20 Marketing OSPLUS-INTERNET-FILIALE 5.0 Erfolgreich im Multikanal Durch die konsequent marktorientierte Ausrichtung des Online-Vertriebs im Rahmen ihres Multikanalvertriebs können Sparkassen ihre Kernkompetenz Kundennähe ­erlebbar machen und in Vertriebserfolge umsetzen. Die Nutzung des Internets entwickelt sich weiter sehr dynamisch. Fast 70 Prozent der Bundesbürger sind inzwischen online1, Tendenz weiter steigend. Die ­Bereitschaft bzw. das Bedürfnis, Bankdienstleistungen online zu beziehen und zu nutzen, steigt auch bei den traditionell filialorientierten Sparkassenkunden beständig. Es ist inzwischen davon auszugehen, dass im Durchschnitt mindestens jeder vierte Sparkassenkunde ein aktiver Onlinekunde ist 2. Dennoch haben gerade Onlinekunden vor allem bei komplexeren Finanzfragen Beratungsbedarf (Abb. 1)3. Dies bietet für die Sparkassen eine exzellente Chance, sich als Multikanalbanken mit ausgewiesener Beratungskompetenz auch bei dieser anspruchsvollen Kundengruppe erfolgreich zu positionieren. Herausforderungen im Online-Vertrieb Sparkassen reagieren auf die zunehmende Onlineaffinität und die sich daraus ergebenden veränderten Anforderungen ihrer Kunden. Das traditionell filial-zentrierte Geschäftsmodell wird durch Integration und konsequenten Ausbau des Online-Vertriebs zu einem Multikanalvertrieb weiterentwickelt. Durch Kombination ihrer Kernkompetenzen „Kundennähe“ und „Beratungsqualität“ mit einem marktorientiert ­gestalteten Informations- und Transaktionskanal „Internet“ können sich Sparkassen dadurch gerade auch gegenüber Direktbanken erfolgreich differenzieren. So ist ein leistungsfähiger OnlineVertrieb sehr gut geeignet, um Abwanderung vor allem in den onlineaffinen (jüngeren) Kundengruppen zu reduzieren und in Zielgruppen, die einen gut ausgebauten Multikanalvertrieb erwarten, sogar neue Kunden zu gewinnen. Mit Einführung der OSPlus-InternetFiliale 5.0 (IF 5.0) stellen sich viele Sparkassen derzeit im Online-Vertrieb neu auf. Die Herausforderung: Online-Vertrieb muss nicht nur möglichst exakt auf die onlineaffinen Zielkunden ausge- richtet sein, sondern konsequent in den Multikanalvertrieb der Sparkassen integriert werden und dabei gleichzeitig kos­teneffizient sein. Die richtige Dimensionierung und ­Positionierung im Markt ist erfolgs­ kritisch. Im Geschäftsmodell der Sparkassen kommt es dabei darauf an, individuelle Lösungen zu entwickeln, die den persönlichen (Filial-)Vertrieb bestmöglich unterstützen. Gleichzeitig sollten onlineaffine Kunden ein bedürfnisgerechtes, attraktives Angebot vorfinden. Dabei gilt generell das Primat: „einfach, schnell und günstig“. Die Gestaltung des Online-Angebots sollte konsequent aus dem Markt heraus und nicht ausschließlich technikgetrieben erfolgen. Die IF 5.0 bildet damit ­lediglich die technische Basis und setzt einen groben Rahmen für den künftigen Online-Vertrieb. Diesen gilt es, im Hinblick auf Kundenerwartungen und vertriebsstrategische Ziele der Sparkasse mit Leben zu füllen. Dies schließt alle Aspekte vom Leistungsangebot und Pricing über Gestaltung des Frontends, Kunden-Abwicklungs-/Serviceprozesse bis hin zu Content Management und Ergebnissteuerung ein. Der Wertsprung im Hinblick auf mehr Vertriebserfolg liegt dabei immer in der Feinjustierung der Gestaltungsparameter. Marktorientierter, effizienter ­Online-Vertrieb Die hierfür entscheidenden Fragen werden durch Definition der Online-Strategie der Sparkassen beantwortet. Dabei ist wichtig: „All business is local“. ­Online-Vertrieb muss stets auf die ­spezifischen Kundenstrukturen und Geschäftsgebiete der jeweiligen Sparkassen ausgerichtet werden. Folgende Aspekte sind bei der Ausgestaltung besonders wichtig: > Welche quantitativen Ziele verfolgt die jeweilige Sparkasse im OnlineVertrieb (Neukundengewinnung, Kun­­denbindung, Kundendurchdringung)? Diese Ziele sind möglichst ­e xakt zu quantifizieren. > Welche qualitativen Ziele sind darüber hinaus wichtig (Verbesserung des Preisimages, Optimierung der Servicequalität etc.)? > Welche vertriebsstrategische Funktion (Informationskanal, Leadgenerierung, Transaktionskanal) soll der ­Online-Vertrieb generell im Multikanalvertrieb ausfüllen? Dabei gilt stets das geschäftspolitische Primat der ­Filiale. > An welche Zielgruppen (Online-Kunden, hybride Kunden, Filialkunden) soll sich das Online-Angebot schwerpunktmäßig richten? > Welche marktbezogene Positionierung (Preisführer, Qualitätsführer, Mischformen) wird angestrebt? > Welche Produktstrategie (Umfang und Tiefe der Produktpalette, Positionierung von Leadprodukten, Anzahl verfügbarer Produktvarianten) wird verfolgt? > Welche Preisstrategie (offensive vs. defensive Preissetzung, Ausnutzen von Preisspielräumen etc.) wird im Abb. 1: Sogar für reine Onlinekunden mit hoher wahrgenommener eigener Kompetenz bei Geldanlagen ist eine persönliche Beratung vor Anlageentscheidungen wichtig. S PA R K A S S E N M A R K T N O V E M B E R / D E Z E M B E R 2 0 0 9 Marketing 21 Entscheidende Schritte Richtung Medialer Vertrieb Die strategische Notwendigkeit, unseren Kunden ein wettbewerbsfähiges Multikanalangebot zu erstellen, ergibt sich für die Sparkassen aus dem Leistungsversprechen der angestrebten Service- und Qualitätsführerschaft. Die Gremien des DSGV haben daher die „Verkaufsoffensive Medialer Vertrieb und Online-Unterstützung“ beschlossen (Start: Herbst 2009). In dieser Offensive werden die marktstrategischen und technisch-prozessualen Ansätze in einem Projektbüro zu­ sammengefasst und eng mit dem Projekt „Mustersparkasse Produktverkauf Internet“ der Finanz-Informatik verzahnt. Mit der„Verkaufsoffensive Medialer Vertrieb und Online Unterstützung“ ­erhalten die Sparkassen umfangreiche Umsetzungshilfen, die zunächst bei 30 Instituten pilotiert werden. Ein zentraler Baustein ist der Vertriebs-Check Online, der eine hausindividuelle Bestandsaufnahme hinsichtlich Markt­ umfeld, Kunden und innerbetrieblicher Ressourcen ermöglicht. Daneben wird das Grundangebot der Internet-Filiale 5.0 durch neue Beratungs- und Zielgruppenmodule, ein MediaCenter sowie Zusatzservices erweitert. Im Rahmen des Projekts „Mustersparkasse Produktverkauf Internet“ werden ­Standardprodukte durch die FinanzInformatik vorkonfiguriert und PraxisLeitfäden entwickelt, um die Administration des Online-Produktverkaufs für Sparkassen zu vereinfachen. Die Synchronisation der Unterstützungs- und Beratungsleistung der verschiedenen Handlungsebenen erzeugt idealerweise die notwendige Impulswirkung, um die Sparkassen im OnlineKanal genau wie im stationären Bereich als Marktführer zu positionieren. Abb. 2: „Integriert denken, modular handeln“. Erfolg im Online-Vertrieb basiert auf einer ganzheitlichen Sicht in Kombination mit gezielten Einzelmaßnahmen bzw. Konzepten. Abb. 3: Die Ausgestaltung des Produktangebots im Online-Vertrieb wird durch die ­übergreifende Multikanalstrategie, Absatzpotenziale und Vertriebskosten determiniert. Zusammenspiel mit den anderen Vertriebskanälen verfolgt? > In welchem Umfang sollen Informations-/Beratungs-/Ser viceangebote (Anspruch der Sparkassen an Leis­ tungsniveau bzw. Qualität ihres Online-Vertriebs im Marktvergleich) angeboten werden? > Wie ist der Online-Vertrieb zum ­( Fi­l ial-)Vertrieb zu positionieren und in diesen zu integrieren (Ertrags-/­ Kostenverrechnung, Kundenzuordnung, Überleitungsprozesse, Verantwortlichkeiten)? > Welche Implikationen ergeben sich aus den o. g. Punkten für Service-/Abwicklungsprozesse der Sparkasse? Die genannten Aspekte sind losgelöst von technischen Fragestellungen im Rahmen der individuellen Online-Strategie der Sparkasse zu definieren. Die Online-Strategie ist damit der zentrale und entscheidende Baustein, sozusagen das „Cockpit“ für einen erfolgreichen Online-Vertrieb im Rahmen des Multikanalvertriebs (Abb. 2). Unabhängig von der Einführung der IF 5.0 müssen die Sparkassen die oben skizzierten grundlegenden vertriebs­ strategischen Fragestellungen beantworten, um letztlich nicht nur eine „technische Lösung“ IF 5.0 einzuführen, sondern Online-Vertrieb im Rahmen ihres Multikanalvertriebs nachhaltig erfolgreich im Markt zu betreiben. Dies gilt wie in Abbildung 3 ausgeführt exemplarisch sowohl für die kanalübergreifende Gestaltung von Produkt- und Serviceangeboten als auch für sämtliche anderen Parameter des Vertriebs- und Marketingmix. Ansprechpartner im DSGV: Dr. Axel Grote ([email protected]) Dennis Heydorn (dennis.heydorn@ dsgv.de) Stefan Brinkmann (stefan.brinkmann@ dsgv.de) Fazit: Gestaltungsspielräume im Online-Vertrieb gezielt nutzen Gerade im Online-Vertrieb ist weniger mehr. Die Mehrzahl der Kunden bevorzugt einfache, übersichtliche und benutzerfreundliche Lösungen. Die Sparkassen stehen nun vor der Aufgabe, ihren Online-Vertrieb auf Basis der Möglichkeiten der IF 5.0 im Hinblick auf Kundenerwartungen und unter Kos­ ten-/Nutzen-Aspekten optimal zu gestalten und im Markt zu positionieren. Hierbei gilt: Die IF 5.0 bildet lediglich den Rahmen und die technische Basis. Der Wertsprung liegt in der Ausgestaltung des Vertriebs- und Marketingmix im Online-Vertrieb und der friktionslosen Integration in den übergeordneten Multikanalvertrieb der Sparkassen. Jörg Baston, Carsten C. Wendt Wiesbaden 1 Initiative 21, (N)Onliner Atlas 2009. 2 Marketing Partner, Eigenstudie (2009). 3 Marketing Partner auf Basis: Burda Community Network GmbH, Typologie der Wünsche (TdW) in: Deutsche Bank Research (2009). S PA R K A S S E N M A R K T N O V E M B E R / D E Z E M B E R 2 0 0 9