Dekompensierte Leberzirrhose: Was soll, was kann in der Notaufnahme passieren? Felix Rockmann Notfallzentrum Regensburg Warum kommt der Leberzirrhotiker in die Notaufnahme? • • • • hydropisch dekompensiert enzephalopatisch Keine Ausscheidung GI-Blutung Hydropisch dekompensiert Klinik: - deutliche Gewichtszunahme - Bauchumfangsvermehrung - Anasarka - Beinödeme - Luftnot Ursache: 1. hydrostatisch (erhöhter Druck im Pfortadersystem) 2. onkotisch (niedriges Albumin) durch verm. Bildung oder vermehrten Verlust (z.B. Niere) 3. Wasserretention: arterielle Vasodilation -> Aktivierung RAAS-> Hyperaldosteronismus ( kortikale Nierendurchblutung -> + lokale Prostaglandine -> hohe Empfindlichkeit NSAID) Welche Diagnostik in der NA? • Ultraschall: Diagnosesicherung 1. Stechen oder Nicht-Stechen und 2. Wenn Stechen, dann: Probepunktion oder komplett ablassen Zur Frage 1: Ja, und zwar in der ZNA dann wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt sind: 1. 2. 3. 4. 5. Patient hat Atemnot Aszites noch nicht bekannt bei geringer Ausscheidung Pat hat Fieber Pat hat erhöhte Entzündungszeichen ohne eindeutigen anderen Fokus 6. Pat hat Enzephalopathie/Nierenversagen 7. und viele andere Gründe RUNYON, HEPATOLOGY, 2009 Zu Frage 2 An initial therapeutic abdominal paracentesis should be performed in patients with tense ascites. (Class IIa, Level C) RUNYON, HEPATOLOGY, 2009 Was Wegschicken (und warum) • Ursache noch nicht bekannt: – Zellzahl und Differenzierung (SBP?) – Albumin (für den SAAG, wenn>11g/l dann port. Hypertension) – Gesamtprotein, LDH, Glukose (als H.a. andere Ursache) – Bei erhöhter Zellzahl: „Aszites“ in BK – Lipase (Pankreatitis) – Zytologie • Sonst: Nur Zellzahl Warum in der ZNA? • Ort der Infektion • Klare Indikation zur antibiotischen Behandlung (je früher desto besser) • rasche Erleichterung für den Patienten Kleiner Einwurf: Albumin/Kein Albumin nach Paracentese • pro-con • keine eindeutige Evidenz für eine Seite! Enzephalopathie • • • • Stadium I: Erkennbare Minderung der Bewusstseinslage mit zunehmendem Schlafbedürfnis, deutlicher Antriebsstörung und Abnahme der intellektuellen Leistungsfähigkeit. Auffällige Störungen der Feinmotorik „flapping tremor“ und verlangsamtem Bewegungsablauf. Stadium II: Erhebliche Minderung der Bewusstseinslage mit Orientierungsstörungen, ausgeprägter Gedächtnisstörung- Verwaschene Sprache (Dysarthrie), Stadium III: Hochgradige Bewusstseinsstörung (Sopor: meist schlafender, aber erweckbarer Patient), Verlust der Orientierung, Verwirrtheit, unzusammenhängende Sprache, verminderte Reaktion auf Schmerzreize. Stuhl- und Harninkontinenz, Gang- und Standunsicherheit (Ataxie). Stadium IV: Bewusstlosigkeit ohne Reaktion auf Schmerzreize (Koma). Wichtig • Ha. Infektion (z.B. SBP) oder GI-Blutung ? • ab Grad III: (Intensive-) Überwachung • Vitalparameterkontrolle Was tun in der ZNA • Sicheren Platz suchen • orale Laktulose (wenn noch sicher) Sharma, Gastroenterology, 2009 • Hebe-Senk-Einlauf mit Laktulose • Rifaximin oral Bass, NEJM, 2010 • L-Ornithin L-Aspertat (Hepamerz) Jiang, J Gastroenterol Hepatol, 2009 und warum in der ZNA ? • billig • schnell • entscheidend für den weiteren Verlauf: z.B. rasche Besserung der Enzephalopathie Nierenversagen • Kreatinin-Anstieg • Oligurie/Anurie • Stichwort: hepato-renales Syndrom wichtig diese Diagnose ist primär in der Notaufnahme nicht zu stellen! Warum ? Zeitverlauf wichtig! Kriterien (International Ascites Club) MAJOR Kriterien 1. Vorhandensein einer Zirrhose und Aszites 2. Serum Kreatinin >1,5mg/dl 3. Keine Verbesserung des Serum Kreatinins nach mind. 48 h Diuretika-Pause und Volumengabe mit Albumin (1g/kg KG pro Tag bis max. 100g Albumin/d) 4. Ausschluss eines Schocks 5. Keine Behandlung mit nephrotoxischen Substanzen 6. Ausschluss einer parenchymalen Nierenerkrankung (keine Proteinurie >500mg/d, keine Mikrohämaturie, unauff Ultraschall der Nieren) MINOR Kriterien 1. Urin-Natrium <10mmol/l (OHNE Diuretika) 2. Urin Osmolarität >Serum Osmolarität 3. Serum Natrium <130mmol/l 4. Urin-Volumen <500ml/d Daraus folgt: • es kann immer nur der Verdacht auf ein beginnendes HRS gestellt werden! • Aber: bereits in der NA kann mit einer Therapie begonnen werden, und die heißt NICHT ‚Terlipressin‘!!!! – – – – – – NaCl 0,9% 1,5l über 24h Albumin-Gabe DK / strenge Flüssigkeitsbilanz! Sammelurin für Protein-Ausscheidung Ultraschall der Nieren Urin-Status GI-Blutung • Wenn GI-Blutung beim Zirrhotiker, dann Oesophagusvarizen / Fundusvarizen als eine Hauptblutungsursache bedenken • Fokus ist dreigeteilt: – Vitalparameter – lokale Blutstillung (Endoskopie) – Blutgerinnung Aufgaben / Möglichkeiten in der NA • Standardisiertes Vorgehen! • Medikamentöse Therapie: – – – – – – Flüssigkeit (1,5-2l, 2 venöse Zugänge) MCP 10mg iv. & Erythromycin 250mg iv. (Magenentleerung) Pantozol 40mg iv. Sauerstoff Notfalllabor (BGA) für die Entscheidung Konservengabe Terlipressin 1mg iv oder Octreotide 50mg iv oder Somatostatin 250mg iv als Bolus – Hämodynamisches Monitoring (arterieller Zugang) Sengstaken-Sonde ? • Persönliche Meinung: – Atemweg sichern vor Sengstaken-Sonde – Sengstaken Sonde adäquat bei „Problemen“ mit der Endoskopie – „schwieriges“ Handling (da sehr selten im Einsatz – Praktischer Hinweis: • Sengstaken Sonde ohne Gewicht • Linton-Sonde mit Gewicht Zusammenfassung • Leberzirrhotiker: Challenge fürs Team • kann sehr viele Probleme machen • konsequentes Handeln in allen Phasen der ZNA-Behandlung. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit [email protected]