Schöpfungsgeschichte, musikalisch erzählt

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Datum: 05.09.2015
Bieler Tagblatt
2501 Biel
032/ 321 91 11
www.bielertagblatt.ch
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 21'739
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 833.009
Abo-Nr.: 833009
Seite: 16
Fläche: 56'760 mm²
Schöpfungsgeschichte, musikalisch erzählt
Musik Zur Eröffnung des Musikfestivals Bern ist im Berner Münster die Genesis-Suite gespielt worden. Das Gemeinschaftswerk von sieben
Komponisten wurde vom Sinfonieorchester Biel Solothurn und dem Chor des Theaters Biel Solothurn aufgeführt.
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Gemeinschaftswerk: Sinfonieorchester und Chor des Theaters Biel Solothurn und Sprecherin Noömi Gradwohl. Philipp Zinnikerizvg
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Argus Ref.: 58970712
Ausschnitt Seite: 1/2
Bericht Seite: 20/52
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Daniel Andres
gen Orchestration unmittelbar zugängDas Musikfestival Bern eröffnete mit der lich ist. Ein weiterer Klassiker der MoSchweizer Erstaufführung des 55 Minu- derne, Igor Strawinsky, schrieb den letzten dauernden Werks, zu dem sieben ten Teil der Suite «Babel» über den Bau
Komponisten auf Einladung von Natha- des Turms und die babylonische Sprachniel Shilkret einen Beitrag geliefert ha- verwirrung. Auch diese Komposition beben. Sieben Komponisten notabene, die dient sich einer modernen Tonsprache,
aus Europa in die USA emigriert waren. auch wenn Strawinsky in gewisser HinUraufgeführt wurde die Genesis-Suite, sicht als Antipode von Schönberg galt, ist
die sich auf Texte der biblischen Schöp- aber auch milder als andere Werke des
fungsgeschichte stützt, 1945 in Los Ange- Komponisten aus dieser Zeit. In der
les, geriet aber anschliessend in Verges- Mitte steht die Geschichte von «Kain und
Komponisten nicht vor eingängigen, ja
süffigen und melodiösen Tonschöpfungen zurück, welche die Farbenpracht des
spätromantischen Orchesters sozusagen
der Suite von 1945 und eine spätere von Milhaud die Musik schrieb. Sie ist für
2000. Doch musste das Notenmaterial diesen Vertreter des «Groupe des Six»
teilweise rekonstruiert werden, weil Teile
aus Paris, welche eher eine unpathetische
davon offenbar verloren gegangen wa-
fülle der sieben Werkteile zu starker Wirkung, auch wenn die gelegentlich ans Kitschige grenzende Farbigkeit mit den Kli-
hemmungslos und wirkungsvoll und
auch eindrucksvoll ausnützten.
Üppige Klangfülle
Die Aufführung im Berner Münster mit
seiner die Musik stark unterstützenden
Akustik und mit einem gross besetzten
Bieler Sinfonieorchester und dem Thea-
senheit. Es gibt eine Plattenaufnahme Abel» zu der der Franzose Darius terchor brachte die Üppigkeit und Klang-
und antiromantische Musik anstrebte, schees von Harfenglissandi und dem
süsslichen Klang der Celesta manchem
ren.
doch recht üppig und farbenreich.
Nathaniel Shilkret, der Initiant der un-
gewöhnlichen Suite, war ein jüdischer Romantischer Klangrausch
Musiker, dessen Familie schon Ende des
19. Jahrhunderts aus Österreich nach den
USA ausgewandert war. Er hatte als Kind
und Jugendlicher Erfolge als Instrumentalist und Bandleader, schrieb zahlreiche
Klassikliebhaber fast zu buntscheckig erschien. Die Sprecherin No2mi Gradwohl
Gänzlich im spät- und nachromantischen hatte, trotz Verstärkung, oft Mühe, mit
Gefühlsrausch der Filmmusiken für Hol- den deutschen Bibeltexten aus der neuen
lywood bewegen sich die Beiträge von Zürcher Bibel, gegen die Klangmassen
Nathaniel Shilkret, Alexandrer Tansman,
zu bestehen.
Das Orchester klang unter der Fühteilweise sehr erfolgreiche Songs für Mario Castelnuovo-Tedesco und Ernst rung von Kaspar Zehnder vorzüglich und
Filme, dirigierte Orchester und spielte Toch. Da wird im gross besetzten Or- auch der Theaterchor konnte sich in teils
mit klassischen Stars wie Jazzgrössen zu- chester mit viel Blech, Schlaginstrumen- schwierigen Partien, etwa bei Schönberg,
ten, Harfe und Celesta ein bisweilen fast
sammen.
gut behaupten. Die Eröffnung des Berner
süsslicher Klangrausch erzielt, wie man
Musikfestivals wurde vor dem Konzert
ihn aus den grossen Filmepen dieser Zeit
Moderne Tonsprache
Er hatte die Idee, sechs andere jüdische
Komponisten, die vor dem Nazi-Regime
nach Kalifornien geflüchtet waren, zu
der Komposition einer Suite auf Texte
des Alten Testaments einzuladen.
Arnold Schönberg schrieb ein Prelude
im Münster und am Schluss auf dem
kennt. Es waren ja noch andere emig- Münsterplatz mit hundertfachem
rierte europäische Komponisten wie Schlagzeug, Feuerwerk und Glockengeetwa Erich Wolfgang Korngold, der in läut begangen.
jungen Jahren erfolgreiche Opern geschrieben hatte und nun wieder entdeckt Info: Die Genesis-Suite wird am Dienstag in
wird, für die amerikanische Filmindust- Königsfelden und am Mittwoch im Kongress-
«Die Erde war wüst und leer». Es ist eine rie tätig. Im Gegensatz zu Schönberg, haus von Biel (1. Sinfoniekonzert Tobs) auf-
strenge Zwölftonkomposition, die je- Strawinsky und Milhaud, die sich nicht
doch, wie die Aufführung in Bern zeigte, den Gesetzen der kommerzialisierten
für den Hörer vor allem dank ihrer farbi- Filmmusik unterwarfen, scheuten diese
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