Einfluss der Gebäudeautomation auf die Energieeffizienz von

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BLEIKER & PARTNER
INGENIEURE AG
Beratende und planende Ingenieure
Energietechnik · Gebäudetechnik · Gebäudeautomation
Einfluss der Gebäudeautomation auf die Energieeffizienz von
Gebäuden - SIA 386.110
Erschienen
«ET Elektrotechnik / HK Gebäudetechnik» Nr. 7/2015
«intelligent bauen» Nr. 8/2015
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0071BFAB01_W.doc / Seite 1
Einfluss der Gebäudeautomation auf die Energieeffizienz von Gebäuden - SIA 386.110
Harry Bleiker
Die Norm SIA 386.110 ermöglicht, den Einfluss der Gebäudeautomation auf die Energieeffizienz von Gebäuden
zu ermitteln. Obschon das Thema aktueller kaum sein könnte und die Norm schon etliche Jahre am Markt
verfügbar ist, wird sie von den Akteuren noch immer nicht auf breiter Front wahrgenommen. Mit der auf Anfang
2015 erfolgten Lancierung des Programms Gebäudeautomation durch die Stiftung KliK wird sich dies vielleicht
ändern.
Energieetiketten gibt es inzwischen für eine breite
Palette von Gütern. So beispielsweise für Haushaltgeräte, für Fenster, für ganze Gebäude, aber auch für
Autos oder für Reifen und mit SIA 386.110 inzwischen
auch für Gebäudeautomation (GA).
Die Norm, die den Titel «Energieeffizienz von Gebäuden - Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement» trägt und auch als Schweizer Norm SN
EN 15232 bekannt ist, ist 2007 erstmals erschienen
und wurde 2012 überarbeitet. Zwei Verfahren, mit
denen der Einfluss von Gebäudeautomation und
Gebäudemanagement auf die Energieeffizienz von
Gebäuden ermittelt werden kann, werden darin aufgezeigt: ein einfaches, faktorbasiertes Verfahren und ein
ausführliches Berechnungsverfahren.
Mit dem faktorbasierten Verfahren kann der Einfluss
zwar nur grob, dafür aber mit geringerem Aufwand
abgeschätzt werden. Zudem wird das ganze Verfahren
in der Norm abgehandelt. Das ausführliche Berechnungsverfahren hingegen liefert zuverlässigere Ergebnisse. Allerdings muss dazu der Endenergiebedarf des
Gebäudes zwingend und detailliert berechnet werden.
Aufwendige Simulationsberechnungen auf Basis einer
ganzen Reihe weiterer europäischer Normen sind
nötig, um Gebäude und Gebäudetechnik samt Einfluss
der Funktionalität der Gebäudeautomation im Detail
abzubilden. Das weniger aufwendige faktorbasierte
Verfahren, das im Folgenden kurz vorgestellt wird,
wird in der Praxis daher deutlich häufiger Anwendung
finden.
Faktorbasiertes Verfahren nach SIA 386.110
Im Zentrum bei diesem Verfahren steht die Funktionalität des GA-Systems für die Gebäudetechnik auf
Automationsebene, das heisst Steuerung und Rege-
lung von Heizung, Lüftung, Kühlung, Wassererwärmung (WE), Beleuchtung und Sonnenschutzeinrichtung. Punktuell wird zudem auch das technische Gebäudemanagement (TGM) miteinbezogen.
Vier GA-Effizienzklassen werden unterschieden: die
Klassen A, B, C und D (vgl. Figur 1). Klasse A ist die
höchste, Klasse D die tiefste. Klasse C sollte nicht
unterschritten werden, stellt also eine Mindestanforderung dar und ist zudem Referenzklasse, an der
sich die drei anderen Klassen messen.
Klasse A
hochenergieeffizient
B
C
Klasse B
erhöht energieeffizient
Klasse C
Standard
(Mindestanforderung/Referenzklasse)
Klasse D
nicht energieeffizient
Figur 1: GA-Effizienzklassen nach SIA 386.110:2012
An die Funktionalität des GA-Systems werden Anforderungen gestellt, getrennt für Wohngebäude und
Nicht-Wohngebäude und abhängig von der GA-Effizienzklasse. Hohe Anforderungen für Klasse A, geringe für Klasse D. Tendenziell höhere Anforderungen für
Nicht-Wohngebäude und geringere für Wohngebäude.
So führt zeitabhängiges Schalten einer Lüftungsanlage
auf Raumebene bei einem Wohngebäude zu Klasse B,
bei einem Nicht-Wohngebäude dagegen nur zu Klasse
C (vgl. Figur 2). Bei Letzterem ist für Effizienzklasse B
Bereich GA-Effizienzklasse
Funktionen GA/TGM
Wohngebäude
GA-Effizienzklasse
4
D
C
B
Nicht-Wohngebäude
A
D
C
B
A
Steuerung/Regelung Lüftung/Klima
4.1 Steuerung/Regelung Luftvolumenstrom auf Raumebene
0 Keine automatische Steuerung/Regelung
1 Zeitabhängige Steuerung/Regelung (Ein/Aus über Zeitschaltkataloge)
X
X
2 Anwesenheitsabhängige Steuerung/Regelung (Ein/Aus z.B. über Lichtschalter)
3 Bedarfsabhängige Steuerung/Regelung (stufenlos z.B. über CO2-Konzentration)
Figur 2: Auszug Funktionsliste SIA 386.110:2012
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0071BFAB01_W.doc / Seite 2
anwesenheitsabhängige Steuerung und für Klasse A
gar bedarfsabhängige Regelung erforderlich. Analog
dem Muster von Figur 2 ist für die gesamte
Gebäudetechnik und Teile des TGM ein umfassender
Anforderungskatalog, die sogenannte Funktionsliste,
in der Norm festgeschrieben.
Die resultierende Effizienzklasse für das GA-System
selbst ergibt sich aus der schwächsten Klassierung
aller Funktionen über alle Gewerke. Bereits eine Funktion bei nur einem Gewerk der Klasse D beispielsweise reicht also, dass das GA-System als Ganzes Klasse
D zuzuordnen ist, selbst wenn alle anderen Funktionen über alle Gewerke einer höheren Klasse entsprechen sollten. Darin zeigen sich Schwäche und Stärke
des faktorbasierten Verfahrens gleichermassen.
Um den Einfluss des GA-Systems auf die Energieeffizienz eines Gebäudes ermitteln zu können, wird zunächst der Endenergiebedarf des Gebäudes berechnet und danach auf diesen die GA-Effizienzfaktoren
zur Anwendung gebracht (vgl. Figur 3). Dabei ist es
sinnvoll, bei der Berechnung der Eingangsgrössen auf
die zugrunde liegende Effizienzklasse abzustützen.
Unwägbarkeiten kann dadurch bereits in dieser Phase
entgegengewirkt werden.
Die GA-Effizienzfaktoren stellen den eigentlichen Kern
des faktorbasierten Verfahrens dar und sind ein echtes Asset der Norm. Lässt sich bei Bedarf doch nur
schon mit zweien davon, den Gesamtfaktoren für
thermische und elektrische Energie, der Einfluss eines
GA-Systems auf die Energieeffizienz eines Gebäudes
qualitativ beurteilen und relativ und im richtigen Licht
betrachtet auch grob abschätzen. Die Norm legt die
Faktoren fest, dies in Abhängigkeit der Gebäudekategorie beziehungsweise -nutzung einerseits und
der GA-Effizienzklasse anderseits (vgl. Figur 4). An
Stelle eines Gesamtfaktors für thermische Energie
können bei Bedarf auch Einzelfaktoren für Heizung,
Kühlung und Wassererwärmung der Norm entnommen werden und statt des Gesamtfaktors für elektrische Energie, die Einzelfaktoren für Beleuchtung
und Hilfsenergie. Letztere deckt den elektrischen End-
Endenergiebedarf
detailliert oder vereinfacht berechnet
für GA-Effizienzklasse Basisszenario (z.B. Ist-Zustand)
Thermische Energie
Heizung/Kühlung/WE
Eingangsgrössen
Elektrische Energie
Beleuchtung/Hilfsenergie*
GA-Effizienzfaktoren
Einzel- oder Gesamtfaktoren
Thermische Energie
Heizung/Kühlung/WE
Elektrische Energie
Beleuchtung/Hilfsenergie*
Endenergiebedarf
für GA-Effizienzklasse Vergleichsszenario
Thermische Energie
Heizung/Kühlung/WE
Ausgangsgrössen
Elektrische Energie
Beleuchtung/Hilfsenergie*
* Hilfsenergie: elektr. Energiebedarf für Heizung/Lüftung/Kühlung
Figur 3: Berechnungsschema faktorbasiertes Verfahren nach
SIA 386.110:2012
energiebedarf für Heizung, Lüftung und Kühlung ab.
Für die Bestimmung der GA-Effizienzfaktoren wurden
umfangreiche Simulationsberechnungen an einem
Referenzraum durchgeführt. Dabei wurde für jede
Gebäudekategorie, ausgehend von der Referenzklasse
C, ein typisches Nutzerprofil und alle nötigen Randbedingungen festgelegt und diese für jede GA-Effizienzklasse den Anforderungen an das GA-System
entsprechend modelliert.
Die Faktoren für Klasse C haben allesamt den Wert 1.
Die für Klasse D sind grösser als 1, die für die Klassen
A und B kleiner. Dadurch wird ein einfacher Bezug zur
Referenzklasse geschaffen, was die Beurteilung beziehungsweise Interpretation der einzelnen Faktoren
zusätzlich erleichtert.
GA-Effizienz-Gesamtfaktoren
Gebäudekategorie/-nutzung
Thermische Energie
Elektrische Energie
D
C
B
A
D
C
B
A
Büro
1.51
1.00
0.80
0.70
1.10
1.00
0.93
0.87
Schulen
1.20
1.00
0.88
0.80
1.07
1.00
0.93
0.86
Spitäler
1.31
1.00
0.91
0.86
1.05
1.00
0.98
0.96
Handel/Verkauf
1.56
1.00
0.73
0.60
1.08
1.00
0.95
0.91
Wohnen (EFH/MFH)
1.10
1.00
0.88
0.81
1.08
1.00
0.93
0.92
GA-Effizienzklasse
Figur 4: GA-Effizienz-Gesamtfaktoren SIA 386.110:2012
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Programm Gebäudeautomation KliK
Figur 4 macht deutlich, dass die Energieeffizienz eines
Gebäudes durch die Gebäudeautomation stark beeinflusst wird, was rasch zu beachtlichen oder sogar zu
wesentlichen Auswirkungen beim Energieverbrauch
führen kann. So ist beispielsweise zu erwarten, dass
der Endenergieverbrauch bei einem Bürogebäude der
Klasse B auf der thermischen Seite bloss etwa 80%
gegenüber Klasse C beträgt. Bei einem Klassenwechsel von C nach A ist in dieser Gebäudekategorie
gar mit einer Einsparung von bis zu 30% zu rechnen.
Die Stiftung Klimaschutz und CO2-Kompensation KliK
hat die hohen Einsparpotentiale erkannt und auf
Anfang 2015 schweizweit das «Programm Gebäudeautomation»1 ins Leben gerufen. Unter bestimmten
Voraussetzungen werden Teilnehmer des Programms
bei der Modernisierung ihrer Gebäudeautomation mit
Beiträgen von KliK finanziell unterstützt.
nützliches und praxisnahes Instrument zur Verfügung,
mit dem GA-Systeme hinsichtlich ihrer Funktionalität
für die Gebäudetechnik beurteilt und so der Einfluss
mit vertretbarem Aufwand grob abgeschätzt werden
kann. So kann bei Neubauten beispielsweise bereits in
frühen Projektphasen, wenn Einzelheiten zu den GAFunktionen noch längst nicht bekannt sind, die angestrebte GA-Effizienzklasse eines Gebäudes bestimmt
und damit eine kohärente Strategie festgelegt werden. Oder bei Modernisierungen können die Schwachstellen der bestehenden Gebäudeautomation anhand
des Ansatzes identifiziert und der Massnahmenplan
gezielt auf Optimierungen ausgerichtet werden. Ob
sich der faktorbasierte Ansatz oder die Norm SIA 386.
110 schlechthin bei Bauherren und Planern durchsetzen werden, wird sich zeigen müssen. Mit dem
Programm Gebäudeautomation hat KliK auf jeden Fall
aber einen Anstoss dazu gegeben.
Fazit
Der Einfluss der Gebäudeautomation auf die Energieeffizienz eines Gebäudes ist gross. Mit dem faktorbasierten Ansatz nach Norm SIA 386.110 steht ein
Harry Bleiker, Dipl. HLK-Ing. FH SIA, ist Inhaber und Geschäftsführer von Bleiker & Partner Ingenieure AG und akkreditierter Projektbegleiter im Programm Gebäudeautomation
der Stiftung KliK
1
www.gebaeudeautomation.klik.ch
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