AlexanderZemlinsky’sOperDerTraumgörge–DieOperder JahrhundertwendezwischenTraumundRealität DiezuBeginndes20.JahrhundertsentstandeneOperDerTraumgörgevonAlexander Zemlinsky(LibrettovonLeoFeld)bieteteinigeinteressanteFacetten,dieAusgangspunktefürdiewissenschaftlicheBeschäftigungmitdiesemWerkliefern.Alexander Zemlinsky,einösterreichischerKomponist(1871–1942),derseineAusbildungam WienerKonservatoriumerhielt,warsowohlalsDirigentundPianistalsauchals Komponisttätig.NebenTätigkeitenandiversenWienerTheatern(wiebeispielsweise dieVolksoperoderdasCarltheater)verbrachteereinigeJahreinPragamDeutschen Theaterundemigrierteinden1930er-JahrenschließlichindieVereinigtenStaaten. ObschonderKomponistZemlinskyindenletztenJahrenvonder musikwissenschaftlichenFachweltvereinzeltthematisiertwird,istdochzubeobachten, dassinsgesamtgesehenvieleAspektevommusikalischenSchaffenZemlinskysbisher nurmarginalberührtwurden.Diesistnichtwirklichnachvollziehbar,wennmansich vergegenwärtigt,dassdieMusikZemlinskysdiestilistischeVielfaltder JahrhundertwendeinWienwiderspiegeltundvieleinteressanteFacettenbeinhaltet.Im ZugeeinerAuseinandersetzungmitZemlinskysinddieForschungsarbeitenvonAntony Beaumont,HartmutKrones,HorstWeber,WulfKonoldundSigridWeigldurchausals sehrpositivzubeurteilen,jedochgiltnachwievorzubetonen,dassdieOperDer Traumgörgebislangnurvereinzeltbehandeltworden.DieEntstehungdieserOperistals ProduktderengenZusammenarbeitzwischenGustavMahlerundAlexanderZemlinsky anderWienerHofoperanzusehen,dochbedingtedieAbsetzungderOperwährendder ProbephaseimJahre1907einestiefmütterlicheHerangehensweiseandiesesWerk.Erst inden1970er-JahrenwurdendieQuellenausdemStaatsopernarchivandie ÖsterreichischeNationalbibliothekweitergegebenunddiebeginnendeAufarbeitungder QuellenermöglichteschließlichdieUraufführung1980amMusiktheaterNürnberg.Zur Quellenlageistzuergänzen,dassnebenPartiturhandschriften,Klavierauszügenund OrchesterstimmeninderÖsterreichischenNationalbibliothek,dieauchRückschlüsse aufWerksänderungenimZugederProbenphase1907geben,auchnochzusätzliche QuellenderOperDerTraumgörgeinderLibraryofCongressinWashingtonD.C.liegen. EinerevidierteNeufassungderOperwurdeAnfangder2000er-Jahreunterder musikwissenschaftlichenBetreuungvonAntonyBeaumontbeiRicordiBerlin 1 herausgegeben,aberdasQuellenmaterialbietetnochimmereineVielzahlvon Interpretationsmöglichkeiten.BetrachtetmandenInhaltderOperlassensichaus textlicherundmusikalischerPerspektiveunterschiedlicheCharakteristikaherauslesen: DieausdemWerkerkennbarenMerkmaleeinerMärchenoper,einertragischenOper odereinesBühnenweihfestspielslegennichtnurnahe,dasssichdieOperzuBeginndes 20.JahrhundertseinergenerellenIdentitätsfragezustellenhatte,sondernzeigeneben deutlichen,dassimHinblickaufDerTraumgörgeeineVerschmelzungunterschiedlicher Genreszubeobachtenist–UnterschiedlicheSträngescheinenkomplementärineinander zugreifen.DiesisteinerseitsaufdiedreiunterschiedlichenliterarischenQuellen zurückzuführen,dieZemlinskyundFeldimLibrettoverarbeiteten(HeinrichHeine’sDer armePeter,RichardVolkmann-Leander’sVomunsichtbarenKönigreichundHermann Sudermann’sDerKatzensteg)undandererseitswohlauchaufZemlinskysIntentioneine originelleOperzuschaffen.SpannenderweistsichzudemdieVerwendungeines Traumsujets,dasinderZeitum1900floriertundinHinblickaufZemlinskys individuellePrägungzuuntersuchenist.EinweitererwichtigerPunktstelltausSicht desAutorsnocheineReminiszenzodereineIntertextualitätzwischenZemlinskyund MahlerinBezugaufdieOperDerTraumgörgedar.Dabeiistesnichtnurinteressantdie ZusammenarbeitvonMahlerundZemlinskyinWienundihrpersönliches Naheverhältniszubeleuchten,sondernauchnäherdaraufeinzugehen,obZemlinsky sichmusikalischanMahlerorientierthat.EslassensichkeinelängerendirektenZitate feststellen,aberAnalysenvonZemlinskysKompositionmachentrotzdemdeutlich,dass melodisch,harmonischundinstrumentaleinegewisseNäheoderAnlehnunganMahler nichtzuleugnenist.Wichtigistjedochdaraufhinzuweisen,dassdamitnichtdieThese AdornoseinesEklektizismusvonZemlinskyuntermauertwerdensoll,sonderneher versuchtwerdensoll,dieindividuellenstilistischenMerkmalevonZemlinskyinseiner ZeitundUmgebungherauszufinden. SomitsollschlussendlicheinekonziseSyntheseausQuellenkritik,Gattungsanalyseund Reminiszenzgezogenwerden,umdienichtallzuoftthematisierteOperDerTraumgörge indieaktuelleMusikwissenschaftstärkermiteinzubeziehen.Schönberghateinmal formuliert,dassZemlinsky’sZeiterstkommenwerdeundeinwichtigerSchrittdorthin istsicherlichdiefundierteAufarbeitungseinesLebensundWerksausPerspektiveder Musikwissenschaft. 2 Bibliographie(Auswahl) - Beaumont,Antony:AlexanderZemlinsky.Biographie,Wien:Zsolnay2005. - Becher,Christoph:DieVariantentechnikamBeispielAlexanderZemlinskys,Wien: Böhlau1999. - John,Katharina:AlexandervonZemlinskyunddieModerne.Interdisziplinäres Symposiumvom31.Maibis3.Juni2007,Berlin:Nicolai2009. - Krones,Hartmut:AlexanderZemlinsky.Ästhetik,StilundUmfeld,Wien:Böhlau 1995. - Weber,Horst:„ZurDramaturgiedesTraumgörge“,in:DerTraumgörge, Programmheft,MusiktheaterNürnberg,11.Oktober1980,S.38–45. 3