M 6 Materialien zu Kapitel 6 (1) Materialien zu Kapitel 6 „Bonhoeffers Ethik“ M 6/1 M 6/2 M 6/3 M 6/4 M 6/5 M 6/6 M 6/7 M 6/8 M 6/9 Schematische Übersicht zur Einführung in Bonhoeffers Ethik (Gesamtbild) Grundfolie mit Begriffen für die Erarbeitung (I) Deckfolie mit Beziehungspfeilen für die Erarbeitung (II) Fragen für die Gruppenarbeit (1. Stunde) Text: Brief Bonhoeffers an seine Großmutter Leitfragen für die Gruppenarbeit zum Brieftext Rembrandt-Bild mit Leitfragen Bibeltexte mit Leitfragen Information zu Bonhoeffers Einsatz gegen Euthanasie und Zwangssterilisation Aus CD-ROM zu: Roland Biewald und Jens Beckmann, Bonhoeffer Werkbuch. Spurensuche. Didaktische Überlegungen. Praxisbausteine, © 2007 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München M 6 Materialien zu Kapitel 6 (2) M6/1 Ethik Bonhoeffers: (barmherziger) Gott Æ Ursprung und Bezugspunkt aller Dinge offenbart sich in Erlösung aus Gottes Barmherzigkeit Jesus Christus Æ Maßstab und Verkörperung des Guten repräsentiert bringt Erlösung trägt durch Christus sind beide (handelndes) Individuum Æ erscheint als Stellvertreter versetzt in Entscheidungssituation Ebenen gleich auf einen Punkt hin geeint, in der Erkenntnis der guten (ethischen) Tat handelt in Freiheit1 Stellvertretung2 Wirklichkeitsgemäßheit3 Schuldübernahme4 christliche Kirche Æ erscheint als Stellvertreter Æ Vermittler zwischen Gott und Mensch handelt durch Verkündigung (betroffener) Nächster Æ erscheint als Ebenbild Gottes 1) Die Freiheit des Menschen erwächst erst durch das Heilshandeln Gottes in Freiheit. Die stellvertretende Hingabe Christi geschah in selbstloser Barmherzigkeit Gottes auf den Menschen hin. Dadurch erkennt erst der Mensch seine Freiheit, für den anderen zu handeln, als einzige Freiheit überhaupt. 2) Stellvertretung erscheint zuerst in der Inkarnation Jesu, des Sohnes Gottes, der das menschliche Leben stellvertretend gelebt hat. Dadurch richtet sich alles menschliche Leben auf Christus aus und wird zu stellvertretendem Leben, da die Wirklichkeit Gottes durch Christus offenbar wird. Stellvertretendes Leben bedeutet also, Leben in Stellvertretung für den Nächsten, Handeln in der fordernden Situation. 3) Wirklichkeitsgemäßheit ist ein Kriterium, welches besagt, dass der ethisch handeln kann, der sich seiner Grenzen bewusst ist. Bonhoeffer vertritt also nicht die Ansicht, es gäbe eine Art positives Recht, sondern die ethische Handlung ist situationsgebunden und konsequent umzusetzen, ohne dabei allgemeine Prinzipien oder Selbstrechtfertigung aus dieser Handlung ableiten zu können. 4) Schuldübernahme wird in dem Sinne erforderlich, dass sich eine handelnde Person, trotz ihrer ethischen Ziele, nicht dem Kreislauf der Sünde entziehen kann, sondern dass sie stets auch Teil der Sünde ist. Deshalb werden diesbezüglich eine Selbstreflexion und die Anerkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit erforderlich. Aus CD-ROM zu: Roland Biewald und Jens Beckmann, Bonhoeffer Werkbuch. Spurensuche. Didaktische Überlegungen. Praxisbausteine, © 2007 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München M 6 Materialien zu Kapitel 6 (3) Ethik Bonhoeffers: (barmherziger) Gott Jesus Christus (handelndes) Individuum christliche Kirche (betroffener) Nächster M 6/2 Grundfolie I Aus CD-ROM zu: Roland Biewald und Jens Beckmann, Bonhoeffer Werkbuch. Spurensuche. Didaktische Überlegungen. Praxisbausteine, © 2007 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München M 6 Materialien zu Kapitel 6 (4) Ethik Bonhoeffers: M 6/3 Deckfolie II Aus CD-ROM zu: Roland Biewald und Jens Beckmann, Bonhoeffer Werkbuch. Spurensuche. Didaktische Überlegungen. Praxisbausteine, © 2007 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München M 6 Materialien zu Kapitel 6 (5) M 6/4 Leitfragen für die Gruppenarbeit Gruppe 1: Zusammenfassende und reflektierende Fragen Wie beschreibt Bonhoeffer die Rolle Gottes für den Menschen und für die Ethik? Welche Bedeutung hat Jesus Christus – laut Bonhoeffers Ansicht – für uns Menschen im Allgemeinen und für die Christenheit? Gibt es da gravierende Unterschiede? Welches Bild von Kirche zeichnet Bonhoeffer? Wie frei ist der Mensch, ethisch zu handeln? Woran bemisst sich die ethische Handlung? Welche Maßstäbe setzt Bonhoeffer? Gruppe 2: Fragen, die eine kritische Sicht der Ethik Bonhoeffers ermöglichen Diskutieren Sie die Frage: Mischt Gott sich in unsere Entscheidungen ein? Können nur Christen ethisch „richtig“ handeln, wenn andere doch von der Erlösung durch das Heilshandeln Christi nichts wissen? Was hat das eigene Schuldbekenntnis mit dem ethischen Handeln für die Welt zu tun? Gruppe 3: Fragen, die sich auf die individuelle Vorstellungswelt der Schüler beziehen Diskutieren Sie die Frage: Erlässt Gott Vorschriften? Kann man immer ethisch „richtig“ handeln? In welcher Weise würde eine konsequente ethische Orientierung des einzelnen Menschen auch dessen ganzes Leben verändern? Aus CD-ROM zu: Roland Biewald und Jens Beckmann, Bonhoeffer Werkbuch. Spurensuche. Didaktische Überlegungen. Praxisbausteine, © 2007 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München M 6 Materialien zu Kapitel 6 (6) M 6/5 Ein Brief Dietrich Bonhoeffers an seine Großmutter über seine Gedanken zu Krankheit und „Euthanasie“ 1 [...] Die Zeit in Bethel ist für mich sehr eindrucksvoll gewesen. Es ist hier einfach noch ein Stück Kirche, die weiß, worum es einer Kirche gehen kann und worum nicht. Ich komme eben aus dem Gottesdienst: Es ist ein eigentümliches Bild, die Scharen von Epileptikern und Kranken die ganze Kirche füllen zu sehen, dazwischen die Diakonissen und Diakone, die helfen müssen, wenn irgendeiner fällt; dann wieder alte Vagabunden von der Landstraße, die Theologiestudenten, die Kinder aus der Aufbauschule für Gesunde, Ärzte und Pfarrer mit ihren Familien; aber eben doch das ganze Bild beherrscht von den Kranken, die mit einer starken Teilnahme zuhören. Es muss ja in diesen Menschen auch ein ganz eigentümliches Lebensgefühl sein, die so gar nicht Herr über sich sein können, die jeden Augenblick darauf gefasst sein müssen, dass es sie packt. Das ging mir heute in der Kirche in solchen Augenblicken erst eigentlich auf. Und diese Situation der wirklichen Wehrlosigkeit öffnet diesen Menschen vielleicht deutlicher einen Einblick in gewisse Wirklichkeiten der menschlichen Existenz, die eben doch im Grund wehrlos[er] ist, als das uns Gesunden jemals gegeben sein kann. Und gerade dieser jähe Wechsel von Gesundsein und Fallen ist für solche Einsicht wohl noch verheißungsvoller als ein stetiges Kranksein. Ich musste heute in der Kirche immer wieder an das Hundertguldenblatt von Rembrandt und die dazugehörigen Berichte aus den Evangelien denken. Etwas Sentimentales hat das alles gar nicht, sondern etwas ungeheuer Reales, Ursprüngliches. Es fällt hier eben etwas von den Schranken, mit denen wir uns gewöhnlich von dieser Welt absperren. Sie gehört hier einfach ins eigene Leben mit hinein, wie es in Wirklichkeit ist. Von Buddha heißt es, dass er durch die Begegnung mit einem Schwerkranken bekehrt worden sei. Es ist ja ein glatter Wahnsinn, wenn man heute meint, das Kranke einfach durch Gesetze beseitigen zu können oder zu sollen. Das ist ja fast schon ein Turmbau zu Babel, der sich rächen muss. Es ist eben doch der Begriff von Krank und Gesund sehr zweideutig und dass das, was hier an ‚Krankem’ ist, an wesentlichen Punkten des Lebens und der Einsicht gesünder ist als das Gesunde und dass sie beide einander auch einfach bedürfen. Das ist wohl doch eine wesentliche Gestalt und Ordnung dieses Lebens, die nicht einfach und einsichtslos verändert werden kann. [...] 1) Beschreiben Sie kurz den Inhalt der Quelle mit eigenen Worten! 2) Welche Aspekte stehen im Zentrum? 3) In welcher Rolle erscheint „der kranke Mensch“? 4) Welche Haltung zu kranken Menschen wird Jesus Christus zugeschrieben? 5) Welche ethischen Forderungen lassen sich aus der Quelle „herauslesen“? 6) Wie ist Ihre Einstellung dazu? 1 Bonhoeffer, D.: Dietrich an Julie Bonhoeffer, 20.8.1933. In: Bonhoeffer, D.; Bethge, E. (Hrsg.): Gesammelte Schriften (GS)., Bd. 2: Kirchenkampf und Finkenwalde- Resolutionen, Aufsätze, Rundbriefe 1933- 1943. München 21966, S. 77f. (DBW 12, S. 116-118) Aus CD-ROM zu: Roland Biewald und Jens Beckmann, Bonhoeffer Werkbuch. Spurensuche. Didaktische Überlegungen. Praxisbausteine, © 2007 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München M 6 Materialien zu Kapitel 6 (7) M 6/6 Gruppenarbeit zum Brief Bonhoeffers an seine Großmutter Gruppe 1: Welche Einstellung hat Bonhoeffer zu Krankheit und kranken Menschen? Gruppe 2: Wie charakterisiert Bonhoeffer die gesunden Menschen? Gruppe 3: Wie interpretiert Bonhoeffer die Haltung Jesu Christi zu Krankheit und zu kranken Menschen? Gruppe 4: Welche Bezüge zu Bonhoeffers Ethikvorstellungen werden aus diesem Text deutlich? Aus CD-ROM zu: Roland Biewald und Jens Beckmann, Bonhoeffer Werkbuch. Spurensuche. Didaktische Überlegungen. Praxisbausteine, © 2007 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München M 6 Materialien zu Kapitel 6 (8) M 6/7 Rembrandt: Das Hundertguldenblatt 1) Beschreiben Sie kurz den Bildinhalt mit eigenen Worten! 2) Welche Aspekte stehen im Zentrum? 3) In welcher Rolle erscheint „der kranke Mensch“? 4) Welche Haltung zu kranken Menschen wird Jesus Christus zugeschrieben? 5) Welche ethischen Forderungen lassen sich aus dem Bild „herauslesen“? 6) Nehmen Sie Stellung dazu! Aus CD-ROM zu: Roland Biewald und Jens Beckmann, Bonhoeffer Werkbuch. Spurensuche. Didaktische Überlegungen. Praxisbausteine, © 2007 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München M 6 Materialien zu Kapitel 6 (9) M 6/8 Biblische Texte Mt 4, 24 24 Und die Kunde von ihm erscholl durch ganz Syrien. Und sie brachten zu ihm alle Kranken, mit mancherlei Leiden und Plagen behaftet, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte; und er machte sie gesund. Mt 9, 35f 35 Und Jesus ging ringsum in alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen. 36Und als er das Volk sah, jammerte ihn; denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten mehr haben. Mt 11, 28 28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Mt 14, 34-36 34 Und sie fuhren hinüber und kamen ans Land in Genezareth. 35Und als die Leute an diesem Ort ihn erkannten, schickten sie Botschaft ringsum in das ganze Land und brachten alle Kranken zu ihm 36und baten ihn, dass sie nur den Saum seines Gewandes berühren dürften. Und alle, die ihn berührten, wurden gesund. Mt 15, 29-31 29 Und Jesus ging von dort weiter und kam an das Galiläische Meer und ging auf den Berg und setzte sich dort. 30Und es kam eine große Menge zu ihm; die hatten bei sich Gelähmte, Verkrüppelte, Blinde, Stumme und viele andere Kranke und legten sie Jesus vor die Füße, und er heilte sie, 31sodass sich das Volk verwunderte, als sie sahen, dass die Stummen redeten, die Verkrüppelten gesund waren, die Gelähmten gingen, die Blinden sahen; und priesen den Gott Israels. (Bibelzitate nach: Die Bibel. Nach der Übersetzung von Luther, M., revidierte Fassung von 1984, in: Lutherbibel Standardausgabe. Deutsche Bibelgesellschaft (Hrsg.), Stuttgart 1999.) 1) Fassen Sie die Texte in eigene Worte. 2) Welche Aspekte stehen im Zentrum? 3) In welcher Rolle erscheint „der kranke Mensch“? 4) Welche Haltung zu kranken Menschen wird Jesus Christus zugeschrieben? 5) Welche ethischen Forderungen lassen sich aus den Texten „herauslesen“? 6) Nehmen Sie Stellung dazu! Aus CD-ROM zu: Roland Biewald und Jens Beckmann, Bonhoeffer Werkbuch. Spurensuche. Didaktische Überlegungen. Praxisbausteine, © 2007 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München M 6 Materialien zu Kapitel 6 (10) M 6/9 Textgrundlage für einen Informationsbaustein Bonhoeffers Einsatz gegen Euthanasie und Zwangssterilisation im Dritten Reich 2 Infolge der ersten Synode der Bekennenden Kirche im Oktober 1940 wurde Bonhoeffer aufgefordert, über einige Themen der Synode, zu denen auch die Euthanasie gehörte, theologisch zu arbeiten und danach dem „preußischen Bruderrat“ vorzulegen. Bonhoeffer war mit dem Problem der Euthanasie vertraut und wusste von einer drohenden Aktion in Bethel. Im Frühjahr 1941 setzte er den Generalsekretär des sich formierenden Weltkirchenrates, Willem Visser’t Hooft, von der Euthanasie-Aktion in Kenntnis 3 , der dies wiederum an den Lordbischof von Chichester, George Bell, weiterleitete. Dieser veranlasste danach 1941 eine Sendung beim BBC: „Weihnachtsbotschaft an die Christen in Deutschland“, in der man zum Widerstand gegen die Euthanasie aufrief. Im November 1941 richtete sich Bonhoeffer in einem Schreiben an die Generäle Keitel und Falkenhausen und forderte diese darin ebenfalls zum Widerstand gegen das Regime auf und begründete das unter Verweis auf biblische Inhalte (Zehn Gebote u.a.) mit der antichristlichen Haltung der Staatsfunktionäre. 1942 wurde Bonhoeffer Mitglied eines Ausschusses des Bruderrates der Bekennenden Kirche und befasste sich in diesem Rahmen mit einem „Gutachten zur Judenfrage, zur Tötung der Geisteskranken, zur Kirchenzucht“. Am 15. März 1943 erschien ein Referat Bonhoeffers, „Die Lehre vom primus usus legis nach den Bekenntnisschriften und ihre Kritik“, in dem er die Pflicht zur öffentlichen Einhaltung des Dekalogs betonte. Ingesamt hat sich Bonhoeffer vor allem in seinen theologischen Schriften sehr intensiv mit Fragen der Eugenik und Euthanasie auseinandergesetzt. Leider sind viele Protokolle zu den Veranstaltungen der Bekennenden Kirche entweder wegen der großen Gefahren nur in unvollständigem Maße abgefasst worden, oder sie wurden völlig vernichtet, sodass das ganze Ausmaß der Auseinandersetzung um das Thema Euthanasie niemals vollständig rekonstruiert werden kann. 2 Gerrens, U.: Medizinisches Ethos und theologische Ethik. Karl und Dietrich Bonhoeffer in der Auseinandersetzung um Zwangssterilisation und „Euthanasie“ im Nationalsozialismus. München 1996, S. 125151 (= Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Bd. 73) 3 Ebd., S. 126 Aus CD-ROM zu: Roland Biewald und Jens Beckmann, Bonhoeffer Werkbuch. Spurensuche. Didaktische Überlegungen. Praxisbausteine, © 2007 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München