Produktentwicklung und Zielgruppen

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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
MITTELSTANDSWIKI.DE
Produktentwicklung
und Zielgruppen
Wie ein systematischer
Einführungsprozess Risiken
mit Innovationen senkt
von Dr. Jürgen Kaack
Seite 1
BAND 0701
Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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Autor: Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, Managing Director
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Veröffentlichung: 18.02.2007
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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Inhalt
Einleitung
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Hauptteil
5
1. Am Anfang stehen die Kundenbedürfnisse
5
2. Quantifizierung des Produktnutzens
6
3. Bildung von Zielgruppen erleichtert die Planung
7
3.1 Anforderungen an eine Segmentierung
7
3.2 Demographische Segmentierungskriterien
8
3.3 Einstellungen als Segmentierungskriterium
9
3.4 Preissensibilität als Kriterium
10
3.5 Individuelle Vorlieben als Segmentierungskriterium
10
3.6 Kaufentscheidungsprozess als Segmentierungsmerkmal
11
3.7 Das Nutzungsverhalten als Merkmal
12
3.8 Lebens- oder Unternehmenssituation als Merkmal
12
3.9 Wettbewerbsprodukte als Segmentierungskriterium
13
4. Beschaffung von Zielgruppen-Informationen
14
5. Geschäftsmodelle und Wertschöpfung
15
6. Mit Kooperationen Erfolgschancen steigern
17
7. Produktplanung auf Basis des Geschäftsmodells
21
8. Zielgruppen-Gegencheck für zusätzliche Sicherheit
23
9. Erst planen, dann entwickeln
24
10. Entwicklung und laufender Soll-Ist-Vergleich
24
11. Produktionsvorbereitung und Überleitung
25
12. Erfolgsfaktor Preisgestaltung
26
13. Vertriebsmaterial und Schulungen
33
14. Formen der Kommunikation: PR und Werbung
34
15. Weitere Entwicklungsphasen eines Produktes
37
16. Fazit
37
Zum Autor
39
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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Produktentwicklung
und Zielgruppen
Wie ein systematischer Einführungsprozess
Risiken mit Innovationen senkt
von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack
Zur nachhaltigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit brau­
chen die meisten Unternehmen regelmäßig neue Produkte.
Neue technische Entwicklungen oder Erfindungen alleine
schaffen aber weder Umsätze noch Arbeitsplätze. Hierzu ge­
hört die Umsetzung in vermarktbare Produkte und die er­
folgreiche Markteinführung. Erst dann kann man von wirkli­
chen Innovationen sprechen.
Bevor aus einer Produktidee eine Innovation oder zumindest
ein vermarktungsfähiges Produkt entsteht, werden Ressour­
cen gebunden und Investitionen erforderlich. Nach der Me­
thode „Versuch und Irrtum“ oder rein technikgetrieben darf
ein Unternehmen bei der Umsetzung allerdings nicht vorge­
hen, da die Ressourcen begrenzt und die Risiken bei diesen
beiden Verfahren zu hoch sind.
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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1. Am Anfang stehen die Kundenbedürfnisse
Wenn man im Zusammenhang mit einem Produkt von Kun­
denbedürfnissen spricht, so denkt man meist an Anforderun­
gen, die die physikalische Gestaltung des Produktes betref­
fen. Vernachlässigt wird dabei häufig die Tatsache, dass
Kundenbedürfnisse sich nicht nur auf das Produkt selbst be­
ziehen, sondern auf alle Marketing-Mix-Faktoren – also auf
Produkt, Preis, Distribution einschließlich Service und Kom­
munikation und auch den gesamten Nutzungsprozess ein­
schließen. Ist ein Produkt erst auf dem Markt, sind nachträg­
liche Produktänderungen meist schwierig und teuer. Daher
sollten die kundenorientierten Überlegungen ganz am An­
fang des Produktgestaltungsprozesses stehen.
Kundenbedürfnisse werden häufig mit der Beschreibung von
angebotenen Produkten verwechselt. Fragt man z.B. einen
Kunden nach seinen Anforderungen an einen Farbfernseher,
so bekommt man Antworten wie „70cm-Bildschirmdiagona­
le", „Trinitron-Bildröhre", „HD-TV“ oder „Plasmabildschirm“.
Diese Aussagen sind jedoch keine Kundenbedürfnisse, son­
dern beschreiben bekannte technische Lösungen. Die tat­
sächlichen Bedürfnisse lauten „scharfe Bildwiedergabe",
„Details gut zu erkennen", „großes Bild", „Bildschirm zum an
die Wand hängen“ oder „angenehm für die Augen".
Es ist für neue Ideen zur Gestaltung von Produkten wichtig,
die tatsächlichen Kundenbedürfnisse zu erfassen. Einige Be­
dürfnisse können leichter in Worte gefasst werden als ande­
re, da sie bewusst, bekannt oder selbstverständlich sind.
Solche Bedürfnisse werden daher viel häufiger geäußert als
andere, weniger offensichtliche, aber vielleicht genauso
wichtige Bedürfnisse. Folgende Einteilung hat sich in der
Praxis bewährt:
•
Basisbedürfnisse sind Bedürfnisse, von denen ein Kun­
de als selbstverständlich voraussetzt, dass ein Produkt
sie befriedigt. Von einem Taschenrechner wird erwar­
tet, dass er die Grundrechenarten beherrscht und feh­
lerfrei rechnet, von einem Fernsehgerät, dass es die
Programme der Sender in Bild und Ton wiedergibt. Von
einer Fluggesellschaft wird die Erfüllung des Basisbe­
dürfnisses eines schnellen Transports von Punkt A
nach Punkt B erwartet.
•
Beschreibbare Bedürfnisse sind Bedürfnisse, die ein­
fach formuliert werden können. Sie werden von zumin­
dest einem bekannten oder bereits beschriebenen An­
gebot erfüllt und die Erfüllbarkeit ist leicht vorstellbar.
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Ein Kunde wünscht sich, dass ein Computer-Monitor
nicht flimmert und hat meist bereits nicht flimmernde
Monitore gesehen. Beschreibbare Bedürfnisse gibt es
natürlich auch im Bereich der Dienstleistungsprodukte.
•
Unbewusste Bedürfnisse überraschen einen Kunden
angenehm, wenn sie von einem Anbieter erfüllt wer­
den. Sie werden von bekannten Angeboten normaler­
weise nicht erfüllt oder nicht kommuniziert, sie sind in
vielen Fällen schwierig zu beschreiben oder werden
nicht erwähnt, weil sie die Kaufentscheidung nicht si­
gnifikant beeinflussen. Beispiele hierfür sind Compu­
ter-Nutzer, die froh wären, wenn sich ihre Software au­
tomatisch updaten oder konfigurieren würde.
Im Laufe der Zeit verändern Bedürfnisse ihren Status. Wenn
am Markt angebotenen Lösungen unbewusste Bedürfnisse
erfüllen, werden diese Bedürfnisse nach einiger Zeit von ei­
ner immer größeren Zahl von Kunden konkret geäußert und
gehören dann in die Gruppe der beschreibbaren Bedürfnisse.
Erfüllen nahezu alle Lösungen ein bestimmtes Bedürfnis, so
gehört dieses Bedürfnis zur Gruppe der Basisbedürfnisse.
Das Bedürfnis nach Farbe und eine flache Bauweise sind für
Fernsehgeräte heute bereits Basisbedürfnisse. Die Miniaturi­
sierung von Mobiltelefonen und Digitalkameras belegen die
Veränderung der Bedürfnisse mit der technologischen Ent­
wicklung und Verbreitung. In der Praxis ist es wichtig, alle
Arten von Bedürfnissen zu erfassen, denn:
•
Ein Produkt kann am Markt nicht erfolgreich sein,
wenn es die Basisbedürfnisse nicht erfüllt.
•
Die Erfüllung der beschreibbaren Bedürfnisse sichert
meist die Wettbewerbsfähigkeit.
•
Erst die Erfüllung unbewusster Bedürfnisse bietet
Chancen, sich positiv vom Wettbewerb abzuheben.
2. Quantifizierung des Produktnutzens
Die Analyse des Produktnutzens ist in Verbindung mit der
Produktgestaltung ein wichtiges Marketinginstrument. Der
Nutzen ist die Messlatte, an der ein Kunde misst, ob ein Pro­
dukt aus seiner Sicht billig oder teuer ist. Ist der Preis höher
als der Nutzen, wird das Produkt als teuer eingestuft – und
möglicherweise nicht gekauft! Der Kundennutzen eines Pro­
duktes oder einer Dienstleistung ist kein absoluter Wert. Je
nach Zielgruppe kann der Nutzen für das gleiche Angebot
unterschiedlich hoch sein. Der Nutzen setzt sich aus rationa­
len und emotionalen Faktoren zusammen.
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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Die rationalen Aspekte des Kundennutzens ergeben sich
durch quantitativ errechenbare Effekte, z.B. die Einsparung
von Energie, die schnellere Erledigung von Aufgaben, gerin­
geres Verbrauchsmaterial, effizientere Erledigung von Ar­
beitsschritten. Bei einer Maschine kann der erzielbare Nut­
zen im Vergleich zu der bisherigen Lösung und auch im Ver­
gleich zu anderen Maschinen relativ genau ermittelt werden.
Neben dem rationalen Nutzen beeinflussen gerade bei priva­
ten Konsumenten, aber auch bei manchen geschäftlichen
Nutzern emotionale Aspekte die Kaufentscheidung. Hierzu
zählt das Image eines Produktes oder einer Marke, die Freu­
de an der Anwendung, die Anerkennung durch Dritte. Diese
Aspekte lassen sich im Vergleich zu den rationalen Aspekten
viel schwerer quantifizieren. Das Automobil ist ein gutes Bei­
spiel hierfür. Sicherheit, Ladekapazität, Beschleunigung, Ver­
brauch, Versicherungsklasse, Wiederverkaufswert, Flexibili­
tät etc. sind rationale Aspekte. Sportlichkeit, Höchstge­
schwindigkeit, Aussehen, Farbe, Marke etc. sind emotionale
Faktoren. Unter rein rationalen Aspekten betrachtet würden
manche Dienstwagenflotten von Unternehmen vermutlich
anders bestückt sein, als sie es tatsächlich sind.
3. Bildung von Zielgruppen erleichtert die Planung
Zur Analyse von Kundenbedürfnissen und Produktnutzen
braucht man in vielen Fällen eine Zielgruppen-Segmentie­
rung und eine Zielgruppenanalyse, nur im Großkunden- und
Projektgeschäft ist es meist notwendig, sich mit den indivi­
duellen Kunden zu beschäftigen. Jeder Kunde versucht, das­
jenige Produkt zu finden, das seine individuellen Bedürfnisse
in seiner momentanen Situation am besten befriedigt oder
zu befriedigen scheint. Für den Anbieter erleichtert es die
Vermarktung, wenn Kunden zu Zielgruppen zusammen ge­
fasst betrachtet werden können.
3.1 Anforderungen an eine Segmentierung
Nicht alle potenziellen Kunden des im Vorfeld identifizierten
„relevanten Marktes" sind gleich attraktiv für ein Unterneh­
men, bestimmte Kundengruppen werden sich eher zum Kauf
entscheiden, weil sie über ein höheres Einkommen verfügen
oder für ein defektes Produkt Ersatz benötigen; andere Kun­
dengruppen sind attraktiv, weil sie ein Produkt mehrfach
brauchen oder immer wieder nachfragen. Gleiches gilt auch
umgekehrt, ein bestimmtes Produkt kann nicht alle potenzi­
ellen Kunden des relevanten Marktes begeistern, weil sie
das Design nicht mögen, ein entsprechendes Bedürfnis
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schon auf andere Art befriedigt haben oder das Produkt gar
nicht kennen. Aus beiden Perspektiven ist es sinnvoll, den
„Gesamtmarkt" aller potenziellen Käufer in kleinere Einhei­
ten oder Teilmengen zu zerlegen, in so genannte Zielgrup­
pen-Segmente. Eine praxisgerechte Zerlegung genügt den
folgenden Ansprüchen:
●
Es besteht eine möglichst hohe Ähnlichkeit der Kunden
innerhalb der Segmente.
●
Es bestehen möglichst große Unterschiede zwischen
den Kunden unterschiedlicher Segmente.
●
Die Daten zur Beschreibung eines Segmentes (z.B. Ab­
satzpotential, Nettoeinkommen, Alter) sind einfach zu
ermitteln oder aus anderen Informationen ableitbar.
●
Die ausgewählten Segmente lassen sich für Vertrieb
und Kommunikation im Markt auffinden und gezielt
adressieren.
●
Die Gesamtzahl der Segmente bleibt überschaubar.
Die Größen, nach denen eine Segmentierung durchgeführt
wird, also die Segmentierungskriterien, entscheiden ganz
wesentlich, wie brauchbar die gefundenen Segmente in der
Praxis sind. Bei der Auswahl der geeigneten Kriterien ist
auch der Aufwand bei der Informationsbeschaffung und Ana­
lyse zu berücksichtigen. Im Sinne einer laufenden Optimie­
rung sind in regelmäßigen Abständen die Annahmen und
Analysen zu überprüfen. Eine „lebende“ Zielgruppen-Seg­
mentierung hilft, Änderungen frühzeitig zu erkennen und
das eigene Angebot an diese anzupassen.
3.2 Demographische Segmentierungskriterien
Besonders wichtige Segmentierungskriterien sind häufig de­
mographische Merkmale wie z.B. Geschlecht/Alter, Familien­
stand, Einkommen, Grundbesitz, Ausbildung, Wohnort oder
Nationalität; dies gilt insbesondere dann, wenn sie mit be­
stimmten Kundenbedürfnissen verbunden sind, der Art der
Informationsbeschaffung oder dem Kaufentscheidungspro­
zess. Familien mit kleinen Kindern haben ein besonderes In­
teresse an Autos, die eine große Ladefläche oder einen
großen Kofferraum haben und sind dementsprechend eine
der Hauptzielgruppen für Kombis. Hersteller von Limonaden
sind davon überzeugt, dass jüngere Menschen einen süße­
ren Geschmack bevorzugen und verwenden daher das Alter
als ein wesentliches Segmentierungskriterium für besonders
süße Getränke. In beiden Beispielen sind die demographi­
schen Merkmale besonders eng an die Vorlieben oder Be­
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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dürfnisse von Kunden gekoppelt; in solchen Fällen sollten
diese Merkmale als das Haupt-Segmentierungskriterium ver­
wendet werden.
Demographische Merkmale haben den großen Vorteil, dass
die notwendigen Daten leicht zu erhalten sind, und sich die
Kunden in diesen Segmenten leicht finden lassen; darüber
hinaus lassen sich Größe und Potenzial einzelner Segmente
leicht abschätzen. Zusätzlich kann man mit Hilfe von demo­
graphischen Kriterien Zukunftschancen recht gut identifizie­
ren: z.B. wird in den nächsten 30 Jahren das am schnellsten
wachsende Alterssegment die Gruppe der über 55jährigen
sein, dem ein Wachstum von mehr als 50% bis zum Jahr
2020 vorausgesagt wird. Die höhere Lebenserwartung der
Menschen bei gleichzeitig hoher Vitalität macht dieses Seg­
ment in Zukunft für viele Branchen besonders attraktiv.
Bei gewerblichen Kunden sind typische „demographische“
Merkmale Umsatz, Branche, Mitarbeiterzahl oder Anzahl der
Betriebsstätten. Auch hier lassen sich enge Kopplungen zwi­
schen Kaufverhalten und demographischen Daten finden:
Große Unternehmen mit hohem Umsatz werden im Gegen­
satz zu kleinere Unternehmen durch Key-Account-Manager
betreut und zeigen durch zentrale Einkaufsabteilungen ein
anderes Kaufverhalten.
3.3 Einstellungen als Segmentierungskriterium
Einstellungen sind dann als Segmentierungskriterien geeig­
net, wenn sich das Angebot an Privatkunden richtet. Einstel­
lungen können sich auf soziale Themen (Religion, Umwelt­
schutz, Politik, Drogen) beziehen oder auf persönliche The­
men (Familie, Freunde, Gesundheit, Einkaufen, Job). Auch
bezüglich spezifischer Produkteigenschaften lassen sich
Gruppen unterscheiden, z.B. beim Thema Qualität: Die Kon­
sumentenhaltung „Beste Produktqualität ist zwar teurer,
macht sich aber langfristig bezahlt" trennt qualitätsbewusste
Kunden deutlich von solchen mit der Einstellung „Je preis­
günstiger, desto besser". Umweltbewusste Kunden werden
beim Waschmittelkauf auf das „weißeste Weiß" und „die
strahlendsten Farben" zugunsten eines umweltfreundlichen
Waschmittels verzichten.
Einstellungen geben wertvolle Anregungen zur Differenzie­
rung des Produktangebotes. Dies zeigt die erfolgreiche Diffe­
renzierung der „TransFair“-Produkte, z.B. Kaffee bestimmter
Erzeuger, die ihr Produkt dadurch zu einem deutlich höheren
Preis anbieten können als andere Marken. Die Tatsache,
dass Verbraucher bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen,
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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zeigt, dass durchaus Möglichkeiten zur Differenzierung in ei­
nem sonst nur über den Preis definierten Markt bestehen.
Zwar handelt es sich hierbei meist um Nischenmärkte, aber
diese können gerade für mittelständische Unternehmen in­
teressant sein. Die großen Massenvermarkter werden diese
Segmente kaum selber besetzen können.
3.4 Preissensibilität als Kriterium
Kunden, die das beste verfügbare Produkt erwerben wollen
und dafür entsprechend mehr zu zahlen bereit sind, können
ein eigenes Segment bilden. Entsprechendes gilt für mittlere
und untere Preissegmente. Bei der Verwendung dieses Seg­
mentierungskriteriums sollte geprüft werden, ob die sich er­
gebenden Segmente durch andere Kriterien so genau be­
schrieben werden können, dass die Zielgruppenvertreter für
den Vertrieb auffindbar und ansprechbar sind.
3.5 Individuelle Vorlieben als Segmentierungskriterium
Ein weiteres Kriterium ist die Bevorzugung bestimmter Pro­
dukteigenschaften oder bestimmter Nutzenaspekte. Ältere
Menschen, die keine schweren Lasten tragen können, wer­
den ein hochergiebiges Waschmittelkonzentrat in einer klei­
neren Menge bevorzugen. Für sie ist das Gewicht des
Waschmittels das bestimmende Kriterium für die Auswahl;
alle anderen Produkteigenschaften wie Waschkraft, Preis,
Umweltverträglichkeit oder Duft treten dagegen in den Hin­
tergrund.
Entsprechende Beispiele lassen sich auch bei gewerblichen
Kunden finden. Speditionen, die Porzellan, Kristallglas oder
andere zerbrechliche und teure Güter transportieren, müs­
sen besonders auf eine geeignete Verpackung achten und
sind bereit, mehr für geeignetes Verpackungsmaterial aus­
zugeben, um Beschädigungen beim Transport zu vermeiden.
Andere Speditionen, die weniger empfindliche Güter trans­
portieren, werden versuchen, die Kosten für Verpackung und
Material zu minimieren und bei der Auswahl deutlich preis­
sensibler sein.
Auch im Lebensmittelmarkt spielen Vorlieben eine wichtige
Rolle. So kann der Erfolg italienischer Kaffee-Produkte pri­
mär auf spezielle Vorlieben der Verbraucher zurückgeführt
werden. Entsprechende Produkte können daher teurer ver­
marktet werden als vergleichbare Produkte. Im Handelsbe­
reich ist das Unternehmen „Manufactum“ ein Beispiel für
den Erfolg eines nach spezifischen Vorlieben ausgerichteten
Produktangebotes. Das Unternehmen setzt auf den nostalgi­
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schen Wunsch nach hochwertigen Produkten aus der „guten
alten Zeit“ bzw. nach Produkten, die nach traditionellen Ver­
fahren produziert wurden. Die angebotenen Produkte sind
oft erheblich teurer sind als vergleichbare „moderne“ Pro­
dukte. Andere Beispiele finden sich im Versandhandel in den
Lifestyle-Bereichen.
Die Automobilindustrie gestaltet neue Produkte nach den
Vorlieben der Zielgruppe. Welche andere Motivation als Vor­
lieben gäbe es z.B. für den steigenden Absatz von Gelände­
wagen in Deutschland? Da das Straßennetz gut ausgebaut,
das Fahren auf Waldwegen untersagt ist und nur die wenigs­
ten Käufer von Geländewagen eine eigene Jagd haben, kann
nur die Vorliebe für den entsprechenden Wagentyp Kauf­
grund sein. Vorlieben sind im Vergleich zu den anderen Seg­
mentierungskriterien anfällig für schnelle Änderungen. Als
Anbieter von entsprechenden Produkten ist es daher un­
ablässig, den Verbraucher sehr gut zu kennen und laufend
Trends beobachten, die auf eine Änderung der Vorlieben hin­
deuten.
3.6 Kaufentscheidungsprozess als Segmentierungsmerkmal
Man fasst für dieses Segmentierungsvorgehen alle Kunden
in einem Segment zusammen, die ein ähnliches Verhalten
bei der Kaufentscheidung besitzen. Dabei wird sowohl der
Prozess der Entscheidungsfindung berücksichtigt als auch
der Kaufprozess. Ein Hersteller von Laptops und PCs muss
seine Verkaufsorganisation anders gestalten, je nachdem ob
über die Anschaffung eines neuen Rechners von einem pro­
fessionellen Einkäufer eines Unternehmens eigenständig
entschieden wird, für den rationale Argumente (z.B. Kosten
je Kopie, Ausfallzeiten, Folgekosten, Kompatibilitäten etc.)
im Vordergrund stehen, oder ob Sekretariat, Einkauf, Ge­
schäftsführung, Servicepartner und Händler mit in den Ent­
scheidungsprozess involviert sind. Wieder anders wird der
Verkaufsprozess aussehen, wenn die potenziellen Käufer Ge­
werbetreibende und Selbständige sind oder wenn es sich um
Privatanwender handelt.
Beim Verkaufsprozess gilt es jeweils nicht nur den Einkäufer
zu beobachten, sondern auch diejenigen, die eine Kaufent­
scheidung beeinflussen. Dies können Fachabteilungen sein,
die eine Freigabe vor dem Kauf erteilen. Es können aber
auch Freunde und Kollegen sein, die eine Empfehlung aus­
sprechen. Bei dem eigentlichen Kaufprozess ist zu unter­
scheiden zwischen formalen Ausschreibungen, Angebotsver­
gleichen und Spontankäufen.
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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3.7 Das Nutzungsverhalten als Merkmal
Die unterschiedliche Nutzung des betrachteten Produktes ist
ein möglicher Indikator für unterschiedliche Kundenbedürf­
nisse und daher ein Kriterium zur Segmentierung. Vielnut­
zer, die in ihrer täglichen Arbeit auf ein bestimmtes Produkt
angewiesen sind, kaufen das Produkt besonders häufig oder
erwarten verglichen typischen Gelegenheitsnutzern zusätzli­
che Eigenschaften (z.B. besonders gute Serviceleistungen,
Zubehörangebote und Produkte mit höherer Zuverlässigkeit,
Lebensdauer und Nachkaufmöglichkeit).
Wenn man das Nutzungsverhalten als Haupt-Segmentie­
rungskriterium heranzieht, kann man mit vier unterschiedli­
chen Segmenten arbeiten, die zusätzlich durch Einstellungen
und Vorlieben hinsichtlich des Produktes genauer beschrie­
ben werden können. Der größte deutsche Mobilfunk-ServiceProvider debitel beispielsweise hat auf Basis einer solchen
Segmentierung neue, erfolgreiche Tarife gestaltet, die dem
Verhalten der Kunden in der Nutzung entgegen kommen und
jeweils passende Vorteile bieten.
3.8 Lebens- oder Unternehmenssituation als Merkmal
Auch nach bestimmten Situationen kann segmentiert wer­
den. Dieses Segmentierungskriterium wird weniger häufig
verwendet, kann aber sehr effektiv sein. Man muss hierfür
Situationen erkennen, in denen die Wahrscheinlichkeit hoch
ist, dass das betrachtete Produkt oder die Dienstleistung be­
nötigt wird. So sind z.B. Studienabgänger, die nach dem Be­
rufseinstieg überdurchschnittlich gut verdienen, eine ausge­
zeichnete Zielgruppe für Vermittler privater Krankenversi­
cherungen. Ein äußerst erfolgreiches VersicherungsmaklerUnternehmen hat sich beispielsweise zu Beginn ausschließ­
lich auf junge Ärzte spezialisiert und ihnen kurz vor der Ap­
probation gezielte Unterstützung bei der Bewerbung ange­
boten, aber auch speziell auf sie zugeschnittene Versiche­
rungsleistungen.
Es gibt überregional organisierte Schlüsseldienste, die sich
auf Notfälle wie das Öffnen einer zugefallenen Haustür kon­
zentrieren. Sie nutzen geschickt die Notsituation der poten­
ziellen Kunden und werben mit auffälligen Anzeigen in Bran­
chen-Verzeichnissen. Als Ausgleich für ihre hohe Verfügbar­
keit auch an Wochenenden oder Feiertagen stellen sie Stun­
densätze in Rechnung, die über den üblichen Preisen liegen.
Unternehmen als Kunden können je nach der Entwicklungs­
phase des Unternehmens (Gründung, Wachstum, Reife, Sa­
nierung, Restrukturierung) unterschiedliche Anforderungen
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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stellen. Maschinenbau-Unternehmen mussten sich schon
frühzeitig darauf einstellen, dass ihre Kunden keine Liquidi­
tät zum Kauf der Anlagen hatten. Erst Finanzierungs- und
Betreibermodelle, bei denen der Lieferant seine Erlöse aus
den Umsätzen seines Kunden deckt, haben das Geschäft
wieder belebt.
In der Frühphase eines Unternehmens werden Lösungen
„aus einer Hand“ mit einer Bündelung der benötigten Pro­
dukte größere Chancen haben als Einzelangebote. Als Liefe­
rant kann man daher gezwungen sein, selber ergänzende
Produkte hinzu zukaufen, um ein Gesamtangebot zu realisie­
ren. Unternehmen in Wachstumsphasen kann Outsourcing
anstatt eines Kaufs angeboten werden. Junge Unternehmen
haben typischerweise einen hohen Liquiditätsbedarf, so dass
entsprechende Angebote umsatzproportionalen Kosten an­
stelle einmaliger Investitionen gute Erfolgschancen haben.
Werden diese Angebote mit der Möglichkeit einer späteren
Umwandlung in einen Kauf gekoppelt, kann man den zukünf­
tigen Bedarf eines Unternehmens in der Reifephase vorweg
abschöpfen. Die Beispiele belegen, wie wichtig die Zielgrup­
pensegmentierung für die Produktgestaltung zur Vermark­
tung eines Produktes ist.
3.9 Wettbewerbsprodukte als Segmentierungskriterium
Segmente können anhand von Wettbewerbsprodukten cha­
rakterisiert werden. Dies funktioniert, wenn eine geschlosse­
ne Gruppe von Produkten existiert, die nur untereinander im
Wettbewerb stehen, und damit einen „Teilmarkt", ein UnterSegment, bildet. Durch Analyse dieses Segments, des Nut­
zens und der Kunden kann man versuchen, Ansatzpunkte für
eine bessere Vermarktung zu finden.
Z.B. entsprechen einige Zahnpasten in ihrer Konsistenz einer
Creme, andere kommen in Form eines Gels auf den Markt.
Einige sind preisgünstig, andere wiederum werden mit ei­
nem hohen Gesundheitswert beworben und entsprechend
teuer verkauft. Wenn Kunden Gel-Zahnpasta bevorzugen,
werden sie lieber die Gel-Zahnpasta eines anderen Herstel­
lers kaufen als zu einer Creme-Zahnpasta ihrer gewohnten
Marke wechseln. In diesem Fall kann man Gel-Zahnpasta
und Creme-Zahnpasta als voneinander unabhängige MarktSegmente betrachten.
Bei Geschäftskunden kann Büromaterial als ein Segment be­
trachtet werden, das nach den entsprechenden Wettbe­
werbsangeboten segmentiert wird. Der Grundnutzen ist für
diese Produktgruppe analog zum Zahnpasta-Beispiel weitge­
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hend identisch, so dass sich aus den bestehenden Angebo­
ten Rückschlüsse zur Segmentierung ableiten lassen.
4. Beschaffung von Zielgruppen-Informationen
Kundenbedürfnisse lassen sich können nicht nur durch die
Auswertung von Sekundärmaterial (Studien, Veröffentlichun­
gen, Berichte von Verbänden), sondern auch durch Kunden­
befragungen, Focus-Gruppen oder Face-to-Face-Interviews
gewinnen. Im Rahmen der Kundenanalyse werden u.a. Be­
dürfnisse und Nutzen möglichst genau ermittelt. Die Ergeb­
nisse gehen dann in die Spezifikation für die Entwicklung
neuer Produkte und – vor der Markteinführung – in die Preis­
gestaltung ein.
Kundenbefragungen sind ein geeignetes Instrument, Infor­
mationen im Rahmen der Zielgruppenanalyse zu beschaffen,
wenn es eine größere Anzahl von Zielgruppenvertreter gibt.
Grundsätzlich lassen sich alle Marketing-Mix-Faktoren über
Befragungen ermitteln. Dies beginnt beim Faktor Kundenbe­
dürfnis und Produktgestaltung, gilt aber auch für die Fakto­
ren Markenbekanntheit, Produktimage, und USP's (Unique
Selling Proposition oder Alleinstellungsmerkmale) bis hin zu
den Faktoren Preisgestaltung und Kundenzufriedenheit. Zur
Preisgestaltung eignet sich besonders die Conjoint-Anaylse.
Bei der Verwendung von Ergebnissen ist zu beachten, dass
viele Werte einer dynamischen Entwicklung über die Zeit un­
terliegen. Auch über den Produktlebenszyklus können sich
die Ergebnisse deutlich ändern, je nachdem, wie neuartig
ein Produkt empfunden wird, wie intensiv der Wettbewerb
stattfindet oder wie schnell sich die Technologie weiterent­
wickelt.
Um Informationen von Kunden auf dem direkten Weg der
Kundenbefragungen zu erhalten, sind die konkreten Zielset­
zungen der Befragung, der Zeitpunkt und die Personen zu
bestimmen, die den Kunden ansprechen. Eine Methode ist
die direkte Befragung der Kunden in einem zeitlich und in­
haltlich definierten Projekt und anhand eines Fragebogens.
Hierbei ist die offene Befragung mit Nennung des auftragge­
benden Unternehmens und die verdeckte Befragung ohne
Nennung des Unternehmens zu unterscheiden. Eine offene
Befragung hat im Hinblick auf die Bindung von Kunden oft
die stärkere Wirkung und die Bereitschaft zur Antwort zur
Teilnahme ist generell höher. Die verdeckte Befragung wird
z.B. dann eingesetzt, wenn die Akzeptanz neuer Angebote
erst noch geprüft werden soll, es aber noch keine definitive
Entscheidung über die Einführung gibt oder dies nicht zu
früh bekannt werden soll. Neben den Ergebnissen, um die es
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in erster Linie geht, gibt es noch einen Kundenbindungsnut­
zen der Befragung: Oft ist der Kunde dankbar, dass das Un­
ternehmen, dessen Produkte oder Leistungen er gekauft hat,
Interesse an ihm und seiner Meinung zeigt. Beide Effekte –
Umfrage und Kundenbindung können sich so gegenseitig
stützen.
Focus-Gruppen werden neben Face-to-Face-Interviews häu­
fig für Kundenbefragungen eingesetzt, um Kundenbedürfnis­
se zu ermitteln, z.B. im Rahmen der Produktgestaltung, aber
auch zur Festlegung von Marketingmaßnahmen. Unter dem
Begriff Focus-Gruppe versteht man Gruppen von sechs bis
acht Kunden, die von einem Interviewer nach ihren Bedürf­
nissen befragt werden. Focus-Gruppen haben den Vorteil,
dass Aussagen eines der Teilnehmer von den anderen auf­
gegriffen, von mehreren Seiten beleuchtet, kommentiert, er­
gänzt oder in Frage gestellt werden; sie eignen sich daher
besonders für komplexere Produkte. Ein Nachteil ist die ge­
ringere verfügbare Redezeit für jeden Teilnehmer: bei einer
typischen 2-stündigen Focus-Gruppen-Sitzung entfallen auf
jeden Kunden nur etwa 15 bis 20 Minuten Redezeit im Ver­
gleich zu einer Stunde bei einem Face-to-Face-Interview.
Dennoch haben sich Focus-Gruppen bei komplexen Produk­
ten als effizienter erwiesen. Es ist üblich, dass Focus-Grup­
pen durch „stille Beobachter" beobachtet werden.
5. Geschäftsmodelle und Wertschöpfung
Geschäftsmodelle sind eine Möglichkeit, die Form der Um­
setzung einer Geschäftsidee zu beschreiben. Dabei kann es
sich sowohl um eine Geschäftsidee im Rahmen einer Unter­
nehmensgründung handeln als auch um eine bei einem be­
stehenden Unternehmens entstandene. Es ist ferner uner­
heblich, ob es sich um die Idee für ein neuartiges Produkt
oder eine Dienstleistung handelt, ob das Produkt selber eine
Innovation darstellt oder ein bestehendes Angebot weiter
entwickelt bzw. verändert werden soll.
Bei dem Konzept für ein innovatives Produkt kann das Ge­
schäftsmodell in dem Verkauf der Konstruktion bestehen,
der Abgabe der Idee gegen eine Lizenz, aber auch der Eigen­
entwicklung und –vermarktung. Die Entwicklung kann wie­
derum mit eigenen Ressourcen erfolgen oder als Auftrags­
entwicklung. Das Gleiche gilt für die Produktion bzw. Leis­
tungserbringung. Auch die Vermarktung kann durch einen
eigenen Vertrieb, durch Vertriebspartner auf der Basis eines
Kooperationsmodells oder durch Abgabe an ein anderes Un­
ternehmen erfolgen.
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Die grundsätzlichen Möglichkeiten sind somit fast immer:
●
Verkauf einer Idee oder eines Konzeptes gegen eine
einmalige Kaufsumme
●
Abschluss von Lizenzvereinbarungen und partizipieren
am Produkterfolg
●
Vereinbarung von Kooperationsverträgen (Partnerma­
nagement)
●
Zusammenarbeit mit Outsourcing-Partnern für Ent­
wicklung, Produktion und Vertrieb
●
Eigenrealisierung
●
Mischmodelle mit teilweise eigener Wertschöpfung
Jede Form der Umsetzung bedeutet für das jeweilige Unter­
nehmen andere Randbedingungen. In der Regel sind die
Höhe der Investitionen und die Wertschöpfungstiefe umge­
kehrt proportional zum möglichen Erlös. Wenn die Mittel für
Vorlaufkosten nicht vorhanden sind oder der Zugang zur
Zielgruppe nicht vorhanden ist, können trotzdem Geschäfts­
modelle mit geringerer Wertschöpfung wirtschaftlich sinnvoll
sein.
Bei den meisten Geschäftsmodellen ist die Zusammenarbeit
mit anderen Unternehmen im Sinne eines Partnermanage­
ments und einer Aufteilung der Aufgaben unumgänglich. Es
gehört daher mit zur Ausgestaltung des Geschäftsmodells
Wertschöpfungsstufen zu identifizieren, für die ein Partner
gebraucht wird, ein Partnermodell mit den Anforderungen an
einen Partner zu erstellen und geeignete Partner zu identifi­
zieren. Ein wirtschaftlich attraktives Geschäftsmodell, das
Partner zur Verwirklichung braucht, die nicht vorhanden sind
oder nicht gefunden werden können, ist sinnlos und nicht
umsetzbar.
Die sorgfältige Ausgestaltung des Geschäftsmodells unter
Beachtung der gesamten Wertschöpfungskette ist somit
eine äußerst wichtige Voraussetzung für den späteren unter­
nehmerischen Erfolg. Wenn das Geschäftsmodell ausgestal­
tet ist, muss ein Business Plan die wirtschaftliche Tragfähig­
keit untermauern. Wenn das Ergebnis im ersten Anlauf nicht
zufriedenstellend ist, müssen die einzelnen Elemente des
Geschäftsmodells so lange variiert werden, bis ein Ergebnis
erreicht wird, das zu hohe Risiken vermeidet und trotzdem
positive Ergebnisse ermöglicht. Je nach Geschäftsmodell
wird auch die Wertschöpfungskette anders aussehen. Mithil­
fe der Wertschöpfungskette können die Kostenbeiträge zur
Leistungserbringung zugeordnet bzw. ein Aufbruch der Kos­
ten ermittelt werden. Wenn Teile der Wertschöpfung von Ko­
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operationspartnern erbracht werden, so sind deren Abgabe­
preise einschließlich des einkalkulierten Gewinns als Kosten
in der Wertschöpfungskette anzusetzen. Wenn man diese
fremdbezogenen Komponenten herausrechnet, lässt sich die
eigene Wertschöpfung und die hieraus erlöste Gewinnmarge
berechnen.
Um ein vollständiges Bild zu erhalten, müssen auch die Vor­
laufkosten für Entwicklung, Produktionsvorbereitung und
Vertriebsmaterialien Einzelstücken zugeschlüsselt werden.
Genauso gehören aber auch nachlaufende Kosten wie Inkas­
so, Reklamationen und Garantieleistungen zu den in der
Wertschöpfungskette zu berücksichtigenden Elementen.
Eine Optimierung der Wertschöpfungskette kann vorgenom­
men werden, indem für die einzelnen Wertschöpfungsstufen
Alternativ-Szenarien analysiert werden. Dies kann die
Fremdvergabe von Teilen der Entwicklung genauso beinhal­
ten, wie eine Produktionsverlagerung oder alternative Ver­
triebsformen. Dabei muss nicht immer das Outsourcing der
beste Weg sein. Es gibt immer wieder Geschäftsmodelle, bei
denen ein Insourcing, also die Rückholung von bislang
fremdvergebenen oder zugekauften Leistungen in das eige­
ne Unternehmen sinnvoller ist.
Die Analyse der Wertschöpfungskette ist somit ein Instru­
ment zur Optimierung eines Geschäftsmodells und liefert
wichtigen Input zur Unternehmensplanung bzw. zur Erstel­
lung eines Business Plans. Nicht nur Neuprodukte können
mithilfe der Wertschöpfungskette analysiert werden, dies ist
auch für bestehende Produkte sinnvoll, z.B. wenn über den
Produktlebenszyklus neue Wettbewerber oder ein veränder­
tes Kaufverhalten (Produktnutzen, Substitution) Druck auf
den erzielbaren Preis ausüben und die Gewinnmargen sin­
ken.
6. Mit Kooperationen Erfolgschancen steigern
Kein Unternehmen kommt in einer arbeitsteiligen Gesell­
schaft ohne Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen bei
der Erstellung von Produkten oder der Erbringung von
Dienstleistungen aus. In den meisten Fällen handelt es sich
um klassische Lieferanten-/Abnehmer-Beziehungen, ohne
eine engere oder längerfristig angelegte Bindung zwischen
den Unternehmen. In der Automobil- und der Elektronikin­
dustrie wurde schon vor längerer Zeit deutlich, dass diese
Art der Zusammenarbeit im Wettbewerb nicht ausreicht. Die
schnelle Reaktion auf Änderungen im Abnehmermarkt, stei­
gende Qualitätsanforderungen und die Vielfalt neuer Produk­
te machte eine engere Zusammenarbeit mit den Lieferanten
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erforderlich. Dies bedingt besondere Sorgfalt im Auswahlund Qualifizierungsprozess und in der Regel auch neue Sys­
teme zur elektronischen Anbindung. Trotzdem schafft dies
noch keine Partnerschaft im eigentlichen Sinne!
Eine Partnerschaft ist auch bei der Vorbereitung, Einführung
und der späteren laufenden Vermarktung neuer Produkte
auf eine längerfristige Zusammenarbeit ausgelegt und setzt
neben der notwendigen wirtschaftlichen und technischen
Geschäftsgrundlage einen offenen Informationsaustausch im
Hinblick auf den Kern der Zusammenarbeit und gegenseiti­
ges Vertrauen voraus. Genau wie bei einer Lieferantenbezie­
hung ist eine Partnerschaft nur sinnvoll und längerfristig sta­
bil, wenn alle betroffenen Partner hieraus einen wirtschaftli­
chen Vorteil ziehen, der in der Regel höher ist als derjenige,
den die Unternehmen ohne die Partnerschaft erzielen könn­
ten. In diesem Sinne können durchaus auch solche Unter­
nehmen Partnerschaften eingehen, die in anderen Bereichen
am Markt als Wettbewerber auftreten. Natürlich zählen ille­
gale Preis- und Wettbewerbsabsprache nicht zu den hier zu
diskutierenden Partnerschaftsinhalten.
Grundsätzlich können Partnerschaften über alle Stufen der
Wertschöpfung hinweg geschlossen werden. Häufig sind
Partnerschaften bei der Entwicklung neuer Produkte vorzu­
finden, wenn durch den engen Austausch der Ergebnisse
und die Aufteilung der Entwicklungsarbeiten die Kosten ge­
senkt oder die Time-to-market Frist verkürzt werden. Gerade
im Entwicklungsbereich kann auf der Basis einer vertrauens­
vollen Partnerschaft schneller ein Ergebnis erreicht werden
als bei einem Zukauf von Entwicklungsdienstleistungen im
Sinne eines Werkvertrages. Die weitergehende Offenheit in
der Zusammenarbeit erlaubt es, frühzeitig Sackgassen und
Optimierungsmöglichkeiten zu erkennen und zu nutzen.
Nach Abschluss der partnerschaftlichen Entwicklung kann
entweder eine gemeinsame Verwertung der Ergebnisse er­
folgen (nach bereits vorher vertraglich festgelegter Auftei­
lung) oder im Wettbewerb zueinander. Andere Bereiche für
Partnerschaften können in der gemeinsamen Beschaffung
von wichtigen Vorprodukten liegen. Die angestrebten Vortei­
le können dabei durchaus in Bereichen liegen, die vorder­
gründig nichts mit Volumenrabatten zu tun haben. Der durch
die Zusammenführung von Bestellvolumina größere Einfluss
auf spezielle Anforderungen (Sonderentwicklungen, Anpas­
sungen, Qualität, Flexibilität, Liefertreue, etc.) kann von ho­
her wirtschaftlicher Bedeutung für die Partner sein.
Die Erschließung neuer Vertriebswege oder regionaler Ab­
satzmärkte kann ein Ansatz für eine Kooperation sein. Dies
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bietet sich natürlich insbesondere bei komplementären Pro­
duktangeboten an, aber auch bei Produkten, die im Wettbe­
werb stehen, können gemeinsame Anstrengungen für eine
neue Vertriebsplattform durchaus sinnvoll sein. Dies wird
dann der Fall sein, wenn sich der Aufbau einer Vertriebsin­
frastruktur für ein Unternehmen allein nicht rentiert oder zu
viele Ressourcen binden würde.
Auch der Aufbau und Betrieb einer gemeinsamen Produkti­
onsstätte kann in einem wettbewerbsintensiven Markt renta­
bler sein als zwei getrennte Produktionsanlagen. Daher sind
Produktionspartnerschaften genauso oft anzutreffen, wie
Partnerschaften im Bereich des Vertriebes oder der Entwick­
lung. Es gibt kaum einen Geschäftsbereich, in dem eine Part­
nerschaft ausgeschlossen ist, bis auf den Bereich der uner­
laubten Absprachen und der Wettbewerbsbeschränkung
bzw. zur Bildung von Monopol-ähnlichen Marktstrukturen.
Die wesentliche Voraussetzung für eine gut funktionierende
Partnerschaft ist der nachhaltige gegenseitige wirtschaftli­
che Vorteil, der aus der engen Zusammenarbeit erwächst.
Ob und in welcher Höhe ein solcher Vorteil zu erzielen ist,
hängt vom jeweiligen Geschäftsmodell und den Marktgege­
benheiten ab und kann daher nicht pauschaliert werden.
Sind die gegenseitigen Vorteile auf ein zeitlich begrenztes
gemeinsames Projekt beschränkt, lohnt sich in aller Regel
der Aufwand zur Etablierung einer Partnerschaft nicht. Bevor
eine Geschäftsbeziehung zu einer Partnerschaft ausgeweitet
wird, sollte ein Kriterienkatalog aufgestellt werden, der
durch den Partner erfüllt werden sollte. Vor der Auswahl des
Partners sollte eine möglichst gründliche Recherche durch­
geführt werden, damit spätere Überraschungen ausbleiben.
Nicht immer ist der nahe liegende Partner auch tatsächliche
der Optimale! Bei der Auswahl ist zu berücksichtigen, dass
das eigene Unternehmen aus der Sicht des potenziellen
Partners ebenfalls eine vorteilhafte Ergänzung darstellen
muss.
Wenn die Auswahl aus der Sicht der potenziellen Partner ge­
troffen wurde, ist zu prüfen, ob neben den objektiven Vortei­
len auch eine vertrauensvolle Atmosphäre zwischen den
handelnden Personen geschaffen werden kann. Im nächsten
Schritt sind gemeinsam die Ziele aus der Zusammenarbeit
zu erarbeiten und schriftlich fest zu legen. Nur wenn es ein­
deutige Zielfestlegungen gibt, kann in der laufenden Zusam­
menarbeit überprüft werden, ob die Ziele tatsächlich er­
reicht werden. In den meisten Fällen sollten die Vereinbarun­
gen in einem offiziellen Vertrag festgehalten werden, der die
Rechte und Pflichten der Partner dokumentiert. Dies wird
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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umso wichtiger, je mehr der eigene Geschäftserfolg von den
rechtzeitigen und richtigen Beiträgen des Partners abhängt.
Sind die Voraussetzungen für die Partnerschaft geschaffen,
sollte sichergestellt werden, dass die offene und vertrauens­
volle Zusammenarbeit im eigenen Unternehmen auch wirk­
lich gelebt wird. Stehen die Partner mit einzelnen Produkten
oder in ausgewählten Märkten im direkten Wettbewerb, so
ist der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit auf
den Inhalt der Partnerschaft zu begrenzen. Dies stellt natür­
lich deutlich höhere Anforderungen an die Organisation und
die Mitarbeiter. Durch eine offene Information und entspre­
chende Trainings im eigenen Unternehmen ist die Umset­
zung abzusichern.
Auch in einer gut funktionierenden Zusammenarbeit ist die
laufende Erfolgskontrolle unerlässlich. Nur so kann die Ein­
haltung der definierten Ziele überprüft oder bei Abweichun­
gen die Einleitung von Gegenmaßnahmen vorgenommen
werden. Die beste Bestätigung für eine funktionierende Ko­
operation ist und bleibt der laufende Nachweis eines quanti­
fizierbaren Effektes! Sollte sich im Laufe der Zeit allerdings
ergeben, dass die ursprünglichen Grundlagen für die Part­
nerschaft nicht erfüllt oder zukünftig nicht mehr gegeben
sind, so ist eine rechtzeitige und konsequente Trennung her­
bei zu führen, bevor einer der Partner möglicherweise einen
Nachteil oder gar Schaden erfährt. Bei einer rechtzeitigen
und geordneten Beendigung einer Partnerschaft spricht
nichts gegen eine weitere Zusammenarbeit, z.B. auf der Ba­
sis einer Lieferanten-/Abnehmer-Beziehung.
In einem dynamischen und offenen Marktumfeld sind Part­
nerschaften auch für den Mittelständler sinnvoll, um die ei­
genen Leistungen schneller, besser und effizienter auf den
Markt zu bringen. Da Partnerschaften nicht nur mehr Trans­
parenz und Informationsaustausch erfordern als Lieferanten­
beziehungen, sollte sorgfältig geprüft und analysiert werden,
in welchen Segmenten Partnerschaften Vorteile bringen und
welche Anforderungen an einen Partner zu stellen sind. Da­
her ist es oft von Vorteil, wenn sich die potenziellen Partner
schon aus anderen gemeinsamen Geschäften kennen und
die Synergien nicht nur theoretisch vorhanden sind. Zwei
Unternehmen mit vergleichbaren Schwächen werden zusam­
men nicht unbedingt stärker. Wenn Stärken und Schwächen
aber komplementär sind, oder besser noch ergänzende Stär­
ken zusammen kommen, dann bestehen gute Chancen auf
eine vorteilhafte und stabile Zusammenarbeit.
In den Partnerbeziehungen hat es sich bewährt, wenn beide
Unternehmen eine ähnliche Unternehmenskultur haben und
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die Unternehmensgröße nicht zu sehr abweicht. Die Zusam­
menarbeit zwischen unterschiedlichen Unternehmen will ge­
lernt und geübt sein, da eine Partnerschaft nur bei gegensei­
tigem Geben und Nehmen funktioniert. Aufgrund der Bedeu­
tung von Partnerschaften für die Weiterentwicklung des Un­
ternehmens kann die Einschaltung eines externen Beraters
oder Coaches hilfreich sein, um eine objektive und neutrale
Bewertung zu ermöglichen. Ein Mediator stellt sicher, dass
die Zusammenarbeit in der operativen Umsetzung funktio­
niert. Eine Partnerschaft kann für die Wettbewerbsfähigkeit
hohe Bedeutung haben, der Aufwand bei der Auswahl und
dem Aufbau der Zusammenarbeit sollte aber auf keinen Fall
unterschätzt werden.
7. Produktplanung auf Basis des Geschäftsmodells
Der eigentliche Produkteinführungsprozess beginnt mit der
Produktplanung, für die die Ergebnisse der übergreifenden
Unternehmensplanung oder einer strategischen MarketingPlanung Vorgaben darstellen. Für die Produktplanung emp­
fiehlt sich eine systematische Vorgehensweise, mit der ge­
prüft wird, ob die Produktidee tragfähig ist, ob es beispiels­
weise Kunden für das geplante Produkt gibt. Verknüpft mit
anderen Informationen über die potenziellen Zielgruppen
lassen sich nachvollziehbare Aussagen zur relevanten Markt­
größe treffen und bei Berücksichtigung der Wettbewerbssi­
tuation auch erste Annahmen zum erreichbaren Absatzpo­
tenzial.
Unrealistische Annahmen zum Markt und damit zu hohe Ab­
satzerwartungen gefährden ein Unternehmen genauso wie
unrealistisch hohe Annahmen zu den am Markt durchsetzba­
ren Preisen. Die für den Planungszeitraum angesetzten Ab­
satzwerte müssen nicht nur im Kunden- und Wettbewerbs­
umfeld realistisch, sondern auch mit den vorhandenen Mit­
teln im Unternehmen erreichbar sein. Gerade dieser Ab­
gleich und die frühzeitige Identifikation von zusätzlich erfor­
derlichen Investitionen oder Personaleinstellungen wird auf
das Planungsergebnis möglicherweise erhebliche Auswirkun­
gen haben. Der Unternehmer schafft sich hierfür entweder
eine eigene Methodik zur Planung und Prüfung des Umset­
zungsprozesses oder er greift auf bewährte Methoden zu­
rück. Unabhängig von der gewählten Methode muss diese
die folgenden relevanten Größen berücksichtigen:
●
Absatzpotenzial nach Zielgruppen
●
Preismodelle für die einzelnen Zielgruppen
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●
Zielableitung für Produkt, Preis, Vertrieb und
Kommunikation
●
Umsatzaufteilung über den Planungszeitraum nach
Vertriebskanälen und Zielgruppen
●
Vertriebskosten nach Vertriebskanälen
●
Notwendige Kosten für Marketing-Maßnahmen
●
Planmäßiger Aufwand für die Zielerreichung
●
Risiken für die Zielerreichung und Aufwand für die
Gegenmaßnahmen
Damit diese Größen auf einer fundierten Basis ermittelt wer­
den können und das Ergebnis auch für die Gesellschafter
und Investoren verifizierbar ist, müssen die erreichbaren In­
formationen systematisch gesammelt und für die weitere
Bearbeitung aufbereitet werden. Dann erfolgt eine detaillier­
te Analyse der Ist-Situation des Unternehmens und seiner
vorhandenen Produkte, damit eine realistische und nachhal­
tig erreichbare Positionierung für das innovative Produkt ab­
geleitet werden kann.
Mit Hilfe der übergeordneten Unternehmensziele und der
identifizierten Positionierung im Marktumfeld werden die
operativen Ziele abgeleitet und auf einzelne operationalisier­
bare Maßnahmen herunter gebrochen, die in ihrem Kostenund Personalaufwand quantifiziert werden. Der Abgleich mit
den vorhandenen Ressourcen zeigt mögliche Unstimmigkei­
ten auf, die vor der Festlegung der Planung auszuräumen
sind. Entweder müssen Maßnahmen – und damit Ziele für
das neue Produkt - zurückgenommen werden, oder es kön­
nen bestehende Ressourcen von den anderen Projekten ab­
gezogen bzw. zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden.
Mit der abgeschlossenen Spezifikation des neuen Produktes
beginnt die eigentliche Planung. In der Folge sind die weite­
ren Voraussetzungen für eine Beauftragung der (internen
oder externen) Entwicklung und eine Entscheidung über die
Zuordnung von Mitteln in Form von Personal und Budget zu
schaffen. Hierzu gehört ein produktspezifischer Business
Plan, für den z.B. die Potenziale und Markteinführungs- und
späteren Vertriebskosten ermittelt werden. Außerdem sind
die Produktionsvorlaufkosten z.B. für neue Werkzeuge und
die zu erwartenden Produktionsstückkosten einschließlich
der Fremd- und Materialkosten zu ermitteln. Der sich erge­
bende Business Plan muss mit allen später betroffenen Be­
reichen abgestimmt und von diesen akzeptiert werden, be­
vor eine Entscheidung über den Einsatz der notwendigen
Ressourcen erfolgt.
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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Die Erstellung des Business Plans ist eine komplexe Aufga­
be, da oft keine Erfahrungswerte für innovative Produkte
vorliegen. Daher hilft nur ein systematisches Vorgehen. Da­
bei ist sicherzustellen, dass die folgenden Anforderungen er­
füllt werden:
●
Alle vorhandenen und relevanten Informationen
werden berücksichtigt
●
Informationslücken werden durch Plausibilitäts­
annahmen gefüllt
●
Die Positionierung des neuen Produktes erfolgt
analytisch anhand vorhandener Informationen
●
Übergeordnete Ziele des Unternehmens werden
nachvollziehbar in die Produktplanung einbezogen
●
Der Abgleich der Entwicklungsmaßnahmen mit den
vorhandenen Ressourcen stellt sicher, dass die
gesetzten Ziele erreichbar sind
●
Risiken und Unsicherheiten werden deutlich und
können in der Folge weiter beobachtet werden
●
Durch die Einbeziehung der Führungskräfte außerhalb
der Entwicklung ist eine höhere Identifikation mit den
vereinbarten Zielen gegeben
●
Das Ergebnis wird in einzelne Maßnahmen und Aktio­
nen dargestellt, damit eine laufende Überwachung des
Umsetzungs-Fortschrittes möglich ist
●
Die Priorisierung der Maßnahmen erfolgt deduktiv und
im Rahmen des vorhandenen Budgets
●
Bei erkennbaren Abweichungen vom Plan können wäh­
rend der Umsetzung Gegenmaßnahmen getroffen
werden
●
Der Planungsprozess wird in den einzelnen Schritten
dokumentiert und damit auch für Dritte wie z.B.
Banken und Investoren transparent
8. Zielgruppen-Gegencheck für zusätzliche Sicherheit
Bevor größere Investitionen in Entwicklungsleistungen getä­
tigt werden, empfiehlt sich ein Abgleich mit der Praxis. Hier­
bei könnte der Stand der Produktplanungen mit den abseh­
baren Features und den wahrscheinlichen Preisen Vertretern
der Zielgruppe vorgestellt werden. Focus-Gruppen sind hier­
für wiederum eine gängige Methodik. In diesem Fall werden
den Teilnehmern der Focus-Gruppen keine offenen Fragen
gestellt, sondern die fertigen Konzepte präsentiert. Dabei
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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hat es sich bewährt verschiedene Varianten vorzustellen, um
die Vorlieben im direkten Vergleich zu ermitteln.
Natürlich sind auch klassische Marktforschungsmethoden
geeignet, um die Produktspezifikationen zu überprüfen. Al­
lerdings sind die Kosten für Marktforschungs-Projekte in der
Regel recht hoch und nur für sehr aufwändige und riskante
Entwicklungsvorhaben zu rechtfertigen. Die Automobilindus­
trie nutzt sie vor der Auflage von neuen Modellen regelmä­
ßig. Ein anderer Nachteil der Marktforschung ist der Zeitauf­
wand für die Vorbereitung und Durchführung der Studien.
9. Erst planen, dann entwickeln
Der nächste Schritt ist eine detaillierte Entwicklungsplanung,
die den Prozess auf Teilschritte mit Meilensteinen und Zeit­
plan herunter bricht. Dabei ist auch anzugeben, welcher Auf­
wand für welchen Schritt notwendig ist und wie das Ergebnis
des Teilschrittes auszusehen hat. Gerade bei größeren Ent­
wicklungsvorhaben mit einem hohen Ressourcen-Einsatz
sind bei Erreichen eines jeden Meilensteins Soll-/Ist-Verglei­
che durchzuführen. Bei der Beurteilung der Ergebnisse soll­
te auch das Marketing hinzugezogen werden. Gerade für
große Entwicklungsprojekte sollten die Meilensteine zudem
mit „Sollbruchstellen“ versehen werden, damit sich ein Ent­
wicklungsvorhaben nicht verselbständigt und entweder beim
tatsächlichen Aufwand, der benötigten Zeit und/oder den
Entwicklungsergebnissen deutlich von den gesetzten Zielen
abweicht.
10. Entwicklung und laufender Soll-Ist-Vergleich
Nun ist es bei Entwicklungsvorhaben nicht unüblich, dass
sich bei der Umsetzung die Dinge anders entwickeln, als ur­
sprünglich geplant war. Daher ist es sinnvoll, von Anfang an
Toleranzen festzulegen, die bei den Kosten- und Zeitvorga­
ben, aber auch bei den Entwicklungsergebnissen akzeptabel
sind. Wie großzügig solche Grenzen gesetzt werden können,
hängt von den spezifischen Anforderungen und der Risikobe­
reitschaft ab, wichtig ist prinzipiell nur, dass Grenzen defi­
niert werden und ein Überschreiten der Grenzen eine Infor­
mation an die Entscheidungsträger auslöst. Wenn dieser Fall
eintritt, muss der Entwicklungsprozess überarbeitet werden
und es ist eine erneute Entscheidung aller Beteiligten erfor­
derlich, ob die Entwicklung unter den neuen Randbedingun­
gen weiter fortgeführt werden soll. Dabei ist auch kritisch zu
prüfen, ob das zu erwartende spätere Produkt in seinen Spe­
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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zifikationen und dem Preis noch das ursprünglich erwartete
Marktpotenzial trifft.
Es kann vernünftiger sein, ein Entwicklungsvorhaben einzu­
stellen, wenn der spätere Markterfolg aufgrund von Ände­
rungen in den Spezifikationen voraussichtlich nicht wie ge­
plant eintreten wird. Dies gilt auch dann, wenn bereits er­
hebliche Kosten in die Entwicklung geflossen sind und auch
schon ein erhebliches persönliches Commitment bei den be­
teiligten Mitarbeitern abgegeben wurde. Wird die Entwick­
lung trotz einer erkennbaren Gefährdung des Markterfolges
fortgeführt, dann sollte man auch in der Lage sein, die für
die Produktionsvorbereitung und die Markteinführung anfal­
lenden Kosten gegebenenfalls ohne einen späteren Return
zu verkraften. Meist sind die Kosten, die nach Abschluss der
Entwicklung für die Produktionsvorbereitung und die Ver­
marktung anfallen, deutlich höher als die reinen Entwick­
lungskosten. Neben den Kosten sind bei einem Misserfolg
auch mögliche Folgeschäden durch Kundenabwanderung
oder Image-Einbußen zu berücksichtigen.
Die Entscheidung zur Einstellung eines nicht erfolgreichen
Vorhabens kann sich somit als unternehmerisch erfolgreich
herausstellen, auch wenn es intern vermutlich keine leichte
Entscheidung sein dürfte. Da die vorhandenen Ressourcen
immer endlich sind, birgt die vorzeitige Einstellung einer
Entwicklung allerdings die gleichzeitige Chance, ein anderes
Projekt mit höheren Erfolgschancen schneller in Angriff zu
nehmen!
11. Produktionsvorbereitung und Überleitung
Der Prozess der Entwicklung sollte bei einer ordnungsgemä­
ßen Durchführung zum richtigen Zeitpunkt und mit den ge­
planten Eigenschaften abgeschlossen werden können, ohne
dass unerwartete Probleme auftreten. Je nach Produkt endet
die Entwicklung mit einem Musterbau oder Laboraufbau des
neuen Produktes, anhand dessen die späteren Eigenschaften
des neuen Produkts zum ersten Mal getestet werden kön­
nen. Das Ergebnis der Entwicklungsarbeiten ist einer Prü­
fung durch die beteiligten Bereiche zu unterziehen. Der Pro­
dukteinführungsprozess ist damit allerdings noch nicht abge­
schlossen. Genau wie der eigentliche Entwicklungsprozess
ist auch die Produktionsvorbereitung mit Zwischenschritten
und einem Zeitplan vorzubereiten.
Nach dem Abschluss der Produktionsvorbereitung sind Pro­
duktionstests durchzuführen und die Ergebnisse zunächst in­
tern einem Praxistest zu unterziehen. Dabei sollte vorher ein
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Testplan aufgestellt und ein Protokoll-Formular entwickelt
werden, damit die Beurteilung des neuen Produktes nach
vergleichbaren Kriterien stattfindet. Auch dieser Schritt soll­
te einen definierten Zeitplan haben und durch die Auswer­
tung der Beurteilungen abgeschlossen werden. Hierbei kann
ein Ergebnis lauten, dass Nacharbeiten erforderlich sind, die
Qualität verbessert wird o.ä.. Wenn alle internen Bereiche
mit dem Ergebnis zufrieden sind, sollte sich ein externer
Test mit ausgewählten Testkunden anschließen, um für die
anschließende Vermarktungsphase Sicherheit zu gewinnen.
Die Anzahl der Testkunden sollte nicht zu groß gewählt wer­
den, da diese Kunden vermutlich am Anfang mehr Unterstüt­
zung brauchen bzw. mehr Fragen haben, als der spätere
Verbraucher.
12. Erfolgsfaktor Preisgestaltung
Die Preisgestaltung ist in wettbewerbsintensiven Märkten
eine Möglichkeit zur Differenzierung und Schaffung „neuer"
Produkte. Beispiele hierfür sind u.a.:
●
Mobilfunkdienste, die sich nur in Preisen und Marke­
tingstrategie von den Basisprodukten unterscheiden
(z.B. Base)
●
Call-by-Call-Dienste
●
Yello-Strom
●
All-inclusive-Angebote von Hotels
Preisgestaltung ist eine unternehmerische Aufgabe. Dies
kann zur Folge haben, dass gleiche Produkte bei unter­
schiedlichen Unternehmensstrategien erfolgreich mit unter­
schiedlichen Preisen vermarktet werden können (Beispiel:
Designerprodukte). Bei Betrachtung des Preises ist zu be­
rücksichtigen, dass es sich in der Regel nicht nur um einen
einzelnen Preis handelt, sondern um Preisstrukturen und
Konditionsmodelle. Je nach Produkt oder Dienstleistung ge­
hören hierzu:
●
Einmalpreise
●
Installations- und Einrichtungskonditionen
●
Wiederkehrende Preise (Monats-, Quartals-,
Jahreszahlungen)
●
Nutzungsabhängige Komponenten (Event-, Dauer-,
Mengen-, Zeit- und Entfernungsberechnungen)
●
Bündelung von Produkt- und Leistungskomponenten
●
Wartungs- und Servicepauschalen
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●
Vertriebsprovisionen
●
Rabattstrukturen
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Dienstleistungen werden grundsätzlich nach den gleichen
Regeln berechnet wie Produkte. Gerade im Dienstleistungs­
bereich können diese Strukturen aber recht kompliziert sein.
Flatrates erfreuen sich in vielen Märkten wie z.B. in der Tele­
kommunikation für das Surfen im Internet, für die Telefonie,
aber auch in der Versicherungsbranche und im Touristikbe­
reich zunehmender Beliebtheit. Sowohl für Anbieter wie für
den Nutzer haben Paketpreise einige offensichtliche Vorteile.
Sie sind übersichtlich, geben Sicherheit und Planbarkeit bei
den Kosten, sind in der Werbung leicht zu kommunizieren
und unkompliziert in der Abrechnung. Eintrittsbarrieren kön­
ne so abgebaut werden.
Die Gestaltung und Festlegung der Paketpreise setzt für
Dienstleistungen grundsätzlich eine genaue Kenntnis der
Zielgruppe voraus. Bei volumenabhängigen Dienstleistun­
gen, die variable Kosten beim Anbieter zur Folge haben,
birgt eine Fehleinschätzung in der Nutzung das Risiko von
Verlusten des Anbieters. Je weiter die Preisgestaltung sich
von der reinen Kostenstruktur entfernt, desto sorgfältiger
muss die Planung erfolgen. Ein anderes Risiko – und gleich­
zeitig ein Vorteil der Paketpreise – liegt in der leichten Ver­
gleichbarkeit mit Wettbewerbsangeboten. Insbesondere bei
Flatrates besteht die Gefahr eines ruinösen Wettbewerbs mit
gegenseitigem Unterbieten. Eine Differenzierung mit ande­
ren Leistungen und anderen Paketinhalten kann hier hilf­
reich sein, funktioniert aber nur, wenn die Zielgruppe die an­
dere Gestaltung als USP wahrnimmt.
Die „moderne“ Form der Preisfindung ist ein Marktorientier­
tes „Zielgruppen-Pricing“, bei dem Markt, Kaufverhalten, Be­
darfsentwicklung, Nutzung, Wettbewerb genauso berück­
sichtigt werden, wie die Strategie und die finanzielle Situati­
on des Unternehmens. Um zu einer systematischen Preisge­
staltung zu kommen, führt der Weg von der Unternehmens­
strategie über die Marketingstrategie bis zum operativen Pri­
cing. Aus der grundlegenden Preisstrategie werden Leitlinien
für die Preisgestaltung abgeleitet und festgeschrieben, die
bei der Umsetzung im Pricing-Prozess beachtet werden müs­
sen. Je nach Heterogenität des Leistungsangebotes sollten
darüber hinaus produktspezifische Leitlinien aufgestellt wer­
den. Bei einer Änderung der Unternehmens- oder Preisstra­
tegie müssen auch die Leitlinien für die Preisgestaltung
überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Beim ope­
rativen Pricing werden die Preisstruktur festgelegt, die kon­
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krete Preishöhe für ein Produkt ermittelt und auch das Kon­
ditionsmodell aufgestellt. Die Preissetzung wird nach den je­
weiligen Erfordernissen des Geschäftes regelmäßig über­
prüft oder neu durchgeführt.
Da der Prozess der Preisfindung und die Anzahl der einwir­
kenden Faktoren recht umfangreich ist, hilft eine Systemati­
sierung bei der Durchführung der operativen Preisgestal­
tung. Zunächst besteht die erste Aufgabe in der Beschaffung
und Aufbereitung aller relevanten Informationen über inter­
ne und externe Einflussgrößen. Die einzelnen Daten sind in
Gruppen zu strukturieren, hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit
zu beurteilen und schließlich entsprechend ihrer Bedeutung
für die Preissetzung zu gewichten.
Der gesamte Prozess der Preisgestaltung lässt sich in vier
Hauptschritte unterteilen, deren Ergebnisse sich aus mehre­
ren Teilschritten ergeben. Der vorgestellte Pricing-Prozess
bietet den Vorteil, dass alle relevanten Stellgrößen und Ein­
flussparameter bewusst berücksichtigt werden. Die Bewer­
tung der einzelnen Parameter und die Schlussfolgerungen
hieraus kann der Prozess natürlich nicht liefern. Dies obliegt
weiterhin dem zuständigen Marketing-Manager oder dem
Geschäftsführer.
1. Schritt: Analyse des Zielgruppenverhaltens
Bevor das eigentliche Pricing beginnt, sind alle erforder­
lichen Informationen über die Zielgruppe und den typi­
schen Zielgruppenvertreter zu beschaffen oder abzu­
schätzen. Wichtig ist dabei insbesondere die Art der
Nutzung des angebotenen Produktes oder der Dienst­
leistung nach Häufigkeit, Dauer, verknüpften Handlun­
gen, Abhängigkeiten und der Wichtigkeit der Nutzung.
2. Schritt: Ermittlung der marktseitigen
Anforderungen
Die Elemente, die zur Leistungserbringung bzw. zur Pro­
duktion und Bereitstellung des Produktes beim Anbieter
benötigt werden, sind vollständig zu erfassen und zu
beschreiben. Alle Kosten der Leistungserbringung sind
auf der Basis einer Vollkostenbetrachtung vollständig zu
ermitteln. Zu den Leistungselementen gehören alle
Funktionen im Unternehmen. Gemeinkosten werden
entsprechend umgelegt. Um Szenarien im Hinblick auf
Änderungen bei Stückzahlen (z.B. durch Ausweitung auf
neue Zielgruppen oder neue Vertriebskanäle) rechnen
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zu können, müssen auch die Skaleneffekte auf Einkaufs­
preise für Zulieferteile und Produktionskosten ermittelt
werden. Bei Erreichen einer Vollauslastung der Produkti­
onseinrichtung entstehen Kostensprünge bei den Fix­
kosten durch eine dann eventuell nötige Produktions­
ausweitung. Für Dienstleistungsprodukte ist eine analo­
ge Betrachtung über den gesamten zu erwartenden
zeitlichen Verlauf der Kundenbeziehung anzustellen.
Hierbei ist gegebenenfalls auch die Art der Nutzung
durch den Kunden zu berücksichtigen.
Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen und
Ausstattungen werden die Kostenbetrachtungen für
identische Produkte bei unterschiedlichen Unternehmen
in der Regel zu abweichenden Kosten führen. Das Er­
gebnis der Betrachtung ist daher keineswegs ein ein­
deutiges Indiz auf den tatsächlichen Preis, da andere
Unternehmen möglicherweise wesentlich bessere Vor­
aussetzungen und damit niedrigere Vollkosten haben.
Daher kann sich im späteren Prozess ergeben, dass das
betrachtete Produkt nur bei grundlegenden Änderungen
im Herstellungsprozess vermarktet oder alternativ ganz
eingestellt werden sollte.
 Analyse der Ausgabenbereitschaft der Zielgruppen
Neben den internen Kosten spielt bei der Preisfin­
dung die Ausgabenbereitschaft der angestrebten
Zielgruppen eine entscheidende Rolle. Wenn auch
nach entsprechenden Optimierungen die Vollkosten
über der Ausgabenbereitschaft liegen, wird das Un­
ternehmen sein Produkt oder seine Dienstleistung
vermutlich niemals erfolgreich vermarkten können
oder alternativ Verluste erwirtschaften.
Unterschiedliche Zielgruppen haben möglicherweise
je nach Höhe des tatsächlichen oder empfundenen
Nutzens für dieselben Produkte eine unterschiedli­
che Ausgabebereitschaft. Neben dem tatsächlichen
quantifizierbaren Nutzen gehen dabei auch qualitati­
ve Aspekte wie z.B. Markenbezug oder Image und
die Substituierbarkeit des Produktes in die Bewer­
tung mit ein. Für die einzelnen Aspekte, die die Aus­
gabenhöhe beeinflussen, werden spezifische Indika­
toren gebildet, die je nach Produkt und Zielgruppe
neu zu bestimmen sind. Viele der erforderlichen In­
formationen zur Ermittlung der Indikatoren können
aus Business-Intelligence-Analysen oder – falls diese
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
MITTELSTANDSWIKI.DE
fehlen – aus Best-Guess-Abschätzungen gewonnen
werden.
 Einfluss der Wettbewerbsangebote
Die Wettbewerbsangebote beeinflussen das Kauf­
verhalten der Zielgruppe und sind daher ebenfalls
wichtige Parameter. Neben den direkten sind auch
indirekte Wettbewerber zu betrachten, da diese von
den potenziellen Käufern als Alternative zum eige­
nen Produkt angesehen werden können. Bei Dienst­
leistungsprodukten ist das angenommene Nutzungs­
verhalten und die Preisgestaltung der Wettbewerber
für die Ermittlung des Wettbewerbspreises heranzu­
ziehen. Die Analyse der Wettbewerbspreise führt in
der Regel nicht zu einem eindeutigen Wert sondern
zu einer Bandbreite von Angebotspreisen, die als
derzeitige Marktsituation zu betrachten sind.
Die Analysen der Preisbandbreiten aus der internen
Kostensicht, der Betrachtung der Wettbewerbsangebote
und der Ausgabebereitschaft stimmen nur in seltenen
Fällen tatsächlich überein, sondern ergeben Bandbrei­
ten. Für den Erfolg am Markt sind besonders jene rele­
vant, die sich aus der Ausgabebereitschaft der Zielgrup­
pe und den Wettbewerbsangeboten ergeben. Der Ver­
gleich der eigenen Kostenposition mit den beiden ande­
ren Parametern ist ein Indikator für die eigene Stärke im
Markt. Liegen die Kostenergebnisse unter Ausgabebe­
reitschaft und Wettbewerbsangeboten, so ist die eigene
Position sehr stark und erlaubt eine Marktausweitung
oder Abschöpfung.
Liegt der Kostenpreis unter den anderen Preisbandbrei­
ten, ist zu prüfen, ob Skaleneffekte eine Änderung brin­
gen. Die Analyse einer Ausweitung in neue Zielgruppen
und die Gewinnung neuer Zielgruppen ist natürlich nur
dann sinnvoll, wenn das Marktvolumen dies überhaupt
hergibt. Ein unter dem Kostenpreis angebotenes Pro­
dukt muss aus anderer Sicht besondere Bedeutung für
das Unternehmen haben (Einstieg für andere Produkte,
Imageträger), oder es sollte eingestellt werden. Eine an­
dere Möglichkeit zur Beseitigung von ungünstigen Kos­
tenpositionen ist eine Neudefinition des Produkts (z.B.
durch Bündelung mit anderen Produkten, Veredelung).
Das Ergebnis von Schritt 2 ist eine konsolidierte und un­
ter den verschiedenen Parameter abgeglichene Preishö­
he für das Produkt und eine Zielgruppe.
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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3. Schritt: Ausloten des Differenzierungs­
potenzials
Nur bei einem „einfachen“ Produkt (z.B. ohne ergänzen­
de Dienstleistungen wie Service- und Wartungsverträ­
ge) ist die Preisgestaltung nach Schritt 2 bereits abge­
schlossen (Ausnahme wären Produktbündel). Wenn das
Nutzungsverhalten des Kunden nahelegt, Mengenab­
nahmen oder zusätzliche Dienstleistungen (z.B. Service­
verträge) anzubieten, ist die Preisstruktur gemäß der
oben dargestellten unterschiedlichen Möglichkeiten
auszugestalten.
Hierbei sind zunächst die möglichen Preiselemente zu
identifizieren und im Hinblick auf Präferenzen der Ziel­
gruppe zu prüfen (z.B. Flatrates im Vergleich zu Einzel­
preisen, Einrichtungs- oder Servicepauschalen). Bei
Dienstleistungsprodukten kann die Struktur recht kom­
plex ausfallen. Als Indikator für die richtige Preisstruktur
werden neben den Wettbewerbsangeboten die Vorlie­
ben der potenziellen Kunden berücksichtigt. Das Ergeb­
nis von Schritt 3 ist die Preisstruktur und die Auswahl
der Preiskomponente, deren absolute Höhe im folgen­
den Schritt 4 festgelegt wird.
4. Schritt: Modulation der einzelnen
Preiskomponenten
Auf der Basis der ermittelten Preishöhe eines Produkts
für eine Zielgruppe mit einem definierten Nutzungs- und
Kaufverhalten und der Auswahl der differenzierenden
Preiselemente erfolgt im 4. Schritt die Festlegung der
einzelnen Werte. Die sich aus dem unterstellten Nut­
zungsverhalten ergebenden Umsätze sind mit dem
Preismodell zu berechnen und mit der Kostenposition
und der internen Planung abzugleichen, um Unverträg­
lichkeiten zu ermitteln und schon im Vorfeld Risiken zu
erkennen.
Wenn das Ergebnis nicht mit der Planung überein­
stimmt oder nicht zur Kostenposition passt, wird der Ab­
gleich in aufeinander folgenden iterativen Schritten ver­
feinert. Für Dienstleistungsprodukte bieten sich zusätzli­
che Sensitivitätsanalysen an, um zu prüfen, wie sich der
Umsatz bei einer Änderung des Nutzungsverhaltens än­
dert. Gerade bei Paketpreisen und Flatrates, die unab­
hängig vom Nutzungsverhalten angeboten werden, kön­
nen ansonsten Ertragsprobleme oder gar Verluste die
Folge sein.
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
MITTELSTANDSWIKI.DE
 Preisfindung mit Hilfe von Conjoint-Analysen
Die Festlegung der Preiskomponenten kann durch
Marktforschungsinstrumente, wie z.B. Conjoint-Ana­
lysen abgesichert werden, wenn Bedenken bzgl. der
Qualität der zugrunde liegenden Annahmen beste­
hen oder zu wenig belastbare externe Informationen
vorliegen. Hierzu werden nach dem Zufalls-Prinzip
Vertreter aus der Grundgesamtheit der definierten
Zielgruppe ausgewählt und zu den relevanten
Preiselementen befragt. Dieses Vorgehen kann na­
türlich auch zur Erhärtung der Annahmen aus Schritt
3 gewählt werden und gibt dann eine höhere Ent­
scheidungssicherheit.
Bei der Conjoint-Analyse wird von den Zielgruppen­
vertretern für jedes Preiselement ein als zu hoch
bzw. zu niedrig empfundener Wert abgefragt. Die
Auswertung liefert bei ausreichendem Stichproben­
umfang ein gutes Ergebnis zum Verlauf der Preis­
elastizitätskurve und erlaubt Aussagen über mögli­
che Mengenverteilungen und Preisschwellen. Damit
stellt sie eine hervorragende Ergänzung zum Preis­
findungsprozess dar. Der Abgleich des Ergebnisses
mit der wirtschaftlichen Planung und der Kostenposi­
tion muss genauso vorgenommen werden, wie in
Schritt 4 beschrieben.
Der Stellenwert der Preisgestaltung ist für den Erfolg des Un­
ternehmens vergleichbar hoch wie jener der Gestaltung der
Vertriebsstruktur oder der Werbemaßnahmen. Erfolgt die
Preisgestaltung gemäß dem beschriebenen Prozess, ist si­
chergestellt, dass wesentliche Einflussfaktoren wie Erstel­
lungskosten, Ausgabebereitschaft der Kunden und die vor­
handenen Wettbewerbsangebote berücksichtigt werden. Da­
bei können die vorhandenen Möglichkeiten zur Differenzie­
rung gezielt ausgewählt und eingesetzt werden, um einen
Wettbewerbsvorsprung zu erzielen.
Über die Modulation der Preiselemente lässt sich die wirt­
schaftliche Auswirkung und das erzielbare Absatzpotenzial
besser absichern, als dies bei herkömmlicher Preisfestlegung
insbesondere nach dem Cost-plus-Verfahren möglich ist.
Die Analyse des Kauf- und Nutzungsverhaltens für das analy­
sierte Produkt schafft die Grundlage zur eigentlichen Preis­
festsetzung. Eine marktorientierte Preisfestlegung unter­
stützt die Erfüllung der unternehmerischen Ziele des Unter­
nehmens und ist ein wichtiges Element der marktorientier­
ten Unternehmensführung.
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
MITTELSTANDSWIKI.DE
13. Vertriebsmaterial und Schulungen
Nach Abschluss dieser entscheidenden Testphase ist die
Markteinführung vorzubereiten. Je nach Produkt sind hierfür
folgende Aufgaben zu erledigen:
●
Produktbeschreibung erstellen
●
Inhalte für Bedienungsanleitungen schreiben
●
Produkt-Verpackung gestalten und bereit stellen
●
Preisgestaltung und Festlegung von Konditionen für
Großkunden und Vertriebspartnern
●
Produktschulungen für Vertrieb, Service etc.
durchführen
●
Evtl. Schulungsprogramme für externe Vertriebs­
partner (Fachhändler, Handelsvertreter,
Kooperationspartner) ausarbeiten
●
Werbemaßnahmen und Produkteinführungskampagne
gestalten
●
Gegebenenfalls Produkt-PR erstellen
●
Vorführgeräte für den Vertrieb bereitstellen
Werden die neuen Produkte über eine verteilte Vertriebsor­
ganisation vertrieben, so braucht der Vertrieb hierfür ver­
kaufsfördernde Materialien, kurz „VKF-Material“. Das VKFMaterial enthält alle Materialien, die der unmittelbaren Ver­
kaufsförderung dienen. Je nach Geschäftsmodell und Pro­
dukt können die folgenden Elemente enthalten sein:
●
Werbeprospekte und Broschüren
●
Handzettel
●
Prospektspender
●
Preislisten
●
AGB’s
●
Auftragsformulare
●
Poster
●
Deckenhänger
●
Fenster- und Türkleber
●
Anzeigenmatern
●
Promotion-Aktionen
●
Vitrinen, Regale und Shop-in-Shop Systeme
●
Give-aways, Werbegeschenke
●
usw.
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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VKF-Material wird in der Regel den Vertriebs-Outlets bzw.
POS (Points of Sale) zur Verfügung gestellt. Teilweise werden
die Kosten anteilig verrechnet – je nach Provisionsvereinba­
rung in Verbindung mit einem Werbekostenzuschuss. Die
Geltendmachung von externen Werbekosten (z.B. für Print­
werbung) setzt im Regelfall die Verwendung der bereitge­
stellten Anzeigenmatern voraus.
Da ein Teil der VKF-Materialien als Verbrauchsmaterialien
anzusehen sind, entstehen durch die Produktion und den
Versand der Materialien teilweise recht erhebliche Kosten.
Damit diese Kosten in einem wirtschaftlich vertretbaren Rah­
men bleiben, sind Kennzahlen zu ermitteln und zu überwa­
chen, z.B. Anzahl Prospekte pro Auftrag.
Große Vertriebspartner im indirekten Vertrieb erwarten nicht
nur die regelmäßige Bereitstellung von VKF-Materialien, son­
dern darüber hinaus auch ein Merchandising und einen De­
korations-Service. Die Erbringung von Dekorationsservices
bedeutet zwar zusätzliche Kosten für das Unternehmen, auf
der anderen Seite wird aber nur so sichergestellt, dass die
Materialien entsprechend dem CI und mit optimaler Wirkung
zum Einsatz kommen.
In anderen Fällen hat es sich bewährt, VKF-Material durch
Außendienst-Betreuer überbringen und einordnen zu lassen,
damit das Material tatsächlich in der gewünschten Form ge­
nutzt wird.
Von den VKF-Materialien zu unterscheiden sind die Maßnah­
men zur übergreifenden Imagebildung:
●
Unternehmenspräsentationen
●
Sponsoring-Maßnahmen
●
Image-Werbung
●
PR-Maßnahmen
●
usw.
Erst nach Abschluss dieser Aufgaben sind die Vorbereitun­
gen für die Produkteinführung abgeschlossen.
14. Formen der Kommunikation: PR und Werbung
Der erste Schritt der Produkteinführung sind Kommunikati­
onsmaßnahmen, mit denen der potenzielle Kunde, aber
auch Absatzmittler und Multiplikatoren auf das neue Produkt
aufmerksam gemacht werden sollen. PR kann Werbung auch
bei der Markteinführung neuer Produkte ergänzen, aber
nicht unmittelbar ersetzen. So können durch PR-Maßnahmen
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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schon vor der Verfügbarkeit des Produktes im Handel Be­
dürfnisse und Kaufmotivationen aufgebaut werden. Werbung
soll oft den unmittelbaren Kaufanreiz stimulieren und kon­
zentriert sich daher auf das zu vermarktende Produkt, Sie
enthält meist eine Preisangabe.
PR arbeitet eher mit indirekten Kaufsignalen und konzen­
triert sich in der Regel auf eher sachliche und allgemein in­
teressierende Informationen. Daher eignen sich PR-Maßnah­
men besonders für die Einführung innovativer Produkte.
Zwar erfolgt der Einsatz von PR auch nicht als Selbstzweck,
aber die Wirkung ist eine andere. So dient PR dem Aufbau
von Bekanntheit und Image, aber nicht der unmittelbaren
Weckung eines Kaufimpulses, wie die klassische Werbung
dies bezweckt.
Welche Botschaften lassen sich mit Hilfe von PR transportie­
ren? In erster Linie Informationen zum Unternehmen und
seiner Entwicklung, Informationen über innovative Produkte
und Leistungen, Produktionstechnologie, Kooperationen usw.
– dies allerdings in einer Form, die auf einem allgemeinen
Interesse aufbaut.
Anstatt also auf einzelne Produkteigenschaften und Preise
einzugehen, kann über den Nutzen aus der Anwendung am
Beispiel eines realen Kunden berichtet werden. Wie bei jeder
Kommunikation muss man sich auch beim Einsatz von PR
ein klares Ziel setzen: Welche Botschaft soll wen erreichen
und was auslösen? Voraussetzung für die Umsetzung ist eine
definierte Strategie des Unternehmens, eine nachvollziehba­
re Positionierung im Wettbewerbsumfeld und ein gutes Ver­
ständnis für die Zielgruppen.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, müssen die Ziele
festgelegt werden. Dabei kann über PR-Maßnahmen z.B.
●
das Image transportiert werden (etwa bei neuen For­
schungsprojekten, verbesserten Maßnahmen zur Qua­
litätssicherung, Förderung junger Unternehmen),
●
die Bekanntheit von Unternehmen und möglichen Mar­
ken verbessert werden (z.B. durch Sponsoringmaßnah­
men und Promotion),
●
die Kundenbindung verbessert werden,
●
eine neue Zielgruppe auf das Produkt und seine Leis­
tungen aufmerksam gemacht werden (z.B. durch An­
wendungsbeispiele und Nutzendarstellung) oder auch
●
ein Kontakt zu neuen Geschäftspartnern gesucht wer­
den.
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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Nach der Festlegung der Ziele für die PR-Maßnahmen sind
die Inhalte auszuwählen. Dabei ist zu beachten, dass eine
wirkungsvolle PR-Strategie nicht auf einer einmaligen Aktion
aufbaut, sondern über einen längeren Zeitraum angelegt
sein sollte. Daher sind auch die Inhalte entsprechend zu pla­
nen. Anders als bei der Werbung ist PR in aller Regel nicht
mit Wiederholung identischer Aussagen möglich (zumindest
nicht in gleichen Medien und in zeitlicher Nähe).
Ebenso wichtig für einen Erfolg ist dann die Auswahl der
richtigen Medien. Nur wenn die angestrebte Zielgruppe die
Medien auch wahrnimmt, kann die Aussage eine Wirkung er­
reichen. Dies gilt im übrigen auch für die klassische Wer­
bung, ist hier aber wesentlich leichter steuerbar, da der An­
zeigenplatz in dem ausgewählten Medium gebucht werden
kann. Bei PR ist dies nur bei der Sonderform der bezahlten
PR möglich, die nur von wenigen Medien angeboten wird
und eher als Sonderform der Werbung anzusehen ist.
Auch für mittelständische Unternehmen gibt es eine Palette
unterschiedlicher PR-Maßnahmen, aus der eine oder mehre­
re ausgewählt werden können:
●
Informationsseiten im Internet für das neue Produkt
●
Unternehmensbroschüre
●
Kundenzeitschrift
●
Sponsoringkooperationen
●
Artikel über aktuelle Inhalte
●
Tag der offenen Tür
●
Veranstaltungen
●
Bezahlte PR (Werbung in Artikelform)
●
usw.
Die Auswahl der richtigen Maßnahmen sollte auf jeden Fall
erst am Ende der Überlegungen zu Zielen, Zielgruppen, In­
halten und zeitlichem Ablauf stehen, damit nicht vorschnell
teure Fehlentscheidungen getroffen werden.
Damit PR nicht nur mit „Scheuklappen“ und der Gefahr der
Betriebsblindheit eingesetzt wird, empfiehlt sich die Ein­
schaltung eines externen Beraters bei der Vorbereitung und
der Erarbeitung einer PR-Strategie, gegebenenfalls auch als
Teil einer umfassenderen Kommunikationsstrategie. Bei der
Umsetzung kann und sollte durchaus der wesentliche Teil
aus dem Unternehmen selber kommen (z.B. in der Pflege
und Aktualisierung der Homepage oder als Beiträge zu ei­
nem Kundenmagazin). Für Artikel, die verschiedenen Medien
Seite 36
Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
MITTELSTANDSWIKI.DE
angeboten werden sollen, empfiehlt sich die neutrale Sicht
und Unvoreingenommenheit eines externen Beraters.
PR bietet für den mittelständischen Unternehmer eine heute
noch zu wenig genutzte Chance, die Bekanntheit des Unter­
nehmens zu steigern. Auch wenn PR und Werbung nicht in
unmittelbarem Wettbewerb miteinander zu sehen sind, die
hierfür erforderlichen Budgets sind es auf jeden Fall! Je nach
Geschäftsmodell und Unternehmen sollte PR eine mindes­
tens ebenso wichtige Rolle einnehmen, wie die Werbung. PR
wirkt über längere Zeiträume und kann komplexere Aussa­
gen transportieren als die eher plakative Werbung.
15. Weitere Entwicklungsphasen eines Produktes
Nach der Übergabe eines neuen Produktes an den Vertrieb
übernimmt das Produktmanagement die weitere Pflege und
die später vielleicht notwendigen Anpassungen. Auch Pro­
dukte unterliegen einer zeitlichen Entwicklung, von der "Ge­
burt", dem Product Launch über die Wachstums- und Reife­
phase bis zum Ende des Lebenszyklus, an dem das Produkt
ausgelistet wird.
Entsprechend der aktuellen Entwicklungsphase des Produkts
sind unterschiedliche Maßnahmen im Rahmen des Marke­
ting-Mix erforderlich. Dabei ist die Preissenkung als singuläre
Maßnahme zur Steigerung des Absatzes nur selten ausrei­
chend.
Zusätzliche Produkteigenschaften oder die Bündelung mit
anderen Produkten können Erfolg versprechende Maßnah­
men sein. Gerade zum Ende des Lebenszyklus empfiehlt es
sich allerdings, gründlich zu analysieren, ob und in welchem
Ausmaß weitere Investitionen sinnvoll sind. In vielen Fällen
ist es aus Unternehmenssicht sinnvoller, das auslaufende
Produkt ohne weitere Investitionen als Cash-Cow zu nutzen
und die noch erzielbaren Erlöse in die Entwicklung junger
Produkte zu stecken.
16. Fazit
Der beschriebene Produkteinführungsprozess ist sicher auf­
wändiger als der schnelle Weg in die Entwicklung. Dafür
bringt dieser Weg mehr Sicherheit für den späteren wirt­
schaftlichen Erfolg, da die Umsetzungsplanung schon vor
den ersten Investitionen erfolgt. Außerdem ist das Marktrisi­
ko deutlich geringer, da die späteren Zielgruppen schon
frühzeitig analysiert und einbezogen werden. Auch ein zwi­
schenzeitlicher Gegencheck mit Zielgruppen-Vertretern
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Band 0701: Produktentwicklung und Zielgruppen
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bringt zusätzliche Sicherheit. So können spätere Anpas­
sungsentwicklungen zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber
deren Wahrscheinlichkeit deutlich gesenkt werden. Natürlich
ist „Time-to-Market“, d.h. die Zeit von der Konkretisierung
der Geschäftsidee bis zur Markteinführung ein kritischer Er­
folgsfaktor und in dieser Zeit kann es unerwartete Entwick­
lungen von Seiten des Wettbewerbs geben, aber die zusätz­
liche Sicherheit bei der Markteinführung sollte dies wert
sein.
Dr. rer. nat. Jürgen Kaack
STZ-Consulting Group
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Der Autor
Dr. Jürgen Kaack
Tel.: 0 22 35 – 9 88 77 6
Mobil: 0 17 1 – 4 07 00 00
w w w .stz-consulting.de
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STZ-Consulting Group (w w w .stz-consulting.de):
STZ Strategie Transfer-Zentrum (w w w .stz-consulting.de)
IBRM Institut für Business- und Riskmanagement
(w w w .ibrm.baytech.de)
GATG German Arabic Technology Group GmbH
(w w w .gatg.biz) mit Standorte in Erftstadt bei Köln,
München, Stockach und Stuttgart
Partner der BayTech (w w w .baytech.de) und
Steinbeis-Stiftung zur Wirtschaftsförderung (w w w .stw .de)
Dr. rer. nat. Jürgen Kaack studierte in Köln Physik und promovierte auf
dem Gebiet der Festkörperphysik. In seiner Berufslaufbahn nahm er in
operativer Verantwortung sowohl bei international tätigen Unternehmen
als auch bei Mittelständlern Managementfunktionen wahr, Er wirkte aus­
serdem erfolgreich am Aufbau mehrerer unternehmen mit. Als Manage­
mentberater besitzt er langjährige Erfahrung in der Unterstützung von
Unternehmen beim Auf- und Ausbau, sowie bei Restrukturierungen. Seit
1995 ist Dr. Kaack selbständig tätig.
Er begann seine Karriere 1983 in der Systemplanung für neue Produkte
bei SEL/ITT. Von 1985 bis 1988 führte er bei BMW Diversifikationsprojek­
te im europäischen und amerikanischen High-Tech- und Telekommunika­
tionsmarkt durch. Von dort wechselte er in den DaimlerChrysler Konzern,
wo er die Unternehmensentwicklung der AEG leitete. Ein SchwerpunktThema war die Sanierung der AEG-Olympia.
Nach 1990 gestaltete er als späterer Marketing- und Vertriebsleiter maß­
geblich die Konzeption und den Aufbau von Europas erfolgreichstem Mo­
bilfunk Service Provider debitel. Neben dem Aufbau der Vertriebsorgani­
sation als wichtigstem Erfolgsfaktor verantwortete er die Produktgestal­
tung und den Marketingauftritt. Die Marktführerschaft, die langfristige
Bindung wichtiger Vertriebsorganisationen, die Einführung einer dreistu­
fige Tarifstruktur und die sekundengenaue Abrechnung im deutschen
Markt waren einige Ergebnisse seiner Tätigkeit für debitel.
Von 1995 bis 2000 verantwortete Dr. Kaack als Mitgesellschafter und Ge­
schäftsführer der MCN Management Consulting Group GmbH den Ausbau
des Competence Centers Telekommunikation. Das Konzept und die
Gründung des auf Mehrwertdienste spezialisierten Netzbetreibers mcn
tele.com AG geht wesentlich auf seine Initiative und Vorarbeit zurück. In
der mcn tele.com AG hatte Dr. Kaack den Vorstandsvorsitz von der Grün­
dung im Jahr 1999 bis Ende Juli 2002 inne.
Heute unterstützt er als Gründer und Leiter der STZ-Consulting Group
Unternehmen bei der Bewältigung von intern oder extern bedingten Än­
derungen und Restrukturierungen bis hin zu Nachfolge-Vorhaben. Ein
Schwerpunkt liegt in der Ausgestaltung und Umsetzung innovativer Ge­
schäftsmodelle sowie im Aufbau von Kooperationen und Allianzen zwi­
schen Unternehmen. Die Änderungsprozesse begleitet er u.a. als Coach
des Unternehmers.
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... verbindet als Managementberatung konzeptionelle Stärken mit
unternehmerischem Know-How bei der Umsetzung. Die Partner
verfügen über langjährige Berufserfahrung in leitenden Funktionen.
... setzt Schwerpunkte bei Risikomanagement, Unternehmensnach­
folge, dem Aufbau von Geschäftskooperationen, in Marketing und
Vertrieb. Zu den Leistungen gehören Coaching, Umsetzung neuer
Geschäftsmodelle, Restrukturierungsvorhaben und der Einstieg in
neue Märkte.
... folgt dem Grundsatz "vom Unternehmer für Unternehmer".
Projektergebnisse sind konkrete Problemlösungen und innovative
Konzepte.
Tätigkeitfelder der STZ-Consulting Group
Telekommunikation
Spezialist für Telekommunikationsthemen und innovative Geschäfts­
modelle (MVNO-Geschäftsmodelle, WiMAX-Lizenzen, Konvergenzdienste, VoIP, Breitbandanwendungen) sowie bei Dienstegestaltung,
Vertriebsaufbau, Preismodellen
Mittelstand
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mit dem Fokus auf Markt- und Geschäftsrisiken, Durchführung von Un­
ternehmensnachfolge-Projekten, Marketing und Vertrieb, Coaching
(http://www.ibrm.baytech.de)
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bulgarischen und deutschen Unternehmen, Unterstützung bei
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