Genf, den 20. Dezember 2006 OFFENER BRIEF Sehr geehrter Herr Cantarell, «Man muss die Welt sehen, wie sie ist, sie aber trotzdem verändern wollen.» Mit diesem Zitat haben Sie Ihre Vision der Konzernentwicklung in Europa beschrieben. Wir als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Nestlé nehmen Ihre Worte ernst. Denn auch wir wollen Veränderung – und zwar dringend. Während sich Nestlé enorm bemüht, die Finanzgemeinschaft zufriedenzustellen und "Shareholder Value zu generieren", sind die Beschäftigten mit Unsicherheit konfrontiert, wenn die Ergebnisse veröffentlicht werden und sich unsere Aussichten für die unmittelbare Zukunft konkretisieren. Der häufige Hinweis auf "Gewinne aus Effizienzprogrammen" mag einen Finanzanalysten erfreuen, doch für die NestléBeschäftigten und ihre Gewerkschaften bedeuten diese Programme Stellenstreichungen, Flexibilitätsforderungen und Auslagerung und kündigen eine anhaltende Umstrukturierung und ständige Attacken gegen Tarifverträge an. Die Gewinne werden zum Preis von Fabrikschliessungen, Abbau von Arbeitsplätzen, und durch laufende Sparmassnahmen, welche die Arbeitsbedingungen verschlechtert haben, realisiert. Wir Mitglieder des europäischen Betriebsrates möchten die Unzufriedenheit ausdrücken, welche die Beschäftigten angesichts der negativen Folgen dieser Nestlé-Politik empfinden. Das ist die Nestlé Welt, wie wir sie sehen und erleben … Die Nestlé Welt ist ständig in Bewegung: Verkauf von Werken und Verlagerung von Produktion, Personalabbau und Outsourcing, Massnahmen zur Kostensenkung, Copacking-Abkommen und Joint Ventures mit verschiedensten Partnern wie aktuell mit der Firma Lactalis. Doch wir als Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Nestlé werden über diese Veränderungen immer sehr spät oder nur mangelhaft informiert. Der europäische Betriebsrat (NECIC) – eigentlich der legitime Gesprächspartner für das Unternehmen bei Umstrukturierungen – wird laufend vor vollendete Tatsachen gestellt und mit seinen Forderungen abgewimmelt. Wir als Vertreter der Beschäftigten von Nestlé werden diese krasse Missachtung unserer Rechte nicht länger hinnehmen! Wir die Unterzeichnenden fordern die Verantwortlichen bei Nestlé auf allen Stufen auf: den Nestlé-Grundsatz «die Mitarbeiter sind das wertvollste Kapital» bei ihren Entscheidungen und ihrem Kommunikationsverhalten dringend zu beachten. eine nachhaltige und sozialverträgliche Entwicklung des Unternehmens höher zu gewichten als die Realisierung kurzfristiger Profite. alle Beteiligten ernst zu nehmen und umfassend, rechtzeitig und klar zu informieren. das Mitspracherecht der Personalvertretungen zu respektieren und garantieren. den Europäischen Betriebsrat als Gesprächspartner umfassend in die Diskussion über die Entwicklung des Unternehmens einzubeziehen. Mit freundlichen Grüssen Jörg Lindner Vorsitzender des NECIC Ron Oswald Generalsekretär der IUL