Methoden einer Marketing-Planung

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Christopher Zerres, Michael Zerres (Hrsg.)
Methoden einer Marketing-Planung
Marketing-Methodik II
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2
Methoden einer Marketing-Planung: Marketing-Methodik II
© 2011 Michael Zerres & Ventus Publishing ApS
ISBN 978-87-7681-760-2
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3
Methoden einer Marketing-Planung
Inhalt
Inhalt
1
Morphologische Kreativitätstechniken
10
1.1
Einleitung
10
1.2
Morphologische Matrix 10
1.3
Morphologischer Kasten 12
1.4
Morphologisches Tableau
12
2
ABC-Analyse
14
3
Szenario-Tecnik
17
3.1
Einleitung
17
3.2
Begriffsbildung und Grundlagen 18
4
Delphi-Technik
29
4.1
Einleitung
29
4.2
Begriffsklärung und Stellenwert
30
4.3
Merkmale 31
4.4
Zielsetzungen 33
4.5
Varianten
33
4.6
Kritische Würdigung 34
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Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited,
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© 2011 Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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4
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Methoden einer Marketing-Planung
Inhalt
5
SWOT-Analyse
35
5.1
Grundgedanke
35
5.2
Umweltanalyse (externe Chancen und Risiken)
36
5.3
Unternehmensanalyse 42
6
Portfolio-Analyse
45
6.1
Produkt-Lebenszyklus-Modell
45
6.2
Portfolio-Analysen
45
7
Wertkettenanlyse
54
8
Benchmarking
56
8.1
Ursprünge
56
8.2
Arten
57
8.3
Ablauf eines Benchmarking-Prozesses
58
8.4
Einsatzmöglichkeiten
58
8.5
Grundprinzipien
59
8.6
Verhaltenskodex
59
9
Entscheidungstechniken
62
9.1
Einleitung
62
9.2
Taxonomie der Entscheidungstechniken
62
9.3
Schlussfolgerungen
87
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5
Methoden einer Marketing-Planung
Inhalt
Business Reengineering
88
10.1
Ursachen
88
10.2
Konzept
89
10.3
Unternehmensprozesse als Gegenstand des Business Reengineering
90
10.4
Organisatorische Implementierung
90
10.5
Prinzipien
90
10.6
Problemfelder
91
11
Kundenbindung
92
11.1
Aktuelle betriebliche Herausforderungen 92
11.2
Inhalt und Bedeutung von Kundenbindung 93
11.3
Kundenbindung und Kundenprofitabilität
93
11.4
Inhaltliche Abgrenzung der Kundenbindung zu Kundenzufriedenheit und -loyalität
95
11.5
Wirkungskette
96
11.6
Messbarkeit und Beeinflussbarkeit
98
12
Customer Relationship
101
12.1
History and theory 101
12.2
Field concerns and data collection
104
12.3
Issues regarding communication and CRM
108
12.4
Future of CRM
112
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Methoden einer Marketing-Planung
Inhalt
13
Kernkompetenz-Management
114
14
Markenbewertung
117
14.1
Überblick
117
14.2
Finanzorientierte Verfahren zur Markenbewertung
119
14.3
Verhaltenwissenschaftliche Markenbewertung
132
14.4
Integration verhaltens- und finanzwissenschaftlicher Modelle
136
15
Efficient Consumer Response
137
16
CPFR-Konzept
141
16.1
Entwickle eine Kooperationsvereinbarung
141
16.2
Erarbeite einen gemeinsamen Geschäftsplan
143
16.3
Ermittle die Verkaufprognose
143
16.4
Identifiziere Ausnahmen der Verkaufsprognose
143
16.5
Bearbeite gemeinsam die Verkaufsprognose-Ausnahmen
144
16.6
Erstelle Bestellprognose
144
16.7
Identifiziere Ausnahmen der Bestellprognose 144
16.8
Bearbeite gemeinsam Bestellprognose-Ausnahmen
144
16.9
Auslösung der Bestellung
144
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HUMANITIES
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7
Methoden einer Marketing-Planung
Inhalt
Erfolgsfaktorensforschung
146
17.1
Überblick über Zielsetzung und Entwicklung der Erfolgsfaktorenforschung
146
17.2
Methoden der Erfolgsfaktorenforschung
147
17.3
Grundlegende Anforderungen an eine Erfolgsfaktorenstudie
149
17.4
Ausgewählte Voraussetzungen der quantitativen Methoden
153
17.5
Anwendung der Erfolgsfaktorenforschung in der Praxis
155
Literatur
159
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17
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8
Methoden einer Marketing-Planung
Um Teil I zu lesen bitte
„Einführung in die Marketing-Methodik”
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9
Methoden einer Marketing-Planung
Morphologische Kreativitätstechniken
1 Morphologische
Kreativitätstechniken
(Christopher Zerres, Regina Baumgärtner)
1.1
Einleitung
Zum Finden innovativer Ideen und Ziele stehen dem Management eine Vielzahl von Kreativitätstechniken zur Verfügung.
In diesem Zusammenhang ist die systematische Strukturanalyse mit dem Ziel, neue Kombinationen zu finden. Die
bekannteste morphologische Methode, der morphologische Kasten, wurde von dem Schweizer Astrophysiker Zwicky in
den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelt. Zunächst aber zur morphologischen Matrix.
1.2
Morphologische Matrix
Mit dem Ziel, alle logisch denkbaren Möglichkeiten systematisch zusammenzutragen, sollen eingefahrene Strukturen im
Denken und Handeln aufgebrochen und der Horizont des Denkens erweitert werden. Matrixdiagramme finden heute
überwiegend ihre Anwendung im Management, wobei hierfür die Funktionsanalyse, das Verhaltensgitter oder die Produkt/
Markt-Matrix beispielhaft sind. Sobald das Matrixdiagramm eine zweidimensionale Verwendung findet, handelt es sich
um eine „Morphologische Matrix“ (vgl. Abb. 1).
Abbildung 1: Morphologische Matrix
Quelle: Zell 2005
Sämtliche Kombinationsmöglichkeiten können mit einer derartigen Matrix in systematischer Weise dargestellt werden.
Die folgende Abbildung verdeutlicht dies am Beispiel eines Tintenstrahldruckers (vgl. Abb. 2).
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10
Methoden einer Marketing-Planung
Ausprägungen
Merkmal
Gehäuse-Form
1
Papiervorrat
Anschluss
Tinte
Tintenpatronen
Volumen
Zusatzfunktion
3
4
oval
rund
Kunststoff
Aluminium
Holz
grau
grün-gelb
gold
regenbogen
1 Blatt
10 Blatt
50 Blatt
100 Blatt
USB
COM
Infrarot
Funk
Schwarz
2-Patronen, s/w
und Farbe
3 Patronen
4 Patronen
20 ml
30 ml
40 ml
60 ml
10 Blatt / min
40 Blatt / min
60 Blatt / min
Druck2 Blatt / min
geschwindigkeit
Service
2
rechteckig
quadratisch
Gehäuse-Material Stahl
Gehäuse-Farbe
Morphologische Kreativitätstechniken
Kein Service
Garantie mit Vor- 24 Stunden Service 24 Stunden
Ort-Service
kostenlos
Service
Scanner
Kopierer
Anrufbeantworter
keine
Abbildung 2: Morphologische Methode bei der Produktentwicklung: Tintenstrahldrucker
Quelle: Zell 2005 (Die vergrößerten Schriftzüge stellen eine mögliche Kombination dar)
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11
Methoden einer Marketing-Planung
1.3
Morphologische Kreativitätstechniken
Morphologischer Kasten
Werden, im Unterschied zu der eben beschriebenen Morphologischen Matrix, drei Dimensionen verwendet, so handelt
es sich um einen „Morphologischen Kasten“ (vgl. Abb. 3).
Abbildung 3: Morphologischer Kasten
Quelle: Zell 2005
Mit diesem (dreidimensionalen) Kasten, wie auch mit der zuvor beschriebenen (zweidimensionalen) Matrix, lassen sich
Beziehungszusammenhänge darstellen. Entsprechend lauten die fünf Arbeitsschritte nach Zwicky (1989): In einem erster
Schritt wird das gegebene Problem genau umschrieben oder definiert sowie zweckmäßig verallgemeinert. Im zweiten Schritt
werden die Umstände genau bestimmt und lokalisiert, welche die Lösungen des vorgegebenen Problems beeinflussen.
Es werden damit die Bestimmungsgrössen, die Parameter des Problems, untersucht. Während des dritten Schritts wird
der eigentliche Morphologische Kasten oder das morphologische mehrdimensionale Schema mit Einordnung aller
möglichen Lösungen des vorgegebenen Problems ohne Vorurteile erstellt. Der vorletzte, vierte Schritt ist die Analyse aller
im Morphologischen Kasten enthaltenen Lösungen auf Grund bestimmt gewählter Wertnormen. Ihren Abschluss findet
die morphologische Methode im fünften Schritt, in der Wahl der optimalen Lösung und Weiterverfolgung derselben bis
zu ihrer endgültigen Realisierung oder Konstruktion (vgl. Zell 2005).
Zur Produktentwicklung innerhalb des Marketings eignet sich die Morphologische Methode, um alle denkbaren
Kombinationsmöglichkeiten an Merkmalsausprägungen darzustellen. Sie werden auf ihre Eignung und ihre sinnvollen
technischen oder wirtschaftlichen Gegebenheiten hin überprüft. Unter Umständen werden dadurch zukunftsträchtige
Kombinationsmöglichkeiten erkannt, die anhand geeigneter Kriterien wie Preis, Funktion, Herstellkosten, Absatzchancen
und bestehende Konkurrenzprodukte etc., weiter zu analysieren sind. Die Produktinnovation findet ihren Beginn, wenn
sich Kundenerwartungen und technische Machbarkeit auf diese Weise vereinbaren lassen (vgl. Zell 2005).
1.4
Morphologisches Tableau
Das sogenannte Morphologische Tableau – auch Problemfelddarstellung oder Erkenntnismatrix genannt – dient ebenfalls
einer systematischen Aufbereitung komplexer Problemstellungen. Es unterscheidet sich vom Morphologischen Kasten
dadurch, dass entlang der Kopfzeile und der Vorspalte einer Matrix die Ausprägungen eingesetzt werden. Die Felder
charakterisieren damit eine Ausprägungskombination, die gleichzeitig eine denkbare Lösungsalternative darstellt. Felder
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12
Methoden einer Marketing-Planung
Morphologische Kreativitätstechniken
mit bereits bekannten beziehungsweise interessanten Lösungen sind entsprechend gekennzeichnet. Leere, wie auch
interessante Felder, bieten damit eine Möglichkeit, potenzielle „Marktlücken“ zu untersuchen und zu schließen (vgl. Abb. 4).
Anwendungszweck
Babys
Make up
i
Schönheitskorrektur
b
Wundbehandlung
Körperreinigung
Geruchsbindung
i = interessant; b = bekannt
Zielgruppen
Alte Menschen
Autofahren
i
i
i
i
i
i
Sportler
i
Abbildung 4: Morphologische Methode bei der Produktentwicklung: Hautcreme
Quelle: Birker 1997
Bekannte Kombinationen werden in der Matrix durch „b“ ersichtlich gemacht, während Leerfelder noch nicht genutzte
Kombinationen aufzeigen. Diese gilt es, nach sinnvollen nutzbaren Möglichkeiten zu überprüfen (vgl. Zell 2005).
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13
Methoden einer Marketing-Planung
ABC-Analyse
2 ABC-Analyse
(Marc Rufo, Christopher Zerres)
Die ABC-Analyse ist eine in der betrieblichen Praxis weitverbreitete Methodik, um etwa unterstützend zu einer StärkenSchwächen-Analyse, ökonomische Problemsituationen zu erkennen. Sie basiert im Wesentlichen auf der Erkenntnis, dass
ein relativ kleiner Mengenanteil einer Gesamtmasse einen relativ hohen Wertanteil derselben verkörpert. Dieser relativ
kleine Mengenanteil muss identifiziert werden, um den hohen Wertanteil im Rahmen der Optimierung der Gesamtmasse
entsprechend den Zielvorstellungen zu beeinflussen.
Für die Durchführung der ABC-Analyse benötigt man zunächst die einzelnen Werte der Gesamtmasse, welche sich
nach der Zielsetzung der Analyse ergeben. Diese Werte können zum Beispiel Beschaffungswerte, Gebrauchswerte,
Deckungsbeitragswerte oder Umsatzwerte sein. Anschließend muss der jeweilige Wertanteil an der Gesamtmasse ermittelt
werden. Die einzelnen Elemente werden nach Wertanteil geordnet und zusammen mit dem Gesamtmengenanteilen
tabelliert. Die Segmentierung der Elemente in drei (ABC) oder mehr Gruppen erfolgt durch das Kumulieren der Wertund Mengenanteile. Die werthöchsten Segmente werden als A-Teile, die niedrigwertigsten als C-Teile bezeichnet. So
können Kundengruppen nach erfolgter Kundenanalyse zum Beispiel entsprechend ihres Beitrages zum Gesamtumsatz
untersucht werden.
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14
Methoden einer Marketing-Planung
ABC-Analyse
Als erstes Beispiel soll eine Kunden-Umsatzanalyse dienen (vgl. Abb. 1). Deutlich ist hier erkennbar, dass nur ein äusserst
geringer Anteil der Kunden den grössten Anteil am Umsatz erbringt. Die Gefahr einer Abhängigkeit kann vorliegen. Auf
der anderen Seite trägt die Mehrzahl der Kunden nur sehr wenig zum Gesamtumsatz bei und das Unternehmen muss
sich fragen, ob es sich lohnt, diese Kunden weiter zu behalten.
Kundengruppen
A ( über 1 Mio €)
B ( 100 T. – 1 Mio. €)
C (unter 100 T. €)
Anteil an der Gesamtkundenzahl in %
5
15
80
Anteil am Gesamtumsatz in %
75
15
10
Abbildung 1: Kunden-Umsatzanalyse
Das folgendes Beispiel eines Bekleidungshauses zeigt, wie eine solche ABC-Analyse etwa auch bezüglich des Alters der
Kunden vorgenommen werden kann (vgl. Abb. 2).
Kundengruppen
A (ältere Kunden)
Umsatz der
Kundengruppe in €
B (mittelalte Kunden)
C (Jugendliche)
750 000.-
150 000,-
100 000,-
Anteil an der Gesamtkundenzahl in %
5
15
80
Anteil am Gesamtumsatz in %
75
15
10
Abbildung 2: Kundengruppenanalyse
Die Probleme des Unternehmens werden hier leicht sichtbar; die Mehrzahl der Kunden sind Jugendliche, die nur einen
äußerst geringen Teil zum Gesamtumsatz beitragen und in Zukunft stärker aktiviert werden müssen. Dahingegen ist eine
gewisse Abhängigkeit von den älteren Kunden erkennbar. Dieses kritische Segment gilt es zu bewahren und möglicherweise
auszubauen. Die ABC-Analyse hilft also dabei, wesentliche Gruppen von unwesentlichen zu unterscheiden und somit die
Effizienz von Management-Maßnahmen durch die Möglichkeit ihres gezielten Einsatzes zu erhöhen.
Die ABC-Analyse, welche ursprünglich vor allem in der Materialwirtschaft Anwendung fand, wo sie in Verbindung
mit Wertanalysen zu kostensenkenden Bestell- und Lagerhaltungsverfahren führt, ist auch im Absatzmanagement von
Bedeutung.
Für eine Flughafengesellschaft sind zum Beispiel innerhalb einer Kundenanalyse die Segmentierung der Flughafenbesucher
und deren Nachfrageverhalten von entscheidender Bedeutung für die Konzeption des Gastronomie-/Service- und
Einzelhandelsangebotes. Befragungen der Flughafenbesucher können hier wertvolle Informationen liefern. Merkmale
können dann zum Beispiel Kunden selbst, Alter, Geschlecht, Einzugsgebiet, Grund des Flughafenaufenthaltes
(Businesskunde, Familienreise) oder deren verschiedene Präferenzen, zum Beispiel Gastronomie, Fast-Food, Take-AWay Snack, Coffee Lounge etc., sein.
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15
Methoden einer Marketing-Planung
ABC-Analyse
Entsprechend der Umweltanalyse sind viele weitere Faktoren für die Erfassung der Marktstruktur relevant.
Für
einen Flughafen, der neben dem Renditestreben vor allem eine öffentliche Infrastrukturfunktion wahrnimmt und oft
öffentliche Besitzer hat, gelten grundsätzlich andere Wettbewerbsbedingungen als etwa im Handel. Die universelle
Anwendbarkeit dieses Analyseinstruments kann auch bei öffentlichen Unternehmen Probleme aufzeigen. So müssen
bei einer Wettbewerbsanalyse Vor- und Nachteile anderer Flughäfen analysiert werden, um ein wettbewerbsgerechtes
Leistungsangebot erstellen zu können (vgl. Abb. 3).
Bevölkerungsgruppe
Gesamter Einzugsbereich
Kunden des Flughafens
Anzahl
Anzahl
in %
Einwohner insgesamt
8 mio.
100
65 Jahre u. älter
1 mio.
12,5
Weiblich
200.000
1 mio.
2,3 mio.
500 000
2,5
12,5
28,75
6,25
Weiblich gesamt
4 mio.
50
Männlich
300.000
700 000
2,5 mio.
500 000
2,5
8,75
31,25
6,25
Männlich gesamt
4 mio.
50
unter 3 J.
3 bis unter 15 J.
15 bis unter 65 J.
65 J und älter
unter 3 J.
3 bis unter 15 J.
15 bis unter 65 J.
65 J und älter
in %
Abbildung 3: Kundenanalyse
Die Umsatzpotenzialanalyse dient dazu, das Gesamtpotenzial des bearbeiteten Marktes zu identifizieren. Das
Marktvolumen stellt dabei eine wichtige Grundlage für Markteintrittsentscheidungen dar und gibt Auskunft über
Marktanteile und -ausschöpfung. Die Marktausschöpfungsquote für ein Restaurant erhält man zum Beispiel durch die
Division des Gesamtvolumens an Menschen im angenommen Einzugsgebiet, die potenziell im Lokal speisen, durch
die Anzahl der Restaurants in diesem Einzugsgebiet. Ergänzend geben Kennzahlensysteme aus in Betriebsvergleichen
ermittelten Richtwerten eine zuverlässige quantitative Fundierung, deren ex post Charakter jedoch keine proaktive
Maßnahmenableitung ermöglicht.
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16
Methoden einer Marketing-Planung
Szenario-Technik
3 Szenario-Tecnik
(Enno Wolf, Christopher Zerres)
3.1
Einleitung
Der Wandel des wirtschaftlichen und politischen Umfeldes auf globaler Ebene ist unumstritten. Zugleich ist eine
zunehmende Komplexität festzustellen, die es erschwert, im Sinne einer verlässlichen Planung heute solide fundierte
Entscheidungen für die zukünftige Marschrichtung zu treffen.
Immer wieder gilt es in Wissenschaft und betrieblicher Praxis, Ereignisse und besondere Entwicklungen sowie allgemeine
Trends vorauszusagen. In diesem Zusammenhang machen Experten oftmals Aussagen und tätigen Einschätzungen,
denen vielfach gefolgt wird – oder auch nicht. Selten findet man jedoch eine entsprechende Herleitung der Aussagen und
Einschätzungen beziehungsweise eine kritische Diskussion oder Reflexion der Prognosen.
Wenn auf Aussagen von Experten oder „Gurus“ hingegen Investitionen getätigt, Strukturen im öffentlichen Leben oder
in der Industrie verändert, Forschungsausgaben umallokiert oder Themen aufgegriffen werden, dann stellt sich die Frage
nach der Zuverlässigkeit und
Verlässlichkeit der vorausgesagten Szenarien. Hier geht es mitunter um weitreichende Konsequenzen und längerfristige
Entscheidungen, die oftmals auch irreversibel sein können; das Risiko eines Irrtums könnte fatale Folgen haben.
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17
Methoden einer Marketing-Planung
Szenario-Technik
Fasst man nun den Blickwinkel etwas enger und fokussiert den Blick auf die Entität der Unternehmung, dann gilt es auch
aus Unternehmenssicht, entsprechende Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen. Viele Unternehmen vernachlässigen
solche wichtigen und grundlegenden Betrachtungen und konzentrieren sich stattdessen auf die zumeist kurzfristig
orientierte Steigerung der betrieblichen Effizienz. Unternehmen, die Trends der Zukunft „verschlafen“ haben, bestehen
heutzutage oftmals nicht mehr. Prominente Beispiele sind Nixdorf, Grundig oder Braun Unterhaltungselektronik. Ganze
Branchen in Deutschland sind dafür sprichwörtliche Beispiele: Fotoindustrie, Unterhaltungselektronik, Textilindustrie,
Bergbau und Schiffbau. Alle diese Industrien haben Wandlungstendenzen zum Teil „verschlafen“ oder sind wie Letztere
nur durch massive staatliche Zuschüsse überhaupt noch existent.
Neben der Effizienzsteigerung kommt es zur Sicherung der Zukunft eines Unternehmens auch auf Produktinnovationen,
Markenmanagement, Lizenzen und Patente, Investitionen in Technologien, Standorte sowie die Entwicklung und
Anpassung von innovativen Geschäftsmodellen an. Der „schleichende Verfall“ von Geschäftsmodellen, die Entwicklung
mächtiger Wettbewerber, die Entstehung neuer Trends und Bewegungen kann von Unternehmen in Teilen im Vorfeld
erkannt und mittels strukturierter Betrachtung zukünftiger Entwicklungen identifiziert und analysiert werden; zugleich
können bei Kenntnis des Sachverhaltes Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
In diesem Zusammenhang gewinnt die Methodik der Szenario-Technik für Unternehmen – neben bestehenden quantitativen
Methoden der Trendforschung – zunehmend an Bedeutung. So gibt es in vielen Unternehmen einen Dialog zur weiteren
strategischen Entwicklung; oftmals ist dieser allerdings auf kurze Zeithorizonte begrenzt. Hier kann die Szenario-Technik
einen entsprechend positiven Beitrag leisten. Die Szenario-Technik wurde ursprünglich von dem Amerikaner H. Kahn
bei der Rand Corporation entwickelt. Zunächst fand sie im militärischen Bereich Anwendung; anschließend wurde ihr
Verwendungsbereich erweitert.
3.2
Begriffsbildung und Grundlagen
Im Nachfolgenden werden zunächst die Begriffe Szenario, Szenario-Technik sowie Ziele und Arten von Szenarien geklärt.
Anschließend wird auf die Vor- und Nachteile der Szenario-Technik eingegangen, Prinzipien der Gestaltung von Szenarien
dargestellt und Merkmale „guter“ Szenarien bestimmt. Dieser Teil mündet in einem strukturierten Ansatz zur Entwicklung
von Szenarien mit Schilderung der Grundidee sowie einer Detailbetrachtung einzelner Phasen.
3.2.1
Begriff Szenario und Szenario-Technik und Arten von Szenarien
Der Blick in die wissenschaftliche Literatur sowie in aktuelle Studien aus der betrieblichen Praxis zeigt, dass die
Begrifflichkeit zu Szenario und entsprechend zu Szenario-Technik nicht abschließend geklärt ist; dennoch lassen sich die
Begrifflichkeiten ausreichend umreißen:
• Szenario: Die aktuelle Literatur zeigt folgende Sichtweisen: Was in der Zukunft sein kann; ein Werkzeug
zur Ordnung der eigenen Wahrnehmung; systematisch entwickelte Zukunftsbilder. Kurzum: Unter einem
Szenario versteht man in breiter Definition den Entwurf möglicher Zukunftsmodelle beziehungsweise
eine konsistente Sicht auf eine mögliche Zukunft. Sie liefern keine Punktprognose, sondern umfassende
Beschreibungen und Beurteilungen von eher intuitivem und auch spekulativem Charakter.
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18
Methoden einer Marketing-Planung
Szenario-Technik
• Szenario-Technik: Die Szenario-Technik wird zur Beschreibung und Ausarbeitung sowie Diskussion
möglicher zukünftiger Situationen (Szenarien) und der Wege von heute zu diesen angewendet. Mit
ihr werden auf gegenwärtigen Kenntnissen basierend systematische und nachvollziehbare alternative
Zukunftsbilder entworfen. Unter Szenario-Technik wird im weiteren Sinne ein Prognoseverfahren
verstanden, mit dem modellhaft die Beschreibung einer langfristigen Entwicklung erfolgen kann, bei
alternativen Rahmenbedingungen und unter Unsicherheit. Zur Erkundung und Analyse zukünftiger
Entwicklungen werden dabei unterschiedliche Fälle („Szenarios“) entwickelt und durchgespielt. Die Methode
fördert also die systematische Ableitung zukünftiger Situationen als logische Folge einer Vielzahl von
Ereignissen, wobei in Schritten von der Ausgangslage vorgegangen wird.
• Ziel der Szenario-Technik: Die Szenario-Technik hat einerseits zum Ziel, zukünftige komplexe Zustände in
Form von Szenarien mit einer gewissen Zuverlässigkeit aufzuzeigen; andererseits zielt die Methode darauf ab,
den Ablauf der Entwicklung herauszustellen sowie mögliche Punkte der Entscheidung und Weichenstellung
auf dem Weg aus der Ausgangslage in die Szenarien deutlich zu machen.
• Arten von Szenarien: Man unterscheidet im Allgemeinen quantitative und qualitative Arten von Szenarien.
Beispiel für quantitative Szenarien sind die Berichte und Voraussagen des Club of Rome; die Marxsche Lehre
vom Verschwinden und Unterliegen des Kapitalismus stellt dagegen eher ein qualitatives Szenario dar. In der
betrieblichen Praxis sowie in der Wissenschaft werden oftmals Kombinationsformen von quantitativen und
qualitativen Szenarien gebildet und diskutiert. Um die Zukunft differenzierter betrachten zu können sowie
unterschiedlichste Aspekte und Wahrscheinlichkeiten besser berücksichtigen zu können, werden in der
Regel im Rahmen einer Szenario-Technik mehrere Szenarios oder Varianten von solchen entwickelt.
3.2.2
Vorteile und Nachteile von Szenario-Techniken
Die Szenario-Technik ist mittlerweile in einer Vielzahl von Fällen verwendet worden. Die Durchführung und Diskussion
der Methode hat Vor- und Nachteile zu Tage geführt, die nachfolgend kurz umrissen werden. Vorteile sind etwa:
• „Gehirn-kompatibles“ Format: Szenarien entsprechen der Art und Weise der Funktion des menschlichen
Gehirns. Sie zeichnen sich durch ein „erzählendes Format“ aus, das Bilder und Geschichten verwenden
kann. Damit ist es für sich einprägsamer. Die Visualisierung unterstützt das Verständnis.
• Divergente offene Denkweise: Eine Menge unterschiedlicher Szenarien kann die Zukunft in verschiedenen
Ausprägungen beschreiben. In diesem Zusammenhang wird die Vorstellungskraft gefordert, was zur
Erarbeitung „unvorstellbarer“ oder „unerwarteter“ Ereignisse führen kann. Es existiert als offenes Format
kein „Falsch“ oder „Richtig“.
• Komplexitätsreduktion: Im Rahmen von Szenarien kann die Komplexität zukünftiger Ereignisse oder
vernetzter Zustände vereinfacht werden; damit werden solche Zustände kontrollierbarer und greifbarer;
gleichzeitig wird eine zu starke Vereinfachung vermieden.
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19
Methoden einer Marketing-Planung
Szenario-Technik
• Kommunikationsfreundliches Format: Ein Szenario ist vom Ansatz her einfach zu verstehen und zu
diskutieren. In diesem Zusammenhang können Szenarien in Organisationen diskutiert und analysiert
werden, was den Prozess der Entscheidungsfindung unterstützen kann.
Entsprechend können auch Nachteile von Szenarien beziehungsweise der Verwendung der Szenario-Technik
herauskristallisiert werden:
• Unsicherheit im Entscheidungsprozess: Die Verwendung der Szenario-Technik gibt keine klare Antwort
in Bezug auf die Entwicklung zukünftiger Ereignisse. Damit fehlt die Sicherheit, die in der Regel einem
Entscheidungsprozess in großen Teilen zu Grunde liegt. Szenario-Planung und -Bestimmung ist ein
wesentlich anspruchsvollerer Prozess als der einer traditionellen Planung.
• Gegensatz zur Einfachheit in der Steuerung: Szenarien und Szenario-Technik sind nicht unbedingt im
Einklang mit der erwarteten Szenerie von Entscheidern, die vielfach eine klare Antwort zu bestimmten
Fragestellungen erwarten. Klassischer Ansatz ist es, komplexe Sachverhalte in kleinere Portionen zu
unterteilen, die allesamt eindeutig zu beantworten sind. Nicht so im Rahmen von Szenarien; hier ist eine
holistische Betrachtung – ein andersartig methodisch und strukturierter Ansatz der Planung von Relevanz –
der traditionellen Methoden nicht entsprechen muss. Dies kann Entscheider überfordern.
• „Softe“ Methode und Antworten: Szenarien sind oftmals qualitativ (auch wenn es quantitative Szenarien
gibt). Sie basieren auf Intuition, Expertenwissen und dem Einsatz von Argumenten und Kausalketten.
Diese Tatsache steht im Konflikt zum oftmals sehr zahlenorientierten Hintergrund vieler Unternehmen und
Unternehmenskulturen.
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Methoden einer Marketing-Planung
Szenario-Technik
• Zeiteinsatz: Manager haben grundsätzlich ein Zeitproblem. Die oftmals in Arbeitsgruppen und Workshops
erarbeiteten Aussagen sowie deren Interpretation und Konkretisierung in konkrete Szenarien erfordert
ein überaus beachtliches Ausmaß an Zeit, was abschreckend wirken kann. Aus diesem Grund ist es sicher
sinnvoll, die zentralen Entscheider nur in die wirklich wichtigen Momente im Rahmen der Methodik zu
involvieren.
3.2.3
Prinzipien der Gestaltung von Szenarien
Zur Gestaltung von Szenarien werden zwei Grundprinzipien der Entwicklung genannt. Zum einen vernetztes Denken,
zum anderen die Multiple Zukunft.
• Vernetztes Denken: Eine Unternehmung ist als wirtschaftliche Einheit in ein komplexes Umfeld eingebettet.
Das die Unternehmung umgebende Netzwerk nimmt – wie bereits angeklungen – stetig an Komplexität
zu. In diesem Zusammenhang versagen vielfach traditionelle Ansätze bei der Lösung komplexer
Sachverhalte. Unternehmen müssen zunehmend vernetzt denken, sich als Teil eines wesentlich größeren
Problemkontextes – ganzheitlich – begreifen.
Eine solche erweitere Denkweise wird oftmals als vernetztes Denken bezeichnet. Vernetztes Denken ist
ein Problemlösungsansatz, der auf der Idee des ganzheitlichen Denkens aufbaut. Dieses basiert auf einem
integrierenden, zusammenfügenden Denken, das eine breitere Sichtweise und größere Zusammenhänge
zulässt und deren Einflussfaktoren entsprechend berücksichtigt. Die nachstehende Abbildung zeigt eine
Reihe von Einflussfaktoren für ein Unternehmen auf (vgl. Abb. 1).
• Multiple Zukunft: Die Zukunft lässt sich in Folge des Wandels und der Komplexität immer weniger
vorhersagen. In diesem Zusammenhang – auch vor dem Hintergrund steigender Fehlprognosen – sollten
Unternehmen von heute in alternativen Zukunftsentwürfen planen. Ein diesem Ansatz folgendes Verfahren
kann als „Multiple Zukunft“ bezeichnet werden.
Staat & Politik
Gesellschaft
techn. Fortschritt
Recht
Unternehmung
nationale
Wirtschaft
Energie/
Ressourcen
Klima
Weltwirtschaft
Quelle: Zerres ( 1999), S. 69
Abbildung 1: Einflussfaktoren und Umfeldsysteme eines Unternehmens
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21
Methoden einer Marketing-Planung
3.2.4
Szenario-Technik
Merkmale „guter“ Szenarien
Für die Erstellung von Szenarien gibt es eine Reihe klassischer Merkmale, die die Qualität von Szenarien ausmachen können:
• Entscheidungsrelevanz: Szenarien sollten wertvolle Informationen zur entscheidenden Sachlage liefern.
Generische Szenarien aus dem Branchen- oder Marktumfeld sind dazu nur zum Teil in der Lage und
müssen „angereichert“ werden.
• Konsistenz: Jedes Szenario muss in sich stringent sein. Sonst kann sich das negativ auf die Glaubwürdigkeit
eines Szenarios auswirken.
• Plausibilität: Ein gewisses Maß an Realistik ist den Szenarien zu Grunde zu legen; sie müssen prinzipiell
Anforderungen der grundsätzlichen Machbarkeit genügen.
• Wahrscheinlichkeit: Jedes Szenario sollte in einem gewissen Umfang auch wahrscheinlich sein und damit
als mögliche Alternative in Betracht kommen können. Ideal wäre eine mehr oder weniger gleich starke
Verteilung der Wahrscheinlichkeiten, dann wären die Szenarien ausgewogen.
• Differenzierbarkeit: Szenarien sollten sich auch in Strukturen und Qualitäten von einander unterscheiden
lassen; damit lägen differenzierbare Ausprägungen vor. Ein bloßer Unterschied im Umfang bei Fußen auf
dem gleichen Basisszenario würde dem Anspruch der Differenzierbarkeit nicht genügen.
• Erinnerbarkeit: Szenarien sollten nach der Präsentation und Diskussion in guter Erinnerung bleiben. Daher
sollte die Anzahl von Szenarien auf ein noch nachvollziehbares Ausmaß von etwa drei bis fünf Varianten
insgesamt begrenzt werden.
• Herausforderung: Szenarien sollten für die entsprechende Unternehmung und ihre Organisation eine
wirkliche Herausforderung darstellen und keine zwangsläufige Station auf dem Weg zukünftiger
Entwicklung.
3.2.5
Einsatzbereich und Anwendungsgebiete der Szenario-Technik
Als Einsatzbereich der Szenario-Technik sind schlecht strukturierte Problemstellungen mit einem starken Gewicht
qualitativer Aspekte zu nennen; diese stehen im Allgemeinen in teilweise unklaren, intuitiven komplexen und
hochvernetzten Kontexten.
Aus dem ursprünglich militärischen Kontext heraus wird die Szenario-Technik heute für jede Art quantitativer und
qualitativer Planung von mittlerem bis langfristigem Horizont eingesetzt. Dabei kann sie in technischen, sozialen,
politischen und wirtschaftlichen Kontexten gleichermaßen Verwendung finden. Die Methode gilt als vorteilhaft im
Rahmen des klassischen Krisenmanagements. Daneben bedient sich die Futurologie ihrer; die Systemplanung integriert
ebenso diese Methode; generell findet sie schliesslich auch in der Systemtechnik bei sozio-technischen Systemen oftmals
Anwendung.
Besonders geeignet scheint sie in der betrieblichen Praxis zu sein, wenn
• das Thema hochkomplex ist und neben quantitativen Informationen eine Vielzahl qualitativer Aspekte zu
integrieren sind,
• die Zukunft im Rahmen einer Problemstellung nicht genau vorhersehbar ist und nach Bandbreiten verlangt
wird,
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22
Methoden einer Marketing-Planung
Szenario-Technik
• die Schritte der Problemformulierung und -lösung „partizipativ und kommunikativ“ mit den im Rahmen des
Prozesses Beteiligten durchlaufen werden sollen,
• Kreativität bei der Problemlösung gefragt ist und schliesslich
• ein Wissenstransfer zwischen den Beteiligten angestrebt wird.
3.2.6
Referenzmodell der zukunftsorientierten Unternehmensgestaltung
Die Entwicklung von Szenarien hat für ein Unternehmen grundlegende Bedeutung. So wird zum einen die Geschäftsstrategie
eines Unternehmens insgesamt beeinflusst, wofür globale Strategien entwickelt werden können. Szenarien können
etwa im Rahmen der Durchführung in Funktionen eines Unternehmens – wie beispielsweise dem Marketing mit
konkreten Fragestellungen – entsprechende Aussagen und Leitstrategien als Folge einer Auswertung zur Produktpolitik,
Markenpolitik etc. liefern.
Mit Hilfe des nachfolgenden Referenzmodells einer zukunftsorientierten Unternehmensführung kann erklärt werden,
welchen Beitrag Szenarien für die Entwicklung eines Unternehmens haben können.
• Szenario-Ebene: Auf dieser Ebene wird die Zukunft im Rahmen der Szenario-Technik in Form alternativer
Zustände (Szenarien) formuliert. Dabei werden Entwicklungen von Technologien, Märkten, Wettbewerb
sowie weiter gefasste Einflussgrößen berücksichtigt. Hier werden Szenarien mit Chancen und Risiken
hinterlegt sowie grobe Leitlinien für eine Strategie entwickelt, die die Szenarien entsprechend berücksichtigt.
• Strategie-Ebene: Auf dieser Ebene findet die klassische Entwicklung der Strategie eines Unternehmens statt,
die unter stringenter Verwendung der Szenario-Technik und anderer Techniken versucht, Antworten auf
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23
Methoden einer Marketing-Planung
Szenario-Technik
mögliche Zukunftszustände zu liefern. Insgesamt kann die globale Strategie in Produkt-, Technik-, Marken-,
Personal- und Geschäftsstrategie aufgespalten werden (um nur einige prominente Komponenten zu nennen).
Die Globalstrategie sowie die Teilstrategien liefern Implikationen für Organisation und Prozesse, welche
entsprechend auszurichten sind.
Prozess-Ebene: Auf der Prozess-Ebene werden Aufbau- und Ablauforganisation strategiekonform ausgerichtet. Dabei
werden Abläufe sowie eine klassische Organisation in den Vordergrund der Betrachtung gestellt und konkretisiert. Hier
erfolgt eine kontinuierliche Optimierung der Prozesswelten im Sinne kontinuierlicher Effizienzverbesserung.
System-Ebene: Um komplexe Prozesse und Aufbauorganisationen für eine Vielzahl von Kunden transparent zur Verfügung
zu stellen, bedarf es heutzutage immer mehr der Unterstützung von IT-Systemen. Durch diese werden – wo sinnvoll –
Prozesse automatisiert und sukzessive weiter optimiert. Daraus entstehen im Laufe der Zeit ganze Branchenlösungen,
oftmals mit Standards. Dies kann wieder Implikationen auf die Szenarienebene haben.
Die folgende Abbildung illustriert die Ebenen, auf denen sich die stufenweise Entwicklung von Unternehmen vollzieht
(vgl. Abb. 2).
Szenarioebene
Strategieebene
Ausgangssituation
eitlinie
n
ie als L
Strateg liche Handel
täg
für das
Leitbild
Prozessebene
Systemebene
Quelle: Nach Gausemeier (2004)
Abbildung 2: Referenzmodell Szenarioentwicklung
An diesem generischen Modell wird deutlich, wie Szenarien auf der vorgelagerten Szenario-Ebene helfen, Leitstrategien
und Maßnahmen für Unternehmen zu generieren sowie Funktions- beziehungsweise Geschäftsbereichsstrategien zu
konkretisieren, was sich sukzessive Ebene für Ebene in ein Unternehmen über Strategie-Ebene in Prozesse und Organisation
(Prozess-Ebene) sowie final in die IT-Systeme (System-Ebene) eines Unternehmens im Sinne einer Kaskade stufenweise
konkretisiert.
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24
Methoden einer Marketing-Planung
3.2.7
Szenario-Technik
Grundidee und Phasenmodell der Szenarienentwicklung
Der „Blick in die Zukunft“ mit Hilfe der Szenario-Technik vollzieht sich im Rahmen eines strukturierten Ansatzes. In
der einschlägigen Literatur wird eine Vielzahl von Vorgehensmodellen beschrieben, die allesamt einer gemeinsamen
Grundidee folgen, die nachfolgend umrissen wird. Anschließend wird im Rahmen eines Phasenansatzes die schrittweise
Abarbeitung vom Ist-Zustand hin zum Szenario aufgezeigt: Im Prinzip erfolgt die Erarbeitung von Szenarien zunächst auf
Basis einer Situationsanalyse. Hier werden der aktuelle Zustand, Beziehungen zur Umgebung, Vernetzungen der Systeme
mit der Umwelt, Einflussfaktoren, Stärken, Schwächen und Regelkreise zunächst erfasst. Insgesamt gilt es, die zentralen
Einflussfaktoren einer Situation zu ermitteln.
Basierend auf den Erkenntnissen der Ausgangslage werden mögliche, neu auftretende Entwicklungen sowie
verschwindende Faktoren betrachtet und deren mögliche Auswirkungen auf die Ausgangslage, den Ist-Zustand diskutiert.
Hier gilt es insbesondere, Vernetzungen und gegenseitige Abhängigkeiten zu bestimmen und Modelle zu entwickeln, die
Zusammenhänge beschreiben können (Vernetzung Schlüsselfaktoren). Daraus werden final plausible Szenarien entwickelt,
die auf Konsistenz hin untersucht werden. Hier werden unterschiedliche Varianten in Schlüsselfaktoren diskutiert und
in Szenarien voneinander abgegrenzt.
Im Ergebnis gilt es, aus Sicht eines anwendenden Unternehmens für die einzelnen Szenarien Leitstrategien zu entwickeln.
Somit kann zukünftigen möglichen Entwicklungen bereits heute durch gewisse Lenkung entsprochen beziehungsweise
entgegengewirkt werden. Aus Unternehmenssicht können als Folge der Leitstrategien konkrete Maßnahmen in Bezug auf
Investitionsverhalten, Produkt- und Markenpolitik, Expansions- und Internationalisierungsansätze und Beschaffungspolitik
über einen längeren Zeitverlauf hin bestimmt werden. Je nach Eintreten von Meilensteinen in der Zukunft kann die
Richtung – nach Bedarf und tatsächlicher Entwicklung – angepasst werden.
Die nachstehende Abbildung verdeutlicht illustrativ die Grundidee der Vorgehensweise (vgl. Abb. 3).
Einflussfaktoren bestimmen
Politik
Vernetzung Schlüsselfaktoren
Entwicklungsmöglichkeiten
Umwelt
Ökonomie
heute
Zukunft
heute
Zukunft
Unternehmen
Branche
Gesellschaft
Technologie
 Unternehmensumfeld
 Menge an Einflussfaktoren
Branchenumfeld
 Szenariofelder mit Schlüssel/
 Entwicklungsmöglichkeiten für
 Vernetzungsanalysen &
 Beschreibung prägnanter &
Einflussfaktoren
Bestimmung Toleranzen
Schlüsselfaktoren
verständlicher Art und Weise
(Szenarien)
Quelle: Nach Gausemeier (2004), S.56
Abbildung 3: Vom Szenariofeld zu Zukunftsszenarien
Nachfolgend wird das Vorgehen zur Erstellung von Szenarien im Rahmen eines strukturierten Phasenansatzes (4 Phasen
mit Vorphase) erläutert.
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25
Methoden einer Marketing-Planung
Szenario-Technik
• Phase 0: Szenario-Vorbereitung: In dieser vorgelagerten Phase der Szenario-Vorbereitung werden die
grundlegenden Eckpfeiler der Untersuchung festgelegt. Hier werden das Untersuchungsfeld sowie die
grundlegenden Einflussfaktoren bestimmt. Insbesondere erfolgen die Bestimmung einer Plattform für
die Erstellung von Szenarien, die Bestimmung der Zielsetzungen des Vorhabens sowie die Auswahl von
Gestaltungs- und Szenariofeld. Im Allgemeinen werden aus Unternehmenssicht nicht nur unmittelbare und
mittelbare Aspekte berücksichtigt (wie Marktentwicklung, Branchentrend etc.), sondern auch politische,
rechtliche und gesellschaftliche Aspekte. Sie können einen maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft eines
Unternehmens sowie seiner Rahmenbedingungen haben.
Erstellung Szenarien
Rückkopplung
Die nachstehende Abbildung fasst das Phasenmodell der 4 Hauptphasen mit Vorphase zusammen (vgl. Abb. 4).
Phase 0
Szenario Vorbereitung
Phase 1
Szenario Analyse
Szenario Plattform, Definition
Zielsetzung, Gestaltungs- &
Szenariofeld
Schlüsselfaktoren
Phase 2
Szenario Prognostik
Zukunftsprojektion
Phase 3
Szenario Bildung
Szenarien
Phase 4
Szenario Transfer
Strategische Handlungsoptionen, Strategien
Quelle: Nach Gausemeier (2004)
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Abbildung 4: Phasenmodell der Szenario-Entwicklung
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26
Methoden einer Marketing-Planung
Szenario-Technik
Die nachstehend beschriebenen Phasen 1 bis 3 beinhalten maßgeblich die Erstellung von Szenarien und bilden damit
den Kern der Methode:
• Phase 1: Szenario-Analyse: Im Rahmen der Szenario Analyse werden unter anderem Indikatoren zur
Beschreibung wesentlicher Einflussgrößen festgelegt. Ziel ist es in dieser Phase, durch einen bewusst breiten
Blickwinkel unter Einnahme einer möglichst differenzierten Sichtweise die wesentlichen Einflussgrößen, das
heißt Schlüsselfaktoren, für eine Problemstellung herauszukristallisieren. Hier werden Faktoren gebündelt,
gruppiert sowie in einen gegenseitigen Zusammenhang gestellt. Indikatoren sind im Allgemeinen Größen,
die Einflussfaktoren messbar und bestimmbar machen helfen. Grundsätzlich macht die Bestimmung
zentraler Einflussgrößen in der betrieblichen Praxis Schwierigkeiten. Hier können – sofern vorliegend –
Vergangenheitsdaten hinzugezogen werden; statistische Methoden können helfen, Zusammenhänge zu
ermitteln (etwa durch Korrelationsbetrachtungen, Cross-Impact-Untersuchungen). Insgesamt ist es für die
Erstellung von Szenarien hilfreich, wenn grundlegende Zusammenhänge ermittelt und in Teilen quantifiziert
werden können. Zumindest müssen Aussagen über die Stärke der Abhängigkeiten von Einflussgrößen und
Indikatoren vorliegen, damit der Aussagegehalt der Szenarien optimiert werden kann. Im Idealfall werden
Faktoren klassifiziert und in Rangreihen nach Einflusspotenzial priorisiert.
• Phase 2: Szenario-Prognostik: Im Rahmen dieser Phase werden mögliche Ausprägungen und Entwicklungen
zentraler Einflussgrößen geschätzt. Ziel ist es, einzelne Zukunftsprojektionen abzuliefern, die anschließend
in Szenarien transponiert und konkretisiert werden können. So kann zur Vorhersage einzelner Trends
etwa die klassische Form der Trendextrapolation Verwendung finden. Für längerfristige Vorhersagen
gelangen die klassischen Methoden allerdings – wie bereits eingangs beschrieben – an ihre Grenzen.
Hier können ergänzend Delphi-Befragungen Verwendung finden, um Bandbreiten für Entwicklungen
zu ermitteln. Möglich ist in diesem Zusammenhang die Variante der Erhebung von Expertenmeinungen
zur Konkretisierung von Entwicklungslinien der Einflussfaktoren. Die Einflussgrößen, ihre teilweisen
Entwicklungen, das Zusammenwirken sowie die gegenseitigen Abhängigkeiten sind so komplex, dass die
Veränderung der Größen nicht mit absoluter Sicherheit vorausgesagt werden können. Man behilft sich
daher mit Spektren in der Entwicklung einzelner Faktoren, was in ihren Extremen zu den Eckpunkten von
Extremszenarien innerhalb des Szenariofilters führt.
• Phase 3: Szenario-Bildung (Synthese): Im Rahmen dieser Phase kommt es zur Entwicklung mehrerer
Zukunftsbilder. Ziel ist es, in sich schlüssige Zukunftsbilder zu formulieren und verbal darzustellen.
Dabei sind bestimmte Zustände in der Zukunft zu bestimmten Zeitpunkten zu beschreiben. In diesem
Zusammenhang bilden die bereits herausgearbeiteten Einflussfaktoren wesentliche Eckpunkte mit ihren
jeweiligen möglichen Ausprägungen. Die Kombination und Veränderung einzelner Ausprägungen
führt zu verschiedenen möglichen Szenarien, den eigentlichen Zukunftsbildern. Zur Absicherung der
Szenarienkorridore werden auch mögliche störende Ereignisse oder Einflüsse – so gut wie möglich –
entsprechend antizipiert. Im Rahmen einer klaren und stringenten Ergebnissicherung werden die Szenarien
bildlich visualisiert und im Detail formuliert. Damit steigt die Möglichkeit, konkret über Strategien
nachzudenken und Maßnahmen abzuleiten, was in der nächsten Phase erfolgt.
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27
Methoden einer Marketing-Planung
Szenario-Technik
• Phase 4: Szenario-Transfer (sowie Maßnahmenableitung): Nach Abschluss der Bildung von Szenarien
können diese einer strukturierten und auswertenden Diskussion unterzogen werden. Ziel ist es, die
Übertragung von Szenarien auf die Prozesse der Entscheidung eines Unternehmens im Rahmen der
strategischen Unternehmensführung zu vollziehen. Die Diskussion von Szenarien bereitet in der
betrieblichen Praxis Schwierigkeiten, weil Szenarien komplex sind und immer auch ein gewisses Maß
an Unschärfe beinhalten. Die Herausforderung besteht nun in der Entwicklung von Leitstrategien für
die einzelnen Szenarien, die erwünscht beziehungsweise unerwünscht sein können. Je nachdem ist eine
strategische Roadmap zu bestimmen, die mit Maßnahmen und Meilensteinen hinterlegt wird. Je nach
Entwicklungsrichtung und dem Erreichen von Meilensteinen kann ein Unternehmen korrektiv oder
antizipativ eingreifen. Da die Zukunft nicht voraussagbar ist, werden Szenarien oftmals mit Hilfe eines).
Extremszenario
Entwicklungswege
beeinflusstes Szenario
Trend Szenario
Extremszenario
Gegenwart
Zukunft
Abbildung
Quelle: Nach Geschka & Hammer (1990),
S.315
5: Szenario-Trichter
Quelle: Nach Geschka & Hammer (1990), S.315
Innerhalb des Trichters gibt es Extremszenarien sowie ein Trendszenario. Das Trendszenario wird theoretisch etwa dann
erreicht, wenn sich alle Faktoren, linear ohne jegliche Störereignisse weiterentwickeln würden. Dies ist in der betrieblichen
Realität allerdings kaum möglich, man denke allein an unberechenbare Faktoren, wie Rohstoffpreise, Faktorkosten
oder Inflation. Ein Unternehmen kann nach erfolgreicher Durchführung einer Szenario-Technik zur Flankierung
der Strategieentwicklung mitunter schneller und bewusster auf Veränderungen und störende Einflüsse reagieren als
Wettbewerber ohne entsprechende Vorbereitung.
Unterstützung kann das gesamte Vorhaben durch ein Monitoring-System für quantifizierbare Faktoren finden; hier werden
kontinuierlich zentrale quantifizierte Einflussgrößen in ihrer Entwicklung betrachtet.
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28
Methoden einer Marketing-Planung
Delphi-Technik
4 Delphi-Technik
(Enno Wolf, Christopher Zerres)
4.1
Einleitung
Zur Verringerung der Ungewissheit sowie zur Lösung komplexer Probleme werden heute im Rahmen der betrieblichen
Planung in vielen Funktionsbereichen eines Unternehmens – vor allem auch im Marketing – sowohl qualitative als auch
quantitative Prognosetechniken eingesetzt. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass das Fehlen strukturierter historischer
Daten, das Auftreten unerwarteter Störfaktoren beziehungsweise von Struktureinbrüchen sowie auch der wachsenden
Komplexität der ökonomischen Problemstellungen und der Vielschichtigkeit globaler Zusammenhänge insgesamt die
Aussagekraft quantitativer Prognosetechniken stark vermindert haben. Die bisher oftmals erfolgte „einfache“ Extrapolation
bisheriger Trends ist damit nicht mehr so vermeintlich „sicher“ wie früher. Gleichzeitig ist in diesem Zusammenhang
eine zunehmende Bedeutung qualitativer Prognosetechniken zu beobachten, die eher auf subjektive Einschätzungen der
Zukunft hin abzielen. Zu diesen Methoden gehört auch die Delphi-Technik, die in den fünfziger Jahren von Gordon und
Helmer, Wissenschaftlern der amerikanischen Rand Corporation, entwickelt worden ist. Sie erfreut sich gerade in letzter
Zeit wieder zunehmender Beliebtheit unter Managern, speziell auch Marketing-Experten.
Zur Lösung von Problemen gibt es im Allgemeinen eine Vielzahl von Methoden, die sich auf unterschiedliche Art und
Weise klassifizieren lassen. Teilt man diese etwa ihrer Funktion nach ein, so können zum Beispiel Aufbereitungs-, Prognose-,
Such-, Simulations-, Bewertungs- und Managementmethoden unterschieden werden. Unter den Prognosetechniken
rangieren neben der Delphi-Technik etwa Kreativitätstechniken, Cross-Impact-Methode, Trendanalyse, Szenario-Technik,
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29
Methoden einer Marketing-Planung
Delphi-Technik
Netzplantechnik und Simulation.
Viele Prognoseverfahren basieren in unterschiedlichem Ausmaß auf Vergangenheitsdaten, welche in der betrieblichen
Praxis allerdings nicht immer vorliegen. Dies ist insbesondere in kreativen und innovativen Kontexten von Nachteil,
wenn es um die Entwicklung neuer Konzepte geht beziehungsweise um die Vorhersage zukünftiger Entwicklungen. Die
Delphi-Technik – als ein prominenter Vertreter der Prognosetechniken – eignet sich besonders für Anwendungsfälle
mit den folgenden Merkmalen:
• Die Problemstellung ist eine hochkomplexe innovative Aufgabenstellung.
• Die Mehrzahl der Gestaltungsfragen ist nicht mittels eines deterministischen Ansatzes eindeutig
für sich zu lösen.
• Die möglichen Optionen des Designs stehen weitgehend fest.
Zentrale Aspekte für die konkrete Verwendung der Delphi-Methode sind die Auswahl der Experten, die Erstellung des
Fragebogens, die Bestimmung des Vorgehens und die Auswertung der Ergebnisse.
4.2
Begriffsklärung und Stellenwert
Zur Delphi-Methode gibt es mittlerweile eine Vielzahl unterschiedlichster Definitionen. TIMPE & ZANGEMEISTER
(1995) beispielsweise verstehen unter der Delphi-Technik „ein systematisches Verfahren zur Befragung von Experten
über die Wahrscheinlichkeit des Eintrittes vorausschaubarer Ereignisse.
In der einschlägigen Literatur kristallisieren sich nach HÄDER (2000) bei einer Vielzahl von Studien in Bezug auf die
Begriffsbildung zwei Standpunkte heraus: Zum einen wird die Delphi-Methode aufgefasst als ein Werkzeug, mit dem
Gruppenmeinungen besser erfasst und Gruppendiskussionen besser strukturiert werden können; zum anderen wird
die Methode hinsichtlich ihres Beitrages zur Lösung von Problemen hervorgehoben. Nahezu allen Definitionen der
Delphi-Methode scheint eine Idee zu Grunde zu liegen: Nach HÄDER (2000) besteht diese darin, in mehreren Runden
Expertenmeinungen zur Problemlösung zu nutzen und in diesen Prozess ein anonymes Feedback einzubauen.
Zusammenfassend kann demnach die Delphi-Methode als ein intuitives Prognoseverfahren aufgefasst werden, das
unterschiedlichste Anliegen verfolgen kann. Für die betriebswirtschaftliche Perspektive – und insbesondere auch für
das Marketing – ist sie als „Methode der strukturierten Gruppenbefragung vor allem hinsichtlich ihrer prognostischen
Potenziale von Interesse. Sie lässt sich in die Theorienkomplexe zu Entscheidungsfindung und Informationsgewinnung
einordnen.
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30
Methoden einer Marketing-Planung
Delphi-Technik
Die nachstehende Abbildung stellt wesentliche Anwendungsfelder dar (vgl. Abb. 1).
Entwicklung
von Wissenschaft
und Technik
allgemein
Gesundheitswesen
Politik
DelphiBefragung
Allgemeine
betriebswirtschaftliche
Anwendungen
Telekommunikation
Bildungswesen
Tourismus
Quelle:Eigene Darstellung, inhaltlich nach Häder (2000), S.13f.
Abbildung 1: Anwendungsgebiete der Delphi-Methode
In Wissenschaft und betrieblicher Praxis hat die Delphi-Methode sich inzwischen zu einem international
verwendeten Verfahren entwickelt. Ihre Anwendungsmöglichkeiten haben sich vervielfältigt, womit eine
zunehmende Variantenvielfalt korreliert. Während die Methode ursprünglich hauptsächlich zur Vorhersage
langfristiger Prognosen in den Bereichen Technik und Wissenschaft verwendet wurde, dient sie mittlerweile
auch zur „policy formation" und dabei speziell zur Entscheidungsfindung.
4.3
Merkmale
Obwohl es in Wissenschaft und Praxis unterschiedliche Varianten der Delphi-Methode gibt, besitzen sie
elementare Gemeinsamkeiten, die wegen ihrer Wichtigkeit für die vorliegende Darstellung weiter ausgeführt
werden sollen. Diese bestehen im Wesentlichen darin, dass
• eine nach Kriterien ausgewählte anonym bleibende Expertengruppe
• in bestimmter Form mehrstufig befragt wird und
• durch eine Rückkopplung der Ergebnisse eine Annäherung zwischen den Aussagen erreicht werden kann.
Expertengruppe: Der Expertenbegriff ist dabei weit gefasst. Gemeint sind entweder Personen, die im fraglichen Fachgebiet
forschen, oder solche, die in diesem beruflich aktiv sind. Die Experten sind als Gruppe aufzufassen, weil sie mit ihrem
Wissen und ihrer Autorität an der Lösung eines Problemes beziehungsweise der Klärung einer Fragestellung gemeinsam
beteiligt sind. Grundsätzlich sind im Vorfeld Größe und Struktur der Gruppe und die verwendeten Auswahlkriterien
festzulegen.
Anonymität: Die Anonymität ist wesentlicher Bestandteil des Verfahrens und soll gruppenkonformes Verhalten von
Gutachtern sowie einen möglichen "Gesichtsverlust" bei Änderungen der Einschätzungen verhindern. Sie wird durch die
Verwendung von Fragebögen gewährleistet; die Gutachter bleiben bei der Beantwortung der Fragen jeweils für sich und
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31
Methoden einer Marketing-Planung
Delphi-Technik
geben ihr Urteil isoliert voneinander ab.
Sämtliche individuellen Aussagen aller Experten zu bestimmten Punkten werden bei der Auswertung
in einer
Gesamtaussage zusammengefasst; dies unterstützt die Anonymität zusätzlich.
Mehrstufigkeit: Die Delphi-Befragung vollzieht sich mehrstufig; das heißt, dass sie mehrere Schritte umfasst: Eine Serie von
Befragungen mündet in die Auswertung der zusammengetragenen Ergebnisse. Dieser Mehrstufigkeit liegt die Hypothese
eines Lernprozesses zu Grunde, bei dem jede Runde den Wissensstand der Experten erhöht. Die Anzahl der Runden
hängt unter anderem vom Erkenntnisstand über das fragliche Gebiet ab, wobei zwei bis vier Runden Erfahrungswert sind.
Beim ersten Durchlauf werden noch ziemlich pauschal Meinungen erfragt, im weiteren Verlauf der Untersuchung wird
gefordert, zu einzelnen Aussagen konkreter Stellung zu beziehen.
Gruppenurteile und Rückkopplung: Rückkopplung bedeutet, dass die jeweiligen Ergebnisse der Vorrunde den Experten
zu Beginn des neuen Durchlaufs vorgelegt werden, damit diese die geäußerten Meinungen überdenken können; dabei
werden im Standardmodell nur solche Informationen „rückgekoppelt“, die sich unmittelbar aus der Vorrunde ergeben. Das
Spektrum der individuellen Einschätzungen kann dann mit Hilfe von in der Praxis zur Ermittlung von Gruppenurteilen
üblicherweise verwendeten statistischen Maßzahlen, wie Median M und Quartile Q(25%) und Q(75%), beschrieben
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werden. Diese Verfahrensweise ist praktikabel und für die Experten gut nachzuvollziehen.
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32
Methoden einer Marketing-Planung
4.4
Delphi-Technik
Zielsetzungen
Nach HÄDER (2000) sind wesentliche Zielsetzungen von Delphi-Befragungen die Ideenaggregation, die
möglichst exakte Vorhersage eines unsicheren Sachverhaltes, die genaue Ermittlung der Ansichten einer Gruppe
von Experten zu einem Sachverhalt und die Konsensbildung unter Teilnehmern. Die folgende Abbildung fasst
diese graphisch zusammen (vgl. Abb. 2):
Ideenaggregation
Vorhersage
eines Sachverhaltes
Ermittlung
Expertenansichten
Konsensbildung
Delphi-Befragung
•
•
•
•
•
Befragung von Experten
Mehrstufigkeit der Untersuchung
Ermittlung einer Gruppenmeinung
Rückkopplung der Ergebnisse
Anonymität
D
Je nach Zielsetzung der DelphiBefragung variieren Anforderungen an die
Expertenauswahl
Quelle: Eigene Darstellung, inhaltlich nach Häder (2000), S. 2f.
Abbildung 2: Zielsetzungen von Delphi-Befragungen
Die Ermittlung von Expertenansichten ist diejenige Zielsetzung, die nach neueren Erkenntnissen wohl auch am häufigsten
angewandt wird. Bei ihr werden die Expertenmeinungen auch einer Quantifizierung unterzogen, die zu Ergebnissen führt,
welche ihrerseits wieder Schlussfolgerungen auf zu treffende Entscheidungen erlauben.
4.5
Varianten
Bei der Delphi-Technik bestehen Variationsmöglichkeiten im Hinblick auf die Grösse sowie die Struktur der
Expertengruppe.
Grösse der Expertengruppe: Bei dieser Variante können sowohl Totalerhebungen mit sehr großen Gruppen
durchgeführt als auch – mittels einer bewussten Auswahl – Experten selektiv bestimmt werden. Dabei ist es
wichtig, eine ausreichende Gruppengröße zu bestimmen und Zufallsstichproben zu vermeiden. Experimentell
konnte gezeigt werden, dass mit zunehmender Größe Fehler in Form von Gruppenirrtümern abnehmen und die
Zuverlässigkeit der Urteile steigt. In der einschlägigen Literatur wird auf Grund empirischer Untersuchungen
vorgeschlagen, als Mindestmenge in einer Delphi-Befragung sieben Experten zu wählen; daneben werden auch
zehn bis zwölf Experten empfohlen.
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33
Methoden einer Marketing-Planung
Delphi-Technik
Struktur der Expertengruppe: In dieser Variante der Delphi-Technik ist neben der Größe der Expertengruppe
auch ihre Struktur von entscheidender Bedeutung für die Qualität der Ergebnisse, wobei nach HÄDER (2000)
das inhaltliche Fachgebiet und die Herkunft aus bestimmten Bereichen (Wissenschaft, Unternehmen, öffentliche
Einrichtungen) eine wichtige Orientierung bieten. Bei vielen Studien, die die Delphi-Methode anwenden,
wird eine ausgewogene Mischung der Experten angestrebt. Das Normalverfahren geht davon aus, dass die
Experten über ein gleich hohes Maß an Fachkenntnissen und Urteilsvermögen verfügen.
4.6
Kritische Würdigung
Als offensichtliche Vorteile der Delphi-Technik lässt sich festhalten, dass mit ihrer Hilfe:
• Informationen effizient gewonnen werden können, indem eine größere Gruppe von Experten ihre Autorität,
ihre Erfahrungen und ihr Wissen mit einbringen;
• Aussagen dadurch präzisiert werden können, dass während des Vorgangs die Experten weiter lernen und
ihre Urteile überprüfen können;
• die positiven Effekte, die von einer Gruppenleistung ausgehen unter Ausschluss der teilweise negativen
Dynamik einer Gruppe, wie beispielsweise des Hanges zur Konformität, ausgenutzt werden können.
Diese Vorzüge ermöglichen, dass
• eine Reihe miteinander verbundener Variabler und multidimensionaler Merkmale erfasst und betrachtet
werden, die vielfach für komplexe Problemstellungen charakteristisch sind;
• Problemstellungen, die bisher wenig oder gar nicht durchdrungen sind und für die kaum
Entscheidungsdaten vorliegen, untersucht werden.
Als Haupt-Kritikpunkte werden in der Literatur oftmals genannt:
• situationsspezifische Faktoren erschwerten eine standardisierte Anwendung;
• der Prozess sei unzureichend strukturiert;
• die Frage nach der Zusammensetzung der Gruppe sei unzureichend geklärt, weil es keine Stringenz bei den
Auswahlkriterien gebe;
• die Einschätzung von Spezialisten habe unter Umständen entscheidenden Einfluss auf die Wertigkeiten
einzelner Aussagen;
• der Austausch zwischen den Teilnehmern fehle ganz oder sei begrenzt und
• die Ergebnisse seien begrenzt verlässlich.
Trotz dieser Schwachstellen besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Delphi-Technik einen umfassenden Beitrag
zur Entscheidungshilfe sowie zur Erstellung von Prognosen und der Lösung komplexer Probleme liefert. Sie wird als
wissenschaftliches Instrument zur Erfassung von Daten (Meinungen) verstanden. So konnte sie sich in unterschiedlichsten
Problemstellungen durch ihre Ergebnisse profilieren. Auch im Vergleich mit anderen Verfahren, wie der Befragung von
statistischen Gruppen oder der unstrukturierten Kommunikation innerhalb eines Gruppengespräches, hat sich die DelphiMethode bewährt. Grundsätzliche Zweifel am Funktionieren des Delphi-Ansatzes finden sich in der neueren Literatur
nicht mehr.
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34
Methoden einer Marketing-Planung
SWOT-Analyse
5 SWOT-Analyse
(Marc Rufo, Christopher Zerres)
5.1
Grundgedanke
Problemerkenntnis beginnt mit einer realistischen Einschätzung unternehmensinterner Stärken und Schwächen in
Verbindung mit unternehmensexternen Chancen und Risiken. Die SWOT-Analyse (Analysis of Strengths, Weaknesses,
Opportunities and Threats) führt hierbei die wesentlichen Ergebnisse der Analyse der internen Fähigkeiten des Unternehmens
(Stärken und Schwächen) mit denen der Analyse der externen Einflussfaktoren (Chancen und Risiken) zusammen. Allgemein
gilt es bei der Anwendung der SWOT-Analyse, nach Beschaffung und Selektion entscheidungsrelevanter Informationen,
komplexe Strukturen zu abstrahieren und zu quantifizieren, um Ressourcen effektiv zur Erkenntnisgewinnung zu
nutzen. Dabei sind neben der inhaltlichen Konzeption der Analyse vor allem auch anwendungsorientierte Probleme zu
berücksichtigen, wie zum Beispiel beim Umgang mit möglicherweise opportunistischem Verhalten der Mitarbeiter, die
den erreichten Status quo erhalten möchten (vgl. Johnson, Scholes und Whittington 2004).
Hier sind eine funktionsübergreifende Teamarbeit und eine entsprechende Informationszusammenführung, eine klare
Definition des Analysegegenstandes sowie die Einnahme einer kundenorientierten Perspektive wichtige Vorraussetzungen
für einen erfolgreichen Einsatz der Analysen.
Ziel der SWOT-Analyse ist es zu ermitteln, ob eine gegenwärtige Unternehmensstrategie in Bezug auf spezifische Stärken
und Schwächen geeignet, ausreichend und relevant erscheint, um auf die Veränderungen in der Unternehmensumwelt
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35
Methoden einer Marketing-Planung
SWOT-Analyse
effizient reagieren zu können. Mögliche strategische Basis-Implikationen können daraufhin die Verbindung von
Stärken mit Chancen (Matchingstrategie), die Umwandlung von Schwächen und Risiken zu Stärken und Chancen
(Umwandlungsstrategie) oder die Eliminierung von Risiken und Schwächen (Neutralisationsstrategie) sein (vgl. Homburg
1998). Zur strukturierten Problemerkenntnis soll zunächst mit einer Analyse des Unternehmensumfeldes begonnen
werden.
5.2
Umweltanalyse (externe Chancen und Risiken)
Der Umweltanalyseteil der SWOT-Analyse identifiziert die Chancen und Risiken, die sich für das Unternehmen aus
Trends und Veränderungen der externen Umweltfaktoren ergeben. Als derartige externe Faktoren im Sinne der SWOTAnalyse sind dabei alle diejenigen anzusehen, auf die das Unternehmen selbst keinen direkten Einfluss hat, wie zum
Beispiel die politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen, die makroökonomische Situation, das kulturelle Umfeld, aber
auch branchenspezifische Faktoren, wie etwa der Markteintritt eines (internationalen) Konkurrenten. Eine derartige
Umweltanalyse ist, im Rahmen eines strategisch orientierten Marketing, als ein kontinuierlicher Prozess zu verstehen,
wobei aufgrund der Evolution der Umwelt sowie der Unternehmung selbst dieser laufend erweitert und gegebenenfalls
revidiert werden muss. Im Unterschied zur Stärken-Schwächen-Analyse wird bei der Chancen-Risiken-Analyse die
absolute Marktsituation in einer Branche sowie die allgemeine Umwelt des jeweiligen Unternehmens betrachtet und nicht
allein die relative Situation des eigenen Unternehmens. Es bietet sich an, die Umweltanalyse in eine globale Umweltanalyse
sowie in eine Branchenanalyse zu gliedern.
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36
Methoden einer Marketing-Planung
5.2.1
SWOT-Analyse
Analyse der globalen Unternehmensumwelt
In einer Analyse der globalen Umwelt werden grundsätzlich natürliche, demographische, soziokulturelle, politischrechtliche, makroökonomische und technologische Faktoren betrachtet (vgl. Homburg und Krohmer 2003). Insbesondere
bei internationalen Markteintritts- und Standortentscheidungen spielen die Gegebenheiten der globalen Umwelt oftmals
eine entscheidende Rolle. Aus einer prinzipiell unüberschaubaren Fülle von Faktoren und Einflusskräften müssen die
für die Strategieformulierung bedeutsamsten selektiert und nach ihrer Relevanz für die zukünftige Entwicklung des
Unternehmens strukturiert werden. Die grundsätzlich breit angelegte globale Umweltanalyse sollte dabei möglichst alle für
das Unternehmensziel relevanten Trends und deren mögliche Auswirkungen erfassen. Für die externe Analyse stehen eine
Reihe von Modellen zur Verfügung. Eines der gebräuchlichsten Modelle ist hier PEST(LE). Es untersucht die politischen
(political), wirtschaftlichen (economical), sozio-kulturellen (socio-cultural), technologischen (technological), rechtlichen
(legal) und ökologischen (ecological) Einflussfaktoren und Trends. Entsprechend des untersuchten Marktes variiert die
Relevanz der betrachteten Faktoren. Einige wichtige davon sollen im Folgenden vorgestellt werden(vgl. Abb. 1):
Globale Umwelt
natürliche
technologische
Unternehmung
soziokulturelle
makroökonomische
Wettbewerbsumwelt
Politisch-rechtliche
Abbildung 1: Segmente mit Sektoren der Umweltanalyse
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Steinmann/ Schreyögg, 2000, S.162.
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37
Methoden einer Marketing-Planung
SWOT-Analyse
Pro-Kopf-Einkommen, Bruttosozialprodukt, Marktvolumen, Kaufkraft, Lohnkosten, Konjunkturprognosen oder
auch Wechselkursentwicklungen weisen oft weitreichende Wechselwirkungen mit der untersuchten Branche und den
Geschäftsfeldern auf und stellen somit einen wichtigen Grundpfeiler der wirtschaftlichen Umweltanalyse dar. Die
politisch-rechtliche und die wirtschaftliche Sphäre sind auf so vielfältige Weise miteinander verflochten, dass keine
strategische Analyse darauf verzichten kann, diese auf die Entwicklung der Märkte hin zu untersuchen. Dabei müssen
neben einer stetigen Aktualisierung nationalen Rechtes, internationales Recht, Handelsabkommen, Liberalisierungsund Privatisierungsprozesse oder auch politisches Risiko mit in die Analyse einfließen. Die Analyse der soziokulturellen
Umwelt ist für strategische Entscheidungsvorbereitungen regelmäßig von entscheidender Bedeutung. Auf Grund des
schwer fassbaren und meist nicht quantifizierbaren Charakters der hier Relevanz aufweisenden Faktoren wird dieser
Analysebereich allerdings oft vernachlässigt. Für das Verstehen der soziokulturellen Umwelt sind demographische
Merkmale und das frühzeitige Erkennen eines sich abzeichnenden Wandels vorhandener Werte- und Orientierungsmuster
von herausragendem Einfluss; dies führt zu Segmentierungen und der (Re-)Adjustierung von Zielgruppen und
Unternehmenspositionierung. Die technologische Umweltanalyse nimmt bei den gerade aktuell weitreichenden
Veränderungen vor allem in der Informations- und Kommunikationstechnologie einen hohen Stellenwert ein und ist
somit zu einer einzigartigen Quelle für die Berücksichtigung von Chancen und Bedrohungen selbst für Unternehmen
ohne engeren Technologiebezug geworden. Unternehmen sind überwiegend an ihre natürliche Umwelt gekoppelt und
deren Analyse sowie der verantwortliche Umgang mit diesen Ressourcen erfahren im Kontext von strategischer „Social
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Corporate Responsibility“ eine besondere Bedeutung.
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38
Methoden einer Marketing-Planung
5.2.2
SWOT-Analyse
Branchenanalyse
Eine Branchenanalyse kann unter besonderer Berücksichtigung des jeweiligen Marktes, Industriezweiges oder auch Branche
für eine engere ökonomische Umwelt, nach Definition der strategischen Geschäftsfelder, durchgeführt werden. Dabei hat
sich weltweit das Fünf-Kräfte-Modell nach Porter als ein Kernelement der Branchenanalyse etabliert. Die Analyse der fünf,
auf die jeweilige Branche einwirkenden Wettbewerbskräfte:
• Bedrohung durch neue Konkurrenten,
• Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste,
• Verhandlungsmacht der Lieferanten,
• Verhandlungsstärke der Abnehmer und schließlich die
• Rivalität unter bestehenden Wettbewerbern in der Branche
soll dabei zur Entscheidungsfindung hinsichtlich der Unternehmungspositionierung und -strategie in Bezug auf diese
Wettbewerbskräfte vorbereiten (vgl. Abb. 2).
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39
Methoden einer Marketing-Planung
SWOT-Analyse
Potenzielle neue
Konkurrenten
Bedrohung durch
Lieferanten
Verhandlungsstärke der
Lieferanten
neue Konkurrenten
Wettbewerber in
der Branche,
Rivalität unter den
bestehenden
Unternehmen
Bedrohung durch
Abnehmer
Verhandlungsmacht der
Abnehmer
Ersatzprodukte und -dienste
Ersatzprodukte
Abbildung 2: Fünf Triebkräfte des Branchenwettbewerbes
Quelle: Eigene Darstellung nach Porter, 2002.
Porters Konzept beruht auf der grundsätzlichen Erkenntnis, dass sich die Strategie eines Unternehmens an seinem
Umfeld orientieren muss. Eine geeignete Wettbewerbsstrategie geht dabei von einem differenzierten Verständnis der
Branchenstruktur und der Art, wie diese sich ändert, hervor. Porter hat fünf Wettbewerbskräfte identifiziert, die
grundsätzlich in jeder Branche und in jedem Markt Wirksamkeit besitzt. Die Ausprägung dieser Kräfte bestimmt dabei
die Intensität des Wettbewerbes in einer Branche und damit Profitabilität und Attraktivität. Das Ziel der zu wählenden
Unternehmensstrategie sollte demnach in der Suche nach Möglichkeiten zur Schwächung beziehungsweise Nutzung dieser
Wettbewerbskräfte in Bezug auf das eigene Unternehmen bestehen. Porters Modell dient somit der Analyse der in der
jeweiligen Branche wirkenden Triebkräfte. Im Folgenden sollen diese Elemente der Branchenanalyse vorgestellt werden,
über die sich das Risiko-/Chancenpotenzial der einzelnen Wettbewerbskräfte dann ableiten lässt.
Für etablierte Unternehmen steigt der Wettbewerbsdruck durch die Möglichkeit eines einfachen Markteintrittes anderer
Unternehmen. Das Niveau der Bedrohung durch neue Wettbewerber lässt sich zum Beispiel an Hand von branchentypischen
Markteintrittsbarrieren bestimmen, die unter anderem strategischer (Signaling), staatlicher (Subventionen) oder struktureller
(Economies of Scale and Scope, Differenzierungsvorteile) Natur sein können. Da kritische Faktoren, wie Preisniveau,
Marktanteil, Kundenstamm und andere Basiselemente des Marktumfeldes, bei einer hohen Wettbewerbsintensität stärker
variieren, herrscht ein latenter Reaktions- und Anpassungsdruck auf die existierenden Unternehmen (vgl. Porter 1980, 1985).
Die Verhandlungsstärke der Kunden bestimmt, in welchem Maße diese Unternehmen durch Druck auf Margen und
Abnahmemengen beeinflussen können. Wichtige Indices für die Feststellung eines hohen Grades an Verhandlungsmacht der
Abnehmer sind dabei unter anderem: hohe Fixkosten der produzierenden Branche, Ersetzbarkeit der Dienstleistung durch
Substitute, einfacher und kostengünstiger Wechsel zu einer alternativen Dienstleistung in spezialisierten Branchenbereichen,
der Konzentrationsgrad der Kunden, relativ geringe Abnehmerraten und geringe Margen der Kunden, Möglichkeit der
Kunden, das Erzeugnis auch selbst herstellen zu können, Kenntnis der Kunden über die Herstellungskosten des Produktes,
Möglichkeit einer Rückwärtsintegration der Kunden, hohe Wachstumsraten des Marktes und schliesslich auch eine starke
Segmentierung/Individualisierung der Nachfrage (vgl. Recklies 2003). Langfristige Kundenbindung kann dabei oft durch
eine kontinuierliche Erweiterung des vom Kunden wahrgenommenen Produkt-/Servicewertes erreicht werden.
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40
Methoden einer Marketing-Planung
SWOT-Analyse
Die Verhandlungsstärke der Lieferanten wird vor allem dann zu einem strategischen Faktor, wenn betriebsnotwendige
Inputgrößen auf Grund einer ungünstigen Machtposition volatil werden. In Situationen, in denen zum Beispiel eine
konzentrierte Lieferantengruppe über wenige Abnehmer dominiert und der Abnehmer für den Lieferanten kein wichtiger
Kunde ist, sieht sich die abnehmende Branche meist einem hohen Margendruck durch die Lieferanten gegenüber.
Eine Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienstleistungen besteht insbesondere dann, wenn kostengünstigere oder qualitativ
hochwertigere Ersatzprodukte und -dienstleistungen bestehendes Absatzvolumen eines Marktes/Unternehmens reduziert,
wie zum Beispiel bei traditionellen Buchgeschäften das Amazon.com Geschäftsmodell. Das zukünftige Absatzpotenzial
bestehender Unternehmen wird hier einschränkt und es kommt zu einer Verschärfung der Wettbe-werbsintensität. Des
Weiteren sind Wechselwirkungen von Komplementärdienstleistungen in die Analyse mit einzubeziehen, welche mit dem
Absatz der eigenen Produkte und Dienstleistungen gekoppelt sind und diese beeinflussen.
Eine hohe Rivalität unter den bestehenden Unternehmen führt grundsätzlich zu einem hohen Wettbewerbsdruck und vermag
die Gewinnmargen und die Profitabilität einzelner Unternehmen zu senken. In Situationen, in denen zum Beispiel eine
Vielzahl von Unternehmen ähnliche Marktsegmente mit vergleichbarer Strategie bedienen, eine Branche ein geringes
Wachstum aufweist, der Preis wichtigstes Differenzierungsmerkmal ist und hohe Marktaustrittsbarrieren bestehen, kann
eine Branchenkonsolidierung zu intensiven Wettbewerbsdynamiken führen (vgl. Porter 1985, 2002).
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Methoden einer Marketing-Planung
SWOT-Analyse
Die aus der Industrie-Ökonomik stammende Analyse Porters wird bereits seit langem unter anderem auf Grund ihrer
unternehmensexternen Perspektive und einer gewissen Vernachlässigung unternehmensinterner und interoganisationaler
Faktoren stark kritisiert (vgl. Barney 1991, Teece 1991, Hill and Westbrook 1997). Neben einer adäquaten Berücksichtigung
interner Fähigkeiten durch ressourcenbasierte Ansätze (vgl. Barney 1991, Wernerfeld 1984) sind vor allem Wertschöpfungsund Prozessstrukturen (vgl. Minzberg 1996, 1999), interorganisationale Netzwerkinterdependenzen (vgl. Möller und
Halinen 1999, Eng 2005) und institutionelle Spezifika als Problembereiche stärker zu berücksichtigen (vgl. Narayanan
und Fahey 2005). Die über die beschriebene Umweltanalyse systematisierten Daten stellen dennoch eine gute Grundlage
für die Beurteilung der Unternehmensumwelt dar. Im folgenden Abschnitt wird nun die Unternehmensanalyse näher zu
betrachten sein.
5.3
Unternehmensanalyse
5.3.1
Stärken-Schwächen-Analyse
Allgemein befasst sich die Unternehmensanalyse mit den internen Faktoren, den Stärken und Schwächen des
Unternehmens. Dies sind die Fähigkeiten und Ressourcen, über welche die Unternehmung verfügt beziehungsweise auf
die sie Einfluss hat. Die zu untersuchenden Faktoren ergeben sich dabei im Wesentlichen aus den Gegebenheiten des
Einzelfalles. Als Analyseeinheit einer Stärken-Schwächen-Analyse können zum Beispiel das Gesamtunternehmen, ein
Unternehmenssegment oder auch die Produktebene gewählt werden.
Gesamtunternehmen
Eine Stärken-Schwächen-Analyse für einen Konzern kann zum Beispiel verkürzt folgende Merkmale aufweisen:
•
•
•
Stärken:
hohes technologisches Know-how,
Supply-Chain Management und
hoher Internationalisierungsgrad.
•
•
•
Schwächen:
hoher Verschuldungsgrad,
führungsschwaches Management und
mangelnde Innovationskraft.
Zwei wesentliche Problemfelder der Stärken-Schwächen-Analyse verlangen hier besondere Aufmerksamkeit: (1) die
Auswahl der für den Unternehmenserfolg kritischen Kriterien und deren Gewichtung sowie (2) die Beschaffung
aussagekräftiger Informationen, speziell über potenzielle und bestehende Konkurrenten für ein Benchmarking. Dies
verdeutlicht die folgende Abbildung 3 noch einmal beispielhaft:
Kriterium
Gewichtung
Benchmarking
1 2 3 4 5
Wertzahl
Produkt-/ServiceProgramm
30
120
Vertrieb
10
20
Produktion
5
15
R&D
20
......
100
20
285
Abbildung 3: Stärken-Schwächen Profil
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42
Methoden einer Marketing-Planung
SWOT-Analyse
Ein Benchmarking beurteilt dabei die branchen- und unternehmensspezifisch gewichteten Kriterien in Relation zu
dem stärksten Konkurrenten und ermöglicht so eine erste (quantitative) Einschätzung der Unternehmenssituation.
Grundsätzlich muss dabei darauf geachtet werden, dass Ursachen, wie zum Beispiel schlechte Produktivitätskennzahlen
oder ein sinkender Marktanteil, nicht mit den Symptomen, wie zum Beispiel Kostenunterdeckung oder unqualifiziertes
Personal, verwechselt werden.
Unternehmenssegment
Eine Stärken-Schwächen-Analyse kann aber auch für kleine Unternehmen, Unternehmensabteilungen oder einzelne Stellen
durchgeführt werden. Das folgende Beispiel des mittelständischen Speditionsunternehmens Express GmbH verdeutlicht
eine derart praxisnahe Anwendung:
Die Express GmbH erhält wiederholt Beschwerden bezüglich der Servicezuverlässigkeit sowie der Kundenbetreuung. Die
Warenabholung und -auslieferung, die eigentlich lange Zeit als Stärken des Unternehmens galten, verzögern sich öfters.
Zudem wird die Kundenbetreuung als hektisch und unfreundlich empfunden und kann bei Lieferungsverspätungen
meist nicht weiterhelfen. Obwohl es eine steigende Nachfrage nach Express-Lieferdiensten gibt, signalisieren der
sinkender Marktanteil und fallende Auftragszahlen ernsthafte Probleme. Eine Stärken-Schwächen-Analyse kann nun zur
Ursachenforschung herangezogen werden:
Während die Unternehmungsanalyse Stärken im Bereich technische Ausstattung, Teamarbeit und hervorragendes
fachliches Ausbildungsniveau der Mitarbeiter ersichtlich macht, werden die schlechte Kundenbetreuung durch
zwei überlastete Telefonisten, die fehlende IT-Technologie sowie der fehlerhafte Informationsaustausch mit einigen
Disponenten als Schwächen benannt. Um die traditionelle Kernkompetenz der schnellen und zuverlässigen, technisch
leistungsfähigen Warenbeförderung zu erhalten, müssen Schwächen ausgeglichen oder zu Stärken umgewandelt werden.
So ist die Gewährleistung des fehlerfreien Informationsaustausches zwischen der Zentrale und den Disponenten durch
die Erneuerung der IT-Infrastruktur ein vorrangiges Ziel; zudem muss durch Schulungen und präzise Aufgabenzuweisung
die Kundenbetreuung verbessert werden. Durch die Verbindung von Stärken, wie zum Beispiel das technische
Leistungspotenzial mit Spezialtransporten, können unternehmensexterne Chancen, wie zum Beispiel der steigende Bedarf
nach schnell abgewickelten Gefahrenguttransporten, genutzt werden.
Produkt
Die Stärken-Schwächen-Analyse kann auch bei der Beurteilung etwa nur eines Produktes oder nur einer Dienstleistung
Anwendung finden, wie das Beispiel des I-Pods von Apple zeigt. Trotz technischer Produkte, die im Preis-LeistungsVerhältnis mindestens konkurrenzfähig gewesen wären, konnte sich der I-Pod als erstes „hosentaschentaugliches“
Abspielgerät digitalisierter Musik international zum „Verkaufsschlager“ entwickeln. Die Stärken sind eine, auf die
generische Funktion reduzierte Anwendbarkeit, die ein einfaches Bedienen ermöglicht sowie ein Design, welches diese
Funktionalität unterstreicht und gleichzeitig hohe Qualität sowie darüber hinaus aber auch Reputationseffekte verspricht.
So werden mögliche Schwächen, wie der hohe Preis für die erhaltene Technik, in Stärken umgewandelt, in dem der I-Pod
Exklusivität, erkennbar etwa auch in der exklusiven Distributionspolitik, letzlich sogar Luxus verspricht.
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43
Methoden einer Marketing-Planung
SWOT-Analyse
Die Beurteilung der jeweiligen Merkmalsausprägung als Stärke oder auch Schwäche stellt eine der größten Schwierigkeiten
dieser Analysemethode dar. Da Stärken-Schwächen-Analysen zumeist qualitativen Charakter aufweisen, unterliegen
die Ergebnisse dem subjektiven und oft intuitiven Beurteilungsvermögen des Planungs- und Entscheidungsträgers.
Dabei müssen individuelle Einschätzungen durch quantitative Methoden unterstützt werden und allgemeine
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Problemerkennungstechniken durch Partialanalysen ergänzt werden.
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44
Methoden einer Marketing-Planung
Portfolie-Analyse
6 Portfolio-Analyse
(Marc Rufo, Christopher Zerres)
Im Zuge eines stetig dynamischer werdenden, global geprägten Wettbewerbes erfährt die Fähigkeit strategischer Flexibilität
gegenüber strategischer Planung zunehmende Bedeutung. In diesem Zusammenhang erlaubt die Portfolio-Analyse,
unterschiedliche Teilstrategien eines Unternehmens flexibel zu formulieren. Als theoretische Grundlage wird dabei zumeist
vom Lebenszyklus-Modell ausgegangen.
6.1
Produkt-Lebenszyklus-Modell
Das Produkt-Lebenszyklus-Modell hat sich als theoretische Grundlage programmpolitischer Analysen seit langem bewährt.
Es beruht auf der bei vielen Produkten empirisch bestätigten Annahme, dass der zeitliche Umsatzverlauf für ein Produkt
gewissen Gesetzmäßigkeiten unterliegt, einem Lebenszyklus. Dieser eignet sich somit als ein Basismodell zur Positionierung
von Produkten (vgl. Abb. 1).
Abbildung 1: Produkt-Lebenszyklus
Das Produkt-Lebenszyklus-Modell weist jedoch keine normative Aussagekraft auf, die Phasenlänge ist nicht
definitionslogisch abgrenzbar und darüber hinaus auch durch absatzpolitische Instrumente beeinflussbar. Weiter erweist
sich die Abgrenzung einzelner Produkte und die Gliederung von Produktgruppen durch vielfältige Produktvariationen
einzelner Produktmerkmale als schwierig und schmälert so offensichtlich die Aussagekraft dieses Modelles.
6.2
Portfolio-Analysen
6.2.1
Portfolio-Arten
Der Portfolio-Gedanke hat seinen Ursprung in der finanzwissenschaftlichen Theorie zur Bestimmung einer optimalen
Zusammensetzung eines Wertpapier-Portefeuilles. Dieser Ansatz bewertet im Wesentlichen den Zusammenhang von
zwei Kriterien: Die zukünftig erwartete Kapitalrendite von Wertpapieren und die Varianz der Standardabweichung als
Maßstab für das Risiko der jeweiligen Wertpapiere. Transferiert man das Konzept in den Marketingkontext, kann man
die Gesamtheit aller bestehenden und zukünftigen Produkte/Dienstleistungen als Produktportfolio eines Unternehmens
bezeichnen. Dazu müssen zunächst strategische Geschäftsfelder gebildet werden, die vereinfacht zum Beispiel den
verschiedenen Produkt-/Servicegruppen entsprechen können. Folgende Kriterien sollten bei deren Bestimmung Beachtung
finden:
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45
Methoden einer Marketing-Planung
Portfolie-Analyse
• die Geschäftsfelder weisen eine voneinander unabhängige Zielverfolgung auf,
• die Konkurrenzsituation zeichnet sich durch in den jeweiligen Geschäftsfeldern unterschiedliche
Konkurrenten aus und
• die strategischen Geschäftsfelder müssen in Bezug auf Entwicklung, Produktion und Absatz unabhängig von
anderen Geschäftsfeldern bearbeitbar sein.
Die so möglichst eindeutig definierten Geschäftsfelder gilt es dann, in einer Portfolio-Matrix abzubilden. Dazu werden
auf den Portfolio-Achsen die jeweiligen Maßkriterien abgetragen und durch die duale Betrachtung Portfolio-Positionen
festgestellt, welche einen Überblick über Chancen und Risiken der strategischen Ausgangssituation und Hinweise zur
Strategieformulierung und -readjustierung geben. Verschiedene Situationen lassen die Ableitung von Normstrategien zu.
Im Folgenden werden vier wichtige Portfolio-Typen vorgestellt, das Marktwachstum/ Produktlebenszyklus-Portfolio, das
Marktwachstum-/Marktanteils-Portfolio, die Marktattraktivitäts-/ Wettbewerbsvorteilsmatrix sowie die Marktwachstums/
Kostendeckungsgrad-Matrix.
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46
Methoden einer Marketing-Planung
Portfolie-Analyse
Marktwachstum/Produktlebenszyklus-Portfolio (Basis-Matrix)
Entsprechend den Ergebnissen aus einer Umweltanalyse können innerhalb der strategischen Unternehmensplanung
Umweltrisiken als Marktwachstum akkumuliert den Unternehmensrisiken gegenübergestellt werden. Im Rahmen der
Festlegung von Produktstrategien trägt hier das Marktwachstum/Produktlebenszyklus-Portfolio zur Entscheidungsfindung
bei. So sollten stets ausreichend neue Produkte entwickelt werden, um finanzielle Engpässe und kostenträchtige RelaunchAktionen zu vermeiden. Für Produkte in der Einführungs- beziehungsweise Wachstumsphase lässt sich bei großem und
mittlerem Marktwachstum die Vornahme von Investitionen als Normstrategie ableiten. Bei geringem Marktwachstum
sollte hier selektiert werden. Produktbereiche in der Reifephase sollten bei großem Marktwachstum abgeschöpft werden.
Bei mittlerem Marktwachstum sollte hier ebenfalls eine Selektion stattfinden. Produkte in der Degenerationsphase sollten
normalerweise eliminiert werden, insofern keine sortimentsspezifischen Interdependenzen vorliegen. Grundsätzlich
muss darauf geachtet werden, stets genügend Produkte im Programm zu haben, die abgeschöpft werden können, um das
finanzielle Gleichgewicht zu wahren (vgl. Abb. 2).
ProduktLebenszyklusphase
Umsatzsoll in %
Marktwachstum
Einführung
20
Wachstum
Reife
20
60
Degeneration
0
groß
mittel
niedrig
Abbildung 2: Gleichgewicht
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Rudiger Braun, Master of Science in Business and Economics, 2008
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Methoden einer Marketing-Planung
Portfolie-Analyse
Marktwachstum-/Marktanteils-Portfolio (BCG-Matrix)
Ein Basis-Portfolio-Typ ist das von der Boston Consulting Group entwickelte Marktwachstum-/ MarktanteilsPortfolio, welches von den grundlegenden Annahmen ausgeht, dass das Marktrisiko umso geringer ist, je höher
der relative Marktanteil ist. Begründet wird dieses durch die Erfahrungskurventheorie, nach der mit jeder
Verdopplung des kumulierten Gesamtabsatzes eines Produktes die Kosten um etwa 30 Prozent sinken. Es
ergeben sich dabei vier Quadranten (Abb.3):
Abbildung 3: Marktwachstum- /Marktanteils-Portfolio
Question Marks bezeichnen in der Regel neu eingeführte Produkte, deren weitere Entwicklung noch ungewiss ist; sie
könnten sich zu Flops oder Aufsteigern entwickeln. Sie zeichnen sich durch das ambivalente Verhältnis aus niedrigem
relativen Marktanteil und hohem Marktwachstum aus. Einerseits bestehen Chancen für das Produkt, durch eine
Erhöhung des Marktanteiles zum Star-Produkt zu werden, andererseits erfordert diese Entwicklung Investitionen, welche
möglicherweise keinem zukünftigen Finanzmittelüberschuss gegenüberstehen. Es bieten sich folglich zwei Normstrategien
an: Durch gezielte Marktbearbeitung kann eine Erhöhung des Marktanteiles anvisiert werden. Wenn zusätzliche
Investitionen keinen Marktanteilszugewinn erbringen, sollte das Geschäftsfeld aufgegeben werden.
Stars sind diejenigen Produkte, die sich in der Wachstumsphase ihres Lebenszyklus befinden, einen hohen relativen
Marktanteil besitzen und hohes weiteres Marktwachstum versprechen. Die für diese Portfolioposition empfohlene
Normstrategie beinhaltet die Fortsetzung der Investitionstätigkeit, um den Marktanteil zu wahren und auszubauen und
den Umsatz zu erhöhen. Diese Strategie sollte bis zur Marktstagnation fortgeführt werden.
Cash Cows bezeichnen Produkte in der Sättigungsphase ihres Lebenszyklus. Diese Produkte zeichnen sich durch hohen
relativen Marktanteil aus und erwirtschaften selbst bei einem stagnierenden Marktwachstum hohe Finanzüberschüsse,
welche zum Aufbau von Nachwuchsgeschäften sowie der Erweiterung der Starsegmente genutzt werden können. Cash
Cows sichern kurzfristig den Erfolg des Unternehmens und sind Hauptquelle für Gewinn und Liquidität. Die Normstrategie
beinhaltet das Abschöpfen (Melken) von Finanzmittelüberschüssen und Reinvestition dieser in Star- und aussichtsreiche
Question Mark-Produkte.
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48
Methoden einer Marketing-Planung
Portfolie-Analyse
Poor Dogs sind Produkte in der Degenerationsphase, da diese einen niedrigen relativen Marktanteil sowie ein niedriges
Markwachstum aufweisen. Da ein Beibehalten dieser Produkte normalerweise zu einem unverhältnismäßig hohem
Finanzmitteleinsatz führt, sollten diese Produkte eliminiert werden. Die Normstrategie beinhaltet das Vornehmen von
Desinvestitionen bis mindestens die für die Nachwuchs- und Starprodukte erforderlichen Kapazitäten gewährleistet werden
können. Um ein ausgeglichenes Portfolio zu gestalten, sollten idealer Weise der Finanzmittelüberschuss in Question Marks
und Stars investiert, Produkte in Star-Positionen als zukünftige Cash Cows gesichert, ausreichend Question Marks zur
Gewährleistung des Produktnachwuchs aufgebaut und Poor Dogs eliminiert werden.
Marktattraktivitäts-/Wettbewerbsvorteilsmatrix (McKinsey-Matrix)
Ein weiterer gebräuchlicher Portfolio-Typ ist die als McKinsey-Matrix bekannt gewordene Markt-attraktivitäts-/
Wettbewerbsvorteilsmatrix. Diese erfordert die Erstellung eines Kriterienkataloges als Grundlage eines branchenspezifischen
Beurteilungssystems. Die Beurteilung der Markt- oder auch Branchenattraktivität basiert dabei auf einzelnen
industriespezifischen Faktoren, welche von dem Unternehmen selbst meist nicht direkt beeinflusst werden können.
Wichtige Kriterien sind hier:
• die Größe des Absatzmarktes als Beurteilungsfaktor für das langfristig nutzbare Erfolgspotenzial,
• das erwartete künftige Marktwachstum,
• die geographische Lage sowie die allgemeine politische und vor allem wirtschaftliche Situation der
Hauptabsatzgebiete als Beurteilungsfaktor für das Marktrisiko,
• die Markteintrittskosten als Beurteilungskriterium, wie leicht oder schwierig neue Mitbewerber in den Markt
eintreten können,
• die Wettbewerbskonzentration als Kriterium für die Konkurrenzsituation,
• die Preiselastizität der Nachfrage (bestimmt die Wechselbeziehungen zwischen der Nachfrage der Abnehmer
und der Preispolitik der Anbieter auf dem Markt),
• die Lage auf dem Markt der Produktionsmittel und
• die öffentliche Meinung gegenüber dem betreffenden Unternehmen oder dem Geschäftsfeld (soziale
Attraktivität).
Der Bewertungsvorgang sollte für ein Unternehmen in regelmäßigen Abständen wiederholt und der erstellte
Kriterienkatalog beibehalten beziehungsweise erweitert werden, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu ermöglichen.
Die Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens, die generell direkt beeinflusst werden können, lassen sich zum Beispiel in
folgende Kriterien aufgliedern:
• relativer Marktanteil,
• relative Finanzkraft,
• relatives Produktionspotenzial,
• relative Standortvorteile,
• relatives Forschungspotenzial und
• relative Qualifikation des Managements.
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49
Methoden einer Marketing-Planung
Portfolie-Analyse
Relativ bedeutet in diesem Zusammenhang im Vergleich zum stärksten Konkurrenzunternehmen. Nach der
Kriterienbeurteilung erfolgt nun die Aufstellung der Marktattraktivitäts-/Wettbewerbsvor-teilsmatrix (vgl. Abb. 4).
Die Positionierung der einzelnen Geschäftsfelder kann zur Ableitung von entsprechenden Normstrategien beitragen.
Bei niedriger Marktattraktivität und niedrigem relativen Wettbewerbsvorteil sollte grundsätzlich desinvestiert werden.
Bei niedriger Marktattraktivität und mittlerem relativen Wettbewerbsvorteil beziehungsweise bei niedrigem relativen
Wettbewerbsanteil und mittlerer Marktattraktivität sollte ebenfalls desinvestiert werden. Als Alternativstrategie kann eine
Abschöpfungsstrategie verfolgt werden. Normstrategie für die übrigen Geschäftsfelder ist die Vornahme von Investitionen.
Relative Wettbewerbssituation
Branche nattraktivität
hoch
mittel
niedrig
hoch
mittel
niedrig
Abbildung 4: Branchen- (Markt-) attraktivitäts-/Wettbewerbsvorteils- Portfolio
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Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited,
eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit
beschränkter Haftung nach britischem Recht), und/oder ihr
Netzwerk von Mitgliedsunter­nehmen. Jedes dieser Mitglieds­
unternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig. Eine
detaillierte Beschreibung der rechtlichen Struktur von Deloitte
Touche Tohmatsu Limited und ihrer Mitgliedsunternehmen
finden Sie auf www.deloitte.com/de/UeberUns.
© 2011 Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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Methoden einer Marketing-Planung
Portfolie-Analyse
Marktwachstum-/Kostendeckungsgrad-Portfolio (Zerres-Matrix)
Die Informationsbeschaffung bei der Portfolioanalyse kann trotz der Fortschritte in der Informationstechnologie
gerade für kleine und mittlere Unternehmen Schwierigkeiten aufwerfen. Insbesondere wenn inadäquate Informationen
über Mitbewerber vorliegen, zum Beispiel im Falle von Monopolunternehmen, kann sich die von Zerres entwickelte
Marktwachstum-/Kostendeckungsgrad-Matrix als hilfreich erweisen. Zur Illustration dieses pragmatischen Ansatzes
mag folgendes fiktive Beispiel aus der Branche der Mobilfunkgerätehersteller dienen. Das Unternehmen ist in
strategische Geschäftsfelder zu gliedern, welche, wie beschrieben, relativ unabhängig von den anderen strategischen
Geschäftsfeldern operieren können. Es lassen sich hier vier Unternehmensbereiche ausmachen, die wiederum in 11
strategische Geschäftsfelder gegliedert werden. Diesen sind die Daten für den jeweiligen Kostendeckungsgrad aus dem
Rechnungswesen und die jeweiligen Marktwachstumsdaten aus den Branchenmitteilungen zuzuordnen. Aus diesen Daten
ergibt sich dann das in der Abbildung 5 dargestellte Portfolio.
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51
Methoden einer Marketing-Planung
Portfolie-Analyse
Kostendeckungsgrad
Strategische Geschäftsfelder
Marktwachstum in %
I. Mobile Phone
1. Divices w. colour screen/camera
130
8
2. Smart phones with advanced IT functionality
100
2
3. Basic devices without colour screen or camera
95
-10
4. Smart PDAs
100
10
5. Information Services
115
10
6. Imaging Services
95
6
7. Entertainment Services
95
3
8. Enterprise specific smartphones
105
2
9. Network Security
95
-15
10. Operating Systems
115
-10
130
0
II. Services & Multimedia
III.Enterprise Solutions
IV. Networks
11. Network Infrastructure
Abbildung 5: Geschäftsfelder – Kostendeckungsgrad – Marktwachstum
Marktwachstum
15
10
5
5
8
11
4
6
2 7
3
-5
-10
1
10
9
-15
-20
130 120 110 100 90 80 70
Kostendeckungsgrad
Daraus ergibt sich folgende Matrix (vgl. Abb. 6).
Abbildung 6: Marktwachstum-/Kostendeckungsgrad-Portfolio
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52
Methoden einer Marketing-Planung
Portfolie-Analyse
Die Größe der Kreise indiziert die unterschiedlichen Umsatzhöhen der einzelnen strategischen Geschäftsfelder und
verdeutlicht so ihre relative Bedeutung für das betreffende Unternehmen. Im vorliegenden Beispiel verfügt das Unternehmen
über zwei Cash-Cows, nämlich Position 10, Operating Systems und Position 11, Network Infrastructure. In Zukunft wird
das Unternehmen seine Stellung für Produkte in den Zukunftsmärkten, wie zum Beispiel dem Informationsservice oder
Smart PDAs, zu verbessern suchen, damit diese Geschäftsfelder später auch einmal zu lukrativen Cash-Cows reifen.
7.2.2
Portfolio-Management als Instrument zur Strategieformulierung
Portfolio-Analysen dienen der integrierten und komprimierten Darstellung der Geschäftsfelder eines Unternehmens,
welche unter Einbeziehung weiterer Partialanalysen Entscheidungshilfen zur flexiblen Strategieformulierung geben
können. Weitere Analysen, wie zum Beispiel die Stärken-Schwächen-Analyse unter Einbeziehung von unterschiedlichen
Wirtschaftlichkeitskennzahlen (Cash Flow, Gearing Ratio) und -analysen, zum Beispiel Kosten-, Leistungs- und
Ertragsanalyse, können im Zusammenhang mit Umweltanalysen, das heisst also Branchen- und Wettbewerbsanalyse,
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die Aussagekraft von Portfolio-Techniken erhöhen.
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53
Methoden einer Marketing-Planung
Wertkettenanlyse
7 Wertkettenanlyse
(Oliver Kutz, Christopher Zerres)
Im Rahmen der Wertkettenanalyse werden die strategischen Wettbewerbsvorteile identifiziert, um anschließend Strategien
zum Auf- und Ausbau dieser Wettbewerbsvorteile abzuleiten. Dafür sind die strategischen Geschäftseinheiten in ihren
Grundfunktionen als Ganzes zu betrachten.
Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass sich der Wettbewerbsvorteil, den ein Unternehmen gegenüber der Konkurrenz
besitzt, in einem höheren Nutzen beziehungsweise Wert niederschlägt, den die Kunden dem angebotenen Produkt
beimessen. Dieser Wert wird über den Preis transparent, den die Abnehmer für das Produkt zu bezahlen bereit sind.
Das Ertragspotenzial einer strategischen Geschäftseinheit kann folglich als Differenz zwischen dem Preis und den durch
wertschöpfende Aktivitäten verursachten Stückkosten bestimmt werden. Der Wert wird somit durch die Aktivitäten aller
betrieblichen Funktionen geschaffen.
Im Mittelpunkt der Analyse haben die einzelnen wertschöpfenden Aktivitäten zu stehen. Diese beeinflussen entweder
die Kostensituation der strategischen Geschäftseinheit und leisten damit einen Beitrag zur Erzielung von Kostenvorteilen
oder sie bilden die Grundlage zur Erreichung von Differenzierungsvorteilen. Durch eine isolierte Betrachtung der
wertschöpfenden Aktivitäten sollen alle Bereiche ermittelt werden, in denen die Wettbewerbsvorteile entstehen.
Die folgende Abbildung zeigt das Modell der Wertkette am Idealtyp einer strategischen Geschäftseinheit. Die Wertkette
führt die einzelnen Wertaktivitäten auf, welche der Geschäftseinheit zuzuordnen sind. Darüber hinaus stellt sie die
Gewinnspanne dar, die durch den Wert der Leistung auf der einen und den Kosten der Leistungserstellung auf der
anderen Seite entsteht. Dabei sind die Wertaktivitäten in primäre und sekundäre Aktivitäten zu unterteilen. Unter den
primären Aktivitäten sind solche betrieblichen Funktionen zu verstehen, die unmittelbar mit dem physischen Durchlauf
des Produktes verbunden sind, wie zum Beispiel Eingangslogistik, Fertigung, Vertrieb und Kundendienst. Die sekundären
Aktivitäten stellen dagegen die unterstützenden Tätigkeiten dar, welche Vorsorgeleistungen für die primären Aktivitäten
und vor allem deren Steuerung zum Gegenstand haben. Hierzu zählen beispielsweise Beschaffung, Personalwesen,
Technologieentwicklung sowie die gesamte Unternehmensinfrastruktur.
Bei der Unterteilung der wertschöpfenden Aktivitäten muss keine Übereinstimmung mit den institutionalisierten
Abteilungen der Geschäftseinheit gegeben sein, denn es handelt sich hier um eine abteilungsübergreifende Zusammenfassung
aller strategisch relevanten Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der Basisfunktion anfallen.
Unternehmensinfrastruktur (z. B. Finanzen, Planung)
Personalwesen
Sekundäre
Aktivitäten
Technologieentwicklung
Beschaffung
Eingangslogistik
Leistungserstellung
Distributionslogistik
Marketing
& Vertrieb
Kundendienst
G
e
w
i
n
n
Primäre Aktivitäten
Abb. Wertkette Quelle: Benkenstein 2002, S. 96
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54
Methoden einer Marketing-Planung
Wertkettenanlyse
Nach Aufstellung der Wertkette für die strategische Geschäftseinheit sind solche Aktivitäten isoliert zu betrachten, die
entweder durch ein hohes Differenzierungspotenzial oder durch einen beträchtlichen Kostenanteil gekennzeichnet sind.
In diesem Zusammenhang wird untersucht, durch welche Wertaktivitäten dem Kunden im Vergleich zur Konkurrenz ein
zusätzlicher Nutzen entsteht, für den er zu bezahlen bereit ist. Die Wertkette ist somit ein Instrument zur Abnehmeranalyse.
Auf der anderen Seite stellt die Wertkette ein Instrument zur Kostenanalyse dar. Dabei werden solche Aktivitäten in den
Vordergrund gestellt, die auf Grund ihres relativ hohen Kostenanteils einen großen Einfluss auf die Kostensituation und
damit auch auf den Gewinn der strategischen Geschäftseinheit haben.
Um letztlich beurteilen zu können, durch welche wertschöpfenden Aktivitäten Wettbewerbsvorteile entstehen, ist es
erforderlich, nicht nur die eigene Wertkette zu betrachten, sondern auch die Wertketten der Konkurrenten zu ermitteln
und miteinander zu vergleichen. Stärken und Schwächen der strategischen Geschäftseinheiten ergeben sich dort, wo sich
die Wertketten voneinander unterscheiden. Durch diese Aktivitäten werden schließlich komparative Wettbewerbsvorteile
hinsichtlich Differenzierung oder Kosten erzielt.
Im Rahmen der Wertkettenanalyse sind über die konkurrenzbezogene Analyse einzelner Tätigkeiten hinaus auch die
Interdependenzen zu berücksichtigen, die sowohl zwischen den Tätigkeiten innerhalb einer Wertkette als auch zwischen
den Wertketten verschiedener Geschäftseinheiten eines Unternehmens bestehen. Diese Verflechtungen äußern sich
darin, dass die Art und Weise der Durchführung einer Wertaktivität die Kostenposition oder das Qualitätsniveau einer
anderen Wertaktivität beeinflusst. Eine materielle Verflechtung liegt zum Beispiel vor, wenn Personal-, Produktions- oder
Technologieleistungen zwischen den Geschäftseinheiten ausgetauscht werden. Im Rahmen einer Schnittstellenanalyse sind
diese Verflechtungen zu identifizieren, um durch deren Optimierung und Koordination wiederum Wettbewerbsvorteile
erzielen zu können (Benkenstein 2002, S. 95 ff.).
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55
Methoden einer Marketing-Planung
Benchmarking
8 Benchmarking
(Christopher Zerres)
8.1
Ursprünge
Erfolgreich werden in Zukunft nur die Betriebe sein beziehungsweise bestehen können, die Bestleistungen zu liefern
vermö­gen und denen es gelingt, im Vergleich zu Wettbewerbern nicht nur die bessere Qualität zu halten, sondern auch
die Kundenzufriedenheit zu steigern. Gleichzeitig ist es wichtig, die Kosten zu reduzieren, daß heißt der Betrieb muß
schneller und „schlanker“ als die Wettbe­werber sein.
Die japanische Firma Canon brachte Ende der 70er Jahre einen Kopierer zu einem Verkaufspreis auf den Markt, der
unter den Herstellungskosten für vergleichbare Geräte des amerikanischen Unternehmens Xerox lag. Xerox versuchte
zunächst, diesen Kostenunterschied durch eine Analyse des betreffenden Konkurrenzpro­dukts zu klären; später wurden
auch Verfahrensvergleiche mit Unternehmen außerhalb der Branche angestellt. Der Vorteil lag hier vor allem darin, daß
diese keine direkten Konkur­renten waren und so keine Beschränkungen im Austausch von Informationen bestanden:
Das Benchmarking war geboren.
Benchmarking entstand also aus einem Informationsbedürfnis und dem Wunsch, schnell zu lernen, wie ein bestimmtes,
den Betrieb betreffendes Problem gelöst werden kann. Benchmarking verkörpert das Streben nach Bestleistung mit dem
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Ziel, einen Wettbewerbsvorteil zu gewinnen und diesen auch zu halten.
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56
Methoden einer Marketing-Planung
Benchmarking
Das Benchmarking bewahrt durch den ständigen Blick auf andere Betriebe am Markt vor einer Fehleinschätzung der
eigenen Wettbewerbsfähigkeit. Der eigene Betrieb kann durch einen kontinuierlichen Vergleich der Arbeitsprozesse
mit dem Benchmarking-Part­ner die eigenen Arbeitsabläufe verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit steigern, ohne
daß Rückschläge eigener Fehlentscheidungen verkraftet werden müssen, denn der Betrieb lernt vom Besten in diesem
Arbeitsablauf.
Benchmarking ist aber mehr als nur das Kopieren anderer Betriebe. Es muß die Theorie verstanden werden, die hinter einem
Ablauf und der jeweiligen Verbesserung steckt. So findet beim Benchmarking ein systematischer und kontinuierlicher
Abwägungsprozeß statt. Dabei werden die eigenen Arbeitsprozesse ständig überwacht und mit denen marktführen­der
Betriebe verglichen. Die dadurch gewonnenen Informationen helfen dem eigenen Be­trieb dabei, die entsprechenden
Schritte zur Verbesserung seiner Arbeitsabläufe zu veran­lassen. Das Benchmarking ist eine Technik, nach außen zu blicken,
um Meßkriterien für Spitzenleistungen zu entwickeln. Es ist eine Meßlatte für die Leistungsfähigkeit. Das Benchmarking
kann in zwei Kategorien unterteilt werden.
8.2
Arten
Das interne Benchmarking beinhaltet den Vergleich und die Ermittlung von Bestlösungen innerhalb eines Unternehmens
oder einer Unternehmensgruppe, beispielsweise zwischen einzelnen Geschäftsbereichen. Eine weitere Art ist das externe
Benchmarking, bei dem branchenübergreifende Vergleiche von Arbeitsabläufen angestellt und Bestlösungen gesucht
werden, wo immer sie auch ermittelt werden können. Welche dieser Arten genutzt wird, ist situationsgebunden und
davon abhängig, in welcher Branche der passende Benc­hmarking-Partner gefunden wird. Die allgemeine Durchführung
einer Benchmarking-Studie führt unabhängig von den unterschiedlichen Ar­ten des Benchmarking zu zwei Ergebnissen:
Einerseits werden die Bezugspunkte und Ma­ße für eine vergleichbare Leistungsfähigkeit festgelegt; zum anderen werden
die Praktiken, die zu einer Leistungssteigerung führen, ermittelt.
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57
Methoden einer Marketing-Planung
8.3
Benchmarking
Ablauf eines Benchmarking-Prozesses
Der Ablauf des Prozesses der Benchmarking-Studie gliedert sich in vier Schritte. Zunächst muß die Benchmarking-Studie
geplant werden. Der Betrieb erkennt seine Schwachstellen, beschreibt diese und sucht sich den Partnerbetrieb, der auf
diesem Gebiet der beste ist. Weiterhin werden die eigenen Fähigkeiten in diesem Ablauf bewertet, und es wird eine Einheit
festgelegt, mit der man die Leistungsfähigkeit des Ablaufprozesses mes­sen kann.
Im zweiten Schritt werden möglichst viele Daten über den betreffenden Vorgang im Be­trieb des Benchmarking-Partners
gesammelt. Dies ist über Einsichtnahme in öffentlich zu­gängliche Berichte möglich oder durch direkte Kontakte wie
Betriebsbesichtigungen, die einen genaueren Einblick ermöglichen.
Die gesammelten Daten über den Ablaufprozeß im eigenen Betrieb und die des Bench­marking-Partners werden im
nächsten Schritt analysiert. Das Ergebnis gibt Auskunft über die Größe des Unterschiedes zwischen den Betrieben bezüglich
der analysierten Abläufe. Dadurch werden die Praktiken, die beim führenden Betrieb den Leistungsvorsprung erzie­len
lassen, ermittelt. Diese Praktiken zur Leistungsverbesserung bezeichnet man als Kata­lysatoren.
Im vierten und letzten Schritt werden die ermittelten Verbesserungen vorgenommen. Die Geschäftspraktiken des
Partnerbetriebes können in der Regel nicht direkt übernommen werden, da kein Betrieb exakt dem anderen gleicht.
Die ermittelten Katalysatoren werden dem eigenen Betrieb entsprechend der Unternehmenskultur und -umwelt angepaßt.
Im fol­genden sei noch einmal im einzelnen der Ablauf eines derartigen Benchmarking-Prozesses verdeutlicht:
Bestimmung des Benchmarking-Objekts,
Identifikation des Benchmarking-Partners,
Festlegung der Datenerhebungsmethode,
Datensammlung, Bestimmung der eigenen Leistungslücke,
Prognose der künftigen Leistungsfähigkeit,
Formulierung funktionaler Ziele,
Entwicklung von Aktionsplänen,
Implementierungsmaßnahmen und
Kontrolle und Anpassung.
8.4
Einsatzmöglichkeiten
Auch für kleine und mittlere Betriebe kann Benchmarking, das ja ursprünglich in großen Unternehmen entstanden ist,
durchaus Bedeutung zukommen. Wie könnte nun hier eine Benchmarking-Studie konkret ablaufen? Zunächst gilt es, eine
fundierte Ist-Analyse durch­zuführen. Die hier zu erkennenden Schwachpunkte stellen dann das Benchmarking-Objekt dar.
Eine derartige Schwäche könnte beispielsweise in einem Mängel aufweisenden Wa­renbewirtschaftungssystem begründet
liegen. Ist diese Schwäche ausgemacht und definiert, muß nun in einem zweiten Schritt ein Benchmarking-Partner gefunden
werden. Dies könn­ten beispielsweise Apotheken sein. In der sich anschließenden Phase der Datensammlung wird es darum
gehen, Informationen darüber zu beschaffen, wie es den Apotheken oder auch den diesbezüglichen Berufsvertretern
gelungen ist, einen derartigen hohen Standard in ihrer Warenbewirtschaftung erreicht zu haben beziehungsweise ihn zu
halten und sogar noch zu erhöhen. Ist dies ausgemacht, müssen in einer letzten Phase die gewonnen Er­kenntnisse in die
Arbeit des jeweiligen Betriebes Eingang finden.
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58
Methoden einer Marketing-Planung
8.5
Benchmarking
Grundprinzipien
Ein derartiges Ablaufmodell einer Benchmarking-Studie muß - soll sie erfolgreich sein - bestimmten Grundprinzipien
unterliegen. Die vier Grundprinzipien Wechselseitigkeit und Analogie sowie Vergleich und Richtigkeit sind dabei das
Wesen jeder Benchmarking-Stu­die.
Die Wechselseitigkeit ist der Schlüssel zum erfolgreichen Benchmarking, da die Studie auf den wechselseitigen Beziehungen
der Betriebe basiert. Die beteiligten Betriebe er­zielen Vorteile aus dem Informationsaustausch: „Eine Hand wäscht
die andere.“ Um jegliche Mißverständnisse auszuschließen, müssen der Informationsaustausch und der Umfang zur
Studiendurchführung vorher offen verhandelt werden. Hierbei sollte bea­chtet werden, daß beide Betriebe in der Lage
sind, die ausgehandelten Vereinbarungen einzuhalten.
Ein weiteres Prinzip ist die Analogie. Die innerbetrieblichen Abläufe des Bench­marking-Partners müssen den Abläufen
im eigenen Betrieb ähnlich sein, um möglichst einen hohen Austausch an Informationen erlan­gen zu können. Nur so
können die Beteiligten beider Betriebe das jeweilig Gelernte im eigenen Betrieb umsetzen und anwenden.
Der Vergleich der innerbetrieblichen Abläufe miteinander ist der dritte Faktor der Grundprinzipien. Das Ziel ist es, zu
verdeutlichen, warum es verschiedene Möglichkei­ten gibt, etwas auszuführen und aufzuzeigen, mit welchen Mitteln ein
höherer Grad an Leistungsfähigkeit erreicht werden kann. Das sorgfältige Beobachten und Vergleichen von analogen
Prozessen sowie ihre Erkennung und Umsetzung zeigt im Endeffekt den Erfolg des Betriebs bei der Suche nach
Möglichkeiten zur Verbesserung seiner innerbe­trieblichen Abläufe. Die Betriebe sind in der Lage, die Katalysatoren zu
erkennen und sie in die eigenen Abläufe zu integrieren.
Das vierte Prinzip des Benchmarking ist die Richtigkeit der gesammelten Daten. Die Studie muß anhand von gültigen Daten
und Fakten erfolgen und nicht aufgrund von In­tuition. Nur so kann die Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Ermittlung
der Katalysa­toren, die für die Ablaufverbesserung und Leistungssteigerung verantwortlich sind, ge­währleistet werden.
8.6
Verhaltenskodex
Diese hier aufgeführten vier Grundprinzipien bilden die Basis zur Ausführung der Bench­marking-Studie; entsprechende
Verhaltensregeln geben den Rahmen an. Sie dienen als Grundlage zwischen den Benchmarking-Partnern und sind eine
Erweiterung der ethischen Grundsätze im Geschäftsleben. Der Verhaltenskodex sorgt für die Wahrung der Form und
der korrekten Vorgehensweise bei der Durchführung der Benchmarking-Studie. Dieser umfaßt die nachfolgenden neun
Prinzipien.
Das Prinzip der Rechtmäßigkeit sorgt dafür, daß nichts gesagt oder getan wird, was Ein­schränkungen für Handel, Markt und
Preisbildung mit sich bringt. Dadurch werden An­gebotsmanipulationen sowie die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen
ausgeschlossen.
Durch das Vertrauensprinzip wird die strengvertrauliche Behandlung aller erhaltenen In­formationen gewahrt. So dürfen
Informationen ohne Erlaubnis nicht an Dritte weiter­gegeben werden.
Das Nutzungsprinzip sagt aus, daß die aus der Studie gewonnen Erkenntnisse nur der Ablaufverbesserung im jeweiligen
Betrieb dienen.
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59
Methoden einer Marketing-Planung
Benchmarking
Dem Benchmarking liegen in der Regel immer Gegenleistungen zugrunde. So ist das Austauschprinzip eine weitere
Verhaltensregel. Die Betriebe ziehen ihren Nut­zen aus den ausgetauschten Informationen und gliedern diese in ihre
Prozesse ein. Um ein bestmögliches Ergebnis bei dem Informationsaustausch zu gewinnen, muß dieser offen und ehrlich
vonstatten gehen; Erwartung und Ziele der Betriebe müssen deutlich beschrieben werden.
Ein ebenso wichtiger Aspekt ist der unmittelbare Kontakt zu den jeweiligen Befugten des Partnerbetriebs.
Ein weiterer Punkt des Verhaltenskodex ist das Prinzip des Kontakts zu Dritten. Die zu­ständigen Personen der
Benchmarking-Studie im Partnerbetrieb dürfen Dritten gegen­über namentlich nicht genannt werden, nur mit Genehmigung
der jeweils betroffenen Personen.
Genauso von Bedeutung ist das siebte Prinzip, die Vorbereitung der Studie. Der Betrieb muß seine Stärken und Schwächen
genau definieren und beurteilen können, um dem Partnerbetrieb deutlich aufzuzeigen, welche Daten und Informationen
man zur Verfü­gung stellen möchte und welche benötigt werden.
Hinzu kommt das Prinzip der Vollständigkeit. Es beinhaltet die zeitlich und formal kor­rekte Einhaltung der festgelegten
Absprachen, um den Ablauf der Studie für beide Par­teien reibungslos sowie erfolgreich zu gestalten.
Weiterhin werden Mißverständnisse durch die Anwendung des Handlungs- und Vers­tändnisprinzips ausgeschlossen. Das
bedeutet, daß sich die Partnerbetriebe über die Art und Weise des Austauschs von Daten und Informationen einig sind.
Des weiteren legt es die Einhaltung der vorgegebenen Bedingungen und Einschränkungen fest.
Diese neun Prinzipien dienen als eine Einheit einer reibungslosen und erfolgreichen Ver­wirklichung einer Benchmarking-
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60
Methoden einer Marketing-Planung
Benchmarking
Benchmarking nimmt heute einen immer wichtigeren Platz unter den Managementtechni­ken ein. Die flexiblen
Einsatzmöglichkeiten des Benchmarking als Werkzeug, um verkru­stete Betriebsstrukturen aufzudecken oder als Instrument
zum Aufzeigen der Opti­mierungsmöglichkeiten von Geschäftsprozessen bis hin zur Entscheidungsunterstützung bei
Fragen der strategischen Ausrichtung von Betrieben machen diese Methode so erfolgreich
Benchmarking darf allerdings nicht als das neue Wundermittel zur Steigerung der ei­genen Wettbewerbsfähigkeit
verstanden werden. Das Neue des Benchmarking liegt - wie dargestellt - im branchenübergreifenden Vergleich mit den
Besten und dem Setzen von Maßstäben für den eigenen Betrieb. Die Vorgehensweise des Benchmarking integriert da­bei
vorhandene Managementmethoden und bringt nur durch eine konsequente, ganzheitliche und kontinuierliche Anwendung
den gewünschten Erfolg.
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61
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
9 Entscheidungstechniken
(Matthias Seifert, Christopher Zerres)
9.1
Einleitung
Entscheidungen müssen von Einzelnen wie von Gruppen, von Privatpersonen wie von Unternehmen jeden Tag aufs neue
getroffen werden. So erfordert die Wahl zwischen Lehre und Studium von einem jungen Menschen das Abwägen von
Vor- und Nachteilen, ebenso die Entscheidung für einen bestimmten Freizeitsport. Während sich ein Kunde beim Kauf
einer Kaffeemaschine für dieses oder jenes Modell entscheiden muss, entscheiden die jeweiligen Unternehmen: Stellen wir
überhaupt Kaffeemaschinen her? Wenn ja, in welcher Form, aus welchem Material und mit welchen Bedienungselementen
ausgestattet? Da Entscheidungen nachhaltige Auswirkungen auf die Situationen des betreffenden Entscheidungsträgers
haben können, sollte ihnen – wie und wo immer sie auch getroffen werden – stets ein sorgfältiges Abwägen von Alternativen
vorausgehen. Hier unterstützend zu wirken, ist die Aufgabe von Entscheidungstechniken.
9.2
Taxonomie der Entscheidungstechniken
9.2.1
Hintergrund
Entscheidungswissenschaften und die aus diesen hervorgehenden Entscheidungstechniken sind insbesondere dann hilfreich,
wenn es darauf ankommt, mit zwei grundlegenden Komplexitäten umzugehen, die fast jede Entscheidungssituation
bestimmen: Unsicherheit und Zielvielfalt. Im Allgemeinen verbinden Entscheidungswissenschaften dabei eine Vielzahl von
verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, wie Psychologie, Operational Research, Mathematik etc., wobei normative,
deskriptive und preskripive Ansätze unterschieden werden können.
Normative Entscheidungstheorien zielen darauf ab, Entscheidungsstrategien zu formulieren, die unter Idealbedingungen
umgesetzt werden können. Durch den Einsatz von Wahrscheinlichkeiten und Nutzenfunktionen beschreiben diese
Theorien somit auch, was unter “Rationalität” zu verstehen ist. Im Gegensatz dazu geht es bei den deskriptiven
Entscheidungstheorien darum, das tatsächliche Entscheidungsverhalten von Menschen zu beschreiben und gleichzeitig
auch in welcher Weise diese (häufig) gegen diese normativen Regeln verstossen. Autoren, wie Simon (1955), Tversky und
Kahneman (1986) oder auch von Winterfeldt und Edwards (1986), bezeichnen dieses Phänomen als „bounded rationality“
und führen „unrationales“ menschliches Verhalten auf unsere begrenzte Kapazität, Informationen zu verarbeiten,
zurück. Aus diesem Grunde benutzt der Mensch häufig Heuristiken, wobei zum Beispiel Entscheidungen auf der Basis
von vergangenen Situationen zu treffen („availability heuristic“) sind oder Minimalkriterien definiert werden, die eine
Alternative erfüllen muss; die erste Alternative, die diesen Kriterien gerecht wird („satisficing principle“), wird ausgewählt
(Baron 2000, S.144, Bazerman 1990, S. 36).
Die dritte Domäne beruht auf preskriptiven Entscheidungsmodellen, mit denen versucht wird, Entscheidungsprobleme
zu vereinfachen und Vorhersagen über die Konsequenzen einer jeden Alternative zu treffen. Dabei berücksichtigen diese
sowohl normative als auch deskriptive Annahmen. Preskriptive Theorien werden häufig auch als Entscheidungsanalysen
bezeichnet und verstehen den Entscheidungszusammenhang als ein Zusammenspiel von Technologie und menschlichen
Interaktionen (Phillips 1989, S. 86). Es ist jedoch wichtig zu bemerken, dass Ent-scheidungsanalysen nicht darauf abzielen,
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62
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
absolute Lösungvorschläge für Probleme zu liefern, sondern eher einen tieferen Einblick in die jeweilige Problemstrukur zu
geben, der im Idealfall die Kreativität des Entscheidungsträgers anregt und es diesem ermöglicht, eine für ihn vernünftige,
gleichzeitig auch zu rechtfertigende Entscheidung zu treffen (Keeney 1982, S.76).
Im folgenden soll nun ein Überblick über verschiedene Arten von Entscheidungstechniken gegeben werden, die zum
Lösen von komplexen Situationen Verwendund finden.
9.2.2
Entscheidungsmodelle
Im Allgemeinen werden Entscheidungsmodelle oft mit der Konstruktion von Entscheidungsbäumen oder Nutzenfunktionen
gleichgesetzt. Tatsächlich gibt es aber eine Reihe weiterer Techniken, die beim Lösen von komplexen Problemsituationen
hilfreich sein können.
Phillips (1989, S.74) unterscheidet hierbei sieben verschiedene Modelle, die, je nach dem, ob das Problem durch
Unsicherheit oder Zielvielfalt gekennzeichnet ist, angewendet werden können. Abbildung 1 bietet einen Überblick über
diese Modelle, die im folgenden dann einzeln vorgestellt werden sollen (vgl. Abb. 1):
Abbildung 1: Taxonomie der Entscheidungsmodelle
Quelle: Phillips 1989, S. 74
9.2.3
Option AUSWÄHLEN
Techniken in dieser Kategorie zielen darauf ab, Alternativen und Konsequenzen zu strukturieren und damit übersichtlicher
werden zu lassen, sodass ein direkter Vergleich zwischen ihnen leichter stattfinden kann (Clemen 2001, S. 49). Die zwei
am häufigsten verwendeten Modelle sind hier Entscheidungstabellen und Entscheidungsbäume (Phillips 1989, S. 74).
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63
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Entscheidungstabellen
Zunehmende Komplexität des Betriebsgeschehens erfordert heute verstärkt methodisches Planen, um Zufälle und
unüberlegtes Handeln soweit als möglich auszuschalten. Oft bleiben dabei verbale Beschreibungen vielschichtiger
Entscheidungssituationen oder auch ihre Darstellung, etwa durch Flussdiagramme, unbefriedigend. Um diese übersichtlicher
und gleichzeitig in kürzerer Form darstellen zu können, bilden Entscheidungstabellen ein bewährtes Hilfsmittel in
der betrieblichen Praxis. Entscheidungstabellen sind systematische Darstellungen von zu ergreifenden Alternativen
beziehungsweise Maßnahmen bei verschiedenen möglichen Situationen. Sie setzen voraus, dass eine eindeutige Zuordnung
von bestimmten Aktionen zu klar definierten Bedingungen gegeben ist (Goodwin und Wright 2004, S. 96).
Die Entscheidungstabellen enthalten in ihren Zeilen die Bedingungen und Aktionen, in ihren Spalten die Entscheidungsregeln
(Goodwin und Wright 2004, S. 96):
Regeln
1
2
3
4
5
6
7
8
Bedingungen
Aktionen
Die Bedingungen sind in diesem Zusammenhang jeweils mit einem logischen „und“, die Aktionen mit einem exklusiven
„oder“ verknüpft. Als Bedingungsanzeiger dürfen eingesetzt werden:
Y = für „Bedingung erfüllt“,
N = für „Bedingung nicht erfüllt“ und
- = für „Bedingung irrelevant“.
Als Aktionsanzeiger dürfen eingesetzt werden:
X = „Aktion ist auszuführen“ und
- = „Aktion ist nicht auszuführen“.
Die folgende Entscheidungstabelle verdeutlicht dies einmal an dem einfachen Beispiel, welche Papiere für Warenlieferungen
zu einem Unternehmen erstellt werden müssen:
Ware kommt vom Lieferanten
Y
Y
N
N
Ware kommt vom Hauptlager
-
-
Y
Y
Ware geht an Hauptlager
Y
Y
N
N
-
Y
Y
N
Produktion
Kunde
Wareneingangspapiere (1)
-
X
X
-
Y
-
Warenbezugsschein
(2)
-
-
X
X
-
Warenausgangspapiere (3)
-
-
-
-
X
Abbildung 2: Entscheidungstabelle
Quelle: Eigene Darstellung
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64
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Es ist unmittelbar einsichtig, dass bei umfassenderen Problemstellungen eine derartige Darstellungsart relativ schnell
unübersichtlich wird; so bietet sich die Entscheidungstabellen-Technik eher – vorausgesetzt, es ist keine DV-Unterstützung
möglich – in der Regel für kleinere, kurzfristigere Entscheidungssituationen an (Goodwin und Wright 2004, S. 96).
Entscheidungsbäume
Entscheidungsbäume können sowohl bei hoher Unsicherheit, als auch bei einer grossen Zielvielfalt eingesetzt werden
(Phillips 1976, S. 76).
Im Allgemeinen werden in Entscheidungsbäumen Quadrate verwendet, um Entscheidungsknoten darzustellen. Da jeder
Zweig, der von diesen Knoten ausgeht, eine Alternative repräsentiert, kann der Entscheidungsträger daher an jedem
Knoten auswählen, welchem Zweig er folgen möchte. Daneben werden Kreissymbole verwendet, um Zufallsknoten zu
repräsentieren. Diejenigen Zweige, die von einem Zufallsknoten abgehen, stellen die möglichen Konsequenzen für einen
Entscheidungsweg dar. Die Konsequenzen können nicht vom Entscheidungsträger beeinflusst werden, sondern sind in
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hohem Maße vom Zufall abhängig (Goodwin und Wright, 2003, S. 145)
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65
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Abbildung 3 zeigt dazu beispielhaft die Entscheidungssituation eines Ingenieurs, der vor dem Problem steht, ein bestimmtes
Modul zu designen. Um das neue Modul einsatzbereit zu machen, hat dieser eine Woche zur Verfügung. Bisher wurden
im Unternehmen solche speziellen Teile immer mit Hilfe einer Technik entwickelt, die etwa drei Tage in Anspruch nimmt
und die auf der Erstellung von verschiedenen Tabellen und Graphiken basiert. Diesmal jedoch überlegt der Ingenieur,
ein Computer-unterstütztes Modul zu entwickeln, entweder durch den Kauf eines fertigen Softwarepacketes oder durch
das Programmieren eines eigenen Systems. Während das fertige System sofort einsatzbereit wäre, würde eine hauseigene
Entwicklung etwa drei weitere Tage in Anspruch nehmen. Allerdings ist sich der Ingenieur dabei nicht sicher, ob ein
selbstentwickeltes System gleich einwandfrei funktionieren würde; das gleiche gilt ebenso für den Kauf eines fertigen
Programmes.
Wenn er sich für eine fertige Software entscheiden sollte und es stellt sich heraus, dass diese nicht funktioniert, hat er immer
noch die Möglichkeit, die altbewährte Methode zu verwenden oder aber ein eigenes Programm zu schreiben (vgl. Abb. 3).
Das Entscheidungsproblem des Ingenieurs
Programm
schreiben
Programm
funktioniert
A
B
nicht
Neue
Methode
Paket
funktioniert
Paket
benutzen
C
Alte
Methode
nicht
Programm
schreiben
D
Programm
funktioniert
nicht
Alte
Methode
E
F
G
Abbildung 3: Beispiel eines Entscheidungsbaumes
Quelle: Eigene Darstellung
Alle in Abbildung 3 aufgeführten Konsequenzen sind am Ende des Entscheidungsbaumes durch Buchstaben
gekennzeichnet. Sie können vor allem anhand von vier verschiedenen Kriterien bewertet werden: (1) Dauer des
Designprozesses, (2) Flexibilität der Designmethode, (3) Genauigkeit des Endproduktes und (4) Kosten der Entwicklung.
Aufgrund dieser Kriterien ist das Problem durch eine Mischung aus Unsicherheit und Zielvielfalt gekennzeichnet. Das
Modell des Entscheidungsbaumes spiegelt alle diese wichtigen Aspekte der Problemsituation wider und soll so dem
Entscheidungsträger dabei helfen, sich alle ihm zur Verfügung stehenden Optionen und Auswirkungen bewusst zu machen.
Es beabsichtigt nicht, eine optimale Vorgehensweise normativ vorzuschreiben, sondern es soll dem Entscheidungsträger
vielmehr ermöglichen, eine für ihn optimale Entscheidung zu treffen, unabhängig vom Ausgang der Analyse.
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66
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Als Ergebnis indiziert der vorliegende Entscheidungsbaum, dass der Kauf des fertigen Softwarepacketes die beste
Entscheidung darstellt. Der Ingenieur empfindet die Analyse als sehr aufschlussreich und hilfreich; dennoch entscheidet er
sich, ein eigenes Programm zu entwickeln und ist damit erfolgreich. Ein solches Entscheidungsmodell, dessen Konstruktion
als nützlich angesehen und dessen Ergebnis dennoch ignoriert wird, bezeichnet man in den Entscheidungswissenschaften
als requisites Entscheidungsmodell (Phillips, 1989, S. 76). Diese zielen darauf ab, „ausreichend in Form und Inhalt“ zu sein,
um die Problemsituation zu lösen und das Aufkommen von Meta-Perspektiven zu zulassen, die es dem Entscheidungsträger
ermöglichen, die Problemsituation in einem „neuen Licht“ zu betrachten (ibidem).
9.2.4
Problem ERWEITERN
Entscheidungsmatrix
Ein wichtiges Instrument zur Erweiterung und Strukturierung von Entscheidungsproblemen stellt die Entscheidungsmatrix
dar. Ihr liegen Zusammenhänge zugrunde, wie sie im Grundmodell der Entscheidungstheorie ausgedrückt sind
(vgl. Abb. 4).
Umweltzustände (Situationen)
A
Handlungsalternativen
B
I
Ergebnisse
II
III
Abbildung 4: Grundmodell der Entscheidungstheorie
Quelle: Eigene Darstellung
Werden Nutzwerte und Eintrittswahrscheinlichkeiten in die Darstellung mit einbezogen, so spricht man von einer
Entscheidungsmatrix. Hierzu das Beispiel einer defekten Maschine: Zunächst geht es um die Formulierung der möglichen
Alternativen, also etwa Maschine reparieren, neue Maschine kaufen oder Produktion einstellen. Erfahrung und Kreativität
stellen dabei die Grundlage für die Alternativensuche dar. Der Entscheidungsträger muss sodann die Konsequenzen
(Ergebnisse) der erwogenen Alternativen abschätzen. Da Entscheidungen in der Realität immer bei unvollkommener
Information zu treffen sind, kann grundsätzlich nur ein Wahrscheinlichkeitsurteil über mögliche Ergebnisse gefällt werden.
Dieses hängt dabei vom, in der Regel Änderungen unterworfenen Informationsstand des Entscheidungsträgers ab. Die
gefundenen Alternativen können zunächst zur Veranschaulichung in einer sogennanten Ergebnismatrix dargestellt werden.
Dazu werden die Handlungsalternativen den jeweils zu erwartenden Situationen gegenübergestellt. Die sich so ergebenden
Quadranten stellen inhaltlich dann die möglichen Ergebnisse dar. Um diese gegeneinander abwägen zu können, bedarf
es für den Entscheidungsträger entsprechender konkreter Daten (etwa für die Kosten oder die zu erwartenden Umsätze).
Anschließend gilt es, die Ergebnismatrix in eine Nutzenmatrix zu überführen. Hierzu müssen die Ergebnisse vom
Entscheidungsträger entsprechend seiner Präferenzen bewertet werden (zum Beispiel stellt in einer Nutzenskala von 1 bis
6 die 1 den geringsten Nutzen dar). Darüber hinaus sind die subjektiven Eintrittswahrscheinlichkeiten zu berücksichtigen,
die im vorliegen-den Fall etwa unter anderem auf unterschiedlichen Marktforschungsanalysen beruhen können.
Davon ausgehend, dass die subjektive Eintrittswahrscheinlichkeit für ein Ansteigen der Nachfrage 0,6 und ein Fallen der
Nachfrage 0,4 beträgt, würden sich folgende Matrizen ergeben:
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67
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Situation
Entscheidungsoption
Nachfrage für
Artikel steigt
Nachfrage für
Artikel sinkt
Maschine reparieren
Reparaturkosten,
permanenter Absatz,
Reparaturkosten,
Absatzrückgang
Neue, leistungs fähigere Maschine
Anschaffungskosten,
Absatzsteigerung
Anschaffungskosten,
Absatzrückgang
Produktion an dieser geringe Kosten,
Maschine einstellen kein Absatz
geringe Kosten,
kein Absatz
Abbildung 5: Beispiel einer Ergebnismatrix
Quelle: Eigene Darstellung
Situation
Entscheidungsoption
A
B
I
6
2
II
5
1
III
3
4
Abbildung 6: Beispiel einer Nutzenmatrix
Quelle: Eigene Darstellung
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68
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Entscheidungsalternative
Situation
A
B
Summe
I
6 x 0.6
+
2x0.4
=
4.4
II
5 x 0.6
+
1 x 0.4
=
3.4
III
3 x 0.6
+
4 x 0.4
=
3.4
Abbildung 7: Beispiel einer Enscheidungsmatrix
Quelle: Eigene Darstellung
Entscheidungskriterium ist hier die Höhe des erwarteten Nutzens. Im vorliegenden Beispiel würde man sich danach also
zu einer Reparatur der Maschine entschliessen.
Besteht keine Möglichkeit, sich auf Eintrittswahrscheinlichkeiten festzulegen, oder soll der Prozess beschleunigt werden,
kann die sogenannte Mini-Max-Methode weiterhelfen. Hierbei entscheidet man sich – von der Nutzenmatrix ausgehend
– für die Handlungsalternative, bei der der jeweils mögliche niedrigste Nutzen am höchsten ist:
Situation
Entscheidungsoption
A
B
Min
I
6
2
2
II
5
1
1
III
3
4
3 Max
Abbildung 8: Nutzenmatrix
Quelle: Eigene Darstellung
In diesem Fall würde die Entscheidung also zugunsten der Alternative III fallen.
Die Entscheidungstheorie liefert allgemein den formalen begrifflichen Rahmen zur Beschreibung komplexer
Entscheidungssituationen. Die Matrixbetrachtung trägt in diesem Zusammenhang dazu bei, das Entscheidungsproblem
systematisch zu analysieren. Sie zwingt insbesondere dazu, für jede mögliche Massnahme zu überlegen, welche Konsequenzen
bei Eintritt alternativer Umweltkonstellationen eintreten könnten.
Das Formulieren einer Ergebnismatrix zwingt den Entscheidungsträger, sich über die ihm zur Verfügung stehenden
Alternativen und deren mögliche Ergebnisse Klarheit zu verschaffen. Dieser Tatbestand allein vermag mit Sicherheit oft
schon, zu einer Verbesserung der Qualität der betreffenden Entscheidungen beizutragen.
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69
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Entscheidungsbaum
Bei Entscheidungsbäumen handelt es sich – ähnlich wie bei der oben schon beschriebenen Ent-scheidungsmatrix –
um die Darstellung von einem Entscheidungsträger zur Verfügung stehen-den Alternativen in Abhängigkeit von den
verschiedenen möglichen Umweltsituationen. Alternativen (je Periode) und Umweltsituationen (je Periode) wechseln
sich dabei ab. Durch die Einbeziehung relevanter Zahlungströme und der dazugehörigen Eintrittswahrscheinlichkeiten
kommt man hier auf der Grundlage eines Entscheidungskriteriums (etwa des erwarteten Kapitalwertes einer Investition)
zu einer für den Entscheidungsträger in diesem Augenblick optimalen Entscheidung. Zunächst zur Verdeutlichung der
Vorgehensweise ein anschauliches Beispiel:
Ein Unternehmen steht vor der Entscheidung, für einen Produktbereich eine Werbekampagne durchzuführen oder auf
diese zu verzichten. Bei der Entscheidung ist zu berücksichtigen, dass auch die Konkurrenz mit einer Wahrscheinlichkeit
von 70 Prozent mit Werbeaktivitäten auf den Markt tritt, dies unabhängig davon, ob das betreffende Unternehmen sich für
oder gegen eine Werbekampagne ausspricht. Im Falle der Entscheidung für eine Werbekampagne hat das Unternehmen bei
einer nachfolgenden Werbung seitens der Konkurrenz einen Umsatz von 80 000 Euro zu erwarten, von denen nach Abzug
von 15 000 Euro für Werbekosten als Netto-Cash-Flow 65 000 Euro verbleiben. Erfolgt keine Werbung der Konkurrenz,
was logischerweise mit 30 Prozent Wahrscheinlichkeit eintreten kann, beträgt der Netto-Cash-Flow aufgrund eines um
20 000 Euro höheren Umsatzes 85 000 Euro. Spricht sich das betreffende Unternehmen gegen eine Werbekampagne aus,
die Konkurrenz aber nicht, bleibt ihm ein Umsatz beziehungsweise Netto-Cash-Flow – Werbekosten fallen ja nicht an –
von 20 000 Euro. Sofern auch die Konkurrenz auf eine Werbung verzichtet, würde der entscheidenden Unternehmung
dies einen Umsatz beziehungsweise Netto-Cash-Flow von 80 000 Euro bringen.
Zunächst gilt es, den Tatbestand im Entscheidungsbaum darzustellen. Anschliessend sind die relevanten Zahlungsströme, also
die Umsätze, die Kosten ebenso wie die Differenz ermittelte Netto-Cash-Flow mit einzubeziehen. Die Multiplikation der je
Ast des Entscheidungsbaumes errechneten Netto-Cash-Flow-Werte mit den dazugehörigen Eintrittswahrscheinlichkeiten
ergibt die Erwartungswerte; diese müssen abschliessend noch je Alternative addiert werden, um zu einer optimalen
Entscheidung zu gelangen (vgl. Abb. 9):
Alternativen
Ereignisse
Konkurrenz
wirbt
Werbekampagne
Keine Werbekampagne
Konkurrenz
wirbt nicht
Konkurrenz
wirbt
W(E)
Umsatz
Kosten
Netto
cash
flow
Erwartungswert
0,7
80.000
15.000
65.000
45.500
0,3
100.000
15.000
85.000
25.500
71.000
20.000
0
20.000
14.000
80.000
0
80.000
24.000
38.000
0,7
Konkurrenz
wirbt nicht
0,3
Abbildung 9: Einperiodischer Entscheidungsbaum
Quelle: Eigene Darstellung
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70
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Welche der beiden Alternativen den Entscheidungspromotoren der betreffenden Unternehmung zu empfehlen ist, ergibt
sich aus dem Vergleich der Erwartungswerte. Im vorliegenden Beispiel entsprechen diese je Alternative der Summe der
Produkte von Netto-Cash-Flow-Werten als Ergebniswerten und den dazugehörigen Wahrscheinlichkeiten für das jeweilige
Ereignis. Da der Erwartungswert der Entscheidung für eine Werbekampagne (71 000) wesentlich günstiger ausfällt als
der der gegenteiligen Entscheidungsalternative (38 000), ist eine Entscheidung für die Werbekampagne gutzuheissen.
Die bisher behandelten Probleme sind überwiegend einperiodischer Natur gewesen. In der Praxis muss jedoch auch
häufig für mehrere Perioden geplant, also antizipativ entschieden werden. Es ergeben sich in diesem Zusammenhang
zwei Problemaspekte: Durch eine bestimmte Ausgangsentscheidung kann der zukünftige Entscheidungsspielraum
dadurch eingeschränkt werden, dass nur noch ganz bestimmte Folgeentscheidungen – im Extremfall gar keine mehr
– möglich sind. Die Auswahl einer Alternative, also die Entscheidung für einen (konkreten) Plan, sollte also nicht
ohne Kenntnis und Berücksichtigung der in der darauffolgenden Periode zu treffenden Folgeentscheidung erfolgen.
Darüberhinaus ergibt sich bei mehrperiodischen Entscheidungssituationen das weitere Problem, dass die Auswahl der
(noch verbleibenden) Alternativen vom Eintritt bestimmter Situationen abhängt, die sich oft – wie etwa die Nachfrage –
nur sehr unsicher prognostizieren lassen. Gerade bei derartigen mehrperiodischen Entscheidungsproblemen vermag die
Entscheidungsbaum-Technik eine wertvolle Hilfestellung zu liefern. In Anlehnung an das in der betriebswirtschaftlichen
Literatur schon berühmte und vielzitierte Beispiel von Hax (vgl. Hax 1974, S. 88) sei dies im fogenden verdeutlicht:
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71
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Für die Situationen einer ungewissen Nachfrage plant ein Unternehmen die Errichtung einer Vertriebsniederlassung
im Ausland. Diese kann entweder sofort in vollem Umfange oder zuerst in Form eines kleineren Betriebes eingerichtet
werden, der anschliessend dann erweitert wird. Die Investitionsausgaben sind im zweiten Fall höher; man hat dafür
aber den Vorteil, die Entwicklung der Nachfrage abwarten und davon die Entscheidung abhängig machen zu können,
ob die Erweiterung überhaupt durchgeführt werden soll. Die Nachfragesituationen seien durch die Möglichkeiten einer
grossen oder kleinen Nachfrage charakterisiert. Der Planungszeitraum wird in zwei Perioden aufgeteilt, wobei in der
ersten Periode bei Errichtung der Vertriebsniederlassung in zwei Stufen nur die erste arbeitet. Die Wahrscheinlichkeiten
für das Eintreten grosser oder kleiner Nachfragen in den beiden Perioden sind im Situationsbaum angegeben.
Zielgrösse in der Entscheidungssituation ist der Kapitalwert der gesamten Investition, also die Summe aller auf den
Ausgangspunkt abgezinsten Einzahlungsüberschüsse. Im dargestellten Entscheidungsbaum sind die Kapitalwerte für
jeden Ergebnisknoten aufgeführt. Sie werden nach der Formel errechnet: Kapitalwert = abgezinster Überschuss der
ersten Periode + abgezinster Überschuss der zweiten Periode - abgezinste Investitionszahlung. In diesem Beispiel sollen
die abgezinsten Investitionszahlungen bei sofortiger Errichtung des Gesamtbetriebes 180 Geldeinheiten, bei Errichtung
in zwei Stufen in der ersten 100 und in der zweiten 90 betragen. Die abgezinsten Einzahlungsüberschüsse betragen bei
grosse Nachfrage in der ersten Periode im Gesamtbetrieb 80 Geldeinheiten, in der ersten Stufe 40. Bei kleiner Nachfrage
betragen die Einzahlungsüberschüsse jeweils 30 Geldeinheiten. In der zweiten Periode betragen bei grosser Nachfrage die
abgezinsten Einzahlungsüberschüsse beim Gesamtbetrieb 240 und ohne Ausbau der zweiten Stufe 120 Geldeinheiten. Bei
kleiner Nachfrage belaufen sich die Einzahlungsüberschüsse jeweils auf 90 Geldeinheiten (vgl. Abb. 10).
Kapitalwert Im
Zeitpunkt t1
Kl. Nachfrage
P-0,8
Kein Ausbau
Kl. Nachfrage
P 0,5
1. Ausbaustufe
2
2.
Ausbaustufe
Gr. Nachfr.P0,2
Kl. Nachfrage
P 0,8
Gr. Nachfr.P0,2
Kl. Nachfrage P0,2
Gr.
Nachfr.P0,8
Kein Ausbau
Gr.
Nachfrage
P 0,5
3
2.
Ausbaustufe
Kl. Nachfrage P0,2
Gr.
Nachfr.P0,8
1
Gesamterrichtung
Kl. Nachfrage
P 0,5
Gr.
Nachfrage
P 0,5
t1
Kl. Nachfrage P0,8
4
5
Ergebnisknoten
50
-70
80
30
60
-60
90
-60
Gr.
Nachfr.P0,2
90
Kl. Nachfrage P0,2
-10
Gr.
Nachfr.P0,8
140
t2
Entscheidungsknoten
20
t3
Ereignisknoten
P = Eintrittswahrscheinlichkeit
Abbildung 10: Mehrperiodischer Entscheidungsbaum
Quelle: Eigene Darstellung
Die Entscheidungsregel lautet: Maximierung des Erwartungswertes der Kapitalwerte. „Rückwärts“ rechnend kommt man
zu folgenden Ergebnissen:
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Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Entscheidungsknoten 2
1. Ausbaustufe realisiert, kleine Nachfrage eingetreten. Erwarteter Kapitalwert der Alternative:
- kein Ausbau: 0,8 x 20 + 0,2 x 50 = 26
- 2. Ausbaustufe: 0,8 x (-70) + 0,2 x 80 = -40
Im Entscheidungsknoten 2 ist die Alternative „kein Ausbau“ mit einem erwarteten
Kapitalwert 26 optimal.
Entscheidungsknoten 3
1. Ausbaustufe realisiert, grosse Nachfrage eingetreten. Erwarteter Kapitalwert der Alternative:
- kein Ausbau: 0,2 x 30 + 0,8 x 60 = 54
- 2. Ausbaustufe: 0,2 x (-60) + 0,8 x 90 = 60
Im Entscheidungsknoten 3 ist die Alternative „2. Ausbaustufe“ mit einem erwarteten
Kapitalwert von 60 optimal.
Entscheidungsknoten 4
Gesamterrichtung realisiert, kleine Nachfrage eingetreten. Keine Entscheidungsmöglichkeit!
Erwarteter Kapitalwert: 0,8 x (-60) + 0,2 x 90 = -30
Entscheidungsknoten 5
Gesamterrichtung realisiert, grosse Nachfrage eingetreten. Keine Entscheidungsmöglichkeit!
Erwarteter Kapitalwert: 0,2 x (-10) + 0,8 x 140 = 110
Entscheidungsknoten 1
Erwarteter Kapitalwert der Alternative:
- 1. Ausbaustufe: 0,5 x 26 + 0,5 x 60 = 43
- Gesamterrichtung: 0,5 x (-30) + 0,5 x 110 = 40
Lösung:
Im Entscheidungsknoten I ist die Alternative „1. Ausbaustufe realisieren“ mit einem erwarteten Kapitalwert 43 also optimal.
Einflussdiagramm
Lindley beschreibt den Hauptnutzen von Einflussdiagrammen bei Entscheidungssituationen als „Problemerweiterung“
(Lindley, 1985, S. 87). Insbesondere, wenn ein hohes Maß an Planungsunsicherheit vorhanden ist und die Entscheidungsträger
einen möglichst einfachen Überblick über die Problemstruktur gewinnen wollen, ist der Einsatz von Einflußdiagrammen
sinnvoll (Oliver and Smith, 1989). Die folgende Abbildung zeigt ein einfaches Beispiel eines Einflußdiagrammes, welches
jederzeit auch in einen Entscheidungsbaum umgewandelt werden kann (vgl. Abb. 11).
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73
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Einflußdiagramm und
assoziierter Entscheidungsbaum
A
B
A
C
A
B
A
B
A
C
B
A
A
C
A
B
A
Abbildung 11: Beispiel eines einfachen Einflußdiagrammes mit Entscheidungsbaum
Quelle: Eigene Darstellung
Dieses Einflußdiagramm besteht aus drei unsicheren Ereignissen, die untereinander in einer bestimmten Abhängigkeit
stehen. In der gleichen Weise wie in Entscheidungsbäumen sind Zufallsknoten als Kreise und Entscheidungsknoten als
Quadrate dargestellt; Pfeile drücken daneben den Einfluß eines Knotens auf einen anderen aus.
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74
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Im Beispiel von Abbildung 11 gibt es zur Vereinfachung des grundsätzlichen Prinzips von Einflußdiagrammen nur
Zufallsknoten. Das Einflußdiagramm kann so interpretiert werden, dass die Planungsunsicherheit über das Ereignis
A reduziert werden könnte, wenn der Status der Ereignisse B und C bekannt sein wäre. Auf der anderen Seite ist die
Planungsunsicherheit über die Ereignisse von entweder B oder C voneinander unabhängig. Der korrespondierende
Ereignisbaum befindet sich auf der rechten Seite der Abbildung. Es ist denkbar, den vier Zweigpaaren verschiedene
Wahrscheinlichkeiten zuzuordnen, um zum Beispiel die Abhängigkeit des Ereignisses A von den Ereignissen B
und C auszudrücken. Aufgrund der Tatsache, dass B nicht von C abhängig ist, müssten den oberen und unteren
Abzweigungen vom Urspungsknoten des Baumes die gleichen Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden. Folglich
können im Entscheidungsbaum keine Unabhängigkeiten ausgedrückt werden. Hierin liegt dagegen die große Stärke
von Einflußdiagrammen. Darüberhinaus können Zusammenhänge, die die Konstruktion von sehr komplexen
Entscheidungsbäumen erfordern würde, relativ einfach und meist nicht mehr als auf einer Seite durch Einflußdiagramme
abgebildet werden.
Weiter Grundprinzipien und Definitionen von Abhängigkeiten sind in Abbildung 12 dargestellt. Ein Pfeil, der auf ein
Ereignis gerichtet ist, deutet darauf hin, dass das Ereignis entweder durch die Wahrscheinlichkeit eines vorherigen Ereignisses
beeinflusst wird oder aber durch eine vorherige Entscheidung. Analog dazu deutet ein auf einen Entscheidungsknoten
gerichteter Pfeil darauf hin, dass die Entscheidung entweder durch eine vorherige Entscheidung getroffen wird oder durch
ein vorheriges Ereignis. Die Summe an verbundenen Entscheidungen und Ereignissen kann dann als Einflußdiagramm
bezeichnet werden (vgl. Abb. 12).
Definitionen in Einflußdiagrammen
A
B
„Die Wahrscheinlichkeit von Ereignis B
hängt vom Ausgang des Ereignisses A ab“
C
D
„Die Wahrscheinlichkeit von Ereignis D
hängt von Entscheidung C ab“
E
F
„Der Entscheidungsträger kennt den
Ausgang von Ereignis“ E, sobald Entscheidung
F getroffen wurde“
G
H
„Der Entscheidungsträger kennt Entscheidung G,
wenn Entscheidung H getroffen ist“
Abbildung 12: Grundprinzipien von Einflussdiagrammen
Quelle: Eigene Darstellung
9.2.5
Meinung REVIDIEREN
In Entscheidungssituationen kann der Einsatz Bayesianischer Statistik dazu beitragen, die Vorstellungen des
Entscheidungsträgers über das Risiko von Ereignissen zu verbessern (von Winterfeldt und Edwards 1986, S 137).
Bayesianische Modelle können dabei als logische Konsequenz von Einflußdiagrammen verstanden werden; eines
ihrer Hauptmerkmale ist der Ausdruck von Planungsunsicherheit in Form von Wahrscheinlichkeitsverteilungen, die
kontinuierlich revidiert werden, sobald neue Beobachtungen auftreten. Hierzu wird das Bayes’ Theorem verwendet, das auf
den Prinzipien der bedingten Wahrscheinlichkeitsrechnungen basiert und im mathematischen Sinne wie folgt ausgedrückt
werden kann: Die Wahrscheinlichkeit von Hypothese H, die durch die Beobachtung E bedingt ist, kann als
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75
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
PE(H) = P(H & E) / P(E)
definiert weden, vorausgesetzt, dass beide Variablen der Formel existieren und P(E) < 0; dabei setzt das Theorem die
direkte Wahrscheinlichkeit einer Hypothese H, die durch den Datensatz E bedingt ist, in Beziehung zu der „umgekehrten“
Wahrscheinlichkeit der Daten, die durch die Hypothese PH(E) bedingt wird (von Winterfeldt und Edwards 1986, S 137).
Als Konsequenz entsteht eine neue Wahrscheinlichkeitsverteilung, deren Varianz kleiner geworden ist. Ein Beispiel für
die Wirkung von Bayesianischen Modellen ist in Abbildung 13 verdeutlicht (vgl. Abb. 13):
Aktualisieren von Wahrscheinlichkeiten durch Bayes
0.6
0.5
DATEN
0.4
„hohe Sicherheit“
„robuste Konstruktion“
„gutes Management“
etc
0.3
0.2
0.1
0
niedrig
mittel
RISIKO
Anschließende
Wahrscheinlichkeit
Vorherige
Wahrscheinlichkeit
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
hoch
niedrig
mittel
RISIKO
hoch
Abbildung 13: Bayesianisches Prinzip
Quelle: Eigene Darstellung
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76
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Ein Versicherungsvertreter hat die Anfrage eines Unternehmens, eine Feuerschutzversicherung für Gebäude und
Maschinen abzuschliessen. Die Versicherung verwendet Daten aus ihrem Portfolio an Unternehmen, um eine vorherige
Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Dimension des Risikos zu ermitteln. Die Verteilung ist auf der linken Seite der
Abbildung in Form eines Histogrammes dargestellt. Der Versicherungsvertreter erhält daraufhin Informationen über eine
Reihe von Faktoren, zum Beispiel die Konstruktionsweise der betroffenen Gebäude des Klienten, wie gut das Gebäude
gepflegt und verwaltet wird, mögliche Schäden etc. Diese „neuen“ Daten werden dann mit Hilfe eines Computers dazu
verwendet, um die ursprüngliche Wahrscheinlichkeitsverteilung anzupassen und zu aktualisieren. Als Ergebnis entsteht
ein neues Histogramm, welches auf der rechten Seite von Abbildung 13 dargestellt ist. Die neue Verteilung dient dem
Versicherungsvertreter dann als Basis für die Berechnung von Versicherungsprämien, sodass eine kundenspezifische
Prämie für das betreffende Unternehmen bestimmt werden kann.
Diese Art von Modellen ermöglichen es, dass aus Daten über die Unsicherheit eines Ereignisses Hypothesen gebildet
werden können, die etwas über das Gesamtrisiko des Objektes auszusagen vermögen. Komplexere bayesianische Modelle
sind darüberhinaus in der Lage, die Unzuverlässigkeit von Daten in die Konstruktion von Wahrscheinlichkeitsverteilungen
miteinzubeziehen. Derartige Techniken finden mittlerweile häufig Anwendung, etwa in medizinisch-diagno-stischen
Systemen oder speziellen Expertensystemen (Phillips 1989, S. 78).
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77
Methoden einer Marketing-Planung
9.2.6
Entscheidungstechniken
In Komponenten ZERLEGEN
Die letzte wichtige Art von Entscheidungsmodellen, die bei grosser Planungsunsicherheit verwendet werden können, ist
die Risikoanalyse oder auch Monte Carlo Analyse oder „credence decomposition“ (Hertz und Thomas 1986, S. 4; Phillips
1989, S. 78). Diese Methode kann vor allem dann verwendet werden, wenn es sich um ein sehr komplexes System handelt
und es möglich ist, die vorherrschende Unsicherheit in ihre Komponenten aufzuteilen. Hierzu ein weiteres Beispiel (vgl.
Abb. 14):
Beispiel einer Monte Carlo Analyse
1. Chancen, daß die Werte erreicht werden (horizontal) Spannweite der Werte (vertikal)
Marktgröße
2. Zufallsauswahl
Verkaufspreis
3. Einkünfte für jede
Kombination
Fixkosten
4. Wiederholung des
Prozesses, bis das Risiko
abgebildet werden kann
Einkünfte
Abbildung 14: Credence decomposition
Quelle: Eigene Darstellung
Ein Unternehmen A denkt über die Einführung eines neuen Produktes nach. Um das Risiko eines Mißerfolges zu
minimieren, möchte das Unternehmen herausfinden, welche Größen ordnung die potenziellen Einkünfte haben werden.
Allerdings sind keine genauen Daten über die Zusammenhänge von einzelnen Faktoren, die den „Return on Investment“
für das neue Produkt bestimmen, im Unternehmen vorhanden. Deshalb erscheint es sinnvoll, eine Monte Carlo Analyse
durchzuführen, die das mit dem neuen Produkt verbundene Risiko zu simulieren vermag. Um dies zu erreichen, muss
das Unternehmen eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Einkünfte bestimmen, die mit dem jeweiligen Produkt
verbunden sind (Hertz and Thomas 1983, S. 3). Hertz und Thomas (1983, S. 4) schlagen hierzu drei dabei Schritte vor,
in denen die Risikoanalyse durchgeführt werden kann:
Als erstes gilt es, alle wichtigen Faktoren zu erörtern, die eine Auswirkung auf den „Return on Investment“ eines
Produktes haben könnten. Im vorliegenden (sehr vereinfachten) Beispiel kommt der Marketing-Manager des betreffenden
Unternehmens zu dem Entschluß, dass vor allem drei Faktoren die späteren Einkünfte des Produktes bestimmen:
Marktgröße, Verkaufspreis und Fixkosten des Produktes. Es wäre sicher auch möglich, den Marketing-Manager direkt nach
den Wahrscheinlichkeiten für jeden der drei Faktoren zu befragen; in den meisten Fällen haben Entscheidungsträger jedoch
grosse Schwierigkeiten, diese Art von Werturteilen zu treffen, da alle Faktoren, die die späteren Einkünfte beeinflussen
könnten, sowie alle denkbaren Kombinationen der Faktoren zur gleichen Zeit berücksichtigt werden müssten.
Deshalb gilt es, das Problem der Wahrscheinlichkeitsbestimmung von Anfang an in kleinere Komponenten zu zerlegen,
sodass der Entscheidungsträger für jeden der drei Faktoren separat eine realistische Spannweite an generell möglichen
Werten, deren Wahrscheinlichkeiten und den höchstwahrscheinlichen Wert abschätzen kann (Goodwin und Wright
2003, S. 179).
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78
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Als zweiten Schritt, welcher in der Praxis mittlerweile regelmässig mit einem Computer vollzogen wird, muss jeweils ein
Wert (mit der dazugehörigen Wahrscheinlichkeit) eines jeden Faktors miteinander kombiniert werden, sodaß der Wert
eines denkbaren „rate of return“ für das betreffende Produkt berechnet werden kann (Hertz und Thomas, 1983, S. 31).
Wenn dieser Prozeß dann im dritten Schritt immer und immer wieder wiederholt werden wird, entsteht eine „kombinierte“
Wahrscheinlichkeitskurve für die Einkünfte, die mit dem neuen Produkt assoziiert werden können (Hertz und Thomas
1983, S. 32). Folglich kann der Entscheidungs-träger anhand dieser Kurve ablesen, welcher der höchstwahrscheinliche
Wert ist und somit das Investitionsrisiko für sein Unternehmen bestimmen.
Das Erfolgskonzept einer derartigen Risikoanalyse ist, dass sie auf bewährten Verfahren zur Bestimmung von
Wahrscheinlichkeitskurven basiert und somit ein relativ „objektives“ Mittel zur Annäherung an das tatsächliche Risiko
darstellt (Phillips 1989, S. 79).
9.2.7
Optionen BEWERTEN
Wie bereits angesprochen, drücken die Entscheidungstechniken auf der rechten Seite von Abbil-dung 1 das Vorherrschen
einer Vielzahl von miteinander in Konflikt stehenden Zielen, Attributen und Kriterien in der Problemsituation aus.
Ausserdem sind bei dieser Art von Problem-stellungen oft nur eine begrenzte Anzahl an Optionen (oder wahlweise auch
Strategien, Projekte, Systeme etc.) verfügbar (Belton und Stewart 2001, S. 13). Folglich zielen Techniken dieser Kategorie
vornehmlich darauf ab, die Bewertung von Optionen zu erleichtern.
In diesem Zusammenhang gibt es im Allgemeinen fünf verschiedene Entscheidungssituationen (Belton und Stewart, 2001,
S. 31): (1) Die einfache Auswahl aus einem Set von Alternativen, (2) das Klassifizieren von Aktionen und Prozessen
nach verschiedenen, vordefinierten Levels, wie zum Beispiel „absolut akzeptabel“, „möglicherweise akzeptabel, aber
mehr Informationen notwendig“, „absolut unakzeptabel“, (3) die Konstruktion einer Rangfolge im Einklang mit den
Präferenzen des Entscheidungsträgers, (4) der Erwerb eines besseren Problemverständnisses durch Formalisierung
und Systematisierung von Aktionen und Konsequenzen und (5) die Identifikation und Konstruktion von neuen
Handlungsalternativen, um die Ziele zu erreichen, die während des Prozesses offenbar geworden sind.
Die traditionelle und in der Praxis am häufigsten verwendete Technik zum Lösen solcher Problemtypen ist die
multikriterielle Entscheidungsanalyse (Multi Criteria Decision Analysis, MCDA) (Phillips 1989, S. 80). Diese basiert in den
meisten Fällen entweder auf „multiplen Nutzenfunktionen“ oder aber auf „multiplen Wertfunktionen“ (von Winterfeldt
und Edwards 1986, S. 18). Ziel einer solchen Analyse ist es, die Werturteile des Entscheidungsträgers zu formulieren und
zu modellieren, um somit eine Reihenfolge der zur Verfügung stehenden Al-ternativen erstellen zu können (Phillips 1989,
S. 80). Im folgenden soll nun die Vorgehensweise bei multikriteriellen Wertfunktionen vorgestellt werden, da diese sowohl
in der Theorie als auch in der Praxis die höchste Plausibilität und Anwendbarkeit aufweist (Belton und Stewart 2001, S. 58).
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79
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Bei multikriteriellen Wertfunktionen geht es in erster Linie darum, die Werturteile und Prä-ferenzen des Entscheidungsträgers
auf einer direkten Skala abzubilden und dann zu messen. Diese Technik basiert auf der Konstruktion von teilweisen
Wertfunktionen, die sich am Ende der Entscheidungsanalyse zu einem Werturteil kombinieren lassen, sodass jede
Alternative mit einer realen Zahl assoziiert werden kann. Voraussetzung hierfür ist die Grundannahme des Additionsprinzips von teilweisen Wertfunktionen („Additivity“) sowie die Annahme, dass die Kriterien im Entscheidungsmodell
„komplett“ sind, sodass eine Entscheidung auf Basis der verwendeten Imputgrössen getroffen werden kann und diese
Entscheidung nicht von Faktoren ausserhalb des Modelles beeinflusst werden kann („preferential independence“) (Keeney
und Raiffa 1976, S. 135). Auf diese Weise kann eine Rangfolge von Entscheidungsalternativen erstellt werden, die mit den
Werturteilen des Entscheidungsträgers konsistent ist (von Winterfeldt und Edwards 1986, S. 14).
Ein Beispiel hierfür ist etwa das Karriereproblem eines Abiturienten, der sich für einen Weg entscheiden muss: Er hat
von seinen Berwerbungen drei Zusagen für ein Wirtschaftsstudium erhalten und weiss nicht so genau, an welcher
Universität er sich einschreiben sollte. Zu der Auswahl gehören die Harvard University in den USA, University of
Oxford in Großbritannien und die Copenhagen Business School in Dänemark. Der Abiturient empfindet vor allem
drei Entscheidungskriterien als wichtig für die Auswahl: „Höhe der Studiengebühren“, „Renomée der Institution“ sowie
„Qualität der Forschung und Lehre“.
Abbildung 15 zeigt hierzu nun einen möglichen Wertebaum für das Karriereproblem, der die Entschei-dungssituation
in Kosten und Vorzüge der jeweiligen Option aufteilt. Um eine Rangfolge der Alternativen erstellen zu können, müssen
diese gegenüber jedem einzelnen Kriterium gemessen werden. Dabei können sowohl natürliche Skalen verwendet
werden oder aber auch künstliche Intervallskalen, meist zwischen 0-100 konstruiert werden. Attribute müssen aber nicht
unbedingt quantitativ messbar sein, sondern können zum Beispiel durch qualitativ Skalen schrittweise gemessen werden,
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die dann in einem späteren Schritt in numerische Schritte konvertiert werden (zum Beispiel „sehr schwach“, „schwach“,
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80
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
„neutral“, „stark“, „sehr stark“) (Belton und Stewart 2001, S. 86). Eine Bewertung von Alternativen durch eine künstliche
Skala setzt das Festlegen von zwei Referenzpunkten voraus („0“ und „100“), die benutzt werden können, um numerische
Werte für die dazwischenliegenden Alternativen zu bestimmen. Vorausgesetzt, dass zum Beispiel beim Kriterium
„Kosten“ die Copenhagen Business School die beste Alternative ist („100“) und Harvard die schlechteste („0“), wird der
Entscheidungsträger dann gefragt, wieviel ihm die Option Oxford in Bezug auf das Kriterium „Kosten“ im Vergleich zu
Harvard bedeutet. In dieser Weise könnte dann ein Wert zwischen 0 und 100 ermittelt werden.
Nachdem die einzelnen Alternativen in Bezug auf jedes Kriterium gemessen worden sind, müssen die verschiedenen
Skalen, die für die Kriterien benutzt werden, vergleichbar gemacht werden. Dies kann durch die Verwendung des Swing
weighting Prinzips geschehen (von Winterfeldt und Edwards 1986, S. 278): Ähnlich wie bei der Bewertung von Optionen
muss hierbei ein Referenzpunkt bestimmt werden, der den Wert „100“ zugeordnet bekommt. In Abbildung 15 ist dies
das Kriterium „Kosten“, welches dann als Basis benutzt wird, um die anderen beiden Kriterien zu messen. Im Vergleich
zu „Kosten“ empfindet der Abiturient das Kriterium „Renomée“ als weniger wichtig und weist ihm einen Wert von 75
zu. „Qualität der Ausbildung“ hat die geringste Bedeutung unter den Kriterien und erhält eine 46.
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81
Methoden einer Marketing-Planung
„Vertenbaum”
Entscheidungstechniken
„Swing weighting-Prinzip”
Lebenshaltung
Kosten
100
Kosten
Uni-Gebūrhen
Renomeé
100
75
Karrierepfad
50
Lebenshaltung
Qualitāt
100
46
Vorzūge
0
Uni-Gebūrhen
0
0
Abbildung 15: Karrierebeispiel
Quelle: Eigene Darstellung
Anhand der verteilten Gewichtungen und Werte kann nun die folgende Wertfunktion verwendet werden, um eine
Gesamtrangfolge zu konstruieren:
V(a) = Σwivi(a)
“Wi” repäsentiert die relative Bedeutung des Kriteriums „i“ und drückt den Wertzuwachs aus, der entsteht, wenn die
schlechteste Alternative durch die beste ausgetauscht wird (Belton and Stewart 2001, S. 85). „V“ ist der Wert zwischen 0-100,
der einer Alternative in Bezug auf ein bestimmtes Kriterium zugeordnet werden kann. Um das Entscheidungsproblem
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82
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
zu lösen, muss nun ein gewichteter Durchschnittswert für jede Alternative berechnet werden, sodass der Nutzen einer
Alternative durch einen numerischen Wert repräsentiert wird.
9.2.8
Ressourcen VERTEILEN
Die nächste Kategorie an Enscheidungstechniken kann zur Ressourcenallokation, Budgetierung und Priorisierung
verwendet werden. Die grundlegende Idee ist es hier, das sogenannte Commons Dilemma zu lösen: In anderen Worten,
auch wenn mehrere Manager ihre Ressourcen optimal einsetzen, ist ihr Zusammenwirken oftmals nicht optimal für
die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Eine Lösung dieses Problems ist es, die Entscheidungsprozesse zu
zentralisieren, allerdings oft auf Kosten von unrealistischen Entscheidungen, die lokale Bedingungen nicht berücksichtigen
können und auf Kosten von demotivierten Managern, die über einen verkleinerten Verantwortungsbereich verfügen. Im
Gegensatz dazu sorgt die Dezentralisierung von Entscheidungen oftmals für höhere Arbeitsmotivation, bewirkt aber auch
ineffektives Nutzen der Ressourcen. Die Lösung des Problems benötigt Trade-offs zwischen den Managern, was etwa
durch Ressourcenallokationsmodelle erreicht werden kann (Phillips 1989, S. 81). Ein Beispiel eines solchen Modelles zeigt
Abbildung 16. Managers aus sieben Verkaufsgebieten werden hier zusammengebracht, um ihre individuellen Strategien in
Bezug auf eine Konzernstrategie zu überdenken. Die Konzernstrategie soll vor allem das profitable Wachstum der Gebiete
steigern, ohne dabei das Risiko zu vergössern (vgl. Abb. 16).
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83
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Ressourcen-Allokationsmodell
Griechenland
Slowakei
Russland
Polen
Tschechien
Ungarn
Bulgarien
B
Gesamt
nutzen
C
P
1
CB
C
CB
CB
2
P
3
4
5
6
7
8
P
B
P
P
CB
P B
P CB
P
Abbildung 16: Beispiel Commons Dilemma
Quelle: Eigene Darstellung
Alle zur Verfügung stehenden Strategien sind in Abbildung 16 nach den Unternehmenszielen „Gewinn“, „Wachstum“,
„Risiko“ und „Zukunftspotential“ aufgegliedert. In anderen Worten, jeder Manager führt eine einfache multikriterielle
Entscheidungsanalyse für sein Verkausgebiet durch. Anschließend werden die einzelnen Gebietsstrategien miteinander
kombiniert, sodass mehr als 100.000 mögliche Gesamtstrategien entstehen, von denen jede durch ihre Gesamtkosten
und den Gesamtnutzen der jeweiligen Strategie beschrieben wird. Die einzelnen Strategien sind auf der linken Seite von
Abbildung 16 in Form einer Kurve zu sehen. Die Fläche unterhalb der Kurve enthält alle möglichen Kombinationen an
Strategien, die das Unternehmen theoretisch umsetzen könnte. Dabei repräsentiert die Kurve selbst eine Effizienzlinie,
die Kosten und Nutzen maximiert. In der Abbildung ist zu erkennen, dass es keine Strategie gibt, die niedrige Kosten
und einen großen Nutzen aufweist. Punkt „P“ zeigt die Effizienz der derzeitigen Gesamtstrategie und offenbart, dass sie
nicht optimal ist. Es kann entweder eine Gesamtstrategie gewählt werden, die die gleichen Kosten hat, aber einen höheren
Gesamtnutzen („B“); oder es kann eine Kombination an Strategien gewählt werden, die den gleichen Nutzen erbringt,
aber zu geringeren Kosten („C“). Die einzelnen Gebietsstrategien sind auf der rechten Seite der Abbildung vereinfacht
dargestellt, sodass jedes Quadrat eine mögliche Gebietsstrategie darstellt und die Zusammensetzung der Gesamtstrategien
„B“, „C“ und „P“ abgelesen werden kann. So ist die derzeitige Gebietsstrategie von Tschechien Strategie Nummer 2; im
Falle einer Gesamtnutzenmaximierung sollte der tschechische Manager aber eher Strategie Nummer 3 umsetzen bei einer
Gesamtkostenminimierung Strategie 1.
Goodwin und Wright (2004, S. 331) schlagen hierzu die folgende Vorgehensweise zum Lösen von Allokationsproblemen
vor (vgl. Abb. 17):
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84
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Prozess eines Ressourcenallokationsmodelles
Schritt 1:
Identifizieren der Ressourcen, die verteilt werden sollen „Gebiete“ („areas“), denen sie
zugewiesen werden sollen und verschiedenen Arten von „Nutzen“ („benefits“), die durch
die Allokation erhofft werden
Schritt 2:
Identifizieren der möglichen Strategien, Projekte etc., die für jede Variable zur Verfügung
stehen und der Kriterien, die die Nutzenarten indiziieren.
Schritt 3:
Bewertung von Kosten und Nutzen für jede einzelne Strategie.
Schritt 4:
Within criterion weights“: Gewichten von Gebieten nach einzelnen Kriterien. „Wieviel
bedeutet dem Entscheidungsträger für Kriterium Z der Unterschied zwischen bester
und schlechtester Option in Gebiet A, verglichen mit dem Unterschied zwischen bester
und schlechtester Option in Gebiet B?“
Schritt 5:
Across criteria weights“: Vergleich der relativen Bedeutung von Nutzentypen durch
gebietsübergreifendes Gewichten der einzelnen Kriterien. „Wieviel bedeutet dem
Entscheidungsträger der Unterschied zwischen bester und schlechtester Option in
Kriterium A verglichen mit dem Unterschied zwischen bester und schlechtester Option
in Kriterium B?“
Schritt 6:
Verwendung eines Softwareprogrammes (z.B. Equity, HiPriority etc) zur Berechnung
von Kosten und Nutzen der einzelnen Projekte/Strategien und Konstruk tion der
Effizienzkurve.
Schritt 7:
Identifizierung der derzeitigen Gesamtstrategie
Schritt 8:
Identifizierung einer „besseren“ Gesamtstrategie mit Hilfe des Softwareprogrammes
Schritt 9:
Durchführung einer Sensitivitätsanalyse, um herauszufinden, welche anderen Projekte
möglicherweise berücksichtigt werden sollten, wenn mehr oder weniger Ressourcen
zur Verfügung stehen würden. Außerdem Untersuchung der Auswirkungen von
Datenänderungen im Modell.
Abbildung 17: Phasen der Allokation
Quelle: Goodwin und Wright 2004, S. 331
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85
Methoden einer Marketing-Planung
9.2.9
Entscheidungstechniken
VERHANDELN
Der letzte Typ an Entscheidungsmodellen zielt darauf ab, Verhandlungsprobleme zwischen verschiedenen Parteien zu
lösen. Die grundlegende Idee ist es, mehrere multikriterielle Wertfunktionen zu benutzen, um die Sichtweisen von
den verschiedenen Verhandlungsparteien darzustellen (Goodwin und Wright 2003, S. 344). Verhandlungen können
dabei aus verschiedener Sichtweise betrachtet werden. Zum Einen kann eine Verhandlungsgruppe aus verschiedenen
Interessengruppen bestehen, oder aber die Verhandlung kann mehrere verschiedene Angelegenheiten umfassen (z.B.
Tagessatz, Ferien und Training einer Jobverhandlung). Daneben können Aspekte, wie zeitliche Restriktionen, die
Möglichkeit des Eintretens einer dritten Partei oder das Verhalten der Verhandlungspartner (Bluffs etc) eine Verhandlung
entscheidend beeinflussen (Raiffa 1982, S. 13).
Techniken, wie Entscheidungsbäume, können verwendet werden, um Alternativen eines Verhandlungspartners und die
Möglichkeiten seines Opponenten darzustellen.
Abbildung 18 zeigt das Beispiel einer Verhandlung zwischen Betriebsrat und Management eines Unternehmens zur
Einführung eines neuen Arbeitsvertrages (Phillips 1989, S. 83). Die Verhandlung ist durch Punkte, wie Vertragsklauseln,
Länge der Arbeitswoche und Anerkennung der Arbeiterschaft gekennzeichnet. Die Abbildung verdeutlicht die jeweiligen
„Wertkurven“ der beiden Parteien, welche ihre eigene Sichtweise repräsentiert und die Werte, die sie von der anderen Partei
erwarten. Zusätzlich werden den Angelegenheiten Gewichtungen zugeordnet, welche die Wichtigkeit der Angelegenheit
ausdrücken sollen. Die Konstruktion eines Ressourcenallokationsmodelles kann es dann ermöglichen, eine Effizienzkurve
für die Verhandlung zu berechnen. Diese spiegelt den maximalen Gesamtwert eines möglichen Verhandlungsausganges
für eine Partei aus der Sichtweise der anderen Partei wider. Folglich ist jeder mögliche Arbeitsvertrag auf der Kurve oder
unterhalb der Effizienzlinie abgebildet. Gewöhnlicherweise sind die Startpositionen von beiden Verhandlungspartnern
irgendwo unterhalb der Kurve zu finden (Punkte A und B in Abbildung 10). Verbesserte Übereinkünfte, die keinen
Wertverlust für beide Parteien mit sich führen, können auf der horizontalen und vertikalen Linie zwischen der
ursprünglichen Position und der Effizienzkurve gefunden werden.
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86
Methoden einer Marketing-Planung
Entscheidungstechniken
Verhandlung eines Arbeitsvertrags
Gewichtung
Werte
Vertragslänge
Management
Gewerkschaft
100
50
BR
Wert
Mmgt
1
2
Verhandlungsspielraum
3 Jahre
100%
Länge der Arbeitswoche
A
BR
Wert
100
40
Mmgt
0%
35 Stunden
40
B
Management
100%
Betriebsrat
Anerkennung der Union
Wert
BR
50
80
Mmgt
durch Wahl unterschiedlich durch Berufung
Abbildung 18: Beispiel eines Verhandlungsmodelles
Quelle: Philips, 1989, S. 83
9.3
Schlussfolgerungen
Die Betriebswirtschaftslehre bietet heute eine Vielzahl, auf die Belange der Praxis ausgerichtete Entscheidungstechniken
an. Diese können allerdings nur so gut sein wie die Informationen, die in sie einfliessen. Gerade hier liegt wohl die grösste
Gefahr bei der Anwendung derartiger Techniken. Der betreffende Entscheidungsträger darf sich nicht kritiklos von ihren
Ergebnissen „blenden“ lassen: er muss sich immer vor Augen führen, wie diese Ergebnisse zustande gekommen sind,
das heißt vor allem, auf welchen Informationen sie beruhen. Selbstverständlich können alle Aussagen über die Zukunft
auch hier nur Schätzungen sein. Dass in diesem Zusammenhang gerade in Bezug auf die Berücksichtigung subjektiver
Wahrscheinlichkeiten Vorsicht geboten ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Trotz dieser Einschränkungen stellen
Entscheidungstechniken, indem sie komplexe Entscheidungssituationen zu strukturieren helfen und damit transparenter
machen, zweifelsohne eine wertvolle Unterstützung dar. Sie können allerdings immer nur Entscheidungshilfen sein, die
Einbeziehung der Intuition sollte unverzichtbar bleiben.
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87
Methoden einer Marketing-Planung
Business Reengineering
10 Business Reengineering
(Christopher Zerres)
Vor dem Hintergrund zunehmenden Wettbewerbes und steigender Kundenanforderungen werden verstärkt Konzepte
zur Unternehmensführung und -ge­staltung diskutiert. Für das größte Aufsehen sorgte in diesem Zusammenhang weltweit
das Konzept des Business Reengineering. Es basiert im Wesentlichen auf Erkenntnissen der beiden amerikanischen
Unternehmensberater Michael Hammer und James Champy, die diese seit Mitte der 80er Jahre bei Beobachtungen
von Restrukturierungsmaßnahmen von Unternehmen wie Hewlett-Packard oder Ford gewinnen konnten. Aus diesen
Erfahrungen erwuchs ein ganzheitlicher Ansatz, ein Umgestaltungsprozeß des Unternehmens unter Be­rücksichtigung
der ureigenen Unternehmenszwecke.
10.1
Ursachen
In einer immer komplexer und dynamischer gewordenen Umwelt gilt es heute für die Unternehmen, um ihre Ziele zu
erreichen, die Bedürfnisse und Wünsche ihres Ziel­marktes zu ermitteln und diese wirksamer und wirtschaftlicher als die
Wett­bewerber zufrieden zu stellen.
Die Absatzmärkte der Unternehmen haben sich in den letzten Jahrzehnten von Verkäufer- zu Käufermärkten entwickelt.
Die gewachsenen Märkte für Standard- und Massenartikel wer­den immer weiter verdrängt. Die zunehmende Konkurrenz
- insbesondere aus China und Südostasien - mit preisgünstigeren, qualitativ höherwertigen Produkten und Dienstleistun­
gen und ausgezeichnetem Service hat die Kundenerwartungen in die Höhe getrieben. Ver­braucher fordern zunehmend
Güter und Dienstleistungen, die auf ihre individuellen Be­dürfnisse zugeschnitten sind. Durch eine zunehmende
Internationalisierung und den Abbau nationaler Schranken kann unter Umständen ein einziges Unternehmen den
Maßstab für den Wettbewerb auf der ganzen Welt setzen. So kann ein niedriger Preis, hervorragende Qualität oder ein
ausgezeichneter Service sehr schnell zum Standard für alle Mitbewerber werden. Damit steigen die Anforderungen an
die Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit der Unternehmen. Nur solche Unternehmen, die mit den weltbesten Anbietern
in ihrem Angebotsbereich, zumindest in einer Wettbewerbskategorie, wenigstens gleichrangig sind, werden eine gute
Wettbewerbschance haben. Da die Lebenszyklen von Produkten ebenso wie die von Dienstleistungen immer kürzer werden,
verkürzt sich zwangsläufig auch die Zeit, die den Unternehmen für die Produktentwicklung und Produkteinführung zur
Verfügung steht. Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit werden so­mit eindeutig zu strategischen Wettbewerbsvorteilen.
Viele Unternehmen sind nach wie vor nach den Prinzipien einer konsequenten Arbeitstei­lung, das heißt einer Zersplitterung
der Arbeitsabläufe in kleinste Schritte, organisiert. Durch eng abgegrenzte Aufgaben- und Verantwortungsbereiche
bleibt dadurch die Qualifi­kation der Mitarbeiter häufig nicht voll ausgenutzt. Hinzu kommen aus der funktionalen
Fragmentierung entstehende Probleme, beispielsweise resultierend aus Differenzen in den Zielhierarchien einzelner
Funktionsbereiche, wie etwa differierende Vorstellungen von Einkauf und Logistik bei Fragen der Lagerhaltung. In einer
großen Anzahl von Unterneh­men geht ein erheblicher Teil der vorhandenen Energien durch kostenintensive interne
Ab­stimmungen, Weitergabeprozeduren, Kontrollen und Koordination von Aufgaben verloren. Viele dieser Aufgaben
dienen nicht dem Kundenbedürfnis und sind somit diesbezüglich nicht wertschöp­fend; zudem besteht die Gefahr,
daß die Mitarbeiter den Kunden aus dem Auge verlieren. In vielen Unternehmen wird heute noch der Entwicklung
von ansprechenden Produkten und Produktprogrammen mehr Aufmerksamkeit geschenkt als einer diesbezüglichen
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88
Methoden einer Marketing-Planung
Business Reengineering
Optimierung der damit verbundenen Produktionsprozesse. Wäh­rend jedoch Produkte und Dienstleistungen leicht zu
imitieren sind und schnell veralten, stellt dagegen ein ausgefeiltes Verfahren, getragen von engagierten Mitarbeitern,
häufig ei­nen besseren Garant für den langfristigen Unternehmenserfolg dar.
10.2
Konzept
Vor diesem Hintergrund ist das Konzept von Business Reengineering zu interpretie­ren als ein fundamentales Überdenken
und ein konsequent auf einen Kundenmehrwert ab­zielendes, radikales Umformen von Unternehmen oder auch
wesentlicher Unternehmens­prozesse mit dem Ziel, Leistungsparameter wie Kosten, Qualität, Service und Ge­schwindigkeit
um Größenordnungen zu verbessern. Durch eine Reintegration von Einze­laufgaben und funktionaler Gliederungen in
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geschlossene Prozesse stellt das Business Re­engineering dabei das Gegenkonzept zur klassischen Arbeitsteilung dar.
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89
Methoden einer Marketing-Planung
10.3
Business Reengineering
Unternehmensprozesse als Gegenstand des Business Reengineering
Ziel von Business Reengineering-Maßnahmen ist ein grundsätzlicher Perspektivenwandel. Während früher
Unternehmensabläufe als eine in Funktionen gegliederte Reihe von spezi­alisierten Einzelaktivitäten angesehen wurden,
gilt es nun, die Aufgaben des Unternehmens als eine Bündelung von Prozessen zu betrachten, die für den Kunden ein
Ergebnis von Wert erzeugt. Für diesen sind nämlich nicht einzelne Unternehmensfunktionen, Abteilungen, interne Abläufe
oder Kontrollmechanismen von Interesse, sondern lediglich die Qualität, die er erhält, den Preis, den er zu zahlen hat
und der Service, der ihm geboten wird.
Folgende übergreifende Unternehmensprozesse können beispielsweise einem Business Reengineering unterzogen werden:
• Produktentwicklung: Prozeß vom Entwurf bis zum Prototyp.
• Fertigung: Prozeß von der Beschaffung der Rohstoffe bis zur Erstellung des Endproduktes.
• Auftragsabwicklung: Prozeß vom Auftragseingang bis zur Anlieferung der Ware.
• Kundendienst: Prozeß von der Anfrage bis zur Problemlösung.
10.4
Organisatorische Implementierung
Getragen vom festen Willen der Unternehmensleitung, der auch die Formulierung eines globalen Zieles obliegt (so
verspricht zum Beispiel die Post AG Ihren Kunden E+1 bei Einlieferung bis 16.00 Uhr) erfolgt das Redesign und die
Umsetzung der Maßnahmen durch ein Reengineering-Team unter der Leitung eines Prozessverantwortlichen. Dieses
Team sollte sowohl aus Angehörigen des Unternehmens, als auch aus externen Beratern bestehen, von denen für die
Projektarbeit unternehmensfremde Impulse ausgehen sollten. Die Projektarbeit, losgelöst vom Tagesgeschäft, und mit
einer etwa zweimonatigen Analy­sephase beginnend, sollte nicht länger als ein Jahr dauern.
10.5
Prinzipien
Ausgehend von den jeweiligen Kundenwünschen gilt es, die betrieblichen Prozesse neu zu gestalten. Dabei geht es nicht
nur darum, genau zu analysieren, was der Kunde will, son­dern möglichst vorauszuahnen, was der Kunde wollen könnte. All
jene Faktoren, die nun etwas mit der internen Organisation zu tun haben und nicht mit den Kunden, sollen weitest­gehend
minimiert werden. Ohne moderne Kommunikations- und Informationstechnologien wird dabei eine Umgestaltung, wie
sie mit dem Business Reengineering angestrebt wird, nicht möglich sein.
Entsprechend der jeweiligen Prozeßzielsetzung verteilt das Business Reengineering die Arbeit über alle organisatorischen
Grenzen (Bereiche, Abteilungen) neu, um die Prozeßlei­stung zu erhöhen. Hammer und Champy haben in diesem
Zusammenhang folgende Prinzi­pien formuliert:
• An einem Prozeß möglichst wenige Menschen beteiligen;
• Arbeit ergebnis- und nicht aufgabenbezogen aufteilen;
• Eliminierung nicht wertschöpfender Tätigkeiten;
• Aufgaben dort ansiedeln, wo es sinnvoll ist;
• Aufgaben in eine „natürliche“ Reihenfolge bringen und
• Konzeption mehrerer Prozessvarianten.
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90
Methoden einer Marketing-Planung
Business Reengineering
Durch das Business Reengineering soll eine neue Basis für die Unternehmenstätigkeit ge­schaffen werden. Es wird die
Frage gestellt, welche Mitarbeiter, welche Betriebsmittel, welche Managementsysteme ein Unternehmen auswählen würde,
wenn Ihm die Chance eröffnet würde, ganz von vorne zu beginnen. In dieser Phase vermag ein fundiertes Bench­marking
die Möglichkeit zu bieten, erste Ansätze für eine diesbezügliche Neugestaltung zu finden.
Mit der Schaffung von multidimensionalen Berufsbildern durch die Aufgabenintegra­tion und die Änderung der
Führungsaufgaben durch den Abbau von Hierarchien stellt das Business Reengineering das Personalmanagement vor die
Herausforderung der Konzeption neuer Aus-/ und Weiterbildungsprogramme, der Entwicklung neuer Einstellungskri­
terien, der Evaluierung neuer Entlohnungs- und Bewertungssysteme sowie der Anpassung der Führungsphilosophie.
10.6
Problemfelder
Untersuchungen zeigen, daß etwa ¾ der deutschen Unternehmen wie auch der amerikani­schen und japanischen
Unternehmen im Rahmen von Business Reengineering umstruktu­rieren wollen; während es jedoch fast alle amerikanischen
und japanischen Unternehmen auch in die Tat umsetzen, sind es dagegen nur 20 % der deutschen Unternehmen. Diese
mangelnde Konsequenz hat unter­schiedliche Ursachen, ebenso wie die Tatsache, daß die Erfahrungen derjenigen
Unterneh­men, die Business Reengineering durchgeführt haben, nicht immer positiv ausgefallen sind.
Deutschen Managern wird oft eine Angst vor Veränderungen nachgesagt. Gerade beim mittleren Management ist
ein Wunsch nach Sicherheit und Ruhe im Unternehmen zu beob­achten. Geplanter Wandel wird hier also oftmals auf
Widerstände treffen. Teamarbeit und Motivation sind darüber hinaus nicht die Stärken deutscher Führungskräfte, die
sich im Umgang mit kritischen und selbstbewußten Mitarbeitern eher verunsichert fühlen.
Die im Business Reengineering verankerte Kundenorientierung verlangt auch, dem Kunden zu „dienen“, ein Verhalten,
das der Arbeitsmentalität vieler Deutscher weitgehend fremd ist. Einen weiteren Problemaspekt stellt auch das deutsche
Bildungssystem dar. Während das Business Reengineering multidimensionale Berufsbilder und Arbeitsfelder schafft,
die eine generalistische Ausbildung erfordern, ist das Bildungssystem vieler Staaten - insbesondere in den technischen
Bereichen - immer noch weitgehend primär auf die Vermittlung von fachspezifischen Spezialwissen ausgerichtet.
Schließlich dürfen auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen in den jeweiligen Ländern nicht unerwähnt bleiben, die wie das Be­triebsverfassungsgesetz etwa in Deutschland - eine radikale Umgestaltung zumindest erschweren.
Ausgehend von den Unternehmensprozessen werden durch
• die Aufgabenintegration,
• die Bildung von Prozessteams und
• den Abbau von Hierarchien
hochflexible
und
marktnahe
Strukturen
organisatorisch
verankert.
Durch
die
Neugestaltung
der
Personalmanagementsysteme und die Anpassung der Führungsphilosophie wird auf die Leistungsbereitschaft,
Motivation und Wertvorstellungen aller Beteiligten, das heißt auf die Unternehmenskultur, Einfluß genommen.
Dieser Einstellungswandel hat wiederum Einfluß auf die Weiterentwicklung und permanente Optimierung der
Unternehmensprozes­se. Business Reengineering ist kein einmaliges Projekt, sondern muß konsequent in das fortlaufende
Tagesmanagement.
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91
Methoden einer Marketing-Planung
Kundenbindung
11 Kundenbindung
(Enno Wolf, Christopher Zerres)
11.1
Aktuelle betriebliche Herausforderungen
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist für viele Unternehmen geprägt gewesen von einer dringend gebotenen
Verbesserung der betrieblichen Effizienz. Hier sind Prozesse optimiert (Beispiel ist die Verlagerung einzelner oder
ganzer Prozesse ins Ausland) und Organisationen neudefiniert und -ausgerichtet worden (Reorganisation und
Verkauf von Beteiligungen); Betriebsgrößen wurden den Anforderungen angepasst (Reduktion der Belegschaften oder
Werksschließungen), IT-Systeme vereinheitlicht und konsolidiert (Versicherungen und Banken). Vor diesem Hintergrund
sind in der betrieblichen Praxis Problemfelder und Projekte im Kontext von Kundenbindung sowie der Kundenschnittstelle
zeitweise in den Hintergrund gerückt, sofern sie nicht schon abgeschlossen gewesen waren – zu dringend war oftmals der
existenzielle Druck im Bereich der Kernwertschöpfung.
Nachdem eine Vielzahl von deutschen Unternehmen eine Trendwende in der Ergebnissituation herbeiführen konnte und
– teilweise auch durch stark wachsendes profitables Auslandsgeschäft – Rekordergebnisse verbucht worden sind, besteht
wieder vermehrt das Interesse, sich der Optimierung der Kundenseite zuzuwenden. Hier liegen nach wie vor die im Rahmen
der CRM-Debatte der letzten Jahre identifizierten Wert- und Wachstumspotenziale, die es unternehmensseitig immer
noch in Teilen zu erschließen gilt, um sich im und gegen den Wettbewerb abzusichern. Viele Vorhaben und Programme
sind entsprechend abgeschlossen beziehungsweise repriorisiert worden und warten auf eine Auswertung der Ergebnisse
und des Returns beziehungsweise die finale Realisierung.
In diesem Zusammenhang steht das Interesse vieler Unternehmen, auf der Kundenseite einerseits konsequent die
Kundenbasis zu erweitern, andererseits ihre Wertigkeit sukzessive zu vertiefen (durch Erhöhung des Share-of-wallet
oder der Kundenpenetration durch einen Anbieter im Rahmen der Optimierung des durchschnittlichen CustomerLifetime-Value) sowie die Abwanderung zum Wettbewerb zu vermeiden. Allerdings erwächst aus der Erfahrung der
Konsolidierung und Effizienzsteigerung der vergangenen Jahre zugleich das Verständnis, dass Kundenbindung und
die diese unterstützenden Aktions-Programme und Maßnahmen nicht zum Selbstzweck erfolgen dürfen, sondern
Aspekten von Wirtschaftlichkeit im Kontext der gesamten Kundenstrategie unbedingt zu genügen haben. Damit wird
Kundenbindung konsequent gepaart mit dem Profitabilitätsbegriff; letztendlich, so die herrschende Meinung gilt es, im
Idealfall profitable Kunden zu binden beziehungsweise solche mit entsprechendem Potenzial. Von einer Bindung aller
Kunden ( auch solcher mit immer negativen Deckungsbeiträgen bei voller Ausschöpfung eigener Effizienz in Akquisition
und Betreuung) müsste ein, seinen Gewinn optimierendes Unternehmen in der Regel allerdings Abstand nehmen.
Damit stehen Unternehmen oftmals vor der Herausforderung, das abstrakte Konstrukt der Kundenbindung auf den
Unternehmenskontext zu transponieren, zu operationalisieren sowie gleichzeitig adäquate Mechanismen zur Steuerung
zu entwickeln, einzuführen und schrittweise weiter zu optimieren. Es gilt also, Kundenbindung auf ein Niveau zu bringen,
dass sie für Unternehmen handhabbar, steuerbar und damit kontrollierbar wird; zugleich könnte sie dann Fakten getrieben
ihre Existenzgrundlage – bei Gelingen solcher Vorhaben – eindrucksvoll dokumentieren.
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92
Methoden einer Marketing-Planung
11.2
Kundenbindung
Inhalt und Bedeutung von Kundenbindung
Kundenbindung ist in der betriebswirtschaftlichen Literatur ausführlich diskutiert worden. Unter Kundenbindung soll hier
die Aufrechterhaltung einer Geschäftsbeziehung zwischen Anbieter und Kunde verstanden werden, die charakterisiert ist
durch eine dabei nicht zufällige Folge von Markttransaktionen (Krafft 2002, S. 22 f.). Bei Kundenbindung handelt es sich
also um das Aufrechterhalten einer Geschäftsbeziehung zwischen einem Kunden und einem Anbieter, die durch Folgekäufe
oder eine Verlängerung eines bestehenden Vertrages erreicht wird oder durch die Intention des Kunden, zukünftige Käufe
bei einem bestimmten Anbieter zu tätigen oder einen bestehenden Vertrag zur Abnahme mit diesem verlängern zu wollen.
In der CRM-Debatte sowie vielen Abhandlungen über Kundenbindung ist die Frage nach der Identifikation des richtigen,
das heißt des für eine Unternehmung profitablen Kunden bisher immer noch weitgehend offen geblieben. Oftmals ist
die Fokussierung von Unternehmen auf eine isolierte Optimierung von Kundenbindung um jeden Preis kostenseitig ein
uferloses Unterfangen gewesen – mit entsprechend hoher Wahrscheinlichkeit des Scheiterns. In kaum einem Unternehmen
gibt es durchweg nur „ideale“ Kunden, die es unbedingt zu binden gilt. Im Zusammenhang damit ist es geboten, geeignete
Kennzahlen zu finden, die neben der Bindung eines Kunden an ein Unternehmen ein betriebswirtschaftliches Kriterium
für die Sinnhaftigkeit einer solchen Bindung darzustellen vermögen.
11.3
Kundenbindung und Kundenprofitabilität
Hierbei kann die Kundenprofitabilität helfen. Definiert werden kann Kundenprofitabilität als die Differenz zwischen
kundenspezifischen Nettoerlösen und Kosten, die etwa bei der Bedienung eines Kunden entstehen. Eine besondere Rolle
bei der Bestimmung der Kundenprofitabilität spielt die Kenngröße des Deckungsbeitrages, der verstanden wird als ein
Bruttoüberschuss und ermittelt wird als die Differenz zwischen Umsatz und verursachten Kosten pro Kunde. Ein Nachteil
dieser Sicht ist, dass vielfach die Berechnung pauschal erfolgt und die Gemeinkosten im Rahmen eines mehrstufigen
Zurechnungsverfahrens ungenau verteilt werden.
Diese eher statische Sichtweise der kundenbezogenen Erfolgsrechnung kann um eine dynamische Komponente erweitert
werden, womit man zum Customer-Lifetime-Value-Ansatz (CLV-Ansatz) gelangt. Dabei werden alle Einnahmen und
Kosten, die mit einem Kunden verbunden sind, betrachtet, und zwar über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Im Rahmen
des CLV-Ansatzes werden beide Kenngrößen vereint und machen deutlich, warum eine jeweils isolierte Optimierung
unsinnig ist.
Im gemeinsamen Wirkungsgefüge wird bei den Zielgrößen oftmals Kundenbindung mit Effektivität assoziiert;
Kundenprofitabilität mit Effizienz. Die simultane Steigerung beider Zielsetzungen kann den Kundenstamm konsequent
wertseitig optimieren. Daneben steht die diesen Prinzipien folgende Kundenneugewinnung – als weiterer wesentlicher
Stellhebel der Optimierung der Kundenbasis.
Fraglich ist, ob eine eindimensionale Optimierung von Kundenprofitabilität oder von Kundenbindung sinnvoll ist. Wenn
ein Unternehmen zum Beispiel nur Wert legte auf Kundenbindung, könnten auch solche Kunden gebunden werden,
die vorübergehend keinen oder niemals einen positiven Beitrag zum Unternehmenserfolg liefern. Der Kundenstamm
wäre zwar perfekt gebunden, auf Grund des Anteils an „Problemkunden“ allerdings nicht von höchstmöglichem Wert.
Bei einem großen, intensiv gebundenen Kundenstamm würden zudem durch eine aufwendige Kundenbetreuung und
durch ein notwendigerweise ausdifferenziertes Produkt- und Serviceangebot hohe Komplexitätskosten entstehen, die nicht
entsprechend kompensiert würden. Die undifferenzierte Bindung der gesamten Kundschaft führt also nicht automatisch
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93
Methoden einer Marketing-Planung
Kundenbindung
auch zu einer Wertsteigerung des gesamten Kundenstammes. Der Ansatz einer undifferenzierten „Zero-Migration“-Kultur
musste insofern revidiert werden.
Eine isolierte Maximierung der Zielgröße Kundenprofitabilität hätte zur Folge, dass alle Kunden, die keinen positiven
Deckungsbeitrag aufweisen, abgestoßen würden. Zudem würden bei der Neukundengewinnung nur solche Kunden
akquiriert, die sofort einen positiven Beitrag leisten. Problematisch an einer solchen Vorgehensweise wäre, dass Kunden,
die langfristig ein positives Beitragspotenzial besäßen, in diesem Ansatz keine Berücksichtigung fänden. Die wenigsten
Kunden bringen sofort einen positiven Beitrag, weil am Anfang meistens eine kostenintensive Betreuung notwendig ist.
Ein nur profitabler und nicht gleichzeitig auch gebundener Kundenstamm wäre im Übrigen ein sehr attraktives Ziel für
Wettbewerber; jeder verlorene Kunde schlüge sich direkt auf den Unternehmenserfolg negativ nieder.
Diese Ausführungen zeigen, dass, wenn ein Unternehmen Wertsteigerung anstrebt – Ziel ist eine langfristige und
nachhaltige Steigerung des Wertes – es notwendig ist, sowohl Kundenbindung als auch Kundenprofitabilität zu optimierten.
Die Erhöhung der Kundenbindung allein wäre eine Frage der Verbesserung der Effektivität; erst im Zusammenhang
mit einer Steigerung der Kundenprofitabilität ergibt sich ein Zuwachs an Effizienz. Kundenbindungsmanagement und
-controlling müssen beide Zielgrößen berücksichtigen und dabei im Idealfall gleichrangig behandeln. Die Optimierung
beider Zielgrößen im Verbund verkörpert den grundlegenden Gedanken beziehungsorientierter Ansätze, nämlich den
der Bindung profitabler Kunden.
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94
Methoden einer Marketing-Planung
11.4
Kundenbindung
Inhaltliche Abgrenzung der Kundenbindung zu Kundenzufriedenheit und
-loyalität
Neben dem Ausdruck Kundenbindung tauchen die Begriffe Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität auf, die wegen ihrer
Nähe zur Kundenbindung kurz näher beleuchtet werden müssen. Sie werden dabei entsprechend abgegrenzt.
Abgrenzung zur Kundenzufriedenheit
Kundenzufriedenheit ist Gegenstand zahlreicher Abhandlungen in der Marketingliteratur, weil auch hier die Annahme
zu Grunde liegt, dass ihr Vorhandensein mit positiven Effekten für den Unternehmenserfolg verbunden ist. Insofern ist
auch sie für Unternehmen zu einer sehr wichtigen Zielgröße geworden.
Das Problem ist, dass es kein einheitliches Verständnis bezüglich des zu Grunde liegenden Konzeptes gibt beziehungsweise
dass verschiedene Komponenten, wie zum Beispiel Modellierungsrahmen, Prozessmodelle und Konsequenzen von
Unzufriedenheit, vielfach miteinander vermischt werden (Krafft, 2002, S.15).
Nach neuerer Erkenntnis kann Kundenzufriedenheit definiert werden als "kognitive und affektive Evaluierung der
gesamten Erfahrungen mit einem bestimmten Anbieter und dessen Produkten (Homburg/Giering, 2000, S. 83f.). Im Sinne
der Theorie des Disconfirmation Paradigma kann man unter Kundenzufriedenheit das positive Ergebnis eines komplexen
Informationsverarbeitungsprozesses verstehen, dessen Mittelpunkt ein Soll/Ist-Vergleich bildet. Die Ist-Komponente ist
die vom Kunden wahrgenommene Leistung, die Soll-Komponente eine Erwartung oder ein Erwartungsstandard. Als
Ergebnis des Vergleiches führen enttäuschte Erwartungen zu Unzufriedenheit, übertroffene hingegen zu Zufriedenheit
des Kunden. Einflussgrößen der Kundenzufriedenheit sind beispielsweise das Preis- und Leistungsverhältnis sowie die
jeweilige Qualität von Produkt und Dienstleistungen.
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95
Methoden einer Marketing-Planung
Kundenbindung
Kundenzufriedenheit entsteht wahrscheinlich durch eine Vielzahl von Transaktionen über die Zeit und den daraus
resultierenden Erfahrungen. Sie kann sich dabei auf das gesamte Leistungsspektrum eines Unternehmens beziehen
oder auch nur auf einzelne Aspekte davon. In der wissenschaftlichen Forschung ist inzwischen allerdings festgestellt
worden, dass der Aspekt Kundenzufriedenheit zwar erfreulich für betroffene Unternehmen ist, aber nicht zwangsläufig
zu wirtschaftlichem Erfolg führt. Das liegt daran, dass nicht automatisch alle zufriedenen Kunden auch zu gebundenen
Kunden werden. In diesem Zusammenhang wird auch von "Zufriedenheitsfalle" gesprochen. Vor diesem Hintergrund
erwächst derzeit Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Ziels Kundenzufriedenheit.
Abgrenzung zur Kundenloyalität
Der Begriff Kundenloyalität beschreibt die nachfragerbezogene Perspektive einer Bindung, das heißt, der Kunde hat
seinerseits eine verringerte Wechselbereitschaft. An dieser Stelle wird die Verbundenheits- und Gebundenheitsdiskussion
relevant. Kundenloyalität kann demnach als Verbundenheit gesehen werden, die dazu führt, dass ein Kunde bewusst
und gewollt eine Geschäftsbeziehung weiterführt und dabei eine positive Einstellung dem Anbieter gegenüber hat oder
entwickelt.
Als eine zentrale Determinante der Kundenloyalität wird in der Literatur die Kundenzufriedenheit genannt. Sie ist
außerdem abhängig von der Leistungsfähigkeit eines Anbieters sowie dem Angebot der Wettbewerber. Was sie von der
Kundenbindung unterscheidet, ist die Freiwilligkeit der Bindung von Seiten des Kunden, während bei Kundenbindung
Mobilitätsbarrieren hinzutreten.
11.5
Wirkungskette
Die Konstrukte Kundenzufriedenheit, Kundenloyalität und Kundenbindung werden von der Literatur in einen
Zusammenhang gestellt; die dabei postulierte Wirkungskette wird in der folgenden Darstellung wiedergegeben (vgl.
Abbildung 1).
CRM Einsatz
• Kaufmenge
• Kaufent-
scheidung
Kundenorientierung
• Produkt-
merkmale
– Preis
– Design
– Qualität
• Transaktionsmerkmale
– Service
– Beratung
– Flexibilität
– Information
D
Kundenzufriedenheit
• Wahr-
nehmung
der Leistung
– Übererfüllung
– Erfüllung
– Untererfüllung
D
• Dauer der
• Wirkung
Beziehung
Kundenloyalität
• ...
D
Kundenbindung
D
Unternehmenserfolg
• Wiederkauf
• Cross-Buying
• Weiter-
• Umsatz-
• Steigende
• Höhere
empfehlung
Wechselkosten für
Kunden
steigerung
• Höhere
Kauffrequenz
Preisbereitschaft
• Sinkende
Kosten für
Unternehmung
Quelle: in Anlehnung an Homburg & Bruhn (1998)
Abb. 1: Postulierte Wirkungskette
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96
Methoden einer Marketing-Planung
Kundenbindung
Kundenbindung würde demnach durch eine Vielzahl von Schritten erreicht. Aus der Ausrichtung von Produkten und
Serviceangeboten nach den Bedürfnissen der Zielkunden und aus der positiven Gestaltung der Erstkontakte kann sich ein
hohes Maß an Kundenzufriedenheit ergeben, die ihrerseits – wenn sich im Verlauf der Zeit eine positive Einstellung zum
Unternehmen ausgebildet hat – Kundenloyalität entstehen lassen kann. Bei der Kundenbindung entsteht idealer Weise
ein Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Unternehmung: Der gebundene Kunde wird nicht ohne weiteres wechseln.
Die Wirkungskette ist bisher allerdings empirisch nicht ausreichend belegt worden. Es besteht erheblicher weiterer
Forschungsbedarf bezüglich des Zusammenspieles der einzelnen Konstrukte. Der spezielle Zusammenhang zwischen
Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität zum Beispiel, der in verschiedenen Arbeiten analysiert worden ist, darf
nicht als zwangsläufig verstanden werden. Die aktuelle Diskussion nimmt vielfach für den Zusammenhang zwischen
Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität einen progressiven sattelförmigen Verlauf an, wie der nachstehenden Abbildung
zu entnehmen ist (vgl. Abbildung 2).
Während innerhalb der erkannten Indifferenzzone Wahrnehmungen beim Kunden zu keinen Änderungen des Verhaltens
führen, tritt dort beim Überschreiten eines gewissen Schwellenwertes schlagartig eine Modifikation ein.
Empirische Untersuchungen haben ergeben, dass der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität
branchenabhängig ist. Die Unterschiede könnten sich unter anderem aus der unterschiedlichen Wettbewerbsintensität
ergeben. Je stärker der Wettbewerb, desto enger der beobachtbare Zusammenhang zwischen Kundenloyalität und
Kundenzufriedenheit. Neuere Untersuchungen zum Zusammenhang von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
zeigen eine noch höhere Komplexität und Facettenvielfalt des Zusammenspieles der Größen, als dies frühere Betrachtungen
getan haben (Blum 2004).
Kundenloyalität
• Sinkende Wiederkaufsrate
• abnehmendes Cross-Selling
• steigende Preissensibilität
• negative Mundwerbung
• Steigende Wiederkaufsrate
• vermehrtes Cross-Selling
• sinkende Preissensibilität
• positive Mundwerbung
Indifferenzzone
Sättigungszone
Kundenzufriedenheit
Quelle:2:
Nach
Hermann & Huber &Kundenzufriedenheit
Braunstein (2000), S.48
Abb.
Zusammenhang
und Kundenloyalität
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97
Methoden einer Marketing-Planung
11.6
Kundenbindung
Messbarkeit und Beeinflussbarkeit
Das Phänomen der Kundenbindung ist in der betrieblichen Praxis bisher nur relativ schwer erfassbar gewesen. Diese
Problematik wird insbesondere in der neueren Marketingliteratur sichtbar, wobei Wissenschaft und betriebliche Praxis
insbesondere nach der Messbarkeit und der Beeinflussbarkeit von Kundenbindung fragen.
Messbarkeit von Kundenbindung
Bei der Messung werden üblicherweise zwei Dimensionen unterschieden: Zum einen das bisherige Verhalten des Kunden,
zum anderen die Verhaltensabsicht, die sich auf die Zukunft bezieht. Beide Verhaltensformen sind durch Indikatoren
messbar oder zumindest erfragbar; sie werden in der folgenden Abbildung aufgegliedert mit den jeweiligen Indikatoren
dargestellt (vgl. Abbildung 3).
Kundenbindung
Bisheriges Verhalten
•
•
•
•
•
•
Verhaltensabsicht
•
•
•
•
•
•
Kaufintensität
Treue
Zuneigung
Kundenpenetrationsrate
Dauer der Geschäftsbeziehung
Kontaktdichte
Wiederkauf- und Besuchsabsicht
"Relevant set" Anteil
Kauf- und Besuchswahrscheinlichkeit
Wiederkaufswahrscheinlichkeit
Weiterempfehlungshäufigkeit
Wechselbereitschaft
Abb. 3: Dimensionen und Indikatoren zur Messbarkeit der Kundenbindung
Quelle: Erweiterung nach Diller (1996)
Die in der vorstehenden Abbildung aufgeführten Indikatoren sind in der Literatur ausführlich beschrieben worden. Diese
Operationalisierung in der Messbarkeit, die sich am gegenwärtigen Stand der Forschung orientiert, kann in Zukunft
durchaus noch eine Erweiterung erfahren; insbesondere sind angenommene Zusammenhänge empirisch zu überprüfen.
Beeinflussbarkeit von Kundenbindung
Die Verbesserung der Kundenbindung kann erst dann wirksam erfolgen, wenn die Einflussgrößen des Konstruktes
erfasst sind. Nachfolgend wird die Beeinflussbarkeit von Kundenbindung betrachtet. Die Kundenbindung wesentlich
beeinflussende Faktoren sind – bisherigen Erkenntnissen folgend – Attraktivität des Konkurrenzangebotes, Variety Seeking,
Kundenzufriedenheit sowie Wechselbarrieren (Krafft 2002).
Attraktivität des Konkurrenzangebotes: Die Attraktivität des Konkurrenzangebotes, die bestimmt wird durch eine Reihe
von Faktoren, wie Design, Service, Garantieleistung, Image des Wettbewerbers, kann einen negativen Einfluss auf die
Kundenbindung haben. Ein Unternehmen hat auf dieses Phänomen keinen direkten Einfluss, kann aber durch gezielte
Maßnahmen, wie zum Beispiel durch überdurchschnittlichen Service versuchen, die Konkurrenz zu übertreffen. Darüber
hinaus kann es durch gezielte Werbemaßnahmen die Wahrnehmung der Kunden in Bezug auf sich selber beeinflussen,
etwa durch ein neues oder besseres Image.
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98
Methoden einer Marketing-Planung
Kundenbindung
Variety Seeking: Bei dieser nächsten Determinante der Kundenbindung handelt es sich um ein Konstrukt der
Konsumentenverhaltenstheorie, das erklärt, warum Geschäftsbeziehungen durch Kunden unter- beziehungsweise
abgebrochen werden. Hierbei wird ein grundsätzlicher Wunsch nach Wechsel angenommen, der nicht auf einer
Unzufriedenheit mit dem Leistungsangebot beruht und genauso wenig von der Attraktivität des Konkurrenzangebotes
abhängig ist. Wechselbestrebungen dieser Art erschweren die Bildung von langfristigen und intensiveren
Geschäftsbeziehungen. Ein Unternehmen kann ihnen höchstens dadurch begegnen, dass es selbst für eine gewisse
Abwechslung sorgt, wie etwa durch eine Rotation von Mitarbeitern oder die Einführung neuer Marken.
Kundenzufriedenheit: Dass zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung kein zwangsläufiger Zusammenhang
besteht, ist bereits dargestellt worden. Unbestreitbar ist jedoch, dass sie generell als eine zentrale Voraussetzung von
Kundenbindung verstanden wird. Sie kann in der Regel durch Maßnahmen einer Unternehmung gezielt beeinflusst werden.
Wechselbarrieren: Wechselbarrieren sind Hemmnisse, die in einer länger andauernden Geschäftsbeziehung entstehen und
die Abwanderung zu einem Anbieter erschweren oder gar unmöglich machen. Sie lassen sich in ökonomische, soziale
und psychische Barrieren untergliedern. Während die psychischen und sozialen Wechselbarrieren durch eine positive
Einstellung zum Anbieter entstehen und damit höchstens langfristig zu beeinflussen sind, können die ökonomischen
Wechselbarrieren durch gezielte Maßnahmen der Kundenentwicklung, wie zum Beispiel durch Rabatte, die Gewährung
von Sonderkonditionen und bevorzugte Behandlung, geschaffen werden. Um diese Vorteile oder auch bereits getätigte
Investitionen, wie Verhandlungskosten nicht zu verlieren, wird der gebundene Kunde eher bei einer Unternehmung
verbleiben.
Die Vielschichtigkeit des Konstruktes Kundenbindung, die Bedeutung der Aspekte ihrer Messbarkeit und Beeinflussbarkeit
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und die Rolle der oben genannten Determinanten soll die folgende Abbildung verdeutlichen (vgl. Abbildung 4).
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99
Methoden einer Marketing-Planung
Kundenbindung
D
Konsequenzen der
Kundenbindung
Kundenbindung
Bisheriges
Verhalten
Verhaltensabsicht
Dimensionen
Meßbarkeit von
Kundenbindung
Wechselbarrieren
Variety
Seeking
Attraktivität
Konkurrenzangebot
Kundenzufriedenheit
Determinanten
Beeinflußbarkeit
von Kundenbindung
Quelle: Eigene Darstellung mit inhaltlicher Anlehnung an Eggert (2000)
Abb.4: Mehrstufigkeit des Konstruktes Kundenbindung
Sie erlaubt vom Prinzip her eine stufenweise Unterscheidung von Ursache und Wirkung und zeigt gleichzeitig die
Komplexität dieses Konstruktes, bei dem Veränderungen einer Determinante nicht unbedingt Auswirkungen auf
bestimmte Messindikatoren haben müssen. Das macht zugleich auch deutlich, warum es so schwer für viele Unternehmen
ist, geeignete Ansätze einzuführen.
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100
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
12 Customer Relationship
(Roger Baran, Christopher Zerres)
12.1
History and theory
Customer Relationship Management (CRM) is growing in importance due to the challenging business environment faced by
organizations throughout the world today. It is particularly critical in industries undergoing changes in traditional channel
configuration. CRM is a means of addressing increasing competition, changing economic conditions and promotional
dependence through the use of intimate customer knowledge; knowledge gained through relationship development and
past marketing programs. CRM is increasing in prominence because it focuses on current users who are the source of the
majority of business revenue and the best option for improving business in uncertain times.
There are a number of working definitions for CRM. In fact the letters CRM have been used to identify Continuous
Relationship Marketing, Customer Relationship Marketing and Customer Relationship Management. Each term represents
the same process. CRM can be defined as a process that maximizes customer value through on-going marketing activity
founded on intimate customer knowledge established through collection, management and leverage of customer
information and contact history. CRM is about perfecting relationships to maximize a customer’s value over time.
CRM is part of an evolution in corporate thinking that began with the Enterprise Resource Planning (ERP) initiative of the
1990’s. ERP forces all resources within a corporation to work within one business system. In the 1990’s, over $300 billion
was spent on centralizing, standardizing and organizing information and resources throughout U.S. corporations. The
results, however, have been mixed in terms of payout. What is indisputable is that the information system processing skills
acquired in implementing ERP programs enabled many organizations to support CRM and E-commerce programming;
initiatives not in existence when ERP began. CRM was developed, in large part, as a result of data mining, or segmentation
and targeting research, made possible from the centralization of customer records. Organizations began to realize that
they could better serve customers since they better understood customers.
CRM has benefited from advances in data management and middleware new software that allows disparate data resources
to work as a single integrated database. CRM has also been supported by a new generation of promotional tools; for
example, selective binding, variable valuation and new probabilistic targeting tools such as Spectra. In the U.S., CRM
is now practiced by approximately 45% of the companies in retailing, aircraft and utilities; 50-55% of the companies in
financial services, pharmaceuticals and transportation; and 70% of the companies in telecommunications and credit.
The development and popularity of electronic marketing as a tool has produced a rich source of consumer data for access by
organizations in many industries. Focusing on the retail grocery industry in the U.S., Frequent Shopper Programs (FSP’s),
are used by grocery retailers who comprise over 60% of the All Commodity Volume. They have produced consumer files
that will be the key to more profitable grocery promotion for them in the future. Companies like Safeway, Kroger and
American stores are heavily invested in these programs. Frequent shopper programs in the grocery industry developed
as loyalty program extensions. These programs are consumer card-based programs that track purchases based on the use
of scanners and reward customers with discounts based on brands purchased. These programs were developed to provide
customers with an additional reason to increase their share of purchase in a particular chain of stores.
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101
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
The concept of customer lifetime value, the money value of a customer relationship over time, has evolved to enable savvy
direct marketers the opportunity to differentiate the profit potential for each of the various market segments that they serve.
Loyalty marketing has always focused on the fact that retaining and improving business with current consumers costs less
than acquiring new customers. Customer retention, as a strategy, is founded on the ability to segment and differentially
target current users to improve the value of the relationship for both seller and buyer.
Lifetime value is calculated by identifying the revenue stream over a period in time, applying a retention rate for each
year, subtracting total cost and then applying a discount rate to gross profit in order to determine the net present value
of a customer. The calculation is completed for a number of years using different retention rates. Midas Mufflers uses
customer lifetime value as the backbone for their direct marketing efforts. Midas tracks cars based on vehicle mileage and
contacts customers to remind them of service and brake opportunities over the life of their vehicle.
There is a difference between Frequent Shopper Programs and Loyalty Focused Programs. For example, in the U.S. grocery
industry today, the focus for supermarkets is on promotion rather than on the development of comprehensive loyalty
programs.
Customers participate in these programs in large part to ensure they earn the lowest possible discount, not because of
any loyalty to a retailer.
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102
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
Less than half of all managers believe that their CRM programs are attaining corporate objectives despite the advances made
in data technology, ERP, new software linking databases, e-commerce and customer loyalty programming. The problems
with CRM to date have been the following: lack of overall project responsibility, poorly written objectives, and inferior
technical performance. Many feel that the results for CRM to-date have been disappointing. However, we are early in the
effort. Required for improvement are the establishment of clearly stated objectives, the establishment of organizational
authority and improvements in the use of information technology. These will be discussed in following sections.
Segmentation is the process of placing individuals or organizations who have similar needs into groups. Target segments
are selected based on an organization’s ability to satisfy respective segments’ needs. Organizations match benefits with the
respective needs of sub-segments by developing positioning strategies for each sub segment. CRM professes that markets
are “segments-of-one”. However, it is not feasible to create a specific segmentation and subsequent positioning strategy
for each individual. So, the question arises as to how one can successfully manage “segments-of-one”? The following is
an example of how traditional segmentation and the techniques required for “segments-of-one” can be integrated in a
CRM effort.
A major Gaming Corporation began implementing a CRM strategy across four of their hotel and casino properties.
Traditional segmentation techniques were initially used to define their customer and prospect market. The most promising
segment was based on a psychographic variable “risk”. This segment consisted of small business owners. Other segments
were based upon geographic location (in-state versus out-of-state), frequency of visits and length of visits. Sub-segments
consisted of those individuals who gambled at the slot machines and those who gambled at tables. While a person could
play both slots and tables, there was a propensity for one or the other. Within these segments a person could either gamble
at the casino and stay in that casino’s hotel, gamble at the casino and stay at another hotel or stay at the hotel but gamble
at another casino. There was also the segment of potential gamblers who stayed at the hotel but were not gambling.
The next step for the Gaming Corporation was to focus on each individual. Over 100 demographic, psychographics, lifestyle
and behavioral variables were captured and maintained on each individual. These variables served as CRM enablers. An
individual’s Lifetime Value (LTV) was calculated. LTV was combined with an individual’s theoretical wins and losses in
a real time environment (as the person was gambling) to determine an appropriate CRM strategy.
Data on an individual’s gambling was captured from slot machines via a card the customer swiped through the machine.
Casino personnel captured table play activity. The key was that they knew the individual and could monitor that person’s
theoretical wins and losses. They were trained to monitor ten individuals concurrently and enter that information
into a networked computer every hour. If a person was losing a considerable amount in a session, the CRM system
would recommend a monetary value for a specific CRM initiative. The respective variables would be used in support of
compensation to the individual.
For example, if a person is staying at the property and preferred a certain restaurant or type of entertainment, reservations
could be made for dining and a show--with the house paying the tab. CRM efforts are also possible even if an individual
is staying with another hotel--perhaps a gift of one’s favorite perfume fragrance or a new dress--clothing size having been
captured through the CRM effort. Or for gamblers identified as golf enthusiasts and slot players, a solicitation could be
sent asking the individual to attend a combination golf and slot tournament for a three-day stay.
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103
Methoden einer Marketing-Planung
12.2
Customer Relationship
Field concerns and data collection
Customer Data Integration (CDI) enables an organization to accrue knowledge about the customer, a necessary antecedent
for an effective CRM strategy. CDI allows for the creation of a consolidated view of the customer from multiple customer
data stores. All customer touch points are linked, and CDI continuously accesses and upgrades customer information.
While most organizations believe that a single, integrated view of the customer is critical, only a few currently have this.
The word “customer,” used throughout this discussion, applies to prospective customers (i.e. prospects) as well as inactive
former customers.
There are a number of challenges facing organizations as they attempt to create the single customer view so critical to
CRM. It is necessary to consolidate and resolve the problems resulting from:
• Disparate databases,
• multiple touch points,
• departmental disparity,
• dissimilar applications, and
• inconsistent customer data.
Figure 1 is an organization/consumer marketing information flow diagram. At the bottom, a consumer can call the
organization, can access the organization’s web pages or communicate via traditional channels such as the mail, point of
sale (POS) transactions, surveys, returns, warranty and any other batch communication.
Datamart
Statistics
üüü
Survey
Responses
POS Transactions
Return
üüü
Customer
üüü
Address 22222
Mail
Coupons/
redemptions
Data Mining &
Reporting
D
a
t
a
P
r
e
p
e
r
a
t
I
o
n
Operational
Data Store
Rule-based
Processing
Data
Warehouse
2001
2000
1999
Jan Feb Mar
Campaign Mgmt
Accounting/Financial
Web
Reporting
Dataprep
Other
Legal
TM
Other Disciplines
Communication
to Consumer
Figure 1: Data Flow Environment
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104
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
• The Operational Data Store (ODS) icon represents a database that is designed to allow for quick read/write
access and contains that information required to process a typical customer request either via the Web or
inbound telemarketing.
• The data warehouse (DW) icon represents a database that contains all relevant customer (primary and
secondary data) information including history, product information, and product return activity, marketing
promotion and campaign data.
• On the right side there are a few sample Data Marts shown. A Data Mart (DM) is a smaller database and
is a subset of the DW. It could be as small and simple as an Excel Spreadsheet. It is generated from data
gleaned from a specific function. Marketing may be running a campaign targeting inactive male customers
for a specific promotion. They would download all relevant data into a DM, which is accessed from software
conducive to their activity, such as Campaign Management Software. On the other hand, Legal may want to
monitor or analyze all customers who purchased a particular line of products as they research liability issues.
Therefore, the organization on the right side of the diagram uses information to analyze and communicate
with the customer.
The customer responds via multiple channels. All responses allow for data capture and must be processed and loaded
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back into the DW. The cycle continues.
Studieren in Dänemark heißt:
nicht auswendig lernen, sondern verstehen
in Projekten und Teams arbeiten
sich ausbilden in einem globalen Milieu
den Professor duzen
auf Englisch diskutieren
Fahrrad fahren
Mehr info: www.studyindenmark.dk
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105
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
CDI is the process of managing the customer response or activity related to all possible touch points. Specific CDI steps
are as follows:
• Identify touch points,
• Set up data collection business rules,
• Define input process logistics & data conversion rules,
• Perform Address Standardization,
• Perform Address Correction,
• Perform Postal processing (NCOA in U.S. for change of address),
• De-duplication (Loose/tight), data enhancement, data suppression, data consolidation,
• Update process logistics regarding ODS or DW. Address and Postal processing is country dependent. The
process ensures an address (regular mail or e-mail) is deliverable and is the most up-to-date. Data collection
business rules determine what information should be captured and what to do when duplicate types of
information come in from different sources (See figure 2).
Data Element
Source A
Source B
Source C
Source D
Result
Children
Yes
1 @ 6-12
Yes
N/A
1 @ 6-12
1 @ under 6
1 @ under 6
Income
$35-50K
$35-50K
N/A
N/A
$35-50K
Homeowner
N/A
No
Yes
N/A
Yes
Occupation
N/A
Blue Collar
Blue Collar
N/A
Blue Collar
Age
28-29
27
N/A
28-29
28-29
Figure 2: Consumer Data Construction
Rules can be set in a variety of ways and are dependent on the respective business situation. A source may be listed as a
priority source and no matter what the results for other sources it would be used as a result. This could be an example of a
trusted primary data capture source. A consensus, or majority rules may also be used when there is not a trusted source.
De-duplication is a critical step. This is where we tie individuals and households together. A business may be looking
at building a relationship with the entire household or trying to understand the household life-time-value. Or one
may be looking at the individual separate from the household. Each individual would be assigned a unique identifier.
Each household would also have a unique identifier. Therefore, a person would have two identifiers their own individual
identifier, as well as their household’s. There is software available on the market that supports this effort and companies
that provide this as a service.
DE-duplication is critical to understanding who the customer is, which supports the CRM effort.
Once identified,
secondary data can be applied to the primary data for an enhanced customer profile. This enhances the CRM effort as
an organization expands the customer profile. One must also suppress, usually for privacy or regulatory reasons, certain
information from use in any future marketing activity. One may still maintain the data for analytical purposes but may
not be able to use it for the basis of any communication. Data consolidation is the process of aggregating data in support
the DW update process.
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106
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
The sales function has been in a rapid state of change since ERP made obvious the need for coordinating all information
resources of a corporation. During the last years, sales automation was seen as a means to improving business. Many
sales forces adopted new management tools to gather information and direct the sales effort in a more prescribed
manner. A number of industries took the lead in these efforts: financial services, consumer credit, computer software,
grocery and the automotive industries. The new automation tools they employed ranged from complete software suites
provided by Siebel Systems, E.piphany and SAP, to tools provided by niche providers like Oracle that built a reputation
in sales configuration software. Other key niche participants are Pivotal and Onyx, producers of Direct Sales and Partner
Relationship programming. While these new sales tools improve operational efficiency, the cost is high. In addition, they
did not address the dynamics of how the sales function should best address changing customer needs.
Sales Automation is the deployment of a variety of technological tools that enable companies to better organize, manage
and compensate the sales force, as well as forecast sales, based on more timely and accurate information. Applications
being used in industry today link the sales function directly to rest of the enterprise. This results in greater availability of
data pertaining to customer relationships, purchasing habits, purchasing organizations and buying patterns. Base system
configurations; e.g., Siebel’s, allow clients the luxury of improved inventory visibility, better sales history, more accurate
control of expenses, portability of information and the ability to access customer information on an almost real-time basis.
The new software suites provide for better sales coverage, more productive sales calls and enterprise-wide involvement
in sales, resulting in a more highly motivated sales force. Mobile applications for sales automation range from paging
and wireless messaging to data replication at customers’ locations. Software packages afford sales managers the ability to
conduct e-briefings, define quotas and goals, track performance and provide customer credit information in expeditious
fashion. Nearly all agree that the new sales automation tools have made the sales function more responsive. At issue is
whether the sales function, even with these new tools, adds value to the distribution of products today?
CRM and customer-centric thinking has created the need for a change in the role played by the sales function. The customer
focus that organizations have adopted has created major changes in the evaluation of what value the sales force provides
today. The purpose of a sales force is to add value to the distribution of products. Today, value is defined by customers
and not by organizations. The traditional role of sales has been to communicate the value of company’s products; but for
the sales force to be the sole communication link in business today is no longer practical or advisable.
The challenge for all business functions is to create value. How then can sales deliver on that objective in today’s business
environment? The sales function must exist to solve customers’ problems at ever-reduced costs. In order for the sales force
to become problem solvers, however, requires that customers and prospects “buy into” their revised role.
Customers have three basic needs that should be satisfied by any organization’s sales force: (1) They require product,
promotional and price information. (2) They require help in the use of the product and (3) They require a partnership with
the selling company to create a product. The needs can be typified as transactional, consultative or partnership requirements.
In the first instance, where only information is required, sales can create very little value that other communication tools
couldn’t provide at a lower cost. The web, catalogue or advertising would be more efficient in providing this customer
support. The second need is perfectly suited to CRM and requires that the sales representative provide customized solutions
regarding the use of company products. The partnership need requires the sales force to become the customer’s advocate
within their own company. This last need is, once again, perfect for CRM, as it requires intimate knowledge, cooperation
and team building to ensure company success. While it would be easy to say that these various requirements are industry
specific, they are not. In fact, customer types vary within industries.
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107
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
While sales automation may provide a competitive advantage for businesses today, it will be a requirement in the near
future. Organizations that aren’t ready to change will not be able to compete in the more competitive world of CRM.
12.3
Issues regarding communication and CRM
An emerging social issue that has potentially devastating consequences for CRM is that of consumer privacy. The success
of CRM is directly associated with an organization’s ability to capture consumer information and use that information to
satisfy consumer needs. As organizations increase the capture and leverage of consumer data in their marketing efforts,
consumers’ concerns of privacy invasion have precipitated regulatory pressure. There are several laws in place which
control how and where certain consumer data can be used in the financial services and health care industries. Information
on children and marketing efforts directed toward children, have been regulated in the U.S. for some time. For example,
children “age” data may be kept only in the form of age ranges, such as 0-2 years, 2-4 years up to the age of 13.
In response to potential regulation, proactive organizations have attempted to police their respective industries. Formal
privacy advocates have been appointed within some organizations including the creation of an executive Chief Privacy
Officer. Such appointments help ensure that privacy concerns are communicated throughout the organization, that an
appropriate organizational privacy-sensitive culture is in place and that the organization is adhering to their privacy policies
as well as those of their respective industry. “Privacy” conferences are beginning to grow in popularity as organizations
struggle to keep up with current legislation and industry “best practices”.
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“My strategy class taught and enabled me to use systems and tools e.g. multivariate
decision analysis in my projects. The management lectures at BI provided me with a lot
of useful and applicable tools that I can adapt and use in many situations that I face in
business life today.”
Rudiger Braun, Master of Science in Business and Economics, 2008
Currently employed at Philips Consumer Lifestyle DACH, Executive Assistant to Management
Business & Economics
Strategic Marketing Management
International Marketing & Management
Leadership & Organisational Psychology
Political Economy
Financial Economics
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108
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
Some Privacy Groups and Seals of good practice in the U.S. are:
• TRUSTe
• BBBOnLine (Better Business Bureau Online)
• CAUCE (Coalition Against Unsolicited Email)
• Bright Mail (Bright Light Technologies)
• DMA (Direct Marketing Association)
• AIM (Association of Interactive Media)
• IAB (Internet Advertising Bureau)
• CADM (Chicago Association for Direct Marketing
Methods such as Permission Marketing, Opt-in and Opt-out procedures and ethical business practice enable an
organization to adhere to legal and generally accepted privacy practice policies. Organizations are starting to ask the
consumer’s permission to open a communication pathway. This path is a means by which the organization attempts to
understand and fulfill consumers’ needs. Organizations are finding this to be a competitive advantage, as consumers have
less time for messages. An organization’s willingness to ask for permission to send messages is an indication of interest.
When an individual decides to grant permission to an organization, they are “opting-in”. This means they may be willing to
let the organization market to them, use their data to learn more about them in order to create more attractive marketing
offers, or actually sell their data to someone else for similar efforts. If they decide that they do not want to participate in
any combination of the above, they will “opt-out” of the respective option.
Opt-in or opt-out options can generate many permutations with respect to what can or cannot be done based upon the
individual’s decision. Managing these options is difficult and is further exacerbated when there are multiple touch points
within an organization. The challenge increases when, other members of the value-chain such as an agency, for example,
are involved in the marketing effort.
Let’s focus on a person who chooses to “opt-out” of a request from a certain area of an organization, or a value chain
member. If there is another marketing attempt being made to that same person from another area of the same organization
or a different value chain member who is not aware of the “opt-out” but is using the same data, they have violated what
the consumer saw as an agreement with the organization. Similar problems occur when a person decides to “opt-out”
via the Web. If the organization’s outbound telemarketing person is not aware of the “opt-out” and calls that individual,
they have negated the “opt-out” and are in breach of the agreement.
Another concern involves just what “opting-in” really means. When a person “opts-in”, did they really choose to “opt-in”
or did they not understand the basis of their agreement? By using a “double opt-in” method, the organization comes back
to the individual to verify that they want to, in fact, “opt-in”. If the consumer responds with a “yes” a second time, the
organization has reduced their risk of any misunderstanding. Organizations will sometimes resist using this type of method
at times, as they feel they are making the individual too aware of what is happening and that they may change their mind.
Another problem can occur when a person “opts-in”, time passes on and they then elect to “opt-out”. The organization
must then suppress all future efforts made and in some cases may be asked to delete all data captured to date. The latter
is sometimes referred to as a “double-opt-out” and is very difficult to process.
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109
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
Management of “opt-in” and “opt-out” procedures are further complicated by timing. When a person chooses an option,
all other potential activity from an organization or value-chain member must be coordinated with the decision before
the next effort. Failure to know violates the agreement, lowers the level of trust and may lead to a liable position. The
latter possibility has started to spur some consumer activity. Some individuals have taken advantage of an organization’s
inability to coordinate multiple touch-points, have opted-out in one area and done every thing possible to subtly coerce
the organization in another area to solicit them for an offering. They then raise the privacy issue, along with evidence of
their “opt-out,” and sue. Several individuals have won lawsuits through this effort.
While keeping the previous cautions in mind, an organization must not be timid in their approach to CRM. They should
ensure that they have integrated all consumer touch points to capture and report activity in a timely fashion:
• Their database strategy must archive relevant information and be secure,
• They must keep abreast of privacy regulation for all relevant markets, and
• They must ensure executive ownership of privacy.
The purpose of CRM is to better direct company communication to customers in the B2B and B2C channels. CRM has
also been referred to as continuous relationship marketing or the ability to improve relationships through continuous
refinement of customer and consumer contact. This marketing approach to customers is not new. direct marketing , and
direct mail in particular, have long practiced the continuous refinement of product offerings to customers. Direct marketing
has always relied on segmentation, targeting, differentiated marketing and careful evaluation. What is new with respect
to CRM is the scope of customer contact, the information available and the depth of customer knowledge utilized. New
printing technology makes possible more appropriate products; e.g., PARENT magazine selectively binds magazines based
on the ages of children in the home. Fingerhut develops catalogs based on past purchases. Data mining allows Nordstrom
to have their representatives’ call when appropriative clothing lines arrive. Customers today are being cultivated to produce
more profit and volume; however, there are risks associated with this level of communication.
Within the CRM approach, as much as 74% of enterprise-customer interactions are phone calls, while16% are e-mail
messages. A sophisticated database is required to support this constant interaction with customers. Further, systems must
be in place to constantly enrich the database on a real-time basis. In fact, consistent customization of communication is
the key to successful CRM. Inconsistency causes customer frustration, longer calls, higher customer service cost, customer
service representative frustration and a loss of cross selling opportunities. The net result of poor communication is customer
dissatisfaction and a loss of brand equity. When we consider that 20 % of customers comprise 80% of an organization’s
total volume, this becomes all the more critical.
What constitutes effective CRM communication? Effective communication is founded on the ability to engage customers in
a dialog that results in greater satisfaction with the brand. Campaign management is the process of developing, delivering
and then measuring results of marketing efforts within a CRM environment. Campaign management is focused on the
successful achievement of customer satisfaction, sales, profit and marketing cycle time objectives. Marketing cycle times
refer to the time it takes to field and evaluate a CRM program.
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110
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
Formal customer communication programs typically contain variably valued and targeted customer offers. Objectives
for such programs include:
• Customer retention,
• Increase in purchase quantity, and
• Increased buying rate .
The keys to successful CRM communication are to:
• Develop communication with customers in mind,
• Develop simple not complex communications, and
• Make data collection transparent to users.
• Provide the customer with value in addition to the offer carried within the communication.
CRM communication can enhance brand value through providing customers with information they require, provide
offers that add value to purchasing the brand and transparently facilitate the acquisition of information to improve future
CRM efforts.
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111
Methoden einer Marketing-Planung
12.4
Customer Relationship
Future of CRM
The future of Customer Relationship Marketing is uncertain. Reported results have been disappointing with respect to
campaign management, call center management and marketing analytics. According to a recent McKinsey Study, only
35% of the managers responsible for those operations were satisfied with attainment of objectives. In fact, while most IT
based initiatives don’t garner CEO visibility, CRM initiative must begin at the top levels of a corporation to be successful.
CRM initiatives are extremely expensive, time consuming and require an organizational commitment to be successful. A
typical CRM initiative within a major corporation can cost well over $ 80 million and take 3 years to complete. The size
of investment alone warrants senior management involvement; but it is the revenue opportunity for CRM programming
that truly requires senior management direction.
The shortcomings in implementing CRM programs have become abundantly clear. Targeted revenue goals, for example,
are not often achieved. Most initiatives expect at least a 10% improvement in revenue, but corporations in the U.S. are
experiencing half that result. In addition, budgeted costs are generally exceeded and timetables are not met. Budget overruns
can exceed estimated amounts by 300%. Failure to achieve revenue forecasts, budget overruns and poor performance of
CRM can lead employees to stop using the system, further eroding performance. This was the case at a leading computer
wholesaler and retailer where telephone sales representatives, upset with system performance, stopped entering data. Some
companies have abandoned CRM initiatives as a result of such problems.
Will CRM survive? The answer will be found in an organization’s ability to stay the course and remain committed to
the objectives of their programs. What is required is dedication to CRM principles by senior management and technical
support personnel. Success will be gained by a team approach across disciplines. Cross-functional resources are necessary
because the CRM effort requires technical skill to identify problems and the authority to resolve them.
The start of any CRM turnaround entails the revision and refinement of objectives. Goals must be reevaluated, clearly
articulated and clearly prioritized to ensure that resources will be properly allocated to meet the most important goals
of a company. For example, how should an organization prioritize the following goals?
• increase customer base,
• increase revenue from existing customers,
• convert competitive customers,
• decrease turnover of profitable customers?
These goals all have varying rates of return. Each must be considered in terms of ROI. Only after determining which
objectives provide maximum return can strategy provide a clear vision as to how business improvement is to be
accomplished.
An organization’s strategy will determine the requirements of the system and which tactical activities should be employed to
achieve intended results. In fact, only after the strategic possibilities are addressed and tactics determined can organizational
requirements for the initiative be addressed.
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112
Methoden einer Marketing-Planung
Customer Relationship
The involvement and commitment of the entire organization is critical for a CRM strategy to work given the large number
of consumer touch points that cut across many departments . It is important to know who will do the work and what
work will be required. One example is sufficient to illustrate the point. Consider a customer service representative who
has no incentives for entering data which will benefit manufacturing. Without understanding the importance of the
information or the reason for its use, valuable information may be lost.
The technological basis for CRM programming is most often an integrated suite from suppliers like Oracle, PeopleSoft,
SAP, Siebel Systems or IBM. These suites are meant to be all encompassing solutions that are mutually exclusive. One
system will satisfy the needs of the entire company. While these powerful solutions can work effectively, they may be
too far reaching for the needs of a company and provide features that may not be employed until much later in a CRM
initiative. It is important to evaluate products based on need and stage in a company’s relationship marketing efforts to
ensure that the proper product is purchased.
What are the key lessons that practitioners have learned regarding CRM to date?
• Use your current customer database more effectively. One industry where this is particularly important
is auto insurance. Companies like GEICO and Progressive Insurance are experts at using segmentation to
direct policy offerings. CRM efforts allow GEICO to direct offerings to low risk motorists, while Progressive
segments and effectively targets products to the high-risk motorist segment.
• Identify the value of market segments. Most industries have key factors that represent customer leverage points.
In the credit card industry, for example, those factors would be monthly margin of a customer, longevity of
a customer and customer acquisition costs. Capital One has learned that encouraging existing customers to
increase their charge volume produces higher returns than attracting new customers. Consequently, the real
focus for the industry is customer lifetime value or the profitability of purchases over time.
• Build customer relationships. Too often we focus our attention on the size of customer databases. Consider
the database for frequent shoppers for the Safeway grocery chain. It exceeds 28 million households in size.
Nonetheless, Safeway’s promotional efforts tend to be transaction focused and not relationship oriented.
• Segmentation is a means to discriminate. If you have the information to differentiate offers, do it! Consider
United Airlines Mileage Plus Program. They have the flight history of each passenger at their disposal and
therefore offer incentives to their best customers accordingly. They differentiate based on miles flown and
revenue earned per customer.
We believe the future for CRM is bright. To achieve success we must focus the resources of a corporation specifically on
the task at hand. Senior management and users of the system must work together establishing objectives, strategies and
tactics that will be understood and agreed to by all within the company. Technology must be selected for a particular
environment with consideration for the appropriate scope of the initiative. CRM must be exercised with good business
judgment and within the personality of an industry. Success in CRM can and will be attained through leadership, teamwork,
initiative and an appreciation for the complexity of the undertaking.
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113
Methoden einer Marketing-Planung
Kernkompentenz-Management
13 Kernkompetenz-Management
(Peter M. Rose, Christopher Zerres)
Eine Kernkompetenz ist ein wertschöpfender Mechanismus, der kontinuierlich einen überlegenen, langfristig verteidigbaren
und wahrgenommenen Kundennutzen schafft und so einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil erzeugt. Die KernkompetenzPerspektive leitet sich aus dem Resource-Based-View ab: Damit werden sämtliche Ansätze und Modelle zusammengefasst,
die den individuellen Wettbewerbserfolg einer Unternehmung über die Existenz einzigartiger Ressourcen zu erklären
versuchen. Danach bestimmt nicht die Marktstruktur die Wettbewerbsstrategien und den langfristigen Erfolg, sondern
einzig und allein die effiziente Erarbeitung und Ausnutzung unternehmensspezifischer einzigartiger Ressourcen.
Derartige Kernkompetenzen vermögen auf Grund ihrer Unternehmensspezifität als Fundament zur Erzielung komparativer
Wettbewerbsvorteile zu dienen. Dabei ist nach Porter zwischen Humanressourcen, physischen Ressourcen, know-howbasierten Ressourcen sowie der Infrastruktur zu unterscheiden.
Weiterhin differenziert Porter diese Ressourcen nach ihrer strategischen Bedeutung, indem er sie in eine hierarchische
Beziehung zueinander setzt. Unterschieden wird dabei zum einen nach Grundressourcen und modifizierten Ressourcen,
wobei erstere weitgehend den natürlichen Produktionsfaktoren entsprechen und deshalb als „basic factors“ bezeichnet
werden. Bei den modifizierten Ressourcen handelt es sich dagegen um differenzierte Einsatzfaktoren, die im Rahmen des
Wertschöpfungsprozesses bereits einen „added value“ in Form eines aus Kundensicht wahrgenommenen Zusatznutzens
geschaffen haben.
Markt- und ressourcen-orientierte Ansätze der Unternehmensführung sind heute additiv miteinander verknüpft.
Bei der Betrachtung der Kernkompetenzen im Rahmen des „Resource-Based-View“ wird die Bedeutung der Ressourcen
als Bindeglied zwischen Unternehmen und Markt besonders deutlich: Den Anforderungen an eine Kernkompetenz
entsprechend implizieren Ressourcen nur dann Kernkompetenzen, wenn sie durch folgende Merkmale gekennzeichnet
sind („VRIO“-Kriterien):
• Value: Ressourcen beinhalten nur dann Kernkompetenzen, wenn die Fähigkeit zur Nutzenstiftung am Markt
vorliegt,
• Rareness: Kernkompetenzen sind so einzigartig, dass sie über Faktormärkte nicht bezogen werden können,
• Imperfect Imitability: Kernkompetenzen können des Weiteren auch nicht von anderen Unternehmungen
imitiert beziehungsweise durch eine vergleichbare Ressourcenkombination substituiert werden.
• Organizational Specifity: Kernkompetenzen sind unternehmensspezifisch. Außerhalb der Unternehmung
sind ihre Verwendungsmöglichkeiten eingeschränkt.
Die Einzigartigkeit der Ressourcen einzelner Unternehmen wird in der Regel in der Vergangenheit begründet und langsam
und sukzessive im individuellen Unternehmenskontext akkumuliert. Auf der anderen Seite dürfen die Gefahren, die sich
aus dynamisch entwickelnden Märkten ergeben, nicht übersehen werden. Kernkompetenzen unterliegen im Zeitablauf
einem Wertverlust.
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114
Methoden einer Marketing-Planung
Kernkompentenz-Management
Kernkompetenzen sind im Vergleich zu Produkten relativ langlebig. Im Erfolgsfalle können die dadurch erzielten
Wettbewerbsvorteile für ein Unternehmen relativ dauerhaft („sustainable“), das heißt beständig gegenüber
Marktveränderungen, sein.
Zur Generierung und Erhaltung dynamischer Kernkompetenzen in einem Unternehmen müssen Kernkompetenzen
im Unternehmensalltag ständig überwacht und weiterentwickelt werden. Um die Einbindung in die Tagesarbeit zu
gewährleisten, ist damit ein Kernkompetenz-Controlling aufzubauen.
Die Aufgabenkomplexe konzentrieren sich dabei allgemein auf:
• ein koordinierendes Planungsmanagement,
• Serviceaufgaben zur inhaltlichen Planung sowie
• die inhaltliche Planungsmitwirkung.
Das koordinierende Planungsmanagement umfasst nach Nasner die Einberufung, Vorbereitung, Organisation und
Leitung von Planungsrunden. Die Serviceaufgaben implizieren die Aufbereitung von relevanten Daten, insbesondere
die Implementierung eines strategischen Früherkennungssystems und die Ausarbeitung von Trenddarstellungen und
Szenarien. Schließlich wird der Einbezug des Kernkompetenz-Controlling in die inhaltliche Planungsarbeit gefordert.
Schmidt wendet das Steuerungs- und Controllingkonzept auf das „Beteiligungscontrolling von Kernkompetenzen“
an und unterscheidet das „Wertesystem“, das „Abgrenzungssystem“, das „diagnostische Steuerungssystem“ sowie das
„interaktive Steuerungssystem“. Im Rahmen des „Wertesystems“ erfolgt die „grundlegende strategische Ausrichtung
der Kernkompetenzen des Unternehmens“. Das „Abgrenzungssystem“ dient als „gemeinsamer klarer, einheitlicher
Orientierungsrahmen für das Handeln aller Mitarbeiter bezüglich Kernkompetenzen in dem Unternehmen“. Das
„diagnostische Steuerungssystem“ befasst sich mit der Erfassung, Messung und Steuerung der Kernkompetenzen. Das
„interaktive Steuerungssystem“ soll „die kritische Reflexion des Status Quo und damit die Emergenz neuer KernkompetenzStrategien unterstützen“.
Das Management von Kernkompetenzen umfasst üblicherweise folgende Aufgabengebiete:
• Identifikation,
• Entwicklung,
• Integration,
• Nutzung und
• Transfer.
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115
Methoden einer Marketing-Planung
Kernkompentenz-Management
Im Rahmen des Identifikations-Prozesses werden Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens bestimmt und auf
der Grundlage der „VRIO“- Kriterien beurteilt, ob beziehungsweise inwieweit sie Kernkompetenzen darstellen. Die
Entwicklungsaufgaben umfassen die Gesamtheit kompetenzorientierter Aufbau- und Umbaumaßnahmen mit dem
Ziel, im Sinne eines „leveraging-Effektes“ den Wert der Kernkompetenz nach Möglichkeit zu steigern und auf Basis
vorhandener Fähigkeiten neue Kompetenzen zu entwickeln, die noch besser den Markt- und Wettbewerbsanforderungen
gerecht werden. Ressourcen und Fähigkeiten können auf vielfache Art und Weise weiterentwickelt werden: Vorhandene
Kompetenzen können gefestigt und ausgebaut werden, etwa durch Standardisierung und durch sichere Beherrschung der
Prozesse. Durch Lern- und Verbesserungsprozesse können Kompetenzen, die in der Vergangenheit begründet wurden,
kontinuierlich verbessert werden. Ferner bedeutet eine Konzentration auf wenige Kompetenzen eine stärkere Bündelung
der Ressourcen und kann stärker zu Bestleistungen führen. Schließlich können bestehende Kompetenzen ergänzt
beziehungsweise neue innovative Kompetenzen entwickelt werden.
Ressourcen und Fähigkeiten sind daraufhin personell, organisatorisch und technisch so zu integrieren, dass
ihre optimale Nutzung möglich ist. Ferner ist im Rahmen des Kernkompetenz-Managements dafür Sorge zu
tragen, dass der „added value“ in Form eines aus Kundensicht wahrgenommenen Zusatznutzens am Markt
Erfolg bringend umgesetzt, das heißt durch ihn ein konkreter (wirtschaftlicher) Nutzen erzielt wird. Schließlich
besteht eine Aufgabe des Kernkompetenz-Managements darin, vorhandene oder im Entstehen befindliche
Kernkompetenzen auf neue Produkte, Regionen und Kunden zu übertragen. Der Transfer setzt dynamische
Kernkompetenzen voraus, die die Grundlage für die Hervorbringung neuer Kernkompetenzen bilden.
Die Performance einer Unternehmung ist im Wesentlichen durch ihren Wettbewerbsvorteil geprägt, der
besonders im operativen Controlling durch quantitative Daten, wie Kosten- und Erlösrechnungen, erfasst wird.
Verändert sich der Wettbewerbsvorteil beziehungsweise wird ein neuer geschaffen, sind quantitative Daten
allein nicht aussagekräftig. Das Controlling ist in den Strategiebereich hin zu erweitern und muss demgemäß
auch die Ursachen für Wettbewerbspositionen und -vorteile behandeln. Die Kernkompetenzen als direkte
Ursache für eine Nutzenstiftung am Markt sind somit zum weiteren Gegenstand des Controlling, speziell des
Marketing-Controlling, zu machen.
Beim Kernkompetenz-Controlling geht es darum, den gesamten Prozess des Kernkompetenz-Managements zu
überwachen: In der Identifikationsphase erfolgt ein Vergleich der identifizierten Kernkompetenzen (Ist) mit
den geplanten beziehungsweise realisierbaren (Soll). Abweichungen zwischen Ist und Soll machen korrektive
Maßnahmen in Form von Empfehlungen notwendig, die eine Konzentration auf andere Kompetenzen
beziehungsweise eine Weiterentwicklung bestehender Kompetenzen zum Gegenstand haben können.
In der Entwicklungsphase wird der Fortschritt weiterentwickelter Ressourcen und Fähigkeiten überprüft.
Stimmen auch hier die Ist-Werte nicht mit den Soll-Vorgaben überein, muss das Controlling Vorschläge
erarbeiten, in welche Richtung eine Weiterentwicklung der Ressourcen und Fähigkeiten Erfolg versprechend
erfolgen soll. Ergibt das Controlling, dass die personelle, organisatorische und technische Allokation der
Ressourcen und Fähigkeiten nicht optimal im Hinblick auf die Planziele erfolgte, sind entsprechende
Umverteilungen vorzunehmen. In der Nutzungsphase liefert das Controlling Hinweise darauf, in welchen
Bereichen die Nutzung der Kernkompetenz(en) unterrepräsentiert oder gar rückläufig ist und entwickelt
Vorschläge für eine bessere Nutzung der vorhandenen Kern-kompetenz(en). Schließlich überprüft das
Controlling in der Transferphase, ob beziehungsweise inwieweit alle potentiellen Einsatzmöglichkeiten der
Kernkompetenz(en) in die strategische Planung mit einbezogen worden sind.
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116
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
14 Markenbewertung
(Ulrich Heider, Christopher Zerres)
14.1
Überblick
Die Diskussion über den Wert der Marke wird in den Vereinigten Staaten üblicherweise unter dem Begriff „Brand Equity“
und in Großbritannien unter dem Begriff „Brand Valuation“ geführt; in Deutschland hat sich in diesem Zusammenhang
der Begriff „Markenwert“ durchgesetzt. Die wertmäßige Bestimmung einer Marke wird durch ihre Immaterialität sowie
ihre vielschichtige Zusammensetzung erheblich erschwert. Verschiedene Definitionen des Markenwertes haben in der
Vergangenheit somit zu unterschiedlichen Ansätzen der Markenbewertung geführt. Die Markenwertforschung ist im
Wesentlichen durch Verfahren aus zwei unterschiedlichen Kategorien geprägt:
Bewertungsverfahren mit wissenschaftlichem Ursprung stehen solchen gegenüber, die von Marketingpraktikern,
Beratungsunternehmen oder Marketingforschungsinstituten entwickelt wurden. In jüngerer Zeit sind verstärkte
Bemühungen zu beobachten, Modelle in Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis zu entwickeln. Im Sinne
der eingangs getroffenen Differenzierung lassen sich ökonomische (finanzorientierte) und verbraucherbezogene
(marketingorientierte, psychologisch-behaviorale) Verfahren sowie in neuerer Zeit Modelle, die beide Funktionen
zu integrieren versuchen, unterscheiden. Ergänzend lassen sich die bestehenden Modellansätze nach Global- und
Indikatormodellen systematisieren.
Globalmodelle basieren auf der monetären Markenwertdefinition und ermitteln den Markenwert ganzheitlich, wobei die
Bewertung von Marken nach ertragswert- oder substanzwertorientierten Verfahren erfolgen kann. Finanzorientierte
Globalmodelle haben keinerlei Erklärungsfunktion, etwa bezüglich der Genese des Markenwertes und der Wichtigkeit
einzelner Kriterien, da der Markenwert lediglich als „Barwert aller zukünftigen Einzahlungsüberschüsse, die der
Eigentümer aus der Marke erwirtschaften kann“ (Kaas 1990, S. 48), definiert wird. Somit leisten diese Modelle aus der
Sicht des Controllers zwar einen Ansatz zur Bestimmung eines Geldwertes einer Marke zum Zweck der Bilanzierung,
der Lizenzierung, der Akquisition oder der Schadensbemessung bei Verletzung von Markenrechten; sie sind aber für die
Markensteuerung ungeeignet (Sattler 1995b, S. 664ff.).
Dagegen sind Indikatormodelle mehrstufige Verfahren, bei denen zunächst die Messung von Indikatoren erfolgt,
die in einem weiteren Schritt zu einem Markenwert gewichtet werden (Scoring-Modelle). Diese Gewichtung der
Einzelgrößen kann per expert judgement oder empirisch abgeleitet erfolgen. Bei einigen Modellen steht abschließend die
Monetarisierung. Die psychologisch-behavioralen Indikatormodelle lassen sich nochmals in Makromodelle (aggregiertes
Datenniveau) und Mikromodelle (individualisiertes Datenniveau) trennen. In der bestehenden Vielfalt existierender
Verfahren der Markenwertbestimmung fällt es naturgemäß schwer, die Orientierung zu behalten. Umso wichtiger ist es
daher klarzustellen, dass für die strategische Markenführung – im Gegensatz zur Bilanzierung – nur verbraucherorientierte
Indikatormodelle einen sinnvollen Ansatz darstellen, da nur sie die inhaltliche Explikation der generierenden Faktoren
und ihrer Bedeutung, auch in Bezug zum relevanten Wettbewerb erlauben.
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117
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Auch die innerhalb von Markenwertmodellen verwendeten Indikatoren lassen sich in zwei Kategorien einteilen:
konsumentenbezogene und marktbezogene. Zur ersten Kategorie zählen sowohl kognitive als auch emotionale Konstrukte,
wie etwa Markenbekanntheit, Markenloyalität, Affinität zur Marke („Sympathie“), Markenimage („innere Markenbilder“,
„Markenfaszination“), das Markenwissen (Assoziationen zur Marke) und das Vertrauen der Konsumenten in die
Leistungsfähigkeit der Marke (beispielsweise in ihre gleich bleibende Qualität). Als marktbezogene Größen werden
häufig das Volumen, die Entwicklung und die Wertschöpfung des jeweiligen Marktes, der mengen- und wertmäßige
Marktanteil der Marke, die Entwicklung dieses Marktanteils (Wachstum), die numerische und gewichtete Distribution der
Marke, der für die Marke getroffene Werbeaufwand, ihre Internationalität sowie ihre Anfälligkeit für Schutzverletzungen
(Patente, internationaler Markenschutz) genannt. Es ist offensichtlich, dass diese Größen zum Teil innerhalb der Kategorie
mehr oder weniger stark korrelieren, so dass jedes Markenwertmodell darüber Auskunft geben muss, wie die Autoren
sich die nomologische Vernetzung der Konstrukte untereinander vorstellen. Trivialerweise korrelieren die Indikatoren
auch zwischen den Kategorien. So steht die Markenbekanntheit beim Verbraucher in Abhängigkeit von den MediaSpendings für eine Marke und ihrer Präsenz am POS. In einigen Modellen werden voneinander abhängige Faktoren
ohne Berücksichtigung ihrer Interdependenz mehrfach bei der Bildung des Markenwert-Scores berücksichtigt und so
die Ergebnisse unkontrolliert verzerrt.
Die Ansätze zur Markenbewertung sind in der letzten Zeit zahlreicher geworden. Im Folgenden werden stellvertretend
insbesondere die Modelle aufgegriffen und beurteilt, die sich entweder durch einen hohen Grad an Praxisrelevanz oder
durch die Güte ihrer Ergebnisse auszeichnen. Es existiert bis heute allerdings kein Modell, das auf der Grundlage einer
anerkannten Theorie des markenbezogenen Verbraucherverhaltens eine Auswahl der Indikatoren und ihre Zuordnung
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zu Markenwertdimensionen im Sinne von theoretischen Konstrukten vorgenommen hätte.
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+FU[UCFXFSCFOVOUFS
XXXDBSFFSEBJNMFSDPN
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118
Methoden einer Marketing-Planung
14.2
Markenbewertung
Finanzorientierte Verfahren zur Markenbewertung
Bei der finanzorientierten Markenwertmessung wird eine Bewertung der Marke als immaterieller Vermögensgegenstand
analog zur Bewertung herkömmlicher Vermögensgegenstände vorgenommen. Für diese Bewertung kommen das
kostenorientierte Verfahren, der preisorientierte Ansatz sowie die kapital- und ertragswertorientierte Bewertung in
Betracht (Berndt/Sander 1994 S. 1361).
14.2.1
Kostenorientierter Ansatz
Die kostenorientierten Verfahren basieren auf dem Substanzwertverfahren, welches insbesondere im Zusammenhang mit
Unternehmensbewertungen diskutiert wird. Der Substanzwert ergibt sich aus der angenommenen Rekonstruktion des
Unternehmens und setzt sich aus den mit Wiederbeschaffungskosten bewerteten Vermögensgegenständen abzüglich der
Verbindlichkeiten sowie der Berücksichtigung der Abschreibungen zusammen. Die substanzwertorientierte Sichtweise
lässt sich alternativ in zwei Varianten anwenden. Abhängig vom Zeitpunkt der Kostenbetrachtung unterscheidet man
zwischen einer Bewertung nach historischen Kosten und Wiederbeschaffungskosten (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 69).
Bei Verfahren der historischen Kosten ist die Grundlage der Ermittlung des Markenwertes die Summe aller Investitionen,
die in der Vergangenheit für den Aufbau der Marke nötig waren, also alle Kosten für Forschung und Entwicklung, Werbung,
Distribution usw. Dabei müssen die Kosten aufgespalten werden in direkte Kosten, die von der Marke selbst verursacht
wurden, und indirekte Kosten. Im Prinzip handelt es sich um eine relativ einfache und logische Methode, die bei der
Bewertung von den Wiederbeschaffungskosten einer äquivalenten Marke mit gleicher Markenstärke ausgeht.
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119
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Problematisch ist allerdings die Veranschlagung der Kosten bei Marken, die über viele Jahre hinweg im Unternehmen
aufgebaut worden sind, da die Kosten nicht den vielfältigen Prozessen des Markenaufbaus zugeordnet werden können.
Weiterer Kritikpunkt ist die Berücksichtigung von rein quantitativen Größen. Der Wert von Marken liegt jedoch gerade in
qualitativen Merkmalen, wie Bekanntheit und Image. Auch über die Stärke der Marken sagt die Summe der verursachten
Kosten wenig aus, denn gerade besonders schwache Marken verschlingen einen großen Teil der Mittel zum Beispiel
für Werbung. Beim „Wiederbeschaffungskosten-Ansatz“ wird versucht, das Problem, welches sich bei Bestimmung der
historischen Werte ergibt, zu umgehen. Es wird gefragt, was es das Unternehmen kosten würde, die Marke neu zu schaffen.
Die Basis ist dabei die Summe der imaginären, aktuellen Anschaffungskosten einer Marke gleicher Stärke. Kritikpunkt ist
hier ebenfalls die alleinige Betrachtung auf quantitativer Basis (Kapferer 1992, S. 299). Die ausschließliche Verwendung
des kostenorientierten Verfahrens weist folglich beträchtliche Informationsdefizite und Unwägbarkeiten auf.
14.2.2
Preisorientierter Ansatz
Dieser Ansatz geht davon aus, dass ein Unternehmen für eine Marke Preisaufschläge auf Grund von Markenbekanntheit
und Qualität durchsetzen kann. Dies wird im Allgemeinen durch Verbraucherbefragungen und Marktpreisbeobachtungen
festgestellt und führt somit zu einer einfachen Handhabbarkeit des Ansatzes (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 71).
Eine besondere Form der preisorientierten Markenwertmessung stellt die „hedonische Theorie“ von Sander dar. Auf
Grund seiner Theorie muss die Marke in den Wert der Marke selbst und den Wert der Produkteigenschaften aufgeteilt
werden. Aus Sicht des Käufers spiegelt sich der Wert der Marke in Assoziationen, Anmutungen und Vorstellungen wider,
die aus dem Markenprodukt als Ganzes entspringen, während für den Markeninhaber der Wert der Marke aus dem
Gewinn resultiert, welcher allein auf die Marke zurückzuführen ist und ohne die Beifügung des Markenzeichens an dem
Produkt nicht hätte erwirtschaftet werden können. Dieser Wert wird mit Hilfe der „hedonischen Theorie“ errechnet.
Grundgedanke dieser Theorie ist es, Produktpreise durch Produkteigenschaften zu erklären. Dazu wird danach gefragt,
wie sich der Preis des Produktes ändert, wenn Produkteigenschaften modifiziert werden. Aus diesen, sich ergebenden
monetären Teilbeträgen (hedonischen Preisen) der Ausprägungen ergibt sich der Marktwert der Produkteigenschaften.
Aus der Differenz des Preises für die Marke mit Markenzeichen im Vergleich zum identischen Produkt ohne Markierung
erhält man den Marktwert des immateriellen Vermögensgegenstandes „Marke“. Eine Trennung des Wertes der Marke als
immaterieller Vermögensgegenstand und dem Produkt als Bündel in- und extrinsischer Produkteigenschaften kann eine
konkrete Aussage über den Wert einer Marke für den Markeninhaber machen.
Problematisch sind die preisorientierten Ansätze insofern, als dass sie nur Preis- und Kostendaten berücksichtigen.
Unbeachtet bleibt hier die Vielfältigkeit des Markenwertphänomens sowie die zukunftsträchtigen Potentialleistungen
des Markenwertes und die Auswirkungen im vertikalen Marketing. Der Markenwertansatz von Sander zeichnet sich
durch sein finanzorientiertes Markenwertverständnis aus, da die Erlöse, welche durch die Marke erzielt wurden, den
Markenwert bezeichnen. Der direkte Nachweis der Zuverlässigkeit kann zwar nicht erbracht werden, jedoch ist der Ansatz
wegen wiederholter Messeinsätze an verschiedenen Produkten als relativ verlässlich anzusehen. Nicht zu verkennen ist
allerdings der große Aufwand, der auf Grund sorgfältig durchgeführter hedonischer Analysen erforderlich wird, so zum
Beispiel Marktabgrenzung und Analyse der relevanten Produkteigenschaften. Eine einfache Handhabbarkeit ist damit
stark eingeschränkt (Sander 1995, S. 76).
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120
Methoden einer Marketing-Planung
14.2.3
Markenbewertung
Kapitalmarkt- und ertragswertorientierte Markenbewertung
Grundgedanke
Der kapitalmarktorientierten Markenbewertung liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Börsenentwicklung eines
Unternehmens die Zukunftschancen einer Marke widerspiegelt. Berücksichtigung findet dieser Gedanke im Ansatz von
Simon und Sullivan, die den Markenwert als Funktion des Aktienpreises sehen. Der Gesamtwert einer Unternehmung
ergibt sich durch die Multiplikation des Aktienpreises mit der Aktienstückzahl. Markenwert definiert sich also als
Barwert der zukünftigen Gewinne, die sich aus der Markierung einer Sach- oder Dienstleistung mit einem Markennamen
ergeben (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 74). Diese kapitalmarktorientierte Bewertung eignet sich allerdings eher für
Einzelproduktunternehmen, da hier kaum Zuordnungsprobleme auftreten. Die Methode setzt ferner einen transparenten
Markt voraus und berücksichtigt überwiegend nur einschneidende Marketingmaßnahmen, da Informationen, die den
Markenwert betreffen und nicht schlagartig bekannt werden, keine eindeutige Reaktion des Aktienmarktes hervorrufen
und somit auch hinsichtlich der Entwicklung des Markenwertes nicht interpretiert werden können. Unternehmen, die
nicht an der Börse agieren, werden bei diesem Ansatz überhaupt nicht berücksichtigt.
Bei der Ertragswertmethode handelt es sich um ein traditionelles Verfahren zur Bewertung des Markenwertes, in dem
es um die Bewertung eines Vermögens-Gegenstandes beziehungsweise einer Marke geht. Orientiert wird sich anhand
der mit dieser Marke zukünftig erwirtschaftbaren Reinerträge. Diese Erträge werden entsprechend abgezinst, um eine
Aussage über den aktuellen Wert dieses Ertragsstroms zu bekommen. Über die Höhe des Kalkulationszinsfußes können
bei diesem Ansatz Risikoüberlegungen berücksichtigt werden.
Ein allgemeines Problem bei der ertragswertorientierten Methode ist die Tatsache, dass sehr viele subjektive Faktoren,
wie die Zukunftseinschätzungen und die Höhe des Kalkulationszinsfußes das Ergebnis nachhaltig beeinflussen. Beim
Kalkulationszinsfuß wird in der Regel die landesspezifische Verzinsung einer langfristigen und sicheren Anlage am
Kapitalmarkt zugrunde gelegt. In der Modifizierung dieses Basiszinssatzes mit Zu- und Abschlägen zeigt sich der
weitgefasste Bewertungsspielraum. Dieser ergibt sich aus der Berücksichtigung des Risikos der Investition in das
Bewertungsobjekt, angefangen vom Branchenrisiko über das Immobilitätsrisiko der Kapitalbindung bis hin zur
Ungewissheit der prognostizierten Erfolge. Es gibt keinen allgemeingültigen Maßstab für die Berechnung dieser Zuschläge,
es soll lediglich eine Orientierung an einem adäquaten Vergleichsobjekt erfolgen. So besteht die Gefahr der Willkürlichkeit
in der Festsetzung dieser Größen. Der entscheidende Vorteil der Ertragswertorientierung ist ihre Zukunftsorientierung,
also die vorwärtsgerichtete Potentialbetrachtung. Zu den bekanntesten ertragswertorientierten Modellen gehören zum
Beispiel die nachfolgenden Bewertungsansätze von Kern, Herp, Interbrand und A.C. Nielsen.
Markenwertmodell von Kern
Bei dem Ansatz von Kern handelt es sich um einen globalen, ertragswertorientierten Ansatz, dessen Ergebnis in
Geldeinheiten ausgedrückt und über eine Bewertungsstufe berechnet wird. Der Markenwert wird definiert als die Umsätze,
die durch die Markierung der Produkte zusätzlich erzielt werden können. Grundlage ist der Umsatz und nicht der Gewinn,
da angenommen wird, dass dieser durch Faktoren beeinflusst wird, die nicht in einem direkten Zusammenhang mit der
Verwendung der Marke stehen. Es sollen keine Kosten in die Markenbewertung einfließen, die nicht ursächlich auf die
Marke zurückzuführen sind (Pepels 1998, S. 300).
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121
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Anstelle des Gewinns legt Kern eine branchenübliche Umsatzrendite zugrunde (zum Beispiel 4 - 6 %, je nach Branche)
und nimmt an, dass der Wert der Marke bei steigenden Umsätzen degressiv anwächst (Herreiner 1995, S. 18). In der
Markenwertformel sind erste Ansätze von Marktorientierung erkennbar, da neben ertragsorientierten Parametern auch
eine marktorientierte Variable (Lizenzsatz) Berücksichtigung findet, der die Verkehrsgeltung sowie den rechtlichen Schutz
der Marke bezeichnet. Um dem Zukunftsaspekt der Markenbewertung Rechnung zu tragen, werden die Umsätze über die
geschätzte Lebensdauer der Marke diskontiert (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 75). Die Formel für die Markenbewertung
setzt sich zusammen aus:
W
=
Wert der Marke,
U
=
durchschnittliche Umsatzerwartung pro Jahr,
L
=
branchenüblicher Lizenzsatz in Prozent ,
n
=
Zeitdauer der Umsatzerwartung und
q
=
1+p/100 (Rentenbarwertfaktor), mit p = landesüblicher Zinsfuß
Bezüglich des branchenüblichen Lizenzsatzes geht Kern von einem Wert zwischen 1 und 2 % aus. Als Zeitdauer n sollte
wegen des nicht unerheblichen Risikos ein Zeitraum von 3 – 6 Jahren, bei starken Marken bis 10 Jahre angesetzt werden.
Die weiteren Risiken werden, wie auch in der Unternehmensbewertung üblich, mit einem Risikozuschlag auf den Zinsfuß
p berücksichtigt. Nach der Festlegung der erforderlichen Größen errechnet sich der Wert nach folgender Formel:
3
U2 * L *
qn
qn - 1
* (q - 1)
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W=
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122
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Kern sieht den Zweck der Markierung in der Erwirtschaftung zusätzlicher Gewinne. Es geht also um die zu erwartenden
Geldströme; daher wird bei dieser Bewertung auf das Ertragswertverfahren zurückgegriffen. Der Markenwert entspricht
den erzielten Umsätzen, die auf Grund der Markierung entstanden sind (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 78). Der Umsatz
wird als „Globalgröße“, die marken- und produktspezifische Effekte umfasst, zugrunde gelegt. Da aber aus Sicht des
Markeninhabers nur der Erfolg der Marke als Nettogröße entscheidend ist – schließlich müssen die auf die Marke
zurückgehenden Kosten getragen werden – handelt es sich um eine starke Vereinfachung der Realität. Auch andere
Bestandteile des Verfahrens sind nur sehr subjektiv. Bei der Bestimmung des branchenüblichen Lizenzsatzes (L), der nach
Meinung von Kern auch den rechtlichen Schutz der Marke und die Verkehrsgeltung beinhalten sollte, des Risikozuschlages
(m), um den der Diskontierungssatz erhöht wird, und vor allem der Zeitdauer (n) besteht die Gefahr einer subjektiven
Einschätzung. Die vorstehenden Ausführungen zeigen einen relativ großen persönlichen Ermessensspielraum, der bei der
Anwendung des Verfahrens zum Tragen kommt. Folglich muss angenommen werden, dass unterschiedliche Betrachter zu
verschiedenen Ergebnissen kommen. Ein Vorteil liegt allerdings in der einfachen Handhabbarkeit des Modells (Herreiner
1995, S. 39).
Markenwertmodell von Herp
Auch der globale Ansatz von Herp ist finanzorientierter Herkunft. Der Markenwert definiert sich als Summe der
zusätzlichen Umsätze, die durch die Markierung der Produkte erzielt werden können. Er ist wie der Ansatz von Kern
ein ertragswertorientierter Ansatz mit einer Bewertungsstufe (Pepels 1998, S. 301). Nach der Ansicht von Herp hat die
Markierung des Produktes Auswirkungen auf den Verkaufserfolg des Unternehmens. Es ist der Versuch, markenspezifische
Effekte analytisch als bestimmten Teil am Umsatz der Marke herauszufiltern. Zur Feststellung dieser Anteile bedient Herp
sich des Conjoint Measurement. „Dies ist ein Verfahren zur Erklärung von Präferenzen auf Grund von Einzelurteilen.
Unter der Voraussetzung der Fähigkeit der Testpersonen, Präferenzurteile abzugeben, werden den Versuchspersonen
Kombinationen verschiedener Merkmalsausprägungen von Objekten präsentiert, die sie nach ihren Präferenzen in
eine Rangfolge bringen sollen. Das Ziel ist die Zerlegung der Gesamturteile über Merkmalskombinationen in der
Weise, dass auf das Gewicht oder den Nutzen der einzelnen Merkmalsausprägungen geschlossen werden kann“ (Gabler
Wirtschaftslexikon 1997, S. 801). Mit Hilfe dieses Analyseinstrumentariums werden die unterschiedlichen Ausstattungen
eines Produkts berücksichtigt, um so einen Aufschluss darüber zu bekommen, welche Preis- und Umsatzeffekte auf die
Marke zurückzuführen sind. Preise und Eigenschaften verschiedener Produkte werden in Beziehung zueinander gesetzt,
um als Resultat für jede Ausprägung der Merkmale, also auch für die Marke, einen Wert zu erhalten, der einen bestimmten
Beitrag zum Endverkaufspreis beiträgt. Dieses Verfahren bietet die Möglichkeit, den Umfang der Auswirkungen von
Marken auf den Verkaufserfolg von Produkten unter mehreren verschiedenen Gesichtspunkten zu beurteilen (Herp
1982, S. 137).
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123
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Herp sieht die Marke als ein Hilfsmittel, um den Absatz von Konsumgütern zu unterstützen. Er gelangt, wie Kern, zu
der Feststellung eines Zusatznutzens, der einer Marke zugerechnet werden kann. Dies erfolgt mit der Conjoint-Analyse,
welche die Unterschiede der Objekteigenschaften ausgleichen soll, um die Wirkung der Markierung herauszustellen
(Herreiner 1995, S. 41). Vorteil beim Conjoint-Ansatz ist, dass Konsumentenurteile nicht verzerrt werden, wie dies durch
Kriterienvorgaben oder Gewichtungskoeffizienten der Fall wäre (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 87). Der Markenwert
spiegelt sich nach Ansicht von Herp in den zusätzlichen Umsätzen wider, die durch die Markierung der Produkte
erwirtschaftet werden. Im Gegensatz zu den anderen Modellen stellt der Markenwert hier einen Vergangenheitswert
dar, denn Herp berechnet nicht erwartete, sondern tatsächlich erzielte markenbezogene Zusatzumsätze (Herreiner 1995,
S. 42). Subjektive Beeinflussungselemente, wie die im Modell von Kern, spielen beim Ansatz von Herp keine Rolle.
Auch hier werden keine markenspezifischen Kosten berücksichtigt. Ein besonderer Nachteil ist, dass nur ein relativer
Markenwert berechnet werden kann. Bedingt ist dies durch die Verknüpfung des relativen Preisanteils, der auf die Marke
zurückzuführen ist, mit dem relativen Absatzerfolg. Fraglich ist, ob dieses Modell für Produkte geeignet ist, die sich weniger
durch objektiv geeignete Produkteigenschaften auszeichnen. Produkte, die zum Beispiel durch Geschmack oder Anmut
charakterisiert sind, werfen bei der Conjoint-Analyse Probleme auf. Eine Beschreibung der Produkteigenschaften und
ihrer Ausprägungen sowie eine Klassifikation der Produkte hat anhand dieser Eigenschaften zu erfolgen. Großer Vorteil
ist, dass auf theoretisch fundierte Weise markenspezifische Effekte von anderen produktspezifischen Effekten isoliert
werden (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 87).
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124
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Das Modell von Herp kann allerdings nur angewendet werden, wenn die untersuchten Marken alle zu einer Produktkategorie
gehören und sich in Bezug auf objektive Produktkriterien kaum unterscheiden. Ob tatsächlich der Markenwert ermittelt
wird, bleibt allerdings offen. Ergebnis der Untersuchung ist nämlich nur ein relativer Markenwert, der zwar Aussagen
über die Wettbewerbsverhältnisse macht, für die Bewertung im Rahmen einer Unternehmensübernahme aber nur sehr
eingeschränkt anwendbar ist (Herreiner 1995, S. 42). Die Bezugspunkte der Untersuchung sind eben nicht die Umsatzerlöse
unmarkierter Produkte, sondern die Verkaufserfolge anderer Markenartikel.
14.2.4
Indikatorgesteuerte Ansätze
Ende der 80er Jahre wurden neben den globalen Verfahren zwei indikatorgesteuerte Modelle zur Bestimmung des
Markenwertes entwickelt. Hierzu gehören die Modelle von Interbrand und A.C. Nielsen. Beide Modelle basieren
auf dem Scoringansatz. Sie versuchen, den multidimensionalen Schwierigkeiten der Bewertung von Marken durch
Berücksichtigung aller möglichen Einflussfaktoren zu begegnen.
Die Bewertung erfolgt an Hand eines Punktesystems, mit dessen Hilfe zuerst einzelne relevante Kriterien beurteilt und
danach zu einem Gesamtwert verdichtet werden (Schmidt 1997, S. 90).
Brand Valuation von Interbrand
Dieses zweistufige, indikatorgesteuerte Verfahren wurde 1988 von dem englischen Unternehmen Interbrand als Element
einer Abwehrstrategie gegen feindliche Unternehmensübernahmen entwickelt und 1989 publiziert. Es ist ebenfalls
den ertragswertorientierten Verfahren zuzuordnen. Die Notwendigkeit einer Markenbewertung sieht Interbrand
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in dem erheblich gestiegenen Kostenaufwand, der bei einer Neuentwicklung einer Marke betrieben werden muss.
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125
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Der Markenwert nach Interbrand beinhaltet alle geistigen und inhaltlichen Eigentumsrechte, die einem bestimmten
Markenartikel zugeordnet werden können (Hamann 1992, S. 228). Zunächst werden mit Hilfe des Scoring-Modells sieben
verschiedene Hauptkategorien bewertet. Die Hauptkategorien mit den dazu gehörigen Einzelkriterien – Indikatoren –
sind: Marktführerschaft (zum Beispiel Marktanteil, relative Marktposition, Breite der Kundenbasis), Markenstabilität (zum
Beispiel Alter der Marke, Bekanntheitsgrad), Markt (zum Beispiel Konkurrenzstruktur, Produktaktualität), Internationalität
(zum Beispiel Marktposition im Ausland, Markteintrittswege), Trend der Marke (zum Beispiel Umsatzentwicklung,
Marktentwicklung), Marketingunterstützung (zum Beispiel Absatzförderung, Werbeaufwendungen) und rechtlicher
Schutz. Von besonderem Interesse, neben den einzelnen Indikatoren, ist die unterschiedliche Gewichtung dieser
Hauptkategorien (vgl. Abb.1).
10
10
5
25
Marktführerschaft
Stabilität 15
Markt 10
Internationalität
25
25
25
Trend der
Marke
Marketing
Unterstützun
g Schutz der
Marke
10
10
10
05
15
Abb. 1: Gewichtete Hauptkategorien
Quelle: Schmidt 1997, S.92
Die maximal erreichbare Gesamtpunktzahl gilt für alle Bewertungsobjekte, wobei lediglich die Hauptkategorien und nicht
die Unterkriterien mit Punktwerten versehen werden. Somit können die Bewertungsexperten die Zuordnung innerhalb
der Hauptkategorien frei wählen (Hamann 1992, S. 225). Die Gesamtpunktzahl der gesamten Bewertungskriterien ergibt
die Markenstärke, welche den Ausgangspunkt für die nachfolgende Monetarisierung bildet (Schmidt 1997, S. 92).
Bei der Monetarisierung geht es darum, den ermittelten Wert in eine monetäre Größe zu transformieren. Dazu wird die
Markenstärke in einen Multiplikator überführt. Dieser Wert ergibt sich aus der S-förmig verlaufenden Markenindexkurve,
auf der das Verhältnis zwischen Markenstärke und Markenwertfaktor abgebildet wird. Interbrand geht davon aus, dass mit
zunehmender Stärke der Marke die Markenindexkurve exponentiell, danach linear und später nur noch degressiv anwächst
(Hamann 1992, S. 231). Ein Beispiel für den Verlauf einer S-förmigen Markenindexkurve gibt Abbildung 2 (vgl. Abb. 2).
Bestimmt wird der Markenwertfaktor durch die Verknüpfung des Multiplikators mit dem markenbezogenen
Durchschnittsgewinn. Um dies zu erreichen, werden die anteiligen fixen und variablen Kosten einer Marke sowie die
anteiligen Steuern und Einstellungen in das Eigenkapitel von den Umsatzerlösen der Marke subtrahiert. Um zu verhindern,
dass außergewöhnliche Jahresergebnisse die Resultate verzerren, werden die Markengewinne in einer 3-Jahres-Analyse
unterschiedlich gewichtet.
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126
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Markenwertfaktor
20
0
100
Punktwert
Markenstärke
Abb. 2: Verlauf einer S-förmigen Markenindexkurve
Quelle: Hamann 1992, S. 231
Kritisch anzumerken ist die Tatsache, dass das Modell von Interbrand in hohem Maße von Subjektivität geprägt ist. Es
sind lediglich die sieben Hauptkriterien festgelegt, während die einzelnen Unterkriterien je nach Art der Anwendung
variieren. Viele der Unterkriterien beinhalten auch Zukunftsperspektiven, was einerseits auf Grund der zunehmenden
Realitätsnähe des Modelles positiv zu bewerten ist, andererseits ein großes Unsicherheitspotential darstellt (Huber 1997,
S. 148). Die große Anzahl der Bewertungskriterien ist sicherlich vorteilhaft, um dem komplexen Gebilde „Marke“ gerecht
zu werden, führt im einzelnen möglicherweise aber zu Korrelation verschiedener Kriterien und somit letztlich zu einer
mehrfachen Berücksichtigung eines Bewertungsfaktors (Berndt/ Sander 1994, S. 1368).
Grundsätzlich werden bei Interbrand relativ viele qualitative und zahlenmäßig nicht greifbare Gesichtspunkte, wie
Produktvorteile, Qualitätserwartungen etc. eingesetzt. Perspektiven werden durch diese sicherlich erweitert, die
Objektivierung des Bewertungsverfahrens wird dadurch allerdings schwieriger (Herreiner 1995, S. 49). Ungeklärt bleibt
auch das Zustandekommen der Markenwertfaktoren und ihre funktionale Begründung. Problematisch ist, dass der weitaus
größte Teil der notwendigen Informationen vom Markenführer bereitgestellt werden muss. Die Bewertung könnte also auch
unternehmensintern – beispielsweise in der Controllingabteilung des markenführenden Unternehmens – durchgeführt
werden. Für mögliche Markenerwerber beziehungsweise im Schiedsfall würde dies hingegen nicht genügen (Hamann
1992, S. 232).
Der eindeutige Vorteil des Interbrand-Modelles liegt in der detaillierten Erfassung der Einflussgrößen des Markenwertes,
mit dem sich dessen Entstehung nachvollziehen lässt. Für den Anwender lässt sich dieses Modell somit zur strategischen
Markenführung einsetzen.
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127
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Brand Performance System von A.C. Nielsen
Auch in der Markenbilanz von Nielsen, Ende der achtziger Jahre von Schulz/Brandmeyer entwickelt, wird eine umfassende
Markenwertdefinition geboten. Dieser Markenwert wird als Gesamtheit aller positiven und negativen Vorstellungen
definiert, die im Publikum aktiviert werden, wenn es das Markenzeichen wahrnimmt. Diese spiegeln sich in den
ökonomischen Daten des Markenwettbewerbes wider. Wie beim Modell von Interbrand handelt es sich um ein, in zwei
Bewertungsstufen angelegtes Markenwertmodell. In der ersten Stufe wird die Markenstärke festgelegt. Dies geschieht
ebenfalls mit Hilfe des Scoring-Modelles. In der zweiten Stufe werden diese Werte mit den Betriebsdaten verknüpft, um
zu einem monetären Wert zu gelangen. Die Markenstärke wird anhand von 19 verschiedenen Kriterien, den Indikatoren,
beurteilt. Diese Indikatoren sind in sechs Hauptgruppen unterteilt (vgl. Abb. 3):
Marktanteil und Entwicklung
wertmäßiger-relativer Marktanteil,
Marktanteil in bezug auf Gewinn,
Marktanteilsentwicklung
Markt/Markenentwicklung
Größe, Entwicklung,
Wertschöpfung des Marktes
Hersteller/Rendite
Produktqualität, Preisverhalten,
Share of Voice
Internationalität/Geltungsbereich
Markengeltungsbereich, Markenschutz
Konsument/Konsumentenbildung
Markentreue, Vertrauenskapital der
Marke, Share of Mind, Werbeerinnerung, Markenidentifikation
Handel/Handelsakzeptanz
Gewichtete Distribution,
Handelsattraktivität
Abb. 3: Hauptgruppen und Indikatoren des Nielsen - Modelles
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Quelle: Pepels 1998, S. 299
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128
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Die obigen Kriterien werden nach ihrem geschätzten Einfluss auf den Markenwert gewichtet. Dies geschieht unter
Anwendung eines Skalierungsverfahrens (Bekmeier 1995, S. 1468). Die genauen Bewertungskriterien sind nicht bekannt,
da dieses Modell, wie auch das von Interbrand, im Beratungsgeschäft eingesetzt wird und aus Wettbewerbsgründen nicht
alle Bestandteile preisgegeben werden (Herreiner 1995, S. 23). Bekannt ist, dass eine maximale Punktzahl von 500 Punkten
erreichbar ist. Liegt der Wert eines Markenproduktes unter 200 Punkten, spricht dies für Markenschwäche (Bekmeier
1995, S. 1468). Um nun einen monetären Wert des Markenartikels zu ermitteln, bedient sich Nielsen einer drei-stufigen
Ertragswertermittlung unter Berücksichtigung der kurz-, mittel- und langfristigen Gewinnerwartungen der Auftraggeber
(Hamann 1992, S. 224). Anhand von Schätzungen wird dort versucht, die Erträge zu ermitteln, welche in der Zukunft
erwirtschaftet werden könnten. Die Punktzahl aus dem Scoring-Modell wird in einen Diskontierungsfaktor übergeführt.
Hohe Punktzahlen führen zu einem niedrigen Diskontierungsfaktor und ergeben somit einen hohen Ertragswert. Der sich
so ergebende Ertragswert wird als Ausdruck des Markenwertes verstanden. Anhand des nachstehenden Ablaufschemas
sollen die einzelnen Bearbeitungsschritte verdeutlicht werden (vgl. Abb. 4).
Prognose der Umsatzentwicklung der Marke
auf EV-Preisbasis unter Berücksichigung von
Markt- und Marktanteilsentwicklung der Marke
Prognose der Umsatzrendite
auf Vergangenheits- und
Plankostenbasis
Prognose des Umsatzes
zu Fabrikabgabepreisen
Kapitalisierung der Erträge
mittels eines adjustierten
Kalkulationszinsfußes
(entsprechend Punktwert
aus Scoring-Modell)
Ertragsprognose
Wert der Marke
Abb. 4: Ablaufschema einer Markenbewertung
Quelle: Hamann 1992, S.224
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129
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Eine Weiterentwicklung dieses Modelles, welches die Schwachpunkte der Markenbilanz aufgreift, ist der Brand
Performancer von A.C. Nielsen. Bei diesem Verfahren wird mehr Gewicht auf den strategischen Aufbau der Marke
gelegt. Als ein gegenwartsbezogenes Modell geht es somit verstärkt auf die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten der
Marke ein. Haupteinsatzgebiet ist die Unterstützung des Markenmanagements. Es liefert Entscheidungsgrundlagen für
Planung und Kontrolle von Marketingentscheidungen. Eine Bewertung der Marke erfolgt parallel zur Bewertung ihrer
Konkurrenzmarken.
Der Brand Performancer gliedert sich in vier Teilbereiche: Mittelpunkt des Modelles ist der Brand Monitor, welcher
durch statistisch gesicherte Verfahren eine objektive Bewertung anhand eines Kriterienkataloges vornimmt. Hier
können auch branchenfremde Marken miteinander verglichen werden. Im Brand Steering System untersucht man
die momentane Stellung der Marke aus Sicht des Verbrauchers, indem unter anderem die Marketingaktivitäten der
Konkurrenz untersucht werden. So kann die zukünftige Markensteuerung geplant werden. Im Brand Control System
werden markenstärkebezogene Kennzahlen, wie Werbeausgaben, Distributionsgrad und Erinnerungswerte ermittelt. Im
Brand Value System geht es schließlich um die finanzielle Bewertung der Marke. Auf Basis dieser Ergebnisse wird dann
die relative Markenstärke ermittelt, die Grundlage für die Ermittlung des Ertragspotentials ist (Pepels 1998, S. 303).
Die fast zeitgleich mit dem Modell von Interbrand entwickelte Methode von A.C. Nielsen ist tendenziell verhaltensorientiert.
Berücksichtigt man die Tatsache, dass der Verbraucher, mittels Kaufentscheidung, letztlich über den Erfolg der Marke
entscheidet, scheint dies durchaus sinnvoll (Herreiner 1995, S. 52). Im Unterschied zum Interbrand-Modell wird bei
der Markenbilanz die Datenerhebung anhand von Paneldaten vorgenommen. Dadurch ist sie repräsentativer, weniger
manipulierbar und wesentlich objektiver (Pepels 1998, S. 301). Da auch hier mit einer Punktbewertung gearbeitet wird,
treten mit dieser Bewertungsart zwangsläufig verbundene Probleme auf. Die Bestimmung und Gewichtung der Kriterien
sowie mögliche Interdependenzen zwischen einzelnen Kriterien erweisen sich als schwierig. Es bleibt weiterhin offen,
wie auf Grund der Kriterien ermittelter Stärken und Schwächen eine Steuerung der Marktanteilsschwächen möglich ist.
Es muss mit Tendenzaussagen und Schätzungen gearbeitet werden (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 83). Gerade bei der
allgemeingültigen Festlegung des funktionalen Zusammenhangs zwischen Diskontierungsfaktor und erreichter Punktzahl
zur monetären Bewertung der Marke ergeben sich auf Grund der Ungewissheit eventueller Bewertungsspielräume. Bei
A.C. Nielsen wird von einer objekt-orientierten Sichtweise ausgegangen, eine Bewertung der Marke als immaterieller
Vermögensgegenstand findet daher nicht statt. Folglich ist dieses Modell für viele Zwecke der Markenbewertung nicht
einsetzbar (Berndt/Sander 1994, S. 1369).
Die mit diesem Problem verbundenen Schwierigkeiten waren Anlass, dass die Begründer der Markenbilanz, zusammen
mit dem Marketinglehrstuhl von Prof. Trommsdorf in Berlin, ein verbessertes Modell entwickelt haben, welches auf Basis
einer Kausalanalyse eine validierte Auswahl und Gewichtung von Eigenschaften als Grundlage hat.
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130
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Es erfolgte die Weiterentwicklung zum Brand Performancer, auch bezeichnet als Nielsen-Bilanz der zweiten
Generation (Franzen 1995, S. 564). Der Brand Performancer versucht, konsumenten- und unternehmensorientierte
Markenwertbestimmung zu integrieren. Dies bezieht sich auch auf das Ziel, bei der Markenwertermittlung die
qualitativen Daten der Markenwertanalyse zu berücksichtigen und monetär zu bewerten. Besonders durch die
Einschränkung der Messkriterien verringern sich die Messprobleme des Modelles. Allerdings sind Zweifel an der
Zuverlässigkeit des Zusammenhangs zwischen Indikatorenwahl und Markenstärke angebracht, obwohl die Auswahl
der konsumentenorientierten Indikatoren der Markenstärke auf Erkenntnissen der Kaufverhaltensforschung basieren.
Der Brand Performancer berücksichtigt eine Vielzahl an objektiven Informationen, lässt jedoch auch noch subjektive
Spielräume offen. Zu nennen sind hier die Ermittlung des Umsatzpotentials, die Schätzung der Umsatzrendite oder die
Bestimmung des in der Ertragswertformel integrierten Risikofaktors. Wie beim Modell von Interbrand findet auch bei
diesem Messmodell keine Absonderung des immateriellen Markenwertes statt; dies ist aber in vielen Fällen der Bewertung
besonders wichtig (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 87).
Wie auch das Modell von Interbrand eignet sind die Markenbilanz eher für eine Markenbewertung auf Index-Basis und
weniger für eine monetäre Bewertung. Sie bietet aber immerhin die Möglichkeit, eine Marke im Verhältnis zu anderen
Marken einzuordnen. Dies kann zum Beispiel für strategische Unternehmensentscheidungen genutzt werden, wenn
Entscheidungen anstehen, ob weiterhin in die Marke investiert werden soll (Herreiner 1995, S. 57). Im Brand Performancer
ist durch den modularen Aufbau die Möglichkeit gegeben, die Messung des Markenwertes durch differenzierte Analysen
für die Markensteuerung, die finanzielle Bewertung der Marke und die Kontrolle der Markenführung zu ergänzen.
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131
Methoden einer Marketing-Planung
14.3
Markenbewertung
Verhaltenwissenschaftliche Markenbewertung
Bei den bisher vorgestellten und diskutierten Messmodellen ging es um die finanzwissenschaftliche Betrachtung des
Markenwertes. Ausgehend von der Tatsache, dass viele Wertkomponenten, zum Beispiel Transferpotential, Marketingeffizienz
sowie deren Zukunftsperspektiven, sich weniger durch Aktiva wie Produktionsfläche und Produktionsverfahren
beschreiben lassen und sich auch durch Kennziffern nicht ausreichend und nur einseitig wiedergeben lassen, hat sich in
der jüngeren Vergangenheit eine umfassendere, verhaltensorientierte Bewertung entwickelt. Dadurch wurde das Begriffsbild
des Markenwertes erheblich erweitert. Die überwiegend betriebliche Betrachtungsweise ist einer mehr marktorientierten
Sichtweise gewichen (Bekmeier 1994, S. 384).
Aus der Sicht der Verhaltenswissenschaft handelt es sich beim Markenwert um die Verknüpfung bestimmter
Gedächtnisinhalte mit spezifischen Marken. Diese sind durch Marketingmaßnahmen, wie Kommunikation, und
unmittelbare Erfahrung mit den Marken bei den Konsumenten aufgebaut worden. Markenwerte zeigen also den aktuellen
Stand der Marketingmaßnahmen. Definiert wird der Markenwert eines Markenproduktes mit den Eigenschaften, die der
Konsument mit diesem verbindet. Bezugsgrößen sind hierfür die Bekanntheit der Marke und das Image. Die Bekanntheit
ist dabei Voraussetzung, damit sich der Verbraucher ein Bild vom Image der Marke machen kann. Nach Aaker wird
durch eine Markenbekanntheit die Marke bei der Kaufentscheidung überhaupt erst berücksichtigt. Sie ist Grundlage für
markenspezifische Assoziationen und Vertrautheit und Zuneigung bei den Konsumenten. Das Markenimage spielt bei
gegebenem Grad der Bekanntheit eine wichtige Rolle. Image setzt sich aus emotionalen und kognitiven Komponenten
zusammen. Dabei sind einige Aspekte für den Markenwert von zentraler Bedeutung: Inhalte, die mit der Marke
verbunden werden (zum Beispiel „Mercedes“ wird verbunden mit Solidität, Zuverlässigkeit), Stärke der Verbindungen
zwischen bestimmten Eigenschaften und einer Marke (zum Beispiel Reinigungsmittel „Frosch“ mit der Verbindung zur
Umweltfreundlichkeit), die Richtung der Verbindungen zwischen Eigenschaften und Marken (zum Beispiel Verknüpfung
von „Nivea“ mit Creme und umgekehrt) und die Zahl der mit einer Marke verbundenen Eigenschaften (Esch/Andresen
1997, S. 25). Konsumentenorientierte Ansätze sind die von Keller (1993), mit der These, dass der konsumentenorientierte
Markenwert vom Markenwissen des Verbrauchers abhängig ist und sich aus dem Vergleich einer Marke mit einem
unmarkierten aber artgleichen Produkt ergibt und dem „brand-trek-Ansatz“ von Andresen (1991), der direkt beim
Konsumenten und seinen inneren Vorstellungen von Marken ansetzt (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 92).
14.3.1
Verhaltenwissenschaftliches Markenwertmodell von Aaker
Aaker machte den ersten vielbeachteten Versuch, den Konsumenten in den Mittelpunkt der Markenbewertung zu stellen.
Der Markenwert wird hierbei als rein qualitatives Konstrukt untersucht. Nach der Definition von Aaker ist der Markenwert
„eine Gruppe von Vorzügen und Nachteilen, die mit einer Marke, ihrem Namen oder Symbol im Zusammenhang stehen
und den Wert eines Produktes oder Dienstes für ein Unternehmen oder seine Kunden mindern oder mehren“ (BekmeierFeuerhahn 1998, S. 90). Er setzt sich aus fünf Dimensionen zusammen (vgl. Abb.5):
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132
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
andere
Markenvorgänge
Markenassoziation
Markentreue
Markenwert
Name
Symbol
Bekanntheit des
Namens
angenommene
Qualität
Abb. 5: Die fünf markenwertbestimmenden Dimensionen nach Aaker
Quelle: Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 90
„Der Markenwert selbst“, so Aaker, „umschreibt eine Gruppe von Vorzügen und Nachteilen, die mit einer Marke, ihrem
Namen oder Symbol in Zusammenhang stehen und den Wert eines Produkts oder Dienstes für ein Unternehmen oder seine
Kunden mehren oder mindern“ (Aaker 1992, S. 32). Im Einzelnen haben die Vorzüge folgende Bedeutung: Die Markentreue
hilft dem Unternehmen, Kosten zu vermeiden, denn es ist billiger, alte Kunden zu halten, als neue zu gewinnen. Außerdem
vermindert sie die Anfälligkeit gegenüber der Konkurrenz. Kunden werden eher bekannte Marken kaufen, weil sie den
Umgang mit Vertrautem als angenehm empfinden. Der Bekanntheitsvergleich spielt eine wichtige Rolle, wenn verschiedenen
Marken verglichen werden, um zu entscheiden, welche für den Kauf in Betracht kommt. Unbekannte Marken haben in
dieser Konstellation kaum eine Chance. Die angenommene Qualität nimmt direkt Einfluss auf die Kaufentscheidung
und die Markentreue. Sie rechtfertigt höhere Preise und kann Ausgangspunkt für eine Markenerweiterung sein (Qualität
strahlt auch auf verwandte Bereiche ab). Der Markenwert basiert oft auf den damit verbundenen Assoziationen. Die
Assoziation mit einem Lebensgefühl kann die Anwendungserfahrung möglicherweise völlig umkrempeln (Beispiel: Der
Besitz eines Jaguars macht das Fahren eventuell zu einem völlig neuen Erlebnis). Eine Markenassoziation kann sich
als Markteintrittsschranke für die Konkurrenz erweisen. Mit den anderen Markenvorzügen sind zum Beispiel Patente,
Warenzeichen und Absatzwege gemeint. Markenvorzüge sind am wertvollsten, wenn sie die Kundentreue bestärken
beziehungsweise eine Kundenabwanderung verhindern. Warenzeichen können den Markenwert vor Nachahmungen
der Konkurrenz schützen. Ein bedeutendes Patent kann, sofern es auch für den Konsumenten von Relevanz ist, direkte
Konkurrenz unterbinden. Außerdem können Absatzwege auf Grund der Zugkraft einer Marke völlig beherrscht werden.
Diese Vorzüge kommen nur zum Tragen, wenn die Vorzüge der Marke auch an diese gebunden sind (Aaker 1992, S. 34ff.).
Das Konzept von Aaker ist der Versuch, die an der Markenwertbildung mitwirkenden Faktoren aufzuzeigen. Abgeleitet
werden diese Erkenntnisse aus der verhaltenswissenschaftlichen Theorie. Unterstützt werden seine Ausführungen durch
die Beschreibung von Einzelbeispielen aus der Praxis, an denen er die Bedeutung der aufgeführten Dimensionen erläutert.
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133
Methoden einer Marketing-Planung
Markenbewertung
Problematisch bei diesem Ansatz ist die Verzahnung der abgebildeten Dimensionen. Die markenwertbestimmenden
Dimensionen sind nicht unabhängig voneinander; so ist zum Beispiel „Qualität“ abhängig von den Dimensionen
„Bekanntheit“ und „Treue“. Interdependenzen ergeben sich außerdem daraus, dass die fünf Dimensionen nicht nur als
bestimmende Faktoren, sondern auch als Folge des Markenwertes zu sehen sind. Somit ist neben der genauen Festlegung
und Erhebung der Dimensionen ebenfalls die Verknüpfung derselben problematisch. Aaker gibt bei der Messung der
Assoziationen einem kategorialen Ansatz den Vorzug. Er unterteilt die zu erwartenden Assoziationen in elf unterschiedliche
Assoziationsqualitäten (zum Beispiel Assoziationen zum Kunden beziehungsweise Verbraucher, zu Herstellungsland
beziehungsweise Region, zum Preis etc.). Fraglich bleibt jedoch, ob eine Marke alle elf dieser Qualitäten erfüllen kann.
Insbesondere bei einer Marke wie Coca-Cola ergeben sich vor allem herstellungslandbezogene sowie verbraucherbezogene,
dafür aber weniger preisbezogene Assoziationen. Wie aber wirkt sich nun eine fehlende Assoziationsqualität auf den
Markenwert aus? Für diesbezüglich positive oder negative Wirkungen sowie für die Gewichtung der Assoziationskriterien
und deren Verknüpfung liefert Aaker keinerlei Hinweise. Es fehlen weiterhin Angaben zu einer wertmäßigen Erklärung
der einzelnen Dimensionen und Werte. Klarheit fehlt darüber hinaus, ob sich bestimmte Dimensionen kompensieren oder
wann ein guter oder schlechter Markenwert vorliegt. Betriebswirtschaftliche Indikatoren finden zwar in der Betrachtung von
Größen, wie höhere Gewinnspanne, mehr Markenerweiterung auf Grund des positiven Markenwertes, Berücksichtigung,
jedoch fehlt eine Überführung des Markenwertes in betriebswirtschaftlich monetäre Verrechnungseinheiten. Das
Markenwertmodell von Aaker ist also weniger ein an messtechnischen Fragestellungen orientierter Ansatz, sondern eher
ein konzeptionelles Markenwertmodell. Im Sinne einer Stärken/Schwächen-Analyse wird die Positionierung der Marke
beim Konsumenten betrachtet (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 89).
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134
Methoden einer Marketing-Planung
14.3.2
Markenbewertung
Markenkraftmodell der Gesellschaft für Konsumentenforschung (GfK)
Dieses rein ökonomische Untersuchungsmodell operiert mit dem Begriff der „Markenkraft“. Hier wird zum Beispiel
mit dem Testmarktsituationsmodell (TESI) von der GfK Tochter G&I (Forschungsgemeinschaft für Marketing) die
Wertedifferenz zwischen verschiedenen Marken monetär ausgedrückt. Die Markenkraft wird durch das Kaufverhalten
der Konsumenten bestimmt beziehungsweise wird erst dadurch messbar. Richtgröße für die Markenkraft ist der Preis der
Marke, den die Konsumenten, im Vergleich zu den Produkten der Konkurrenz, gerade noch zu zahlen bereit sind (Huber
1997, S. 149). Grundüberlegung ist, den Markenwert durch die Gegenüberstellung von Kosten und Erlösen festzustellen.
Hierbei wird die Kostenseite durch die Unternehmen beleuchtet, während die Käufe der Konsumenten die Ertragsseite
bilden. Die zu ermittelnde Markenkraft wird aufgefasst als „Attraktivität einer Marke für den Konsumenten, die nicht
durch das kurzfristige Marketingmix erklärt werden kann“, welche sich aber im Kaufverhalten ausdrückt (Esch/Andresen
1997, S. 15). Neben diesem Modell der Markenbewertung gibt es von der GfK noch den „Markensimulator“, auf den hier
nicht weiter eingegangen werden soll.
Das TESI-Preismodell kann als Informationsinstrument für die Preispolitik ebenso verwendet werden, wie als
Kontrollinstrument für das Marketing. Es ist sowohl für Gebrauchs- als auch für Verbrauchsgüter einsetzbar. Bedingung
ist allerdings eine hohe Kauffrequenz, da diese Voraussetzung für Bekanntheit und Verwendungserfahrung der Produkte
ist. Die Daten der Testpersonen werden zunächst individuell ermittelt und erst dann aggregiert. Dadurch ist es möglich,
eine Segmentierung nach Demographie und Kaufverhalten durchzuführen. Die Gültigkeit dieses Verfahrens ist anhand
realer Daten, die über Behavior-Scan (Scanner-Datenverfahren der GfK) ermittelt wurden, überprüft worden (Müllner
1997, S. 111). In diesem Modell, bei dem der Markenwert als Markenkraft bezeichnet wird, sind alle für die Vorstellung
„Marke“ relevanten Einflussfaktoren berücksichtigt. Diese sind im Gedächtnis der Testpersonen gespeichert und werden
bei Ermittlung des gerade noch gezahlten Preises aktiviert. Allerdings sind hier nur Konkurrenzmarken vergleichbar,
da bei einer Bewertung der Vorstellung „Marke“ die Attraktivität des relevanten Marktes nicht berücksichtigt werden
kann. Unsicher ist, ob die Testpersonen bei ihrer Preissetzung nur die Marke honorieren. Durch die begrenzte
Erklärungsperspektive ist die Eignung des Modells zur Markenbewertung eingeschränkt. Die Wirkungen von anderen
Variablen auf den Marktanteil bleiben auf Grund der Zielsetzung außer Betracht (Hamann 1992, S. 234). Der durch
dieses Modell ermittelte Wert für die Markenkraft kann jedoch keine Erklärung dafür liefern, warum der Wert hoch oder
niedrig ist, wodurch die Markenkraft beeinflusst wurde und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Markenkraft zu
erhöhen. Um den Markenwert zu stärken, müssen Maßnahmen ergriffen werden, die sich auf verhaltenswissenschaftliche
Daten stützen. Der Konsument und dessen Sicht von der Marke sind in die Überlegungen mit einzubeziehen, wobei dies
kaum durch die Anzahl der Kaufakte erfolgen kann. Das Modell ist eigentlich eher auf die Ermittlung von Wertdifferenzen
ausgerichtet. Einen absoluten Wert für die Markenkraft könnte man in dem Fall erhalten, wenn man die Wertdifferenz
einer Marke zu einem fiktiv markierten Produkt ermittelt. Diese Differenz würde einem Markenwert entsprechen (Esch/
Andresen 1997, S. 16).
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135
Methoden einer Marketing-Planung
14.4
Markenbewertung
Integration verhaltens- und finanzwissenschaftlicher Modelle
Aus den vorstehenden Erläuterungen und der kritischen Würdigung der Markenbewertungsmodelle kann gefolgert
werden, dass finanz- und verhaltensorientierte Ansätze für sich allein genommen derzeit noch keinen zuverlässigen
Markenwert ermitteln können. Vielmehr ist es notwendig, diese beiden Orientierungen zusammenzuführen. In den
Modellen von Interbrand und Nielsen wurde dieses bereits versucht, allerdings mit den aus wissenschaftlicher Sicht
dargestellten Schwächen. Nur wenn neben den betriebswirtschaftlichen Größen auch die Konsumentenurteile mit
in die Bewertung einfließen, kann ein allgemeingültiges Modell gefunden werden. Aus diesem Sachverhalt sollte der
Schluss gezogen werden, dass die Integration von finanzwissenschaftlichen und verhaltenswissenschaftlichen Aspekten
erstrebenswert ist. Im Rahmen eines solchen Gesamtkonzepts wäre es möglich, Aussagen darüber zu treffen, wie
marketingpolitische Beeinflussungsmaßnahmen auf den Verbraucher wirken und welche Auswirkung diese auf den
monetären Wert einer Marke haben. In diese Richtung zielt der Ansatz von Heider (Heider, 2001), der unter anderem in
einem neuen Modell von KPMG aufgegriffen wurde, welches auf dem erzielbaren finanziellen Nutzen basiert, der vom
Bewertungsobjekt unter Berücksichtigung psychologischer und verhaltensorientierter Daten erwirtschaftet wird.
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136
Methoden einer Marketing-Planung
Efficient Consumer Response
15 Efficient Consumer Response
(Dirk Seifert, Christopher Zerres)
Der Begriff Efficient Consumer Response (nachfolgend ECR abgekürzt) hat wie kein anderer die Zusammenarbeit zwischen
Handel und Konsumgüterindustrie in den letzten Jahren geprägt. ECR gilt als neuer Managementansatz im Rahmen des
strategischen Managements von Handels- und Industrieunternehmen. Leitgedanke ist die Kooperation zwischen Handel
und Lieferanten mit dem Ziel der Effizienzsteigerung der gemeinsamen Prozesskette und der konsequenten Ausrichtung
auf die optimale Befriedigung von Konsumentenbedürfnissen. Die beiden ECR-Komponenten Supply Chain Management
(Kooperationsfeld Logistik) und Category Management (Kooperationsfeld Marketing) bieten dem Handels­unternehmen
Gestaltungsansätze für den Aufbau von Kosten- und Differenzierungsvorteilen in einem intensivierten Wettbewerb.
Nach einer Phase des kontinuierlichen Wachstums des Einzel­handels in den Triade-Märkten USA, Japan und Europa,
mit Wachstumsraten von 5-10% pro Jahr, sind die meisten Einzel­­handels­branchen in den letzten Jahren in eine rezessive
Phase getreten. Seit über zehn Jahren sinken beziehungsweise stagnieren die Umsätze des deutschen Einzelhandels bei
einer gleichzeitigen Steigerung des Kostendruckes.
Die Handelsunternehmen agieren in einem Wettbewerbs­umfeld, welches durch eine Vielzahl an negativen Faktoren
gekenn­zeichnet ist. Neben einer stetig zunehmenden Konzentration und Globali­sierungstendenzen der „Big player“, zum
Beispiel der Markteintritt von Wal Mart in den britischen Markt, bewirkt der Siegeszug der Betriebsform Discounter in
Europa und vor allem in Deutschland (Aldi, Lidl, Penny etc.) einen Rückgang von Margen und Umsatzrenditen. Der Grund
ist eine deutlich un­günstigere Kostenstruktur von Anbietern eines „Vollsortiments“ (bei SB-Warenhäusern mehrals 15.000
Artikel) im Vergleich zu Discountern, die sich auf eine begrenzte Anzahl von umschlags­starken Produkten konzentrieren
(in der Regel zwischen 800 -1.200 Artikel).
Der Handel ist zudem mit Verbrauchern konfrontiert, die zunehmend besser informiert sind (insbesondere über die
verschiedenen Preisniveaus und die Produktqualität). Auf Grund von stagnierenden Nettoeinkommen in den letzten
Jahren legen die Konsumenten ein zunehmend größeres Gewicht auf Sonderangebote. Der Preis ist hierbei das wesentliche
Kaufentscheidungs­kriterium und nicht die Marke oder die Wahl der Einkaufsstätte. Die damit verbundene Abnahme in
der Kundenloyalität in Bezug auf den Einkaufsort und die Marke ist in der Literatur vielfach unter dem Begriff „Smartshopper“ beschrieben worden. Diese Entwicklung wurde verstärkt durch das Verhalten der Handelsunternehmen.
Sie haben sich in der Vergangenheit zumeist auf den Preis als Profilierungsinstrument gegenüber dem Konsumenten
konzentriert. Das Resultat sind immer aggressivere Aktionspreise und damit Wertschöpfungsvernichtung. Gleichzeitig
steigt die Kunden­un­zufrie­denheit. Bei ständig wechselnden Sonderangeboten und häufigen Unter-Einstandspreisen stellt
sich für die Kunden die Frage der Preis­ehrlichkeit. Ein zumeist unübersichtliches Sortiment, das häufig nicht die wahren
Konsumentenbedürfnisse widerspiegelt, verstärkt die Un­zu­friedenheit der Konsumenten.
Die Zielsetzung des Handels muss demnach sein, die Kosten­strukturen zu optimieren und gleichzeitig ein Angebot zu schaffen,
welches die gestiegenen Konsumentenbedürfnisse befriedigt und nicht den Preis als alleiniges Profilierungsinstrument
wählt. Der neue Managementansatz ECR bezweckt genau dieses. Handel und Industrie kooperieren dabei auf den Feldern
Logistik und Marketing mit dem Ziel einer Verbesserung der strategischen Wettbewerbs­position.
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137
Methoden einer Marketing-Planung
Efficient Consumer Response
Der Begriff Efficient Consumer Response kann übersetzt werden mit „effiziente Reaktion auf die Kunden­nachfrage“ (von
der Heydt 1997, S. 13). Das ECR-Konzept wurde in den USA entwickelt und kam Anfang der neunziger Jahre erstmals
bei bedeutenden Handels- und Industrie­unternehmen, wie zum Beispiel Safeway, Kroger, Procter & Gamble oder Coca
Cola unter Mithilfe der Unternehmensberatung Kurt Salmon Associates zum Einsatz. Die Anwendung von ECR führt
bei den beteiligten Unternehmen zu einer erheblichen Kostensenkung in der Prozess-kette und zu einem ge­steigerten
Umsatzvolumen auf Grund der besseren Befriedigung von Konsumentenbedürfnissen.
ECR ist ein strategisches Management-Konzept für Handel und Industrie im Sinne einer Wertschöpfungspartnerschaft
zwischen den beteiligten Parteien. Den Ausgangspunkt und gleichzeitig die Grundlage von ECR bildet die Kooperation
zwischen Industrie und Handel im Gegensatz zu der bisherigen, durch Konfrontation geprägten Beziehung (Täger/Nassua
1998, S. 43). Als ein Beispiel sei die ineffiziente Waren­versorgung durch ungenügenden Informations­austausch genannt.
Eine effiziente Produktion und Logistik ist ohne die Kenntnis von Abverkaufsdaten von dem „Point-of-sale“ (POS) nicht
möglich. Diese Form der fehlenden Zusammenarbeit führt zu Reibungs­verlusten in der spezifischen Wertschöpfungskette
der beteiligten Unternehmen. Hier entstehen zusätzliche Kosten, die vermeidbar sind. Konkurrierende Unter­nehmungen
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138
Methoden einer Marketing-Planung
Efficient Consumer Response
Die Entwicklung in den USA zeigt, dass der Wettbewerb um Marktanteile nicht mehr allein zwischen den verschiedenen
Handelsunternehmen entschieden wird, sondern vielmehr Wert­schöpfungs­ketten von der Zuliefer­industrie über den
Handel bis zu dem Konsumenten als End­abnehmer in Wettbewerb zueinander stehen (Tienes/Kilimann/Schenk 1998,
S. VII). Kooperation erleichtert durch arbeitsteilige Aufgaben­erfüllung die Erzielung von Wettbewerbs­vorteilen. Defizite
im eigenen Unternehmen, beispielsweise fehlende Kenntnisse über bestimmte Kundenzielgruppen oder Teilmärkte,
können somit ausge­­glichen werden (Lerchenmüller 1998, S. 514). Zuliefer­integration und „Just-in-time“-Belieferung
von Handels­filialen werden durch eine intensive Händler/Lieferanten Zusammen­arbeit überhaupt erst möglich. ECR
stellt den Übergang von der intra- zur interorganisationalen Prozessorganisation der Unternehmen dar (Barth 1996, S.
22). Die nachfolgende Abbildung gibt einen Überblick über die zwei tragenden Säulen des ECR-Konzepts und die damit
verbundenen ECR-Basisstrategien (vgl. Abbildung 1):
Efficient Consumer Response-Konzept
Supply Chain Management
Category Management
Efficient Replenishment (ER)
Efficient Store Assortment (ESA)
Efficient Administration (EA)
Efficient Promotion (EP)
Efficient Operating Standards (EOS)
Efficient Product Introduction (EPI)
Abb. 1: ECR-Konzept und seine Basisstrategien
Quelle: eigene Darstellung
Handelsunternehmen, die mit den ECR-Basisstrategien arbeiten, unter­suchen und hinterfragen jeden einzelnen
Prozessschritt in der Wertschöpfungskette. Nur Arbeitsgänge, die im Endergebnis die Konsumenten­bedürfnisse besser
befriedigen, sind wert­schöpfende Aktivitäten. Dient ein Prozessschritt nicht der Konsumenten­zufrie­denheit, so ist das
Ziel die Eliminierung dieser Aktivität. Das ECR-Konzept ist ein konsumentenorientiertes System, in dem Ver­braucher­­­
bedürfnisse maximal befriedigt werden – bei gleich­zeitiger Minimierung der Kosten. Vereinfacht ausgedrückt ist die
Zielsetzung von ECR (Zentes 1996, S. 4):
Minimieren!
Kosten der Wertschöpfungskette:
und
Maximieren!
Konsumentenzufriedenheit:
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139
Methoden einer Marketing-Planung
Efficient Consumer Response
ECR stellt ein Reengineering der Wertschöpfungskette in der Konsumgüterbranche dar. Bisher war der Prozessablauf
in dieser Wertkette stark vom „Push-Prinzip“ dominiert. Der Hersteller versucht durch vielfältige Aktivitäten, wie zum
Beispiel Promotions oder Sonderrabatte, eine immer höhere Verladung an Warenvolumen zu erreichen. Die hohen
Warenbestände, die sich nicht an der tatsächlichen Nachfrage orientieren, werden über das Lager des Handels in die
Verkaufsstätten gedrückt. Dort entsteht auf Grund von limitierter Verkaufsfläche ein hoher Abverkaufs­druck, der lediglich
über reduzierte Preise und damit höherer Nachfrage abgebaut werden kann. Die Folge sind ständig sinkende Aktions­
preise und ein Margenverfall für Industrie und Handel. Durch ECR wird die oben geschilderte Denkhaltung umgekehrt
(Zentes 1996, S. 5). Durch genaue Messung via Marktforschung und Auswertung von Scannerdaten wird die Nach­frage
analysiert. Die Produktion und Distribution in der Wertschöpfungs­kette arbeiten nachfrage-synchron auf der Basis der
Informationen aus den Verkaufsfilialen. Die nach-folgende Abbildung soll die Umkehr dieser Denkhaltung verdeutlichen
(vgl. Abbildung 2):
Wertschöpfungskette ohne ECR
Produktion des
Herstellers
Lager des
Herstellers
Lager des
Handels
Einzelhandel
Konsument
Push
Wertschöpfungskette mit ECR
Produktion des
Herstellers
Lager des
Herstellers
Informationsfluss
Lager des
Handels
Einzelhandel
Konsument
Informationsfluss
Pull
Abb. 2: ECR-Reengineering der Prozesskette
Quelle: In Anlehnung an Zentes 1996, S. 4.
Der Nutzen von ECR liegt in der Reduzierung der Kosten in der Lieferkette („Supply side“) und in der Erhöhung der
Umsätze und Margen („Demand side“). Studien schätzen das Nutzenpotenzial in den USA auf ca. 10 % und in Europa
auf 6 % (beide bezogen auf den Umsatz zu Verkaufspreisen).Vor dem Hinter­grund von relativ niedrigen Umsatzrenditen
im Handelssektor (verglichen mit anderen Branchen) bieten die damit aufgezeigten Potenziale im Bereich Kostensenkung
und Umsatz­steigerung dem Handelsmanagement Ansatzpunkte, um eine verbesserte Wett­bewerbs­position zu er­rei­chen.
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140
Methoden einer Marketing-Planung
CPFR-Konzept
16 CPFR-Konzept
(Dirk Seifert, Christopher Zerres)
Analysiert man die wesentlichen Veränderungen in der Unternehmensführung von amerikanischen und europäischen
Industrie- und Handelsunternehmen der letzten Jahre, so erkennt man eine neue strategische Stossrichtung: Die frühzeitige
Einbindung der vorgelagerten Wertschöpfungspartner in der Planung, Prognose und Warenversorgung innerhalb der
Prozesskette unter Ausnutzung von modernster Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK). Das damit neu
geschaffene Managementkonzept CPFR (Collaborative, Planning, Forecasting and Replenishment) erweist sich in einigen
Pilotprojekten von First Movern bereits als erfolgreiches Instrument im Wertschöpfungsmanagement von Industrie und Handel.
Industrie- und Handelspartner erarbeiten im Rahmen von CPFR eine gemeinsame Absatzplanung unter Einbeziehung
aller auf beiden Seiten dazu verfügbaren Daten. Basierend auf dieser Marktprognose wird die Produktion, Lieferung,
Lagerhaltung und Werbung aufeinander abgestimmt. Mit Hilfe von EDV-gestützten Systemen wird der Warenbedarf
automatisch gesteuert. CPFR führt die bisher bei Händlern und Herstellern getrennt vorhandene Erfahrung zur
Absatzplanung zusammen und initiiert zugleich einen gemeinsamen, kontinuierlichen Verbesserungsprozess dieses
Wissens. Das somit initiierte Infopartnering ist die Basis für einen Wandel von der Wertschöpfungskonfrontation hin zu
einer Wertschöpfungskooperation.
Die Implementierung in der Unternehmenspraxis gestaltet sich häufig schwierig, da die Unternehmen keinen strukturierten
Weg der Anwendung beschreiten, sondern häufig nur Teilbausteine von CPFR nutzen. Der Druck des Marktes bewirkt
häufig die voreilige Ankündigung der Nutzung von CPFR durch die Unternehmensleitung, ohne die Schaffung von
wesentlichen Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren. Insbesondere dem Management von mittelständisch geprägtem
Unternehmen fehlt ein strukturierter Prozess mit klaren Handlungsempfehlungen für die Implementierung des neuen
Konzeptes. Der nachfolgende Abschnitt zeigt und erläutert die neun wesentlichen Schritte für die erfolgreiche Anwendung
von CPFR in der Unternehmenspraxis.
Der CPFR-Planungsprozess strukturiert die relevanten Prozessschritte für die Implementierung von CPFR. Das Modell
ist aufgeteilt in drei verschiedene Phasen. Die erste Phase ist der Planungsprozess (Schritt 1 und Schritt 2). In der zweiten
Phase wird der Prognoseprozess (Schritt 3 bis Schritt 8) beschrieben. Die letzte Phase beinhaltet den Bestellprozess (Schritt 9).
16.1
Entwickle eine Kooperationsvereinbarung
Der erste Schritt des CPFR-Modells hat die Aufgabe, die Regeln und Grundsätze für die Zusammenarbeit von Händler
und Hersteller festzulegen. Die Kooperationsvereinbarung bestimmt die Zielvorstellungen der beiden Geschäftspartner.
Gleichzeitig beinhaltet die Vereinbarung die relevanten Aktivitäten und Ressourcen, die für eine erfolgreiche CPFRAnwendung notwendig sind. Das gemeinsam erarbeitete Papier definiert die praktische Ausgestaltung der Partnerschaft,
identifiziert die Rollen der involvierten Geschäftspartner und legt fest, wie die Leistung der jeweiligen Partei gemessen
wird. Insgesamt besteht der erste Schritt aus den folgenden zehn einzelnen Aktivitäten:
1. CPFR-Mission Statement
Der erste Schritt beinhaltet die Entwicklung eines Mission Statements, das eine gemeinsame Basis schafft
zu den Punkten: Kooperation, Vertrauen und Bereitstellung von Ressourcen. In den folgenden Teilschritten
erfolgt eine Detaillierung, wie die gemeinsam formulierte Absichtserklärung inhaltlich gefüllt wird.
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141
Methoden einer Marketing-Planung
CPFR-Konzept
2. CPFR-Ziele und Aufgaben
In diesem Teilschritt erfolgt die Definition der konkreten CPFR-Ziele und -Auf­gaben. Dies beinhaltet
auch die Einigung auf geeignete Leistungskrite-rien für die Erfolgsmessung. Darüber hinaus wird der
Geschäftsprozess definiert und Kriterien für Ausnahmen bei der Verkaufs- und Bestellprognose festgelegt.
3. Kompetenz- und Ressourcenidentifizierung
Der CPFR-Prozess erfordert eine klare Festlegung von Kompetenzen und Ressourcen der beteiligten
Parteien. Welche Abteilungen/­Funktions­einheiten sind in der Lage und bereit, zu dem CPFR-Prozess
dauerhaft beizutragen? Welche zusätzlichen Kompetenzen müssen möglicherweise aufgebaut werden oder
von Dienstleistern eingekauft werden?
4. Definition von Kooperationspunkten
Nach der Identifizierung der CPFR-relevanten Abteilungen/Funktions­einheiten in dem vorangegangenen
Schritt erfolgt hier die Festlegung, welche dieser Funktionen den Prozess verantwortlich begleiten und
als Kooperationspunkte zwischen den beteiligten Unternehmen fungieren. Sie sind später die wichtigen
ausführenden Organe in dem CPFR-Prozess.
5. Notwendigkeit von Datenaustausch
Die CPFR-Anwendung benötigt Informationen von Herstellern und Händ-lern. Die Festlegung des
Informationsbedarfs bestimmt, welche Information geteilt werden soll, zum Beispiel Daten über die
Identifizierung von Prognoseausnahmen. Darüber hinaus werden beispielsweise die Häufigkeit des
Datenaustausches, die Art des Datenaustausches, die maximale Reaktionszeit auf Datenanfragen und die
gemeinsame Prognosemethodologie definiert.
6. Verbindlichkeit von Bestell- und Lieferzusagen
Diese Aktivität klärt die Verbindlichkeit von Bestell- und Lieferzusagen im Rahmen des CPFR-Prozesses.
Dies beinhaltet insbesondere die Prozessphase, in der aus der gemeinsamen Prognose eine feste Bestellung
wird.
7. Ressourcenallokation
In diesem Teilschritt vereinbaren die beiden CPFR-Partner, welche Ressour-cen zur Verfügung gestellt
werden. Beispielsweise heißt das, wie viele Mitarbeiter wie viel Zeit auf den CPFR-Prozess verwenden
dürfen. Dies beinhaltet auch die Allokation von Ressourcen in der Prozessbearbeitung, die Bestimmung des
Prozessmanagements und wie Initiativen zu der Prozessverbesserung eingebunden werden.
8. Lösung von Partnerdifferenzen im CPFR-Prozess
Diese Aktivität beinhaltet die Vereinbarung von Regeln für das Handling von Unstimmigkeiten und
Differenzen zwischen den Partnern während des CPFR-Prozesses. Kommt es zum Streit zwischen den
beteiligten Parteien, ist es wichtig, vorher Maßnahmen zur Konfliktlösung definiert zu haben, die von allen
akzeptiert werden.
9. Regelmäßige Evaluierung der CPFR-Vereinbarung
In diesem Teilschritt geht es um die Festlegung einer regelmäßigen Evaluierung der CPFR-Vereinbarung.
Dies bedeutet auch ein Benchmarking der CPFR-Anwendung. Die gemeinsame Festlegung von relevanten
Messgrößen, die für beide Partner wichtig ist, kann dabei hilfreich sein.
10. Die Beschlussfassung der Kooperationsvereinbarung
Die gemeinsam erarbeitete Kooperationsvereinbarung wird als bindende Richtlinie von allen
Prozessbeteiligten genutzt. Die Vereinbarung kann jederzeit an neue Erfordernisse und aktuelle
Entwicklungen angepasst werden.
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142
Methoden einer Marketing-Planung
16.2
CPFR-Konzept
Erarbeite einen gemeinsamen Geschäftsplan
In dem zweiten Schritt des neunstufigen CPFR-Modells erarbeiten die beiden Kooperationspartner unter Berücksichtigung
der eigenen Unternehmensstrategien einen gemeinsamen Geschäftsplan. Dies beinhaltet die Definition von
Warengruppenrollen, Warengruppenzielen und Warengruppentaktiken. Weiterhin tauscht man die relevanten Auftragsdaten
für die zu optimierenden Produkte aus. Diese sind beispielsweise das Auftragsminimum, die Auftragsvorlaufzeiten und
die Auftragsintervalle. Die Entwicklung eines gemeinsamen Geschäftsplans verbessert die Verkaufsprognose­qualität, da
die verfügbaren Informationen von beiden Partnern in den Plan einfließen werden. Er bietet darüber hinaus auch eine
geeignete Plattform für die Kommunikation und Koordination entlang der Lieferkette.
16.3
Ermittle die Verkaufprognose
Bei der Ermittlung der Verkaufsprognose stellen die POS-Daten des Händlers und seine Promotionplanungen die Basis
für die Entwicklung der Verkaufsprognose dar. Die Absatzvorhersage wird damit zuverlässiger und überführt damit die
Aussagen des gemeinsamen Geschäftsplans (Schritt 2) in einen höheren Detaillierungsgrad.
16.4
Identifiziere Ausnahmen der Verkaufsprognose
In diesem Schritt werden alle Produkte identifiziert, die Ausnahmen zu den kooperativ gesetzten Annahmen der
Verkaufsprognose darstellen. Dies können beispielsweise saisonale Produkte sein. Die Ausnahmekriterien für jedes Produkt
wurden in der Kooperationsvereinbarung (Schritt 1) festgelegt.
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143
Methoden einer Marketing-Planung
16.5
CPFR-Konzept
Bearbeite gemeinsam die Verkaufsprognose-Ausnahmen
Der fünfte Schritt beinhaltet die gemeinsame Bearbeitung und Klärung der Verkaufsprognose-Ausnahmen durch „RealTime-Kommunikation“ zwischen den Partnern. Jede Änderung fließt sofort in die neu erstellte Verkaufsprognose ein. Die
beschleunigte Kommunikation und Entscheidungsfindung zwischen Hersteller und Händler erhöht die Zuverlässigkeit
der später generierten Bestellung.
16.6
Erstelle Bestellprognose
In diesem Schritt werden Daten über die POS-Abverkäufe mit den individuellen Bestandsstrategien der Kooperationspartner
verknüpft, um eine spezifische Bestellprognose zu generieren. Die damit entwickelte Vorschau auf Bestellungen stellt eine
höhere Detaillierung der Daten aus dem gemeinsamen Geschäftsplan (Schritt 2) und der Verkaufsprognose (Schritt 3) dar.
Die ermittelten Bestellvolumina basieren auf den Bestandszielen pro Produkt und der Zieldestination der Waren
(Berücksichtigt die Frage: Wie viel Vorlauf ist nötig um die Güter zu dem Bestimmungsort zu bringen?). Weiterhin
sind die Bestelldaten zeitlich differenziert. Die kurzfristige Bestellprognose wird für die tatsächliche Bestellgenerierung
verwendet. Die langfristige Bestellprognose fließt in die Gesamtplanung ein.
16.7
Identifiziere Ausnahmen der Bestellprognose
In diesem siebten Schritt werden alle Produkte identifiziert, die Ausnahmen zu den kooperativ gesetzten Annahmen
der Bestellprognose darstellen. Das Ergebnis ist eine Liste mit denjenigen Artikeln, die auf der Basis der in der
Kooperationsvereinbarung gesetzten Kriterien als Ausnahmen gewertet werden.
16.8
Bearbeite gemeinsam Bestellprognose-Ausnahmen
Der achte Schritt (vergleichbar mit dem Schritt 5) beinhaltet die gemeinsame Bearbeitung und Klärung der BestellprognoseAusnahmen durch „Real-Time-Kommunikation“ zwischen den Partnern. Jede Änderung fließt sofort in die neu erstellte
Bestellprognose ein. Die beschleunigt Kommunikation und Entscheidungsfindung zwischen Hersteller und Händler erhöht
die Zuverlässigkeit der im nächsten Schritt generierten Bestellung.
16.9
Auslösung der Bestellung
In diesem letzten Schritt wird die ermittelte Bestellprognose in eine feste Bestellung gewandelt. Die Generierung der
Bestellung erfolgt entweder immer von dem Hersteller oder immer von dem Händler. Die Entscheidung darüber sollte
auf Basis der höheren Kompetenz in der Prozessabwicklung, der Ausstattung von entsprechenden Systemen und der
Verfügbarkeit von freien Ressourcen gefällt werden.
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144
Methoden einer Marketing-Planung
CPFR-Konzept
Die folgende Abbildung verdeutlicht diesen Prozess noch einmal zusammenfassend:
Die folgende Abbildung verdeutlicht diesen Prozess noch einmal zusammenfassend:
(1)
Entwickle Kooperationsvereinbarung
Kriterien für Ausnahmen
Geschäftsentwicklungsplanung Händler
(2)
Erarbeite gemeinsamen
Geschäftsplan
Geschäftsentwicklungsplanung Hersteller
Kriterien für Ausnahmen
(4)
Identifiziere Ausnahmen der
Verkaufsprognose (VP)
Ausnahme-Auslöser-Händler
Ausnahme-Auslöser-Hersteller
Ausnahmen
Point-of-Sale--Daten
entscheidungsrelevante
Daten vom Hersteller
(6)
Erstelle Bestellprognose
Material- und
Produktionsplaung
Hersteller
Bestellprognose
Feste Prognose
(7)
Identifiziere Ausnahmen der
Bestellprognose (BP)
Ausnahme-Auslöser-Händler
Forecasting
(5)
Bearbeite gemeinsam VPAusnahmen
entscheidungsrelevante
entscheidungsrelevante
Daten
Händler
Daten vom
vom Händler
Kriterien für Ausnahmen
(3)
Ermittle die
Verkaufsprognose
Planning
Kriterien für Ausnahmen
Einschränkungen
Ausnahme-Auslöser-Hersteller
Ausnahmen
(8)
Bearbeite gemeinsam BPAusnahmen
entscheidungsrelevante
Daten vom Händler
langfristig
Kunde
ungelöste Produktionsprobleme
aktualisierte Daten
für Ausnahmen
kurzfristig
Ware
Eingang Lieferung
(9)
Auslösung der Bestellung
Auftrag
Produktion
Feedback
Auftragsabwicklung
und Versand
Lieferung
Replenishment
Einkaufsstätte
entscheidungsrelevante
Daten vom Hersteller
Feedback Auftragsabwicklung
Händler-Aktivitäten
Kooperative Aktivitäten
Hersteller-Aktivitäten
Abbildung: CPFR-Planungsprozess
Abbildung: CPFR-Planungsprozess
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145
Methoden einer Marketing-Planung
Erfolgsfaktorensforschung
17 Erfolgsfaktorensforschung
(Daniel Forsmann, Henrik Haenecke, Christopher Zerres)
17.1
Überblick über Zielsetzung und Entwicklung der Erfolgsfaktorenforschung
Die Erfolgsfaktorenforschung will die Determinanten ermitteln, die den Erfolg oder den Misserfolg eines Unternehmens
langfristig beeinflussen. Sie geht dabei von der Grundannahme aus, dass nur einige wenige Variablen über den Erfolg
und Misserfolg eines Unternehmens entscheiden. Ausgangspunkt einer Untersuchung der Erfolgs­fakto­ren ist stets, die
Variablen zu bestimmen, mit denen der Erfolg quantifiziert werden kann. Diese Größen werden dann als Erfolgsindikatoren
bezeichnet. Häufig sind dies Gewinn, Rentabilität oder Umsatz. In der Folge wird dann untersucht, welche Variablen einen
Erfolgsindikator beeinflussen. Diese Variablen wer­den als Erfolgsfaktoren bezeichnet.
Als Keimzelle der Erfolgsfaktorenforschung gilt das PIMS-Programm („Profit Im­pact of Marketing Strategies”). Im Rahmen
dieses Programms werden seit den 60er Jah­ren in mittlerweile mehr als 300 Unternehmen mit etwa 3000 strategischen
Geschäfts­einheiten systematisch Unternehmensdaten erfasst. Seit den 80er Jahren erhält die Erfolgsfaktorenforschung
zunehmend Aufmerksamkeit in Wissenschaft und Praxis.
Die Erfolgsfaktorenforschung wurde und wird viel­fach heftig kritisiert. Die Ursache hierfür liegt insbesondere darin,
dass die unterschiedlichen Studien nicht nur im Hinblick auf die Untersuchungsan­sätze und Analysemethoden, sondern
auch in den Resultaten zum Teil sehr heterogen sind. Der Erfolgsfaktorenforschung wird auch ent­gegen­gehalten, dass
der betriebswirt­schaftliche Erfolg nicht auf einzelne Erfolgsfaktoren zurückgeführt werden könne. Der Erfolg eines
Unternehmens sei vielmehr durch verschiedene interdependente Va­riablen bestimmt, ohne dass die Erfolgswirksamkeit
einzelner Variablen isoliert werden könnte (Prinzip der multiplen Kausalität). Es wird grundsätzlich in Frage gestellt, ob
sich überhaupt allgemeine Erfolgsursachen identifizieren lassen – schließlich liegt der Erfolg häufig in der Einzigartigkeit.
Viele Erfolgsfaktorenstudien sind zudem unzureichend theoretisch fundiert und weisen methodische Schwächen auf.
Die dem Unternehmenserfolg zugrunde liegenden Ursache-Wirkungsbeziehungen konnten so häufig nur unzureichend
aufgedeckt werden.
Die Erfolgsfaktorenforschung kann trotz dieser Mängel Indizien liefern, welche Variablen beachtet werden müssen. Zwar
kann sie nur Aussagen über die Vergangenheit machen; die Ergebnisse müssen somit immer an aktuellen Erfahrungen
gespiegelt werden. Für eine sinnvolle Anwendung ist einerseits die Wahl einer Methode der Erfolgsfaktorenforschung
notwendig, die dem spezifischen Erkenntnisinteresse gerecht wird; andererseits müssen verschiedene Anforderungen bei
der Anwendung der Erfolgsfaktorenforschung beachtet werden. Schließlich müssen die theoretischen, methodisch sauber
abgeleiteten Erkenntnisse mit den Erfahrungen aus der Praxis abgeglichen und ergänzt werden.
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146
Methoden einer Marketing-Planung
17.2
Erfolgsfaktorensforschung
Methoden der Erfolgsfaktorenforschung
Grundsätzlich können fünf methodische Herangehensweisen der empirischen Erfolgsfaktorenforschung unterschieden
werden (vgl. Abb. 1):
METHODEN ZUR IDENTIFIKATION VON ERFOLGSFAKTOREN
Methodisch
gestützt
Direkte
Ermittlung
Methodisch und
materiell gestützt
Empirische
Identifikation
strategischer
Erfolgsfaktoren
Qualitativ
Indirekte
Ermittlung
Quantitativexplorativ
Quantitativ
Quantitativkonfirmatorisch
Quelle: Haenecke 2002.
Abb. 1: Methoden zur Identifikation von Erfolgsfaktoren
Empirische Erfolgsfaktorenstudien werden zunächst nach der Art der Ermittlung der Er­folgsfaktoren differenziert: Die
Erfolgsfaktoren können direkt oder indirekt er­mittelt werden.
Bei der direkten Ermittlung wird in Expertenbefragungen direkt nach den erfolgbe­einflussenden Variablen gefragt. Experten
können dabei sowohl interne Experten, das heißt Unternehmensangehörige, oder auch externe Experten, das heißt zum
Beispiel Kunden, Händler, Lieferanten, Zulieferer, Konkurrenten oder Wissenschaftler, sein. Traditionell wurde diese
Untersuchungsmethode vor allem bei der Entwicklung von Management-Informationssystemen eingesetzt. In jüngerer
Zeit erfährt die direkte Ermittlung von Erfolgsfaktoren zunehmende Bedeutung in der Praxis.
Die direkte Ermittlung kann methodisch gestützt erfolgen. Relevante Methoden können hier Kreativitätstechniken, wie
Brainwriting oder Brainstorming, sein. Auch besondere Befragungstechniken, wie zum Beispiel die Delphi-Methode oder
tiefenpsychologische Interviews, können zur Anwendung kommen.
Zusätzlich kann die Ermittlung mate­riell gestützt erfolgen. Eine materielle Stützung kann beispielsweise durch Checklisten
oder Bezugsrahmen er­folgen. Diese geben potenzielle Erfolgsfaktoren vor, die im Rahmen einer empirischen Erhebung
systematisch abgefragt werden. Auch ein strukturierter Fragebogen, der aus Hypothesen über Erfolgsfaktoren entstanden
ist und Experteninterviews leitet, würde eine materielle Stützung bedeuten.
Bei der indirekten Ermittlung hingegen wird mittels statistischer Verfahren oder gedank­licher Analyse untersucht,
welche Faktoren den Erfolg wirksam beeinflussen. Hier wird nicht direkt nach den Ursachen des Erfolges gefragt. Die
Erfolgsfaktorenstudien mit indirekter Ermittlung werden je nach Art der Erhebung weiter in qualitative und quantitative
Untersuchungen klassifiziert.
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147
Methoden einer Marketing-Planung
Erfolgsfaktorensforschung
Qualitative Studien untersuchen keine Unternehmenszahlen, sondern stellen qualitative Aussagen in den Mittelpunkt. Eine
Erhebung in einer nichtstandardisierten Befragung mit offenen Fragen zu den Ursachen des Unternehmenserfolges wäre
zum Beispiel eine qualitative Erfolgsfaktorenstudie. Die zentrale Arbeit mit Anwendung dieser Untersuchungsmethode ist
die von Peters und Waterman. Die Autoren wählten zunächst anhand einer Reihe von Kriterien Unternehmen aus, die sie
als beson­ders erfolgreich bewerteten. Anschließend untersuchten sie die Unternehmen auf ge­meinsame Charakteristika.
Die Gemeinsamkeiten interpretierten sie als Erfolgsfaktoren. In quantitativen Studien hingegen werden quantifizierte
Unternehmensdaten erhoben; ihr Anteil am Unternehmenserfolg wird mit Hilfe mathematischer Analysemethoden
ge­messen. Die quantitativen Arbeiten werden aufgrund der Art des Untersuchungsansatzes in explorative, das heißt
Kausalstruktur-entdeckende, und konfirmatorische, das heißt Kausalstruktur-überprüfende Forschungen unterschieden.
Quantitativ-explorative Studien versuchen, unter einer Vielzahl von möglicherweise er­folgswirksamen Variablen diejenigen
zu identifizieren, die den Erfolg tatsächlich beein­flussen. Typische Methoden sind hier Korrelations-, Regressions- und
Faktoranalysen. Prominentestes Beispiel für eine quantitativ-explorative Erfolgsfaktorenstudie ist das oben be­schriebene
PIMS-Programm. Die richtungweisende Arbeit im deutschen Sprachraum für das quantitativ-explorative Vorgehen ist
die Arbeit von Patt über die Erfolgsfaktoren im Einzelhandel.
In
quantitativ-konfirmatorischen
Studien
werden
bereits
theoretisch
und
empirisch
gut
untersuchte
Wirkungszusammenhänge mit Hilfe kausalanalytischer Verfahren überprüft. Im Unterschied zu explorativen Studien
werden weniger Variablen betrachtet, da auf ein tiefgreifendes Verständnis der Kausalstrukturen zurückgegriffen wird.
Das wichtigste Verfahren ist hier in jüngeren Studien die Kausalanalyse mit Lisrel. Die zentrale Arbeit im deutschen
Sprachraum ist die Dissertation von Kube: Auf Basis einer Metaanalyse verschiedener Erfolgsfaktoren­studien im
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Einzelhandel entwickelt er ein Hypothesensystem, das anschließend kausalanalytisch überprüft wird.
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148
Methoden einer Marketing-Planung
17.3
Erfolgsfaktorensforschung
Grundlegende Anforderungen an eine Erfolgsfaktorenstudie
Um eine hohe Aussagekraft über Ursache-Wirkungsbeziehungen zu erhalten, sind sechs grundlegende Anforderungen bei
einer Erfolgsfaktorenstudie zu beachten. Im Folgenden werden diese Anforderungen dargestellt und es wird diskutiert,
inwieweit die oben beschriebenen Methoden die einzelnen Anforderungen erfüllen können.
1. Aufdecken der Kausalstruktur: Die Ergebnisse der Erfolgsfaktorenforschung werden vor allem deswegen
als unbefriedigend bezeichnet, weil sie dem zentralen Anspruch, die Ursachen des Unternehmenser­
folges aufzudecken, häufig nicht gerecht wurden. Um die Ursachen des Unternehmenser­folgs aufdecken zu
können, muss sich eine Erfolgsfaktorenstudie differenziert mit dem sozialwissenschaftlichen Konzept der
Kausalität auseinandersetzen: Diesem Prinzip zufolge sind Ursache-Wirkung-Beziehungen nicht messbar;
es kann lediglich versucht werden, Hypothesen über solche kausalen Beziehungen zu falsifizieren. Werden
die Hypothesen in einer Reihe von Überprüfungen nicht falsifiziert, können die Hypothesen als bewährt
akzeptiert werden. Es gibt somit keine hinreichende, sondern nur eine notwendige Bedingung für Kausalität.
Besteht zwischen zwei Variablen ein kausaler Zusammenhang, so sind die folgenden (notwendigen)
Bedingungen erfüllt:
• Empirische Korrelation: Die Variablen zeigen eine gemeinsame Variation.
• Zeitliche Asymmetrie: Zwischen der Variation der Ursache- und der Wirkungsvaria­blen kommt es zu einer
Zeitverzögerung.
• Keine Drittvariableneffekte: Die Variation der Variablen wird nicht durch die Bezie­hung zu einer weiteren
Variablen verursacht.
• Theoretische Begründung: Die Kausalhypothese ist theoretisch begründet.
Für die Erfolgsfaktorenforschung wird hieraus eine grundlegende Aussage abgeleitet: Die Ursachen des Erfolges können
niemals direkt nachgewiesen werden; vielmehr kann eine Erfolgsfaktorenstudie nur „mögliche“ Erfolgsursachen aufdecken.
Erst der wiederholt gescheiterte Versuch einer Falsifizierung dieser Wirkungszusammenhänge kann Ausgangspunkt für
die wissenschaftlich fundierte Annahme eines kausalen Zusammenhanges sein.
Die oben dargestellten Untersuchungsmethoden sind nicht gleichermaßen geeignet, die Kausalstrukturen des
Unternehmenserfolges aufzudecken: Die Untersuchung der empirischen Korrelation und der zeitlichen Asymmetrie ist
nur bei den quantitativen Methoden gut mög­lich. Die Identifikation von Drittvariableneffekten ist am besten in quantitativkonfirma­to­rischen Studien möglich. Bis auf die nur formal gestützte, direkte Ermittlung der Er­folgsfaktoren bieten alle
Methoden die Möglichkeit, die Kausalität theoretisch zu be­gründen: Vorhandene Kenntnisse können genutzt werden und
Hypothesen können aufgestellt und getestet werden (vgl. Abbildung 2).
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149
Methoden einer Marketing-Planung
Erfolgsfaktorensforschung
BEWERTUNG DER METHODEN BEZÜGLICH DES
KRITERIUMS AUFDECKEN VON KAUSALSTRUKTUREN
Bewertung des Potentials
Gut
Befriedigend
Mangelhaft
Methode
Keine Drittvariablen- Theoretische
Empirische
Zeitliche
effekte
Korrelation Asymmetrie
Begründung
Aufdecken der
Kausalstruktur
Methodisch
gestützte
Expertenbefragung
Methodisch und
materiell gestützte
Expertenbefragung
Qualitativ
Quantitativexplorativ
Quantitativkonfirmatorisch
Quelle: Haenecke 2002.
Abb. 2.: Bewertung der Methoden bezüglich des Kriteriums Aufdecken von Kausalstruk­turen
Die Methodenbewertung ergänzend, können aus der obigen Diskussion Forderungen an eine Erfolgsfaktorenstudie abgeleitet
werden. Diese Forderungen müssen erfüllt werden, um die Kausal­struktur des Unternehmenserfolgs zufriedenstellend
aufdecken zu können: Vorliegende Ergebnisse und theoretische Erkenntnisse sollten in eine Ana­lyse der Erfolgsfaktoren
einbezogen werden. Aus den vorhandenen Erkenntnissen sollte ein gesamthafter Bezugsrahmen entwickelt werden, der mit
Hypo­thesen über kausale Zusammenhänge gefüllt wird. Die Hypothesen sollten anschließend empirisch überprüft werden.
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150
Methoden einer Marketing-Planung
Erfolgsfaktorensforschung
2. Berücksichtigung aller Perspektiven. Vielen Erfolgsfaktorenstudien ist gemein, dass der Blick auf die
betrachteten Unterneh­men unvollständig ist. Vielfach werden ausschließlich Mitarbeiter der untersuchten
Unternehmen be­fragt und andere Perspektiven – zum Beispiel die der Kunden – vernachlässigt. Eine
Erfolgs­fak­toren­studie sollte aber alle Perspektiven berücksichtigen, das heißt alle Stakeholder sollten im
Rahmen der empirischen Analyse befragt werden.
3. Berücksichtigung qualitativer und quantitativer Erfolgsfaktoren. Weder der strategische Erfolg noch die
Ursachen des Erfolges können immer in direkt messbaren quantitativen Größen ausgedrückt werden. Häufig
wurden insbesondere in quantitativen Erfolgsfaktorenstudien solche qualitativen Aspekte nur unzureichend
berücksichtigt. Für die Erfolgsfaktorenforschung wird daher die Forderung abgeleitet, sich in der Ana­lyse
nicht auf die leicht operationalisierbaren „harten” Erfolgsfaktoren zu beschränken; sondern auch qualitative,
„weiche” Größen sind in die Untersuchung einzubezie­hen.
In qualitativen Arbeiten können weiche Erfolgsfaktoren leicht erfasst werden. Solche Variablen können aber
auch in quantitativen Arbeiten untersucht werden. So können beispielsweise mit Hilfe von Faktorenanalysen
direkt gemessene Variablen verdichtet werden, um abstraktere Inhalte (weiche Faktoren) zu operationalisie­
ren.
4. Überprüfung der zeitlichen Stabilität. In vielen Märkten muss davon ausgegangen werden, dass sich die
Erfolgsfaktoren mit dem stetigen Wandel der Unternehmens- und Umweltsituation über die Zeit verän
dern. Es ist daher notwendig, die Bedeutung eines Erfolgsfaktors über die Zeit regelmäßig zu überprüfen,
und zwar nicht nur die Stärke eines einzelnen Erfolgsfaktors (Wirkungsintensität), sondern auch die kausale
Struktur (Wirkungsinteraktion).
5. Objektivität. Eine Erfolgsfaktorenstudie sollte objektiv sein, das heißt das Ergebnis sollte nicht von der
Durchfüh­rung beeinflusst werden. Das vielfach in der Erfolgsfaktorenforschung angewandte monopersonale
Erhebungs­konzept kann diese Objektivität nur schlecht gewährleisten, denn die Daten werden bei jeweils
nur einem Experten pro Unternehmen erhoben. Dabei werden die Befragten nicht nur um eine Be­
schreibung ihres eigenen Tätigkeitsbereiches befragt, sondern auch um eine Ergebnisbe­wertung ihrer
Tätigkeiten gebeten. Es sind daher sowohl bewusste Färbungen der Urteile, aber auch unbewusste
Verzerrungen (beispielsweise durch Fehlwahrnehmun­gen) möglich. Es ist daher erforderlich, die Objektivität
zu überprüfen oder aber auf eine monopersonale Erhebung zu verzichten.
6. Reliabilität. Eine Erfolgsfaktorenstudie soll reliabel sein, das heißt bei einer Wiederholung der Analyse
sollen die gleichen Ergebnisse geliefert werden. Es ist daher notwendig, Zufallsfehler soweit möglich
auszuschließen.
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151
Methoden einer Marketing-Planung
Erfolgsfaktorensforschung
In einer zusammenfassenden Bewertung der Methoden in Bezug auf die vorgestellten Kriterien schneiden die quan­titativen
Ansätze am besten ab (vgl. Abbildung 3).
ZUSAMMENFASSENDE BEWERTUNG DER METHODEN
Bewertung des Potentials
Gut
Befriedigend
Berück- Qualitative
Kausalstruktur sichtigung und quanaufdek- aller Per- titative
spektiven Faktoren
kend
Methode
Mangelhaft
Überprüfung der
zeitlichen Objek- ReliaGesamtStabilität tivität bilität
urteil
Methodisch
gestützte
Expertenbefragung
Methodisch und
materiell gestützte
Expertenbefragung
Qualitativ
Quantitativexplorativ
Quantitativkonfirmatorisch
Quelle: Haenecke 2002.
Abb. 3.: Zusammenfassende Bewertung der Methoden
Die Bewertung der Methoden zur Identifikation von Erfolgsfaktoren hat sich auf deren Potenzial konzentriert. Damit die
quantitativen Methoden dieses Potenziales tatsächlich ausschöpfen, müssen einige Anforderungen an ihre Durch­führung
gestellt werden, die sich aus der obigen Diskussion der Kriterien ergeben (vgl. Abbildung 4).
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152
Methoden einer Marketing-Planung
Erfolgsfaktorensforschung
WESENTLICHE ANFORDERUNGEN AN DIE DURCHFÜHRUNG DER
QUANTITATIVEN METHODEN
Aufdecken der Kausalstruktur
• Nutzen vorhandener Ergebnisse und Theorien
• Leitung durch Bezugsrahmen
• Aufstellen und Test von Hypothesen
• Akzeptieren von Hypothesen nur, wenn Falsifizierung
mehrfach misslingt
Berücksichtigung aller
Perspektiven
• Keine Einschränkung der Perspektive durch
Beschränkung auf bereits vorliegendes Datenmaterial
• Keine Beschränkung durch ausschließliche Befragung
von Mitarbeitern
Berücksichtigung qualitativer
und quantitativer Erfolgsfaktoren
Überprüfung der zeitlichen
Stabilität
Objektivität
• Trennung von theoretischer Sprache und
Beobachtungssprache
• Wiederholte Überprüfung der Erfolgsfaktoren und der
Kausalstruktur
• Verzicht auf das monopersonale Erhebungskonzept oder
Überprüfung der Objektivität der Expertenantworten
• Reduktion der sozialen Interaktion mit den
Auskunftspersonen
Reliabilität
• Ausschluss von Zufallsfehlern
Quelle: Haenecke 2002.
Abb. 4.: Wesentliche Anforderungen an die Durchführung der quantitativen Methoden
17.4
Ausgewählte Voraussetzungen der quantitativen Methoden
Auf Grund der Bewertung der Methoden zur Identifikation von Erfolgsfaktoren könnte man ver­sucht sein anzunehmen, dass
Erfolgsfaktoren stets mit Hilfe von quantitativen Methoden beziehungsweise insbesondere mit Hilfe des konfirmatorischen
Ansatzes bestimmt werden sollten. Im Folgenden soll anhand des Entwicklungsstandes der Theorie und der Stich­
probengröße untersucht werden, welche Voraussetzungen mindestens gegeben sein müssen, damit ein quantitativexplorativer beziehungsweise ein quantitativ-konfirmato­rischer Untersuchungsansatz verfolgt werden kann.
Anforderungen an den Entwicklungsstand der Theorie. Das Untersu­chungsziel einer konfirmatorischen Erfolgsfaktorenstudie
ist es, aus früheren Studien abgeleitete Hypothesen zu bestätigen oder zu falsifi­zieren. Ob ein konfirmatorisches Vorgehen
möglich ist, hängt so­mit entscheidend ab von dem in der Literatur dokumentierten Entwicklungsstand der Theorie. Nur
wenn aus der vorliegenden Theorie Kausalhypothesen begründet wer­den können, ist nach Backhaus ein konfirmatorisches
Vorgehen möglich. Fehlen gesi­chertes Wissen und theoretische Grundlagen, die zu einer zufriedenstellenden Hypothe­
senbildung genutzt werden können, sollten die Möglichkeiten des explorativen Untersuchungsansatzes für die
Erkenntnisgewinnung genutzt werden.
Anforderungen an die Stichprobengröße. Weitere Voraussetzungen für die Anwendung quantitativer Untersuchungsansätze
er­geben sich aus den verwendeten statistischen Analyseverfahren. In konfirmatorischen Untersuchungen kommt wie
oben beschrieben bevorzugt die Kausalanalyse mit Hilfe des Software-Pakets Lisrel zum Einsatz, in ex­plorativen
Untersuchungen in der Regel die Korrelations-, die Faktoren- und die Regressionsanalyse.
In der Literatur besteht Einvernehmen darüber, dass eine Lisrel-Analyse nur durchge­führt werden darf, wenn ein
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153
Methoden einer Marketing-Planung
Erfolgsfaktorensforschung
ausreichender Stichprobenumfang sichergestellt ist. Als Faustregel gilt, dass ein ausreichender Stichprobenumfang vorliegt,
wenn die Stichprobengröße minus der Anzahl der zu schätzenden Parameter größer 50 ist. Um das Risiko einer falschen
Schlussfolgerung möglichst gering zu hal­ten, fordern einige Autoren aber, die Stichprobengröße solle mindestens 200
betragen.
Für die Korrelationsanalyse ist eine Stichprobengröße von mindestens 30 Elementen anzustreben. Ab dieser Zahl kann
nach Bleymüller vereinfachend davon ausgegangen werden, dass die erhobenen Eigenschaften einer Normalverteilung
unterliegen.
Auch für die Regressionsanalyse werden Mindestanforderungen an die Stichprobengröße formuliert und mit der
notwendigen statistischen Unabhängigkeit der Eingangsvariablen (Regressoren) begründet. Für ein anzustrebendes
Verhältnis aus Stichprobengröße und Anzahl der Regressoren liefert die Literatur aber keine einheitliche Richtlinie. So
reichen die Vorschläge von einem anzustrebenden Verhältnis von 2:1 bis zu 10:1. Auch für die Faktorenanalyse gibt es
kein allgemeingültiges Krite­rium für die Größe der Stichprobe.
Es muss somit festgestellt werden, dass eine allgemeingültige Mindestanforderung an die Stichprobengröße nicht bestimmt
werden kann. Es wird im Einzelfall zu beurteilen sein, ob die Stichprobe hinreichend groß ist, um Erfolgsfaktoren
quantitativ bestimmen zu können.
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Methoden einer Marketing-Planung
Erfolgsfaktorensforschung
Die Auswahl der Methode zur Identifikation von Erfolgsfaktoren wird somit nicht nur durch den dokumentierten
Stand der Forschung, sondern auch durch die mögliche Stichprobengröße maßgeblich bestimmt. Die Regressionsund Faktorenanalyse als do­minierende Verfahren in quantitativ-ex-plorativen Ansätzen stellen dabei geringere An­
forderungen an die Stichprobengröße als die Analyse mit Lisrel in quantitativ-konfirmatorischen Ansätzen. Können diese
Anforderungen nicht erfüllt werden, muss auf eine qualitative Identifikation der Erfolgsfaktoren zurückgegriffen werden.
Somit stellt die Identifikation von Erfolgsfaktoren auf quantitativer Basis nicht in allen Fällen das Mittel der Wahl dar.
17.5
Anwendung der Erfolgsfaktorenforschung in der Praxis
Die Methoden der Erfolgsfaktorenforschung wurden bisher nur unter dem Aspekt des Potenziales zum fundierten
Aufdecken der Ursachen des Unternehmenserfolges bewertet. Im Marketing-Controlling der Praxis – vielleicht noch
stärker als in der Forschung – werden häufig weitere Kriterien eine Rolle spielen. Es gilt, neben dem Nutzen der Befragung
auch die Kosten in die Bewertung einzubeziehen. Entscheidend sind also insbesondere in der Praxis auch die Kriterien
„Kosten der Erhebung“ und „Untersuchungsdauer“ (vgl. Abbildung 5).
Wie beschrieben sind die quantitativen Verfahren die mit dem höchsten Potenzial für fundierte Aussagen über den
Unternehmenserfolg. Sie sind aber an einige Voraussetzungen geknüpft und stellen hohe Anforderungen an die
Durchführung: Nicht nur muss eine umfangreiche Stichprobe erhoben werden; es sind auch grundlegende Kenntnisse
statistischer Verfahren, wie der Korrelations-, der Varianz-, der Regressions-, der Faktor- oder sogar der Kausalanalyse,
erforderlich. Da nicht nur Bezugsrahmen und standardisierte Fragebögen erarbeitet, sondern auch eine umfangreiche
Befragung und ihre Auswertung erfolgen muss, muss mit einem zeitlichen Aufwand von typischerweise wenigstens drei
Monaten gerechnet werden. Der personelle Aufwand wird in der Regel nicht unter sechs Mitarbeiter-Monaten betragen.
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Methoden einer Marketing-Planung
Erfolgsfaktorensforschung
Nur wenn diese Anforderungen erfüllt werden können, sollte eine quantitative Untersuchungsmethode gewählt werden.
Ist ein quantitatives Vorgehen nicht möglich, verbleiben die qualitative Untersuchung oder die methodisch und materiell
gestützte Expertenbefragung. Die qualitative Befragung hat ein niedrigeres Potenzial zum Aufdecken der Kausalstrukturen
– dem eigentlich zentralen Kriterium einer Erfolgsfaktorenstudie. Sie wird daher in der Regel weniger attraktiv sein als die
gestützte Expertenbefragung. Ist es aber von zentraler Bedeutung, dass alle Perspektiven in der Erfolgsfaktorenforschung
berücksichtigt werden, ist die qualitative Befragung mit weniger Aufwand verbunden und daher besser geeignet. Die
Berücksichtigung aller Perspektiven kann zum Beispiel aus unternehmenspolitischen Gründen oder auf Grund der hohen
Komplexität eines Produktes g
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Methoden einer Marketing-Planung
Erfolgsfaktorensforschung
TENDENZAUSSAGEN ZUR AUSWAHL EINER UNTERSUCHUNGSMETHODE
IN DER PRAXIS
Ja
Sind Anforderungen quantitativer Methoden erfüllt?
• Umfangreiche Stichprobe und
• Grundlegende statistische
Kenntnisse und
• Personelle Ressourcen von
min. 6 Mann-Monaten und
• Min. 3 Monate Zeit
Nein
Sind Anforderungen quantitativkonfirmatorischer Methoden
erfüllt?
• Guter Entwicklungsstand der
Theorie und
• Kenntnis statistischer Verfahren zur Kausalanalyse
(z.B. LISREL)
Ist das Potenzial zum Aufdecken der Kausalstruktur und
die Möglichkeit zur Betrachtung
quantitativer Faktoren wichtiger
als die Berücksichtigung aller
Perspektiven?
Ja
Nein
Ja
Nein
Quantitativkonfirmatorisch
Quantitativexplorativ
Methodisch und
materiell gestützte
Expertenbefragung
Qualitativ
Quelle: Eigene Darstellung.
Abb. 5.: Tendenzaussagen zur Auswahl einer Untersuchungsme­tho­de in der Praxis
Der Aufwand für eine qualitative Befragung und eine gestützte Expertenbefragung ist gut skalierbar. Je mehr in die
Vorbereitung, Durchführung und Auswertung investiert wird, umso besser die Erkenntnisse über den Unternehmenserfolg.
Bereits eine kleine Anzahl von Interviews kann Erkenntnisse zu Tage fördern. Die Erfolgsfaktorenforschung kann somit
auch in kleinen und mittleren Betrieben, denen in der Regel nur geringe Ressourcen zur Verfügung stehen, zur Anwendung
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Methoden einer Marketing-Planung
Literatur
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Methoden einer Marketing-Planung
Literatur
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