Customer Relationship Mangement Durch Beziehung punkten

Werbung
Customer Relationship Mangement
Durch Beziehung punkten
Die Pflege der Beziehungsebene zu Mitarbeitern und Kunden stellt einen prägnanten
Erfolgsfaktor dar.
Das aktuelle Stichwort hierzu lautet Customer Relationship
Management. Je nach Blickwinkel des Betrachters werden zumeist verschiedene
Einzelaspekte hervorgehoben. Dr. Frank Lasogga entwickelt einen ganzheitlichen
Ansatz, der über die gängige Diskussion der Vertriebsoptimierung hinausgeht und
skizziert die Ansatzpunkte des CRM anhand einer Wertschöpfungskette.
Autor:
Dr. Frank Lasogga ist Senior Consultant, Mitbegründer und Gesellschafter der profidata
Gesellschaft für EDV- und Marketing-Management mbH, Solingen (Deutschland).
Kontakt: Arndtweg 2, D-41564 Kaarst, ++49(0)2131-602172, [email protected].
Fachinfo:
Customer Relationship Management (CRM)
Marketingverständnis
Relationshipkette
Beziehungsorientierte Wertschöpfungskette
Essentials
• Häufig wird CRM nur unter dem engen Blickwinkel der Vertriebsoptimierung
gesehen. Es bedarf jedoch eines ganzheitlichen Ansatzes, der die vielfältigen
Schnittstellen zwischen Unternehmen und Kunden mit einbezieht.
• Ziel des Customer Relationship Management ist es, eine langfristige
Kundenloyalität zu erreichen. Dabei geht es nicht nur um die Gewinnung neuer
Kunden, sondern auch um den Erhalt bestehender Kundenbeziehungen.
• Entscheidend für den Erfolg ist immer die Qualität der Kommunikation und damit
die Gestaltung der Beziehungsebene.
In den letzten Jahren ist die Kundenorientierung wieder in den Blickwinkel der Unternehmen
zurückgekehrt. Die durch den Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt verbesserte Position
der Kunden, der zunehmende Verdrängungswettbewerb durch den Eintritt weiterer
Mitbewerber sowie der Verlust von langfristiger Kundentreue durch mangelhafte
Kundennähe erfordern weitergehende Anstrengungen, um die Kundenzufriedenheit zu
erhöhen und damit die Kunden an das Unternehmen zu binden.
Die meisten Unternehmen beschäftigten sich in der Vergangenheit vorwiegend mit der
Behebung von Qualitätsproblemen, der Bearbeitung von Beschwerden und der
Ausbesserung von größeren Pannen, die in der Kundenbeziehung entstanden sind. Aus
dem Fokus sind hierbei die wichtigen Elemente des Managements einer Kundenbeziehung
geraten, obwohl die Erkenntnis vorliegt, daß ein starker Zusammenhang zwischen
Kundenerhalt und Profitabilität besteht (vgl. Grafik 1).
Grafik 1: Gewinnpotential durch Stammkunden
-1-
Gewinn aufgrund von
Preiszusch lägen
Gewinn durch Mund-zu-MundWerbung
Gewinn aufgrund geringerer
Dienstleistun gsk osten
Gewinn aus erhöhter Kauffrequenz
Basisgewinn
Kosten der Kun den akquisition
0
1
2
3
4
5
Jahr
Quelle: Reichheld/Sasser, 1991, S. 111.
So tätigen Stammkunden im Vergleich zu Neukunden in der Regel höhere Umsätze. Sie
sind zudem leichter einschätzbar und verursachen geringere Dienstleistungskosten als
neue Kunden. Weiterhin sind bestehende Kunden häufig weniger preisbewußt und stellen
eine Quelle kostenloser Mund-zu-Mund-Werbung sowie Referenzen für das Unternehmen
dar. Außerdem erschwert der Erhalt bestehender Kundenverbindungen Wettbewerbern den
Markteintritt oder das Erreichen eines höheren Marktanteils.
Viele Unternehmen geben mittlerweile vor, die Bedeutung der Kundenbeziehung für den
langfristigen Markterfolg erkannt zu haben. Sie rühmen sich damit, Konzepte des Customer
Relationship Management bereits erfolgreich umgesetzt zu haben. Die Wirklichkeit sieht
jedoch in den meisten Fällen anders aus. So stellen die unter dem Begriff oder Deckmantel
des Customer Relationship Management gehandelten Konzepte oftmals “bekannten Wein
in neuen Gefäßen” dar.
Es handelt sich um Lippenbekenntnisse, wenn längst bekannte Direktmarketing-Konzepte
oder Verbraucherschutz-Diskussionen als praktiziertes Customer Relationship Management
dargestellt werden. In diesem Zusammenhang werden auch längst überfällige Investitionen
in neue Computersysteme sowie die Optimierung der operativen und strategischen
Datensysteme angeführt. Der technologiebezogene Veränderungsprozeß ist jedoch vor
allem auf die Verschmelzung der Informationstechnologien und des KundenkontaktManagements
in Form von Data Warehouse und
Online- bzw. InternetKommunikationssystemen zurückzuführen.
Philosophie des Customer Relationship Management
Customer Relationship Management - kurz CRM genannt - setzt sich mit der Entwicklung
und Verbesserung bestehender Kundenbeziehungen während ihrer gesamten Lebenszeit
auseinander. Ziel ist es, eine langfristige Kundenloyalität zu erreichen.
CRM stellt in Bezug auf die Kundenmärkte eine radikale Abkehr vom klassischen Marketingkonzept dar, das - ausgehend vom Leitbild “Kunde ist König” - einen sehr starken
instrumentellen Charakter um die Dominanz von Produkt und Kommunikation ausweist. Der
Abschied vom alten Marketing, wo der Kunde König ist, wird unumgänglich, denn
-
Könige kann man nicht einladen;
mit Königen arbeitet man nicht im Team zusammen;
mit Königen ist man nicht auf du und du;
Könige will man nicht wirklich kennenlernen;
Königen liefert man fertige Lösungen, ohne nachzufragen (vgl. Höhler, 1998, S. 18).
An die Stelle des alten Leitbildes tritt nunmehr der Partnerschaftsgedanke. Die möglichen
Partnerschaften eines Unternehmens sind sehr vielfältig, z. B. zwischen Unternehmen und
Kunden, Mitarbeitern und Führung, Unternehmen und Öffentlichkeit. Wie eingangs
dargelegt, wurde am meisten jener Marktpartner unterschätzt, der das ganze Spiel in Gang
-2-
hält: Der Kunde. Sein sensibles Profil steht nicht erst am Ende der Wertschöpfungskette,
sondern durchsetzt sie vom ersten bis zum letzten Glied. Kundenbeziehungen
kennzeichnen den Unternehmensalltag. Wie Grafik 2 zeigt, sind die Auswirkungen dieser
auf den ersten Blick nominalen Veränderung des Leitbildes enorm.
Grafik 2: Kundenbezogene Unterschiede zwischen klassischem Marketing und
Customer Relationship Management
Klassisches Marketing
!
Produktlebenszyklus,
Schwerpunkt liegt auf Produkteigenschaften
Customer Relationship Management
!
Kundenlebenszyklus,
Schwerpunkt liegt auf Kundenwerte
!
Kunde ist König
!
Kunde ist Partner
!
Fokus: Akquisition neuer Kunden
!
Fokus: Erhalt bestehender Kunden
!
Alle Kunden bekommen das gleiche
!
Selektive Kundenbetreuung nach Wertigkeit
!
Unregelmäßiger, geringer Kundenkontakt
!
Häufiger, kontinuierlicher Kundenkontakt
!
Kommunikation auf der Sachebene
!
Kommunikation auf der Beziehungsebene
!
Monolog / “nach dem Munde reden”
!
Offener, konstruktiv-kritischer Dialog
!
Austausch von Informationen
!
Austausch von Erfahrungswerten
!
Präsentation von “fertigen” Produkten
!
Einbeziehung in die Wertschöpfungskette
!
Qualität als Anliegen der Produktion
!
Qualität als Anliegen aller Beteiligten
Quelle: Zusammengestellt aus Höhler, 1998; Levitt, 1999, S. 23; Payne/Rapp, 1999, S. 6f.
Im Zusammenhang mit der Pflege und dem Ausbau bestehender Kundenbeziehungen liegt
der Schwerpunkt auf den Kundenwerten. Neben der hohen Bedeutung des
Kundenservices gilt es vor allem einen emotionalen Mehrwert zu schaffen, der ein
dauerhafter Wettbewerbsvorteil darstellt. Die Unternehmen sind als kommunikativer
Bündnispartner weiterhin dazu aufgefordert, nicht nur auf Kundenbelange zu reagieren,
sondern sich auch aktiv in eine Partnerschaft einzubringen. Alle Maßnahmen sind
entsprechend langfristig auszurichten. Dabei zu berücksichtigen ist, daß die Qualität als
Anliegen aller Beteiligten in die Strategieplanung mit einfließt. Dies erfordert, daß ein
häufiger kontinuierlicher Kundenkontakt gepflegt wird, dem ein offener, konstruktiv-kritischer
Dialog zugrundeliegt. Das Verhalten sollte einem Win-Win-Paradigma folgen, so daß beide
Partner von der Beziehung profitieren.
Marketing-Verständnis im Rahmen des Customer Relationship Management
Die Umsetzung des CRM-Ansatzes setzt voraus, daß nachfolgende Bedingungen
geschaffen werden respektive vorliegen (vgl. Payne/Rapp, 1999, S. 4f.):
1. Die Anwendung eines ganzheitlichen Marketing-Verständnisses im Unternehmen, das
bereichsübergreifende Prozesse initiiert und koordiniert, im Gegensatz zu Aktivitäten, die
in einem Organisationsbereich konzipiert und umgesetzt werden.
2. Eine Gewichtsverlagerung von Marketingaktivitäten, die auf die Kundenakquisition
ausgerichtet sind, zu Marketingaktivitäten, die sich auf den Erhalt bestehender Kunden
konzentrieren.
3. Einen Marketing-Ansatz zu praktizieren, der sich auf mehrere “Märkte” bezieht, anstatt
den Fokus allein auf den traditionellen (End-)Kundenmarkt zu legen. Folgende fünf
“Märkte” respektive Zielgruppen sind zu unterscheiden: Kunden, Mitarbeiter,
Absatzmittler, Lieferanten, Meinungsbildner wie z. B. Referenzen und externe Berater.
Im Mittelpunkt stehen immer die Kundenmärkte. Die Unternehmen sind jedoch nur dann
erfolgreich, wenn sie nicht ihre Marketingaktivitäten allein auf bestehende und potentielle
Kunden ausrichten, sondern durch eine umfassende Beachtung und Bearbeitung aller
Teilaspekte der unter Punkt 3 angeführten “Märkte” einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen.
Dies erfordert eine systematische Integration von
-3-
-
Absatzmarketing (inklusive Channel Marketing),
Öffentlichkeitsarbeit,
internem Marketing (mitarbeiterorientiert) und
Beschaffungsmarketing.
Es sind folglich detaillierte Marketingpläne zu erarbeiten, die neben Absatzmärkten auch die
Entwicklung von Marketingstrategien für Referenzmärkte, interne Märkte, Personalbeschaffungsmärkte und Lieferantenmärkte in Betracht ziehen. Alle ergriffenen Maßnahmen sind
auf ihren Beitrag zu prüfen, den sie für den Aufbau und die Pflege einer langfristigen
Kundenloyalität leisten.
Ansatzpunkte des Customer Relationship Management
Die Gestaltung einer Kundenbeziehung verbunden mit der Notwendigkeit einer
bereichsübergreifenden, koordinierten Ausrichtung auf den Kunden führt zu der
Betrachtung einer prozeßorientierten Relationship-Kette. Es gilt - in Anlehnung an gängige
Wertschöpfungsketten - die verschiedenen Stufen eines Geschäftsprozesses abzubilden.
Das Hauptaugenmerk ist auf die Frage gerichtet, wie Wertschöpfung durch verbesserte
Geschäftsbeziehungen
erreicht
werden
kann.
Die
einzelnen
Stufen
einer
beziehungsorientierten Wertschöpfungskette liefern somit Ansatzpunkte für die erfolgreiche
Implementierung jeder Relationship Marketingstrategie (vgl. Grafik 3).
Grafik 3: Beziehungsorientierte Wertschöpfungskette flankierend zum Produkt als
Ansatzpunkt für erfolgreiches Customer Relationship Management
Stufe 1:
Ermittlung zusätzlicher Wertschöpfung
Stufe 2:
Segmentierung, Festlegung der
Zielgruppen
Stufe 3:
Arbeitsprozesse und Systeme der
Leistungserbringung
Stufe 4:
Erbrachte Zufriedenheit
Stufe 5:
Meßmethoden und Feedback
"
"
"
"
Kernthemen der Serviceleistung
Bevorzugte Serviceleistungen
Art und Weise der Kommunikation
Vergleich zum Wettbewerb
"
"
"
Serviceleistung/Relationship-Segmentierung
Kundenprofitabilitätsanalysen
Database Marketing
"
"
"
"
Marktbezogene Aufbau- und Ablauforganisation
Konfiguration für jedes Segment / jeden Kunden
Prozeßvergleichsstudien (sog. Benchmarking)
Bildung von wertschöpfenden Partnerschaften
"
"
Service- und Kommunikationsqualität
Kosten-/Nutzenanalyse für jedes Segment
"
"
"
Überwachung des Dienstleistungsprozesses
Studien zur Mitarbeiterzufriedenheit
Studien zur Kundenzufriedenheit
Quelle: In Anlehnung an Clark u. a., 1999, S. 33.
Stufe 1: Ermittlung zusätzlicher Wertschöpfung
Die Sequenz von wertschöpfenden Maßnahmen reflektiert die Notwendigkeit, Werte
aufzustellen, zu erbringen und zu kommunizieren. Dadurch wird verdeutlicht, wie wichtig der
Aufbau von Beziehungen ist, die eine Wertschöpfung (= Nutzen) jenseits dessen erbringen,
was bereits durch das Produkt (= Sachnutzen) geleistet wird. Dies beinhaltet die
Ausstattung des Produktes mit zusätzlichen greifbaren und immateriellen Bestandteilen. Es
ist dabei zwischen Zusatz- und Erlebnisnutzen zu differenzieren. Während die Schaffung
eines Zusatznutzens
der Servicepolitik obliegt, ist
der
Erlebnisnutzen
der
-4-
Kommunikationspolitik zuzuordnen. Im Vergleich zu den Wettbewerbern sollte es sich
hierbei um Alleinstellungsmerkmale handeln, die für den Kunden eine besondere
Bedeutung darstellen und glaubwürdig vermittelt werden können. Auf diesem Wege wird ein
“Produktumfeld” geschaffen und ausgebaut, das in einer gesteigerten Wertschöpfung durch
verbesserte Service- und Kommunikationsqualität resultiert. Das Leistungsprofil eines
Anbieters setzt sich somit aus einem Sach-, Zusatz- und Erlebnisnutzen zusammen (vgl.
Lasogga, 1998, S. 225ff.).
Die mit dem Produkt verbundenen Serviceleistungen können gratis oder gegen Entgelt
angeboten werden. In Abhängigkeit vom Zeitpunkt, wann die Serviceleistungen
nachgefragt werden, sind diese vor (Pre-Sales-Service) oder nach dem Kaufabschluß (AfterSales-Service) zu erbringen.
Zu den Serviceleistungen im Pre-Sales-Bereich zählen unter anderem
# Consultingleistungen, beispielsweise bei der Einführung einer durchgängig, EDVgestützten Prozeßkette;
# Kundenberatungsleistungen, die computergestützte Daten- und Informationsysteme zur
Problemlösungs-, Anwendungs- und Kaufberatung umfassen (z. B. Bestell- und
Lagerverwaltungssysteme, Buchführungssysteme);
# Testzeiträume, z. B. 14-tägiges Probeabonement bei Tageszeitungen;
# Probefahrten, z. B. bei Automobilen;
# Testinstallationen.
Zu den Serviceleistungen im After-Sales-Bereich zählen unter anderem Zustell-,
Installations-, Instandsetzungs- und Instandhaltungsleistungen. So bestimmt der Hersteller
durch seine Zustellleistungen, wie gut und effektiv das Produkt dem Kunden zugestellt wird.
Hierzu gehören alle Maßnahmen, die dazu beitragen, daß der Lieferservice gewährleistet
ist. Dieser besteht aus der Lieferzeit, der Lieferbereitschaft, der Lieferzuverlässigkeit und
der Lieferflexibilität. Bei komplexen Ausrüstungsgegenständen sind darüber hinaus auch
Installationsleistungen erforderlich, damit das Produkt am geplanten Einsatzort
funktionsfähig ist.
Für die Kaufentscheidung von technischen Produkten sind zudem die zu erwartenden
Serviceleistungen bzgl. Instandsetzung und Instandhaltung wichtig. So bieten z. B. viele
EDV-Unternehmen wie Compaq, Siemens oder IBM modular aufgebaute Servicepakete an,
die von einer Unterstützung per Hotline über einen Vor-Ort-Service bis hin zu einem
Wartungsvertrag mit Release-Wechsel reichen. Erweiterte Garantieleistungen, Schulungen
sowie Kundenzeitschriften, Kunden-Club und Kunden-Events bieten weitere Ansatzpunkte,
um die Attraktivität des Leistungsprogramms zu erhöhen.
Stufe 2: Segmentierung, Festlegung der Zielgruppen
Mit den Serviceleistungen wird das Ziel verbunden, neue Kunden zu gewinnen und über
die Kundenzufriedenheit eine dauerhafte Beziehung zum Unternehmen aufzubauen. Die
Präferenzen der Kunden gegenüber den Servicedimensionen und -leistungen sind sehr
unterschiedlich ausgeprägt. Es ist deshalb sinnvoll, weitgehend homogene Kundengruppen
zu bilden, die auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Serviceangebote erhalten. Die Intensität
der Beziehungsgestaltung zum Kunden bietet hierbei eine Vielzahl von Ansatzpunkten für
die Differenzierung (vgl. Grafik 4).
Grafik 4: Intensität der Beziehungsgestaltung zum Kunden in Abhängigkeit vom
erzielbaren Deckungsbeitrag und von der Anzahl der Kunden
Erzielbarer Deckungsbeitrag
hoch
Anzahl der
Kunden
mittel
niedrig
groß
Verantwortungszeigende Beziehung
Reaktive Beziehung
Einfache oder
reaktive Beziehung
mittel
Proaktive Beziehung
Verantwortungszeigende Beziehung
Reaktive Beziehung
-5-
klein
Partnerschaftliche
Beziehung
Proaktive Beziehung
Verantwortungszeigende Beziehung
Quelle: Kotler/Bliemel, 1995, S. 77 (leicht geändert).
Die
Serviceleistung/Relationship-Segmentierung
ist
anhand
der
erzielbaren
Deckungsbeiträge vorzunehmen. Sie sollte weiterhin die Anzahl der Kunden
miteinbeziehen. Insgesamt gibt es fünf Intensitätsstufen (vgl. Kotler/Bliemel, 1995, S. 76f.),
die in der Praxis auftreten (vgl. Grafik 4):
• Einfache Beziehung: Das Produkt wird lediglich verkauft, ohne das ein weiterer
Kundenkontakt besteht.
• Reaktive Beziehung: Der Kunde wird beim Produktkauf ermutigt, sich zu melden, wenn
Fragen oder Beschwerdeanlässe vorliegen.
• Verantwortungszeigende Beziehung: Kurz nach dem Produktkauf wird der Kunde
telefonisch kontaktiert, um herauszufinden, inwieweit das Produkt oder die
Kontakterlebnisse mit dem Anbieter seinen Erwartungen entspricht.
• Proaktive Beziehung: Der Kunde wird regelmäßig angerufen und über praktische “Tips
und Tricks” sowie über Produktneuerungen informiert. Online-Chats gewinnen dabei
aufgrund ihrer Interaktivität zunehmend an Bedeutung (vgl. Diller, 1998, S. 90ff.).
• Partnerschaftliche Beziehung: Das Unternehmen arbeitet eng mit dem Kunden
zusammen, um ihm Einsparungen oder bessere Leistungen zu ermöglichen. Im
Extremfall bezieht sich diese partnerschaftliche Zusammenarbeit auf den gesamten
Wertschöpfungsprozeß beim Kunden.
Die Service- und Kommunikationsqualität wird wesentlich bestimmt von der Qualifikation und
Motivation der Mitarbeiter. Entscheidende Faktoren sind hierbei die Fachkompetenz,
Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit, Höflichkeit und Kommunikationsfähigkeit der
Mitarbeiter sowie deren geistige Beweglichkeit, auf Ausnahmesituationen adäquat zu
reagieren (vgl. Parasuraman/Zeithaml/Berry, 1985, S. 41ff.).
Vor dem Hintergrund, daß Beziehungen von Individuen aufgebaut und aufrechterhalten
werden und daß Kunden häufig dem Mitarbeiter, der sie betreut, eine größere Loyalität
entgegenbringen als dem Unternehmen, wird die Motivation und der Erhalt von Mitarbeitern
zum wichtigen Bestandteil des CRM-Ansatzes. Unternehmen müssen folglich verschiedene
Regeln beachten, um auf der Beziehungsebene eine hohe Mitarbeiterbindung zu erreichen
(vgl. Höhler, 1998, S. 69ff.):
1. Den Mitarbeitern sind mehr Entscheidungsbefugnisse einzuräumen. Der Grundsatz “viel
Kontrolle gleich wenig Verantwortung” ist abzulösen durch den Grundsatz “wenig
Kontrolle, dafür viel Verantwortung”. Die Mitarbeiter und die Führungsebene müssen sich
dabei auf ein absolut zuverlässiges Kommunikationsverhalten einigen.
2. Die Mitarbeiter sind in die internen Entscheidungsprozesse einzubeziehen, denn nur sie
haben das Wissen und die Erfahrung, die erforderlich ist, um Kundenbeziehungen
effizient zu managen.
3. Es sind marktgerechte Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter zu schaffen, da nur diese
eine nachhaltige Auswirkung auf die Arbeitszufriedenheit ausüben.
4. Die Führung steht auf den Schultern der Mitarbeiter - nicht umgekehrt. Das bedeutet,
daß das neue Bündnis mit den Mitarbeitern nicht mehr die Produktqualität zum Inhalt
hat, sondern die Qualität der Beziehung zum Kunden.
5. Mitarbeiter und Führung verlassen sich nicht mehr auf das Produkt, sondern auf die
dauernde Optimierung ihres Bündnisses mit dem Kunden. Denn Produktorientierung
erlaubt es, den Kunden für dumm und inkompetent zu erklären, weil erstklassige
Produkte einfach erfolgreich sein müssen.
Weiterhin setzt die persönliche Gestaltung der Beziehungsebene zum Kunden eine aktuelle
Informationsbasis voraus. Die kundenbezogenen Informationen sind in einer Datenbank zu
speichern und zu Merkmalsprofilen zusammenzufassen, so daß sich erfolgversprechende
Kunden identifizieren und mit den passenden Marketing- und Vertriebsmaßnahmen
ansprechen lassen (sog. Database Marketing).
-6-
Aus diesem Blickwinkel betrachtet, ist es das Ziel des CRM, eine Integration und Bündelung
aller den Kunden betreffenden Informationen vorzunehmen. Der Vertrieb, das Marketing
und die Back-Office-Abteilungen in Form von Rechnungswesen, Produktion und Logistik
sollen jederzeit ein einheitliches und umfassendes Bild über die Beziehungen zwischen
Unternehmen und Kunde erhalten und fortführen. Es sind möglichst alle Schnittstellen
abzubilden, anstatt - wie heutzutage noch vielfach üblich - Informationen in Form von
“Insellösungen” unstrukturiert mehrfach bereitzuhalten.
Hieraus ergeben sich mannigfaltige Anforderungen für alle Mitarbeiter und zwangsweise für
die eingesetzten Informations- und Kommunikationssysteme. Im operativen Geschäft sind
folgende Informationen vorzuhalten:
-
Detaillierte Kunden- und Produktinformationen
Detaillierte Kosten- und Erlösinformationen
Strukturinformationen (Unternehmensorganisation,
struktur)
Gebietsaufteilung,
Außendienst-
Diese unternehmensinternen Informationen sind mit externen Informationen, z. B. mit Hilfe
der qualitativen Marktforschung, externer Berater oder statistischer Datenbanken,
anzureichern. Aus dieser Kombination lassen wiederum weitere Informationen ableiten, zum
Beispiel in Bezug auf
-
das Produkt- und Servicepotential der Kunden,
das Potential eines Produktes oder Dienstleistung,
die Optimierung des Produktportfolios,
eine produktbezogene aktive Vertriebs- und Servicesteuerung.
Um die Vielzahl von relevanten Kunden-, Produkt- und Unternehmensdaten systematisch
aufzubereiten und jederzeit abrufbereit zu halten, ist es erforderlich, entsprechende CRMSoftware-Lösungen einzusetzen.
Stufe 3: Arbeitsprozesse und Systeme der Leistungserbringung
Der Qualitätsanspruch eines Unternehmens auf der Beziehungsebene wird dadurch
gestützt, daß sich das Qualitätsverständnis sowohl auf die Produktebene und die
Serviceebene als auch auf die Qualität der Prozesse, die Qualität der Arbeit und
Arbeitsbedingungen erstreckt. Es ist eine kundenorientierte, unternehmensweite,
ganzheitliche Qualitätsphilosophie zu entwickeln, die mit Hilfe entsprechender Methoden
und Techniken auch in die Praxis umgesetzt wird. Flankierend sind die organisatorischen,
personellen und technischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Dieser weitumfassende
Durchführungsansatz wird als Total Quality Management bezeichnet.
Zu diesem Zweck muß das vielfach praktizierte abteilungs- und funktionsorientierte Denken
im Unternehmen überwunden werden, das individuelle Bereiche auf Kosten des
Gesamtgeschäfts und des Kunden optimiert. Entsprechend sind traditionell funktional
ausgerichtete Unternehmen, die nach Hierarchien strukturiert und nach Bereichen wie
Vertrieb, Marketing, Finanzwesen, Produktion, etc. unterteilt sind, nicht mehr zeitgemäß.
Die Umsetzung des CRM erfordert vielmehr eine bereichs-, abteilungs- und
aufgabenübergreifende Koordination aller kundenbezogenen Aktivitäten. Mitarbeiter in
Schlüsselpositionen sind folglich in multidisziplinären Teams einzubinden, deren Aufgaben
der Einsatz und die Zuordnung von Ressourcen zur Erreichung marktbezogener Ziele ist.
Bereiche können weiterhin existieren. Sie stellen für die auf den Markt ausgerichteten
Teams nunmehr ein Ressourcen-Pool in Form von Expertenwissen dar (vgl. Clark u. a.,
1999, S. 32).
Vor diesem Hintergrund wandelt sich die Aufbauorganisation zu einer flacheren, eher
horizontalen Organisationsstruktur, in der die Ablauforganisation bereichsübergreifend
ausgerichtet ist. Eng beieinanderliegende Arbeitsläufe interner Prozesse können hierbei mit
den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Geschäftspartner verknüpft werden. Bedingt durch
eine modulare Produkt- respektive Leistungszusammenstellung, durch den verstärkten
Einsatz von elektronischen
Schaltkreisen,
Prozeßsteuerungen
etc.
bei
den
Produktionsverfahren wird eine Konfiguration für jedes Serviceleistung/RelationshipSegment gewährleistet. Im Idealfall können individuelle Kundenlösungen bei gleichzeitiger
Ausnutzung von Losgrößenvorteilen angeboten werden.
-7-
Für die Optimierung der internen Prozesse ist es zweckmäßig, von anderen Unternehmen
zu lernen, die effiziente Strukturen in Bezug auf Qualität, Zeit und Kosten aufweisen (sog.
Benchmarking). So kann zum Beispiel ein Krankenhaus durchaus von Mitbewerbern oder
branchenfremden Dienstleistern (z. B. Hotelbetrieb) profitieren, die erfolgreiche Praktiken für
ihre Geschäftsprozesse anwenden.
Es sind zudem wertschöpfende interne und externe Partnerschaften zu bilden. Interne
Partnerschaften sind z. B. solche mit Arbeitnehmervertretungen; externe Partnerschaften
können sich auf Kunden (siehe oben), Lieferanten und Weiterbildungsorganisationen
beziehen (vgl. Homburg, 1997, S. 239). Auf den Beschaffungsmärkten kann dieses
dadurch erfolgen, daß bestimmte Aufgaben, beispielsweise die komplette EDV oder die
Lohn- und Gehaltsabrechnung, auf einen Dienstleister übertragen werden (“Make or Buy”).
Es bietet sich auch die Möglichkeit an, kooperative Allianzen im Bereich der Beschaffung
einzugehen (Stichwort: Just-in-Time).
Stufe 4 und 5: Erbrachte Zufriedenheit, Meßmethoden und Feedback
Die Fortführung und der Ausbau der Kundenbeziehung steht und fällt damit, inwieweit die
jeweiligen Erwartungen der Kunden zum einen mit den erbrachten Produktleistungen, zum
anderen mit den begleitenden und unterstützenden Service- und Kommunikationsleistungen übereinstimmen. Diese Unterteilung zeigt, daß sich sowohl aus Anbieter- als auch
aus Kundensicht verschiedenartige Kostenkategorien ergeben, die dem jeweiligen Nutzen
gegenüberzustellen sind (vgl. Grafik 5).
Grafik 5: Kostenkategorien einer Geschäftsbeziehung
Anbietersicht
Beziehungskosten
Kundensicht
Beziehungskosten
Gewinnspanne
Gesamtkosten
Nettopreis
lt. Vertrag
Produktionskosten
Quelle: Zusammengestellt aus Grönross, 1995, S. 70ff.
Die Beziehungskosten setzen sich aus drei Kostenarten zusammen: (1) Direkte Kosten, die
von der internen Organisation abhängen, die ein Kunde resp. ein Anbieter aufgrund der
angebotenen Leistung aufrechterhalten muß (z. B. Lagerkosten für Ersatzteile; Vorhalten
von Personal zwecks Sicherstellung der Datenverarbeitung); (2) Indirekte Kosten,
begründet durch den Zeit- und Ressourenaufwand, die der Kunde resp. der Anbieter für die
Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung erbringt (z. B. zusätzlicher Aufwand bei der
Ausstellung von fehlerhaften Rechnungen und anderen Dokumenten; zeitaufwendige
Nachbesserungen bei Schlechterfüllung einer Leistung); (3) Psychologische Kosten in Form
von Ärgernis, Sorgen, etc., die sich z. B. aufgrund der Unzuverlässigkeit bei der
Leistungserbringung ergeben (vgl. Grönross, 1995, S. 69ff.).
Die Attraktivtät einer Geschäftsbeziehung hängt somit von den Gesamtkosten ab, die für
den Anbieter und den Kunden entstehen. Aus Anbietersicht sollten die Beziehungskosten
für die einzelnen Serviceleistung/Relationship-Segmente im Nettopreis enthalten sein.
Zwecks Optimierung der Geschäftsprozesse ist die Dienstleistungserbringung und die
Mitarbeiterzufriedenheit kontinuierlich zu messen. Darüber hinaus ist es erforderlich, die
-8-
Beziehungskosten des Kunden mit Hilfe von multivariaten Analysemethoden zu erfassen,
um Rückschlüsse auf die Effizienz der eigenen internen Prozesse und die Qualität der
Beziehungsebene zu ziehen.
Schlußbetrachtung
CRM wird zur Herausforderung im Wettbewerb um Marktpositionen. Es bietet strategische
Perspektiven um Investitionssicherheit und Wettbewerbsvorteile einer neuen Art: Die Devise
der nächsten Jahre lautet, Bindungen zum Unternehmen zu schaffen. Bindungen können
vielfältiger Art sein. In jedem Fall sind die Mitspieler dieser Erfolgsformel Mitarbeiter und
Kunden jeder Rangstufe drinnen wie draußen. Internes und externes Marketing sind folglich
aufeinander abzustimmen. Das verbindende Element ist - trotz bestmöglicher Technologie
und
noch
so
sorgfältig
geplanten
Verfahrensweisen
professionelles
Beziehungsmanagement bei Wahrung einer unprofessionellen Wärme. Dabei steht das
ganze Unternehmen auf dem Prüfstand.
Die auf den Absatzmarkt ausgerichteten Marketingaktivitäten sind nicht nur auf den Gewinn
neuer Kunden, sondern auch auf den Erhalt bestehender Kundenbeziehungen zu richten.
Es gilt ein angemessenes Verhältnis zu schaffen. Denn nur aus der verstärkten
Kundenbasis heraus ist eine systematische Kundenakquisition
erst möglich.
Ausschlaggebend ist hierbei immer die Qualität der Kommunikation und damit die
Gestaltung der Beziehungsebene.
Denn ohne Beziehungsmanagement sind - wie das Beispiel der nicht vollzogenen Fusion
zwischen Deutsche Bank und Dresdner Bank zeigt - keine Ergebnisse auf der Sachebene
zu erwarten. Selbst die Machtebene, begründet durch die exponierte Stellung der
Deutschen Bank, weist nicht annähernd das Bindungspotential einer starken
Kommunikation auf. Eine konsequente Umsetzung des CRM-Ansatzes steht oder fällt
folglich mit der Qualität und der Bereitschaft der Menschen, die an seiner Umgebung
beteiligt sind. CRM ist gleichbedeutend mit einer intakten Beziehung zwischen Partnern.
Literaturverzeichnis
Clark, M. u. a. (1999): Vom funktionsorientierten Marketing zur prozeßorientierten
Relationship Management-Kette, in: Payne, A.; Rapp, R. (Hrsg.): Handbuch Relationship
Marketing - Konzeption und erfolgreiche Umsetzung, München 1999, S. 29-45.
Diller, H. (1998): Innovatives Beziehungsmarketing, in: absatzwirtschaft, 51. Jg., 1998, H. 6,
S. 90-98.
Grönross, Ch. (1995):
Die
Herausforderung
im Dienstleistungswettbewerb
Wirtschaftlichkeitsvorteile durch guten Service, in: Bruhn, M.; Stauss, B. (Hrsg.):
Dienstleistungsqualität - Konzepte, Methoden, Erfahrungen, 2. Aufl., Wiesbaden 1995,
S. 65-79.
Homburg, Ch. (1997): Optimierung der Kundenzufriedenheit durch Total Quality
Management, in: Simon, H.; Homburg, Ch. (Hrsg.): Kundenzufriedenheit - Konzepte,
Methoden, Erfahrungen, 2. Aufl., Wiesbaden 1999, S. 233-244.
Höhler, G. (1998): Wettspiele der Macht, Düsseldorf, München 1998.
Kotler, P.; Bliemel, F. W. (1995): Marketing-Management - Analyse, Planung, Umsetzung
und Steuerung, 8. Aufl., Stuttgart 1995.
Lasogga, F. (1998): Emotionale Anzeigen- und Direktwerbung im Investitionsgüterbereich Eine exploratorische Studie zu den Einsatzmöglichkeiten von Erlebniswerten in der
Investitionsgüterwerbung, Frankfurt am Main u. a. 1998.
Levitt, T. (1999): Der Verkaufsabschluß ist erst ein Anfang, in: Payne, A.; Rapp, R. (Hrsg.):
Handbuch Relationship Marketing - Konzeption und erfolgreiche Umsetzung, München
1999, S. 17-28.
Parasuraman, A.; Zeithaml, V. A.; Berry, L. L. (1985): A Conceptual Model of Service
Quality and its Implications for Future Research, in: Journal of Marketing, Herbst 1985,
Vol. 49, Nr. 2, S. 41-50.
Payne, A.; Rapp, R. (1999): Relationship Marketing: Ein ganzheitliches Verständnis von
Marketing, in: Payne, A.; Rapp, R. (Hrsg.): Handbuch Relationship Marketing Konzeption und erfolgreiche Umsetzung, München 1999, S. 3-16.
Reichheld, F.; Sasser, W. E. (1991): Zero-Migration: Dienstleister im Sog der Qualitätsrevolution, in: Harvard Manager, 13. Jg., 1991, Heft 4, S. 108-116.
Herunterladen