MO 0 4 . 0 4 .11 2 0 U h r | Se m peroper 7. Kammerabend Vorschau Kammermusikaustausch mit dem Gewandhausorchester Leipzig Wilhelm Berger Ausführende Viktorija Kaminskaite Sopran Andreas Seidel und Karl-Heinrich Niebuhr Violine Dorothea Hemken und Alice Mura Viola Christian Giger und Matthias Schreiber Violoncello Quintett für 2 Violinen, Viola und 2 Violoncelli e-Moll op. 75 1. Allegro con passione 2. Vivace scherzando 3. Adagio 4. Molto vivace 1 8 61-19 11 8. Kammerabend d i 0 7. 0 6 . 2 0 11 2 0 U h r Se m peroper Programm und Mitwirkende werden noch bekannt gegeben. 2010 P a us e Alexander von Zemlinsky 18 7 1-19 4 2 I m pr essum »Maiblumen blühten überall« (Richard Dehmel) für Sopran und Streichsextett w w w. sta at sk a pe l l e-dr esde n.de Arnold Schönberg Sächsische Staatsoper Dresden Intendantin Dr. Ulrike Hessler 18 74 -19 5 1 Spielzeit 2010|2011 Herausgegeben von der Intendanz © April 2011 »Verklärte Nacht« (Richard Dehmel), Streichsextett op. 4 Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. R e da k t i o n u n d T e x t e Tobias Niederschlag G e s t a lt u n g u n d L ay o u t schech.net Strategie. Kommunikation. Design. Druc k Union Druckerei Dresden GmbH 2011 7. Kammerabend MO 0 4 . 0 4 .11 2 0 U h r | Se m peroper 7. Kammerabend Vorschau Kammermusikaustausch mit dem Gewandhausorchester Leipzig Wilhelm Berger Ausführende Viktorija Kaminskaite Sopran Andreas Seidel und Karl-Heinrich Niebuhr Violine Dorothea Hemken und Alice Mura Viola Christian Giger und Matthias Schreiber Violoncello Quintett für 2 Violinen, Viola und 2 Violoncelli e-Moll op. 75 1. Allegro con passione 2. Vivace scherzando 3. Adagio 4. Molto vivace 1 8 61-19 11 8. Kammerabend d i 0 7. 0 6 . 2 0 11 2 0 U h r Se m peroper Programm und Mitwirkende werden noch bekannt gegeben. 2010 P a us e Alexander von Zemlinsky 18 7 1-19 4 2 I m pr essum »Maiblumen blühten überall« (Richard Dehmel) für Sopran und Streichsextett w w w. sta at sk a pe l l e-dr esde n.de Arnold Schönberg Sächsische Staatsoper Dresden Intendantin Dr. Ulrike Hessler 18 74 -19 5 1 Spielzeit 2010|2011 Herausgegeben von der Intendanz © April 2011 »Verklärte Nacht« (Richard Dehmel), Streichsextett op. 4 Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. R e da k t i o n u n d T e x t e Tobias Niederschlag G e s t a lt u n g u n d L ay o u t schech.net Strategie. Kommunikation. Design. Druc k Union Druckerei Dresden GmbH 2011 7. Kammerabend MO 0 4 . 0 4 .11 2 0 U h r | Se m peroper 7. Kammerabend Vorschau Kammermusikaustausch mit dem Gewandhausorchester Leipzig Wilhelm Berger Ausführende Viktorija Kaminskaite Sopran Andreas Seidel und Karl-Heinrich Niebuhr Violine Dorothea Hemken und Alice Mura Viola Christian Giger und Matthias Schreiber Violoncello Quintett für 2 Violinen, Viola und 2 Violoncelli e-Moll op. 75 1. Allegro con passione 2. Vivace scherzando 3. Adagio 4. Molto vivace 1 8 61-19 11 8. Kammerabend d i 0 7. 0 6 . 2 0 11 2 0 U h r Se m peroper Programm und Mitwirkende werden noch bekannt gegeben. 2010 P a us e Alexander von Zemlinsky 18 7 1-19 4 2 I m pr essum »Maiblumen blühten überall« (Richard Dehmel) für Sopran und Streichsextett w w w. sta at sk a pe l l e-dr esde n.de Arnold Schönberg Sächsische Staatsoper Dresden Intendantin Dr. Ulrike Hessler 18 74 -19 5 1 Spielzeit 2010|2011 Herausgegeben von der Intendanz © April 2011 »Verklärte Nacht« (Richard Dehmel), Streichsextett op. 4 Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. R e da k t i o n u n d T e x t e Tobias Niederschlag G e s t a lt u n g u n d L ay o u t schech.net Strategie. Kommunikation. Design. Druc k Union Druckerei Dresden GmbH 2011 7. Kammerabend Wilhelm Berger Streichquintett e-Moll op. 75 Der heute fast vergessene Komponist Wilhelm Berger wurde 1861 als Sohn eines Bremer Musikalienhändlers in Boston geboren und wuchs nach Rückkehr der Familie in Bremen auf. Schon früh zeigte sich seine musikalische Begabung: Als er mit 14 Jahren zum ersten Mal öffentlich konzertierte, hatte er bereits eine Vielzahl an Liedern und Klavierwerken komponiert. Von 1878 bis 1884 studierte er an der Königlichen Hochschule in Berlin und entfaltete schon wenig später eine umfangreiche Tätigkeit als Konzertpianist. 1903 erreichte seine Karriere ihren Höhepunkt, als er zum Professor an die Königliche Akademie der Künste in Berlin berufen wurde und im gleichen Jahr als Nachfolger von Fritz Steinbach die Leitung der Meininger Hofkapelle übernahm. Wilhelm Berger starb 1911 – vor 100 Jahren – mit erst 49 Jahren an den Folgen einer Magenoperation in Jena. Berger gehörte zum Kreis der sogenannten »Berliner Akademiker«, deren Werke sich allgemein durch eine hohe satztechnische Meisterschaft auszeichnen. Stilistisch steht seine Musik in der Nachfolge von Johannes Brahms, wobei die Harmonik und eine Vorliebe für kontrapunktische Techniken auch auf Max Reger vorausweisen, der Bergers Nachfolger in Meiningen werden sollte. Vor dem Hintergrund seines nur kurzen Lebens hinterließ Berger mit rund 100 Werken ein umfangreiches Oeuvre. Die Dresdner Hofkapelle brachte 1909 seine »Variationen und Fuge über ein eigenes Thema« op. 97 zur Uraufführung. Das Streichquintett in e-Moll op. 75 – in der selteneren Besetzung mit 2 Vio­ loncelli anstelle von 2 Bratschen – entstand 1899 und wurde nach seinem Erscheinen hoch geschätzt. So erhielt Berger für das Werk den Preis der Bonner Beethoven-Gesellschaft. Alexander von Zemlinsky »Maiblumen blühten überall« für Sopran und Streichsextett »Überall diese Wärme, dieser nur ihm eigene Überschwang. Mit Staunen sah ich, daß in der neuen Musik ein Urmusiker lebt, ein Mann, der nicht seine patentierten Klangkombinationen verschleißt, dem im Ehrgeiz-Wettrennen die Zunge nicht atonal zum Hals heraushängt, einer, der unverborgen singt und singen muß.« So würdigte der Dichter Franz Werfel den Komponisten Alexander von Zemlinsky, der in seiner Musik zwar die Grenze zur Atonalität ausreizte, diese aber nie überschritt. In dieser Hinsicht unterschied er sich von seinem Schüler (und Schwager) Arnold Schönberg – und aus diesem Grund geriet er wahrscheinlich später auch in Vergessenheit. Erst seit den 1970er Jahren werden die Werke Zemlinskys allmählich wiederentdeckt. Zu Beginn seiner Laufbahn zeigte sich Zemlinsky – wie viele andere Kompo- nisten der Jahrhundertwende – begeistert von den Werken des Lyrikers Richard Dehmel. 1898 komponierte er einige »Fantasien über Gedichte von Richard Dehmel« für Klavier op. 9, und vermutlich noch im gleichen Jahr begann er mit der Komposition von »Maiblumen blühten überall«. Für dieses Werk nach Dehmels Gedicht »Die Magd« wählte er die ungewöhnliche Besetzung eines Soprans mit Streichsextett. Zemlinsky stand zu dieser Zeit bereits in engem Kontakt mit Schönberg – und bis heute ist nicht ganz klar, ob sich dieser durch seinen Lehrer zu einer Komposition für Streichsextett nach Dehmel (»Verklärte Nacht«) anregen ließ oder umgekehrt … Das Gedicht »Die Magd« bricht, wie viele Werke Dehmels, mit bürgerlichen Moralvorstellungen und thematisiert in vier Strophen das Schicksal einer jungen Frau, welches dem Lauf der Jahreszeiten folgt: Auf die leidenschaftliche Liebesbegegnung im Frühling folgen der Tod des Geliebten im Sommer, die Verstoßung der »sündigen Magd« im Herbst und die Ermordung des Neugeborenen im Winter. Zemlinsky plante zunächst eine Vertonung aller vier Strophen, brach die Arbeit aber in der dritten Strophe ab. Dennoch können die beiden vollendeten Strophen ohne weiteres aufgeführt werden, da sie musikalisch eine Einheit bilden. Arnold Schönberg »Verklärte Nacht«, Streichsextett op. 4 Bei seiner Uraufführung am 18. März 1902 verursachte das Streichsextett »Verklärte Nacht« op. 4 den ersten gro­ ßen Schönberg-Skandal in Wien. Grund hierfür war nicht zuletzt die literarische Vorlage von Richard Dehmel, deren Inhalt ähnlich provokant war wie der der »Magd«: Das Gedicht »Verklärte Nacht« aus der Sammlung »Weib und Welt« (1896) schildert in einer atmosphärischen Waldszene das Schuldbekenntnis einer Frau, die ihrem Geliebten gesteht, dass sie ein Kind von einem Anderen erwartet. In einer heroischen Antwort erklärt der Mann, das Kind als eigenes annehmen zu wollen. Schönberg setzte dieses Sujet spä­ testens im September 1899 in Musik, wobei er den Text Dehmels nicht mit Hilfe einer Gesangsstimme vertonte: Er schrieb ein rein instrumentales Werk, in dem er die programmatische Ästhetik der damals so populären Symphonischen Dichtungen erstmals auf den Bereich der Kammermusik übertrug. Musikalisch orientierte er sich dabei sowohl an der chromatisch geweiteten Harmonik Richard Wagners (weshalb das Werk vom Wiener Tonkünstlerverein zunächst abgelehnt wurde) als auch an der Technik der »entwickelnden Varia­ tion« eines Johannes Brahms – und band damit, ganz ähnlich wie Zemlinsky, die beiden lange umkämpften Antipoden in einer avancierten und ausdrucksstarken Musiksprache zusammen. Formal legte Schönberg das Werk zweiteilig an: Ein erster Teil schildert mit einer Fülle an thematischen Gestalten das mitunter dramatische Bekennt- nis der Frau. »Mit dem äußersten Gegensatz D-Dur« (Schönberg) antwortet beruhigend der Mann, und unter flirrenden Streicherklängen wandelt sich die »Nacht der Tragödie in eine verklärte Nacht«. Der Bezug zu Zemlinsky ist auch auf anderer Ebene gegeben: Schönberg schrieb das Werk als Liebeserklärung an dessen Schwester Mathilde, die er 1901 heiratete. 1917 bearbeitete er das Sextett zu einer Fassung für Streichorchester, die sich – in ihrer revidierten Form von 1943 – inzwischen fest im Konzertrepertoire etabliert hat. Tobi a s N i eder sch l ag Richard Dehmel 18 6 3 -19 2 0 »Die Magd«, Strophen 1 und 2 Maiblumen blühten überall; er sah mich an so trüb und müd. Im Faulbaum rief eine Nachtigall: die Blüte flieht! die Blüte flieht! Von Düften war die Nacht so warm, so warm wie Blut, wie unser Blut; und wir so jung und freudenarm. Und über uns im Busch das Lied, das schluchzende Lied: die Glut verglüht! Und er so treu und mir so gut. Viktorija Kaminskaite In Knospen schoß der wilde Mohn, es sog die Sonne unsern Schweiß. Es wurden rot die Knospen schon, da wurden meine Wangen weiß. Ums liebe Brot, ums teure Brot floß doppelt heiß ins Korn sein Schweiß, der wilde Mohn stand feuerrot; es war wohl fressendes Gift der Schweiß, auch seine Wangen wurden weiß, und die Sonne stach im Korn ihn tot. Sopran Viktorija Kaminskaite ist seit der Spielzeit 2008/09 Ensemblemitglied an der Oper Leipzig, wo sie u.a. als Pamina, Zerlina, Najade, Gretel und Fiorilla (»Il Turco in Italia«) zu erleben war. Sie wurde in Vilnius geboren und studierte in ihrer Heimatstadt sowie in Leipzig. Meisterkurse absolvierte sie bei Daphne Evangelatos, Carlos Montané, Grace Bumbry, Edith Wiens und Simon Estes. Ein erstes Festengagement führte sie an das Anhaltische Theater Dessau. Inzwischen ist sie auch als Konzertsängerin deutschlandweit gefragt. Andreas Seidel (Stellvertretender 1. Konzertmeister), Karl-Heinrich Niebuhr (2. Violine), Dorothea Hemken (Stellvertretende Solo-Bratscherin), Alice Mura (Vorspielerin Bratsche), Christian Giger (1. Solo-Cellist) und Matthias Schreiber (Vorspieler Violoncello) sind Mitglieder des Gewandhausorchesters Leipzig. Wilhelm Berger Streichquintett e-Moll op. 75 Der heute fast vergessene Komponist Wilhelm Berger wurde 1861 als Sohn eines Bremer Musikalienhändlers in Boston geboren und wuchs nach Rückkehr der Familie in Bremen auf. Schon früh zeigte sich seine musikalische Begabung: Als er mit 14 Jahren zum ersten Mal öffentlich konzertierte, hatte er bereits eine Vielzahl an Liedern und Klavierwerken komponiert. Von 1878 bis 1884 studierte er an der Königlichen Hochschule in Berlin und entfaltete schon wenig später eine umfangreiche Tätigkeit als Konzertpianist. 1903 erreichte seine Karriere ihren Höhepunkt, als er zum Professor an die Königliche Akademie der Künste in Berlin berufen wurde und im gleichen Jahr als Nachfolger von Fritz Steinbach die Leitung der Meininger Hofkapelle übernahm. Wilhelm Berger starb 1911 – vor 100 Jahren – mit erst 49 Jahren an den Folgen einer Magenoperation in Jena. Berger gehörte zum Kreis der sogenannten »Berliner Akademiker«, deren Werke sich allgemein durch eine hohe satztechnische Meisterschaft auszeichnen. Stilistisch steht seine Musik in der Nachfolge von Johannes Brahms, wobei die Harmonik und eine Vorliebe für kontrapunktische Techniken auch auf Max Reger vorausweisen, der Bergers Nachfolger in Meiningen werden sollte. Vor dem Hintergrund seines nur kurzen Lebens hinterließ Berger mit rund 100 Werken ein umfangreiches Oeuvre. Die Dresdner Hofkapelle brachte 1909 seine »Variationen und Fuge über ein eigenes Thema« op. 97 zur Uraufführung. Das Streichquintett in e-Moll op. 75 – in der selteneren Besetzung mit 2 Vio­ loncelli anstelle von 2 Bratschen – entstand 1899 und wurde nach seinem Erscheinen hoch geschätzt. So erhielt Berger für das Werk den Preis der Bonner Beethoven-Gesellschaft. Alexander von Zemlinsky »Maiblumen blühten überall« für Sopran und Streichsextett »Überall diese Wärme, dieser nur ihm eigene Überschwang. Mit Staunen sah ich, daß in der neuen Musik ein Urmusiker lebt, ein Mann, der nicht seine patentierten Klangkombinationen verschleißt, dem im Ehrgeiz-Wettrennen die Zunge nicht atonal zum Hals heraushängt, einer, der unverborgen singt und singen muß.« So würdigte der Dichter Franz Werfel den Komponisten Alexander von Zemlinsky, der in seiner Musik zwar die Grenze zur Atonalität ausreizte, diese aber nie überschritt. In dieser Hinsicht unterschied er sich von seinem Schüler (und Schwager) Arnold Schönberg – und aus diesem Grund geriet er wahrscheinlich später auch in Vergessenheit. Erst seit den 1970er Jahren werden die Werke Zemlinskys allmählich wiederentdeckt. Zu Beginn seiner Laufbahn zeigte sich Zemlinsky – wie viele andere Kompo- nisten der Jahrhundertwende – begeistert von den Werken des Lyrikers Richard Dehmel. 1898 komponierte er einige »Fantasien über Gedichte von Richard Dehmel« für Klavier op. 9, und vermutlich noch im gleichen Jahr begann er mit der Komposition von »Maiblumen blühten überall«. Für dieses Werk nach Dehmels Gedicht »Die Magd« wählte er die ungewöhnliche Besetzung eines Soprans mit Streichsextett. Zemlinsky stand zu dieser Zeit bereits in engem Kontakt mit Schönberg – und bis heute ist nicht ganz klar, ob sich dieser durch seinen Lehrer zu einer Komposition für Streichsextett nach Dehmel (»Verklärte Nacht«) anregen ließ oder umgekehrt … Das Gedicht »Die Magd« bricht, wie viele Werke Dehmels, mit bürgerlichen Moralvorstellungen und thematisiert in vier Strophen das Schicksal einer jungen Frau, welches dem Lauf der Jahreszeiten folgt: Auf die leidenschaftliche Liebesbegegnung im Frühling folgen der Tod des Geliebten im Sommer, die Verstoßung der »sündigen Magd« im Herbst und die Ermordung des Neugeborenen im Winter. Zemlinsky plante zunächst eine Vertonung aller vier Strophen, brach die Arbeit aber in der dritten Strophe ab. Dennoch können die beiden vollendeten Strophen ohne weiteres aufgeführt werden, da sie musikalisch eine Einheit bilden. Arnold Schönberg »Verklärte Nacht«, Streichsextett op. 4 Bei seiner Uraufführung am 18. März 1902 verursachte das Streichsextett »Verklärte Nacht« op. 4 den ersten gro­ ßen Schönberg-Skandal in Wien. Grund hierfür war nicht zuletzt die literarische Vorlage von Richard Dehmel, deren Inhalt ähnlich provokant war wie der der »Magd«: Das Gedicht »Verklärte Nacht« aus der Sammlung »Weib und Welt« (1896) schildert in einer atmosphärischen Waldszene das Schuldbekenntnis einer Frau, die ihrem Geliebten gesteht, dass sie ein Kind von einem Anderen erwartet. In einer heroischen Antwort erklärt der Mann, das Kind als eigenes annehmen zu wollen. Schönberg setzte dieses Sujet spä­ testens im September 1899 in Musik, wobei er den Text Dehmels nicht mit Hilfe einer Gesangsstimme vertonte: Er schrieb ein rein instrumentales Werk, in dem er die programmatische Ästhetik der damals so populären Symphonischen Dichtungen erstmals auf den Bereich der Kammermusik übertrug. Musikalisch orientierte er sich dabei sowohl an der chromatisch geweiteten Harmonik Richard Wagners (weshalb das Werk vom Wiener Tonkünstlerverein zunächst abgelehnt wurde) als auch an der Technik der »entwickelnden Varia­ tion« eines Johannes Brahms – und band damit, ganz ähnlich wie Zemlinsky, die beiden lange umkämpften Antipoden in einer avancierten und ausdrucksstarken Musiksprache zusammen. Formal legte Schönberg das Werk zweiteilig an: Ein erster Teil schildert mit einer Fülle an thematischen Gestalten das mitunter dramatische Bekennt- nis der Frau. »Mit dem äußersten Gegensatz D-Dur« (Schönberg) antwortet beruhigend der Mann, und unter flirrenden Streicherklängen wandelt sich die »Nacht der Tragödie in eine verklärte Nacht«. Der Bezug zu Zemlinsky ist auch auf anderer Ebene gegeben: Schönberg schrieb das Werk als Liebeserklärung an dessen Schwester Mathilde, die er 1901 heiratete. 1917 bearbeitete er das Sextett zu einer Fassung für Streichorchester, die sich – in ihrer revidierten Form von 1943 – inzwischen fest im Konzertrepertoire etabliert hat. Tobi a s N i eder sch l ag Richard Dehmel 18 6 3 -19 2 0 »Die Magd«, Strophen 1 und 2 Maiblumen blühten überall; er sah mich an so trüb und müd. Im Faulbaum rief eine Nachtigall: die Blüte flieht! die Blüte flieht! Von Düften war die Nacht so warm, so warm wie Blut, wie unser Blut; und wir so jung und freudenarm. Und über uns im Busch das Lied, das schluchzende Lied: die Glut verglüht! Und er so treu und mir so gut. Viktorija Kaminskaite In Knospen schoß der wilde Mohn, es sog die Sonne unsern Schweiß. Es wurden rot die Knospen schon, da wurden meine Wangen weiß. Ums liebe Brot, ums teure Brot floß doppelt heiß ins Korn sein Schweiß, der wilde Mohn stand feuerrot; es war wohl fressendes Gift der Schweiß, auch seine Wangen wurden weiß, und die Sonne stach im Korn ihn tot. Sopran Viktorija Kaminskaite ist seit der Spielzeit 2008/09 Ensemblemitglied an der Oper Leipzig, wo sie u.a. als Pamina, Zerlina, Najade, Gretel und Fiorilla (»Il Turco in Italia«) zu erleben war. Sie wurde in Vilnius geboren und studierte in ihrer Heimatstadt sowie in Leipzig. Meisterkurse absolvierte sie bei Daphne Evangelatos, Carlos Montané, Grace Bumbry, Edith Wiens und Simon Estes. Ein erstes Festengagement führte sie an das Anhaltische Theater Dessau. Inzwischen ist sie auch als Konzertsängerin deutschlandweit gefragt. Andreas Seidel (Stellvertretender 1. Konzertmeister), Karl-Heinrich Niebuhr (2. Violine), Dorothea Hemken (Stellvertretende Solo-Bratscherin), Alice Mura (Vorspielerin Bratsche), Christian Giger (1. Solo-Cellist) und Matthias Schreiber (Vorspieler Violoncello) sind Mitglieder des Gewandhausorchesters Leipzig. Wilhelm Berger Streichquintett e-Moll op. 75 Der heute fast vergessene Komponist Wilhelm Berger wurde 1861 als Sohn eines Bremer Musikalienhändlers in Boston geboren und wuchs nach Rückkehr der Familie in Bremen auf. Schon früh zeigte sich seine musikalische Begabung: Als er mit 14 Jahren zum ersten Mal öffentlich konzertierte, hatte er bereits eine Vielzahl an Liedern und Klavierwerken komponiert. Von 1878 bis 1884 studierte er an der Königlichen Hochschule in Berlin und entfaltete schon wenig später eine umfangreiche Tätigkeit als Konzertpianist. 1903 erreichte seine Karriere ihren Höhepunkt, als er zum Professor an die Königliche Akademie der Künste in Berlin berufen wurde und im gleichen Jahr als Nachfolger von Fritz Steinbach die Leitung der Meininger Hofkapelle übernahm. Wilhelm Berger starb 1911 – vor 100 Jahren – mit erst 49 Jahren an den Folgen einer Magenoperation in Jena. Berger gehörte zum Kreis der sogenannten »Berliner Akademiker«, deren Werke sich allgemein durch eine hohe satztechnische Meisterschaft auszeichnen. Stilistisch steht seine Musik in der Nachfolge von Johannes Brahms, wobei die Harmonik und eine Vorliebe für kontrapunktische Techniken auch auf Max Reger vorausweisen, der Bergers Nachfolger in Meiningen werden sollte. Vor dem Hintergrund seines nur kurzen Lebens hinterließ Berger mit rund 100 Werken ein umfangreiches Oeuvre. Die Dresdner Hofkapelle brachte 1909 seine »Variationen und Fuge über ein eigenes Thema« op. 97 zur Uraufführung. Das Streichquintett in e-Moll op. 75 – in der selteneren Besetzung mit 2 Vio­ loncelli anstelle von 2 Bratschen – entstand 1899 und wurde nach seinem Erscheinen hoch geschätzt. So erhielt Berger für das Werk den Preis der Bonner Beethoven-Gesellschaft. Alexander von Zemlinsky »Maiblumen blühten überall« für Sopran und Streichsextett »Überall diese Wärme, dieser nur ihm eigene Überschwang. Mit Staunen sah ich, daß in der neuen Musik ein Urmusiker lebt, ein Mann, der nicht seine patentierten Klangkombinationen verschleißt, dem im Ehrgeiz-Wettrennen die Zunge nicht atonal zum Hals heraushängt, einer, der unverborgen singt und singen muß.« So würdigte der Dichter Franz Werfel den Komponisten Alexander von Zemlinsky, der in seiner Musik zwar die Grenze zur Atonalität ausreizte, diese aber nie überschritt. In dieser Hinsicht unterschied er sich von seinem Schüler (und Schwager) Arnold Schönberg – und aus diesem Grund geriet er wahrscheinlich später auch in Vergessenheit. Erst seit den 1970er Jahren werden die Werke Zemlinskys allmählich wiederentdeckt. Zu Beginn seiner Laufbahn zeigte sich Zemlinsky – wie viele andere Kompo- nisten der Jahrhundertwende – begeistert von den Werken des Lyrikers Richard Dehmel. 1898 komponierte er einige »Fantasien über Gedichte von Richard Dehmel« für Klavier op. 9, und vermutlich noch im gleichen Jahr begann er mit der Komposition von »Maiblumen blühten überall«. Für dieses Werk nach Dehmels Gedicht »Die Magd« wählte er die ungewöhnliche Besetzung eines Soprans mit Streichsextett. Zemlinsky stand zu dieser Zeit bereits in engem Kontakt mit Schönberg – und bis heute ist nicht ganz klar, ob sich dieser durch seinen Lehrer zu einer Komposition für Streichsextett nach Dehmel (»Verklärte Nacht«) anregen ließ oder umgekehrt … Das Gedicht »Die Magd« bricht, wie viele Werke Dehmels, mit bürgerlichen Moralvorstellungen und thematisiert in vier Strophen das Schicksal einer jungen Frau, welches dem Lauf der Jahreszeiten folgt: Auf die leidenschaftliche Liebesbegegnung im Frühling folgen der Tod des Geliebten im Sommer, die Verstoßung der »sündigen Magd« im Herbst und die Ermordung des Neugeborenen im Winter. Zemlinsky plante zunächst eine Vertonung aller vier Strophen, brach die Arbeit aber in der dritten Strophe ab. Dennoch können die beiden vollendeten Strophen ohne weiteres aufgeführt werden, da sie musikalisch eine Einheit bilden. Arnold Schönberg »Verklärte Nacht«, Streichsextett op. 4 Bei seiner Uraufführung am 18. März 1902 verursachte das Streichsextett »Verklärte Nacht« op. 4 den ersten gro­ ßen Schönberg-Skandal in Wien. Grund hierfür war nicht zuletzt die literarische Vorlage von Richard Dehmel, deren Inhalt ähnlich provokant war wie der der »Magd«: Das Gedicht »Verklärte Nacht« aus der Sammlung »Weib und Welt« (1896) schildert in einer atmosphärischen Waldszene das Schuldbekenntnis einer Frau, die ihrem Geliebten gesteht, dass sie ein Kind von einem Anderen erwartet. In einer heroischen Antwort erklärt der Mann, das Kind als eigenes annehmen zu wollen. Schönberg setzte dieses Sujet spä­ testens im September 1899 in Musik, wobei er den Text Dehmels nicht mit Hilfe einer Gesangsstimme vertonte: Er schrieb ein rein instrumentales Werk, in dem er die programmatische Ästhetik der damals so populären Symphonischen Dichtungen erstmals auf den Bereich der Kammermusik übertrug. Musikalisch orientierte er sich dabei sowohl an der chromatisch geweiteten Harmonik Richard Wagners (weshalb das Werk vom Wiener Tonkünstlerverein zunächst abgelehnt wurde) als auch an der Technik der »entwickelnden Varia­ tion« eines Johannes Brahms – und band damit, ganz ähnlich wie Zemlinsky, die beiden lange umkämpften Antipoden in einer avancierten und ausdrucksstarken Musiksprache zusammen. Formal legte Schönberg das Werk zweiteilig an: Ein erster Teil schildert mit einer Fülle an thematischen Gestalten das mitunter dramatische Bekennt- nis der Frau. »Mit dem äußersten Gegensatz D-Dur« (Schönberg) antwortet beruhigend der Mann, und unter flirrenden Streicherklängen wandelt sich die »Nacht der Tragödie in eine verklärte Nacht«. Der Bezug zu Zemlinsky ist auch auf anderer Ebene gegeben: Schönberg schrieb das Werk als Liebeserklärung an dessen Schwester Mathilde, die er 1901 heiratete. 1917 bearbeitete er das Sextett zu einer Fassung für Streichorchester, die sich – in ihrer revidierten Form von 1943 – inzwischen fest im Konzertrepertoire etabliert hat. Tobi a s N i eder sch l ag Richard Dehmel 18 6 3 -19 2 0 »Die Magd«, Strophen 1 und 2 Maiblumen blühten überall; er sah mich an so trüb und müd. Im Faulbaum rief eine Nachtigall: die Blüte flieht! die Blüte flieht! Von Düften war die Nacht so warm, so warm wie Blut, wie unser Blut; und wir so jung und freudenarm. Und über uns im Busch das Lied, das schluchzende Lied: die Glut verglüht! Und er so treu und mir so gut. Viktorija Kaminskaite In Knospen schoß der wilde Mohn, es sog die Sonne unsern Schweiß. Es wurden rot die Knospen schon, da wurden meine Wangen weiß. Ums liebe Brot, ums teure Brot floß doppelt heiß ins Korn sein Schweiß, der wilde Mohn stand feuerrot; es war wohl fressendes Gift der Schweiß, auch seine Wangen wurden weiß, und die Sonne stach im Korn ihn tot. Sopran Viktorija Kaminskaite ist seit der Spielzeit 2008/09 Ensemblemitglied an der Oper Leipzig, wo sie u.a. als Pamina, Zerlina, Najade, Gretel und Fiorilla (»Il Turco in Italia«) zu erleben war. Sie wurde in Vilnius geboren und studierte in ihrer Heimatstadt sowie in Leipzig. Meisterkurse absolvierte sie bei Daphne Evangelatos, Carlos Montané, Grace Bumbry, Edith Wiens und Simon Estes. Ein erstes Festengagement führte sie an das Anhaltische Theater Dessau. Inzwischen ist sie auch als Konzertsängerin deutschlandweit gefragt. Andreas Seidel (Stellvertretender 1. Konzertmeister), Karl-Heinrich Niebuhr (2. Violine), Dorothea Hemken (Stellvertretende Solo-Bratscherin), Alice Mura (Vorspielerin Bratsche), Christian Giger (1. Solo-Cellist) und Matthias Schreiber (Vorspieler Violoncello) sind Mitglieder des Gewandhausorchesters Leipzig.