Himmlisches Volkstheater Das Beste aus Berlin ZEITUNG

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21. April - 21. Mai 2017
z e i t u n g
„Die (s)panische Fliege“, Volksbühne am
Rosa-Luxemburg-Platz, © Thomas Aurin
Sieben Vorstellungen:
„Der Brandner Kaspar“ aus Mannheim
Das Beste aus Berlin
Himmlisches Volkstheater
Berlins Theaterszene gilt als weltweit einmalig, was ihre künstlerische Qualität und Experimentierfreude angeht. Bei der Biennale sind vom Deutschen Theater „Die Glasmenagerie“, „Transit“ und
„Väter und Söhne“ zu erleben. Das Maxim Gorki Theater kommt
mit „The Situation“ und die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz
zeigt „Die (s)panische Fliege“ (siehe Titelbild).
Seiten 3, 4, 11, 12
Ein Theaterstück wie das pralle Leben: komisch, berührend
zärtlich und den ganzen Bogen zwischen Erde und Himmel umspannend. „Der Brandner Kaspar und das ewig' Leben“ ist am
Nationaltheater Mannheim neu und aufregend interpretiert worden: Ein Volksstück im besten Sinne des Wortes, im gewaltigen
Bühnenbild und mit gefeierten Darstellern. Seite 13
2
AUF EIN WORT
Spa ß m a c h e r u n d E r n stmacher, Aufklär er und Spieler
Theater neuen Typs
Blick zurück nach vorn: Viele Schultern waren und sind nötig, das Siegener Theater zu ermöglichen und dauerhaft zu etablieren.
Die Vorworte des Intendanten, des Bürgermeisters und der Vorsitzenden der Apollo-Trägerstruktur erzählen davon.
W
ir hatten einen
Traum, als am
6. Mai 2007 das
neu gebaute Apollo-Theater
an den Trägerverein übergeben wurde. Diesen feiern wir
auf den Tag genau zehn Jahre
später mit einer überbordendkomödiantischen Produktion
der Volksbühne am RosaLuxemburg-Platz aus Berlin.
Ein neues Modell von Theater sollte begründet werden,
eine Synthese aus Gastspielen
und Eigenproduktionen, aus
bürgerschaftlichem und städtischem Engagement. Wir haben seither tatkräftig nach vorne geträumt, vorneweg der im
Jahr 2014 verstorbene Walter
Schwerdfeger.
Das Theater, das uns damals
vorschwebte, sollte Qualität
und Publikumsnähe, Profil und Vielfalt ausstrahlen.
Z
ehn Jahre Apollo!
Unglaublich, aber
so lange ist es tatsächlich schon her, seit der
Siegener Theatertraum Realität wurde. Das „Geburtsjahr“
2007 ist übrigens noch in zweifach anderer Weise für das
Geistesleben in unserer Stadt
von herausgehobener Bedeutung: Im Frühjahr jenes Jahres eröffnete in der Oberstadt
das KrönchenCenter als neues
Kultur- und Kommunikationszentrum, und im August 2007
Z
ehn Jahre ApolloTheater Siegen sind
eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte.
In eigener Trägerschaft, in besonderem Maße gefördert durch
das bürgerschaftliche Engagement der Mitglieder, Spender
und Sponsoren und geprägt
durch eine von der Theaterleitung geschaffene Programm-
ist, und den großen Musikern
und Nazi-Gegnern Fritz und
Adolf Busch, die durch das
Theater hier wieder beheimatet wurden, haben wir mit Navid Kermani einen Mann des
Wortes, den wir uns mit der
Uraufführung von „Große Liebe“ aneignen durften. Hier, wo
die Sprache des Landes lange
das Schweigen war, bedurfte
es der Einwanderung aus der
persischen
Kultur, um die
Schönheit des
Deutschen so
zum Ausdruck
zu bringen,
wie Kermani
es vermag.
„Unser tägliches Theater“ gibt es
nun vier Wochen lang.
Der Titel „Heimat²“ öffnet diesen traditionell verengten Begriff hin zum Interkulturellen,
zu Fragen nach Vertreibung,
Verlust und Flucht.
„Heimat für alle“ heißt der
neue Traum, so human wie
utopisch – und notwendig angesichts der antizivilisatorischen Attacken durch eine
hässliche Internationale der
Nationalisten in Ost und West.
Wir hoffen, der Stadtgesellschaft mit diesem Theaterfest
etwas neues Gemeinsames
geben zu können. Ein Gemeinsames, in dem die Differenz,
das Andersartige wahrgenommen wird als substanzieller
Teil des Ganzen. Dieses Theater soll so veränderungswillig
bleiben wie es war. Und mit der
Gründung des Jungen Apollos
(JAp) im September wird mal
wieder ein Anfang gesetzt in
dieser kulturfroh gewordenen
Region. Auf ein Neues.
präsentierte sich die umfassend modernisierte Siegerlandhalle dem Publikum.
Es gibt etwas, das alle drei Institutionen eint. Ich würde diesen Aspekt so auf den Punkt
bringen: frischer Wind und
neue Ideen hinter altehrwürdiger Fassade! Im Falle des
Apollo kam aber noch etwas
Einzigartiges hinzu: ein bürgerschaftliches Engagement,
das dieses Theaterhaus nicht
nur ermöglichte, sondern es
trug, im wahrsten Sinne des
Wortes, nicht nur über die ersten Jahre, sondern bis heute.
So heißt „Zehn Jahre Apollo“
eben auch: Zehn Jahre Gemeinsinn, Bürgerinnen und
Bürger, Persönlichkeiten der
heimischen Unternehmerschaft, Institutionen, Verwaltung und Politik, alle in einem
Boot. Sie geben den Verantwortlichen des Theaters, allen voran Intendant Magnus
Reitschuster, den nötigen
Rückhalt. Mit dieser soliden
Basis können immer wieder
besondere Höhenflüge gewagt
werden, wie die Siegener Biennale, die in diesem Jahr
bereits zum vierten Mal einige
der besten Theaterensembles
Deutschlands in das Apollo
bringen wird.
Zehn Jahre sind ein guter
Anfang, aber letztendlich nur
eine kurze Etappe für ein Theaterhaus mit diesen positiven
Rahmenbedingungen. Der
Boden für eine positive Weiterentwicklung ist bereitet;
die „neuen Ufer“ bilden städ-
tebaulich inzwischen ein ansprechendes Umfeld. Und mit
der Verpflichtung von Werner
Hahn wurden die Weichen gestellt, um die Jugend ins Apollo zu holen. So muss einem
um die Zukunft des Theaters
– unseres Theaters – nicht
bange sein.
vielfalt auf höchstem Niveau ist
mit dem Apollo-Theater Siegen
eines der renommiertesten Theater der Bundesrepublik entstanden.
Zahlreiche Eigenproduktionen,
in ganz besonderem Maße,
aber auch Gastspiele der bedeutendsten deutschsprachigen
Bühnen, ein von der Philharmonie Südwestfalen geprägtes
vielfältiges Musikangebot und
nicht zuletzt „Apollo vokal“ prägen das einmalige Programmangebot des Theaters. Nahezu
100.000 Zuschauer und Besucher pro Spielzeit sind ein lebendiger Erfolgsbeweis.
Die 4. Siegener Biennale aus Anlass des großen Jubiläums wird
in der Spielzeit 2016/2017 einen
ganz besonderen Höhepunkt der
bisherigen Erfolgsgeschichte bilden und auch dieses Ereignis ist
wiederum nur möglich durch das
außergewöhnliche Engagement
unserer Mitglieder, Spender und
Sponsoren: „So tickt Apollo“.
Das Ordentliche sollte
hier ebenso zu Hause
sein wie das
Außerordentliche, auftreten sollten
die Spaßmacher und die
Ernstmacher,
die Aufklärer und die
Spieler. Das Haus war gedacht
als zentraler, geistiger und
ästhetischer Ort der Polis,
als Hort der Fantasie und der
spielerischen Selbstreflexion
des Gemeinwesens. Erfreulicherweise ist vieles davon in
Erfüllung gegangen, so dass
nun schnöde Selbstverständlichkeit ist, was einmal Vision
war. Neben Rubens, dem hierzulande ein Preis gewidmet
Gerd Dilling,
Vorsitzender Apollo-Förderkreis
Magnus Reitschuster,
Intendant und Geschäftsführer
Dr. Henrich Schleifenbaum,
Vorsitzender Trägerverein Apollo
Steffen Mues,
Bürgermeister der Stadt Siegen
Wilfried Groos,
Vorsitzender Stiftung
Apollo-Theater Siegen
Prof. Dr. Peter Schuster,
Kuratoriumsvorsitzender
Apollo-Förderkreis
1 0 J a h r e A p o l l o - T h eate r
www . a p o l l os i e g en . de
3
Fest des Theaters – „Die (s)panische Fliege“ der Volksbühne Berlin
4 Biennalen, 10 Jahre
Gibt es Apollo wirklich erst seit zehn Jahren? Die Kinder können sich ein Leben ohne Apollo gar nicht vorstellen. Bei den Älteren aber
kommen Erinnerungen hoch an den Kampf um dieses Theater; sie sagen: „Unglaublich, dass das schon wieder zehn Jahre her ist!“
I
Das
Apollo ist Bespieltheater,
lädt also die besten verfügbaren Vorstellungen anderer Theater
oder von Tourneetheatern zu
Gastspielen ein. Gleichzeitig
werden aber auch eigene
Produktionen auf
die Bühne
gebracht, etwa
Reitschusters SiegenStück über „Die Busch-Brüder“ oder – aktuell – seine
Bearbeitung von Navid Kermanis Roman „Große Liebe“.
Foto: René Achenbach
n den ersten Jahren
wurde mitunter
vom „Siegener
Theaterwunder“
gesprochen – und
das nicht nur in
der Region, sondern deutschlandweit. Das lag
vor allem daran,
dass Apollo genau in der Zeit an
den Start ging, als
andernorts Theater
geschlossen oder radikal verkleinert wurden. Entsprechend groß
war auch hierzulande die
Skepsis: Werden die Leute
kommen? Wird das künstlerische Profil überzeugen?
Kann Apollo das Publikum
dauerhaft binden?
45.000 zahlende Besucher
pro Spielzeit solle und könne
das Team um Apollo-Intendant Magnus Reitschuster ins
Theater locken, erwartete die
Stadt Siegen seinerzeit. Allerdings: Der damalige Siegener
Kulturdezernent widersprach
öffentlich: Die Zahl sei „völlig
utopisch“ und sträflich überhöht – der Herr irrte sehr.
Tatsächlich sind es inzwischen zwischen 90.000 und
100.000 Besucher pro Saison.
Woher kommt dieser Erfolg?
Die Siegener Theatermacher wissen, dass es nicht
ein Publikum gibt, sondern
viele „Publikümer“. Im Apollo
müht man sich darum, dass
alle zu ihrem Recht kommen.
Die Fans einer saftigen Boulevardkomödie haben ebenso das kostenlose Angebot
eines einführenden „Apollo
begrüßt“ wie die Freunde
klassischer ShakespeareDramen oder die Liebhaber
von kantigem Gegenwartstheater. Gleiches gilt für die
Sinfoniekonzerte und die
„Apollo Vokal“-Reihe.
Entscheidend für den Erfolg
ist vor allem das besondere
Siegener Modell, das Magnus
Reitschuster entwickelt hat:
Bei der Schlüsselübergabe am 6. Mai 2007 (v. li.): der damalige
Apollo-Trägervereinsvorsitzende Walter Schwerdfeger, Altbürgermeister Ulf Stötzel und Apollo-Intendant Magnus Reitschuster.
Die 40-mal gezeigte MartinLuther-King-Vorstellung
„Ich habe einen Traum“
ist ebenso eine Eigenproduktion wie
das alljährlich mit
großem Aufwand
inszenierte ApolloKinderstück (zuletzt
„Drei Haselnüsse
für Aschenbrödel“).
Dieses Siegener
Modell bringt das
Beste beider Welten
zusammen: Durch
die Eigenproduktionen
ist das Team permanent
kreativ gefordert, durch
den Gastspielbetrieb ergeben sich fruchtbare Anregungen und wichtige künstlerische Begegnungen. Der Erfolg hat natürlich immer viele
Väter; aber in Siegen sind es
vor allem zwei Namen, ohne
die Apollo undenkbar geblieben wäre: Walter Schwerdfeger und Magnus Reitschuster. Die Zusammenarbeit
zwischen dem Intendanten
und dem 2014 verstorbenen
langjährigen Vorsitzenden
des Apollo-Trägervereins
war beispiellos. Schwerdfeger bewegte mit seiner Energie die Region, schmiedete
Bündnisse zwischen Bürgerschaft, Wirtschaft, Kultur und
Politik. Vor allem aber hielt
er Reitschuster den Rücken
frei bei künstlerischen Projekten, etwa der „Erfindung“
der Siegener Biennale, die
jetzt schon zum vierten Mal
stattfindet. Dass Dr. Henrich Schleifenbaum, von Anfang an im Apollo-Vorstand
aktiv, nach Schwerdfegers
Tod dessen Aufgaben übernahm, war ein Glücksfall für
das Theater, das so keinen
Einbruch erlebte. Auch hier
wieder: Schulterschluss,
etwa mit dem FördervereinsVorsitzenden Gerd Dilling und
Prof. Dr. Peter Schuster, der
das Apollo-Kuratorium leitet.
Apollo hatte und hat starke
Verbündete. Stellvertretend
für viele seien Altbürgermeister Ulf Stötzel genannt
und sein Nachfolger Steffen Mues, Landrat Andreas
Müller, aber auch Politiker
wie Ingrid Tielsch oder Loke
Mernizka, Wirtschaftsvertreter wie Sparkassen-Vorstand Wilfried Groos oder
Unternehmer Klaus Vetter.
Vor allem aber ist Apollo ein
Erfolg, weil das Publikum
dieses Theater liebt und trägt
und – mitunter auch kritisch –
begleitet. Das ist das stärkste Fundament für kommende
Jahrzehnte.
Festakt mit
Alphör ner n
Der Festakt „10 Jahre
Apollo“ wird von den „Rothaarsteig Alphornsolisten“
mitgestaltet – unter anderem mit dem längsten Rothaarsteighorn der Welt!
Das Alphorn gehört zu
den Ur-Hörnern. Anfangs
diente es der Kommunikation von Viehhirten untereinander. Aber schon bald
entwickelten sich musikalische Formen, die den Begriff Heimatklang intensiv
erfahrbar machten.
Das Rothaarsteig-Ensemble will beim Apollo-Festakt das längste spielbare
Alphorn der Welt vorstellen; über sieben Meter
misst dieses enorme Instrument. Übrigens: Attila Benkö, der Tubist der
Philharmonie Südwestfalen, wird auch mitwirken
– auf dem Alphorn und mit
seinem eigentlichen Instrument.
Festakt „10 Jahre“
Sa I 6.5. I 17.00 Uhr
Die (s)panische Fliege
Fr I 5.5. I 20 Uhr
Sa I 6.5. I 20 Uhr
4
d i e g l asmena g e r i e
i
D i e ( s ) p an i s c h e f l i e g e
i
so t i c kt a p o l l o : g asts p i e l e
De u t s c h es T h e a t e r B e rlin eröf fnet mit „Die Glas menagerie“
Kleine Fluchten
M
an müsse „das
Theater dafür
lieben“, lobt die
Süddeutsche Zeitung die Inszenierung, „weil es auf die
Kraft seiner Schauspieler
vertraut. Und weil es sich die
Zeit nimmt, Menschen in die
Seele zu blicken.“ Die FAZ
rühmt „ein wahres Schauspielfest“, während Deutschlandradio Kultur feststellt:
„Die phänomenalen Schauspieler finden tief in diese
Figuren hinein. Der Zuschauer kommt ihnen – und sich
selbst – ganz nah.“
„Die Glasmenagerie“ wurde 1944 ein Welterfolg; der
Autor Tennessee Williams
machte anhand seiner „Helden“, der Familie Wingfield
aus St. Louis, klar, wie sich
Armut, Unsicherheit und gesellschaftliche Erosion auswirken auf den Einzelnen
– spannend gerade in der
gegenwärtigen politischen
Situation. „Da fruchtet der
American Dream nicht. Der
ist irgendwie kaputtgegan-
gen“, schreibt die Kritikerin der Berliner Morgenpost.
„Kimmig legt den Finger
darauf. Das ‚höher, schneller, besser‘ unserer Gesellschaft, in der jeder selbst
dafür verantwortlich ist, ob
er die holzwurmzerfressene
Karriereleiter erklimmt oder
herunterrasselt, das stellt er
infrage. Eine Lösung präsentiert er nicht.“
Foto: Arno Declair
„Die Glasmenagerie“ ist der Blick hinein in eine zerbröselnde US-Mittelstandsfamilie. Prekäre Verhältnisse, skurrile Ängste – daraus
hat Regisseur Stephan Kimmig am Deutschen Theater Berlin ein starkes Stück gemacht. Es bildet den Auftakt der 4. Siegener Biennale.
Deutsches Theater
seit 2007 im Apollo
Das Deutsche Theater Berlin ist seit zehn Jahren mit
dem Siegener Apollo-Theater verbunden. 2007 kamen
die Berliner erstmals mit
der preisgekrönten JürgenGosch-Inszenierung von
„Wer hat Angst vor Virginia
Woolf?“ – mit Ulrich Matthes
und Corinna Harfouch im Ensemble. Bei der 1. Siegener
Biennale war es Tschechows
„Onkel Wanja“, wiederum
von Gosch inszeniert, mit
Ulrich Matthes, Constanze
Becker und Jens Harzer auf
der Bühne.
Andres Veiels Banker-Stück
„Das Himbeerreich“, u. a. mit
Matthes und Susanne-Marie
Wrage in Hauptrollen, eröffnete dann die 3. Siegener
Biennale. Und bei „Gift“ war
die grandiose Dagmar Manzel die Partnerin von Ulrich
Matthes. Der beantwortete
übrigens eine Interviewfrage, warum ein so berühmter
Schauspieler wie er denn
im Siegener Theater spiele,
ganz lakonisch: „Weil die
Apollo-Leute und wir vom
Deutschen Theater die gleiche Blutgruppe haben.“
Termin
Fr I 21.4. I 20 Uhr
Fritsch & „Die (s)panische Fliege“
So tickt Apollo: Gastspiele
Stilprägende Bühnen kommen nach Siegen. Zum Beispiel Frank Castorfs
Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin.
Der Spielplan wird zu großen Teilen mit Gastspielen aus ganz Deutschland gestaltet.
Foto: Thomas Aurin
D
ie (s)panische
Fliege“ ist für
Regisseur Herbert Fritsch („der Theaterwundermann“) eine ideale Vorlage.
Deutschlandradio berichtete:
„Weil Fritsch alle Register zieht
und das ganze Repertoire des
Genres beherrscht, ist das einen ganzen Theaterabend lang
urkomisch.“ Und nachtkritik.de
bilanzierte: „Grenzenloser Jubel (…) die riesigen Wellen, in
denen der Teppich in der Tiefe der Bühne ausläuft, formen
sich zur Berg- und Talbahn,
die den Slapstick geradezu
herausfordert. Zumal in einer
Falte ein Trampolin verborgen ist, welches die Schwerkraft der Bühne gewissermaßen aufzuheben scheint. Auf
dieser Spielwiese also tollen,
dotzen und hüpfen sie heran,
die aberwitzigen Spieler des
Abends.“
Termine
Fr I 5.5. I 20 Uhr
Sa I 6.5. I 20 Uhr
E
s gibt langjährige
Partner, etwa die
Landesbühnen, der
WDR oder die Komödie am
Kurfürstendamm. Auch das
Deutsche Theater Berlin,
die Schaubühne Berlin oder
das Schauspielhaus Bochum
gastieren schon lange im
Apollo. Wir wollen möglichst
viele Vorstellungen vorher
sehen, Kinderstücke ebenso wie große Klassiker. Das
erfordert viele Reisen, lohnt
aber, weil die „Papierform“
einer Inszenierung abweichen kann vom tatsächlichen
Bühnengeschehen. Oder weil
die Qualität eines Ensembles,
das für „Apollo vokal“ in Frage kommt, sich ändern kann.
Selbst wenn „blind“ gebucht
werden muss (z. B. durch
einen späten Premierentermin), lohnt sich das genaue
Kennen der Gastspielpartner,
weil sich im Gespräch über
Regie, Bühnenbild usw. vieles
im Vorfeld einschätzen lässt.
g r o S S e l i ebe
i
so t i c kt a p o l l o : e i g en p r odukt i onen
www . a p o l l os i e g en . de
5
Reak t i o n e n a u f D r a m a tisierung von Ker manis „Gr oße Liebe“
„Hirn, Herz und Bauch“
Ü
berraschend kurz“,
meinte eine Besucherin in der
Radio-Siegen-Reportage, „aber
musikalisch unglaublich, also
wir hatten wirklich Gänsehaut!“ Einer sagte: „War sehr
schön. Jetzt werde ich nochmal das Buch nachlesen.“ Und
ein anderer: „So in etwa wie
beim ersten Mal: Kam schnell
zum Höhepunkt ...“
Klar, dass die Uraufführung
auch überregionale Medien ins Apollo brachte. Gerrit Stratmann berichtete in
der WDR-Sendung „Mosaik“:
„Wie mit minimalen Mitteln
das Zeit- und Lokalkolorit angedeutet wurde (…) da arbeitet der Regisseur Johannes
Zametzer mit sehr wenigen,
aber auch sehr guten Mitteln.“
Sascha Westphal schreibt
auf nachtkritik.de: „Aus der
Lesung auf dem Dachboden
wird Spiel. Der Sohn und seine Freundin schlüpfen ganz
selbstverständlich in die
Rollen des Jungen und der
,Schönsten auf dem Schulhof‘,
in denen sie sich selbst erkennen (…) Während der Erzähler
die Passage über die erste gemeinsame Nacht des Jungen
mit Jutta vorliest, tanzt und
windet sich Nico Holonics der
Ekstase entgegen. Mit dieser
kleinen, aber ungeheuer intensiven Choreografie schlägt
der Abend zugleich einen Bogen zu den Mystikern.“
In der Westfalenpost/Westfälische Rundschau schrieb
Wolfgang Leipold: „Eine spannende, sehenswerte Umsetzung.“ Und Kulturredakteur
Peter Böcking fasste seine
Eindrücke in der Siegener
Zeitung unter der Schlagzeile
„Für Hirn, Herz und Bauch –
Premiere für Reitschusters
Dramatisierung des Kermani-Romans“ so zusammen:
„Geschickt gelöst (…) fast so
atemlos wie eine junge Liebe.“
Foto: Alexander Kiß
Die Reporterin steuerte mit gezücktem Mikro aufs Publikum zu: Wie Ihnen „Große Liebe“ gefallen hat? „So eine junge, pubertäre Liebe, also ich fand es sehr schön“, war eine Antwort, und eine andere: „Minimalistisch, sehr gut, super Leistung von den Schauspielern.“
Theatergespräch am 12. Mai
Prof. Dr. Jörg Döring gibt zum
Auftakt des Gesprächs (ab ca.
21.15 Uhr) ein Impulsreferat
mit dem Titel „Navid Kermani:
Der Schriftsteller als öffentlicher Intellektueller“.
Termine
MoI 24.4. I 20 Uhr
Fr I 12.5. I 20 Uhr
Zum letzten Mal:
Fr I 9.6. I 20 Uhr
Foto: Alexander Kiß
So tickt Apollo: Eigenproduktionen
Termin
XX I X.XX. I XX Uhr
Schon die erste Vorstellung 2007 im neuen Apollo war eine Eigenproduktion.
Diese Aufführungen geben dem Siegener Theater sein besonderes Profil.
V
Franziska Brücker und Nico Holonics in „Große Liebe“.
on „Faust“ bis „Räuber Hotzenplotz“,
von „Gut gegen
Nordwind“ bis zum Weihnachtskonzert, von „Ziemlich
beste Freunde“ bis zur Oper
„Dido & Aeneas“ – das Spektrum der Apollo-Inszenierungen ist breit. Wobei das alljährliche Kinderstück (mit aufwändigem Bühnenbild, immer
musikalisch) eine besondere
Rolle spielt. Nicht nur wegen
der rund 20.000 Grundschüler
und Kindergarten-Kids, für die
das oft der allererste Theaterbesuch ist – Jahr für Jahr aufs
Neue. Das Apollo-Kinderstück
gastiert außerdem regelmäßig
mit mehreren Vorstellungen
im 818 Plätze großen – und bei
Apollo-Gastspielen immer aus-
verkauften – Theater Marl. Da
das Siegener Theater, anders
als die meisten Stadttheater,
kein festes Ensemble hat,
wird für jede Eigenproduktion
ein solches neu gebildet, inklusive Regisseur und Fachleuten für Bühnenbild, Kostüme usw. Geprobt werden
Eigenproduktionen vorwiegend in der Sommerpause.
6
P h i l h a r mon i e S ü dwestfa l en
i
w i e v i e l h e i mat b r au c h t de r mens c h ?
Mi t „ A d o l f “ w o l l t e d e r Geiger ab 1933 nicht mehr unterschr eiben
Busch & die „Neue Welt“
D
as BiennaleKonzert der Philharmonie Südwestfalen widmet sich den
zwei Heimaten von Adolf
Busch: Deutschland und den
USA. Buschs „Violinkonzert
a-Moll op. 20“, 1921 entstanden, knüpft an das Beste der
deutschen Musikkultur an.
Das Werk setze – so schrieb
seinerzeit ein Kritiker – „Max
Regers phänomenale Traditionserneuerungen auf zeitgemäßer Stufe fort“. Übrigens:
Mit Reger war Busch befreundet.
Der Geiger Andrej Bielow, unterwegs auf den großen Podien der Welt und gleichzeitig Kammermusiker reinsten
Wassers, wird Buschs Violinkonzert mit der Philharmonie
Südwestfalen unter Leitung
von Dominik Beykirch interpretieren.
Für den Reichtum der „alten
Heimat“ stehen auch zwei
der „Vier Jahreszeiten“ von
Vivaldi, bei welchen die Konzertmeisterin der Philharmonie, Evgenia Gelen, jene Parts
spielt, mit denen Adolf Busch
seinerzeit europaweit das Publikum euphorisierte. Busch
wurde schon in jungen Jah-
ren als „stärkster Vertreter
der deutschen Geigenschule“
gefeiert. Aber als plötzlich
auch Figuren wie Adolf Hitler
& Konsorten anfingen, Busch
als „unseren deutschen Geiger" oder „unter den Besten
der Deutscheste“ zu loben,
gab es für ihn nur eines: dem
Nazi-Reich schleunigst den
Rücken zu kehren. Er lehnte
es strikt ab, sich von den Faschisten als Aushängeschild
missbrauchen zu lassen. Im
Gegenteil: Busch warnte vor
den Nazis und setzte sich
für jüdische Kollegen ein. In
einem Brief von 1933 teilte er
einem Freund mit, „dass ich
meinen ersten Vornamen im
Moment gar nicht benutzen
mag. Ich unterschreibe jetzt
lieber mit ,A. Georg Wilhelm
Busch‘, so sehr ekelt’s mich
vor dem andern Adolf.“
Die aufrechte Haltung kam ihn
teuer zu stehen, denn die Emigration – erst in die Schweiz,
dann in die USA – bedeutete
einen Einbruch seiner Karriere. Besonders in Amerika
waren weder sein geradliniger
Stil noch seine Vorliebe für
Bach, Busoni und Reger dazu
angetan, ihn als Star neben
so glanzvollen Violinisten wie
etwa Jascha Heifetz aufzubauen. Aber auch Busch selbst
scheint an einer Star-Karriere
wenig interessiert gewesen zu
sein. Seine Leidenschaft war
die Kammermusik – vor allem
mit seinem 1935 gegründeten Streichquartett „Busch
Chamber Players“. Leonard
Bernstein stellte 1982 fest,
dass „Adolf Busch mit seiner
künstlerischen Geradlinigkeit,
seiner emotionalen Kraft und
seiner Spielfreude für uns
Amerikaner die Kammermusik quasi erfunden hat.“
Nicht zufällig zählten Kammermusik-Fans wie Albert
Einstein, Thomas Mann oder
Hermann Hesse zu Buschs
engerem Freundeskreis.
In den USA begegnete er der
faszinierenden Welt der Spirituals. Diese „schwarze Musik“
inspirierte ihn zu seiner Komposition „Madrigale“, in der er
diese Melodien verarbeitet. Das
Gleiche hat vor ihm schon Antonin Dvořák in seiner Neunten
getan, weshalb diese berühmte
Sinfonie „Aus der neuen Welt“
das Adolf-Busch-Konzert
glanzvoll abschließt.
Termin
Mi I 26.4. I 20 Uhr
„Wie viel Heimat braucht der Mensch?“ Mit dieser brandaktuellen Frage
beschäftigt sich der renommierte Autor Rüdiger Safranski.
R
üdiger Safranski,
1945 geboren, leitete zehn Jahre lang
(gemeinsam mit Peter Sloterdijk) das Philosophische
Quartett im ZDF und war
langjähriger Mitwirkender im
Literaturclub des Schweizer
Fernsehens. Bekannt geworden ist er als preisgekrönter,
in 30 Sprachen übersetzter
Autor von großen Biografien über Goethe, Heidegger,
E.T.A. Hoffmann, Nietzsche
oder Schiller. Er schrieb aber
auch Bücher über menschliche Grundfragen, etwa „Wie
viel Wahrheit braucht der
Mensch?“ und „Das Böse oder
Das Drama der Freiheit“. 2014
wurde Rüdiger Safranski mit
dem Thomas-Mann-Preis
ausgezeichnet. 2015 erregte
er Aufsehen mit seiner Streitschrift „Wie viel Globalisierung
verträgt der Mensch?“, in der
er sich intensiv und kritisch
mit Phänomenen wie Willkommenskultur, Heimat und Flucht
auseinandersetzt.
Termin
So I 23.4. I 19 Uhr
Foto: Peter-Andreas Hassiepen
Safranski denkt über „Heimat“ nach
Foto: Apollo-Theater
Der berühmte Geiger und Komponist Adolf Busch, 1891 in Siegen geboren, verließ seine Heimat, um integer zu bleiben. Die Nazis
hätten ihn gar zu gerne als großdeutschen Musiker vereinnahmt. Er aber verzichtete auf solche „arischen Ehren“, blieb unbestechlich.
ekzem h omo
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K e i n s c h ö nes Land . . .
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h e i mat nu r f ü r h i es i g e
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7
Münchner Kammerspiele: Wunsch-Inszenierung von Johan Simons
Polt spielt „Ekzem Homo“
S
imons selbst hat Regie geführt. Was bei
der Zusammenarbeit
des genialen Menschen-Kenners und dem höchst prominenten Theatermacher herausgekommen ist, beschreibt
die Kritikerin Simone Dattenberger (Münchner Merkur) so:
„Gegen den Menschen an sich
hat der Rentner aus dem Reihenhaus nichts, aber gegen
den Nachbarn. In dem Fall gegen Herrn Merki, ,Lohnschauspieler‘ seines Zeichens. Eine
wunderbare Gelegenheit für
Polt, sich aus der Sicht des
,Gesinnungs-Grantlers‘ über
andere Gesinnungs-Grantler
herzumachen. Ergo über den
Menschen. Der Kabarettist
mäandert genial zwischen
klaren philosophischen Bächen und brackigen Stammtischgeschwafel-Altwässern.
Dabei benutzt er die bedrohliche Satzbau-Wirrnis, um gerade durch sie treffende Aussagen zu platzieren.“
Polt zwischen Fiktion und
Realität. Es geht um Kirchensteuer, ums Theater, um
Nachbarschaft, vorzugsweise
um schlechte. Und um Demokratie. Allerdings: „Was hilft
dir die Meinungsfreiheit, wenn
du keine Meinung hast?“
„Ekzem Homo“ ist schon die
dritte Produktion der berühmten
Münchner Kammerspiele auf
der Apollo-Bühne: Die 1. Siegener Biennale startete 2009 mit
„Hiob“ (Regie: Johan Simons)
und André Jung in der Titelrolle; bei der 2. Biennale bescherte
dieser große Schauspieler dem
Apollo-Publikum mit „Das letzte
Band / Winterreise“ dann einen
fulminanten Samuel Beckett/
Elfriede Jelinek-Abend.
Polt ist, wie immer, ein Naturereignis an Bühnenpräsenz (…) das multiinstrumentale Musikantentum der WellBrüder gehört nach wie vor
zum Besten, was bayerische
Volkskunst hervorgebracht
hat.
Münchner Abendzeitung
Foto: Huber Zimmermann
Der scheidende Münchner Kammerspiele-Intendant Johan Simons (ab 2018 Chef des Bochumer Schauspielhauses) hatte sich
schon lange eine Produktion mit dem bayerischen Kabarett-Philosophen Gerhard Polt gewünscht. Hier ist sie: „Ekzem Homo“.
Erst kommt er den Nachbarn mit der Grillverordnung,
später setzt er eine Drohne
ein, und am Ende mäht er
den Merki mit einer HolzKalaschnikow nieder. Dieser
hatte das schon befürchtet:
„Um einen anderen umzubringen, muss man ja nicht
zwangsläufig religiös sein.“
Süddeutsche Zeitung
Termine
Fr I 28.4. I 20 Uhr
Sa I 29.4. I 19 Uhr
Heimat nur für Hiesige
Dr. Mehmet Daimagüler, geboren in Niederschelden, ist als Opferanwalt
im NSU-Prozess bekannt. Eine deutsch-türkische Spurensuche.
Wenn Weigand & Genähr über Heimat reden,
rollen die Rrrrs. Denn ihre Heimat ist hier! Oder?
Foto: Dr. Mehmet Daimagüler
„Kein schönes Land in dieser Zeit (?)“
A
us seiner viel diskutierten Biografie „Kein schönes
Land in dieser Zeit – Das
Märchen von der gescheiterten Integration“ hat das
Schlosstheater Celle ein
intensives Theaterstück gemacht. (Inzwischen läuft
in Celle schon das zweite
Daimagüler-Stück „Alles wird
gut“.)
Als Kind sollte der türkischstämmige Junge auf eine Sonderschule. Aber er studierte in
Harvard und Yale, wurde vom
World Economic Forum in Davos auf Initiative von Gerhard
Schröder zum Young Global
Leader gekürt, arbeitete als
Assistent bei Polit-Promis
wie Gerhart Baum, Wolfgang
Kubicki und Burkhard Hirsch,
1997 wurde er in den FDPBundesvorstand gewählt.
Zehn Jahre später trat er aus
der Partei aus.
Das Stück schlägt den Bogen
von individuellen Erfahrungen
zu gesellschaftspolitischer
Relevanz. Bei Daimagüler
ist das Persönliche politisch,
das Politische persönlich.
Er schont niemanden, am
wenigsten sich selbst, erzählt von Depressionen und
Gewalt, die er als Opfer und
Täter erlebt hat. Das Stück
bietet viel mehr als die Worthülsen, mit denen zu oft über
Einwanderung und Integration debattiert wird.
Nicht nur eine persönliche
Spurensuche, sondern auch
tiefe Einblicke in die jüngere
Geschichte Deutschlands.
Cellesche Zeitung
Termin
So I 30.4. I 19 Uhr
E
igentlich stimmt
das ja nur zur Hälfte. Denn vor über
20 Jahren rief das Siegerländer Urgestein Ursel alias
Christa Weigand dem Herrn
Genähr zu: „Komma her.“
Und der Bernd-Michael
kam. Er kam aus der Fremde, wegen der Brautschau,
aber auch, um im Siegerland
eine neue Heimat zu finden.
Ihr erstes Programm war
dann prompt ein Siegerländer Heimatabend. Seitdem
haben sie sich immer wieder
auf allen möglichen sprachlichen und musikalischen
Ebenen mit dem Thema
„Heimat oder nicht Heimat“
auseinandergesetzt, von
Hauberg bis HTS, von regi-
onalen Bausünden bis zu
religiösem Fanatismus, von
Wisent bis Homo-Ehe. Die
beiden spielen mit Klischees
und wagen den schrägen
Blick.
Zeit also für eine intensive
Rückschau auf die alten
und neuen (und zukünftigen) Heimatgedanken.
Dabei wird dieses zu Recht
geliebte Kabarettduo wie
immer glänzend unterstützt
vom Rhythmusmann Karl
Parchow und dem Keyboarder Giuseppe Todaro (auch
nicht direkt ein Siegerländer
Name).
Termin
Do I 18.5. I 20 Uhr
8
fa h r ' de i nen f i l m
i
1 . S i e g ene r M i g r anten S l am : „ M E I N G O T T A LL A H “
„Fa h r' d e i n e n F i l m “ – zum letzten Mal im Apollo zu erleben
Heimat , gerappt
2
F
ür den Wort-Musiker aus dem Libanon, der Beirut
ebenso seine Heimat nennt
wie Siegen, ist die Arbeit
auf der Theaterbühne „die
Erfüllung meines größten
Kindheitstraumes“. Schon
als kleiner Knirps hatte er
sich auf dem Dachboden der
Flüchtlingsunterkunft, in der
seine Familie lebte, mit aufgespannten Tüchern eine
Bühne geschaffen und mit
Geschwistern und Freunden
Sketche gespielt.
Moe – Künstlername „B.E.
der Micathlet“ – ist die
Hauptfigur in „Fahr' deinen
Film“. Diese Rap-Revue, die
Werner Hahn geschrieben
und inszeniert hat, ist eng angelehnt an Moes tatsächliche
Lebensgeschichte und an die
Biografien seiner Mitstreiter
– allerdings mit ironischen
Brechungen.
14 Darsteller wirken in „Fahr'
deinen Film“ mit. Es geht um
Themen wie Flucht und Integration, Abschiebung und
Überlebenskampf, um Jung
gegen Alt, um alltäglichen
Rassismus und um den Glauben. Trotzdem gibt es viel zu
lachen – und wie die Theatergespräche nach den besonders umjubelten Schulaufführungen bewiesen haben,
anschließend auch viel zu
diskutieren.
Manchmal gibt es auch außerhalb des Theaters kuriose Szenen: Vor einiger Zeit
geriet El-Chartouni nachts in
Eiserfeld in eine Polizeikontrolle. Er und zwei im Fond
sitzende Freunde mussten
ihre Papiere vorzeigen, dann
den Kofferraum öffnen. Und
was lagen da? Zwei Gewehre.
„Brenzlige Situation“, lacht
der Rapper. „Drei dunkelbärtige Typen in einer alten Karre, kurz nach Mitternacht, in
den Ausweisen Namen, die
nicht gerade urdeutsch klingen – und dann diese Knarren
im Fond!“ Die Situation entspannte sich erst, als er der
jungen Polizistin auf seinem
Handy Fotos aus „Fahr' deinen Film“ zeigte. Und ihr erklärte, dass die Waffen lediglich Kunststoff-Attrappen und
Teil der Apollo-Inszenierung
sind.
Zum letzten Mal
Heimische Talente
Etliche Apollo-Eigenproduktionen bringen Kreative aus der Region auf die
Bühne – und manchmal
überhaupt erst zur Entfaltung. „SMS Liebe“ und
„Kickstart“ waren Schulprojekte, bei denen Jugendliche, professionell
geführt, eigene Theatertanzstücke entwickelten.
Übrigens: Kein einziger
stieg in den langen Probenmonaten aus. Die Aufführungen beeindruckten
heimische Unternehmer so
sehr, dass sie den Aktiven
und ihren Klassen Praktikums- und Ausbildungsplätze anboten.
„Dido & Aeneas“ gestalteten Orchester, Chor und
Solisten des Fachbereichs
Musik der Siegener Uni. Regisseur Werner Hahn schuf
– mit der Siegener Künstlerin Petra Georg-Achenbach
– moderne Bühnenbilder
für die Barockoper; Dirigentin Ute Debus sorgte für
grandiose Musik.
Foto:Werner Hahn
„Als wir ,Fahr' deinen Film‘ starteten, hatten wir große Erwartungen“, erzählt Mohamed El-Chartouni. „Aber was dann tatsächlich abging, was für krasse Rückmeldungen von älteren Theaterbesuchern und von unserem Rap-Publikum kamen, das hat mich umgehauen!“
Mi I 17.5. I 20 Uhr
Foto: René Achenbach
Migranten Slam: „Mein Gott Allah“
Ein Poetry Slam zum Thema Integration – weil Kunst und Lachen die
besten Waffen sind gegen Intoleranz, Fremdenhass und Vorurteile.
S
imon Pearce gehört
zum Teilnehmerfeld:
Der „deutsch-nigerianische Ur-Bayer“ hat das
Apollo-Publikum als Driss in
„Ziemlich beste Freunde“ erobert. 2014 gewann er den ARD
Toleranz Slam. Übrigens: Sein
Großvater war Schauspieler
und Marionettenspieler, seine Mutter ist die bayerische
Volksschauspielerin Christiane
Blumhoff. Der Afghane Sulaiman Masomi trat im Auftrag
des Goethe-Instituts schon in
Kairo, Mexiko-City, Riga und
Jerusalem auf. 2013 wurde er
NRW-Meister im Poetry Slam.
Der Mitbegründer einer Lesebühne lebt und arbeitet irgendwo „zwischen Kabul, Krefeld
und Köln“. Der Deutsch-Liba-
nese Pierre Jarawan schrieb
mit 13 sein erstes Gedicht.
Gewann viele Slam-Preise;
sein Roman „Am Ende bleiben die Zedern“ wurde 2015
mit dem Literaturstipendium
der Stadt München ausgezeichnet.
Termin
Di I 25.4. I 20 Uhr
l am p edusa
i
www . a p o l l os i e g en . de
was i h r wo l l t
9
Flüc h t l i n g s k r i s e e r r e i c ht mit Bochumer Inszenierung die Bühne
„Lampedusa“ wirkt nach
Das Mittelmeer, Wiege der Identität Europas, wird immer mehr zu einem gutbewachten Massengrab. Hunderttausende flohen über dieses Meer nach Europa, Tausende ertranken dabei. Stefano fischt im Auftrag der Regierung Überlebende und Leichen aus dem Wasser.
ter der britischen Theaterszene. Der 39-jährige Amerikaner
mit jüdisch-osteuropäischen
Wurzeln studiert in Oxford
Chinesisch und chinesische
Politik, ist professioneller
Leichtathlet und politischer
Aktivist. Ihm geht es darum,
neoliberale Prozesse emotional zu erzählen.
Regisseur Olaf Kröck geht
das Drama vorsichtig und
klug an. Es ist die erste Regiearbeit des Dramaturgen
und designierten Bochumer
Interimsintendanten, bevor
Johann Simons in der Saison
2018/2019 das Schauspielhaus Bochum übernimmt. In
einem Wasserbassin türmt
sich ein riesenhafter Berg aus
Altkleidern, um den herum die
Protagonisten in Gummistiefeln platschen und nach und
nach die Altkleider einsammeln, die metaphorisch für
die im Mittelmeer sterbenden
Leichen stehen.
Bochum + Apollo:
Starke Beziehung
Mit keinem anderen Theater
ist Apollo durch mehr Gastspiele verbunden als mit dem
Schauspielhaus Bochum in
der Ära von Intendant Anselm
Weber (der ab der nächsten
Spielzeit Intendant des Frankfurter Schauspielhauses
wird). Allein Büchners „Woyzeck“ (Regie: David Bösch)
lief siebenmal im Siegener
Theater; auch andere BöschInszenierungen aus Bochum
(u. a. „Das Mädchen aus der
Streichholzfabrik“, „Liebe ist
ein hormonell bedingter Zustand“) beeindruckten das
Apollo-Publikum. Und viele
alte und moderne Klassiker
bei Biennale-Vorstellungen
oder im normalen Spielplan,
z. B. „Tartuffe“, „Draußen vor
der Tür“, „Die Ratten“, „Liliom“, oder „Kleiner Mann, was
nun?“
Packend, bewegend (…)
Starker Abend!
WAZ
Ein emotional ergreifender,
utopischer Abend über Hoffnung und Selbstermächtigung.
Deutschlandradio Kultur
Termin
Di I 2.5. I 20 Uhr
Foto: Diana Küster
D
enise ist die zweite Protagonistin
dieser Inszenierung des Bochumer Schauspielhauses. Sie treibt in einer europäischen Großstadt
für eine Wucherkreditfirma
Schulden ein, stellt den Fuß in
Türen, winkt mit Pfändungen
und hört sich schäbige Lügen
in schäbigen Wohnzimmern
an.
Beide, Stefano und Denise,
haben nichts gemeinsam. Und
doch verbindet sie etwas: Sie
stehen an vorderster Front, an
dem Punkt, an dem aus Politik harte Realität wird. Wer
die Arbeit verliert und mit den
Raten in den Rückstand gerät, wer den Halt verliert und
über die Reling rutscht, wird
ihr Kunde. Kein besonders
toller Job. Bis in beiden Leben
etwas Außergewöhnliches geschieht.
Anders Lustgarten hat mit
„Lampedusa“ ein starkes,
wütendes, bitteres und doch
hoffnungsvolles Stück über
die vielleicht größte Herausforderung unserer Zeit geschrieben. Lustgarten ist seit
etwa fünf Jahren zugleich
Shooting-Star und Außensei-
Foto: Katrin Ribbe
Shakespear es Gestrandete in Illyrien
„Was ihr wollt“
Die Liebe beruht in Shakespeares „Was ihr wollt“ nicht auf Gegenseitigkeit
– sie ist eher ein Kreisverkehr, und zwar ohne Verkehrsregeln.
A
lles beginnt mit
einem Schiffbruch.
Auf Illyrien finden
sich die Gestrandeten dieser
Welt, die Trauernden, Enttäuschten, Sehnsüchtigen.
Mit der Ankunft der jungen
Viola, die sich zum eigenen
Schutz in ihren ertrunken
geglaubten Zwillingsbruder
verwandelt, flammt das allgemeine Glücksverlangen
gewaltig auf. Spiegeleffekte,
fragwürdige Identitäten – in
Marius von Mayenburgs Inszenierung vom Schauspiel
Hannover fließen Schein und
Sein durch Video, Kostüm,
Musik und Anspielungen aus
dem Heute famos ineinander.
Termin
Di I 9.5. I 20 Uhr
10
te r r o r
i
n i c o Ho l on i c s l i est „ de r S p i e l e r “
Fra n k f u r t e r U r a u f f ü h rungsinszenierung „ T err or“:
Das Publikum als Schöffe
G
enau diese erste,
maßstabsetzende
Inszenierung, die
der Frankfurter Intendant
Oliver Reese auf die Bühne gebracht hat, wird bei der
Biennale zu erleben sein.
Mit prominenter Besetzung;
zum Ensemble gehören u. a.
Constanze Becker und Nico
Holonics. Becker begeisterte
das Apollo-Publikum schon
mehrmals, beispielsweise als
Titelheldin in Thalheimers
Frankfurter „Antigone“-Inszenierung. Holonics lieferte in
der letzten Spielzeit als Oskar
Matzerath in Grass‘ „Blechtrommel“ auf der ApolloBühne eine fantastische Leistung (Regie: Oliver Reese). In
„Terror“ spielt er den Bundeswehr-Kampfflieger Lars
Koch, angeklagt des 164-fachen Mordes. Die Staatsanwältin legt dem 31-Jährigen
zur Last, „mit Hilfe eines LuftLuft-Lenkkörpergeschosses
ein Passagierflugzeug abgeschossen und damit die sich
in dem Flugzeug befindlichen
164 Menschen getötet zu haben."
Doch das ist nicht die ganze
Geschichte. Denn zuvor hat-
ten sich Terroristen der Maschine bemächtigt, um sie in
die Münchner Allianz-Arena
stürzen zu lassen, wo 70.000
Menschen ein Fußballspiel erlebten.
Ferdinand von Schirach thematisiert am konkreten Fall
die Würde und die Rechte des
Menschen bzw. seiner moralischen Verantwortung. Im
Mittelpunkt steht die schwierige Frage: Darf der Staat,
dürfen seine Organe zur Terrorabwehr töten?
Publikum spricht
das Urteil
Das Besondere an diesem
Stück ist die Tatsache, dass
das gesamte Publikum die
Verhandlung in der Rolle von
Schöffen verfolgt. Ein emotionaler Sicherheitsabstand ist
in dieser Inszenierung nicht
möglich; vor dem Richterspruch muss von allen Theaterbesuchern abgestimmt
werden.
Diese außergewöhnliche Konstruktion, die der Autor in sein
Stück hineingeschrieben hat,
macht „Terror" buchstäblich
zum Gesellschaftsspiel.
Theatergespräch mit
Reese und Landau
Der Regisseur und Intendant
Oliver Reese hat dem Schauspiel Frankfurt sieben spannende, erfolgreiche Spielzeiten beschert; ab 2017/2018
wird er (als Nachfolger von
Claus Peymann) das Berliner Ensemble leiten. Im
Anschluss an die Siegener
„Terror“-Aufführung setzt
sich Reese mit einem der
profiliertesten deutschen Juristen über die Thematik des
Stücks auseinander.
Sein Diskussionspartner wird
der Bundesverfassungsrichter i.R. Herbert Landau sein,
übrigens ein gebürtiger Wilgersdorfer. Landau diente
dem Bundesverfassungsgericht elf Jahre lang. Außerdem nimmt Nico Holonics,
der Darsteller des angeklagten Bundeswehroffiziers, teil.
Moderieren wird der frühere
Siegener Uni-Rektor Ralf
Schnell.
Termin
Do I 11.5. I 20 Uhr
Foto: Birgit Hupfeld
Das Gerichtsdrama „Terror“ vom Erfolgsautor Ferdinand von Schirach ist ein Theater-Hit, wie er selten vorkommt. Ein brisanter Stoff,
perfekt umgesetzt durch die Standards, die mit der Uraufführung am Frankfurter Schauspiel im Jahr 2015 gesetzt worden sind.
Bettina Hoppe und Constanze Becker (rechts), die als Protagonistin des Deutschen Theaters Berlin und des Schauspiels
Frankfurt immer wieder im Apollo zu Gast war: „Onkel Wanja“
(2009), „Ödipus“ (2011), „Antigone“ (2011). Für „Medea“ nahm
sie den Biennale-Jury-Preis 2014 in Empfang.
Foto: Birgit Hupfeld
Nico Holonics liest „Der Spieler“
Ein leidenschaftlicher Schauspieler und ein großer, teilweise biografischer
Dostojewski-Text – beste Voraussetzungen für eine spannende Lesung.
N
ico Holonics ist ein
Künstler der großen Gefühle. Wer
ihn in der aktuellen ApolloProduktion „Große Liebe“ oder
im letzten Jahr in „Die Blechtrommel“ erlebt hat, wird sich
besonders freuen auf diesen
Abend, an dem sich dieser
außergewöhnliche Darsteller
mit einem Schlüsselwerk der
europäischen Literatur aus-
einandersetzt: Dostojewskis
Roman „Der Spieler“. In dieser
Geschichte, angesiedelt in der
fiktiven Stadt „Roulettenburg“,
geht es um den Ruin eines
hochverschuldeten russischen
Generals, den Geldnot und die
Leidenschaft zu einer jüngeren
Frau in fatale Abhängigkeiten
stürzen. Übrigens: Für „Roulettenburg“ hatte Dostojewski
ein sehr konkretes Vorbild:
Wiesbaden, wo der spielsüchtige Schriftsteller im
Jahr 1865 dreitausend Goldrubel verzockt hatte – ein
Vermögen! Kredit sollte er
nur im Gegenzug für einen
neuen Roman bekommen.
So entstand in nur 26 Tagen
„Der Spieler“.
Termin
Mi I 10.5. I 20 Uhr
t h e s i tuat i on
i
r on w i l l i ams „ H A U T N A H “
i
h a r a l d ma r tenste i n
www . a p o l l os i e g en . de
11
Max i m G o r k i T h e a t e r – Entwurzelte im Deutschkurs
Geschliffener Wortwitz
E
inst hielt der Nahost-Dauerkonflikt
ihre Leben auseinander; nun treffen sie in der
deutschen Hauptstadt aufeinander.
Die Regissuerin Yael Ronen,
die am Berliner Maxim Gorki Theater arbeitet, lässt ihr
jüngstes Stück in einem Neuköllner Deutschkurs spielen.
Die Kursteilnehmenden verbindet, dass sie in den letzten
Jahren nach Berlin gekommen
sind. Aus Syrien, wo seit 2011
Krieg herrscht. Aus Israel und
Palästina, wo das politische
wie soziale Klima immer militanter wird. Kein Wunder also,
dass im Kurs von Deutschlehrer Stefan die Grammatik das
kleinste Problem ist.
Yael Ronen und ihre Akteure
auf der Bühne setzen sich
mit den paradoxen Wiederbegegnungen ihrer „Nachbarn“,
sowie mit den Geistern ihrer
Vergangenheit auseinander.
Gespielt wird auf Englisch,
Deutsch, Hebräisch und Arabisch – verständlich gemacht
durch deutsche und englische
Übertitel. Wie nahe an den
Darstellern (und am Publikum) „The Situation“ als Stück
gebaut ist, wird deutlich in
einem Auszug aus dem Premierenbericht, den Sophie
Disselhorst für nachtkritik.
de verfasst hat: „Ist das noch
die Figur Sergej/Stefan, die zu
uns spricht und uns von einer
kurzen Kindheit im Geradenoch-Sowjet-Kasachstan erzählt, von der Aus- und Einwanderung der Familie nach
Deutschland, davon, wie an
ersterer die Eltern zerbrechen
und er selbst in letzterer aufblüht – oder ist das schon der
Schauspieler Dimitrij Schaad,
laut Besetzungszettel wie
Sergej/Stefan 1985 in Kasachstan geboren? Und in dieser
Szene so verdammt, ja, dieses
Wort muss sein, authentisch?“
In der Süddeutschen Zeitung
merkte der Kritiker Peter
Laudenbach an: „Die Regisseurin Ronen hat sich darauf
spezialisiert, kulturelle, nationale und sexuelle Klischees
so rasant aufeinanderkrachen zu lassen, dass sie sich
in die pure Absurdität auflösen. Oder als hilflose Orientierungsversuche in einer
absurden Situation kenntlich
werden.“ Sein Fazit: Was bei
anderen Regisseuren leicht
in schierem Pathos enden
könnte, erweist sich hier als
etwas ganz anderes, nämlich:
„Eine klare Ansage.“
Foto: Ute Langkafel
Wer auf Hebräisch oder Arabisch die politische Lage im Nahen Osten beschreiben will, spricht schlicht von „The Situation“. In den letzten
Jahren hat es viele Menschen mit „Situation“-Hintergrund nach Berlin verschlagen. Sie sind die Protagonisten in „The Situation“.
Im tosenden Applaus für die
Schauspieler, die Arm in Arm
mit ihrer Regisseurin an
der Rampe stehen und alle
Hemmschwellen überwunden
haben, hat ja schon ein Stück
Völkerverständigung stattgefunden.
Theater heute
Ein mutiger, schonungsloser
Theaterabend – voller bitterer
Selbstironie, geschliffenem
Wortwitz und jenseits aller
klebrigen Betroffenheits-Plattitüden. Frankfurter Neue Presse
Termin
MoI 1.5. I 20 Uhr
Ron-Williams-Konzert „Hautnah“
Martenstein „Best of“
Ron Williams ist ein großer Soulsänger, begnadeter Erzähler und politisch engagierter Entertainer. Höchste Zeit also für „Hautnah“.
Martensteins Kolumnen stellen listig die politische Korrektheit auf den Kopf: Sie sind Kult.
Foto: Werner Gotsch
S
o nennt er sein autobiografisches Konzert,
mit Anekdoten aus der
Kindheit des Kaliforniers und
ersten Begegnungen mit dem
US-Rassismus, Geschichten
aus seiner Zeit als Militärpolizist und seinen Anfängen im
deutschen Kabarett. Seit über
50 Jahren lebt und arbeitet
er vorwiegend hierzulande; in
Film, Fernsehen und auf der
Bühne ist er eine feste Größe.
Im Apollo gastierte Williams
mit „Onkel Toms Hütte“, davor mit Stücken über Harry
Belafonte, Nelson Mandela und Martin Luther King.
In „Hautnah“ verbindet er
Song-Klassiker wie „Lean on
Me“, „Georgia on My Mind“
oder „Your Love Keeps Lifting Me Higher“ mit selbst
geschriebenen Titeln wie
„Preacherman“, „Lady Liberty“ und „The Power of Love“.
Das Jörg Seidel Trio (KlavierKontrabass-Gitarre) schafft
den groovenden Sound dazu.
Termin
Mi I 3.5. I 20 Uhr
D
ie Texte balancieren auf dem
schmalen Grat
zwischen Literatur und Nonsens. Harald Martensteins
Thema ist immer der deutsche Alltag; dieser Eulenspiegel vermag durch seine
schrägen Blickwinkel fest zementierte Denkansätze nachhaltig zu erschüttern. Und da
er selbst sein bester Interpret
ist, sind Martenstein-Lesungen ein exquisites Vergnügen (im Apollo gab es schon
zwei davon). Die Siegener Zei-
tung berichtete: „Selten so
gelacht, geschmunzelt über
die feine Ironie und anschließend darüber nachgedacht,
dass hier bundesdeutsche
Reality abläuft.“
Jüngst hat der vielfach
preisgekrönte ZEIT- und
Tagesspiegel-Kolumnist ein
Buch über seine erste Liebe
herausgebracht: „Im Kino“,
das selten so lustig gefeiert
wurde.
Termin
Do I 27.4. I 20 Uhr
12
V äte r und S ö h ne
i
t r ans i t
„Väter und Söhne“ mit Publikum auf der Bühne
Menschentheater
U
Foto: Arno Declair
nd weiter über diese hoch gelobte
Inszenierung vom
Deutschen Theater Berlin:
„Der Zuschauer sitzt so nah
vor diesen Menschen, die sich
da mit sich und aneinander
abmühen, dass er sich durch
das schauspielerisch intensive
Erzähl- und Menschentheater
eines wunderbaren Ensembles völlig in die Geschichte
hineingezogen fühlt.“ 13 Darsteller agieren auf der Bühne.
Eine aktuelle Beobachtung
über diese Inszenierung der
Regisseurin Daniela Löffner
kommt von Dirk Pilz, dem
Kritiker der Neuen Zürcher
Zeitung. Er schreibt: „Löffners Abend vertraut ganz den
Schauspielern und ihren Ausdrucksgaben – dennoch (oder
gerade deshalb) ist er hochpolitisch: Er spielt durch, was es
heißt, wenn eine Gesellschaft
sich von Stimmungen in Geiselhaft nehmen lässt."
In Iwan Turgenjews 1861 erschienenem Roman geht es
um Lebenssinn, um Regeln –
und um den Protest dagegen.
Im Mittelpunkt stehen Arkadij
und Bazarow, zwei Studenten,
die im Sommer in ihre länd-
liche Heimat zurückgekehrt
sind. Beide stellen aufgrund
ihrer nihilistischen Überzeugungen die gegenwärtige Gesellschaft völlig in Frage: die
Wissenschaft, die Kunst und
sämtliche Konventionen.
Doch während Arkadij diese
Vision aus den gegebenen Verhältnissen heraus entwickeln
will, sucht Bazarow die radikale Konfrontation mit seiner
Umwelt. Für ihn ist alles wissenschaftlich erklärbar und
herstellbar, ist „ein guter Chemiker zwanzigmal nützlicher
als der beste Poet“. Das alte
System muss schonungslos
„abgeräumt“ werden, bevor
die Utopie eines schmerzfreien, vernünftigen Lebens
aufgebaut werden kann. Das
alles geschieht zwar für die
Massen, die aber in ihrer bedauernswerten Verblödung
vorerst nichts davon verstehen. Der junge Mediziner entsetzt die älteren Herrschaften
und entzückt ein paar jüngere
Leute.
„Väter und Söhne“ ist ein Generationenbild und Familienpanorama, es erzählt vom
ewigen Konflikt zwischen Jung
und Alt, von Verändern und
Bewahren. Wonach streben?
Und was bleibt vom eigenen
Wirken in der Welt?
Einfühlsam, genau und nicht
ohne Komik; lauter facettenreiche, seltsame, in ihren
Gefühlen verhedderte Menschen, denen man vier Stunden lang gebannt zusieht.
Süddeutsche Zeitung.
Foto: Arno Declair
„Die Zuschauer, die gemeinsam mit den auf ihre Auftritte wartenden Schauspielern rund um die leere Spielfläche vor und auf der
Bühne sitzen, wähnen sich wie bei Tschechow auf dem Lande.“ So beschreibt Hartmut Krug auf nachtkritik.de die Spielsituation.
Eine sehr konzentrierte, erzählerisch ausgewogene und immer wieder höchst amüsante
Inszenierung, die den langen
Abend unangestrengt und
spielerisch zu einem kurzweiligen Vergnügen macht.
Deutschlandradio Kultur
Ganz großes, mätzchenfreies
Theater ist hier zu bestaunen.
Berliner Morgenpost
Löffner hat ihr großes Ensemble zu einem wunderbar
intensiven Spiel vereint. (…)
eine faszinierende Inszenierung.
nachtkritik.de
Termine
MoI 15.5. I 20 Uhr
Di I 16.5. I 20 Uhr
Raus aus der Heimat: „Transit“
Marseille im Sommer 1940: Am Rande des Kontinents stauen sich Flüchtlingsströme. Tausende hoffen, eine Passage nach Übersee zu ergattern.
I
n Anna Sehgers Erzählung ist die Flucht
aus Europa die einzige
Chance zu überleben, das
Hetzen nach Visa und Transits der einzige Ausweg. Unter
den Flüchtlingen ein junger
Deutscher: Aus einem Arbeitslager bei Rouen geflohen
und ausgestattet mit falschen
Papieren strandet auch er in
der Hafenstadt. Hier verliebt
er sich in Marie. Sie ist auf
der Suche nach ihrem Mann,
einem Schriftsteller namens
Weidel, von dem sie beim Einmarsch der Deutschen in Paris getrennt wurde.
Entstanden ist die Inszenierung des jungen Regisseurs
Alexander Riemenschneider am Deutschen Theater
Berlin. Drei Akteure lassen
die Geschichte in anderthalb
Stunden lebendig werden
– und aktuell, obwohl Riemenschneider auf jede vordergründige Aktualisierung
verzichtet hat.
Mehr braucht ein starker
Theaterabend nicht.
Berliner Zeitung
Termin
So I 14.5. I 19 Uhr
D e r b r andne r kas p a r
i
und ew i g jode l t de r be r g dokto r
www . a p o l l os i e g en . de
13
Nationaltheater Mannheim: Der Brandner Kaspar und das ewig’ Leben
Himmlisches Volkstheater
Wenn das 1777 gegründete Nationaltheater Mannheim – berühmt für seine Klassiker-Inszenierungen (hier wurden 1782 Schillers
„Räuber“ uraufgeführt) – ein bajuwarisches Volksstück auf die Apollo-Bühne bringt, dann darf Außergewöhnliches erwartet werden.
gebunden, muss nun seinerseits zu einer List greifen. Er
lockt den Alten − nur zum Anschauen, wie er sagt, − in den
Vorhof des Paradieses.
Der Brandner Kaspar ist von
der himmlischen Örtlichkeit
so überwältigt, dass er unbedingt bleiben will. Doch
zuerst muss das Himmlische
Gericht über seine irdischen
Sünden urteilen.
Der Traum, den Tod zu überlisten und am Schicksalsrad
zu drehen, ist so alt wie die
Menschheit und Stoff vieler
Märchen und Mythen. Selten
aber wurde der „Knochenmann“ mit solch schlitzohriger Durchtriebenheit
ausgetrickst wie in diesem
Volksstück, das auch über
die Grenzen des Freistaates
Bayern hinaus längst Kult ist.
Kurt Wilhelm (1923 − 2009)
dramatisierte die Kurzgeschichte seines Ururgroßonkels Franz von Kobell und
dichtete für seine Komödie
die prall-barocken Szenen
Foto: Hans Jörg Michel
D
er Brandner Kaspar ist ein verschuldeter Kleinbauer, der sich als Jagdführer – manchmal auch als
Wilderer – mehr schlecht als
recht durchs Leben schlägt.
Eines Tages kommt der
Tod in Gestalt des „Boanlkramer“, um ihn ins Jenseits
zu holen.
Doch der 72-Jährige mag
nicht mitgehen: Mit Kirschschnaps macht er den Tod
betrunken und erschwindelt
sich beim Kartenspiel weitere
18 Lebensjahre. Jetzt beginnt
für den Brandner Kaspar ein
Leben ohnegleichen, denn er
kann ja nicht sterben.
Als aber seine geliebte Enkelin Marie tödlich verunglückt, freut ihn das Leben
nicht mehr. Inzwischen ist im
Himmel der Betrug ruchbar
geworden und der „Boanlkramer“ erhält von Petrus
den Auftrag, den Brandner
augenblicklich heimzuholen.
Der Tod, an seine Spielschuld
im Himmel dazu. Susanne
Lietzow arbeitet als Regisseurin in Linz, Hannover und
Dresden. Seit 2005 leitet sie
das Projekttheater Wien/
Vorarlberg. Für ihre Inszenierung „Höllenangst“ am
Theater Phönix erhielt sie
2014 den österreichischen
Nestroy-Theaterpreis.
Termine
Sa I 20.5. I 19 Uhr
So I 21.5. I 15 Uhr
So I 21.5. I 20 Uhr
„Und ewig jodelt der Ber gdoktor“ – Trash, Musik & Video
Herings Heimatabend
Eigentlich ist Markus Hering ja ein sehr seriöser Schauspieler (Burgtheater, Nestroy-Preisträger usw.). Aber er kann auch ganz anders!
Foto: Jim Rakete
S
ein „Heimatabend“
besteht aus HerzSchmerz-Liebesroman-Fragmenten, akustisch
unterlegt von der prominenten Jazz-Sängerin Erika
Stucky, die auch Akkordeon
spielt und jodeln kann.
Die Lesung wird begleitet
von Filmeinspielungen, die
Stucky auf Bauernhöfen gedreht hat: Socken auf der
Wäscheleine, ein Kätzchen
auf dem Ofen, Steingutpor-
zellan, Kuhglocken – Bauernhofklischees. Heimat, das
ist für Hering das Siegerland;
er wurde 1960 in Siegen geboren, wuchs in Holzhausen
auf. Nach dem Abi, einer
Tischlerlehre und einer Zeit
als Waldarbeiter studierte er
an der Hochschule für Musik
und Theater in Hannover. Von
1992 bis 2011 Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater,
seitdem am Residenztheater
München. Zweimal als bester
Schauspieler mit dem österreichischen Theaterpreis
Nestroy ausgezeichnet. Seit
1990 in Film und Fernsehen
stark beschäftigt.
Seine Frau Bettina Hering
ist seit diesem Jahr Schauspieldirektorin der Salzburger Festspiele, zwei der drei
Töchter sind ebenfalls schauspielerisch tätig.
Termin
So I 7.5. I 19 Uhr
14
S i e g ene r b i enna l en – E i n r ü c kb l i c k
Jede Biennale war anders – Rückblick auf Pr eise und Pr eiswürdiges
Siegens Theaterfeste
Mit der „Erfindung“ der Biennale hat Magnus Reitschuster Siegen deutschlandweit prominent platziert. „Siegen gewinnt“, titelten
FAZ und Spiegel, denn: „Apollo schafft andere Werte, seine geballte Präsenz in der Stadt lässt Siegen auf jeden Fall gewinnen“ (FAZ).
1. Siegener Biennale: Vom Verlieren
D
Foto: Iko Freese
ass die erste Siegener Biennale
dank ihres Themas „Vom Verlieren“ ein ironisches Spiel mit dem Stadtnamen trieb, wurde weithin
wahrgenommen. Noch mehr
Aufmerksamkeit erregten die
Preise für die besten Aufführungen: Zu gewinnen gab es
zwei Aktienpakete im Wert von
jeweils 1000 Euro der Pleitebank „Hypo Real Estate“. Wobei das Apollo-Theater den
Nennwert garantierte – tatsächlich gab es nach andert-
halb Jahren noch zweimal 150
Euro Zinsen obendrauf.
Die Konkurrenz war enorm:
„Hiob“ von den Münchner
Kammerspielen mit André
Jung, „Tod eines Handlungsreisenden“ von der Berliner
Schaubühne (mit Thomas
Thieme), Karin Beiers Kölner
Inszenierung „Das goldene
Vlies“ (mit Maria Schrader und
Manfred Zapatka), „Carmen“
vom Salzburger Landestheater… Es gewannen die JürgenGosch-Inszenierung „Onkel
Wanja“ vom Deutschen The-
ater Berlin und David Böschs
Essener „Woyzeck“-Inszenierung. Wobei Hauptdarsteller
Ulrich Matthes, Berlin, auch
den Preis als bester Schauspieler erhielt. Er bedankte
sich mit dem Satz: „Was hier
in Siegen läuft, ist für alle Theaterleute – auch für uns aus
Berlin – Mut machend.“ Übrigens: Christoph Franken aus
dem Hannover’schen Ensemble von „Frühlings Erwachen“
wurde mit dem (kurzfristig geschaffenen) „Preis für die beste
Nacktszene“ ausgezeichnet.
2. Siegener Biennale: Dran glauben
D
Foto: Arno Declair
as Prinzip des
schrägen Preises
galt auch 2012:
Zum Biennale-Motto „Dran
glauben“ waren griechische
Staatsanleihen im Wert von jeweils 1000 Euro ausgelobt.
Den Jury-Preis erhielt das Kölner Schauspielhaus für Tschechows „Der Kirschgarten“, Regie: Karin Henkel. Den Publikumspreis gewann Luk Percevals Inszenierung von Wolfgang Borcherts „Draußen vor
der Tür“ am Hamburger Thalia
Theater. André Jung (Münch-
ner Kammerspiele) erhielt für
seinen Monolog-Abend mit
Werken von Elfriede Jelinek
und Samuel Beckett den Sonderpreis für „herausragende
künstlerische Verdienste".
Weitere Aufführungen waren
Camus‘ „Die Gerechten“ Regie:
Alexander Riemenschneider)
des Hamburger Schauspielhauses, Ibsens „Nora oder
Ein Puppenhaus“ in der Oberhausener Inszenierung von
Herbert Fritsch und Schillers
„Die Jungfrau von Orleans“ in
Roger Vontobels Bochumer In-
szenierung. Auch musikalisch
wurde „Dran glauben“ interpretiert: Die King’s Singers
aus London hatten unter der
Überschrift „Body & Soul“ das
Dran-Glauben-Müssen und
das An-Etwas-Glauben-Können speziell für die Siegener
Biennale ausgearbeitet. Und
direkt nach der Eröffnung mit
„Draußen vor der Tür“ gab es
in der Nacht zum Ostersonntag eine Aufführung mit zwei
kombinierten Sinfonieorchestern von Gustav Mahlers Auferstehungssinfonie.
3. Siegener Biennale: Märkte & Menschen
Foto: Arno Declair
D
ass auch bei der
3. Siegener Biennale wieder
hochkarätige, vielbeachtete und zuweilen kontrovers
diskutierte Inszenierungen
zu erleben waren, ist ein Geschenk“, kommentierten
Claudia Irle-Utsch und Peter
Böcking in der Siegener Zeitung. „Es tut nachhaltig gut,
wenn Theater nicht nur unterhält, sondern auch verstört,
herausfordert, anstrengt.“ Der
Biennale-Preis widmete sich
dem Kunstmarkt, der noch ge-
beutelt war vom Skandal um
„den größten Kunstfälscher
der Geschichte“, Wolfgang
Beltracchi. Ausgelobt war ein
Ölbild des Fälschers. Nur:
Das Bild war eine Siegener
Fälschung. Dann kam ein Anruf aus dem Gefängnis Euskirchen: Beltracchi – zu der
Zeit Freigänger – bot an, den
falschen Beltracchi zusammen mit der Kunststudentin
Pees, der echten Fälscherin,
zu signieren. Das Bild bekam
das Frankfurter Schauspielhaus für Michael Thalheimers
„Medea“ – Titelrolle: Constanze Becker. Den Publikumspreis gewann Ibsens „Ein
Volksfeind“ von der Schaubühne Berlin, Regie: Thomas
Ostermeier. Eröffnet worden
war die Biennale mit Andres
Veils Banken-Stück „Das Himbeerreich“ (Deutsches Theater
Berlin). „Liliom“ (Schauspielhaus Bochum), die griechische
Tanzperformance „Late
Night“ und eine konzertante
„Rheingold“-Aufführung der
Philharmonie Südwestfalen
waren weitere Höhepunkte.
B I E N N A L E - PR E I S V E RL E IH U N G
I
J U N G E S A P O LL O „ J A P “
www . a p o l l os i e g en . de
15
Theater-Pr eise aus gestrandetem Bootsmaterial von der Insel Chios
Rucksack als Preis
Als Preise wird es Rucksäcke u. Taschen geben, die aus Flüchtlingsbooten hergestellt werden. Aus dem Material, dem sich heimatlos Gewordene unter Lebensgefahr anvertrauten, um eine neue Heimat zu gewinnen.
D
ahinter steht das
Berliner Projekt
mimycri, das mit
Flüchtlingen zusammen arbeitet, um aus den an Griechenlands Stränden geborgenen Gummibooten hochwertige Waren zu entwickeln.
Müll wird damit zu einer
Ressource, Flüchtlinge werden zu Kollegen, aktuelles
Zeitgeschehen wird in einem
Alltagsprodukt greifbar.
Die Gründerinnen von mimycri hatten 2015 und 2016
als Flüchtlingshelferinnen
auf der griechischen Insel
Chios gearbeitet. Irgend-
wann fiel ihnen auf, dass
Gummiboote und nasse Kleidung den Strand zumüllten.
Sie kauften Waschmaschine
und Trockner, um die Kleidungsstücke aufzubereiten;
die Bootsreste konnten dank
großzügiger Privatspenden
nach Berlin geschickt werden, wo sie nun im Projekt
mimycri recycelt werden.
Die Rucksäcke und Taschen
für die preiszukrönenden Ensembles werden im Apollo
noch mit diversen Heimatgaben gefüllt.
Wer bestimmt, welche der
Biennale-Vorstellungen am
Ende gewinnt? Wie in den
Vorjahren, gibt es wieder
zwei unabhängig voneinander wertende Jurys.
Eine Fachjury setzt sich nach
jeder Aufführung zusammen,
um zu einer Einschätzung zu
kommen. Am Ende der Biennale werden dann alle Vorstellungen miteinander verglichen
und mit Blick auf den künstlerischen Gehalt bewertet.
Die Mitglieder der Fachjury,
die die Vorstellungen auf der
großen Bühne bewerten, sind
Dr. Brigitte Pichon, Dr. Antonia Barten, Prof. Ralf Schnell
und Olaf Neopan Schwanke.
Die zweite Jury ist
das Publikum: Die
Zuschauer stimmen mit ihren
Eintrittskarten
ab; dazu stehen
drei Urnen, mit
den Aufschriften
„Super“, „Ganz
okay“ oder „War
nix“ bereit. In
eine der Urnen
wird die Karte eingeworfen.
Preisverleihung
im Biennale-Zelt
So I 21.5. I 19 Uhr
Mit d e m D e u t s c h e n T h eater Berlin startet Apollos Jugendtheater
JAp eröffnet mit „Tschick“
Mit zwei „Tschick“-Vorstellungen vom Deutschen Theater Berlin startet die neue Sparte am Apollo-Theater: JAp wird das Hauptarbeitsfeld des neuen Apollo-Mitarbeiters Werner Hahn sein, der bundesweit bekannt wurde als Initiator des Hagener Jugendtheaters LUTZ.
Foto: Arno Declair
T
schick“ ist
die Geschichte von zwei
14-jährigen
Außenseitern und ihrer abenteuerlichen Irrfahrt durch die
ostdeutsche Provinz. Maik ist
ein wohlstandsverwahrloster
Außenseiter, der zwischen
Swimmingpool und Playstation seiner Schwärmerei für
Tatjana nachhängt. Zu Beginn
der Sommerferien bekommt
er Besuch von Andrej, genannt
„Tschick“. Der hat russische
Wurzeln, ein Alkoholproblem
und einen hellblauen Lada
(„geliehen, nicht geklaut!“).
Tschick überredet Maik, mit
ihm in die Walachei zu fahren.
„Die gibt’s nicht“, sagt Maik.
Sie fahren trotzdem. Am Ende
schaffen sie es zwar nicht,
aber wichtig für Maik ist, dass
er über die grundsätzlichen
Dinge im Leben nach der
Reise besser Bescheid weiß.
Georg Kasch hat in der Berliner Morgenpost beschrieben,
wie „Tschick“ inszeniert
ist: „Zwischen Podesten mit Wüstensand und
Kakteen, hinter denen der
Sehnsuchtsort Walachei in
Großbuchstaben
leuchtet, erzählen
Sven Fricke und Thorsten Hierse in knapp zwei
Stunden die Geschichte als
verrücktes Rollenspiel. Beide
sind sie Maik, aber auch alle
anderen Charaktere. (…) Verwirrend ist das nicht, sondern
hervorragend gespielt (…) Toll
auch die Lösung, wie sich Isa
materialisiert: Als sie das
Mädchen als Kobold auf der
Müllhalde auflesen, rotzen die
Jungs sie noch als Karikatur
hin. Erst als Maik sie als Frau
wahrnimmt, steht Natalia Belitski auf der Bühne. (…) Insgesamt funktioniert die
Fassung von Robert
Koall hervorragend, und neben den Pointen
zünden auch die
Momente ungehemmter Melancholie, die bruchlos zurückkippen in
den Witz. (…) 'Tschick',
eine Feier des Lebens, die
glücklich macht.“
Man wünscht sich, dass dieses
wunderbar traurig-komische
Roadmovie niemals endet.
SWR 2
Termine
Fr I 1.9. I 20 Uhr (Abo JAp)
Sa I 2.9. I 19 Uhr (Abo P)
Karten ab sofort erhältlich
16
BIENNALE-KALENDER
I
PODIUMSDISKUSSION
April
21. 20.00 Eröffnungsvorstellung: Die Glasmenagerie
So 23. 19.00 Eröffnungsvortrag: Dr. Rüdiger Safranski
Fr
– Wie viel Heimat braucht der Mensch?
Mo24.20.00 Große Liebe
I
A P O LL O B E GRÜ S S T
I
BIENNALE-SPONSOREN
„ Populismus und Eliten “
Uni zu Gast
25. 20.00 Mein Gott Allah – 1. Siegener Migranten Slam
Mi 26. 20.00 Adolf Busch – Kompositionen
Zu einer Podiumsdiskusion über „Populismus und
Eliten“ lädt die Uni Siegen ins Biennale-Zelt ein.
Do 27. 20.00 Harald Martenstein „Best of“
eilnehmer sind u. a.
die ZEIT-Redakteurin
Elisabeth Raether,
deren Buch „Neue deutsche
Mädchen“ die Feminismus-Debatte befeuert hat, die Professorin für Kirchengeschichte, Dr.
Veronika Albrecht-Birkner, und
der Lehrer Volker Schüttenhelm, der auch Präsident der
Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft Siegen-Wittgenstein
ist. Populismus ist kein neues,
Di
aus der alten und neuen Welt
28. 20.00 Ekzem Homo
Sa 29. 19.00 Ekzem Homo
So 30. 19.00 Kein schönes Land in dieser Zeit (?)
Fr
Mai
Mo01. 20.00 The Situation
02. 20.00 Lampedusa
Mi 03. 20.00 Ron Williams „Hautnah“
Do 04.20.00 Podiumsdiskussion „Populismus und Eliten“
Fr 05. 20.00 Die (s)panische Fliege
Sa 06. 17.00 10 Jahre Apollo-Theater (Festakt)
Di
18.00 Empfang im Biennale-Zelt
20.00 Die (s)panische Fliege
So 07. 19.00 Und ewig jodelt der Bergdoktor
09. 20.00 Was ihr wollt
Mi 10. 20.00 Nico Holonics liest „Der Spieler“
Do 11. 20.00 Terror
Di
22.15 Theatergespräch (Reese, Landau, Holonics)
Fr 12. 20.00 Große Liebe
21.15 Theatergespräch „Große Liebe“
„Apollo begrüßt“
mit Ralf Schnell
T
Prof. Dr. Ralf Schnell,
früher Rektor der heimischen Universität, ist
schon ein alter Hase in
puncto Siegener Biennale.
Auch dieses Mal wieder
wird dieser kluge Literaturwissenschaftler, der so
wunderbar normal reden
kann, bei „Apollo begrüßt“
zu erleben sein, bei den
Stück-Einführungen vor
den Aufführungen. Während der Biennale beginnt
„Apollo begrüßt“ jeweils
eine Stunde vor der Vorstellung und dauert rund
eine halbe Stunde.
aber ein – auch durch neue Medien – gewaltig anwachsendes
Phänomen und Problem. Populisten – egal welcher Coleur
– eint ihr Anspruch, dass nur
sie das Volk vertreten, also die
angeblich unterrepräsentierte
stille Mehrheit. Dazu braucht
der Populist Feindbilder, zum
Beispiel „die Eliten“.
Termin
Do I 4.5. I 20 Uhr
Danke für die Kohle!
Diese Sponsoren des Apollo-Theaters ermöglichen die „Siegener Biennale 2017“
durch ihre großzügige Unterstützung. Wir sagen Danke!
So 14. 19.00 Transit
Mo15. 20.00 Väter und Söhne
16. 20.00 Väter und Söhne
Mi 17. 20.00 Fahr' deinen Film
Do 18. 20.00 Heimat nur für Hiesige
Fr 19. 20.00 Hanns-Josef Ortheil:
Di
„Was ich liebe – und was nicht“
Sa 20. 19.00 Der Brandner Kaspar und das ewig‘ Leben
So 21. 15.00 Der Brandner Kaspar und das ewig‘ Leben
19.00 Biennale-Preisverleihung
20.00 Der Brandner Kaspar und das ewig‘ Leben
Stiftung
Erndtebrücker
Eisenwerk
Theodor Gräbener GmbH & Co. KG
Impressum
Herausgeber: Apollo-Theater Siegen I Morleystraße 1
57072 Siegen I Tel.: 02 71 / 77 02 77 - 0
E-Mail: [email protected] I Internet: www.apollosiegen.de
Verantwortlich i.S.d.P.: Magnus Reitschuster
Redaktion: Jan Vering I Grafik: Lisa Bäcker
Druck: Vorländer GmbH & Co. KG, Siegen
Theaterkasse
Apollo-Theater I Morleystraße 1
57072 Siegen I Telefon: 0271/ 77 02 77-2
Fax: 0271/ 77 02 77-22 I E-Mail: [email protected]
Öffnungszeiten während der Biennale:
Di – Fr: 13 – 19 Uhr I Sa: 10 – 14 Uhr
Abendkasse: 1 Stunde vor Vorstellungsbeginn
Kreis SiegenWittgenstein
F örd e rkr e i s
S
TI
F
TUNG
Ein besonderer Dank gilt den Kuratoren, Dauersponsoren & weiteren Spendern:
Dr. Gabriele Barten Franz Becker Dr. Fritz Berg Ilse Berg Ulrike und Dieter Braas
BSW Berleburger Schaumstoffwerk GmbH Michael Buerke Dango & Dienenthal GmbH
& Co. KG Dango & Dienenthal Maschinenbau GmbH Dango & Dienenthal Filtertechnik
GmbH Demler Spezialtiefbau GmbH & Co. KG Jörg Dienenthal Gerd Dilling Gerd
Doege Dometic Gisela Ess Dr. Hans-Ulrich Frank Gebr. Kemper GmbH & Co. KG
Gesellschaft Erholung zu Siegen Dr. med. Viktor Groß Gustav Hensel GmbH & Co. KG
Rolf und Heidrun Hagelauer Hees Bürowelt GmbH Hering Bau GmbH & Co. KG Dr.
Hans-Peter Hobbach IHK Siegen KAF Falkenhahn Bau AG Dr. med. Hermann Kämpfer
Kirchhoff Automotive GmbH Dr. Georg Kirchner Ulrike Klein Prof. Dr. Joachim Labenz
Christa und Dr. Wolfgang-Dieter Lange Susanne Lixfeld Maneris AG Maschinenfabrik
Herkules GmbH & Co. KG Erika Mues Klaus Niederstein Hans-Jürgen Patt Ralf
Pufahl Dagmar Schleifenbaum Dr. Henrich Schleifenbaum Slawinski & Co. GmbH
Fritz Spannagel Spedition Siebel Hermann Scholtz Prof. Dr. Peter Schuster Stumpf
Metall GmbH TMT Tapping Measuring Technology GmbH Unternehmerschaft SiegenWittgenstein Klaus Th. Vetter Waldrich Siegen Werkzeugmaschinen GmbH Walter
Schneider GmbH & Co. KG Walzen Irle GmbH Wolfgang Weber Prof. Dr. Frank Willeke
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