Einzelhandels- und Konsumtrends aus den USA

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COMPETENCE CIRCLES WHITEPAPER
VERTRIEBSKANALMANAGEMENT NR. 2 | 16
Multi-Channel-Management
Editorial
Wer sind wir?
Neue Geschäftskonzepte, die Digi­
talisierung bestehender Geschäfts­
modelle und neue Kundenerwar­
tungen stellen traditions­
reiche
Branchen und klassische Vertriebs­
wege auf den Kopf.
Der Competence Circle hat sich zum
Ziel gesetzt, Transparenz zu schaf­
fen und wissenschaftlich untermau­
erte Lösungswege und Best
Practices aufzuzeigen. Im Fokus
stehen Fragen wie: Welche Absatz­
wege gibt es heute und welche Her­
ausforderungen bergen diese?
Klassische vs. neue Kanäle – Diver­
genz, Konvergenz oder Integration?
Was erwarten die heutigen und
zukünftigen Kunden? Multi-Chan­
nel, Cross-Channel, Omni-Channel –
Welche Strategie ist die richtige und
welche technischen Lösungen
stehen zur Verfügung?
Inhaltliche Schwerpunkte, u.a.:
Best Practices, Herausforderun­
gen, Kanalkonflikte und Vertriebs­
strategien.
Einzelhandels- und Konsumententrends
in den USA und Rückschlüsse auf zu­
künftige Entwicklungen in Deutschland
Multi-Channel-Management verändert
den Einzelhandel nachhaltig, und
Händler stehen vor der Entscheidung,
wie sie auf diese Veränderungen
reagieren sollen. Zentrale Treiber sind,
wie im ersten Whitepaper dargelegt,
die gestiegene Bedeutung von
E-Commerce und Bestandskundenmarketing sowie ein gänzlich verändertes Kon­sumentenverhalten.
Amerikanische Konsumenten gelten
als erfahrener und anspruchsvoller
im Umgang mit E-Commerce und
amerikanische Unternehmen als fortgeschrittener bei der Verschmelzung
von Online- und Offline-Welten. Einer
der Gründe hierfür dürfte in der
unterschiedlichen Altersstruktur der
Bevölkerung in den USA und Deutschland liegen, was den Anteil der Digital
Natives beeinflusst. 2014 waren in den
USA etwa ein Drittel der Bevölkerung
unter 25 Jahren, während es in
Deutschland weniger als ein Viertel
war. Die generell jüngere Bevölkerung
in den USA zeigt sich auch am MedianAlter: 37.6 Jahre in den USA gegenüber
46.1 Jahren in Deutschland (2014).
Viele der Entwicklungen aus den USA
sind – teils zeitverzögert – auch in
Deutschland zu erwarten. Dieses Whitepaper
betrachtet
einerseits
das für Multi-Channel-Management
relevante Konsumentenverhalten, wie
beispielsweise die stärkere Nutzung
von Online- und Mobil-Kanälen. Auf
der anderen Seite beschreibt es auch,
wie amerikanische Einzelhändler auf
die Veränderungen des Konsumentenverhaltens reagieren und es weiter
mitverändern.
Der erste Schritt gilt dem Blick auf die
Strategie desjenigen Unternehmens,
welches die Online-Welt durch innovative Produkte und Geschäftsmodelle
entscheidend geprägt hat und immer
wieder zu Verände­rungen zwingt.
Inhalt
Management-Summary
01
Vertriebskanalmanagement
02
Autoren
08
Fazit
08
Leiter des Competence Circle:
Herr Dennis Radau
Kontaktdaten:
[email protected]
01 | 08
COMPETENCE CIRCLES WHITEPAPER
VERTRIEBSKANALMANAGEMENT NR. 2 | 16
Vertriebskanalmanagement
Amazon ist unaufhaltsam und wird die Branche
auch in Zukunft weiter maßgeblich verändern
Erst etwas über 20 Jahre alt hat sich
Amazon nicht nur als eines der führenden online-basierten Einzelhandelsunternehmen der Welt etabliert
(neben Alibaba und eBay), sondern
hat die gesamte Branche zu immensen und zügigen Veränderungen gezwungen. Inzwischen starten 44% aller
produktbezogenen Recherchen und
Einkäufe in den USA auf Amazon (34%
auf Suchmaschinen und 21% auf den
Webseiten anderer Einzelhändler),
und Amazon hat über 25% Marktanteil im US-Online-Markt. Mit ständigen Innovationen in allen Abschnitten der Wertschöpfungskette, die alle
im Endeffekt den Einkaufsprozess für
die Kunden verbessern, scheint das
enorme Wachstum — zwischen 13,215,1% in den ersten drei Quartalen 2015
bei weiterhin instabiler Profitabilität
— weiterzugehen. Aktuellere Neuerungen sind unter anderem die Einführung des Amazon Dash Button zur
automatischen Nachbestellung von
Artikeln des täglichen Gebrauchs, die
Ausweitung des Lebensmittel-Dienstes Amazon Fresh, der daten-basierte
Amazon-Buchladen in Seattle, die mit
dem Amazon-Logo versehene Lastwagenflotte zum effizienteren Warentransport zwischen Amazon-Distributionszentren und Amazon Echo, ein
intelligenter Lautsprecher mit
sprachbasierten Funktionen wie
z.B. Wunsch-Musik abspielen, Regulierung von Smart
Home-Einstellungen
und
die Erstellung von Amazon-Einkaufslisten. Außerdem hat Amazon an dem
Drohnenprojekt weitergearbeitet für den geplanten
Amazon Prime Air-Dienst zur
schnelleren Auslieferung von
Bestellungen (30 Minuten oder
weniger; eine große Herausforderung für die Aufsichtsbehörden).
Neben dem eigenen starken Wachstum wird Amazon auch weiterhin großen Einfluss auf die Veränderungen
der Branche haben, indem es Kunden
mit allen Annehmlichkeiten verwöhnt
und damit vormacht, was möglich
ist. Einer aktuellen Schätzung nach
werden bis 2020 etwa die Hälfte aller
amerikanischen Haushalte Mitglieder
des Amazon Prime-Dienstes sein, der
für $99 pro Jahr eine zweitägige Lieferzeit und andere Annehmlichkeiten
wie den Zugang zu exklusiven Filmen
bietet. Bei dem günstigen Angebot
ist ein Wachstum des bequemen und
preisgünstigen One-Stop-Shoppings
bei Amazon vorprogrammiert.
Als globale Firma überträgt Amazon
natürlich Produkte und Strategien nach Deutschland. So schließt
Deutschland-Chef Ralf Kleber den
Einstieg ins stationäre Geschäft auch
für Deutschland nicht aus, mit Berlin
als möglichem ersten Ziel. Mit Amazon Pantry gibt es nun auch einen
Amazon-Lebensmittellieferdienst
in
Deutschland, und Amazon Prime als
Fokusprodukt mit Kundenbindungsfunktion wird ebenfalls stark vermarktet. Noch nicht verfügbar sind bisher
der Amazon Dash Button und Amazon
Echo, aber es dürfte nur eine Frage der
Zeit sein, bis auch diese Angebote in
den deutschen Markt vordringen.
Bequemlichkeit als Kaufgrund – Einkäufe des täglichen Bedarfs werden
immer mehr auf Online verlagert
Nicht allein wegen Amazon und des
ausgelösten Dominoeffekts in der
Branche haben sich amerikanische
Konsumenten an ein neues Niveau
von Einkaufsbequemlichkeit gewöhnt.
Niemand hat Zeit und so werden
zeit- und energieraubende Einkäufe
verstärkt online getätigt, vor allem
zweckmäßige – und für viele Konsumenten lästige – Einkäufe wie zum
Beispiel zum Aufstocken von regelmäßig gebrauchten Artikeln wie Lebensmittel, Baby-, Haustier-, Schönheits02 | 08
und Haushaltsartikel. Dafür gibt es
Abo- und Nachbestelldienste wie zum
Beispiel den Amazon Dash Button
oder den Target Subscriptions-Dienst
(mit kundenspezifischen Nachbestell­
daten). Amazon bietet außerdem
den Prime Pantry-Dienst, der Artikel
des täglichen Bedarfs für eine feste
Gebühr von $5.99 pro Lieferung, unabhängig von der Größe und des Gewichts, liefert.
Obwohl es bisher klar ein Nischenmarkt ist, werden Online-Lebens-
mittelbestellungen immer üblicher,
vor allem in Ballungszentren wie
New York, Los Angeles, Philadelphia,
San Francisco, Chicago und Seattle.
Nach einem Nielsen-Report zufolge
bestellen inzwischen 12% der US-Haushalte Lebensmittel online, obwohl der
Online-Lebensmittelumsatz
einem
anderen Bericht zufolge nur auf
etwa 1% geschätzt wird. Die Beratungsfirma Brick Meets Click schätzt
den Online-Lebensmittel-Marktanteil
auf 11–17% bis zum Jahre 2023. Neben
COMPETENCE CIRCLES WHITEPAPER
Amazon Fresh sind die Lebensmittelhändler FreshDirect und Peapod
sowie
Zusammensteller
Instaca
Hauptaktere, die ausschließ­­­lich online agieren. Die Wirtschaftlichkeit des
Online-Lebensmittelhandels gilt es
allerdings noch zu optimieren. Derzeit
sind die Kosten hoch und der finanzielle Erfolg unter dem Strich fraglich.
Walmart hat einen Click-and-CollectDienst gestartet. Andere traditionelle
Lebensmittelhändler wie Giant, Wegmans und ShopRite steigen immer
mehr ins Online-Geschäft ein und
bieten neben Hausanlieferung auch
Click-and-Collect-Dienste an.
Amazon hat auch dieses Geschäftsmodell nach Deutschland übertragen
mit der Einführung des Pantry Diens-
VERTRIEBSKANALMANAGEMENT NR. 2 | 16
tes. Sicherlich wird dies, wie auch viele andere Initiativen, neue Anbieter
und Online-Investitionen wie die
der Rewe zu einem Wachstum
des derzeit vernachlässigbaren
Lebensmittel-OnlineHandels führen. Dabei gehen die Prognosen über
die zukünftige Bedeutung
des
Lebensmittel-OnlineHandels weit auseinander.
Die Betrachtung des amerikanischen Marktes zeigt, dass
auch dort ungeachtet der zahlreichen Anbieter und innovativen
Dienstleistungen dieser Markt noch
keine starke Bedeutung hat. Dies und
die starke Preissensitivität des deutschen Verbrauchers (s.u.) lassen eher
erwarten, dass der Marktanteil des
deutschen Lebensmittel-Online-Handels auch mittelfristig gering sein wird.
Kunden denken nicht in Kanälen
Kunden denken hauptsächlich an ihr
Einkaufsziel, d.h. was sie kaufen
möchten, den Einkaufsprozess (Einkaufserlebnis und Bequemlichkeit),
das Preis-/Leistungsverhältnis und
ihre bevorzugten Händler und Marken,
und zwar ganzheitlich. Kunden erwarten nahtlose Multi-Channel-Optionen,
was nicht nur eine Vielzahl an Informations-- und Kaufkanälen voraussetzt, sondern auch deren Verknüpfung wie zum Beispiel, dass dem
Händler
Kundendaten
zwischen
Online- und Offline-Kanälen bekannt
sind.
Dementsprechend beeinflussen diese
Multi-Channel-Optionen auch nachweislich die Kundenzufriedenheit.
Logistisch und informationstechnisch
beinhaltet das unter anderem auch
höhere Anforderungen, die Kosten
gene­
rieren und Zeit zur Umsetzung
erfordern. Zum Beispiel müssen für
eine naht­
lose Online-Offline-Inte­
gration Verfügbarkeitsinformationen
gesuchter Artikel in stationären
Geschäften online zugänglich gemacht
und
Click-and-Collect-Bestellungen
zur Abholung im Laden vorbereitet
werden. Mit 13% aller Online-Käufer
nutzen amerikanische Konsumen­
ten derartige kanalverknüpfende Dienste stärker als
deutsche Konsumenten
(5%). Bemerkenswert
hoch ist die Nutzung
in
Groß­britannien
mit 35%.
Kundenerwartungen
bilden sich auch
durch Übertragung
der
besonderen
Vorzüge eines Kanals
auf die Annehmlichkeiten eines anderen.
Zum Beispiel haben Kunden in stationären Läden
inzwischen höhere Anforde-
rungen an Informationszugang und
Empfehlungen, weil sie es von Online-Einkäufen gewohnt sind, Produktund Preisinformationen und Kundenrezensionen schnell und einfach
nachzuschauen. Einzelhändler können
kaum mithalten mit den Kundenerwartungen und hinken Kunden technologisch zum Teil nach.
Dieses kanalblinde Denken ist grundsätzlich relevant für Kunden, die mehrere Vertriebskanäle nutzen. In
Deutschland sind dies gemäß einer
Roland Berger-Studie aus 2013 40%.
Die restlichen 60% sind rein stationäre Käufer. In den USA ist laut StatistaAngaben Ende 2014 für nur 21% der
Kunden der gesamte Kaufprozess bei
Multi-Channel-Händlern von der Informationssuche bis zum Kauf rein
stationär abgelaufen ist, während für
39% der Einkaufsprozess gänzlich online abgeschlossen wurde.
Damit ist die Notwendigkeit der
Vertriebskanalintegration bzw. des
Angebots von Cross-Channel Services
grösser, wobei auch ein weiteres
Wachstum in Deutschland zu erwarten
ist, unter anderem auch aufgrund der
weiteren Verbreitung und Nutzung von
Smart Phones.
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COMPETENCE CIRCLES WHITEPAPER
VERTRIEBSKANALMANAGEMENT NR. 2 | 16
Handy als Schlüsselkanal und Fernbedienung des Lebens
Auch die zunehmende Verfügbarkeit
des Mobile Commerce führt dazu, dass
Kunden immer nahtloser zwischen
Kanälen hin- und herwechseln und
sie weniger an den spezifischen Kanal
denken. Fast 60% der US-Bevölkerung
und ca. 55% in Deutschland besitzt
inzwischen ein Smart Phone. Neben allerlei anderen Funktionen—von
Kommunikation und Unterhaltung zu
Fotoapparat, Wecker, Bedienung von
Haussicherheits-, Heiz- und Kühlsystemen zur Aufzeichnung von Fitnessund Gesundheitsdaten—, werden Handys auch als Einkaufsmedium immer
beliebter. Zwar machten in den USA
Käufe per Handy 2015 nur knapp 2%
des Gesamtumsatzes aller Kanäle aus.
Aber es waren etwa 25% bis fast 30%
aller Online-Einkäufe, die in den USA
wie auch in Deutschland über ein mobiles Gerät, Tablets eingeschlossen,
getätigt wurden, was eine Steigerung
zum Vorjahr darstellt. Laut Adobe kamen 51% der Online-Käufe und 29%
des Online-Umsatzes am Thanksgiving-Wochenende 2015 in den USA von
mobilen Geräten, eine Steigerung von
12% zum Vorjahr. Gartner erwartet,
dass der Anteil bis 2017 auf 50% steigt.
In China und Süd-Korea sind es schon
jetzt fast 50% bei einem Gesamtanteil
mobiler Käufe am Handelsgesamtumsatz von 5-8%. Amazon, eBay, Target
und Walmart sind führende Händler in
den USA im Mobile Commerce. Für den
Amazon Dash Button spielt das Handy ebenfalls eine zentrale Rolle, unter
anderem für die Nachbestellungsbestätigung. Der Anteil der Einzelhändler,
die ihre Websites auf Mobile Commerce ausgerichtet haben, liegt je nach
Quelle in beiden Ländern nur bei 1525% und zeigt somit in Anbetracht des
prognostizierten Mobile Commerce
Wachstums großen Handlungsbedarf
auf.
Neben dem steigenden mobilen Transaktionsvolumen und –wert haben Mobilgeräte vor allem eine immer wichtigere Funktion in verschiedenen Phasen
des Kaufprozesses, selbst wenn Kunden im Endeffekt im Laden oder per
Desktop-Computer kaufen. Handys
werden zum Beispiel für die Infosuche
genutzt (Kunden-Kommentare zu Produkten und Händlern, Preisvergleiche,
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etc.) und zum Empfangen von Angeboten per Email und SMS-Nachrichten.
Laut der PwC Total Retail 2016-Studie
haben fast 33% der deutschen HandyNutzer ihr Handy benutzt, um Preisvergleiche zu machen oder Produktinformation zu suchen. In den USA liegt der
Anteil bei etwas über 29%. Das macht
nutzerfreundliche, bequeme Apps und
Webseiten zu einer immer wichtigeren
Priorität für Händler.
Auch für den lokalen stationären Handel haben Handys eine immer größere Bedeutung. So suchen Kunden per
Handy zum Beispiel nach Läden in der
lokalen Umgebung, die bestimmte Artikel führen, und schauen deren Vorratszahlen nach (falls vorhanden), bevor
sie gezielt in die gefundenen Geschäfte
gehen. Dies ist auch für die neuen lokalen Online-Marktplätze in Deutschland relevant. Für Händler ist es umso
wichtiger, durch Search Engine Optimization so weit oben wie möglich auf
der Liste der Suchergebnisse zu landen, damit der Link auf dem kleinen
Bildschirm direkt gesehen wird.
Handys werden auch zunehmend zum
Bezahlen benutzt, wenn die Häufigkeit
auch derzeit noch relativ gering ist.
Verschiedene Unternehmen — unter
anderem Finanzinstitute (z.B. MasterCard, Visa, American Express), Technologieunternehmen (z.B. PayPal, Apple,
Google/Android, Samsung, Square,
Jawbone) und Einzelhändler (z.B. Starbucks, Walmart, Target) investieren
in mobile Bezahlsysteme. Forrester
schätzt, dass sich mobile Bezahlungen
von 2014 bis 2019 fast verdreifachen
werden (von $52 Milliarden auf $142
Milliarden). Die verstärkte Nutzung
dürfte auch die Zahl von auf Handys
geschickten Angeboten und Einlösungsquoten erhöhen, da Coupons in
Bezahlsystemen gespeichert werden
könnten.
Wieviel Potential gute nutzerfreundliche Apps haben, zeigen unter anderem die äußerst erfolgreichen Apps
von Starbucks und Uber. Die Starbucks App verknüpft ein Bestell- und
Bezahlsystem mit dem “My Starbucks
Rewards” Kundentreueprogramm. Der
Erfolg von Uber wäre undenkbar ohne
deren nutzerfreundliche App, von der
sowohl die Fahrer als auch die Passagiere profitieren, unter anderem durch
datenbasierte aktuelle, nützliche Informationen, wie z.B. wo sich der angeforderte Fahrer befindet oder wo für
Fahrer die besten Orte sind, auf neue
Aufträge zu warten.
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VERTRIEBSKANALMANAGEMENT NR. 2 | 16
Preis- und Wertorientierung spielt eine immer größere Rolle
Während Sparsamkeit in der deutschen Mentalität steckt, hat das Konzept in den USA vor allem durch die
Wirtschaftsschwäche der letzten Jahre
an Bedeutung gewonnen (neben
gleichzeitiger Bequemlichkeitsorientierung wie oben erläutert am Beispiel
der steigenden Online-Bestellungen,
sowie Beliebtheit von differenzierten
Konzepten wie unten angesprochen).
Discounter werden auch in den USA
immer beliebter, nicht nur im Lebensmittelbereich, wo sich Aldi und Trader
Joe’s wachsender Beliebtheit erfreuen
und Marktanteile gewinnen und Lidl
sich auf seinen USA-Eintritt sorgfältig
vorbereitet.
blierten Warenhäusern wie Nordstrom
Rack, Saks Off 5th, Neiman Marcus
Last Call und seit neuestem Macy’s
Backstage. All diese Discounter sind
übrigens aufgrund ihres variierenden,
nicht standardisierten Sortiments und
der Schnäppchenjagd-Philosophie der
Kunden sicherer gegenüber Amazon.
Fast Fashion-Marken wie Forever 21,
H&M, Zara, Uniqlo und seit neuestem
Primark sind sehr beliebt, vor allem
bei jüngeren Segmenten. Grosse Rabatte, oft 20-50%, in Modegeschäften
wie zum Beispiel the Gap, Old Navy
und J. Crew sind inzwischen gang und
gäbe, und Konsumenten haben sich
daran gewöhnt.
Der Dollar Store-Sektor ist stark gewachsen (zwischen 4-6% pro Jahr zwischen 2009-2012), obwohl das Wachstum etwas geringer geworden ist seit
2013. Auch die kostengünstigen Club
Stores sind beliebt. Im Modebereich
sind Off-Price-Läden wie TKMaxx, Marshalls, Ross und Burlington erfolgreich
wie auch die Discount-Ketten von eta-
Eine Preispolitik, die immer häufiger
vorkommt, nicht nur im Einzelhandel,
sondern auch für die Nutzung von
Zollstrassen, Parken, Zoo-Eintritt, Skipässe und Internetverbindungen auf
Flügen, ist dynamisches Pricing, nicht
nur online, sondern nun auch in stationären Läden. Zum Beispiel hat Kohl’s
elektronische Preisschilder in 1.200
Läden, die jederzeitige Preisänderungen erlauben basierend auf der aktuellen Nachfrage.
Auch in Deutschland greifen Händler
die Möglichkeiten der neuen Technologien auf, um ihr Pricing flexibler zu
gestalten. So wird dynamisches Pricing immer häufiger eingesetzt wie
zum Beispiel bei Amazon, wo die Preise für das gleiche Produkt teilweise
innerhalb weniger Stunden um bis zu
240% schwankten. Und auch erste
elektronische Preisschilder kommen
im stationären Handel zur Anwendung. Die Media-Saturn Holding beispielsweise hat nach einer Testphase
beschlossen, sukzessive 430 Läden im
Bundesgebiet hiermit auszustatten.
Es wird sich jedoch zeigen, ob deutsche Konsumenten nicht kritischer auf
individuelle Preise und häufige Preisanpassungen reagieren als amerikanische Konsumenten. Erste Studien
zur Kundenakzeptanz zeigen, dass dynamisches Pricing mit individuellen
Preisen ein Image-Risiko beinhaltet.
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Differenzierung und Erlebniseinkäufe bestimmen den Erfolg der
stationären Läden und Malls
Neben Bequemlichkeit und Preis ist
Differenzierung — z.B. durch Qualität,
Innovation in kundenrelevanten Bereichen, Beratung, engagierende Kunden­
ansprache, Personalisierung und Unterhaltung, um Einkaufen zum Erlebnis zu
machen — ein weiterer Erfolgsfaktor.
US-Einzelhändler, die sich durch Differenzierung hervortun, sind zum Beispiel
Nordstrom (Service, ständige Sortimentsinnovation, Mobil-Ausrichtung,
Online-Offline-Integration, Social Media), Sephora (Kosmetik zum Ausprobieren, Beratung) und Rebecca Minkoff,
deren digital ausgestattete und vernetzte Läden interaktive Wände und Spiegel
integrieren und Artikel per RFID-Anhänger erfassen. Die Technologie ermöglicht unter anderem das Auswählen von
anzuprobierenden Kleidungsstücken,
die Bestellung von Getränken und die
Buchung von Umkleidekabinen. In der
Umkleidekabine lassen sich die Lichtverhältnisse über den interaktiven Spie-
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gel anpassen und andere Größen bestellen. Warby Parker ist ein innovativer
Pionier im Online-Verkauf von verschreibungspflichtigen Brillen, der anfangs
nur online agierte. Zwar gibt es inzwischen auch stationäre Warby Parker-Geschäfte, doch nach wie vor können Kunden für fünf Tage fünf Brillen kostenlos
und ohne Versandgebühren zur Auswahl
bestellen. Per Social Media können Kunden dann von Warby Parker-Angestellten, ihrem eigenen sozialen Netzwerk
und anderen Social Media-Nutzern Feedback zum Aussehen der Brillen bekommen, wenn sie Fotos von sich mit den
Brillen einstellen und mit dem Hashtag
#WarbyHomeTryOn versehen.
Die Sport- und Freizeitmodefirmen
Lululemon und Athleta bieten kostenlose Yoga-Stunden im Laden und auch
Laufprogramme an, was weitere erfolgreiche Beispiele für differenzierende
Kunden­bindungsprogramme sind. Jegli-
che Initiativen, die einen Ladenbesuch
für Kunden attraktiv machen, helfen
stationären Geschäfte wettbewerbs­
fähig zu bleiben gegen die OnlineKonkurrenz. Das ist speziell für die Malls
in den USA und deutsche Innenstädte
besonders wichtig, um ihre Anziehungskraft für Kunden zu erhalten und dem
Frequenzverlust entgegenzuwirken.
In der Modewelt versuchen inzwischen
viele Marken, einschließlich Rebecca
Minkoff, Proenza Schouler, Thakoon
und selbst Banana Republic, Modenschauen mehr auf Endkunden (statt
wie traditionell auf Facheinkäufer) auszurichten und statt Kollektionen für die
nächste Saison die aktuelle Kollektion
zu zeigen, um sie direkt käuflich zu
machen. Modenschauen könnten dann
exklusive Veranstaltungen für geladene
Top-Kunden sowie Einzelhandelspartner werden — ein hochwertiger Weg zur
Kundenbindung.
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VERTRIEBSKANALMANAGEMENT NR. 2 | 16
Vertrauen in Technologie, Sharing Economy und
Geringhaltung von Verpflichtungen
Generell sind Amerikaner wohl im
Durchschnitt risiko- und experimentierfreudiger als deutsche Konsumenten, vor allem sobald Technologie
involviert ist, und wenn Datenschutz
auch eine wichtige Rolle in den USA
spielt, so ist die Besorgnis um das Thema generell jedoch nicht so groß wie in
Deutschland.
Diese Einstellung, zusammen mit einem ausgeprägtem Verbesserungs-,
Innovations- und Bequemlichkeitssinn,
ist mitverantwortlich dafür, dass Technologie in den USA früh vertraut und so
die entsprechende Infrastruktur frühzeitig geschaffen wurde, was auch die
Gründung technologie- und innovationsbasierter Unternehmen wie zum
Bespiel Amazon, eBay, Airbnb, Uber
und Tinder einen guten Nährboden
gegeben hat. Der weitflächigere offene
Internet-Zugang in den USA trägt auch
zu der größeren Online-Nutzung bei.
Die Risikobereitschaft und das Vertrauen in Technologie in den USA drücken
sich auch in kleinen Dingen aus, wie
zum Beispiel in unüblicher gewordenen
Quittungen für Kreditkartenzahlungen
über kleinere Beträge. In den USA ist
die weitaus dominierende OnlineBezahlmethode die Kreditkarte, wäh-
rend es Bezahlung auf Rechnung nach
Empfang der Ware generell nicht gibt.
Die in Deutschland neue erforderliche
Doppel-Identifikation beim Bezahlen
online, die den Kaufprozess kompliziert und damit umsatzhemmend sein
könnte, gibt es ebenfalls nicht in den
USA.
Technologie hat die Sharing Economy
(z.B. Airbnb, Uber, Kiva Mikrodarlehen)
und Marktplätze wie Amazon, eBay und
Etsy (für handgemachte Kunst-, Bastel- und Geschenkwaren) ermöglicht.
Leihen und mieten statt kaufen und
besitzen, d.h. Verpflichtungen generell
gering halten, haben an Beliebtheit gewonnen. Innovative Unternehmen wie
Rent the Runway, ein Dienst zum Leihen von Designer-Ausgehmode, haben
diesen Trend mitbegründet.
ab. Laut einer Studie sollen in einigen
Jahren 23 Prozent der Haushalte in den
USA kein Kabelfernsehen mehr haben.
Technologie und der Selbstverbesserungssinn haben auch das Aufnehmen
von Fitness-, Schlaf, Ess- und anderen Gesundheitsdaten durch tragbare
Fitnesstracker und Gesundheitsapps
so beliebt gemacht. Fitbit war die am
meisten heruntergeladene App Weihnachten 2015. Aufgrund dieser Entwicklungen kann man auch vermuten,
dass sich medizinische Dienstleistungen aus der Ferne (Tele Medicine) in
den USA mehr verbreiten werden in
Zukunft.
Auch der Trend zum Streaming von Musik und Filmen
wie durch Pandora, Spotify,
Apple Music, Netflix, Amazon Video und Hulu ist
technologie- und kundengetrieben.
Immer
mehr Menschen in den
USA bestellen wegen
der Streaming-Optionen ihre Kabel-TV-Abos
Daten und Analytics sind der Schlüssel zu allem
Die verstärkte Online- und Mobilnutzung
und auch technologische Fortschritte
zum Sammeln von Offline-Infor­
ma­
tionen, unter anderem in Läden, ermöglicht immer mehr die Datensammlung
und –nutzung zur Personalisierung von
Angeboten (Artikel, Preise, etc.), zum
Kundenbeziehungs­­mana­gement, dynamischem Pricing und zur Sortimentsopti­mierung. Das ist ein äußerst wichtiger und wertvoller Neben­
effekt der
verstärkten Online-Nutzung. Überwiegend wissen amerikanische Kon­
su­
menten den Nutzen von Daten, wie zum
Beispiel personalisierte Angebote, zu
schätzen. Deutsche Konsumenten
dürften vergleichsweise kritischer sein
gegenüber der weitreichenden Nutzung persön­
licher Daten und auf
Datenschutz­regelungen verweisen.
07 | 08
COMPETENCE CIRCLES WHITEPAPER
VERTRIEBSKANALMANAGEMENT NR. 2 | 16
Fazit
Ein Blick in die USA macht deutlich,
dass in Deutschland eine weitere Veränderung des Konsumentenverhaltens zu erwarten ist. Neue Technologien wie der Dash Button von Amazon
und die steigende Smartphone-Nutzung führen dazu, dass Konsumenten
immer weniger in Vertriebskanälen
denken, sondern vielmehr ein ganzheitliches Einkaufserlebnis erwarten.
Dies findet seinen Ausdruck u.a. in
einer starken Nutzung von kanalübergreifenden Services wie Click-andCollect. Außerdem werden zukünftig
auch Produktkategorien wie Lebensmittel, die heute noch hauptsächlich
in Geschäften eingekauft werden,
stärker online gekauft. Allerdings
deutet vieles darauf hin, dass der
Online-Anteil im Lebensmittel­handel
auch mittelfristig vergleichsweise gering sein wird.
Durch das veränderte Konsumentenverhalten erhöht sich auch für die
Händler die Notwendigkeit, die neuen
Technologien aufzugreifen und kanal­
übergreifende Services anzubieten. In
den USA können wir hierfür zahlreiche Beispiele finden wie die Verknüpfung von Online- und Offline-Daten,
die Vereinfachung des Einkaufsvorgangs durch den Dash Button, die
Flexibilisierung des Pricings durch
elektronische Preisschilder und dynamisches Pricing und die digitale Ausstattung und Vernetzung der Läden
wie bei Rebecca Minkoff. Letztendlich
zeigen die Beispiele aus dem amerikanischen Markt, dass es eine Vielzahl von Handlungsoptionen gibt.
Ein integriertes Multi-Channel-Management sollte insbesondere dem
Kunden dienen und entsprechend
gestaltet sein. Es kann letztendlich
eine Chance zur Differenzierung im
Wettbewerb sein.
Autoren
Dr. Denise Dahlhoff
Research Director
(Baker Retailing Center,
Wharton School - University of
Pennsylvania, USA)
Prof. Dr. Ralf Schlottmann
Professor Marketing und
Vertriebsmanagement
(Hochschule Bochum)
Kontaktdaten des
Leiters des
Competence Circle:
Dennis Radau
[email protected]
Ansprechpartnerinnen:
Katja Mentzel Telefon: 0211.864 06-10
[email protected]
Annika Holst Telefon: 0211.864 06-16
[email protected]
Competence Circles
Autorin:
Dr. Denise Dahlhoff
Kontaktdaten:
[email protected]
Die 5 Competence Circles bilden
eine inhaltliche Themen- und
Kompetenz-Plattform für den
DMV und sorgen mit ihrer Expertise u.a. durch die Erstellung der
WHITEPAPER für einen Know-how
Transfer auf allen Ebenen des
Deutschen Marketing Verbands.
Die einzelnen Gruppen stehen für
folgende 5 Themen:
1 Marken-Management
Autor:
Prof. Dr. Ralf Schlottmann
Kontaktdaten:
[email protected]
2 Vertriebskanalmanagement
3 Marketingplanung- und
Optimierung
4 Media-Management
5 Online-Performance Marketing
Impressum
Herausgeber: Deutscher Marketing Verband e.V. (DMV)
Sternstraße 58, 40479 Düsseldorf,
Fon +49 (0) 211.864 06-0, Fax: +49 (0) 211.864 06-40
[email protected]
www.marketingverband.de
Bildquellen: © Fotolia
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