Vorträge - Kommunale Integrationszentren

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Kommunales
Integrationszentrum
StädteRegion Aachen
Dokumentation
„Islamische Bestattung –
Wahlheimat und Muttererde“
Soziale Region
Aktive Region
Nachhaltige Region
BildungsRegion
Inhalt
1
Die Veranstalter
3
•
•
3
3
Kommunales Integrationszentrum Städte Region Aachen
Integrationsrat der Stadt Herzogenrath
Einleitung4
Programmablauf4
Grußwort5
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Christoph von den Driesch, Bürgermeister der Stadt Herzogenrath
Günter Schabram, Dezernent für Soziales und Integration StädteRegion Aachen
5
6
Vorträge7
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•
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„Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“ – Bekir Alboga
(Theologe und Dialogsprecher des Koordinierungsrates der Muslime)
Novellierung des Bestattungsgesetzes NRW – Knut Micke
(Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW)
Würdiger Umgang mit Tod und Sterben - Karl Steenebrügge (Bestattungshaus Bakonyi) 7
15
17
Expertenrunde38
Moderation Mehmet Soyhun
39
•
•
•
•
39
39
39
39
Engin Sakal – Geschäftsführer des Landesintegrationsrates NRW
Abdurrahman Kol – DITIB Aachen
Wolfgang Berg – Friedhofsverwaltung Stadt Aachen
Mehmed Jakubovic – Islamische Gemeinschaft Bosnien-Herzegowina e.V. Moscheebesichtigung und Führung
40
Anhänge41
2
„Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“
Dokumentation
der Fachkonferenz vom Mittwoch, 11.06.2014 in der Emir-Sultan-Moschee in Herzogenrath-Merkstein
Veranstalter
Das Kommunale Integrationszentrum
StädteRegion Aachen
Das Kommunale Integrationszentrum StädteRegion Aachen
hat zum 01. Juli 2013 seine Arbeit aufgenommen.
Im Februar 2012 hat der Landtag mit großer Mehrheit das
„Gesetz zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und
Integration in Nordrhein-Westfalen“ beschlossen. NordrheinWestfalen ist damit das erste Flächenbundesland, das ein Integrationsgesetz verabschiedet hat. Mit dem Gesetz bringt das
Land NRW den hohen gesellschaftspolitischen Stellenwert
zum Ausdruck, den es der Integrationsarbeit beimisst.
Ziel des Gesetzes ist es unter anderem, eine Grundlage für ein
gedeihliches und friedvolles Zusammenleben der Menschen
mit und ohne Migrationshintergrund zu schaffen und eine
Kultur der Anerkennung und des gleichberechtigten Miteinanders zu prägen. Darüber hinaus geht es darum, die Integrationsarbeit in NRW zu stärken und strukturell auf ein festes
Fundament zu stellen.
Das Kommunale Integrationszentrum StädteRegion Aachen
bearbeitet zwei inhaltliche Schwerpunkte, neben dem Bildungssektor ist „Integration als Querschnittsaufgabe“ ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich.
Jeweils für zwei Jahre wählen die Kommunalen Integrationszentren hierzu zwei Schwerpunkt-Themen, die sie besonders
in den Blick nehmen und bearbeiten. Im Bereich Querschnitt
wird bis Ende des Jahres 2015 das Thema „Älter werden in der
Migrationsgesellschaft“ vorrangig behandelt.
In diesem Rahmen fand die Fachkonferenz „Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“ am 11.06.2014 in der
Emir-Sultan-Moschee statt.
Integrationsrat der Stadt Herzogenrath
Der Integrationsrat der Stadt Herzogenrath vertritt die Interessen ausländischer Mitbürger/innen auf kommunaler Ebene
und setzt sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller
Menschen in Herzogenrath ein. Dazu gehören Chancengleichheit, Toleranz und Akzeptanz auf allen Ebenen des politischen,
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens.
Der Integrationsrat besteht aus 15 Mitgliedern. Die Mitglieder
des Integrationsrates werden zu 2/3 von den wahlberechtigten Migrant/innen in freier und geheimer Wahl gewählt.
Die übrigen Mitglieder ernennt der Rat der Stadt Herzogenrath aus dem Stadtrat.
Die Mitglieder dieses Gremiums arbeiten mit dem Rat und der
Stadtverwaltung zusammen und gewährleisten eine kontinuierliche und aktive Integrationspolitik in der Stadt Herzogenrath.
Ziele des Integrationsrates ist eine Verbesserung des gemeinsamen Zusammenlebens zwischen Menschen mit und ohne
Migrationsgeschichte und eine Stärkung des WIR-Gefühls in
der Stadt Herzogenrath.
3
Einleitung und Programmablauf
4
„Die Würde des Menschen endet nicht mit dem Tod“
In der StädteRegion Aachen leben Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen und Religionen friedlich zusammen.
Jeder Mensch hat ein Recht, nach seinen Vorstellungen, Wünschen und Werten respektiert zu werden. Die Würde des Menschen
gebietet es, dass sein Wille auch nach dem Tod geachtet wird.
Die Bestattung von Toten und die Bewältigung von Trauer sind zentrale Kulturgüter jeder Gesellschaft.
Wie die meisten religiösen Bestattungsrituale, folgt auch die islamische Bestattung jahrhunderteralten Ritualen. Dabei sind nicht
nur die Handlungen, die an dem Verstorbenen vorgenommen werden, sondern auch die Zeitpunkte klar definiert.
Muslimische Bestattungen werden in der StädteRegion Aachen immer häufiger gewünscht, weil Musliminnen und Muslime in
Wohnortnähe bei ihren Familien nach ihren Glaubensvorstellungen bestattet werden möchten.
Lange Zeit waren Beisetzungen nach islamischem Brauch kaum möglich, da einige Besonderheiten den deutschen Friedhofsverordnungen widersprachen. Inzwischen gibt es politische Bestrebungen, die rechtlichen Rahmenbedingungen den gewandelten
gesellschaftlichen Bedürfnissen anzupassen.
Kommunales
Integrationszentrum
„Die Würde des Menschen
endet nicht mit dem Tod“
StädteRegion Aachen
n-
Islamische Bestattung
Programm
In der StädteRegion Aachen leben Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen und Religionen friedlich
zusammen.
15:00 Uhr
Grußwort
Christoph von den Driesch
Bürgermeister der Stadt Herzogenrath
Jeder Mensch hat ein Recht, nach seinen Vorstellungen,
Wünschen und Werten respektiert und behandelt zu werden. Die Würde des Menschen ist gemäß Art.1 GG unantastbar. Dies auch nach seinem Tode. Die Bestattung von Toten
und die Bewältigung von Trauer sind die zentralen Kulturgüter aller Gesellschaften.
15:10 Uhr
Begrüßung
Günter Schabram
Dezernent für Soziales und Integration,
StädteRegion Aachen
Wahlheimat und Muttererde
n
tz
druckerei staedteregion aachen // a46/islamische bestattungen/fachkonferenz
Wie die meisten religiösen Bestattungsrituale, folgt auch
die islamische Bestattung jahrhundertealten Ritualen. Dabei sind nicht nur die Handlungen, die an den Verstorbenen
vorgenommen werden, sondern auch die Zeitpunkte klar
definiert.
15:20 Uhr
16:15 Uhr
Muslimische Bestattungen werden in der StädteRegion
Aachen immer häufiger gewünscht, weil Musliminnen und
Muslime in Wohnortnähe bei ihren Familien nach ihren
Glaubensvorstellungen bestattet werden möchten.
Lange Zeit waren Beisetzungen nach islamischem Brauch
nicht einfach, da einige Besonderheiten den deutschen
Friedhofsverordnungen widersprachen. Inzwischen wurde
jedoch auch auf politischer Ebene die Erkenntnis gewonnen, die rechtlichen Rahmenbedingungen den sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnissen anzupassen.
Nachhaltige Region
BildungsRegion
Telefon
17:30 Uhr
Expertenrunde
Moderation Mehmet Soyhun
Engin Sakal
Geschäftsführer
des Landesintegrationsrates NRW
Abdurrahman Kol
DITIB Aachen
Wolfgang Berg
Friedhofsverwaltung Stadt Aachen
Mehmed Jakubovic
Islamische Gemeinschaft
Bosnien-Herzegowina e.V.
18:30 Uhr
Stadt Herzogenrath
Vortrag
Novellierung des Bestattungsgesetzes NRW
Knut Micke
Ministerium für Gesundheit, Emanzipation,
Pflege und Alter des Landes NRW
Präsentation
Karl Steenebrügge
Bestattungshaus Bakonyi
einander diskutieren und ihre Erfahrungen austauschen,
um eine gemeinsame Vorgehensweise für die StädteRegion Aachen zu entwickeln.
Ausklang
Möglichkeit der Moscheebesichtigung
Tagesmoderation durch Fattaneh Afkhami und Timur Bozkir
Soziale Region
Name
Vorname
17:00 Uhr
am Mittwoch, den 11.06.2014
Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen werden mitin der Emir-Sultan-Moschee
Hiermit melde ic
"Islamische Besta
am 11.06.2014 in
Berg 16, 52134 He
Einführung
„Islamische Bestattung – Wahlheimat und
Muttererde“
Bekir Alboga
Theologe und Dialogsprecher des Koordinierungsrates der Muslime
Pause
Die Fachkonferenz „Islamische Bestattung – Wahlheimat
und Muttererde“ greift die aktuelle Diskussion auf und
möchte einen Überblick über bereits bestehende Möglichkeiten und Regelungen zu islamischen Bestattungen
geben und zu der Frage informieren, wie und wo Muslime
Fachkonferenz
beigesetzt werden möchten.
Aktive Region
Anmeldung
Adresse
E-Mail
Grußwort
Stadt Herzogenrath
Grußwort von Christoph von den Driesch (Bürgermeister)
„Es gilt das gesprochene Wort!“
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Schabram,
verehrte Frau Afkhami, verehrter Herr Bozkir,
ich begrüße Sie alle ganz herzlich zur Eröffnung der Fachkonferenz „Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“ - einer
Gemeinschaftsveranstaltung des Kommunalen Integrationszentrums der StädteRegion Aachen, des Integrationsrates und der
Stadt Herzogenrath sowie der Emir-Sultan-Moschee.
In Nordrhein-Westfalen leben ca. 1,5 Millionen Menschen muslimischen Glaubens und damit rund ein Drittel der Musliminnen
und Muslime in Deutschland.
Der Wunsch nach einer Bestattung in Deutschland wächst in dem Maße, wie Kinder von islamischen Migranten in Deutschland
geboren werden und wie die Muslime insgesamt den Bezug zu den Herkunftsländern ihrer Familien verlieren.
Der Umgang mit der Endlichkeit des menschlichen Lebens ist in allen Religionen ein Thema. Die Vorstellungen und Bräuche dazu
haben sich unterschiedlich entwickelt. Jede Religion hat ihre eigenen Trauerrituale und ihre Bestattungskultur.
Dem Grundsatz nach schließt das deutsche Bestattungsrecht islamische Begräbnisse aus.
Basierend auf möglichen Ausnahmeregelungen sind in den letzten Jahren auf öffentlichen Friedhöfen jedoch mehr und mehr
islamische Grabfelder entstanden. Damit soll eine Bestattung auch in dem Land ermöglicht werden, das für die zweite und dritte
Generation zur neuen Heimat geworden ist.
Verehrte Damen und Herren,
Transparenz und Aufklärung tragen – wie in vielen anderen Bereichen des Lebens - zum allgemeinen Verständnis bei. Diese
Fachkonferenz ist ein weiterer Baustein in unserer kontinuierlichen Integrationsarbeit.
Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für ihr Engagement und ich bin mir sicher, dass der fachliche Austausch zu dieser Thematik
für die künftige Vorgehensweise in der StädteRegion Aachen richtungsweisend sein wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Bürgermeister
Christoph von den Driesch
5
Grußwort
6
StädteRegion Aachen
Günter Schabram, Dezernent für Soziales und Integration StädteRegion Aachen
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Gäste,
ich freue mich sehr, Sie auch im Namen der StädteRegion Aachen heute hier in der Emir-Sultan-Moschee begrüßen zu dürfen.
Der Umgang mit Sterben und dem Tod ist allen Kulturen von besonderer Bedeutung. Jede Religion kennt bestimmte Rituale
und Gebräuche für diese besondere Zeit. Diese geben einerseits dem Sterbenden Sicherheit und Ruhe, um Abschied nehmen
zu können. Sie helfen aber auch den Angehörigen, indem sie Trost und Hoffnung spenden.
Früher war es nahezu selbstverständlich, dass Muslime – vor allem Türken – nach ihrem Tod in ihr Heimatland überführt und
dort bestattet wurden. Das hatte unterschiedliche Gründe. Einer von ihnen mag sein, dass die muslimische Beisetzung nicht
den deutschen Gesetzen entspricht.
Immer mehr Muslime aber wollen in Deutschland beerdigt werden.
Ich halte das für eine gute Entwicklung. Denn ich glaube, sie zeigt, dass die Menschen Deutschland als ihr Zuhause ansehen. Ihr
Lebensmittelpunkt und ihre Familie sind in Deutschland und deswegen wollen sie auch hier bestattet werden.
Der Gesetzgeber hat auf diese Entwicklung reagiert. Ein Mitarbeiter des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und
Alter, wird im Folgenden noch ausführlich auf dieses Thema eingehen.
Für viele Muslime ist es keine leichte Entscheidung, wo sie ihre letzte Ruhe finden wollen. Den inneren Zwiespalt bringt auch der
Titel der heutigen Veranstaltung „Wahlheimat und Muttererde“ zum Ausdruck.
Auch die christlich-deutsche Seite wird durch den Wunsch nach islamischen Bestattungen vor Herausforderungen gestellt.
Das Kommunale Integrationszentrum StädteRegion Aachen hat sich deshalb dieses wichtigen Themas angenommen, um zu
informieren und aufzuklären.
Die heutige Fachkonferenz greift die aktuelle Diskussion auf und möchte einen Überblick über bereits bestehende Möglichkeiten und Regelungen zu islamischen Bestattungen geben. Gleichzeitig will sie beleuchten, wie und wo Muslime bestattet
werden möchten.
Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen werden miteinander diskutieren und ihre Erfahrungen austauschen. Langfristiges Ziel sollte es sein, eine gemeinsame Vorgehensweise für die StädteRegion Aachen zu entwickeln.
Ich bedanke mich ganz herzlich für die Unterstützung des Integrationsrates und der Stadt Herzogenrath, die diese Veranstaltung mit ermöglicht haben. Darüber hinaus richte ich einen großen Dank an die Mitglieder und Mitarbeiter der Emir-SultanMoschee. Es ist ein sehr gutes Zeichen, dass wir heute hier zu Gast sein dürfen.
Ich wünsche Ihnen allen einen informativen Nachmittag und gute Gespräche.
Dezernent
Günter Schabram
Vorträge
Vortrag: Bekir Alboga
„Islamische Bestattung - Wahlheimat und Muttererde“
Bekir Alboga
studierte an der Selcuk-Universität in der Türkei Germanistik und anschließend in Göttingen Islam­
wissenschaften, Publizistik, Kommunikationswissenschaften und Osmanistik-Altaistik.
In Mannheim war er 1997 als Imam tätig bis er 2004 in die „Dialog-Abteilung“ der DITIB Zentrale
nach Köln wechselte, um dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für deutsch-türkische
Integrations­studien zu arbeiten. Darüber hinaus ist er seit 2007 in den Koordinierungsrat der Muslime
in Deutschland als Sprecher gewählt worden.
Im Folgenden wird der Vortrag von Herrn Alboga dokumentiert:
Hauptreferat zum Thema „Islamische Bestattung – Wahlheimat und Muttererde“
Mal sahibi mülk sahibi
Hani bunun ilk sahibi
Mal da yalan mülk de yalan
Var biraz da sen oyalan
Zu Deutsch:
Gutsbesitzer Grundbesitzer
Wo ist denn der Urbesitzer
Grund und Güter sind Lügen
Laß auch du dich ablenken1
Mit diesem Vierzeiler seines Gedichts beschreibt der türkische Mystiker und Dichter Yunus Emre aus Mittelanatolien des 13./14.
Jahrhunderts das Leben. Wir sind alle nur Gäste bzw. Fremde auf dieser Erde und ziehen früher oder später über die Muttererde in
die Heimat der Ewigkeit zu, gewollt oder nicht. Yunus meint über dieses Ende des Fremden: „Sie sagen ein Fremder ist gestorben /
Drei Tage später vernehmen sie’s / Baden ihn mit kaltem Wasser / Einen fremder noch als mich.“ Man könnte die letzte Zeile auch
übersetzen „der so fremd ist wie ich oder den so einen Fremden wie mich.“2
1
2
Yunus Emre: Das Kummerrad / Dertli Dolap, aus dem Türkischen übersetzt von Zafer Şenocak, S. 5, Köln o. J.
Ebenda S. 95
7
8
Vorträge
Um die Wahrnehmung des Phänomens „Wahlheimat und Muttererde“ und „das Leben und Sterben“ aus islamisch-theologischer
Sicht zu verdeutlichen bzw. zu verstehen, hilft uns der Dialog zwischen Allah (Gott) und Seinen Gesandten Moses zusammen mit
seinem Bruder und Propheten Aaron im Kur’an-ı Kerim, dem edlen Koran. 3
Wir gehen davon aus, dass Heimat das Erdstück oder das Land ist, woraus die Kernmaterien des Menschen sich zusammenstellen und wo der Mensch als freies Individuum und Stellvertreter (Statthalter) Gottes auf der Erde zur Welt kommt, sein Leben in
Freiheit, Würde und nach seiner religiösen oder weltanschaulichen Weltsicht auslebt und würdevoll stirbt sowie seinen religiösen
oder weltanschaulichen Riten und Brauchtümern gemäß bestattet wird.
Als der Pharao die Kinder Israels in Ägypten massiv unterdrückte, versklavte und ausbeutete war dieses Erdstück für sie keine
Heimat mehr, wo sie würdevoll weiterleben konnten. Sie sollten in die Freiheit gerettet werden. Genauso mussten der Prophet
Muhammed, Friede über ihn, und die ersten Muslime in Mekka ihre Geburtsstadt also ihre ursprüngliche Heimat 622 n. Chr.
verlassen, um von der Unterdrückung der Götzenanbeter des Polytheismus in die Freiheit in der neuen Heimat in Medina auszuwandern.
Aus der langen Passage im heiligen Kur’an el-Kerim in der Fußnote, in der dieser Dialog anschaulich dargestellt wird, haben die
Verse von 47 bis 55 dieser Sura (d. h. des Kapitels 20) für dieses Thema Relevanz. Allah beauftragt Moses und Aaron mit folgender
Aufgabe:
47. So gehet denn beide hin zu ihm und sprecht: „Wir sind zwei Gesandte deines Herrn; so lasse die Kinder Israels mit uns ziehen;
und bedränge sie nicht. Wir haben dir in Wahrheit ein Zeichen von deinem Herrn gebracht; und Frieden auf den, der der Führung
folgt! 48. Es ist uns offenbart worden, dass Strafe über den kommen wird der verwirft und sich abwendet.“» 49. (Pharao) sprach;
«Wer ist euer beider Herr, o Moses?» 50. Er sprach: «Unser Herr ist Der, Der jedem Ding seine Gestalt gab (und es) dann (zu seiner
Bestimmung) leitete.» 51. (Pharao) sprach: «Und wie steht es dann um die früheren Geschlechter?» 52. Er sprach: «Das Wissen
davon ist bei meinem Herrn in einem Buch. Weder irrt mein Herr, noch vergisst Er.» 53. (Er ist es) Der die Erde für euch gemacht
hat als eine Wiege und Straßen über sie hinlaufen lässt für euch und Regen hernieder sendet vom Himmel; und damit bringen
Wir mannigfache Arten von Pflanzen hervor. 54. Esset denn und weidet euer Vieh. Wahrlich, hierin sind Zeichen für Leute von
Vernunft. 55. Aus ihr haben Wir euch erschaffen, und in sie werden Wir euch zurückkehren lassen, und aus ihr bringen Wir euch
abermals hervor.4
3
11. Und wie er näher heran kam, ward er angerufen: «O Moses! 12. Siehe, Ich bin dein Herr. So zieh deine Schuhe aus, denn du bist in dem heiligen
Tale Tuwá. 13. Ich habe dich erwählt; höre denn auf das, was offenbart wird. 14. Siehe, Ich bin Allah; es ist kein Gott außer Mir. Darum bete mich an und verrichte
das Gebet zu Meinem Gedächtnis. 15. Siehe, die „Stunde“ kommt fürwahr; bald werde Ich sie enthüllen, daß jede Seele belohnt werde nach ihrem Bemühen.
16. Drum laß nicht den, der hieran nicht glaubt und seinen bösen Gelüsten folgt, dich davon abwendig machen, damit du nicht untergehst. 17. Und was ist das
in deiner Rechten, o Moses?» 18. Er antwortete: «Das ist mein Stab: ich stütze mich darauf und schlage damit Laub herab für meine Schafe, und ich habe noch
andere Verwendung dafür.» 19. Er sprach: «Wirf ihn hin, o Moses!» 20. Da warf er ihn hin, und siehe, er ward eine laufende Schlange. 21. (Gott) sprach: «Ergreife
ihn und fürchte dich nicht. Wir werden ihn in seinen früheren Zustand zurückbringen. 22. Und stecke deine Hand dicht unter deinen Arm, sie wird weiß hervorkommen, ohne ein Übel - ein weiteres Zeichen, 23. Auf daß Wir dir Unsere größeren Zeichen zeigen. 24. Gehe zu Pharao, denn er hat das Maß überschritten.» 25.
Er sprach: «Mein Herr, öffne mir meine Brust, 26. Und erleichtere mir meine Aufgabe, 27. Und löse den Knoten meiner Zunge, 28. Daß sie meine Rede verstehen.
29. Und gib mir einen Helfer von meiner Sippe, 30. Aaron, meinen Bruder; 31. Mehre meine Kraft durch ihn, 32. Und laß ihn Anteil haben an meinem Werk, 33.
Auf daß wir Dich oft preisen mögen 34. Und Deiner oft gedenken; 35. Denn Du siehst uns wohl.» 36. (Gott) sprach: «Dein Wunsch ist gewährt, o Moses! 37. Und
sicherlich haben Wir dir ein andermal Gnade erwiesen, 38. Als Wir deiner Mutter eine klare Offenbarung sandten: 39. „Lege ihn in einen Kasten und wirf ihn in
den Fluß, dann wird der Fluß ihn ans Ufer spülen, so daß ein Feind von Mir und ein Feind von ihm (Moses) ihn aufnehmen wird.“ Und Ich hüllte dich ein in Meine
Liebe; und (das tat Ich) damit du unter Meinem Auge aufgezogen würdest. 40. Da deine Schwester gegangen kam und sprach: „Soll ich euch jemanden weisen,
der ihn betreuen würde?“ So gaben Wir dich deiner Mutter wieder, daß ihr Auge gekühlt werde und sie sich nicht gräme. Und du erschlugst einen Menschen,
Wir aber erretteten dich aus der Trübsal. Dann prüften Wir dich auf mannigfache Art. Und du verweiltest jahrelang unter dem Volke von Midian. Dann gelangtest
du zu der Stufe, o Moses. 41. Also habe Ich dich für Mich auserwählt. 42. Gehe denn hin, du und dein Bruder, mit Meinen Zeichen, und seid nicht schlaff darin,
Meiner zu gedenken. 43. Gehet beide zu Pharao, denn er hat das Maß überschritten. 44. Jedoch redet zu ihm auf milde Art; vielleicht läßt er sich mahnen oder
fürchtet sich.» 45. Sie antworteten: «Unser Herr, wir fürchten, er möchte sich an uns vergreifen oder noch ärger werden im Übertreten.» 46. Er sprach: «Fürchtet
euch nicht; denn Ich bin mit euch beiden. Ich höre und Ich sehe. 47. So gehet denn beide hin zu ihm und sprecht: „Wir sind zwei Gesandte deines Herrn; so lasse
die Kinder Israels mit uns ziehn; und bedränge sie nicht. Wir haben dir in Wahrheit ein Zeichen von deinem Herrn gebracht; und Frieden auf den, der der Führung folgt! 48. Es ist uns offenbart worden, daß Strafe über den kommen wird der verwirft und sich abwendet.“» 49. (Pharao) sprach; «Wer ist euer beider Herr, o
Moses?» 50. Er sprach: «Unser Herr ist Der, Der jedem Ding seine Gestalt gab (und es) dann (zu seiner Bestimmung) leitete.» 51. (Pharao) sprach: «Und wie steht
es dann um die früheren Geschlechter?» 52. Er sprach: «Das Wissen davon ist bei meinem Herrn in einem Buch. Weder irrt mein Herr, noch vergißt Er.» 53. (Er ist
es) Der die Erde für euch gemacht hat als eine Wiege und Straßen über sie hinlaufen läßt für euch und Regen hernieder sendet vom Himmel; und damit bringen
Wir mannigfache Arten von Pflanzen hervor. 54. Esset denn und weidet euer Vieh. Wahrlich, hierin sind Zeichen für Leute von Vernunft. 55. Aus ihr haben Wir
euch erschaffen, und in sie werden Wir euch zurückkehren lassen, und aus ihr bringen Wir euch abermals hervor.
4
Vgl. auch Sura 7, Vers 24-25: 24. Er sprach: «Hinab mit euch; die einen von euch sind den anderen feind. Und es sei euch auf der Erde ein Aufenthaltsort und eine Versorgung auf Zeit.» 25. Er sprach: «Dort sollt ihr leben, und dort sollt ihr sterben, und von dort sollt ihr hervorgebracht werden.»
Vorträge
Im Kur’an al-Kerim und in der Schrift- und Offenbarungstradition des Islam symbolisieren Pharao und Nimrod zwei Tyrannen,
die sich offensichtlich gegen den Schöpfer auflehnten. Sie stehen symbolisch für alle Tyrannen der Welt. Vor allem der Pharao
erklärte sich zu Gott und akzeptierte nicht den Schöpfergott. Moses und Aaron erhielten von Allah, dem Erschaffer gesamter
Schöpfung im Universum den Auftrag, den Pharao daran zu erinnern, dass er selbst aus der Muttererde erschaffen ist und kein
Gott sein könne. Sie sollten ihm verkünden, dass auch er ein sterblicher Mensch ist, der ebenfalls aus der Erde erschaffen wurde.
Denn in seinem Größenwahn hatte der Pharao sich selbst und die Tatsache vergessen, dass er vor Gott ein winziges Geschöpf
war. Daran sollte er erinnert werden.5
Nach islamischer Tradition wollte Allah (Gott) nicht ein verborgener Schatz bleiben. Vielmehr wollte er ein vernunftbegabtes Wesen, d. h. den Menschen schaffen, um von ihm erkannt zu werden. Aus reiner Liebe und Barmherzigkeit formte er zunächst den
Menschen aus der Erde. D. h. die Urmaterie des menschlichen Leibes ist die Erde oder irdischer Staub. Damit aus diesem seelenund leblosen Geschöpf ein Mensch wurde, der fähig war, Gott zu erkennen, hauchte er ihm seinen Geist ein. Der Mensch wurde
zum Mensch durch diesen göttlichen Hauch, womit ihm auch die Menschenwürde verliehen wurde. Damit trägt jeder Mensch
einen göttlichen Hauch in seinem Brustkorb und verdient Respekt und Achtung.
Zu dem Teil des Verses „Aus ihr haben Wir euch erschaffen, und in sie werden Wir euch zurückkehren lassen, und aus ihr bringen
Wir euch abermals hervor.“ (20:55) meinen die Interpreten, dass der Urvater Adam aus dem Leben dieser Erde erschaffen worden
ist. Zur Erde kehren seine Kinder eines Tages zurück, wenn sie gestorben sind und aus ihr werden sie wieder hervorgebracht.
Sie meinen, dass die Erwähnung der Erde als ein Teil des Disputs mit dem Pharao ihre Bewandtnis habe: Dieser Pharao, der sich
zur Gottheit erhebt, entstammt nämlich auch aus dieser Erde und wird ebenso zu ihr zurückkehren, genau so wie bei der ursprünglichen Ersterschaffung.
Sie weisen daraufhin, dass dies eine allgemeine und unveränderliche Gesetzmäßigkeit und dieses Leben lediglich ein Vorspiel für
die Ewigkeit ist, wo uns ein neues Leben und ein neuer Zustand der Dinge erwartet.
Bei der Beerdigung tragen wir als Muslime diesen Vers vor, wenn der verstorbene Muslim ins Grab gesenkt wird.
Die Kommentatoren sind ferner der Meinung, dass „Zur Erde zurückkehren“ die Auflösung des Körpers nach dem Tod in die organischen und anorganischen Grundbestandteile bezeichnet, aus denen er sich zusammensetzt. „Alle diese Tatsachen – Schöpfung, Fortbestand und Auflösung – enthalten die Botschaft von Gottes Allmacht, der Vergänglichkeit des irdischen Lebens und
der Auferstehung.“ 6
Die Frage ist nun, was und wo ist die Urheimat und wo die Wahlheimat des Menschen ist?
Der Mensch hat zweierlei Urheimat: da die Kernmaterie des Menschenleibes die Erde ist, ist der Mensch leiblich auf der Erde zuhause. Die Seele ist jedoch göttlichen Ursprungs, für die es keinen festen Platz gibt, wo man sie orten könnte. Das bedeutet, dass
die Muttererde nur relativ bzw. einerseits Urheimat ist. Denn der erste Mensch und seine Frau wurden zwar aus der Erde aber
nicht auf der Erde sondern im Paradies erschaffen. Danach wurden sie in die Heimat des Menschenleibes für eine beschränkte
Zeit als Statthalter Gottes aufgesetzt. Der Menschenleib fühlt sich auf dieser Erde wohl und ist mit ihr verbunden, Er will die Erde
gar nicht verlassen. Dementsprechend wird er auch in der Erde bestattet und er verwest in ihr. Die Seele sehnt sich jedoch nach
ihrer Heimat und nach Freiheit bei Allah und möchte gerne von der Erde, wo sie im „Käfig“ Menschenleib eingesperrt ist in die
Heimat der Ewigkeit auswandern. Damit sie sich vom Leib völlig loslösen und die Erde umgehend verlassen kann ist in der islamischen Praxis der Bestattung nach dem Tod die Eile geboten.
Auch die Situation vieler Zuwanderer in Deutschland ist diesem Phänomen ähnlich. Viele von ihnen kamen z. B. in der Türkei zur
Welt, wurden dort auch groß gezogen, setzen aber ihr Leben seit einigen Generationen in Deutschland fort. Emotionell sehnen
sich viele vielleicht noch nach alter Heimat, doch der Leib möchte dort bleiben, wo man sich lange aufgehalten und gelebt bzw.
sich in der neuen Heimat eingelebt hat.
5
6
Vgl. Die ungefähre Bedeutung des Korans, Sure 20, Vers 44, Teil 16, S. 113f., Fußnote 77 auf S. 114, München, 1992, Bavaria Verlag & Handel GmbH
Ebenda Vers 55, Teil 16, S. 118, Fußnote 104
9
10
Vorträge
Sterben, Tod und der Glaube an ein Weiterleben
Nach muslimischer Wahrnehmung ist das Leben so kurz wie die kurze Zeit zwischen Ädhään und Iqaame, d. h. dem öffentlichen
Gebetsruf (Ädhään) aus dem Minarett und dem darauf im Gebetsaal der Moschee folgenden zweiten Gebetsruf mit schnellerem
Rezitationstempo (Iqaame), kurz vor dem Beginn des gemeinschaftlichen Pflichtteils des täglich fünfmaligem Gebets. So werden
die beiden Texte mit kleiner Hinzufügung zum Haupttext in dem zweiten Teil im Gebetsaal „Das Gebet beginnt oder es geht
mit dem gemeinschaftlichen Pflichtteil des Gebets los“(2 Mal). Es sind wenige Minuten, dass die Gemeinde Schulter an Schulter
ihre Reihe bildet und sich wie ein einziger Leib und Seele der Verrichtung des Gebets widmet. Mit dem türkisch-islamischen
Weisheitsspruch „das Leben beginnt mit einem Gebetsruf ohne Gebet und endet mit einem Gebet ohne Gebetsruf“ fängt das
Zentrum für Soziale Unterstützung mit Verfassung ihrer Broschüre: Sterbebegleitung und Tod im Islam, die mit der Türkisch
Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) um soziale Unterstützung ihrer muslimischen Mitglieder zusammenarbeitet.
Demgemäß ist es eine große Aufgabe und Herausforderung für insgesamt alle muslimischen Religionsgemeinschaften als eine
beachtenswerte religiöse Minderheit in Deutschland, dass das Sterben und der Tod als eine das menschliche Leben begleitende
Realität im öffentlichen Geist präsent bleiben. Dafür muss die Kommunikationskultur im Privaten wie im Öffentlichen gepflegt
und vital gehalten werden. Muslimische Religionsgemeinschaften befinden sich in einem Entfaltungs- und Gleichstellungsprozess, in dem auch darüber nachgedacht wird, wie man die muslimischen Gläubigen beim Umgang mit dem Tod betreuen könnte. In der Zeitspanne, in der der Tod sich vollzieht benötigen die nahen Verwandten ideelle Betreuung sowohl seitens der Familienangehörigen und Verwandten als auch seitens religiöser islamischer Würdenträger.
Vor allem von den religiösen Würdenträgern (Imame, auch Hoca (zu Deutsch: Hodscha) in der Gemeinde erwartet man Unterstützung in den letzten Momenten des Lebenden bzw. des Sterbenden. Damit dienen sie auch dem Leben, indem sie den Umgang mit den Verstorbenen würdig gestalten.
Vor dem Tod kommt das Sterben
Muslimische Gemeinden und ihre Imame sorgen dafür, dass die Tradition der Pflege und Unterstützung nicht verlernt und vergessen werden. Sie bemühen sich darum, dass das Sterben in der Mitte der Familie und der Gemeinschaft sowie auch im gegebenen
Fall im Krankenhaus würdig stattfindet. Sie unterstützen Sterbende in der Familie oder im Krankenhaus mit ihrer Anwesenheit
und ihrem Gebet. Immer mehr Muslime nehmen an Ausbildungsseminaren für Seelsorge teil, um sich die Betreuungsfähigkeit
anzueignen, damit sie wie die Imame als ausgebildetes religiöses Personal die Haltung, den Sterbenden loszulassen, damit dieser
in eine neue Dimension des Lebens in einer anderen Welt eingehen kann, einzuüben und die Imame dabei zu unterstützen bzw.
zu begleiten.
Eine der 6 Grundsätze des islamischen Glaubensbekenntnisses ist der feste Glaube an den Jüngsten Tag und die feste Überzeugung über die Auferstehung nach dem Tod mit Leib und Seele. „Ich glaube an den Jüngsten Tag und an die Auferweckung nach
dem Tod“ lautet dieser Grundsatz. Sterben und Auferstehen von den Toten bedeutet für die Muslime die ewige Rückkehr zu
Allah, dem einzigen und barmherzigen Schöpfer.
Auch der Mensch hat ein befristetes Leben und kehrt nach seinem Ableben zu seinem Schöpfer zurück. Diese Frist des Universums ist vorher bestimmt. Wann sie abläuft weißt nur sein Schöpfer. Die Geburt macht nur einen Teil eines Ganzen. Das Sterben
ist der andere Teil und der Zugang zur Ganzheit. Beide, sowohl das Leben als auch der Tod sind von Gott, dem Erhabenen und
Barmherzigen erschaffen. Mit dem Tod ist das irdische Leben beendet, das Leben als Persönlichkeit geht aber weiter. Muslime
nehmen an, dass der Verstorbene weiterhin eine Wahrnehmung hat. Das Sterben und der anschließende Tod ist ein Prozess des
Übergangs vom Irdischen zum Ewigen, vom Vergänglichen zur ewigen Barmherzigkeit Allahs, des Allerbarmenden, des Gnädigen. Der befristete Aufenthalt im Grab ist eine Zwischenstation zur unbefristeten Gegenwart beim schaffenden Erschaffer, wie
die Entstehung des menschlichen Lebens durch seine Erschaffung und Ermöglichung im Mutterleib vor der Geburt. Gläubige
berichten davon, dass sie durch ihre Träume mit ihren verstorbenen Verwandten gelegentlichen Dialog und Verbindung erleben.
So bleibt der Tod ein treuer Begleiter. Den Verstorbenen übergeben seine Liebsten nicht in eine Leere sondern in die Hände
des Barmherzigen, des höchsten Freundes und Begleiters. Nach seinem Tod und seiner Beisetzung wird der Verstorbene schon
im Grab von zwei Engeln empfangen, die den Verstorbenen über die Grundlagen des Glaubens befragen. Es findet eine Art
Befragung (Prüfung, das letzte Vorstellungsgespräch vor dem Eintritt in die Ewigkeit), die letzte Kontrolle vor dem Einstieg in
die Ewigkeit und Zutritt zur Gottes Barmherzigkeit in Ewigkeit statt (Koran 41, 30–32). Diese ermöglicht dem Verstorbenen eine
Einsicht darin, ob der Verstorbene einen Eindruck von der Hölle und damit dem Fernbleiben der Gegenwart Gottes oder einen
Vorgeschmack des Paradieses, die Nähe der Gegenwart Gottes erhält. – Wenn die Stunde gekommen ist und jede Seele, Mensch,
Tier, Pflanze, Engel, den Tod gekostet hat und das Universum zu seinem Schöpfer allesamt zurückgekehrt ist, werden die Toten
Vorträge
11
durch Posaunen des damit beauftragten Engels (Israfil) auferweckt. Dann ist die Zeit des Tages der Auferstehung und des Jüngsten Gerichtes angebrochen. Im Leben wendet sich der Gläubige freiwillig Gott zu, wenn er will. Nun (am Tag des Gerichts) ist die
Auferstehung unwiderruflich die Rückkehr zu Gott. Da gibt es keinen Ausweg.7
„Sprich: «Wessen ist, was in den Himmeln und was auf Erden ist?» Sprich: «Allahs.» Er hat Sich Selbst Barmherzigkeit vorgeschrieben. Er wird euch gewisslich weiter versammeln bis zum Tage der Auferstehung. Daran ist kein Zweifel. Jene aber, die ihre Seelen
verderben, die wollen nicht glauben.“ (Koran 6:12)
Einige muslimische Gelehrte und Philosophen verstehen die oft bunten Bilder vom Jenseits nicht wörtlich, sondern eher als
gleichnishafte Beschreibungen des Unvorstellbaren. Manche von ihnen beschäftigen sich sogar mit der Frage, ob die Auferstehung der Toten im leiblichen Sinne zu verstehen ist. Für die muslimische Lehre ist das klar mit einem Ja zu beantworten. Orthodoxe Theologen streiten sich daher mit Vertretern der muslimischen Philosophie um das rechte Verständnis.
Alle stimmen jedoch darüber ein, dass nach dem Tod die Auferweckung der Toten wahr ist und Gott als gerechter, für seine Diener als barmherziger Gott am Tag des Gerichtes richten wird.
Yunus Emres mystische Philosophie baut auf die Vergänglichkeit des sinnlich Erfassbaren und auf die Ewigkeit der alles umfassenden Idee der Liebe auf. Der Mensch als die beseelte Materie hat die Fähigkeit, die Ewigkeit zu erlangen, während alles Vergängliche nur Schein ist, das jeden Moment neugeschaffen und wieder zerstört wird. Das ganze Leben ist ein Streben nach der
Ewigkeit, die Gott verkörpert. Die wahre Wissenschaft ist diejenige, die die Gotteserkenntnis entschlüsselt. Der Weg, der dahin
führt, ist nur über das Herz zu gehen, denn der Verstand allein ist ungenügend. Im Herzen des Menschen aber brennt das göttliche Feuer, und sein Brennmaterial ist die Liebe. So ruft Yunus: ´´Trenn mein Herz auf trenn es / schau nach was drin ist.’’
Mevlana Celaleddin ar-Rumi ist der Überzeugung, dass die Suche nach Gott den Menschen zum wahren Liebenden macht, der
stets nach seiner Geliebten sucht. So wie die Schöpfung Trennung von Gott bedeutet, ist das irdische Leben für den Menschen
ein Exil, stellt die wiedererlangte Einheit mit Gott eine Heimkehr da. Der Tod erscheint als ein erfreuliches Ereignis: „Heimatliebe
leitet mich / o Freund ruf ich beim Gehen.“8
„Einssein wollen und nicht können, das ist die Tragik der Liebe. Die eigene Geschaffenheit steht der Vereinigung mit anderer
Schöpfung im Wege. Um unbedingt und grenzenlos die Liebe zu erleben, bedarf der Mensch einer absoluten Entgrenzung. Man
müsste sich trotz aller Geschaffenheit auflösen, sich in den anderen ergießen können und in einer Gottheit aufgehoben werden,
davon träumen die Menschen und darauf hoffen sie Zeit ihres Lebens. Doch nur der Tod verspricht Erfüllung. Hier wird das Rufen
Rumis emphatisch:
<<Tötet mich, o meine Freunde!
Denn mein Tod nur ist mein Leben.
Denn im Leben nur ist Tod,
und im Sterben ist mein Leben…>>
Während ein Muslim stirbt sind bei ihm mehrere Angehörige anwesend. Das gehört mit großer Selbstverständlichkeit zum
Umgang mit Kranken und Sterbenden dazu. Auch Kinder sind da. Kranke im Krankenhaus werden gerne besucht. Die Besucher
bringen gerne Speisen mit, die nach islamischen Speise- und Essvorschriften vorbereitet sind und den Gaumengeschmack ihrer
traditionellen Küche tragen.
In den meisten Fällen verlangen muslimische Sterbende oder ihre engen Verwandten, dass ein Imam / Hoca (zu Deutsch: Hodscha) geholt wird, der mit ihnen bzw. für sie betet. Das geschieht auch in den meisten Sterbefällen, auch und gerade im Krankenhaus. Sterbende werden, wenn ihnen dies möglich ist, auf die rechte Körperseite gelegt, also mit dem Gesicht in Blickrichtung
nach Mekka (in Deutschland südöstliche Richtung). Wenn dies krankheitsbedingt nicht möglich ist, soll die sterbende Person in
die Lage gebracht werden, dass der Oberkörper leicht aufgehoben und der Blick nach Mekka gebracht wird. Falls auch dies nicht
möglich ist, sollte sie in eine für sie bequeme Position gebracht werden.
Leise kann Kur’an al-Kerim, der edle Koran rezitiert werden. Es gibt nicht eine bestimmte Stelle, die der Imam oder die Verwandten unbedingt vortragen müssen. Bevorzugt wird jedoch meistens die Sure Yasin (Kapitel 36) rezitiert. Diese Sure spricht in mehreren Versen von der Auferstehung. Im Vers 83 heißt es: „Und preis dem, in dessen Hand die Herrschaft aller Dinge ist! Und zu Ihm
kehrt ihr zurück.“
7
8
Vgl im Kur’an-ı Kerim, dem edlen Koran, 3,185; 62,8; 41,30-31
Yunus Emre: Das Kummerrad/Dertli Dolap, übersetzt von Zafer Şenocak, S. 94-95, Köln, o. J.
12
Vorträge
Wenn für die Anwesenden deutlich wird, dass der Sterbende „nun ihre Welt wechseln muss“, sprechen sie ihm das Glaubensbekenntnis leise vor. Dabei ist seine Begleitung durch enge Familienangehörige und / oder eines Imams bei seinem Übergang
im letzten Atemzug wichtig. So wurde es getan, als er gerade geboren war. Damals wurde das Glaubensbekenntnis in sein Ohr
gesprochen. Dieses Glaubensbekenntnis Laa ilaahe illallah Muhammedurrasuulullaah, es gibt keine Gottheit außer Allah und
Muhammed ist sein Gesandter, hat ihn ein Leben lang begleitet. Nun wird es noch einmal mit ihm und für ihn gesprochen. Möglicherweise kann er es noch nachsprechen, hoffentlich / vielleicht sind das seine letzten Worte: „Ich bezeuge, es gibt keinen Gott
außer Allah, und ich bezeuge, Muhammed ist sein Prophet.“ Gemäß der Aussage des Propheten Muhammed gehört derjenige zu
den Paradiesbewohnern, dessen letztes Wort dieses Bekenntnis ist.
Wie sollte man sich in einer Intensivstation bei einem schwerkranken Patient im Endstadium verhalten und wie
lange soll/muss/darf die künstliche Beatmung weitergeführt werden?
Nach islamischer Vorstellung sollte, so lange der Patient lebt, die künstliche Beatmung weitergeführt werden. Der Islam ist die
Religion der Hoffnung und die Redewendung: „zuletzt stirbt die Hoffnung“ trifft für diese Religion gerade zu. Solange die Behandlung fortgesetzt werden kann, sollte sie gewährleistet werden.
Um einem Menschen das Leben zu verlängern sollten die Ärzte und ihre Helfe im Krankenhaus jeden legitimen Weg und jede
Methode so lange es geht gewährleisten. Allah verlangt im Kur’an el-Kerim (dem edlen Koran) das Leben zu retten und sagt: Wer
ein Menschenleben rettet ist so, als ob er der ganzen Menschheit das Leben gerettet hat.9 „Jede Form der sogenannten aktiven
Sterbehilfe ist nach dem Prinzip der Erhaltung des Lebens und wegen dem Monopol Gottes, über Leben und Tod zu entscheiden,
nicht erlaubt. Die passive Sterbehilfe in Form von Abschalten lebenserhaltender Medizingeräte ist nur dann erlaubt, wenn die
Gehirnfunktionen vollständig erloschen sind, das Herz und die Atmung vollständig aufgehört haben zu funktionieren und eine
Verbesserung dieses Zustandes durch Experten ausgeschlossen ist.“10
Muslimische Patienten essen kein Schweinfleisch und Speisen, in denen Schweinfleischprodukte enthalten sind. Sie essen nur
das Fleisch des nach islamischen Speisevorschriften geschächteten Rindes oder Schafes sowie nach islamischen Vorschriften geschächtetes Hähnchenfleisch. Fisch und vegetarisches Essen ohne alkoholhaltige Zutaten können sie immer verzehren. Um für
die muslimischen Kranken und Patienten im Krankenhaus eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, die den Genesungsprozess
der Behandelten tatkräftig fördert und kürzt, könnten die Verantwortlichen für die Krankenhausverwaltung bzw. die Zuständigen für die Küche entweder mit der nächstliegenden Moscheeleitung kommunizieren, um Halal-Fleisch zu besorgen oder
Fischgerichte anbieten. Damit können sie unnötige Unannehmlichkeiten vermeiden und die Patienten moralisch unterstützen.
Empathie, Entgegenkommen und Verständnis spielen bei der Genesung eine äußerst große Rolle.
Für die gläubigen Muslime steht fest, dass irgendwann die Zeit des Gerichtes kommt. Dieser „Tag des Gerichtes“ wird als „Jüngster
Tag“ oder „Jüngstes Gericht“ bezeichnet. Hier geht es um Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Wird er unmittelbar in die
Gegenwart Gottes, in den Himmel, aufgenommen oder bedarf es für ihn noch einer Zeit der Vervollkommnung und Reinigung?
Daher gehört zur muslimischen Sterbebegleitung eindeutig das Gebet. Und wenn ein Muslim gestorben ist, dann ist die nötige Eile geboten. Nach islamischer Tradition soll ein Begräbnis möglichst bald stattfinden. Hilfreich wird es sein, einen Imam zu
rufen und ihn um Unterstützung zu bitten.
Vorgeschrieben ist zunächst die rituelle Ganz-Waschung des Verstorbenen, ein Liebesdienst der nächsten Angehörigen, die
allerdings auch vom Bestatter vorgenommen werden kann. Nach der Waschung wird der Verstorbene in weiße Tücher, die Kefen:
Totenhemd genannt, gewickelt. Danach ist das gemeinschaftliche Totengebet verpflichtend. Gemeindeglieder, die am Totengebet teilnehmen, vollziehen die rituelle Waschung, bevor sie dem Gebet aktiv beiwohnen und das Totengebet mit der Gemeinde zusammen verrichten. Dieses Gebet findet in Deutschland meistens im Vorhof der Moschee oder auf einem Gebetsplatz statt,
kann aber auch (in Schuhen) auf dem Friedhof stattfinden. Hiernach wird der Tote im Sarg von anwesenden Muslimen, die das
Totengebet mit verrichten, auf den Schultern zum Grab getragen. Bei dieser Verabschiedung und dem Gang zur Grabstätte halten sich männliche und weibliche Gläubige getrennt voneinander auf.
9
Aus diesem Grunde haben Wir den Kindern Israels verordnet, daß wenn jemand einen Menschen tötet - es sei denn für (Mord) an einem andern
oder für Gewalttat im Land -, so soll es sein, als hatte er die ganze Menschheit getötet; und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, so soll es sein, als
hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten. Und Unsere Gesandten kamen zu ihnen mit deutlichen Zeichen; dennoch, selbst nach diesem, begehen
viele von ihnen Ausschreitungen im Land. (Kur’an-ı Kerim, der edle Koran, 5:32)
10
Sterbebegleitung und Tod im Islam, S. 42, Köln 2013 (DIVAN Verlag)
Vorträge
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Der Verstorbene wird auf seine rechte Seite gelegt und soll nach Mekka blicken. Direkt im Anschluss daran wird von den Anwesenden das Grab mit Erde gefüllt. Die Trauergemeinschaft bittet um Vergebung für die Verstorbene bzw. den Verstorbenen.
Verschiedene Korantexte und das Glaubensbekenntnis werden rezitiert. So werden dem oder der Verstorbenen noch einmal die
Antworten eingeschärft, die er bzw. sie zu geben hat, wenn die Grabesengel die wichtigen und entscheidenden Fragen stellen.
Die Einäscherung des Leichnams üben die Muslimen nicht aus, da jegliche Form der Feuerbestattung verboten ist. Es ist nur die
Erdbestattung erlaubt. Das gilt auch für Fehlgeburten und auch für Menschen, die keine Verwandten mehr haben, die über die
Art und Weise ihrer Bestattung Entscheidungen treffen könnten. Man darf als Sparmaßnahme mit dem Menschenkörper nicht
pietätlos umgehen. Selbst wenn der Mensch nicht mehr lebt, verliert sein Körper nicht die von Gott verliehene Würde.11
Gräber sollen möglichst schlicht gestaltet werden. Große Grabsteine und eine aufwendige Grabbepflanzung wie auch die spätere Grabpflege sind unüblich. Muslime besuchen Gräber später immer wieder und beten für die Toten: „Friede sei mit euch, ihr
Bewohner der Gräber! Gott vergebe uns und euch. Ihr seid vorausgegangen und wir folgen euch.“ (Gebet des Propheten Muhammed, Friede sei mit ihm.)
Wo können die Toten bestattet werden?
Immer noch fehlen in vielen Städten in Deutschland eigene muslimische Friedhöfe bzw. Grabfelder, die von Muslimen so angelegt werden können, dass eine Ausrichtung aller Gräber nach Mekka möglich ist. Auch ist es generell nicht möglich, verstorbene
Muslime im unmittelbaren Totenkleid aus nicht genähten Tüchern, also ohne Sarg zu bestatten. – Inzwischen ist seit 2003 in
Nordrhein-Westfalen die Sargpflicht aufgehoben worden. Dort, wo das die örtlichen Bedingungen ermöglichen und wo dies
auch zugelassen ist, kann der Verstorbene in Tüchern gewickelt begraben werden.
Diesseits und Jenseits: Dimensionen der Existenz
„Tod und Jenseits ist ein Bereich der menschlichen Existenz, der den Menschen immer bewegte. Er versuchte immer dieses ewige
Neuland zu beschreiben; wenn er ihn aber mit einer Vorstellung der Rechenschaftsablegung in Verbindung brachte, so hatte dies
Konsequenzen für sein irdisches Dasein.
Aus der Sicht der monotheistischen Religionen überbrachten die Propheten Kunde aus dem Jenseits, standen so in Kontakt mit
dem Schöpfer. Was sie unfehlbar und vertrauenswürdig machte, beruht auf dieser Verbindung zu Gott und ihrer Charakterstärke,
die sie in der Konfrontation mit dem Alltäglichen zeigen konnten. Der Islam macht diesen Glauben an die Propheten, die von
ihnen übermittelten Offenbarungstexte und die Existenz des Jenseits zu unabdingbaren Bestandteilen des Glaubens. Der immerwährend mit Gott in Kontakt zu bleibende Mensch vergegenwärtigt sich, unabhängig von seinem Geschlecht, immer des
Todes, dessen Existenz all die Assoziationen über seine Vergänglichkeit in Erinnerung ruft. Einige Sufi-Orden haben diesen Akt
der Todesvergegenwärtigung sogar zu einem Bestandteil der geistigen Kontemplationsübungen gemacht. Aus dieser imaginären Erfahrung des Todes kehren sie zum irdischen Leben zurück – im Besitz geistiger Kräfte, die ihnen bei der Überwindung der
verführerischen und unersättlichen irdischen Wünsche und Begierden, die sich in verantwortungslosem Konsum und Habgier
äußern, gottgefällig und islamkonform helfen.
Alle Menschen, auch Atheisten entwickeln Zeremonien und Rituale, was Beisetzung, Bestattung oder Einäscherung betrifft. Auch
Muslime haben ihre Rituale, die sie in „imitation muhammedi“, im Nachfolgen des Gesandten Allahs, Friede und Heil auf ihn,
praktizieren.
Muslime fassen ihre Gefühle und Trauer aber auch Bestürzung in einem Vers (aus dem Kur’an el-Kerim, dem edlen Koran) zusammen, wenn sie eine Todesnachricht erreicht: „Inna lillahi we inna ilayhi radschi’uun „ („Wir gehören Gott und zu Ihm kehren wir
zurück“). (Sura 2, Vers 156) Dadurch erklären sie ihre Zugehörigkeit zum einzigen, einzigartigen Schöpfer; dem Schöpfer, der ewig
ist. Somit wird auch das irdische Leben in Verbindung mit Gott gebracht und abgeschlossen.
Das Erbarmen des einzig Ewigen, des Unsterblichen erhoffend.“ 12
11
12
Vgl. Sterbebegleitung und Tod im Islam, S. 40, Köln 2013 DIVAN Verlag
Sterbebegleitung und Tod im Islam, S. 44, Köln 2013 (DIVAN Verlag)
14
Vorträge
Buchempfehlung zu Fragen des respektvollen Umgangs mit muslimischen Patienten und Patientinnen, ferner zur Frage der
Sterbebegleitung und der Sorge für die Toten:
Sterbebegleitung und Tod im Islam, DIVAN Verlag, Köln 2013 / www.zsu.eu
Zum Bestellen: DITIB-ZSU GmbH / DIVAN Verlag Köln, Subbelrather Str. 17, 50823 Köln
Ilhan Ilkilic, Begegnung und Umgang mit muslimischen Patienten. Eine Handreichung für die Gesundheitsberufe. Bochum
2005 (5. Auflage).
Zu bestellen: Zentrum für Medizinische Ethik, Institut für Philosophie GA 3/53, Ruhr Universität Bochum, 44780 Bochum, E-Mail:
[email protected].
Bekir Alboğa / Georg Bienemann / Werner Höbsch: Christen und Muslime Tür an Tür / Basiswissen kompakt, Don Bosco Verlag,
München 2008, S. 89-96
Vorträge
15
Vortrag: Knut Micke, Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW
„Novellierung des Bestattungsgesetzes NRW“
Knut Micke
bearbeitet im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen neben dem Berufszulassungsrecht der Apotheker und Zahnärzte insbesondere das Sachgebiet
Bestattungswesen und hat an dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Bestattungsgesetzes mitgearbeitet.
Herr Micke berichtete zu bereits bestehenden Möglichkeiten „islamischer“ Bestattungen in NRW und
zum Gesetzentwurf und den geplanten Änderungen des Bestattungsgesetzes NRW.
Kommunen in Nordrhein-Westfalen sollen gemeinnützigen Religionsgemeinschaften oder religiösen
Vereinen die Errichtung und den Betrieb eines Friedhofes übertragen können. Dadurch können nach dem spezifischen Brauchtum ausgerichtete Bestattungen „aus einer Hand“ angeboten werden. Bislang sind in Nordrhein-Westfalen islamische Bestattungen zwar möglich, nicht aber der selbständige Betrieb eines Friedhofes durch Religionsgemeinschaften, die keine Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Dazu zählen zum Beispiel religiöse Vereine.
Mit der Novellierung des Bestattungsgesetzes sollen auch rechtliche Grundlagen zu einer Verbesserung der Leichenschau geschaffen werden. Ziel ist zunächst die Durchführung von Modellvorhaben, um – erstmals – belastbare Fakten und Zahlen über
die Qualität von Leichenschauen zu erhalten.
Zu geplanten Novellierung des Bestattungsgesetzes wurden im vergangenen Jahr verschiedene Verbände in Nordrhein-Westfalen angehört. Möglichkeit zur Stellungnahme hatten die Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, der Bestatterverband
NRW, die Bezirksregierungen, die kommunalen Spitzenverbände, die Islamischen Verbänden, der Landesintegrationsrat NRW
sowie Religionsgemeinschaften, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert sind.
Informationen und Download unter: www.mgepa.nrw.de
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Vorträge
Vorträge
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Vortrag: Karl Steenebrügge vom Bestattungshaus Bakonyi
„Würdiger Umgang mit Tod und Sterben“
Karl Steenebrügge
arbeitet als Diplom-Kaufmann in eines der ältesten Bestattungshäuser im Rheinland, des Bestattungshauses Bakonyi in Aachen, welches 1846 gegründet wurde.
Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und der Universität zu Köln hat er seine Diplomarbeit auf Wunsch seines Professors
zum Thema: „Wettbewerb auf dem Markt für Bestattungsleistungen“ gewählt.
Herr Steenebrügge hat als Referent bei Fachtagungen und Podiumsdiskussionen vielfältige Erfahrungen und Wissen weitergegeben. Er ist sowohl Gründungsmitglied der Aachener Hospizgespräche und der Erbauer des ersten privaten Abschiedsraumes
im Großraum Aachen 1990. Besonders hervorzuheben ist seine Arbeit als Autor des Buches „Mit Kindern über den Tod sprechen
–Trauerarbeit mit Kindern“
Vorträge
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Präsentation
Jeder Mensch, der eine
Bestattung in Auftrag geben muß
befindet sich in einer
Ausnahmesituation.
Sie oder er ist in Trauer.
Karl Steenebrügge
Todesfälle richten sich, ebenso
wie Geburten nicht nach üblichen
Arbeitszeiten.
Deshalb kann man bei uns
24 Stunden am Tag
an 365 Tagen im Jahr mit einer
Beraterin oder einem Berater
sprechen.
Bestattungshaus Bakonyi
Rat und Hilfe seit 5 Generationen
•
•
•
•
Karl
Steenebrügge
Bestattungshaus Bakonyi
56 Jahre
verheiratet
2 Kinder
Geschäftsführer des
Bestattungshauses Bakonyi in
fünfter Familiengeneration
• Studium der
Betriebswirtschaftslehre an
der RWTH Aachen und der
Universität zu Köln
• 1983 volkswirtschaftliche
Diplomarbeit „Wettbewerb
auf dem Markt für
Bestattungsleistungen“
Rat und Hilfe seit 5 Generationen
Bestattungshaus Bakonyi
Rat und Hilfe seit 5 Generationen
Die Beratung kann nach
Wahl der Familie
entweder in der vertrauten
heimischen Umgebung
oder im Bestattungshaus
stattfinden.
Das erste
Beratungsgespräch dauert
bei uns etwa zwei Stunden
und geht oft weit über
reine Bestattungsfragen
hinaus.
Wenn nötig nehmen sich
unsere Beraterinnen und
Berater auch drei, vier
oder fünf Stunden Zeit.
Bestattungshaus Bakonyi
Rat und Hilfe seit 5 Generationen
In unserer Zeit wird oft vergessen, dass Trauer etwas ganz natürliches ist.
Jeder Mensch hat das elementare Recht zu trauern.
Über den Tod zu sprechen fällt nicht leicht
trotzdem muss es Menschen geben, die helfen,
wenn jemand gestorben ist.
Bestattungshaus Bakonyi
Rat und Hilfe seit 5 Generationen
Trauer erleben wir Menschen immer, wenn wir von liebgewonnenem Abschied
nehmen müssen.
Um in einen heilsamen Trauerprozeß zu gelangen ist es extrem wichtig, sich
den Tod bewußt zu machen. Das geht nicht durch einen Telefonanruf oder
eine E-Mail. Unsere Psyche muß sehen und begreifen. Deshalb ist es für die
Angehörigen wichtig, einen Verstorbenen gesehen und angefaßt zu haben.
Aus diesem Grund beginnen unsere Beratungsgespräche immer mit der Frage,
wie wann und wo sich die engsten Angehörigen persönlich verabschieden
können und wollen.
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Vorträge
Die beste Möglichkeit zum
Abschied ist die vertraute
heimische Umgebung.
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Ist die Frage des persönlichen Abschieds geklärt, werden im Beratungsgespräch alle
möglichen Varianten einer Bestattung erläutert.
Wir suchen gemeinsam mit den Angehörigen eine individuelle Lösung,
die den persönlichen Vorstellungen und finanziellen Möglichkeiten entspricht.
Oft sind auch auf den ersten Blick ungewöhnliche Wünsche des Verstorbenen oder der
Familie realisierbar.
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Bestattungshaus Bakonyi
Rat und Hilfe seit 5 Generationen
Tot
e
Leic nsche
hen in
paß
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Bestattungshaus Bakonyi
Rat und Hilfe seit 5 Generationen
Lade ich zur Bestattung alle die teilnehmen
möchten ein
oder soll es ein Abschied in aller Stille sein ?
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In 21 Jahren kann sich viel ändern.
Frau Lubond Va Kindamba
verstarb am 3.12.1993
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Todesanzeige für Loriot
in der FAZ v. 25.8.2011
Bestattungsrituale in verschiedenen Kulturen
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Die Bestattung ist in
erster Linie
ein Ritual für die
Lebenden
Welche Art der
Bestattung ?
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In fast allen Kultur begegnen uns immer wieder die
gleichen Grundelemente beim Abschied von einem
Menschen.
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Die Nachricht vom Tod wird verbreitet
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Trost für die
Hinterbliebenen
Man versammelt sich
zur Totenwache
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Bestattungsarten
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Versammlung nach der Bestattung
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Bei uns Gratias oder Beerdigungskaffee genannt
●
●
●
●
●
gemeinsames Totengedenken nach 40 Tagen
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Rat und Hilfe seit 5 Generationen
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit
Bestattungshaus Bakonyi
Rat und Hilfe seit 5 Generationen
Bestattungshaus Bakonyi
Nähere Informationen beim Bestattungshaus Bakonyi.
Rat und Hilfe seit 5 Generationen
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Expertenrunde
28
Expertenrunde
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29
Moderation: Mehmet Soyhun
Mehmet Soyhun studierte an der Selcuk-Universität (Türkei) Islamische Theologie und ist seit 2007
beim DITIB Regionalverband Essen als Beauftragter für interreligiöse und interkulturelle Zusammenarbeit tätig.
Engin Sakal
Geschäftsführer des Landesintegrationsrates NRW
Die Stellungnahme des Landesintegrationsrates ist der Broschüre im Anhang beigefügt.
Abdurrahman Kol
ist seit 2007 Gemeinde-Vorsitzender der DITIB-Gemeinde in Aachen
Wolfgang Berg
Arbeitet als Bereichsleiter in der Friedhofsverwaltung der Stadt Aachen.
Der städtische Friedhof Hüls hat zu Beginn der 80er Jahre mit Bestattungen von muslimischen
Menschen begonnen.
Mehmed Jakubovic
ist der Imam der Islamischen Gemeinschaft Bosnien-Herzegowina e.V. und darüber hinaus aktiv als
Seelsorger und Religionslehrer tätig.
Moscheebesichtigung und Führung
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Mustafa Koc studiert an der Universität Duisburg Politische Wissenschaften und hat im Rahmen seines
Praktikums beim Kommunalen Integrationszentrum die Moscheebesichtigung angeboten und durchgeführt.
Vielen herzlichen Dank an Herrn Koc
Begriffserklärungen:
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Mihrab  Gebetsnische
 Zeigt die Gebetsrichtung (Kible) an
 Vorbeter (Imam): akustische Wirkung (halbrunde oder vieleckige Form)
Mahfil  Empore
 Im Arabischen auch Dikka/Dakka genannt
 Plattform für den Muezzin (früher „Adlige“)
Muezzin  Ausrufer
 Ruft die Muslime zum Gebet
 Kein Geistlicher, „Personal“ der Moschee
 Die Aufgabe kann jeder Gläubige übernehmen wenn der Muezzin nicht anwesend ist
Kürsü  Lehrstuhl, Lesepult
 Im Arabischen auch Kursi genannt
 Ort, wo der Imam seine Predigt hält
 Erhöht, damit alle den Imam sehen und hören können
Minbar  Kanzel
 Ort, wo der Imam seine Predigt im Freitagsgebet hält
 Erhöht, damit alle den Imam sehen und hören können
Minarett  Ort, wo der Muezzin den Gebetsruf ausübt, inzwischen durch Lautsprecher ersetzt
Tesbih  Gebetskette
 Im Arabischen auch Misbaha genannt
 Gängige Form: 99 Perlen
 33x subhanallah: „gepriesen sei Gott“
33x elhamdulillah: „gelobt sei Gott“, „Gott sei dank“
33x allahuekber: „Allah ist der Größte“, „Allah ist größer“
Anhänge
31
Stellungnahme des Integrationsrates des Landes NRW
zum Gesetzentwurf zur Änderung des Bestattungsgesetzes
Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/2723
Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales
und des Ausschusses für Kommunalpolitik am 26.06.2013
Der Landesintegrationsrat Nordrhein-Westfalen begrüßt, dass der Landtag NRW ein Gesetz zur Änderung des Bestattungsgesetzes beschließen will. Diese Änderung würde der Entwicklung unserer Gesellschaft Rechnung tragen. Schließlich ist NordrheinWestfalen das erste Flächenbundesland in Deutschland, das ein Teilhabe- und Integrationsgesetz verabschiedet hat. Es gilt im
Sinne dieses Gesetzes entsprechende weitere Schritte in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens einzuleiten und weiterzuentwickeln. In Nordrhein-Westfalen leben über 1,4 Millionen Muslime. Davon sind über die Hälfte deutsche Staatsangehörige.
Das bedeutet, dass diese Gruppe auf Dauer in Deutschland geblieben ist.
Das derzeitige Bestattungsgesetz sieht keine Regelung zur Einrichtung und Betrieb von islamischen Friedhöfen vor. In Anbetracht der Lage, dass der Großteil der Muslime bereits in der dritten und vierten Generation in unserem Land lebt, müssen auch
deren Belange im Bereich der Bestattung geregelt werden. Bisher lässt sich der Großteil der Muslime beim Ableben in ihre Ursprungsländer überführen. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Bestattungsrichtlinien in Deutschland nicht mit den religiösen Bestimmungen des Islams konform sind. Obwohl bereits seit Anfang der 1990‘er Jahre sogenannte muslimische Grabfelder
in vielen Kommunen in Nordrhein-Westfalen eingerichtet wurden, ist die Inanspruchnahme jedoch nicht ausreichend. Die Änderung des § 4 Abs. 5 kommt den Menschen muslimischen Glaubens sehr entgegen. Die Möglichkeit der Übertragung vom Friedhofsbetrieb an Religionsgemeinschaften kann zu höherer Akzeptanz führen. Es ist anzunehmen, dass die Betreiber sich an den
islamischen Vorschriften orientieren werden und damit die Akzeptanz steigt. Damit dieses gelingt muss der rechtliche Rahmen
ebenfalls mit den islamischen Vorschriften übereinstimmen.
Die Identifikation mit diesem Land erfordert derartige Schritte. Aus der Sicht des Landesintegrationsrates ist es nicht tragbar
Menschen ihr Leben lang in diesem Land leben zu lassen und nach ihrem Tod ins Ausland zu schicken. Deren Nachfahren werden
weiterhin in Deutschland verbleiben.
Helmholtzstraße 28 D-40215 Düsseldorf
Tel. 0211-994160 Fax 0211-9941615
[email protected]
www.landesintegrationsrat-nrw.de
Ebenso begrüßt der Landesintegrationsrat die Änderung des § 4 Abs. 1. Die Vorschrift, dass nur Grabsteine und Grabeinfassungen aufgestellt werden dürfen, die nachweislich in Übereinstimmung mit der Konvention 182 der internationalen Arbeitsorganisation stehen, ist von großer Bedeutung. Die Ausbeutung der Kinder muss ein Ende nehmen.
Des Weiteren sind die Ergänzungen und Änderungen des § 9 Abs 3 a bis 3 c für die Durchführung der Leichenschau richtig und
wichtig. Es wird darauf hinweisen, dass die Durchführung der Leichenschau den religiösen Vorschriften entsprechen soll. Diese
können mit den Theologen abgestimmt werden. Im Übrigen bittet der Landesintegrationsrat darum, dass die Fristen der Freigabe der Leichen bei Todesfällen entsprechend der religiösen Vorschriften berücksichtigt werden.
Außerdem würde sich der Landesintegrationsrat über eine Ergänzung des § 13 hinsichtlich der Bestattungsfristen freuen. Die
Fristen sollten die religiösen Vorschriften der jeweiligen Glaubensgemeinschaften primär berücksichtigen. Dieser Hinweis könnte im Abs 2 des Paragraphen erfolgen.
Bewertung des Gesetzes:
Der Landesintegrationsrat NRW ist der Ansicht, dass auf Grund dieser neuen Regelung eine Steigerung des Identifikationsaspekts
der Migrantinnen und Migranten muslimischen Glaubens einerseits und andererseits die Zugehörigkeit der Muslime zu diesem
Land, einschließlich der deutschen Muslime ohne Migrationshintergrund, dokumentiert wird. Es ist unstrittig, dass die Muslime
zu unserem Land gehören. Dieser Diskussion kann auch mit diesem Gesetz ein Ende gesetzt werden. Über den Gesetzentwurf
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Anhänge
hinausgehend plädiert der Landesintegrationsrat NRW für die Regelung der Gräber im Hinblick auf die religiösen Vorschriften.
D.h. die Dauer der Grabbelegung in den Friedhöfen muss den Belangen der Muslime angepasst werden. Das ist ein Aspekt, der
sehr oft die Betroffenen davor abhält sich in Deutschland beerdigen zu lassen.
Den Migrantinnen und Migranten islamischen Glaubens und künftigen Zuwanderern mit diesem Glauben soll im bevölkerungsreichsten Bundesland erleichtert werden sich heimisch zu fühlen und sich in die Gesellschaft zu integrieren. Auch dieser Integrationsaspekt des Gesetzes ist für die Gesellschaft von Relevanz.
Anhänge
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So war es früher
Das Bild k ann zurzeit nicht angezeigt werden.
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Heute leben wir in einer optisch jungen
Gesellschaft.
Niemand spricht gern über den Tod
- aber Kinder haben viele Fragen
Viele Enkel und Urenkel erleben die Großeltern nicht
mehr als weltabgewandte Greise
Mit Kindern über den Tod sprechen
●
Wie spricht man mit Kindern über den Tod
●
Antworten auf typische Kinderfragen
Wie sollte man sich Kindern gegenüber
verhalten wenn ein Mensch oder ein Haustier
gestorben ist
●
●
Vertrauen der Kinder haben
●
offen und ehrlich antworten
●
Trennungsangst der Kinder berücksichtigen
●
altersgerecht antworten
●
keine ausweichenden Antworten geben
Anhänge
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Keine ausweichenden Antworten geben
„Oma ist tot“
und nicht
„Oma ist verreist“
Tod ist nicht schlafen
Im Gespräch mit dem Kind darf man den Tod
niemals mit schlafen vergleichen, sonst bekommt
das Kind panische Angst vor dem Einschlafen
Kleinkinder
Können „Tod“ nicht
begreifen
●
haben aber schon Verluste
erlebt
●
können Trauerreaktionen
zeigen
●
Nur wenn das Kind fragt
oder wenn eine
Bezugsperson gestorben ist
●
Vorschulalter
●kennt Tod aus
Märchen
●begreift
Veränderungen
●glaubt, es könnte
Umwelt selbst
beeinflussen
●keine langen
Erklärungen
Kinder in der
Grundschule
●Kind versucht, den
Tod für sich
begreifbar zu machen
●Ab 8 -9 Jahren kann
das Kind genauere
Erklärungen
verstehen
Ältere Kinder
und Jugendliche
●Interesse an den Gefühlen
der Mitmenschen
●wachsende Fähigkeit, den
Tod vom Standpunkt des
Erwachsenen zu sehen
●In der Pubertät Abgrenzung
von den Eltern und Gespräche
unter Gleichaltrigen
Anhänge
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Trauernde brauchen Freunde
Wenn jemand gestorben ist
●
Es ist nicht leicht, einem Trauernden beizustehen
●Hilfsangebote nicht vergessen wenn der Alltag
wieder eingekehrt ist
●Tiefpunkt der Trauer etwa 6 Wochen nach dem
Tod
Trauernde Kinder
Der Tod ist eigentlich - wie die Geburt - ein ganz natürliches
Ereignis, das für jeden Menschen zum Leben dazugehört. Trotzdem
sind Sterben und Tod heute zu einem Tabuthema geworden ist.
Die Todesnachricht
Die Trauer des Erwachsenen
●
aktiv Abschied nehmen
●
Zeit lassen
●
Tote nicht sofort abholen lassen
allen Angehörigen und Freunden Gelegenheit
geben, die Toten zu sehen.
●
●
Weinen hilft !
●Kinder sollten eine Todesnachricht immer von der
engsten Bezugsperson erfahren
●
Vorsicht! Kinder haben Augen und Ohren
●
Kinder nicht wegschicken
●
Alle Fragen offen und ehrlich beantworten
Anhänge
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Trauerreaktionen des Kindes
●
Jedes Kind kann anders reagieren
●
Tränen sind natürlich
Jede Reaktion des Kindes kann eine
Trauerreaktion sein
●
Niemals für Trauerreaktionen bestrafen oder
sagen „sei tapfer“
●
Kinder aktiv beteiligen
Die Kinder aktiv an den
Bestattungsvorbereitungen teilhaben lassen
●
●
Wünsche der Kinder berücksichtigen
Teilnahme an der Bestattung ermöglichen aber
nicht erzwingen
●
Das Buch „Mit Kindern über den Tod sprechen“ ist im Bestattungshaus Bakonyi, Augustastraße 25, 52070 Aachen, Telefon
(0241) 50 50 04 erhältlich.
Aktueller Hinweis
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Wir Veranstalter freuen uns über das große Interesse an der Fachkonferenz und die anregenden vielfältigen Wortbeiträge und
den intensiven fachlichen Austausch. Besonders danken wir allen Beteiligten, die auf unterschiedlicher Weise durch ihr Engagement zum Gelingen der Fachkonferenz beigetragen haben.
Die Fachkonferenz hat die aktuelle Diskussion zu „Islamischen Bestattungen“ aufgegriffen und einen Überblick über bereits bestehende Möglichkeiten und Regelungen gegeben und zu der Frage, wie und wo Muslime bestattet werden möchten, informiert.
Die mehrsprachige Broschüre „Islamische Bestattungen“ in den Sprachen arabisch, deutsch, englisch und türkisch ist beim
Kommunalen Integrationszentrum der StädteRegion Aachen erhältlich.
Das Kommunale Integrationszentrum hat mit Freude auf die Verabschiedung des neuen NRW-Bestattungsgesetzes reagiert. Der
Landtag in NRW hat am 02.07.2014 das neue Bestattungsgesetz verabschiedet und künftig dürfen in Nordrhein-Westfalen neben
Kirchen und Kommunen ebenso Religionsgemeinschaften Friedhöfe betreiben.
Alle verfügbaren Informationen dazu sind unter: www.landtag.nrw.de/portal zu erhalten.
Auch zukünftig werden wir bei Bedarf an dem Thema „Islamische Bestattung“ weiterarbeiten und stehen für Fragen und Anregungen gerne zur Verfügung.
Die große Resonanz und Beteiligung an der Fachkonferenz und die Verabschiedung des Gesetzes zeigen, dass durch die Zusammenarbeit und das Engagement aller Beteiligten ein weiterer Schritt in der kontinuierlichen Integrationsarbeit erreicht wurde.
Das Kommunale Integrationszentrum StädteRegion bedankt sich herzlich für die gute Zusammenarbeit mit dem Integrationsrat
der Stadt Herzogenrath und der Stadt Herzogenrath, durch die diese Veranstaltung erst möglich wurde.
Darüber hinaus gilt unser großer Dank an die Mitglieder und Mitarbeiter der Emir-Sultan-Moschee für Ihre Unterstützung und
Gastfreundschaft.
Wir freuen uns auch weiterhin auf eine anregende und fruchtbare Zusammenarbeit mit Ihnen.
Fattaneh Afkhami
(Fachbereich Querschnitt Integration)
druckerei staedteregion aachen // a46/vielfalt in schule
Sie haben Fragen?
StädteRegion Aachen
Der Städteregionsrat
Dezernat für Soziales und Integration
A 46 – Kommunales Integrationszentrum
Zollernstraße 10
52070 Aachen
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Damit Zukunft passiert.
www.staedteregion-aachen.de
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