Ärzteblatt Sachsen 9/2015 - Sächsische Landesärztekammer

Werbung
Recht und Medizin
Berufsrechtliche
Grenzen der Werbung
aus Sicht der Sächsischen Landes­
ärztekammer
Ein Thema der berufsrechtlichen
Beratung in der täglichen Praxis ist
nach wie vor die Zulässigkeit von
„Werbung“. Deshalb ist dieser Aufsatz erneut dieser Problematik ge­­
widmet.
Grundsätzlich ist jede Information in
eigener Sache Werbung. Gegenstand der Werbung kann ein be­­
stimmtes Produkt, das Unternehmen
oder die eigene Person sein. Die ärztliche Tätigkeit in Klinik und Praxis
kann in unterschiedlicher Form be­­
worben werden. Wenn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, wie
die Sächsische Landesärztekammer,
Vorschriften zur Regelung dieser
beruflichen Kommunikation von Ärzten und Ärztinnen erlässt, so sind
diese stets grundrechtsrelevant. Nur
der umfassend informierte Patient
kann sein Recht auf Selbstbestimmung, beispielsweise auch sein
Recht auf freie Arztwahl, wahrnehmen. Das Grundrecht auf Informationsfreiheit, Berufsfreiheit und Meinungsfreiheit korreliert mit dem vom
Gesetzgeber im Heilberufe- und
Kammergesetz, dem Gesetz gegen
den unlauteren Wettbewerb (UWG)
oder dem Heilmittelwerbegesetz
(HWG) zum Ausdruck kommenden
Schutzgedanken für Patienten und
sonstige „Marktteilnehmer“ vor
allzu unsachlicher, überzogener, falscher oder gar gefährdender Werbung. In einer jeden Einzelfallbetrachtung muss daher eine individuelle Abwägung der einzelnen Rechtsgüter und -positionen erfolgen.
In § 17 Abs. 1 Nr. 10 Sächsisches
Heilberufekammergesetz (SächsHKaG)
ist geregelt, dass die Berufsordnung
für Ärzte im Freistaat Sachsen Regelungen über Berufspflichten enthalten kann, vor allem hinsichtlich der
nach dem Wesen des jeweiligen
Heilberufes gebotenen Zurückhaltung in der Werbung, unter Einschluss von Werbebeschränkungen
und -verboten. Von dieser Möglichkeit einer Regelung hat die Sächsi-
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sche Landesärztekammer im § 27
vorrufen, den Eindruck erwecken,
der Berufsordnung der Sächsischen
dass Erfolg mit Sicherheit eintritt
Landesärztekammer (Berufsordnung
oder wenn Qualifikationen bewor– BO) Gebrauch gemacht. Danach
ben werden, denen kein entspresind sachliche berufsbezogene Infor- chender Leistungs- oder Kenntniszumationen gestattet. Berufswidrige
wachs im Vergleich zu BezeichnunWerbung ist untersagt. Berufswidrig
gen nach der Weiterbildungsordist insbesondere eine anpreisende, nung gegenübersteht. Bei einer verirreführende oder vergleichende
gleichenden Werbung wird auf die
Werbung. Der Arzt darf eine solche
persönlichen Eigenschaften und VerWerbung durch Andere weder ver- hältnisse ärztlicher Kollegen Bezug
anlassen noch dulden. Eine Werbung
genommen. Entweder erfolgt verfür eigene oder fremde gewerbliche
gleichende Wertung durch HerabsetTätigkeiten oder Produkte in Zusam- zen der Kollegen oder durch Hervormenhang mit der ärztlichen Tätigkeit
heben der eigenen Person in unlauist unzulässig. Werbeverbote auf- terer Weise.
grund anderer gesetzlicher Bestim- Weitere Fallgruppen ergeben sich
mungen bleiben unberührt.
aus dem UWG und dem HWG. Eine
Nach der Systematik der Berufsord- ständige Überformung des Werbenung kann der Arzt nach der Weiter- rechts erfolgt durch aktuelle Urteile,
bildungsordnung erworbene Be­­ sodass stets auch auf die Rechtsprezeich­nungen, nach sonstigen öffent- chung zu achten ist, wenn im Einzellich-rechtlichen Vorschriften erwor- fall eine Bewertung von Werbung
bene Qualifikationen, als solche
vorgenommen wird.
gekennzeichnete Tätigkeitsschwer- Oft wird der Einwand erhoben,
punkte und organisatorische Hin- „man habe von der Werbung nichts
weise ankündigen.
gewusst“ oder „konnte keinen EinDie nach der Weiterbildungsordnung
fluss auf die Berichterstattung neherworbenen Bezeichnungen dürfen
men“. Hierzu sei auf § 27 Abs. 3
nur in der nach der jeweils gelten- Satz 4 der Berufsordnung verwiesen.
den Weiterbildungsordnung zulässi- Danach ist nicht nur die aktive
gen Form geführt werden. Andere
berufswidrige Werbung untersagt,
Qualifikationen
und
Tätigkeits- sondern auch solche, die veranlasst
schwerpunkte dürfen nur angekün- oder geduldet wird. Der Arzt hat die
digt werden, wenn diese Angaben
Verpflichtung, gegen ihn bekannt
nicht mit solchen, nach geregeltem
gewordene berufsrechtswidrige WerWeiterbildungsrecht
erworbenen
bung einzuschreiten.
Qualifikationen verwechselt werden
In den letzten Jahren ist das Werbekönnen. Die Angaben sind auch nur
recht weitgehend liberalisiert wordann zulässig, wenn der Arzt die
den, sodass Werbung bei der Berufsumfassten Tätigkeiten nicht nur
aufsicht der Ärztekammer keine
gelegentlich ausübt. Auf Grund der
besondere Rolle mehr spielt. AllerRechtsprechung des Bundesverfas- dings sind Werbeverbote, die sich
sungsgerichts sollten die Tätigkeiten
aus dem UWG, dem HWG, aber
mindestens 20 Prozent der regulären
auch aus dem Strafgesetzbuch
Arbeitszeit umfassen.
(StGB) ergeben, zu beachten, denn
Als anpreisende Werbung sind eine
gemäß § 27 Abs. 3 Satz 4 der
besonders reißerische, plakative Auf- Berufsordnung bleiben Werbevermachung der Darstellung, die rekla- bote auf Grund anderer gesetzlicher
mehafte Übertreibung der ärztlichen
Bestimmungen unberührt.
Tätigkeit, von Leistungen und Per- Im UWG ist das Verbot unlauterer
sönlichkeitsmerkmalen, die objektiv
geschäftlicher Handlungen verankert.
nicht nachprüfbar sind, aber auch
Es werden unlautere geschäftliche
die Kritik an Kollegen in herabset- Handlungen, irreführende geschäftlizender Form zu verstehen. Irrefüh- che Handlungen, die Irreführung
rend ist eine Werbung, wenn sie
durch Unterlassen, vergleichende
Angaben enthält, die eine Fehlvor- Werbung und die unzumutbare
stellung über die Person des Arztes, Belästigung geregelt. Die Rechtsfoldie Praxis oder die Behandlung her- gen können durchaus empfindlich
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Recht und Medizin
sein. Neben dem Beseitigungs- und
Unterlassungsanspruch
können
Schadenersatzansprüche, Gewinnabschöpfung oder gar Freiheitsstrafe
bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe
drohen. Für den Vollzug des UWG ist
die Sächsische Landesärztekammer
jedoch nicht zuständig. Direkt oder
indirekt Betroffene werden auf den
Zivilrechtsweg verwiesen, den sie
selbst beschreiten oder einen klageberechtigten Verband, wie die Wettbewerbszentrale, einschalten können.
Drei Beispiele für die Grenzen der
Imagewerbung sollen an dieser
Stelle genannt werden. So ist die
Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit durch Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen angemessenen unsachlichen
Einfluss verboten (§ 4 Nr. 1 UWG).
Geschäftliche Handlungen sind
unlauter, die die geschäftliche Unerfahrenheit, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern ausnutzen
(§ 4 Nr. 2 UWG). Aber auch die Verletzung der berufsrechtlichen Werbevorschriften und des HWG kann
eine unlautere Wettbewerbshandlung darstellen (§ 4 Nr. 11 UWG).
Damit ist das Stichwort zum HWG
gefallen. Als Gesetz mit dem „Kittelverbot“ und dem Verbot der „Vorher-Nachher-Bilder“ bekannt geworden, hat auch das HWG eine tiefgreifende Wandlung erfahren. So wurden eine Reihe Verbote in den letzten Jahren aufgehoben, so die Werbung mit Gutachten, Zeugnissen
usw., die Werbung mit der bildlichen
Darstellung von Ärzten in Berufsklei- den, wenn diese in missbräuchlicher,
dung oder bei der Ausübung der
abstoßender oder irreführender
Tätigkeit, die Werbung mit fremd- Weise erfolgen. Auch darf nicht
oder fachsprachigen Begriffen oder
außerhalb der Fachkreise mit Preisdie Anleitung zur Selbstbehandlung. ausschreiben, Verlosungen oder
Andere Verbote blieben in abgeän- anderen Verfahren, deren Ergebnis
derter Form erhalten. Gemäß § 11
vom Zufall abhängig ist, Werbung
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG darf außer- betrieben werden, sofern diese Maßhalb der Fachkreise für Arzneimittel, nahmen oder Verfahren einer un­­
Verfahren, Behandlungen, Gegen- zweckmäßigen oder übermäßigen
Verwendung von Arzneimitteln Vorstände oder andere Mittel nicht mit
schub leisten.
Angaben oder Darstellungen, die
sich auf eine Empfehlung von Wis- Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 HWG darf
senschaftlern, von im Gesundheits- für die operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe, soweit sich die Werwesen tätigen Personen, von im
beaussage auf die Veränderung des
Bereich der Tiergesundheit tätigen
Personen oder anderen Personen, menschlichen Körpers ohne medizidie auf Grund ihrer Bekanntheit zum
nische Notwendigkeit bezieht, nicht
Arzneimittelverbrauch anregen kön- mit der Wirkung einer solchen Be­­
nen, beziehen, geworben werden. handlung durch vergleichende DarNicht geworben werden darf mit der
stellung des Körperzustandes oder
Wiedergabe von Krankengeschich- des Aussehens vor und nach dem
ten sowie mit Hinweisen darauf, Eingriff, geworben werden. Damit
wenn diese in missbräuchlicher, ab­­ wurde das Verbot der sogenannten
stoßender oder irreführender Weise „Vorher-Nachher-Bilder“ nur noch auf
diesen Tätigkeitsbereich bezogen.
erfolgt oder durch eine ausführliche
Die Sächsische Landesärztekammer
Beschreibung oder Darstellung zu
einer falschen Selbstdiagnose verlei- hält auf ihrer Homepage www.slaek.
de unter dem Ordner Ärzte/Rechtsten kann (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
grundlagen/Berufsrecht ihre aktuelHWG). Ein Werbeverbot besteht
auch für Werbeaussagen, die nahe- len Auslegungsgrundsätze „Arzt –
legen, dass die Gesundheit durch die
Werbung – Öffentlichkeit“ vor. Darin
Nichtverwendung des Arzneimittels
enthalten sind auch die aktuellen
beeinträchtigt oder durch die Ver- Entscheidungen zum Zentrumsbewendung verbessert werden könnte
griff, weiterhin Musterbeispiele für
(§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 HWG).
Praxisschilder, aber auch PflichtangaGemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11
ben für Homepages nach dem TeleHWG darf nicht mit Äußerungen
mediengesetz.
Dritter, insbesondere mit Dank-, Gesetze tagesaktuell unter:
Anerkennungs- oder Empfehlungs- www.gesetze-im-internet.de
schreiben oder mit Hinweisen auf
Dr. jur. Alexander Gruner
Leiter der Rechtsabteilung
solche Äußerungen, geworben wer-
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