Durch Traumwelten tanzen

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Datum: 14.06.2016
Bieler Tagblatt
2501 Biel
032/ 321 91 11
www.bielertagblatt.ch
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 20'793
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 833.009
Abo-Nr.: 833009
Seite: 14
Fläche: 81'316 mm²
Durch Traumwelten tanzen
Tanz Das Theater Orchester Biel Solothurn zeigt die dritte Tanzproduktion der Saison: Die Uraufführung von <<TraumRaum,.
Es tanzt die Dance Company betweenlines mit einer Choreographie der Solothurnerin Anja Gysin.
Burger// zvg
Gesichtslose Gestalten tauchen bisweilen auch in den eigenen Träumen auf. Sabine Burger
Annelise Alder
aneinander. Sich räkelnd und windend,
Der Saal wird abgedunkelt. Eine sanft wie grosse Krakenarme gleich, versuchen
zirpende Geräuschkulisse erfüllt den sie sich, voneinander zu lösen, sich aufzuRaum, wie in einer lauen Sommernacht richten, sich zu befreien.
im Süden. In der hinteren Mitte der Dies alles geschieht im ZeitlupenBühne schält sich aus dem Dunkel lang- tempo, aber beständig, einem inneren
sam ein auf dem Boden liegendes unför- Drang gehorchend. Ein starkes erstes
miges Gebilde heraus, bedeckt von einem Bild ist das. Auch, weil es keine Menweissen Tuch. Reglos liegt es ausgebreitet schen sind, sondern anonyme Figuren,
men ein Gesicht, zeigen Charakter und
aussen. An anderer Stelle wagt sich ein eng anliegende Ganzkörperanzüge geFuss hervor. Immer mehr versuchen die hüllt sind, sodass kein Gesicht erkennbar
sich abzeichnenden Figuren, sich von ist. Keine Menschlichkeit erfahrbar ist.
ihrem bedeckenden Korsett zu befreien. Doch dann entledigen sich die Figuren
Es gelingt endlich. Noch aber kleben sie langsam ihrer Verhüllung. Sie bekom-
dritte Produktion, die die 2012 gegründete Tanzcompagnie in Zusammenarbeit
Gefühle. Werden zu Menschen.
Zusammenarbeit mit Tobs
Die Menschen bewegen sich allerdings in
der surrealen Welt der Träume. «TraumRaum» nennt Anja Gysin denn auch ihre
Choreographie. Sie entstand für das Theater Orchester Biel Solothurn (Tobs) und
da. Doch es wird bald klar, dass da Leben die da allmählich aus ihrer Erstarrung er- feierte vergangenen Freitag ihre Premiere
drin steckt. Vorsichtig tastet sich eine wachen. Beklemmend auch, weil die un- in Solothurn. Es ist nach «Willkommen zu
Hand unter dem weissen Überwurf nach bekannten Wesen ganz in hautfarbene Hause» und «Bon Voyage» bereits die
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mit dem Tobs realisiert. Diesmal befasste
sich die Solothurner Choreographin Anja
Gysin mit der rätselvollen Welt der
ARGUS der Presse AG
Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich
Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01
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Argus Ref.: 61968903
Ausschnitt Seite: 1/2
Bericht Seite: 7/9
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Träume. Dies im Bewusstsein, dass im Spirale, in der die Frau gefangen ist und
Schlaf «die Kontrolle vollständig ans aus der sie sich nicht befreien kann. Oft
Unterbewusstsein abgegeben wird». Weil geht es in Gysins Bildern auch um den
der kontrollierende und korrigierende In- Kampf zwischen den Geschlechtern oder
tellekt ausgeschaltet ist, offenbart der den innerhalb eines Geschlechts. So rinMensch in seinen Träumen seine ureige- gen zwei Männer miteinander und kämpnen Gefühle und Handlungen, seine fen buchstäblich um ihr nacktes ÜberleÄngste, Sehnsüchte und Triebe. Gysin ben. Oder Mann und Frau tauschen ihre
geht es dabei vor allem darum, die «dunk- Kleider aus, schlüpfen so in die Rolle des
len und versteckten Seiten der Seele» dar- anderen. Nicht immer überzeugen die
Bilder in ihrer Aussagekraft. Manchmal
zustellen.
Die Tänzerinnen und Tänzer der Dance wirkt ihre Abfolge auch disparat. So wie
Company betweenlines tun dies aller- Träume sich eben aus zusammenhanglodings nicht mit den stilisierten Figuren sen Bildern zusammensetzen können.
und Bewegungen des klassischen oder Doch die Musik des Solothurners Samodernen Balletts. Sie wurden vielmehr muel Blatter sorgt für den Zusammenhalt
dazu angehalten, «ihre Grenzen abzutas- der Traumstationen und verleiht ihnen
ten und zu überschreiben», wie es im Pro- einen atmosphärischen Rahmen. Je nach
grammheft heisst. Ihre Bewegungen sind Bild wandelt sich der Musikteppich,
ganz den «persönlich empfundenen Er- nimmt Rhythmus und Struktur an, wird
lebnissen» der Darstellenden entsprun- konkret oder auch repetitiv, die Thematik
gen. Was dazu führt, dass die drei Tänze- des Surrealen durch geschickt eingeflochrinnen und zwei Tänzer nicht als homo- tene Musikzitate aufgreifend. Sie bildet
gene Gruppe auftreten. Sondern als Per- zu den auf der Bühne dargestellten
sönlichkeiten mit unterschiedlich stark
wirkender Körpersprache agieren. Sekundiert werden sie von einer Gruppe
von sieben Amateurtänzerinnen und tänzern.
Traumlandschaften eine zweite, auch
kommentierende Ebene. Auf der Bühne
die getanzten Träume, die Musik als
Traumdeuter: Ein beziehungsreiches
Zweigespann.
So wie Träume sich oft als Abfolge einzelner Sequenzen zu erkennen geben, ge- Link: www.tobs.ch
staltet Gysin den Tanzabend als ein Kontinuum mit fliessend ineinander überge- «Tra u m Ra u m»
henden Traumbildern. In jedem Bild
wird eine typische Traumerscheinung Choreographie: Anja Gysin
oder ein elementares menschliches Ver- Dance Company betweenlines: Marta
Capaccioli, Melanie Fuhrer, Sylvain Hehalten dargestellt.
Musik sorgt fiir Zusammenhalt
Mehrmals taucht das Bild des «Nichtlosreissen-könnens» auf: Zu sehen sind
Frauen, die versuchen, sich von ihren
Partnern loszureissen. Ein anderes Mal
meryck, Kathrin Knöpfle, Markus Kunas
sowie sieben Amateurtänzerinnen und
tänzer.
Dramaturgie: Marion Rothhaar
Musik: Samuel Blätter
Aufführung: Premiere in Biel am Frei-
ist es eine sich immer schneller drehende tag, 17. Juni, 19.30 Uhr, Stadttheater.
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