Möglichkeiten durch räumliche Berechnung von Tragwerken Dr.

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Möglichkeiten durch räumliche Berechnung von Tragwerken
Dr.-Ing. Norbert Rehle
Seit Menschengedenken dienen Bauwerke neben ihrer objektiven Funktion auch dem Prestige des
Bauherrn. Also verwundert der Drang nach immer höheren, weitergespannten und anspruchsvollen
Gebäuden nicht. Bei der Berechnung dieser Gebäude sehen sich die Ingenieure einer wachsenden
Herausforderung gegenübergestellt. Computer unterstützen sie bei ihren statischen und dynamischen
Nachweisen. Die Erfindung der Computer in der Mitte des letzten Jahrhunderts vereinfachte das Lösen
großer Gleichungssysteme. Die durch John Argyris entwickelte Matrizenmethoden in der Statik schaffte
die Grundlage für die statische Berechnung unregelmäßiger Bauteilgeometrien. Die Weiterentwicklung
sowohl der Computerleistung, als auch der statischen Berechnungsmethoden ermöglicht das Lösen
immer komplexerer Berechnungsmodelle.
Optionen in der Berechnung der Tragwerke wecken Ansprüche. Die Planung selbst komplexer
Bauwerke erfolgt zurzeit in wenigen Monaten. Vernetzte Strukturen bei der Koordination der
Planungsbeteiligten führen zu einem schnellen Austausch der erforderlichen Planungsunterlagen.
Mittels Internetplattformen können selbst große CAD- und Rechenmodelle allen Planungsbeteiligten in
kürzester Zeit zur Verfügung gestellt werden.
Das Erstellen der Rechenmodelle erfolgt aufgrund moderner Eingabeoberflächen der
Rechenprogramme zunehmend automatisiert auf Basis der CAD-Modelle eines Gebäudes. Dies kann
jedoch, neben den oben erwähnten Vorzügen, zu einer unreflektierten Modellbildung des Ingenieurs
führen.
Dieser Vortrag möchte neben den Chancen bei der räumlichen Berechnung von Tragwerken auch einen
Hinweis auf die Risiken in der Anwendung geben. Die räumliche Berechnung stellt keinen Garanten für
ein gelungenes Gebäude dar. Voraussetzung dafür ist eine ganzheitliche Betrachtung, der
zielgerichtete Einsatz der Planungswerkzeuge und eine große Aufmerksamkeit bei der konstruktiven
Ausbildung der Details.
Nach einer kurzen Einführung in die klassischen Berechnungsverfahren, sollen Aspekte der räumlichen
Methoden vorgestellt und eine Anwendung anhand des beispielhaft ausgewählten Projekts Glasdach
über das Atrium des Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln gezeigt werden.
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1
KLASSISCHE RECHENMETHODEN ......................................................................................3
1.1
Balken, Träger, Stützen ....................................................................................................3
1.2
Seile, Zugstangen .............................................................................................................4
1.3
Platten, Scheiben und Schalen .........................................................................................5
2
RÄUMLICHE MODELLBILDUNG ...........................................................................................5
2.1
Schritte vom Gebäude zum Rechenmodell .......................................................................5
2.2
Liefern Finite Elemente ein exaktes Ergebnis? .................................................................6
2.3
Welche Vorteile ergeben sich aus der räumlichen Modellierung? .....................................7
3
3.1
REALISIERTES PROJEKT.....................................................................................................9
Atriumdach des Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns ...........................................9
4
AUSBLICK .......................................................................................................................... 12
5
LITERATUR ........................................................................................................................ 13
6
PROJEKTBETEILIGTE ........................................................................................................ 13
7
AUTOR ............................................................................................................................... 14
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1
KLASSISCHE RECHENMETHODEN
Die klassischen Rechenmethoden beziehen sich auf einzelne Bauteile. Das Gebäude wird im Zuge der
Modellbildung virtuell in vergleichsweise einfach zu berechnende Bauteile zerlegt. Die Vorgehensweise
stellt häufig eine starke Vereinfachung des realen Tragwerks dar, jedoch im Rahmen der durch Normen
geforderten Genauigkeiten. Im zweiten Schritt erfolgt die Berechnung der Verbindungs- und
Anschlussdetails.
Klassische Methode der statischen Berechnung
Handrechnung
In der klassischen Berechnung werden nur vergleichsweise wenige grundlegende Tragwerkselemente
eingesetzt. In der praktischen Anwendung ergibt sich dann aus der Kombination der Grundelemente für
den Planer eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme. Nachfolgend werden einige Grundelemente
vorgestellt.
1.1 BALKEN, TRÄGER, STÜTZEN
Balken sind eindimensionale Tragwerkselemente, die äußere Lasten wie Wind vornehmlich über
Biegemomente abtragen. Biegeträger sind in ihren einfachsten Formen - statisch bestimmt - anhand
mathematischer Algorithmen direkt berechenbar. Sie werden oft in Längs- und Querrichtung
beansprucht. Eine häufige Anwendung von Balken erfolgt als Unterzüge in Decken, Fassadenpfosten
oder Fassadenriegel. Neben den Biegemomenten können Normalkräfte entlang der Trägerachse aus
Eigengewicht und Nutzlasten wirken. Hohe Druckkräfte in Stützen oder Fassadenpfosten erfordern
Maßnahmen gegen ein Ausknicken des Pfostens. Dies führt zu hohem Materialbedarf.
Anwendung Balken Landratsamt Tübingen
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Momenten- und Querkraftverlauf Biegeträger [5]
Die größten Beanspruchungen erfährt der Biegeträger an den äußeren Seiten des Querschnitts. Bei
idealer Biegung, Isotropie und Symmetrie wird die eine Seite des Querschnitts mit maximaler Druck-,
die andere Seite mit maximaler Zugspannung beansprucht. Im Querschnittsschwerpunkt ist der Träger
theoretisch spannungslos. Die Materialschwerpunkte eines Biegeträgers sollten möglichst weit entfernt
vom Querschnittsschwerpunkt des Trägers angeordnet sein. Aus statischer Sicht sind I-Profile für
einachsigen und Hohlprofile für mehrachsigen Lastabtrag sehr gut geeignet. Unter gleichen
Biegebeanspruchungen erfordern Träger großer Bauhöhe weniger Material als niedrige Träger. Dies
widerspricht häufig der Forderung nach geringer Bauhöhe und Transparenz.
Biegeträger erfreuen sich aufgrund der vergleichsweise unkomplizierten Berechnung und Montage
großer Beliebtheit. Sie erfordern jedoch viel Material und vergleichsweise große Querschnitte im
Bereich der sichtbaren Konstruktion.
1.2 SEILE, ZUGSTANGEN
Seile sind wie die Balken eindimensionale Tragwerkselemente, die jedoch äußere Lasten lediglich über
Normalkräfte abtragen. Sie können per Definition keine Belastungen quer zu ihrer Stabachse
aufnehmen. Seile können aufgrund ihrer großen Festigkeit sehr effektiv Zugkräfte übertragen.
Schwachstellen der Seile sind die Verbindungs- und Knotenpunkte. Diesen Details sollte aus
technischer und gestalterischer Sicht große Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Seilfassade Konzernzentrale Bayer AG
Seilverformungen [8]
Lasten quer zur Seilachse führen zu großen Verformungen. Dies ist selten erwünscht. Deshalb werden
Seile vorzugsweise als Tragwerkskomponenten zur effektiven Unterstützung der biegebeanspruchten
Tragwerkselemente eingesetzt. Dies führt zu wirtschaftlichen, aufgelösten unter- und überspannten
Konstruktionen, die trotz tatsächlich größerer Bauhöhe wesentlich filigraner erscheinen als reine
Biegeträger. Zusammen mit lastabtragenden Glaselementen können Seile sehr wirkungsvoll eingesetzt
werden, um für den Fall eines Glasbruchs notwendige Redundanzen zu generieren.
Seile erfordern sehr wenig Material und ergeben sehr kleine Querschnitte im Bereich der sichtbaren
Konstruktion. Sie bedingen aufgrund der großen Normalkräfte häufig zusätzliche Aufmerksamkeit in den
benachbarten Konstruktionen.
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1.3 PLATTEN, SCHEIBEN UND SCHALEN
Flächentragwerke tragen die äußeren Lasten aus Eigengewicht und Wind zweidimensional ab. Dies
kann in einer Ebene im Wesentlichen über Biegeanteile erfolgen. Gekrümmte Strukturen tragen die
Kräfte zusätzlich über Normalkraftanteile ab. Je stärker die Krümmung ist, desto größer ist der Anteil
der Normalkraft am Lastabtrag.
Entsprechend der beschriebenen Eigenschaften unterscheidet man Trägerroste, Platten, Scheiben und
Faltwerke für ebene Elemente und Schalen- und Membrantragwerke für räumlich gekrümmte Elemente.
Institut für Phytomedizin, Stuttgart Hohenheim
Plattentafeln nach Czerny
Flächentragwerke beinhalten Redundanzen und sind vielfach statisch unbestimmt. Schalen- und
Membrantragwerke sind aufgrund der vorrangigen Normalkraftanteile außerordentlich effektiv und
benötigen nur einen sehr geringen Materialeinsatz. Schalen neigen jedoch zu instabilem Verhalten und
sind mit größter Sorgfalt und nichtlinearen Rechenmethoden zu erfassen.
2
RÄUMLICHE MODELLBILDUNG
2.1 SCHRITTE VOM GEBÄUDE ZUM RECHENMODELL
Ein reales Bauwerk kann ohne Vereinfachungen nicht berechnet werden. Der Ingenieur wählt zuerst ein
oder gegebenenfalls mehrere mechanische Modelle aus, die bezüglich Werkstoff, Abmessungen,
Lagerbedingungen und Belastung eine bestmögliche Übereinstimmung des Modells mit dem realen
Bauwerk erwarten lassen. Dabei müssen in der Regel deutliche Vereinfachungen gegenüber der
Wirklichkeit getroffen werden. Die geeignete Modellbildung erfordert ein hohes Maß an Erfahrung und
Wissen über die verwendeten Modelle. Rückschlüsse auf den Modellierungsfehler sind im Wesentlichen
durch Modellversuche und Beobachtung der Wirklichkeit zu erzielen, die jedoch ebenfalls fehlerbehaftet
sind.
In einem zweiten Schritt wird das gewählte mechanische Modell in ein mathematisches Rechenmodell
überführt. Meist werden dazu finite Elemente eingesetzt. Insbesondere die Wahl der Elementansätze,
die Approximation der Geometrie und die Form und Anzahl der verwendeten finiten Elemente führen zu
unterschiedlichen Berechnungsergebnissen. Etwaige Modellierungsfehler des ersten Schritts können im
Allgemeinen nicht korrigiert werden. Wird beispielsweise in der Modellbildung ein linear elastisches
Materialverhalten angenommen, gelten Singularitäten an einspringenden Ecken als korrekt, obwohl im
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realen Tragwerk an diesen Stellen keine Singularitäten auftreten. Eine lokale Verdichtung der finiten
Elemente an diesen Stellen ergibt deshalb folgerichtig Spannungsspitzen.
Vereinfachungen vom realen Gebäude zum Rechenmodell
Die Methode der finiten Elemente spiegelt also nicht das exakte Verhalten eines reellen Tragwerks
wider. Vielmehr werden auf dem Weg über Modellierung und Diskretisierung, bis hin zur Lösung eines
Problems, durch den planenden Ingenieur signifikante Annahmen und Vereinfachungen getroffen.
2.2 LIEFERN FINITE ELEMENTE EIN EXAKTES ERGEBNIS?
Die Methode der finiten Elemente wurde in den 1950er Jahren entwickelt. In der weiteren Entwicklung
wurde die Methode verallgemeinert und findet heute Einsatz in vielen Bereichen der Technik, vom
Bauingenieurwesen, bis hin zu Crash-Tests und der Wettervorhersage. Die Methode der finiten
Elemente stellt grundsätzlich ein numerisches Näherungsverfahren zur Lösung von
Differentialgleichungen dar. Dabei wird ein definiertes Berechnungsgebiet in eine beliebige, jedoch
endliche Anzahl an Elementen unterteilt. Aus der „endlichen“ Elementanzahl folgt der Name „finit“.
Innerhalb der Elemente werden geometrische Funktionen (Ansatzfunktionen) definiert, die bei der
Berechnung in die zu lösende Differentialgleichung eingesetzt werden. Der Grad der Übereinstimmung
der Ansatzfunktionen mit dem realen Bauteil regelt letztlich die Genauigkeit des Rechenergebnisses.
Tragwerksberechnung von Hand ist zeitaufwendig. Der Computer kann diese mühsame Aufgabe
übernehmen. Dabei besteht die Rolle des Computers darin, Routineaufgaben automatisch und ohne
Flüchtigkeitsfehler durchzuführen. Die Methode der finiten Elemente ermöglicht es heute in kürzester
Zeit Berechnungen durchzuführen, die früher nicht nur aufwendig, sondern sogar unmöglich waren.
Der Komfort bei der statischen Berechnung unter Zuhilfenahme räumlicher und quasiräumlicher FEProgramme ist enorm. Allerdings ist darauf zu achten, die Ergebnisse der Berechnungen intensiv zu
kontrollieren. In der Praxis werden Kontrollen häufig nicht durchgeführt.
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Folgendes Beispiel soll einen Hinweis darauf geben, dass FE-Berechnungen zum Teil dramatisch
falsche Ergebnisse liefern können. In diesem Beispiel wurde eine Aussparung einmal ohne und einmal
mit einem Deckenrand in das FE-Programm eingegeben. Der automatische Netzgenerator erzeugte in
beiden Fällen ein FE-Netz. Die Berechnung verlief ohne Fehlermeldung. Die Lagerkräfte weichen
jedoch wesentlich voneinander ab.
Darstellung unterschiedlicher Lagerkräfte aufgrund unterschiedlicher Vernetzung an den Aussparungen
Es ist wichtig zu wissen, dass die Ergebnisse der FE-Methode lediglich eine mehr oder weniger genaue
Näherung an das zugrundeliegende mathematische Modell darstellen. Insbesondere die Wahl der
Elementansätze, die Approximation der Geometrie und die Form und Anzahl der verwendeten finiten
Elemente führen zu einem mehr oder weniger großen Diskretisierungsfehler.
2.3 WELCHE VORTEILE ERGEBEN SICH AUS DER RÄUMLICHEN MODELLIERUNG?
Moderne FE-Programme sind sehr anwenderfreundlich. Es ist inzwischen Standard, dass die
Generierung der Netze automatisch mit Hilfe eines Netzgenerators erfolgt. Der Anwender muss lediglich
die Geometrie, die Materialien, die Lagerung und die Belastung eines zu berechnenden Bauteils
definieren. Mittels Schnittstellen zu gängigen CAD-Programmen erfolgt die Übergabe der
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Bauteilumrandungen aus den CAD-Daten annähernd automatisch. Die Rechenergebnisse können
anschließend im CAD-Programm visualisiert werden.
Regelmäßige Gebäude können sehr leicht modelliert werden. Mit vergleichsweise wenigen Eingaben
lassen sich Geschossdecken übereinander anordnen. Dabei können die bereits definierten Decken mit
ihren Lagerungen und Belastungen nach oben und unten kopiert werden. Der Lastabtrag und die
Systemanalyse für ein regelmäßiges Gebäude, wie das im Bild dargestellte Bürogebäude, können in
sehr kurzer Zeit erfolgen.
quasiräumliches Rechenmodell eines Bürogebäudes
Die Methode der finiten Elemente ist keine Wunderwaffe. Unter Berücksichtigung ihrer Schwächen,
stellt sie jedoch ein außergewöhnliches Werkzeug zur näherungsweisen Berechnung anspruchsvollster
Konstruktionen dar. Unter Verwendung von Schalenelementen für räumliche Tragwerksmodelle ist die
Methode der finiten Elemente gut geeignet, bislang versteckte Tragreserven aufzuspüren und die
Leistungsfähigkeit einer Konstruktion konkreter zu ermitteln. Dies kann durchaus zu gehörigem
Einsparpotential im Materialeinsatz und zu wirtschaftlicheren und ästhetischeren Gebäuden führen.
räumliche Rechenmodelle eines Hochschulgebäudes und einer Fassade
Es ist darauf zu achten, dass nur realistische Tragwirkungen bei der Berechnung berücksichtigt werden.
Torsionswirkungen in Stahlbetonbauteilen oder Querbiegung in Mauerwerkswänden sind mit Vorsicht
zu betrachten. Der Ingenieur konzentriert sich auf die Modellbildung und kontrolliert die Ergebnisse.
Diese Aufgabe ist sehr anspruchsvoll und erfordert grundsätzlich, dass der Ingenieur alle Theorien und
Modelle beherrscht, die er mithilfe seines Computers anwendet.
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3
REALISIERTES PROJEKT
3.1 ATRIUMDACH DES MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR BIOLOGIE DES ALTERNS
Das Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns errichtet auf dem Campus der Universitätsklinik in Köln
einen Institutsneubau mit einer Bruttogrundfläche von ca. 20.000 m². Im Juli 2008 wurde der Entwurf
des Stuttgarter Büros hammeskrause architekten im Rahmen eines hochkarätig besetzten
Architektenwettbewerbs mit dem 1. Preis ausgezeichnet.
Atriumdach Max-Planck Institut
© Roschmann Konstruktionen aus Stahl und Glas GmbH
Die Größe des Baugrundstücks umfasst ca. 6.700 m². Sie ist für die Bauaufgabe knapp bemessen. Das
Planungsteam hatte die Aufgabe, unter Wahrung der städtebaulichen Randbedingungen und
wissenschaftlichen Anforderungen eine integrative, bedarfsgerechte und wirtschaftliche Entwurfslösung
zu finden. Durch die unmittelbare Nähe zur Universität und der Universitätsklinik, sollte die
wissenschaftliche Zusammenarbeit auch baulich dokumentiert werden. Große, verdichtete
Laborlandschaften sollten im direkten räumlichen Kontakt mit kommunikativen Zonen stehen.
Es war das Ziel der Planer, mit dem Gebäude städtischen, dichten Raum zu erzeugen. Die große
Baumasse sollte angemessen, eher niedriger erscheinen, um keine bauliche Dominanz in der Höhe
gegenüber den benachbarten Klinikbauten und der Wohnbebauung auszuüben.
Der Baukörper gliedert sich dreiteilig horizontal in ein Sockelgeschoss für den Infrastrukturbereich, die
Geschosse für den wissenschaftlichen Bereich und das Dachgeschoss für Gebäudetechnik und
Hygienelabore.
Das Atrium bildet den räumlich nutzbaren zentralen Ort innerhalb des kompakten Gebäudes und die
Schnittstelle der internen und externen Kommunikation. Der Haupteingang schafft einen unmittelbaren
Zugang dazu. Das Atrium soll als kommunikatives Zentrum auch baulich eine starke Position erhalten.
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Dies zeigt sich unter anderem in der ausgeprägten Konstruktion seines sich über die volle Grundfläche
erstreckenden Oberlichts, das auf etwa der halben Gebäudehöhe angeordnet ist.
Atriumdach Max-Planck Institut
© Roschmann Konstruktionen aus Stahl und Glas GmbH
Das transparente Oberlicht ist mit einer Grundfläche von ca. 600 m² biaxial gekrümmt, als Gitterschale
konstruiert und mit Glasscheiben eingedeckt. Es hat, bezogen auf den Grundriss, annähernd die Form
eines gleichschenkligen Dreiecks, mit einer maximalen Kantenlänge von ca. 40,3 m und einer Höhe von
ca. 22,4 m. Die Stahlkonstruktion besteht aus geschweißten Rechteckhohlprofilen mit konstanten
Querschnittsabmessungen von 60 x 110 mm². Die aus der statischen Beanspruchung unterschiedlichen
Querschnittbeanspruchungen werden durch die Anpassung der Wandstärken der Querschnitte
ausgeglichen. Die Stahlträger sind an den Knotenpunkten verschweißt.
Die dreieckigen Glaselemente haben maximale Kantenlängen von ca. 2,15 m und Höhen von ca.
1,07 m. Die untere Scheibe des Isolierglases besteht aus VSG mit 2x8 mm TVG. Die Glasscheiben sind
linienförmig auf den Stahlträgern gelagert. Als Abhebesicherung gegen Windsogkräfte dienen runde
Punkthalter im Bereich der Glasecken. Die Glasfugen sind zur Sicherstellung des Wasserablaufs als
Silikonfugen ohne Glasleisten ausgeführt. Die Wasserrinnen sind in die Auflagerkonstruktion der
Stahlträger an das angrenzende massive Bauteil integriert.
Der Stich der Gitterschale ist mit einer Höhe von ca. 2,6 m vergleichsweise gering. Je geringer die
Stichhöhe ist, desto größer werden die Normalkräfte in den Stahlträgern und in den Auflagerpunkten.
Größere Normalkräfte führen zu erhöhter Knickgefährdung der Druckstäbe und zu einer größeren
Stabilitätsgefährdung der Schale. Dies gilt es im Rahmen der statischen Nachweisführung zu
berücksichtigen.
Die statische Berechnung des Stahltragwerks erfolgte mit Hilfe eines räumlichen Stabwerkmodells unter
Heranziehen der Stabnormalkräfte. Die Berechnung wurde linear-elastisch und nichtlinear unter
Berücksichtigung der geometrischen Nichtlinearität durchgeführt. Im Allgemeinen können
Computerprogramme anspruchsvolle geometrisch nichtlineare Tragwerksberechnungen nicht
automatisiert durchführen. Hierbei ist ein hohes Maß an Ingenieurkenntnissen erforderlich.
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Formfindungsmodell
Rechenmodell
Vor der eigentlichen Berechnung des Schalentragwerks, war die Schalenform zu finden. Im Zuge der
Planung wurden unterschiedliche Schalenformen generiert und einander gegenübergestellt.
Insbesondere der Vergleich von viereckigen Glasformaten zu dreieckigen Gläsern wurde intensiv
zwischen den Planern diskutiert. Viereckige Glasformate benötigen im Vergleich zu dreieckigen Gläsern
aufgrund ihrer Geometrie keinen diagonal angeordneten Stahlträger. Daraus resultiert größere
Transparenz. Als nachteilig zeigen sich die Verwindungsempfindlichkeit viereckiger Glasscheiben und
die Erfordernis von angepassten Gläsern entlang der Schalenränder. Glasverwindungen können
ausgeschlossen werden, sofern die Schalenränder in der Vertikalen gekrümmt verlaufen.
Weitere Entwurfsvarianten für ebene viereckige Gläser
Unter Berücksichtigung aller Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Varianten entschlossen
sich die Projektbeteiligten, dreieckige Glasformate mit horizontal verlaufenden Schalenrändern
einzusetzen.
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AUSBLICK
Die Erfindung der Computer, erstmals unter Konrad Zuse, vereinfachte das Lösen größerer
Gleichungssysteme. Die durch John Argyris entwickelte Matrizenmethoden in der Statik erzeugte die
Grundlage für die schnelle und einfache statische Berechnung anspruchsvoller Bauwerke. Die stetig
voranschreitenden Möglichkeiten in der Berechnung der Tragwerke wecken Ansprüche bei den
Beteiligten.
Aktuell benötigt die Planung selbst komplexer Bauwerke nur wenige Monate. Das Erstellen der
Rechenmodelle erfolgt aufgrund moderner Eingabeoberflächen der Rechenprogramme zunehmend
automatisiert auf Basis der CAD-Modelle eines Gebäudes. Dies beinhaltet jedoch die Gefahr einer
unreflektierten Modellbildung und einer undifferenzierten Übernahme der Ergebnisse durch den
unerfahrenen Anwender.
Trotz der Risiken bei der automatischen Modellbildung, wird die statische Berechnung am
Gesamtmodell zunehmend eingesetzt werden. Die Voraussetzung für ein gelungenes Rechenergebnis
erfordert, trotz augenscheinlicher Anwenderfreundlichkeit der Computerprogramme, eine intensive
Ausbildung des Ingenieurs, seine volle Aufmerksamkeit bei der konstruktiven Gestaltung der Details,
sowie die sorgfältige Qualitätssicherung für sämtliche Bereiche.
Die Entwicklungen der Computertechnik hinsichtlich Modellbildung und Berechnungsmethoden bieten
dem Ingenieurwesen die Chance, mit der gestalterischen Ideenvielfalt der Architektur Schritt zu halten.
Somit fördern neue Architekturkonzepte die ingenieurtechnische Entwicklung in gleichem Maße, wie der
Fortschritt der Berechnungsmethoden neue Dimensionen bei der Gestaltung von Bauwerken eröffnet.
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5
LITERATUR
[1]
Rehle N., Tarazi F.: „Transparente Gebäude am Beispiel der neuen Konzernzentrale der Bayer AG“. SOFISTIK
Seminar 2004, Stuttgart.
[2]
Rehle N.: „Adaptive Finite Element Verfahren bei der Analyse von Flächentragwerken“. Bericht Nr. 20, Institut für
Baustatik, Universität Stuttgart (1996).
[3]
Sobek W., Rehle N., Tarazi F.: „Glas, Seile und Polycarbonat - die neue Konzernzentrale der Bayer AG als Beispiel
für transparentes Bauen“. Bauingenieur 80, S. 1-6 (2005).
[4]
Sobek W., Rehle N.: „Beispiele für verglaste Vertikalseilfassaden“. Stahlbau 73, Heft 4 (2004).
[5]
Schneider K.-J.: „Bautabellen für Ingenieure“. Auflage 11 (1994).
[6]
Bischoff M.: „Statik am Gesamtmodell: Modellierung, Berechnung und Kontrolle“, Der Prüfingenieur 36 (2010).
[7]
Sobek W., Sundermann W., Rehle N., Reinke H.-G.: „Tragwerke für transparente Hochhäuser“, Bauingenieur 76,
S. 326-335 (2001).
[8]
Neusel A.: „Einführung in die Tragwerkslehre“, Institut für Tragkonstruktionen, Universität Stuttgart (1970).
6
PROJEKTBETEILIGTE
Projektbeteiligte Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln
Bauherr:
Max-Planck-Gesellschaft
zur Förderung der Wissenschaften e.V. Generalverwaltung
Abteilung Forschungsbau-Technik-Immobilien
Architekt:
hammeskrause architekten, Stuttgart
Tragwerksplanung Gebäude:
gantert wiemeler ingenieurplanung, Münster
Tragwerksplanung Atriumüberdachung: WSP CBP Tragwerksplanung GmbH, Stuttgart
Ausführende Firma Atriumüberdachung: Roschmann Konstruktionen aus Stahl und Glas GmbH, Gersthofen
Fotos Atriumüberdachung:
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Roschmann Konstruktionen aus Stahl und Glas GmbH, Dieselstr. 41,
D-86368 Gersthofen
7
AUTOR
Name + Foto
Dr. Norbert Rehle
Tätig bei
Rehle Ingenieure GmbH
Reinsburgstraße 97
70197 Stuttgart
Tel.: +49 (0) 711 / 93 30 90 - 10
Fax: +49 (0) 711 / 93 30 90 - 20
Mail: [email protected]
Ausbildung
Studium an der Universität Stuttgart, einjähriges Auslandstudium an der
University of Calgary, Canada.
Dissertation bei Prof. E. Ramm am Institut für Baustatik, Universität
Stuttgart.
Vierjährige Tätigkeit im Ingenieurbüro Dr.-Ing. Klaus Tompert GmbH als
Projektleiter.
Siebenjährige Tätigkeit im Ingenieurbüro Werner Sobek Ingenieure, zuletzt
als Büroleiter des Büros Stuttgart.
Vierjährige Tätigkeit als Mitglied der Geschäftsleitung im Ingenieurbüro CBP
Tragwerksplanung GmbH.
Seit Oktober 2010 Geschäftsführender Gesellschafter der Rehle Ingenieure
GmbH.
Wichtige Projekte
Unter einer Vielzahl von Projekten aus dem Wohn-, Büro- und Industriebau
belegen die Projekte
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Anbau Halle HERMA, Bonlanden,
Neubau Konzernzentrale BAYER AG, Leverkusen,
Neubau Studentenwohnheim IIT, Chicago,
Entwurfsplanung Hochhaus MAX, Frankfurt,
Neubau Einkaufszentrum Loop 5, Weiterstadt
für den Autor eine besondere Schlüsselstellung.
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