Hundekrankheiten Die Gefahr lauert überall Eine Vielzahl von Krankheitserregern bedroht jeden Tag die Gesundheit unseres treuesten Begleiters: Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten können ernste Krankheiten hervorrufen. Gegen einige davon gibt es inzwischen Impfungen, bei anderen scheint die Bedrohung eher zuzunehmen. Dr. Klaus Ottis gibt einen Überblick über die wichtigsten, derzeit auftretenden Krankheiten bei Jagdgebrauchshunden. Virusbedingte Erkrankungen Die Tollwut ist nach wie vor die weitaus gefährlichste Viruserkrankung. Zwar gilt die Bundesrepublik derzeit als tollwutfrei, dies bezieht sich jedoch nur auf die so genannte silvatische Tollwut, die durch Füchse oder auch Dachse und Marder verbreitet wird. In den vergangenen Jahren hat es aber auch immer wieder Fälle von eingeschleppter Tollwut gegeben, meist durch illegale Importe aus Balkanländern. Darüber hinaus wird seit 1987 ein kontinuierlicher Anstieg der Fledermaustollwut registriert, die die Weltgesundheitsorganisation inzwischen als „seuchenhaft“ einstuft. Die Fledermaustollwut gehört zwar zu einem anderen, etwas weniger aggressiven Virustyp, trotzdem sind daran bisher mindestens fünf Menschen gestorben. Es ist also davon auszugehen, dass auch Hunde infolge eines Fledermaus28 2 /2015 bisses erkranken und verenden können. Die klassischen Symptome sind Übererregbarkeit, Aggression und Wesensveränderung, der Tod tritt zeitnah ein. Ungeimpfte Hunde, bei denen ein Tollwutverdacht geäußert wird, müssen in Quarantäne oder eingeschläfert werden. Eine sehr gut verträgliche und wirksame Impfung ist verfügbar und sollte jährlich durchgeführt werden. Die Staupe galt viele Jahre lang dank konsequenter Impfprogramme als ausgemerzt. Auch in diesem Fall haben aber staupekranke, illegal importierte Hunde heimische Fuchsbestände infiziert und zu hohen Verlusten geführt. Der Seuchenverlauf ist auf Grund seiner Lebensweise bei Füchsen schwer zu kontrollieren. Regelmäßige Funde von Staupeviren bei verendeten Füchsen lassen aber den Schluss zu, dass sich unsere Hunde jederzeit in der Na- tur anstecken können. Die Staupe hat viele Gesichter: Am häufigsten beobachtet man die nervöse Form mit Lähmungen und die Magen-/Darmform mit Durchfällen. Hunde, welche die Infek- Dr. Klaus Ottis ist Fachtierarzt für Mikrobiologie und hat eine Tierarztpraxis in Erding. Er ist selbst Jäger, Mitglied im Kreisjagdverband Erding und Schweißhundeführer. tion überstehen, behalten meist dauerhafte Schäden. Eine sehr gut verträgliche und wirksame Impfung schützt die Hunde zuverlässig. Eine neue aktuelle Bedrohung ergibt sich aus der Zunahme des Aujeszky Virus beim Schwarzwild (s. S. 13). Diese Infektion verläuft bei Sauen eher unauffällig mit grippeähnlichen Symptomen, für den Hund ist sie jedoch tödlich. Die Durchseuchung bei Wildschweinen ist bayernweit unterschiedlich, liegt regional aber bei bis zu 30 Prozent. Infizierte Hunde entwickeln nach wenigen Tagen Unruhe und unstillbaren Juckreiz, der bis zur Selbstverstümmelung führt. Aus Tierschutzgründen müssen sie eingeschläfert werden, bevor sie qualvoll verenden. Für den Hund gibt es weder eine Behandlungsmöglichkeit noch eine Impfung. Allerdings ist eine Aujeszky-Infektion bei Hunden bis dato noch selten, und keineswegs jedes Stück Schwarzwild mit nachweisbaren Antikörpern ist Virusträger. Trotzdem sollten Jagdgebrauchshunde nur im Rahmen notwendiger Nachsuchen auf Schwarzwild geführt werden. Erkrankungen durch Bakterien Die Anaplasmose nimmt seit einigen Jahren deutlich zu. In Bayern sind je nach Region 24 bis 35 Prozent der Hunde seropositiv, haben sich also schon einmal damit infiziert – demnach führt nicht jede Infektion zum Ausbruch der Krankheit. Die durch einen Zeckenstich übertragenen Anaplasmen führen nach wenigen Tagen infolge der Schädigung von Blutzellen zu hohem Fieber, Mattigkeit, Schmerzen und Erbrechen. Die Erkrankung ist in der Regel durch Antibiotika heilbar, allerdings erleiden viele Hunde infolge Schwächung des Immunsystems über lange Zeit immer wieder Rückfälle. Auch die Borreliose wird durch Zecken übertragen. Das klinische Bild ähnelt dem der Anaplasmose, allerdings wird die Borreliose wegen des vielschichtigen Krankheitsbildes auch als das Chamäleon unter den zeckenübertragenen Infektionen bezeichnet. So kommen zum Beispiel auch Sehstörungen oder Herzmuskelentzündungen vor. Ein nicht unerheblicher Teil der infizierten Hunde zeigt keine Symptome beziehungsweise erfährt eine Selbstheilung. Die Therapie der Borreliose erfolgt mit Antibiotika. Spätschäden in Form von Gelenk- und rheumatioden Muskelschmerzen sind analog der Erkrankung beim Menschen häufig. verlust und spontanen Blutungen. Todesfälle kommen immer wieder vor. Die Therapie erfolgt mit Antibiotika. Die Leptospirose hat in den letzten Jahren neue Aktualität gewonnen. Obwohl seit vielen Jahren erfolgreich dagegen geimpft wurde, sind neuerdings Erkrankungsfälle aufgetreten, die auf neue Stämme zurückzuführen sind. Die Infektion erfolgt über den Harn erkrankter Wildtiere oder über lebende Vektoren Die wichtigsten Krankheiten auf einen Blick: HAUPTSYMPTOME ÜBERTRAGUNG THERAPIE IMPFUNG Fieber, Gelenkschmerzen, Erbrechen Zecken AB -- BORRELIOSE Fieber, Gelenkschmerzen Zecken AB Ja EHRLICHOSE Fieber, Blutungen Zecken AB -- Anämie, Nierenversagen Tierkontakt AB Ja TULARÄMIE Undeutlich Tierkontakt AB -- BABESIOSE Fieber, Anämie, Gelbsucht Zecken CA -- * Juckreiz Tierkontakt AK -- Aggression, Verhaltensänderungen Biss -- Ja Lähmungen, Diarrhoe Tierkontakt Symptomatisch Ja Juckreiz Tierkontakt -- -- Keine Mäuse Praziquantel -- ANAPLASMOSE LEPTOSPIROSE SARCOPTES/ RÄUDE TOLLWUT STAUPE AUJESZKY FUCHSBANDWURM AB = Antibiotika, CA= Carbanilide, AK=Akarazide, * = Ja in Schweiz/Frankreich Zur Impfprophylaxe sind inzwischen verschiedene Präparate verfügbar, sie sollten unbedingt bei Jagdgebrauchshunden eingesetzt werden. Nach einem ähnlichen Muster verläuft die Ehrlichose. Ursprünglich fand sie sich nur in Mittelmeerländern, aber seit etwa 15 Jahren tritt sie auch bei Hunden auf, die nie im Süden waren. Überträger ist die Braune Hundezecke. Die Symptomatik geht im akuten Fall mit hohem Fieber und Lethargie einher, im chronischen Fall mit Gewichts- wie Igel, Mäuse, Insekten oder Vögel. Es kommt zu einem generalisierten Befall und Manifestation vor allem in Leber und Niere. Durch den Zerfall von Blutkörperchen besteht die Gefahr eines akuten Nierenversagens. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika und Infusionen, modifizierte Impfstoffe decken auch die neuen Stämme ab. Es handelt sich um eine Zoonose, das heißt auch der Mensch kann sich infizieren. Die Tularämie oder Hasenpest ist ebenfalls eine Zoonose. Hunde, die an kran2 /2015 29 Eine mit Bandwurmgliedern übersäte Fuchslosung – höchste Alarmstufe! ke oder verendete Feldhasen geraten, können sich – und den Hundeführer – anstecken. Beim Hund verläuft diese Krankheit undeutlich und wird kaum wahrgenommen, beim Menschen sind schwere Krankheitsverläufe bekannt. Erkrankung durch Blutparasiten Eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten für Jagdhunde ist die Babesiose oder Hundemalaria, die regelmäßig lebensbedrohliche Verläufe zeigt. Ursprünglich in den Mittelmeerländern zuhause, wird eine zunehmende Verbreitung des Erregers in Bayern beobachtet. Er zerstört nach der Übertragung durch den Zeckenstich die roten Blutkörperchen, führt so zu hohem Fieber bis zu 42 Grad Celsius, Blutarmut und Gelbsucht. Auffällig sind auch starker Durst und Konditionsverlust. Eine Behandlung muss so früh wie möglich erfolgen, man benützt dafür Carbanilide. In der Schweiz und Frankreich kann gegen diesen Erreger geimpft werden. Eine solche Impfung schützt zwar nicht vor der Infektion, mildert aber den Krankheitsverlauf erheblich. In Deutschland ist der Impfstoff nicht verfügbar. Erkrankung durch Endoparasiten Der Kleine Fuchsbandwurm, lateinisch Echinococcus multilocularis, hat im 30 2 /2015 Eine Infektion mit der Sarcoptes Räudemilbe äußert sich beim Hund vor allem durch starken Juckreiz und Haarverlust. letzten Jahr neue Aktualität gewonnen. So erkrankten sogar junge Familienhunde, die keinen Kontakt zu Füchsen hatten, an unheilbarer Leber-Echinococcose. Der Kleine Fuchsbandwurm lebt im Dünndarm von Füchsen –und Katzen! – und scheidet täglich hunderte von Eiern aus, die im Haarkleid haften bleiben können. Mäuse dienen zwar normalerweise als Zwischenwirt, aber sowohl Hund wie Mensch können sich versehentlich direkt mit den Eiern infizieren. Für beide gilt: Die Larve durchbohrt die Darmwand und setzt sich in der Leber fest, wo es zu tumorartigen Wucherungen kommt. Diese sind anfangs symptomlos, wenn dann die ersten Symptome auftreten – beim Mensch erst nach Jahren –, ist die Erkrankung häufig nicht mehr behandelbar. Deshalb gilt allgemein die dringende Empfehlung: Regelmäßige Entwurmungen vier Mal im Jahr bei Hund und Katze mit einem geeigneten Wirkstoff, zum Beispiel Praziquantel. Hunde sollten keine Mäuse fressen. Erkrankung durch Ektoparasiten Die Sarcoptes Räudemilbe ruft beim Hund eine hochansteckende parasitäre Hauterkrankung hervor. Sie kann durch den Kontakt zum Fuchs wie beim Apportieren oder der Bauarbeit übertragen werden und äußert sich vor allem durch Juckreiz und Haarverlust. Sarcoptesmilben-Erkrankungen sind trotzdem beim Hund eher selten zu beobachten. Die Behandlung erfolgt äußerlich mit Akaraziden und führt zu vollständiger Heilung. Diese Milbenart kann auch den Menschen befallen. Vorbeugen minimiert das Risiko Das Risiko der meisten Infektionen lässt sich mit sinnvollen prophylaktischen Maßnahmen minimieren: Neben einer strengen Impfdisziplin für die Krankheiten Tollwut, Staupe, Leptospirose und Borreliose sollten in den Monaten Februar bis Oktober geeignete Medikamente zur Abwehr von Stechinsekten benützt werden. Diese gibt es als Auftropfpräparate und Tabletten. Halsbänder sind für Jagdhunde wegen der Gefahr von Unfällen und Verlust im Gelände ungeeignet. Eine regelmäßige Entwurmung sollte in jeder Altersstufe ebenfalls eine Selbstverständlichkeit sein. Auf der Homepage des Kreisjagdverbandes Erding www.jagd-erding.de finden Sie jeweils ein Merkblatt zum richtigen Verhalten bei Tularämieund Aujeszky-Gefahr.