Recht und Medizin Berufsrechtliche Grenzen der Werbung aus Sicht der Sächsischen Landes­ ärztekammer Ein Thema der berufsrechtlichen Beratung in der täglichen Praxis ist nach wie vor die Zulässigkeit von „Werbung“. Deshalb ist dieser Aufsatz erneut dieser Problematik ge­­ widmet. Grundsätzlich ist jede Information in eigener Sache Werbung. Gegenstand der Werbung kann ein be­­ stimmtes Produkt, das Unternehmen oder die eigene Person sein. Die ärztliche Tätigkeit in Klinik und Praxis kann in unterschiedlicher Form be­­ worben werden. Wenn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, wie die Sächsische Landesärztekammer, Vorschriften zur Regelung dieser beruflichen Kommunikation von Ärzten und Ärztinnen erlässt, so sind diese stets grundrechtsrelevant. Nur der umfassend informierte Patient kann sein Recht auf Selbstbestimmung, beispielsweise auch sein Recht auf freie Arztwahl, wahrnehmen. Das Grundrecht auf Informationsfreiheit, Berufsfreiheit und Meinungsfreiheit korreliert mit dem vom Gesetzgeber im Heilberufe- und Kammergesetz, dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) zum Ausdruck kommenden Schutzgedanken für Patienten und sonstige „Marktteilnehmer“ vor allzu unsachlicher, überzogener, falscher oder gar gefährdender Werbung. In einer jeden Einzelfallbetrachtung muss daher eine individuelle Abwägung der einzelnen Rechtsgüter und -positionen erfolgen. In § 17 Abs. 1 Nr. 10 Sächsisches Heilberufekammergesetz (SächsHKaG) ist geregelt, dass die Berufsordnung für Ärzte im Freistaat Sachsen Regelungen über Berufspflichten enthalten kann, vor allem hinsichtlich der nach dem Wesen des jeweiligen Heilberufes gebotenen Zurückhaltung in der Werbung, unter Einschluss von Werbebeschränkungen und -verboten. Von dieser Möglichkeit einer Regelung hat die Sächsi- 378 sche Landesärztekammer im § 27 vorrufen, den Eindruck erwecken, der Berufsordnung der Sächsischen dass Erfolg mit Sicherheit eintritt Landesärztekammer (Berufsordnung oder wenn Qualifikationen bewor– BO) Gebrauch gemacht. Danach ben werden, denen kein entspresind sachliche berufsbezogene Infor- chender Leistungs- oder Kenntniszumationen gestattet. Berufswidrige wachs im Vergleich zu BezeichnunWerbung ist untersagt. Berufswidrig gen nach der Weiterbildungsordist insbesondere eine anpreisende, nung gegenübersteht. Bei einer verirreführende oder vergleichende gleichenden Werbung wird auf die Werbung. Der Arzt darf eine solche persönlichen Eigenschaften und VerWerbung durch Andere weder ver- hältnisse ärztlicher Kollegen Bezug anlassen noch dulden. Eine Werbung genommen. Entweder erfolgt verfür eigene oder fremde gewerbliche gleichende Wertung durch HerabsetTätigkeiten oder Produkte in Zusam- zen der Kollegen oder durch Hervormenhang mit der ärztlichen Tätigkeit heben der eigenen Person in unlauist unzulässig. Werbeverbote auf- terer Weise. grund anderer gesetzlicher Bestim- Weitere Fallgruppen ergeben sich mungen bleiben unberührt. aus dem UWG und dem HWG. Eine Nach der Systematik der Berufsord- ständige Überformung des Werbenung kann der Arzt nach der Weiter- rechts erfolgt durch aktuelle Urteile, bildungsordnung erworbene Be­­ sodass stets auch auf die Rechtsprezeich­nungen, nach sonstigen öffent- chung zu achten ist, wenn im Einzellich-rechtlichen Vorschriften erwor- fall eine Bewertung von Werbung bene Qualifikationen, als solche vorgenommen wird. gekennzeichnete Tätigkeitsschwer- Oft wird der Einwand erhoben, punkte und organisatorische Hin- „man habe von der Werbung nichts weise ankündigen. gewusst“ oder „konnte keinen EinDie nach der Weiterbildungsordnung fluss auf die Berichterstattung neherworbenen Bezeichnungen dürfen men“. Hierzu sei auf § 27 Abs. 3 nur in der nach der jeweils gelten- Satz 4 der Berufsordnung verwiesen. den Weiterbildungsordnung zulässi- Danach ist nicht nur die aktive gen Form geführt werden. Andere berufswidrige Werbung untersagt, Qualifikationen und Tätigkeits- sondern auch solche, die veranlasst schwerpunkte dürfen nur angekün- oder geduldet wird. Der Arzt hat die digt werden, wenn diese Angaben Verpflichtung, gegen ihn bekannt nicht mit solchen, nach geregeltem gewordene berufsrechtswidrige WerWeiterbildungsrecht erworbenen bung einzuschreiten. Qualifikationen verwechselt werden In den letzten Jahren ist das Werbekönnen. Die Angaben sind auch nur recht weitgehend liberalisiert wordann zulässig, wenn der Arzt die den, sodass Werbung bei der Berufsumfassten Tätigkeiten nicht nur aufsicht der Ärztekammer keine gelegentlich ausübt. Auf Grund der besondere Rolle mehr spielt. AllerRechtsprechung des Bundesverfas- dings sind Werbeverbote, die sich sungsgerichts sollten die Tätigkeiten aus dem UWG, dem HWG, aber mindestens 20 Prozent der regulären auch aus dem Strafgesetzbuch Arbeitszeit umfassen. (StGB) ergeben, zu beachten, denn Als anpreisende Werbung sind eine gemäß § 27 Abs. 3 Satz 4 der besonders reißerische, plakative Auf- Berufsordnung bleiben Werbevermachung der Darstellung, die rekla- bote auf Grund anderer gesetzlicher mehafte Übertreibung der ärztlichen Bestimmungen unberührt. Tätigkeit, von Leistungen und Per- Im UWG ist das Verbot unlauterer sönlichkeitsmerkmalen, die objektiv geschäftlicher Handlungen verankert. nicht nachprüfbar sind, aber auch Es werden unlautere geschäftliche die Kritik an Kollegen in herabset- Handlungen, irreführende geschäftlizender Form zu verstehen. Irrefüh- che Handlungen, die Irreführung rend ist eine Werbung, wenn sie durch Unterlassen, vergleichende Angaben enthält, die eine Fehlvor- Werbung und die unzumutbare stellung über die Person des Arztes, Belästigung geregelt. Die Rechtsfoldie Praxis oder die Behandlung her- gen können durchaus empfindlich Ärzteblatt Sachsen 9 / 2015 Recht und Medizin sein. Neben dem Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch können Schadenersatzansprüche, Gewinnabschöpfung oder gar Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe drohen. Für den Vollzug des UWG ist die Sächsische Landesärztekammer jedoch nicht zuständig. Direkt oder indirekt Betroffene werden auf den Zivilrechtsweg verwiesen, den sie selbst beschreiten oder einen klageberechtigten Verband, wie die Wettbewerbszentrale, einschalten können. Drei Beispiele für die Grenzen der Imagewerbung sollen an dieser Stelle genannt werden. So ist die Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit durch Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen angemessenen unsachlichen Einfluss verboten (§ 4 Nr. 1 UWG). Geschäftliche Handlungen sind unlauter, die die geschäftliche Unerfahrenheit, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern ausnutzen (§ 4 Nr. 2 UWG). Aber auch die Verletzung der berufsrechtlichen Werbevorschriften und des HWG kann eine unlautere Wettbewerbshandlung darstellen (§ 4 Nr. 11 UWG). Damit ist das Stichwort zum HWG gefallen. Als Gesetz mit dem „Kittelverbot“ und dem Verbot der „Vorher-Nachher-Bilder“ bekannt geworden, hat auch das HWG eine tiefgreifende Wandlung erfahren. So wurden eine Reihe Verbote in den letzten Jahren aufgehoben, so die Werbung mit Gutachten, Zeugnissen usw., die Werbung mit der bildlichen Darstellung von Ärzten in Berufsklei- den, wenn diese in missbräuchlicher, dung oder bei der Ausübung der abstoßender oder irreführender Tätigkeit, die Werbung mit fremd- Weise erfolgen. Auch darf nicht oder fachsprachigen Begriffen oder außerhalb der Fachkreise mit Preisdie Anleitung zur Selbstbehandlung. ausschreiben, Verlosungen oder Andere Verbote blieben in abgeän- anderen Verfahren, deren Ergebnis derter Form erhalten. Gemäß § 11 vom Zufall abhängig ist, Werbung Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG darf außer- betrieben werden, sofern diese Maßhalb der Fachkreise für Arzneimittel, nahmen oder Verfahren einer un­­ Verfahren, Behandlungen, Gegen- zweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorstände oder andere Mittel nicht mit schub leisten. Angaben oder Darstellungen, die sich auf eine Empfehlung von Wis- Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 HWG darf senschaftlern, von im Gesundheits- für die operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe, soweit sich die Werwesen tätigen Personen, von im beaussage auf die Veränderung des Bereich der Tiergesundheit tätigen Personen oder anderen Personen, menschlichen Körpers ohne medizidie auf Grund ihrer Bekanntheit zum nische Notwendigkeit bezieht, nicht Arzneimittelverbrauch anregen kön- mit der Wirkung einer solchen Be­­ nen, beziehen, geworben werden. handlung durch vergleichende DarNicht geworben werden darf mit der stellung des Körperzustandes oder Wiedergabe von Krankengeschich- des Aussehens vor und nach dem ten sowie mit Hinweisen darauf, Eingriff, geworben werden. Damit wenn diese in missbräuchlicher, ab­­ wurde das Verbot der sogenannten stoßender oder irreführender Weise „Vorher-Nachher-Bilder“ nur noch auf diesen Tätigkeitsbereich bezogen. erfolgt oder durch eine ausführliche Die Sächsische Landesärztekammer Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verlei- hält auf ihrer Homepage www.slaek. de unter dem Ordner Ärzte/Rechtsten kann (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 grundlagen/Berufsrecht ihre aktuelHWG). Ein Werbeverbot besteht auch für Werbeaussagen, die nahe- len Auslegungsgrundsätze „Arzt – legen, dass die Gesundheit durch die Werbung – Öffentlichkeit“ vor. Darin Nichtverwendung des Arzneimittels enthalten sind auch die aktuellen beeinträchtigt oder durch die Ver- Entscheidungen zum Zentrumsbewendung verbessert werden könnte griff, weiterhin Musterbeispiele für (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 HWG). Praxisschilder, aber auch PflichtangaGemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 ben für Homepages nach dem TeleHWG darf nicht mit Äußerungen mediengesetz. Dritter, insbesondere mit Dank-, Gesetze tagesaktuell unter: Anerkennungs- oder Empfehlungs- www.gesetze-im-internet.de schreiben oder mit Hinweisen auf Dr. jur. Alexander Gruner Leiter der Rechtsabteilung solche Äußerungen, geworben wer-