EINFÜHRUNG Die Fundamentalmoral ist eine philosophisch

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EINFÜHRUNG
Die Fundamentalmoral ist eine philosophisch-theologische
Wissenschaft, die in den letzten Jahren einer eingehenden Analyse und ausführlichen Überprüfung unterzogen worden ist.
Der Grund dafür ist, dass das sittliche Leben in diesem Zeitraum eine schwere Krise durchgemacht hat, und es notwendig
war, etwas zu unternehmen, um ihre Ursachen zu erkennen und
in entsprechender Form auf die durch sie aufgeworfenen Fragen
zu antworten.
Tatsächlich ist das auf das sittliche Leben und die Morallehre bezogene Wort «Krise» weiterhin zu hören und wird von
den bedeutendsten Vertretern der Kultur unserer Zeit ständig wiederholt. Intellektuelle, Künstler, Philosophen, Politiker,
Schriftsteller usw. fordern dazu auf, zu den ethischen Werten zurückzukehren, und verlangen nach letzten verbindlichen
Begründungen für das sittliche Handeln des Menschen.
Der Ruf nach Erneuerung der Ethik zeigt sich auch in verschiedenen feierlichen Dokumenten des Lehramtes der Kirche.
Die Enzyklika Veritatis splendor betont unmissverständlich, dass
die Sittenlehre sich in einer tiefen Krise befindet, weil sogar in
der Kirche die christliche Vorstellung vom Leben und vom letzten Grund der Moraltheologie in bisher unbekanntem Ausmaß
in Frage gestellt wird:
„Es ist nämlich eine neue Situation gerade innerhalb der christlichen Gemeinschaft entstanden, die hinsichtlich der sittlichen Lehren der Kirche die Verbreitung vielfältiger Zweifel und Einwände
menschlicher und psychologischer, sozialer und kultureller, religiöser und auch im eigentlichen Sinne theologischer Art erfahren
hat. Es handelt sich nicht mehr um begrenzte und gelegentliche
Einwände, sondern um eine globale und systematische Infragestellung der sittlichen Lehrüberlieferung aufgrund bestimmter anthropologischer und ethischer Auffassungen“ 1.
Sicher ist es in einigen Fällen nicht angebracht, das Wort
«Krise» allzu sehr zu betonen, da sie den Wendepunkt in
einem geschichtlichen Abschnitt bedeuten kann, an dem eine
bestimmte Sache ihre Gültigkeit verliert und durch eine andere
ersetzt werden muss. Doch das trifft in diesem Fall kaum zu.
Johannes Paul II., Enzyklika Veritatis splendor 4.
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Sicherlich war die Erneuerung der Darlegung der Moraltheologie etwas Dringendes, denn es war notwendig – wie das 2.
Vatikanische Konzil und spätere Dokumente hinweisen –, dieses Fachgebiet in einem theologischen und biblischen Rahmen
zu überdenken, in dem das sittliche Leben als Nachfolge und
Nachahmung des Lebens Jesu betont werden sollte. Inzwischen ist man jedoch allgemein davon überzeugt, dass auf die
angestrebte Reform eine Krise sowohl in der Lehre als auch
im Leben folgte, die unberechtigt ist, weil sie jedes Maß überschreitet, noch dazu in der übertriebenen Weise, in der sie sich
vollzieht.
Diese Krise hat schließlich manche Moraltheologen dazu
gebracht, unter Vorbehalt Ansichten zu vertreten, mit denen
jemand, der an die biblische Offenbarung glaubt, nicht einverstanden sein kann. Einige behaupten, dass das sittliche Leben
nicht zur christlichen Botschaft gehört, weil sie sich nur auf
Glaubensinhalte beschränkt, und dass das ethische Verhalten
in den privaten Bereich des Gewissens jedes Einzelnen fällt,
abhängig von den kulturellen Vorstellungen der jeweiligen Zeit.
Papst Johannes Paul II. äußerte sich folgendermaßen dazu:
„Verbreitet ist auch der Zweifel am engen und untrennbaren
Zusammenhang zwischen Glaube und Moral, so als würde sich die
Zugehörigkeit zur Kirche und deren innere Einheit allein durch den
Glauben entscheiden, während man in Sachen Moral einen Pluralismus von Anschauungen und Verhaltensweisen dulden könnte, je
nach Urteil des individuellen subjektiven Gewissens bzw. der Verschiedenheit der sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen“ 2.
Man könnte sich jedoch die Frage stellen, ob diese verkürzte
Ansicht nicht einmal mehr die unweigerliche Folge des Pendelgesetzes ist: Einer Zeitspanne, in der das Christentum auf
ein sittliches Programm beschränkt zu sein schien, folgt eine
andere, in der man versucht, den sittlichen Zuständigkeitsbereich des christlichen Glaubens zu leugnen. Diese dialektische
Haltung zeigt schon an sich, dass keine der beiden Thesen
wissenschaftlich haltbar ist. Tatsächlich ist das Christentum von
seinem Wesen her keine Ethik; es ist aber nicht weniger sicher,
dass der christliche Glaube eine Ethik enthält, sodass Christentum und ethisches Verhalten nicht voneinander getrennt
Ebd.
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werden können, wie Johannes Paul II. bestätigt: „Der Glaube
besitzt auch einen sittlichen Inhalt: er schafft und verlangt ein
konsequentes Engagement des Lebens, er unterstützt und vollendet die Annahme und Einhaltung der göttlichen Gebote“ 3.
Da es nicht gelungen ist, die Sittenlehre im Rahmen der
christlichen Sicht des Menschen richtig einzuordnen, scheint
es folglich auch logisch zu sein, dass die Grundbegriffe dieses
Faches einer umfassenden Umdeutung unterworfen wurden.
Das hat dazu geführt, dass es hinsichtlich der Bedeutung und
der Tragweite der grundlegenden Prinzipien, die das sittliche
Leben rechtfertigen, wie die Freiheit, das Gewissen, die sittliche Norm oder das Sittengesetzt usw. keine Übereinstimmung
gibt. Wenn also die Grundlagen der Moral derart erschüttert
wurden, dann besteht kein Zweifel, dass ein ernstzunehmender
Entwurf der Sittenlehre nicht nur einschneidend, sondern darüber hinaus vom Blickpunkt der Philosophie und der Offenbarung aus gerechtfertigt sein muss. Johannes Paul II. hat genau
aus diesem Anlass die Enzyklika Veritatis splendor veröffentlicht, in der grundsätzliche Fragen der Sittenlehre der Kirche
behandelt werden, die von einigen zeitgenössischen Theologen
sträflich übergangen wurden. Aus dem gleichen Grund schien
es angebracht, im Katechismus der katholischen Kirche eine vollständige und systematische Darstellung der christlichen Morallehre vorzulegen.
Allerdings war es trotz der Bedeutung und Dringlichkeit der
heutzutage von der Sittenlehre aufgeworfenen Probleme nicht
möglich, sie alle in diesem kleinen Buch zu behandeln. Wir
gehen vor allem auf die Grundfragen ein, von denen die christliche Sittenlehre ausgeht. Es wird auch kurz die Vernünftigkeit
der Moral des Neuen Testaments sowie ihre feste begriffliche
Grundlage behandelt. Da es hier nicht möglich ist, diese Themen vollständig zu erwägen, wurde dieser Mangel durch eine
ausführliche Darlegung der Anhaltpunkte, die uns die Offenbarung bietet, ausgeglichen. Schließlich und endlich gründet, wie
die klassischen Schriftsteller lehren, der Glaube des Christen
nicht auf dem Fundament der Philosophen, sondern auf der
Lehre Christi.
Johannes Paul II., Enzyklika Veritatis splendor 89.
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Daher behandelt dieses kleine Buch hauptsächlich die biblische Lehre über das sittliche Verhalten des Gläubigen und
bringt nur eine kurze Darstellung der Moraltheologie, entsprechend dem Ziel dieser Buchreihe, die grundlegenden Fragen
der Theologie Lesern ohne spezielle theologische Vorbildung
zugänglich zu machen.
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