II Gliederung I. Einleitung S. 1 II. Der Begriff der Werbung S. 2 1. Werbung generell S. 2 2. rundfunkrechtlicher Werbebegriff S. 2 III. Verfassungsrechtliche Weite des Begriffs der Rundfunkwerbung S. 4 IV. Formelle Werbevorschriften S. 5 1. Verbot der Programmbeeinflussung S. 5 2. Trennungs- und Kennzeichnungsgebot S. 6 V. Spezielle werberechtliche Vorschriften S. 7 VI. Schleichwerbung S. 8 VII. Erscheinungsformen des Product Placement S. 11 VIII. Das Verhältnis von Trennungsgrundsatz und Schleichwerbung S. 12 IX. Virtuelle Werbung S. 13 X. Sponsoring S. 14 XI. Tatbestände der Schleichwerbung S. 15 1. Missachtung des Trennungsgebot des § 7 Abs. 3 Satz 1, 2 RStV S. 15 2. Missachtung des Schleichwerbeverbots gemäß § 7 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV S. 15 3. § 4 Nr. 3 UWG – Verschleierung von Werbung S. 16 4. § 4 Nr. 11 UWG S. 17 5. § 5 UWG Irreführende Werbung S. 17 6. § 7 UWG – Unzumutbare Belästigungen S. 18 XII. Verträge über Product Placement 1. Placementverträge zwischen Produktionsgesellschaften und Herstellern a) § 134 BGB i.V.m. § 7 RStV S. 18 S. 18 S. 19 III b) Sittenverstoß gemäß § 138 BGB S. 19 2. Placementverträge unter Beteiligung von Placement- Agenturen S. 19 XIII. Vorschlag für eine Neufassung der EU-Fernsehrichtlinie S. 20 IV Literaturverzeichnis Bork, Reinhard Werbung im Programm Zur Wettbewerbsrechtlichen Haftung der Fernsehanbieter für unzulässige Werbung im Fernsehprogramm, München 1988 Bornemann, Roland Ideenwerbung im Rundfunk BLM-Jahrbuch, 1992 Gersdorf, Hubertus Grundzüge des Rundfunkrechts – Nationaler und europäischer Regulierungsrahmen; Verlag C.H. Beck München 2003 Fechner, Frank Medienrecht, Lehrbuch des gesamten Medienrechts unter besonderer Berücksichtigung von Presse, Rundfunk und Multimedia; Tübingen: Mohr Siebeck 2000 Neft,Hans Rundfunkwerbung und Rundfunkfreiheit: inhaltliche Bedingungen der Rundfunkwerbung durch Anforderungen des Art 5 I 2 Grundgesetz; München: VVF, 1994 Nieschlag, Robert; Dichtl, Erwin; Hörschgen, Hans Marketing,18. Auflage Berlin 1997 Hartstein, Reinhard/ Ring, Wolf- Dieter/ Kreile, Johannes/ Dörr, Dieter/ Stettner, Rupert Hesse, Albrecht Rundfunkstaatsvertrag, Kommentar, Stand Juli 2005, Verlagsgruppe Hüthing Jehle Rehm GmbH Rundfunkrecht, 2. Auflage, München 1999 Aufsätze von Danwitz, Thomas „Zur Regulierung von product placement bei der Novellierung der Eu-Fernsehrichtlinie“ , AfP, 2005, 417 Hartel, Ulrich „Product-Placement“ , ZUM 1996, 1033 Pießkalla, Michael A. / Leitgeb, Stefan „Product Placement im Fernsehen – Schleichwerbung ohne Grenzen?“, K&R 2005, 433 Platho, Rolf „Werbung, nichts als Werbung- und wo bleibt der Trennungsgrundsatz?“ ZUM 2000, 46 V Sack, Rolf „Neue Werbeformen im Fernsehenrundfunk- und wettbewerbsrechtliche Grenzen“, AfP 1991, 704 Sack, Rolf „Zur wettbewerbsrechtlichen Problematik des Product Placement im Fernsehen“, ZUM 1987, 103, 115 . 1 I. Einleitung Am 1. Juli 1924 wurde im Programm der schlesischen Funkstunde Breslau erstmal Rundfunkwerbung ausgestrahlt.1 Der Anteil der Werbeeinnahmen im Jahre 1927, im Vergleich zu den durch Gebühren erzielten Erträgen, betrug nicht einmal 2 %. Die Werbung heute ist aus unseren Programmen nicht mehr wegzudenken. Einerseits ermöglicht sie die Finanzierung der Rundfunkveranstalter und dient insofern der Rundfunkfreiheit. Andererseits drohen der Rundfunkfreiheit aus der Werbefinanzierung zugleich Gefahren. Mit ihrem immanenten Zwang zu möglichst großen Einschaltquoten führt sie zu einer Abhängigkeit der Programmgestaltung vom Massengeschmack und wirkt deshalb der verfassungsrechtlich geforderten Herstellung von Meinungsvielfalt im Rundfunk tendenziell entgegen.2 Bedauerlicherweise wird die Bedeutung der Werbung durch den Rezipienten verkannt. Die Gesellschafts- und Konsumforschung belegt anhand von Statistiken, dass immer weniger Zuschauer Werbespots sehen wollen. Werbeblöcke werden als lästig empfunden und somit entzieht sich der Zuschauer der Werbung durch Zapping. Dies wird aufgrund der stets wachsenden Anzahl der Kanäle immer leichter. Aus der Abneigung der breiten Masse der Bevölkerung, reine Werbeblöcke zu konsumieren und angesichts des hohen Stellenwerts der Rundfunkwerbung für die Finanzierung der Rundfunkanstalten, entstehen immer neue Werbeformen und die Werbeindustrie bemüht sich die Werbebotschaften an das akzeptanzstärkere redaktionelle Programm anzubinden, wobei Probleme im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Programmgestaltung entstehen und eine Grenzziehung zwischen Werbung und redaktionellem Programm zunehmend schwieriger wird. Zudem bemüht sich die Werbeindustrie, die breite Masse der Bevölkerung, die sich der Werbung zu entziehen versucht, trotz dessen anzusprechen und ihre Aufmerksamkeit unwillkürlich auf die Werbung zu lenken. Dabei wird teilweise deutlich, dass das legitime Interesse, nicht mit Werbung im Fernsehen konfrontiert zu werden, von begrenzter Bedeutung ist. Die Tatsache, dass Produkte immer vergleichbarer und austauschbarer werden, sind Ansporn für die Unternehmen ihre Marke in Werbung derart zu positionieren, dass sich der Zuschauer der Botschaft nicht entziehen kann. Unternehmen erhoffen sich durch 1 Internationales Handbuch für Rundfunk und Fernsehen 1988/89, Abschnitt B3; im Jahre 1956wurde erstmals im Fernsehen Werbung ausgestrahlt; zu den Anfängen der Rundfunkwerbung Lerg ,Publizistik 1963,S 296 ff. 2 BVerfGE 73,118,155;83,238,311;87,181,199. 2 den unmittelbaren Einbau von Produkten in einen Film, eine Serie oder Fernsehshow eine bessere Ansprache ihrer Zielgruppe3.Dadurch bemüht man sich bestimmte Zuschauerkreise gezielt anzusprechen und versucht die beworbenen Produkte, Dienstleistungen und Marken positiv mit dem Image des Films, der Sendung oder der Darsteller zu verbinden. Zwar liegen die Kosten für Product Placement nicht unter denen der Sekundentarife von klassischer Werbung, jedoch wirken sich die ersparten Aufwendungen für die Herstellung eines Werbspots kostensenkend aus. Für die Rundfunkveranstalter stellt das Product Placement eine willkommene Finanzierungsquelle dar, da sie entweder eine kostengünstige Beschaffung von Requisiten garantiert oder die Produktionskosten senkt und dadurch gar aufwändige Produktionen erst ermöglicht. II. Der Begriff der Werbung 1. Werbung generell Der Zweck der Werbung liegt vorrangig in der Förderung des Absatzes. Demnach stellt sie den Oberbegriff für alle diesem Zweck dienlichen Maßnahmen dar. In der Marketingwissenschaft wird Werbung als „bewusster Versuch, Menschen durch Einsatz spezifischer Kommunikationsmittel zu einem bestimmten, absatzpolitischen Zwecken dienendem Verhalten, zu bewegen“ 4 verstanden. Hierbei kann der Einsatz der Werbemittel ausschlaggebend sein. Diese variieren abhängig von der dem Werbenden zu Verfügung stehenden Möglichkeiten. Demnach kann das Werbemittel als die Kontaktaufnahme mit dem potentiellen Kunden jedweder Art verstanden werden. Diese Arbeit befasst sich mit der Werbung im Rundfunkprogramm, wobei nachfolgend eine Beschränkung auf den rundfunkrechtlichen Werbebegriff erfolgt. 2 . rundfunkrechtlicher Werbebegriff Der rundfunkrechtliche Werbebegriff hat durch die novellierte EG- Fernsehrichtlinie, die durch den 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in deutsches Recht umgesetzt wurde, Eingang in den RStV gefunden. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV ist Werbung „ jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Rundfunk von einem öffentlich- rechtlichen oder privaten 3 4 K&R, 2005, Seite 433 Nieschlag/Dichtl/Hörschgen S. 1085 3 Veranstalter entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern“. Werbung zeichnet sich demnach durch zwei Elemente aus: (1.) Sie wird entweder gegen eine Gegenleistung Dritter oder als Eigenwerbung ausgestrahlt (2.) und erfolgt in der Absicht, den Absatz von Waren oder Dienstleistungen anzuregen. Unter Werbung im Sinne dieser Vorschrift fällt nur die Absatzförderung von Waren und Dienstleistungen als entgeltpflichtige Äußerungen, d.h. nur die Wirtschaftswerbung5. Den Gegensatz zur Wirtschaftswerbung bildet die Ideenwerbung, die nicht wirtschaftliche Ziele verfolgt. Die §§ 7 Abs. 8, 42 RStV enthalten eine gesonderte Regelung für die ideelle Werbung. Gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 RStV ist Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art unzulässig, wobei Social Advertising gemäß § 7 Abs. 8 Satz 3 RStV und die Privilegierungen des § 42 RStV als Ausnahmen anzusehen sind. Der Begriff der politischen Werbung ist weit auszulegen. Zum Bereich des Politischen gehört alles, was in irgendeiner Weise zwischen den unterschiedlichen Kräften der Gesellschaft umstritten ist6. Gemäß § 7 Abs. 8 Satz 2 RStV gelten unentgeltliche Beiträge im Dienst der Öffentlichkeit und kostenlose Spendenaufrufe zu Wohlfahrtszwecken nicht als Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art. Angesichts dessen, dass politische Werbung in einem weiteren Sinne ebenfalls im Dienst der Öffentlichkeit erfolgt, muss zwischen politischer Werbung und Social Advertising differenziert werden. Social Advertising unterscheidet sich von politischer Werbung dadurch, dass über die Ziele für die geworben wird, ein gesellschaftlicher Konsens besteht und diese nicht umstritten sind. Es handelt sich dabei in erster Linie um eine Information des Einzelnen über die sozialen Folgen seines Verhaltens verbunden mit dem Appell zu verantwortlichem Handeln7. Im Hinblick auf die Frage, ob die Eigenwerbung, dem Werbebegriff des § 2 Abs. 2 Nr.5 RStV zuzuordnen ist, ist auf das Ziel der Eigenwerbung abzustellen. Preisen die Rundfunkveranstalter im Rahmen ihres Programms eigene Produkte oder Dienstleistungen im Sinne eines Merchandisings an, betreiben sie Eigenwerbung, die aufgrund der ihr zugrunde liegenden Verkaufsförderungsabsicht als Werbung zu 5 Neft; Kapitel I 1,Seite 4 Hesse, Seite 103, Rn. 51 7 Bornemann, Seite 127, 136 6 4 qualifizieren ist8. Liegt jedoch die Absicht darin, den Rundfunkteilnehmer über das eigene Programm zu informieren, kann mangels der Verkaufsabsicht die Eigenwerbung dem engeren Begriff der Eigenwerbung im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV nicht zugeordnet werden, diese Information des Rundfunkfunkteilnehmers ist Bestandteil des Programmauftrags. III. Verfassungsrechtliche Weite des Begriffs der Rundfunkwerbung Für eine inhaltliche Bindung und Eingrenzung der Rundfunkwerbung stellt sich die Frage, inwieweit die Werbung im Rundfunk gegenständlich vom Schutz der in Art. 5 I 2 GG geschützten Rundfunkfreiheit erfasst wird. Der Art. 5 I 2 GG enthält keine explizite Aussage zur Rundfunkwerbung. Diese könnte entweder von der materiellen Programmfreiheit erfasst sein oder es könnte sich dabei nur um eine erwerbswirtschaftliche Randnutzung handeln. Die Ausstrahlung von Werbesendungen in Hörfunk und Fernsehen gehört zum überkommenen und rechtlich zulässigen Funktionsbereich des Rundfunks9 und wurde rechtlich nie als Fremdkörper im Rundfunk empfunden. Bei dem Art. 5 I 2 GG handelt es sich um ein Kommunikationsgrundrecht. In diesem Sinne wäre es falsch die Funktion Rundfunkwerbung auf die Wirtschaftswerbung zu reduzieren. Werbung ist als diejenige Tätigkeit zu definieren, die mittels planmäßiger Anwendung beeinflussender Mittel darauf abzielt, andere Menschen, sei es als Individuum oder als Teil einer Gruppe von der Richtigkeit einer konkreten Meinung oder Verhaltensweise zu überzeugen.10 Demnach ist die gezielte Beeinflussung der Rezipienten eine tragende Eigenschaft des Begriffs der Rundfunkwerbung. Der Begriff der Rundfunkwerbung erschöpft sich nicht lediglich in dem Bemühen um einen Kunden im Wirtschaftsleben, sondern erfüllt darüber hinaus auch weitere Werbungsfunktionen, insbesondere die politische Werbung. Demnach haben die Rundfunkwerbung und der Rundfunk die gleiche Funktion, sie dienen dem Interesse freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung. Ein umfassender Grundrechtsschutz der Werbung im Sinne der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 I 2 GG ist folglich anzunehmen. 8 Gersdorf; Seite 115, Rn. 254 OLG München, NJW 1958, 1298 Ipsen 10 Neft, Seite 6 9 5 IV Formelle Werbevorschriften 1. Verbot der Programmbeeinflussung Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 RStV dürfen Werbung oder Werbetreibende das übrige Programm inhaltlich und redaktionell nicht beeinflussen. Zweck dieser Norm ist die Sicherung der Programmgestaltung. Wenngleich das hier verankerte Ziel der inhaltlichen Unabhängigkeit der Rundfunkveranstalter von der werbetreibenden Industrie verfassungsrechtlich legitim und seine Verfolgung sogar rundfunkverfassungsrechtlich geboten ist, lässt es sich in praxi kaum verwirklichen, solange Programmanbieter existentiell auf Werbeeinnahmen angewiesen sind, die vor allem dann erzielt werden können, wenn die Programminhalte den Geschmack der von den Werbetreibenden anvisierten Zielgruppen bedienen11. Es stellt keine Ausnahme dar, dass gelegentlich Einzelheiten des Programms den Wünschen eines Werbetreibenden angepasst werden, um die Werbung in ein redaktionell gestaltetes Programm einzukleiden. Eben diese redaktionelle Gestaltung soll zusätzlich die an die Werbung gerichtete Zielgruppe ansprechen und die Wirkungsweise der Werbung verstärken. Eine derartige Einflussnahme auf die Platzierung von Sendungen im Umfeld der Werbung ist untersagt. Eine unzulässige Einflussnahme auf das Programm ist z.B. in folgenden Fällen anzunehmen12: - Ein Sportwagenhersteller bucht Werbezeiten nur, wenn sich die Fernsehanstalt verpflichtet, für einen längeren Zeitraum keine Sendungen zugunsten eines Tempolimits zu verbreiten - Ein Wirtschaftszweig verlangt die Ablösung eines politischen Redakteurs, der in Magazinsendungen (vermeintliche) Missstände anprangert, und droht mit Entzug von Werbeaufträgen - Ein Markenartikelhersteller bucht Werbeaufträge nur, wenn in Testsendungen sein Produkt getestet wird Eine solche Programmbeeinflussung verpflichtet den Programmveranstalter, den Werbeauftrag abzulehnen. Tatsächlich kann eine mit der Werbung verbundene inhaltliche Abhängigkeit nicht gänzlich beseitigt werden. Es kann nicht verhindert werden, dass ein Unternehmen in einem Programm, das ihm gegenüber kritische Sendungen enthält, möglicherweise keine Werbung platzieren wird13. 11 Gersdorf, Seite 122, Rn. 274 Ring, Seite 37, Rn. 24 13 Hesse, Seite 105, Rn. 54 12 6 2. Trennungs- und Kennzeichnungsgebot Nach § 7 Abs.3 Satz 1 RStV müssen Werbung und Teleshopping als solche klar erkennbar sein. Sie müssen im Fernsehen durch optische Mittel, im Hörfunk durch akustische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen getrennt werden (§ 7 Abs. 3, Satz 2 RStV). Vereinzelt wird das Trennungsgebot gar als Generalklausel für die im Fernsehen anzutreffende Werbung angesehen14, die durch das Verbot der Schleichwerbung in § 7 Abs. 6 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr.6 RStV noch näher konkretisiert wird. Die staatsvertraglichen Regelungen über den Ausschluss kommerzieller Werbung im Rundfunkprogramm dienen dem im Allgemeininteresse liegenden Schutz des Rundfunks vor sachfremden Einflüssen auf die Programmgestaltung sowie dem Schutz des Fernsehzuschauers und damit der Allgemeinheit vor einer Täuschung über den werbenden Charakter des fraglichen Programmteils. Die „Reinheit“ der jeweiligen medialen Botschaft ist von besonderer Bedeutung für den wettbewerbsrechtlichen Zweck des Trennungsgebotes, der die Einhaltung der Neutralität des Rundfunks gegenüber dem Wettbewerb im freien Markt umfasst und darüber hinaus den Zweck verfolgt, den Rezipienten vor einer Täuschung über den werbenden Gehalt des Programms zu bewahren und somit für die publizistische Aufgabe der Medien unerlässlich ist. Fernsehsendungen, bei denen nicht die sachgerechte Information des Rezipienten, sondern die Förderung des Wettbewerbs fremder Interessen gegen Bezahlung im Vordergrund steht, missbrauchen das Vertrauen der Zuschauer. Schleichwerbung und sonstige nicht an den Prinzipien der Lauterkeit, der Wahrheit und der Klarheit der Werbung orientierte Mischformen sollen vermieden werden. § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV sucht zu unterbinden, dass in der Werbung Techniken eingesetzt werden, die unterhalb der Schwelle bewusster Wahrnehmung liegen15. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass durch kurze, nur Bruchteile von Sekunden dauernde Werbeeinblendungen in Filmen die Werbebotschaft vom Zuschauer zwar optisch, jedoch nicht bewusst wahrgenommen wird16. Ihre Wirkungsweise bleibt umstritten. Darüber hinaus kann eine Werbebotschaft suggestiv übermittelt werden. Dabei wird diese zwar bewusst wahrgenommen, jedoch erfolgt ihre Verarbeitung unterschwellig. 14 Bork, Werbung im Programm, Seite 83 Gersdorf, Seite 120, Rn 270 16 AfP 1991, 704, 709, Sack 15 7 Diese Werbeform fällt nicht unter den Begriff der subliminalen Werbung, jedoch kann sich ihre Unzulässigkeit im Einzelfall aus dem Abs. 1 ergeben. Zur Durchsetzung des Trennungs- und Kennzeichnungsgebots enthalten die Richtlinien der Landesmedienanstalten umfangreiche Regelungen, die die Anforderungen an die Fernsehwerbung detailliert beschreiben. Eine optische Kennzeichnung, kann durch ein Werbelogo mit dem Schriftzug „Werbung“, durch ein unverwechselbares und ansonsten im Programm nicht benutztes Logo sowie durch Figuren oder Embleme, die ausschließlich als Werbetrenner eingesetzt werden, geschehen17. Darüber hinaus sehen die Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung im Fernsehen vor, dass das Logo grundsätzlich den Schriftzug „Werbung“ enthält, jedoch für den Fall, dass der Fernsehveranstalter über einen längeren Zeitraum nur ein unverwechselbares und im Programm nicht benutztes Logo für die Werbeankündigung benutzt, kann er ebenso auf den Schriftzug „Werbung“ verzichten. Mit dem 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde eingeführt, dass ein Verstoß gegen die Vorschrift des Trennungs- und Kennzeichnungsgebots, eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit darstellt18. Diese kann gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 14 RStV mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 € geahndet werden. Entgeltliche oder gegen sonstige Gegenleistungen erbrachte Product Placement stellen verstöße gegen § 7 Abs. 3 Satz 1, 2 RStV dar, da sie entgegen der Vorschrift in das laufende Fernsehprogramm integriert und nicht als Werbebotschaft gekennzeichnet sind. Keine Werbung i.S.d. § 2 Nr. 5 Satz1 RStV stellen Product Placements dar, wenn sie ohne jede Gegenleistung und auch nicht als Eigenwerbung erfolgen; in diesem Fall ist das Trennungsgebot nicht verletzt19. V. Spezielle werberechtliche Vorschriften Die §§ 14 bis 18 RStV halten spezielle werberechtliche Vorschriften für den öffentlichrechtlichen Rundfunk bereit, §§ 44 bis 46 a RStV erstrecken sich auf den privaten Rundfunk.20 Der Staatsvertrag verpflichtet die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ergänzende Richtlinien zur Durchführung der die Werbung betreffenden Normen zu 17 Ring, Seite 41, Rn 30 Ring. Seite 38, Rn. 26 19 K&R, 2005, Seite 435 20 Gersdorf, Seite 114, Rn. 250 18 8 erlassen (§ 14 RStV). Darüber hinaus haben die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und das ZDF sowie die Landesmedienanstalten auf der Grundlage des § 16 RStV bzw. 46 RStV jeweils Richtlinien erlassen, die die werberechtlichen Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages weitgehend inhaltlich übereinstimmend konkretisieren21. VI. Schleichwerbung Der von Anfang an in der Praxis bedeutendste und meistdiskutierte Sachverhalt in Bezug auf den Trennungsgrundsatz ist die Schleichwerbung. Synonym zu dem Begriff „Schleichwerbung“ wird der Begriff „Product Placement“ als Sammelbegriff für zulässige und unzulässige Werbeformen verwendet, dies ist jedoch nicht richtig. Hierunter wird zumeist die Werbewirksame Platzierung von Markenprodukten als reale Requisite in der Handlung eines Filmwerkes verstanden22. Diese Requisite wird so dann in eine Spielhandlung eingebaut oder bildet den Hintergrund einer Szene. Der § 7 Abs. 6 Satz 1 RStV, der eine Konkretisierung des Trennungs- und Kennzeichnungsgebotes darstellt, verbietet Schleichwerbung und entsprechende Praktiken. Entsprechend der Legaldefinition gilt als Schleichwerbung im Sinne des RStV „die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eine Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie von dem Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann.“ (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 1 RStV). Werden Markenartikel in einer auffälligen Art und Weise in Szene gesetzt ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob unzulässige Schleichwerbung oder das zulässige Plazieren von Produkten ( Product Placement) vorliegt, da es sich hierbei ebenso um die Darstellung der realen Wirklichkeit handeln kann. Eine Darstellung der realen Umwelt verfolgt keinen Werbezweck und kann nicht irreführen. Der RStV sieht zwei Tatbestandsvoraussetzungen für die unzulässige Präsentation eines Produkts vor, nämlich die Werbezweckabsicht und die Irreführung des Zuschauers. Diese wären dann erfüllt, wenn die scheinbar zufällig in die Handlung eingebauten Waren zwar wie bloße Requisite wirken, der tatsächliche Sinn der Abbildung jedoch allein oder überwiegend 21 22 Gersdorf, Seite 114, 250 Vgl. Sack, Marketing, ZFP 1987, 196 9 in der Erzielung von Werbeeffekten liegt23. Den Werbezweck sieht dabei der RStV als erwiesen an, sobald die Darstellung gegen Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung erfolgt ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 2 RStV). Schleichwerbung liegt demnach nur dann vor, wenn außerhalb der regulären Werbezeiten im allgemeinen Programm in werbewirksamer Weise die Produkte dargestellt werden und entsprechende Zahlungen für diese Präsentation geleistet werden, wobei dies an die verschiedensten Personen erfolgen kann: an Angestellte oder freie Mitarbeiter der Rundfunkveranstalter, an Regisseure oder Kameraleute, an Sportler oder Stars, an Werbeagenturen, die sich auf das Vermitteln von Product Placement spezialisiert haben24. Die Darstellung der Produkte dient in diesen Fällen allein der Kommunikation von Wirtschaftsgütern. Hierbei bleibt ebenfalls die subjektive Komponente des absichtlichen Handelns nicht zu vernachlässigen, ein finales zielgerichtetes Handeln des Veranstalters. Diese stellt jedoch für gewöhnlich kein Problem dar, da der Zahlungsverkehr regelmäßig bewusst veranlasst wird. Liegen diese Vorraussetzungen vor, so wird damit gleichzeitig eine Irreführung über den werbenden Charakter des Programminhalts herbeigeführt.25 Handelt es sich um die Darstellung der realen Umwelt, liegt ein zulässiges Placement vor, auch wenn dies in einer Art geschieht, die sich dem Rezipienten ins Gedächtnis einprägt. Es besteht des Weiteren die Möglichkeit, dass eine Darstellung aufgrund von überwiegenden journalistischen oder künstlerischen Gründen erforderlich sein muss26. Andernfalls müsste eine große Zahl von Phantasieprodukten für Film und Fernsehen geschaffen werden, die es in der realen Welt nicht gibt. Die Werbung ist Bestandteil der realen Umwelt, die auch im Rundfunkprogramm gezeigt werden muss; sie kann daher nicht künstlich ausgespart werden, sondern ist im Rahmen des Unvermeidbaren zulässig27. Dabei darf das Produkt jedoch nicht „durch optische Hervorhebung übermäßig herausgestellt werden“28 werden. Zwingende Indizien für den Verstoß gegen das Verbot der Schleichwerbung liegen vor, - wenn eine vertragliche oder sonstige Verpflichtung für die Einblendung der Werbeembleme oder Produkte besteht; - wenn bereits in der Entstehungsphase eines Werkes dieses bewusst auf die Einbringung von Marken und Produkten hin geschrieben wird; 23 K&R, 2005, 433, 434 Ring, § 7 RStV, Seite 57, Rn 47 25 Vgl. BGH ZUM 1990,291, 296 26 Sack, ZUM 1987, 103, 115 27 BGHZ 110, 279, 287 28 Sack, ZUM 1987, 103, 116 24 10 - wenn für die Einblendung der Produkte oder Marken Entgelte geleistet werden; - wenn die Übertragungsrechte von Veranstaltungen erkennbar verbilligt werden, wenn Produkteplatzierung vorgenommen werden29. Demnach missachten Produktplatzierungen neben dem Trennungsgebot – bei nachweisbarer Werbeintention- den Tatbestand der verbotenen Schleichwerbung (§ 7 Abs. 6 Satz 1 i.V.m § 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV). Auch hier führt ein Verstoß gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 18 RStV eine Geldbuße von bis zu 500.000 € nach sich. Oftmals gestaltet sich die Abgrenzung nach dem Grundsatz der Trennung von Werbung und Programm im Einzelfall schwierig. Beispielsweise bei einer Berichterstattung über wirtschaftliche Vorgänge. Automatisch ist hiermit eine werbende Wirkung für das betroffene Unternehmen verbunden. Zweifelsfrei sind diese zulässig. Gleiches gilt für Sendungen, in denen Produkte oder Dienstleistungen vorgestellt werden, um den Verbraucher über den Nutzen für ihn aufzuklären30. Solche Darstellungen sind von der in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Ausstrahlungswirkung der Berichterstattungsfreiheit geschützt. Ebenso kann die Bandenwerbung im Rahmen von Sportveranstaltungen vom Rundfunkveranstalter nicht beeinflusst werden und ist daher im Sinne der Rechtsprechung unvermeidlich31. Die Einhaltung des Trennungs- und Kennzeichnungsgebots erweist sich ebenfalls als zunehmend schwierig, in Hinweisen auf Begleitmaterial zu einer Sendung. Die §§ 15 Abs. 4, 45 Abs. 3 RStV enthalten eine Legaldefinition zu dem Begriff des Begleitmaterials. Demnach handelt es sich um Begleitmaterial, wenn es direkt vom Programm abgeleitet ist. Davon sind Ergänzungen, Vertiefungen der Inhalte der Sendung erfasst oder wenn das Begleitmaterial die Nachbearbeitung der Sendung ermöglicht. Einen typischen Anwendungsfall stellen Lernsendungen dar, die auf Bücher, Bild- oder Tonträger verweisen. Dabei bleibt im Einzelfall zu betrachten, ob gegebenenfalls der Rundfunkfunkveranstalter an den Einahmen aus dem Verkauf eines derartigen Begleitmaterials einen wirtschaftlichen Vorteil zieht. In diesem Fall dient der Hinweis auf das Begleitmaterial der Förderung des eigenen Wettbewerbs und ist als unzulässig anzusehen. In den Fällen des Merchandising, in denen Titel einer Sendung auf im Handel befindliche Produkte angebracht oder Figuren aus einer Fernsehsendung in den Handel gebracht werden, hält es die Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Randnutzung grundsätzlich zulässig. Gefahren erwachen dabei für die Programmgestaltung, wenn 29 Ring § 7 RStV, Seite 57, Rn 48 OLG Frankfurt, GRUR 1994, S. 133 31 OLG München, WRP 1976, Seite 393 ff 30 11 Figuren missbräuchlich in eine Sendung, mit dem Ziel der Vermarktung eingeführt werden. Darüber hinaus ist beim Product Placement zu unterscheiden, ob es sich um eine Eigenoder eine Kaufproduktion des Rundfunkveranstalters handelt. Wobei bei einer Eigenproduktion Markenartikel als Requisiten verwendet werden dürfen, wenn dies zusätzlich aus redaktionellen Gründen erforderlich ist, verhält es sich bei Kaufproduktionen zumeist anders, insbesondere bei US-Amerikanischen Spielfilmen, in denen Product Placement eine gängige Finanzierungsmethode darstellt. In diesem Fall ist eine Abwägung vorzunehmen. Kann die betroffene Szene mit Werbeeffekt nicht entfernt werden, ohne, dass die Gesamtaussage des Films verändert wird, sind das Trennungsgebot und das Zuschauerinteresse einander gegenüberzustellen, wobei das Zuschauerinteresse zumeist überwiegen dürfte. VII. Erscheinungsformen des Product Placement Unter Product Placement versteht man in erster Linie die Integration von Markenprodukten in das laufende Film- und Fernsehprogramm. Daneben ist auch die Darstellung von Dienstleistungen, Warenzeichen, Unternehmen und deren Logos (Corporate Placement) oder das Generic Placement, d.h. die Platzierung einer ganzen Warengruppe zuzuordnen. In den Fällen des Image Placement wird die Thematik eines ganzen Films auf eine Firma oder ein Produkt zugeschnitten. Bsp. Jubiläumssendung für das deutsche Automobil zum 100 jährigen Bestehen, die sich nur mit Autos und dabei hauptsächlich mit Daimler Benz beschäftigt. Diese wurde mit 6 Mio. DM gesponsert. Zu den Formen des Image Placement gehört auch das sog. Polit Placement, bei dem Politiker bewusst und gezielt Auftritte in Unterhaltungssendungen zur Imageverbesserung erhalten. Die visuelle Darstellung ist für das Product Placement nicht zwingend erforderlich, da darüber hinaus die Möglichkeit besteht, Wirtschaftsgüter in Dialoge der Darsteller einzubinden (Verbal Placement). 12 VIII. Das Verhältnis von Trennungsgrundsatz und Schleichwerbung Erkennbar wird im Rahmen der Konkretisierung der Fälle von Schleichwerbung, wie sich Trennungsgrundsatz und Schleichwerbung zueinander verhalten: Das Verbot der Schleichwerbung in § 7 Abs. 6 RStV ist das implizite Anerkenntnis, dass der Trennungsgrundsatz keine absolute Anwendung finden kann32. Gemäß des Verbotes der Schleichwerbung, wäre eine Verbindung von Werbung und Programm streng genommen unter keinen Umständen möglich. Betrachtet man jedoch eine Sportveranstaltung, die im Fernsehen übertragen wird, dann sieht man, dass das glatte Gegenteil gilt. Werbung ist oftmals nicht nur ein Teil des Programms, sondern untrennbar mit ihr verbunden, insbesondere durch Bandenwerbung und Trikotwerbung. Dies ist unstreitig zulässig, stellt sich somit die Frage, warum dem so ist. Es muss aufgrund der Konkretisierung in § 7 Abs. 6 RStV eingeräumt werden, dass es offensichtlich Fälle der zulässigen Vermischung von Werbung und Programm geben muss. In der „Boro“-Entscheidung33 hat der BGH hervorgehoben: „ Allerdings wäre es verfehlt, aus dem Grundsatz der Trennung von Werbung und Programm herzuleiten, dass jede werbliche Auswirkung einer Fernsehsendung das Trennungsgebot der Staatsverträge verletze. Die Grenzen zwischen dem, was vom Programmauftrag gedeckt und dem, was nach den Bestimmungen der Staatsverträge unzulässige Werbung ist, fließen. Bei ihrer Bestimmung ist zu beachten, dass die verfassungsrechtlich geschützte Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) nicht durch ein zu weit gestecktes Verständnis des Begriffs des Trennungsgebots beeinträchtigt und die Erfüllung des Programmauftrags nicht über Gebühr eingeschränkt wird….Dem entspricht bei der gebotenen verfassungsrechtlichen Auslegung eine Interpretation, die Werbung im Programm, weil Werbung als Bestandteil der realen Umwelt bei Berichten und Darstellungen aus dieser Umwelt nicht künstlich ausgespart werden kann, im Rahmen des Unvermeidbaren für zulässig erachtet.“ Die Quintessenz lautet also: Weil das Fernsehen nur entscheiden kann, ob es die Sportveranstaltung mit der dort vorhandenen Werbung überträgt oder ob es die Übertragung bleiben lässt, ist die Übertragung zulässig; die Werbung ist Bestandteil der 32 33 Platho, ZUM 2000, 46, 49 BGH ZUM 1990, 291, 295 13 realen Umwelt und damit Bestandteil des Programms34. Demnach scheint das Trennungsgebot teilweise aufgehoben zu sein35. IX. Virtuelle Werbung Durch den 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat eine neue Werbeform Eingang in den Rundfunkstaatsvertrag gefunden. Der § 7 Abs. 6 RStV regelt den Tatbestand der virtuellen Werbung. Bei der virtuellen Werbung werden im Originalbild durch eine technische Bearbeitung nachträglich Teile durch Werbung ersetzt. Als Beispiel kann hier die Ersetzung von Bandenwerbung für ein ausländisches Fußballspiel genannt werden. Diese junge Form der Werbung ist gemäß § 7 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 zulässig, wenn am Anfang und am Ende der betreffenden Sendung darauf hingewiesen wird und durch sie eine am Ort der Übertragung ohnehin bestehende Werbung ersetzt wird36. Der Rundfunkstaatsvertrag lässt virtuelle Werbung demnach allein unter der Voraussetzung zu, dass sie sich an der am Ort der Rundfunkübertragung vorhandenen Lebenswirklichkeit orientiert37. Zusätzliche Werbeeinblendungen dürfen nicht geschaffen werden. Die Zulässigkeit der virtuellen Werbung erweist sich ebenfalls unter einem anderen Gesichtspunkt als problematisch. Tatsache ist, dass in den Fällen der virtuellen Werbung, dem Rezipienten ein durch nachträgliche Bearbeitung abweichendes Bild von der Wirklichkeit gezeigt wird. Diese nachträgliche Bearbeitung ist an einschränkende Voraussetzungen geknüpft, jedoch könnte die Glaubwürdigkeit des Mediums trotz dessen darunter leiden. Die digitale Aufbereitung könnte Gefahr laufen, das Misstrauen des Zuschauers zu wecken. Der Rezipient könnte sich infolge dessen berechtigterweise die Frage stellen, ob gegebenenfalls eine weitere Manipulation am Bild gegeben sei, auf die er möglicherweise nicht hingewiesen wurde, mit der Folge, dass er dem Medium generell weniger Vertrauen entgegenbringt. 34 ZUM, 1996, 1036, Hartel Platho ZUM 2000, 50; ebenso Henning-Bodewig, GRUR int. 1987, 538, 542 36 Gersdorf, Seite 118, Rn 261 37 Platho, ZUM 2000, 46, 51 35 14 X. Sponsoring Das Sponsoring erfährt eine gesonderte Regelung in § 8 RStV. Es stellt eine eigene Finanzierungsform dar und ist von der Werbung zu unterscheiden. Gemäß der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 7 gilt als Sponsoring „jeder Beitrag einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Personenvereinigung, die an Rundfunktätigkeiten oder an der Produktion audiovisueller Werke beteiligt ist, zur direkten oder indirekten Finanzierung einer Sendung, um den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild der Person oder Personenvereinigung, ihre Tätigkeit oder ihre Leistung zu fördern“. Das Sponsoring dient insofern der Funktion des Mediums, als durch die hiermit erzielten Einnahmen, die Produktion einer Sendung ermöglicht wird. Im Gegenzug führt die Finanzierung einer Sendung zur Imageförderung des jeweiligen Unternehmens. Dies geschieht durch den Hinweis auf den Sponsor im Rahmen des § 8 Abs. 1 RStV. Das Begriffsmerkmal der Beteiligung an Rundfunktätigkeiten oder an Produktionen audiovisueller Werke ist eng dahingehend auszulegen, dass es nur die Mitwirkung an der konkret geförderten Sendung ausschließt38. Andernfalls bewegten sich Rundfunkveranstalter oder Produzenten audiovisueller Werke bereits dann jenseits des Anwendungsbereichs der Sponsoringvorschriften, sobald sie sich in irgendeiner Weise als Rundfunkveranstalter oder Produzenten betätigen39. Ein Sponsor kann sich auf dem Wege der direkten Förderung, durch die Gewähr von Geldmitteln für eine Sendung oder auch auf dem Wege der indirekten Förderung, nämlich durch die Gewähr von fördernden Sachmitteln oder Dienstleistungen an einer Sendung beteiligen. In beiden Fällen, ist der Imagetransfer mit einer gewissen Affinität zwischen dem Inhalt der Sendung und dem Geschäftsgegenstand des Sponsors verbunden. Hieraus können sich Probleme im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Programmgestaltung ergeben. Gemäß des § 8 Abs. 2 RStV ist eine Einflussnahme auf die redaktionelle Unabhängigkeit des Veranstalters zu unterlassen. Darüber hinaus darf die gesponserte Sendung nicht zum Kauf von Produkten oder der Inanspruchnahme von Leistungen des Sponsors anregen (§ 8 Abs. 3 RStV). Die Rechtsprechung geht davon aus, dass § 8 Abs. 1 RStV eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Werbung im Programm darstellt. Werbeeffekte die jedoch über die Aufklärung des Zuschauers durch Namhaftmachung des sponsernden Unternehmens hinausgehen, sind grundsätzlich 38 39 Ring, § 2, Rn. 32 Gersdorf, Seite 122, Rn. 278 15 unzulässig40. Demnach muss ein Werbeeffekt des Sponsors vermieden werden. Im Hinblick auf die Nennung des Sponsors am Anfang und am Ende einer Sendung, bedeutet das, dass im Falle einer mehrmaligen Erwähnung des Sponsors innerhalb einer Sendung, gerade dieser erzielt werden könnte und er gleichzeitig gegen das Trennungsgebot der Werbevorschriften in § 7 Abs. 3 RStV und gegen das Schleichwerbeverbot des § 7 Abs. 6 RStV verstoßen würde. Aus diesem Grund darf der Sponsorhinweis im Sinne des Abs. 1 lediglich in vertretbarer Kürze erfolgen. In der Praxis hat sich die Dauer von 7,5 Sekunden für einen einzelnen Sponsorhinweis herausgebildet41. Werbeslogans sind vom Zweck des Sponsorhinweises nicht mehr gedeckt und unzulässig. Auch darf der Sponsorhinweis in seiner Aufmachung nicht einem Werbespot gleichen und es darf hierfür kein Material verwendet werden, das bereits Gegenstand eines Werbespots war. Andernfalls wäre die Abgrenzung zur Werbung unmöglich und das Sponsoring würde seine Funktion als eigenständiges Finanzierungsinstrument verlieren. XI. Tatbestände der Schleichwerbung 1. Missachtung des Trennungsgebot des § 7 Abs. 3 Satz 1, 2 RStV 2. Missachtung des Schleichwerbeverbots gemäß § 7 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV Der RStV erfasst als Adressaten die Rundfunkveranstalter. Veranstalter ist, wer die Struktur des Programms festlegt, die Abfolge plant, die Sendungen zusammenstellt und unter einheitlicher Bezeichnung dem Publikum anbietet42. Die Placement- Agenturen, die sich darauf spezialisiert haben, die Produkthersteller mit den Rundfunkveranstaltern zusammenzuführen, werden folglich von den Vorschriften des RStV nicht erfasst, ebenso wenig wie die Produkthersteller selbst. Der Tatbestand der Schleichwerbung hat weitere Verstöße zu Folge. In Betracht kommt zunächst § 3 UWG. Der § 3 UWG verbietet unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher und 40 BGHZ 117, 353, 357f.; OLG Frankfurt, ZUM 1995, Seite 800, 801 Hesse, Seite 114, Rn 78 42 Vgl. OLG Celle, 23.05.2002, ZUM 2003, 54; BVerfGE 97,298, 310 41 16 sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen43. Aus einem Verstoß gegen § 3 UWG ergeben sich Beseitigungs-, Unterlassungs- (§8 UWG) und Schadensersatzansprüche (§9 UWG). Gemäß § 10 UWG besteht des Weiteren die Möglichkeit, den wirtschaftlichen Vorteil aus dem wettbewerbswidrigen verhalten abzuschöpfen. Anwendung findet der § 3UWG auf alle Marktteilnehmer, Produktionsgesellschaften und Placement- Agenturen. Untersagt sind sowohl unlautere Wettbewerbshandlungen zur Förderung des eigenen, als auch Wettbewerbs Dritter44. Fraglich erscheint zunächst, ob die Schleichwerbung eine Wettbewerbshandlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt. Nach der Legaldefinition trifft dies zu bei jeder „…Handlung einer Person mit dem Ziel, zugunsten des eigenen oder fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern“. Das Platzieren von Waren in Fernsehprogrammen dient zweifelsfrei der Förderung des Wettbewerbs. Das Ziel der Werbung liegt bekanntlich darin, die Kundschaft auf die Produkte aufmerksam zu machen, um diese zum Kauf der Produkte zu bewegen und damit den eigenen Absatz zu fördern. Die erforderliche subjektive Komponente der Wettbewerbsförderungsabsicht ist anzunehmen, wenn das Placement gegen Entgelt oder sonstige Gegenleistungen erfolgt, bzw. das präsentierte Produkt offensiv dargestellt wird, ohne dass eine redaktionelle, künstlerische oder dramaturgische Notwendigkeit deutlich wird. Demnach ist bei Schleichwerbung von einer Wettbewerbshandlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG auszugehen. Das UWG enthält in den §§ 4-7 UWG Beispiele unlauteren Wettbewerbs. Für die Schleichwerbung kommen folgende Tatbestände in Betracht: 3. § 4 Nr. 3 UWG – Verschleierung von Werbung Im Sinne dieser Vorschrift ist es unlauter den Werbecharakter von Wettbewerbshandlungen zu verschleiern. Ein Verschleiern des Werbecharakters ist anzunehmen, wenn das äußere Erscheinungsbild der Wettbewerbshandlung derart gestaltet ist, dass durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer die Wettbewerbshandlungen nicht klar als 43 44 K&R, Pießkalla, 2005, 433, 435 K&R, Pießkalla/Leitgeb, 2005, 433, 435 17 solche erkennen. Das Ziel der Schleichwerbung ist es die Werbebotschaft derart in das laufende zu Programm zu integrieren, dass diese nicht als Werbung erkennbar wird und den Zuschauer für den Fall, dass er nicht bereit ist, Werbeblöcke zu konsumieren, trotz dessen erreicht. Somit ist ein Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG mit der Folge der Unlauterkeit der entsprechenden Wettbewerbshandlung nach § 3 UWG gegeben. 4. § 4 Nr. 11 UWG Demnach handelt unlauter im Sinne des § 3 UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Für den Tatbestand dieser Vorschrift wäre zu prüfen, ob das im RStV normierte Trennungsgebot eine „Marktverhaltensregel“ im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG darstellt. Bei der Auslegung des Schutzzwecks des Trennungsgebots wird deutlich, dass er sich auf die Einhaltung der Neutralität des Rundfunks gegenüber dem Wettbewerb im freien Markt erstreckt und darüber hinaus den Zweck verfolgt, den Zuschauer vor einer Täuschung über den werbenden Gehalt des Programms zu bewahren. Der RStV und folglich das Trennungsgebot richten sich lediglich gegen die Rundfunkveranstalter. Diese Tatsache schließt deren Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG keineswegs aus. Wer selbst nicht Normadressat ist, aber gesetzesunterworfene Dritte (Fernsehveranstalter) dazu anstiftet oder sie dabei unterstütz, gegen Marktverhaltensregeln i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG zu verstoßen, um damit den Absatz des eigenen Unternehmens zu fördern, handelt unlauter i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG45. Das Verhalten von Produktionsgesellschaften, Markenartikelherstellern oder PlacementAgenturen ist folglich unter dem Gesichtspunkt der Teilnehmerhaftung ebenfalls ein Gesetzesverstoß i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG, da diese die Schleichwerbung in der Regel veranlasst haben46. 5. § 5 UWG Irreführende Werbung Gemäß § 5 Abs. 1 UWG ist Irreführende Werbung unlauter im Sinne des § 3 UWG. Der § 4 Nr. 3 UWG stellt ein spezielleres Verbot, als der Tatbestand des § 5 UWG dar. Ein Rückgriff auf die Beispielsfälle des § 5 UWG ist demnach nicht mehr erforderlich. Darüber hinaus stellt § 5 UWG auf die inhaltliche Irreführung hinsichtlich der 45 46 K&R, Pießkalla/ Leitgeb, 2005, 433, 436 K&R, Pießkalla/ Leitgeb, 2005, 433, 436 18 Eigenschaften des beworbenen Produktes oder seines Herstellers, nicht aber die Irreführung über den Werbecharakter als solchen ab. Die Schleichwerbung beabsichtigt Produkte in ein Programm einzubringen, in der Hoffnung, dass der Zuschauer diese erkennt und positiv mit der Sendung assoziiert. Deshalb kann aufgrund des geringen Aussagegehalts eine inhaltliche Irreführung des Zuschauers ausgeschlossen werden. Der § 5 Abs. 1 UWG kommt nicht zur Anwendung 6. § 7 UWG – Unzumutbare Belästigungen Durch diesen Tatbestand kann eine unzumutbare Belästigung von Marktteilnehmern den unlauteren Wettbewerbshandlungen zugeordnet werden. In Betracht kommt der § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Demnach liegt eine Belästigung vor, wenn erkennbar ist, dass der Empfänger diese Werbung nicht wünscht. Eine generelle Ablehnung des Zuschauers kann aber nicht ohne weiteres angenommen werden. Die Ablehnung des Verbrauchers richtet sich gegen reine Werbeblöcke, denen er gegebenenfalls durch das Umschalten auf einen anderen Sendekanal entfliehen kann. Eine derartige Ablehnung und die damit verbundene Belästigung kann somit nicht pauschal angenommen werden. Dabei bleibt zu berücksichtigen, dass nicht alle Zuschauer, die eine Werbebotschaft in Form des Product Placement empfangen, diese generell ablehnen, da diese oftmals dem Zuschauerkreis der jeweiligen Sendung angepasst sind. XII. Verträge über Product Placement Die Verträge zwischen dem Produkthersteller und den Produktionsgesellschaften können auf zwei Arten zustande kommen. Es ist möglich, dass beide Vertragspartner direkt aufeinander zukommen und einen Vertag über die Einbindung der betreffenden Produkte gegen ein an die Produktionsgesellschaft zu leistendes Entgelt schließen oder sie werden durch Placement- Agenturen zueinander geführt. 1. Placementverträge zwischen Produktionsgesellschaften und Herstellern Zu prüfen wäre, ob die auf Schleichwerbung gerichteten Verträge wirksam sind, da sie gegebenenfalls gegen ein Verbotsgesetz (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138BGB) verstoßen könnten und daher nichtig wären. 19 a) § 134 BGB i.V.m. § 7 RStV Der § 1 Abs. 1 RStV grenzt deutlich den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des Staatsvertrages ab. Demnach können die für Rundfunkveranstalter geltenden Verbote nicht auf Produktionsgesellschaften, Markenartikelhersteller oder Agenturen übertragen werden. Der § 134 BGB gilt demnach lediglich für den Rundfunkveranstalter und der Vertrag wäre nicht wegen Gesetzesverstoß nichtig. b) Sittenverstoß gemäß § 138 BGB Angesichts dessen, dass das Trennungs- und Kennzeichnungsgebot dem Schutz des Zuschauers dient, sich nach belieben der Werbung zu entziehen, die Schleichwerbung ihn jedoch ohne oder gegen seinen Willen dem Werbeeffekt aussetzt, stellt dies eine Missachtung des Persönlichkeitsrechts des Rezipienten dar. Dieser kann sich lediglich dem Werbeeffekt entziehen, wenn er gänzlich auf das Programm verzichtet. Darüber ist sich der Werbende im Klaren und stellt die Entschlussfreiheit des Zuschauers seinen eigenen Zielen hintan. Diese Missachtung der Entschlussfreiheit ist als sittenwidrig anzusehen und hat zur Folge, dass der Vertag nichtig ist. Die Durchführung sittenwidriger Verträge ist zu unterbinden, wodurch der Auftraggeber von der Produktionsgesellschaft keine Leistung verlangen kann und keinen Anspruch auf Vergütung hat. Dies kann zu erheblichen Abwicklungsproblemen führen. Ein Kondiktionsanspruch (§§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 817 Satz 1 BGB) scheitert hier nach § 817 Satz 2 BGB an der Kenntnis beider Vertragspartner hinsichtlich der sittenwidrigkeitsbegründenden Umstände. 2. Placementverträge unter Beteiligung von Placement- Agenturen Placement- Agenturen können derart in die Verträge eingebunden werden, dass sie die Markenartikelhersteller und Produktionsgesellschaften zusammenführen. In der Regel geht die Leistung der Product Placement- Agenturen darüber hinaus, indem die Agentur gegenüber dem Markenartikler die Gewähr für die Durchführung der Platzierungen übernimmt und dieser in der Regel nicht weiß, wer sein Produkt in die Handlung einbaut. Demnach tritt die Agentur an die Stelle des Produzenten und übernimmt die Leistungspflicht. Diese Verträge sind auf die Verwirklichung von Schleichwerbung gerichtet und sind entsprechend obiger Aufführungen gemäß § 138 BGB sittenwidrig. Ein Kondiktionsanspruch (§§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 817 Satz 1 BGB) scheitert hier 20 ebenfalls nach § 817 Satz 2 BGB an der Kenntnis beider Vertragspartner hinsichtlich der sittenwidrigkeitsbegründenden Umstände. XIII. Vorschlag für eine Neufassung der EU-Fernsehrichtlinie Im Rundfunkrecht der Mitgliedsstaaten der EU gibt es zahlreiche Regelungen, die das Product Placement verbieten oder beschränken. Das geltende Gemeinschaftsrecht steht dem Product Placement entgegen. Auch wenn die Fernsehrichtlinie insoweit kein ausdrückliches Verbot enthält, so enthält dennoch der Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie eine normierte doppelte Verpflichtung zur Kenntlichmachung von Werbung und zur strikten Trennung der Werbung von redaktionellen Inhalten sowie das Verbot von Schleichwerbung in Art 10 bs. 4 der Richtlinie, die jedoch dazu führen, dass Produktplatzierungen in den Programmen der Rundfunkveranstalter, die der Fernsehrichtlinie unterliegen, verboten sind47. Demgegenüber beschloss die Europäische Kommission in Straßburg einen Gesetzesentwurf, der die Vorschriften für TV- Reklame vereinfachen soll. Künftig werden Werbeunterbrechungen in Sport- und Unterhaltungsprogrammen zu jedem Zeitpunkt erlaubt sein. Auch das Product Placement soll dabei der für alle Arten der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation einheitlich geltenden Verpflichtung zur klaren Kenntlichmachung zu Beginn des betreffenden Programms unterworfen werden48. Damit wird versucht der tatsächlichen Entwicklung des Werbemarktes Rechnung zu tragen49.Viviane Reding, Medienkommissarin der EU, begründete ihren Entwurf indem sie wörtlich sagte:“ Für die EU- Kommission bedeutet eine verbesserte Kontrolle durch den Endverbraucher, dass wir weniger gesetzliche Bestimmungen brauchen.“ Die Kommission setzt demnach auf Selbstregulierung, der Zuschauer soll künftig mit der Fernbedienung selbst über die Güte des Programms entscheiden. Das Europäische Parlament und die zuständigen Minister der Mitgliedsstaaten müssen den Kommissionsentwurf noch zustimmen und die Staaten es in nationales Recht umsetzen. Mit dem Gesetz würde Schleichwerbung im Fernsehen generell als Product Placement gestattet. Ausgenommen sind dem Entwurf zufolge Kinderprogramme, Nachrichten und 47 Europäische Kommission, Themenpapier für die Liverpooler Konferenz zur audiovisuellen Politik, Seite 4 48 AfP, Danwitz, 2005, 416 49 AfP, Danwitz, 2005, 416 21 andere Informationssendungen wie verbraucherkritische Magazine und Sendungen religiösen Inhalts. Fernsehsender werde künftig im Vorspann einer Sendung darauf hinweisen, für welche Produkte geworben wird. Reklame für Tabakprodukte und verschreibungspflichtige Medikamente sollen weiterhin nicht erlaubt sein, alkoholische Getränke hingegen schon. Bei Product Placement dürfen Unternehmen dann maximal zwölf Minuten pro Stunde für ihre Produkte werben. Die Einnahmen gehen dabei an die Sender. Der Vorschlag verbietet Product Placement in Nachrichten, politischen Magazinen und Kindersendungen. Teilweise stößt dieser Entwurf bei deutschen Medienwächtern und –politikern auf Ablehnung. Mehrere Kommissare hatten die vorgeschlagene Liberalisierung kritisiert, ebenfalls deutsche Verlegerverbände haben sich gegen das Vorhaben ausgesprochen. Reding betont jedoch, dass Product Placement auch unter der neuen Richtlinie nur in engem Rahmen stattfinden werde. Produktplatzierungen finden schließlich überall statt, ob erlaubt oder nicht. Nach Aussagen der EU- Medienkommissarin würden europäische Produzenten dadurch gegenüber Wettbewerbern aus den USA und Asien sehr gestärkt. Das Gebot der Trennung zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten dient gemeinschaftsverfassungsrechtlich dem Schutze der Grundrechte der Rezipienten, der Rundfunkfreiheit sowie der Pressefreiheit. Das Trennungsgebot ist Garant der pluralen Medien- und Kommunikationsordnung, die das Gemeinschaftsverfassungsrecht gewährleistet50. Kritiker der Novellierung der EU-Fernsehrichtlinie befürchten deshalb, dass keine gemeinschaftsverfassungsrechtliche Alternative zum umfassenden Trennungsgebot existiert. Allein dieses, könne die Grundrechte der Rundfunkrezipienten, Rundfunkveranstalter und die Presse ausreichend schützen. Derartige Hinweise auf die Platzierung von Produkten können weder einen ausreichenden Schutz der Verbraucher bieten, noch garantieren sie die Aufrechterhaltung der Medienvielfalt in Fernsehen und Printmedien. Eine Lockerung der Trennungsvorschriften würde die gemeinschaftsrechtlich geschützte Unabhängigkeit der Medien und die Medienvielfalt in Europa fraglos gefährden51. Nikolaus Rafael Marek 50 51 AfP, Danwitz, 2005, 416 AfP, Danwitz, 2005, 421