Öffentliche Werbung im Sinne der Anlagefondsgesetzgebung: Ein

Werbung
NEWSLETTER
September 2003
Öffentliche Werbung im Sinne der Anlagefondsgesetzgebung:
Ein neues Rundschreiben der Eidgenössischen Bankenkommission
In der Schweiz haben Angebot und Vertrieb
ausländischer Anlagefonds in den letzten Jahren
einen bemerkenswerten Aufschwung erlebt. Dieser
ist zum einen auf die zunehmende Beliebtheit von
"Hedge Funds" zurückzuführen und zum anderen
auf den technologischen Fortschritt, im besonderen
den Vertrieb über das Internet.
Angebot und Vertrieb ausländischer Anlagefonds
in oder von der Schweiz aus unterliegen dem
Bundesgesetz über die Anlagefonds vom 18. März
1994 ("Anlagefondsgesetz"). Grundsätzlich erfordert jede Art der "öffentlichen Werbung" für
ausländische Anlagefonds die vorgängige Einholung einer Bewilligung bei der Eidgenössischen
Bankenkommission ("EBK"). Diese hat kürzlich ein
lange erwartetes Rundschreiben über den Begriff
der "öffentlichen Werbung" veröffentlicht, das am
1. Juli 2003 in Kraft getreten ist. Der vorliegende
Newsletter fasst die wichtigsten Aspekte dieses
Rundschreibens zusammen.
Nach dem neuen Rundschreiben ist der Begriff der
"Werbung" weit zu verstehen. Er umfasst unter
anderem Print- und elektronische Medien,
Streusendungen ("direct mail"), Prospekte, Informationsschreiben an die Kunden von Banken und
anderen Finanzintermediären, Pressekonferenzen,
Telefonmarketing ("cold calling"), "Road Shows",
gesponserte Reportagen über Anlagefonds und
Hausbesuche bei Kunden.
Keine Werbung liegt dagegen vor, wenn Kunden
Zeichnungsaufträge für Fondsanteile aus eigener
Initiative erteilen oder von sich aus Informationen
über Fonds verlangen.
Der Begriff "öffentlich"
Nach dem Rundschreiben ist Werbung für ausländische Anlagefonds in oder von der Schweiz aus
grundsätzlich dann "öffentlich", wenn sie sich
während eines Geschäftsjahrs an mehr als 20
Personen richtet. Dies gilt unabhängig davon, wie
diese Personen angesprochen werden, oder ob die
Werbung Erfolg hat.
Der Begriff "Werbung"
In bezug auf Angebot und Vertrieb ausländischer
Anlagefonds in der Schweiz bestimmt das
Anlagefondsgesetz, dass jede Werbung als öffentlich gilt, die sich nicht bloss an einen eng
umschriebenen Kreis von Personen richtet.
Die Beschränkung auf 20 Personen entspricht der
langjährigen Praxis der EBK. Die Bezugnahme auf
"ein Geschäftsjahr" ist dagegen neu.
Vom genannten Grundsatz sieht das Rundschreiben zwei Ausnahmen vor.
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Zum einen liegt nach dem Rundschreiben dann
keine öffentliche Werbung vor, wenn ausländische
Anlagefonds ausschliesslich institutionellen Anlegern mit professioneller Tresorerie unter Einsatz
der für dieses Geschäft üblichen Werbemittel
angeboten werden. Diese Ausnahme gilt insbesondere für Angebot und Vertrieb an Banken,
Effektenhändler, Fondsleitungen, Versicherungen,
Pensionskassen, öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie Industrie- und Handelsbetriebe.
Nach dem Anlagefondsgesetz bedarf einer Vertriebsträger-Bewilligung der Aufsichtsbehörde, wer
gewerbsmässig Anteile eines Anlagefonds anbietet
oder vertreibt, ohne der Fondsleitung oder der
Depotbank anzugehören.
Bei kleineren Pensionskassen, öffentlich-rechtlichen
Körperschaften sowie Industrie- und Handelsbetrieben kann das Erfordernis der "professionellen
Tresorerie" von Bedeutung sein. Diesbezüglich
verlangt die EBK, dass mindestens eine fachlich ausgewiesene, im Finanzbereich erfahrene Person damit
betraut ist, die Finanzmittel des entsprechenden institutionellen Anlegers dauernd zu bewirtschaften.
Das Rundschreiben stellt nun klar, dass sowohl der
direkte wie auch der indirekte Vertrieb von
Anlagefonds über "verwaltete Fondskonti" auf der
Stufe des Vertriebsträgers eine Bewilligung erfordert.
Entgegen dem Wunsch eines Teils der betroffenen
Marktteilnehmer gelten vermögende Privatkunden
("High Net Worth Individuals") sowie unabhängige
Vermögensverwalter nach dem Rundschreiben
nach wie vor nicht als institutionelle Anleger.
Ausnahme bei "Vermögensverwaltung"
In der Vergangenheit haben verschiedene Marktteilnehmer versucht, dieser Bewilligungspflicht
dadurch zu entgehen, dass sie Anlagefonds indirekt
über sogenannte "verwaltete Fondskonti" anboten.
Soweit Vertriebsträger auf dieser Grundlage neu
einer Bewilligung bedürfen, haben sie bis zum
30. Juni 2004 bei der Aufsichtsbehörde ein entsprechendes Gesuch einzureichen.
Öffentliche Werbung via Internet
Die wichtigste Neuerung des Rundschreibens dürfte darin bestehen, dass der regulatorische Rahmen
für den Vertrieb von Anlagefonds über das Internet
geklärt wird.
Zum anderen liegt nach dem Rundschreiben auch
dann keine öffentliche Werbung vor, wenn ein
Vermögensverwalter für Rechnung seines Kunden
Zeichnungsaufträge für Fondsanteile erteilt. Dies
setzt jedoch voraus, dass ein schriftlicher, entgeltlicher Vermögensverwaltungsvertrag zwischen dem
Kunden und dem Vermögensverwalter besteht, der
den Richtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung für Vermögensverwaltungsaufträge oder
gleichwertigen Standards entspricht.
Nach dem Rundschreiben stellt der Inhalt einer
Website dann "öffentliche Werbung" für Anlagefonds in der Schweiz dar, wenn er sich an Anleger
mit Sitz bzw. Wohnsitz in der Schweiz richtet,
indem etwa Hinweise auf Schweizer Kontaktadressen gemacht oder Preise in Schweizer
Franken angegeben werden.
Anders als im Entwurf des Rundschreibens vom
November 2002 vorgesehen, gilt keine entsprechende Ausnahme für die blosse Vermögensberatung.
Zum einen liegt keine öffentliche Werbung in der
Schweiz vor, wenn die Website ein Angebot an
Anleger in der Schweiz ausdrücklich ausschliesst
und zu diesem Zweck einen klar ersichtlichen und
Auch von diesem Grundsatz gibt es allerdings zwei
wichtige Ausnahmen.
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Verwaltete Fondskonti
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Ausnahme für "institutionelle Anleger"
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spezifischen "Disclaimer" (Haftungsausschlussklausel) aufweist.
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Zum andern stellt ein Angebot von Anlagefonds
über das Internet auch dann keine öffentliche
Werbung in der Schweiz dar, wenn Zugangsbeschränkungen bestehen, welche die Feststellung
des Sitzes bzw. Wohnsitzes des potentiellen
Anlegers ermöglichen. Sofern dieser Sitz bzw.
Wohnsitz in der Schweiz hat, muss ihm der Zugriff
auf jene Websites verweigert werden, welche
Hinweise auf in der Schweiz nicht bewilligte
Anlagefonds enthalten.
Ausblick auf bevorstehende Gesetzgebungsprojekte
Das neue Rundschreiben hat das Verdienst, die
Praxis der EBK in bezug auf Angebot und Vertrieb
ausländischer Anlagefonds zu klären, indem es den
Begriff der öffentlichen Werbung präzisiert. Wie
eingangs erwähnt, handelt es sich bei diesem
Begriff um den eigentlichen Dreh- und Angelpunkt
für die Beantwortung der Frage, ob Angebot und
Vertrieb eines ausländischen Anlagefonds in der
Schweiz bewilligungspflichtig sind.
Dabei hat die EBK darauf verzichtet, die Ausnahme
von der Bewilligungspflicht für "institutionelle
Investoren" auf vermögende Privatkunden und unabhängige Vermögensverwalter auszudehnen, dies trotz
entsprechender Begehren von Marktteilnehmern.
Es wird jedoch erwartet, dass diese Branchenanliegen im Rahmen der geplanten Revision des
Anlagefondsgesetzes berücksichtigt werden. Ein
erster Entwurf zu einem "Gesetz über kollektive
Kapitalanlagen" wurde den zuständigen Bundesbehörden im März 2003 vorgelegt. Dieser Entwurf
ist noch nicht öffentlich erhältlich. Gemäss
Angaben des Sekretariats der EBK soll die Vernehmlassung im Herbst 2003 beginnen.
Die geplante Revision des Anlagefondsgesetzes
erfolgt vor dem Hintergrund mehrerer Gesetzgebungsprojekte, die allesamt bezwecken, die
Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz zu erhalten.
Im Vordergrund steht dabei die Schaffung einer
integrierten Finanzmarktaufsicht (d.h. einer
Aufsichtsbehörde für das Bank-, Anlage- und
Versicherungsgeschäft) sowie der Erlass der entsprechenden Gesetze und Verordnungen.
Auch wenn der Entwurf des "Gesetzes über kollektive Kapitalanlagen" noch nicht veröffentlicht
wurde, sind die wichtigsten Reformvorschläge
bekannt. Entsprechend hat die öffentliche Auseinandersetzung über verschiedene besonders
kontroverse Themen bereits begonnen:
So ist etwa beabsichtigt, dass das neue Gesetz für
sämtliche Arten kollektiver Anlagen gelten soll
("same business, same rules"). Neu unterstellt
würden damit auch schweizerische "Investmentgesellschaften", d.h. kollektive Anlagevehikel,
die nach schweizerischem Gesellschaftsrecht
organisiert sind. Anlässlich der letzten Revision der
Anlagefondsgesetzgebung zu Beginn der neunziger
Jahre hatte der Gesetzgeber eine Unterstellung
derartiger Investmentgesellschaften noch abgelehnt.
Entsprechend fallen schweizerische Investmentgesellschaften derzeit nicht in den Anwendungsbereich des Anlagefondsgesetzes. Es ist zu erwarten,
dass sich die betroffene Branche gegen die beabsichtigte Unterstellung zur Wehr setzen wird; dies
im wesentlichen mit dem Argument, Investmentgesellschaften seien durch das Gesellschaftsrecht
und – sofern kotiert – durch das Börsenrecht bereits
hinreichend reguliert.
Weiter ist geplant, im Rahmen der Revision des
Anlagefondsgesetzes neu die Errichtung schweizerischer "open end" Investmentgesellschaften ("Société
d’investissement à capital variable", "SICAV") zu
ermöglichen. Derartige Investmentgesellschaften
mit einem variablen Aktienkapital sind nach geltendem Schweizer Aktienrecht nicht zulässig.
Andere geplante Neuerungen sind weniger kontrovers: So sollen Schweizer Vertreter ausländischer
Anlagefonds künftig strenger beaufsichtigt werden.
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SCHELLENBERG WITTMER NEWSLETTER
SEPTEMBER
Weiter soll neu zwischen Anlageprodukten für
professionelle Anleger und solchen für Retail-Anleger
unterschieden werden. Zudem ist beabsichtigt, die
neusten Zielsetzungen und Grundsätze der
"International Organization of Securities Commissions"
("IOSCO") sowie die Rechtsentwicklung in der EU zu
berücksichtigen. In bezug auf die zulässigen
Anlagerichtlinien für Schweizer Anlagefonds will die
Schweiz weiterhin einen liberalen und attraktiven
regulatorischen Rahmen anbieten.
Unsere Erfahrung in diesem Bereich
Schellenberg Wittmer berät in- und ausländische
Klienten seit Jahren in bezug auf sämtliche Aspekte
der schweizerischen Anlagefondsgesetzgebung.
Dabei vertreten wir Klienten auch in Bewilligungsverfahren für den Vertrieb ausländischer
Anlagefonds vor der EBK. Zudem beraten wir
Klienten bei der Strukturierung von schweizerischen
und von Offshore-Funds sowie ähnlichen kollektiven Anlagevehikeln (etwa "Fund-Linked Notes").
Für weitere Auskünfte stehen Ihnen unsere Anwälte
in Zürich und Genf gerne zur Verfügung.
I In Zürich:
DR. MARTIN LANZ
[email protected]
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I In Genf:
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