand über die Bühne und - das ist es auch, was diesen Künstler auszeichnet - sollte jemand noch nie zuvor die Traviata gesehen haben, man begriff , jetzt wird es gefährlich. Rolando sang Leidenschaft, Verzweiflung, Zorn, und seine Musikalität verblüfft immer wieder. Jeder Schritt, jede Geste folgt der Musik , nichts wirkt aufgesetzt oder künstlich. Wenn er am Ende der Szene Violetta überfällt, sie zu Boden reißt und mit ihr in einem besinnungslosen Kampf um diese Liebe über die Bühne rollt, dann weiß man wieder, was Oper ist. Vater Germont greift ein ins Geschehen, Alfredo kommt zu sich, und im gehetzten Stakkato der Selbstanklage zeigt Rolando noch einmal die Verwirrung dieses jungen Mannes . Während Violetta ihre Liebe hinaussingt und Verdi´s Musik in sanfter klagenden Wellen fließt, hebt sich die Schönheit von Rolandos Stimme über den Chor und rührt zu Tränen. Im letzten Akt vereint Verdi sein Liebespaar noch einmal in einem Duett, das für mich an diesem Abend zu einem ganz besonderen Erlebnis wurde. Rolando wirkte frisch wie im ersten Akt, seine Stimme hatte den langen Atem, den Verdi`s Musik braucht, und das samtig-dunkle Timbre im Parigi , o cara…… schien mir so anziehend wie noch nie. Man muss es gehört haben dieses la tua salute rifiorirà. In der Wiederholung, im allerletzten rifiorirà gleitet Rolando aus einem extremen Ritardando in einen ganz weich gesungenen Schlussvokal, der mir seither nicht mehr aus den Ohren geht. Der Neue Merker, ein bis dahin äußerst rolando-kritisches Magazin, wurde bekehrt. Die Rezensentin Renate Wagner, die noch vor kurzer Zeit Rolando den Rückzug von der Bühne empfohlen hat, schrieb : „Wundersames, Wunderbares ist aus der Wiener Staatsoper zu berichten…..“ Es folgt fast Hymnisches auf die Leistung des Tenors und auch Selbstkritisches: „…wer angesichts seines letzten Wiener Nemorinos dachte, er solle… sich in Würde zurückziehen, wurde beschämt.“ Respekt, Frau Wagner. Wir hatten in der darauffolgenden Woche die Freude, Rolando an drei Tagen hintereinander im Wiener Musikverein zu erleben. Die Wiener Symphoniker unter Fabio Luisi ehrten Verdi und luden Rolando zu drei Konzerten. Er bot frühe Lieder des Komponisten . Das Programm wurde eröffnet mit Benjamin Britten`s Soirées musicales auf Themen von Rossini. Diese sehr leicht und reizvoll musizierten Stücke wie canzonetta, bolero und tarantella waren ein sehr schöner Prolog für Rolando, der die Verdi-Romanzen in der Orchestrierung von Luciano Berio sang. Die Uraufführung dieser otto romanze fand im Jahr 1990 in Padua statt, José Carreras war der Tenor. Wir kennen einige dieser Romanzen schon von Rolandos jüngster Verdi-Platte, auch in Konzerten sang er manches davon. Er eröffnete diesmal mit „ in solitaria stanza“ , und nach fünf Tönen war klar, Rolandos Verdi-Stimme hält, was sie in der Traviata versprochen hat. Obwohl diese Lieder zum Teil sehr tief gesetzt sind, schenkte sich Rolando keinen einzigen Ton , seine Stimme klang kräftig und schwelgte in der manchmal sehr düsteren Dramatik dieser Romanzen. Es folgte il mistero mit dem besonders effektvollen Schluss auf prende amore in nobil cor. Neu war für mich das dritte Lied deh pietoso , oh addolorata. Es ist das Gebet von Gretchen aus Goethes Faust „ach neige, du Schmerzensreiche…“ Seltsam, dass Verdi diesen Text (ins Italienische übersetzt von Luigi Balestra) für einen Tenor vertont hat. Rolando warf sich mit allen Farben seiner Stimme in diese Anrufung aus sieben Strophen und erntete begeisterte Zustimmung des Publikums. Richtiger Jubel brach nach L `esule aus. Rolando gab dem „Verbannten“ nicht nur das Drama, sondern ließ seine Stimme im lyrischen Teil des Liedes tanzen. Die Freude an dieser Musik, ja die Freude über sein eigenes Können strahlte ihm aus dem Gesicht. Ohne Zugabe wurde er nicht entlassen. Er sang eine fünfte Romanze „il poveretto“. Es ist das Bettel-Lied eines armen , alten Soldaten, dessen Sold nie groß war und dessen Verdienste von der Heimat vergessen wurden. Alles andere als ein Rausschmeißer. Aber Rolando gab dem Lied einen Ausdruck von verschmitzter , wenn nicht gar schlitzohriger Straßen-Bettelei , die mich verblüffte. Was alles ist in Verdi drin, wenn ein Künstler auch zwischen den Noten singt ! Rolando steigerte sich von Abend zu Abend und sein drittes Konzert war von größter Intensität . Jeder, der alle drei Konzerte gehört hatte, fand das letzte überwältigend . Danach gab es eine Signierstunde im Foyer des Musikverein. Rolando hat für dieses Haus auf seinen Grunge-Stil verzichtet , zeigte sich in schwarzem Sakko und schwarzem T Shirt , auf dem eine fremde Schrift weiß blitzte . Über unsere Bitte öffnete er die Jacke und zeigte uns seine griechisch beschriftete Brust, ein Zitat von Nikos Kazantzakis. Wer von denen, die dabei waren, kennt es ? Ich habe nur ein einziges Zitat dieses Schriftstellers im Kopf: „Ich erhoffe nichts, ich fürchte nichts, ich bin frei .“ War es das ? Und noch einen bekehrten Rezensenten gibt es, wenn er auch (noch) nicht viele Worte für Rolando übrig hat. Stefan Ender im „Standard“ fand Rolando schönstimmig, viril. Vielleicht sollten wir am 22.September 2013 die Matinee in der Staatsoper besuchen, Herr GMD Welser-Möst referiert über das Thema „Ist Musikkritik noch up to date ?“ Das Programm der Wiener Staatsoper für die Saison 2013/2014 ist veröffentlicht. Zu unserer großen Freude werden wir Rolando in sieben Vorstellungen erleben. Viermal wird er im Jänner 2014 Don Ottavio sein und dreimal im März Lenski im Eugen Onegin. Die Staatsoper nimmt schriftliche Bestellungen entgegen, man muss sich beeilen, denn diese Vorstellungen werden sehr schnell ausgebucht sein. Bitte nicht vergessen: Rolandos nächster Auftritt in Wien 12. Mai 2013 , Konzerthaus, Verdi-Arien Im April dieses Jahres hat er allerdings einen ganz besonderen Auftritt in Barcelona. Rolando Villazón wird seinen ersten Roman präsentieren, der im spanischen Espasa-Verlag erscheint: MALABARES Man müsste Spanisch können, denn die deutsche Übersetzung dieser „Jonglierkunststücke“ wird auf sich warten lassen. Sehr herzliche Grüße Brigitta