16 Genossenschaft Van Tilburg will energieneutralen Milcherzeugerbetrieb Die Eröffnung seines energiesparenden Milcherzeugerbetriebs war am 23. Mai. Jetzt, einige Monate später, kann Milcherzeuger Jan Pieter van Tilburg die ersten harten Zahlen auf den Tisch legen: Der Stromverbrauch ist inzwischen um mehr als die Hälfte gesunken. A uf dem Küchentisch von Milcherzeuger Jan Pieter van Tilburg in Hellum (Groningen/Niederlande) liegen zwei Grafiken. Sie zeigen den Stromverbrauch einiger Tage im August. Die erste Grafik zeigt die Situation auf dem Betrieb von Van Tilburg, die zweite Grafik die Lage auf einem vergleichbaren (traditionellen) Milcherzeugerbetrieb in der Gegend. Während die Kühe gemolken werden, verbraucht der traditionelle Milcherzeugerbetrieb viel Strom, was sich auf dem Papier in hohen Spitzenwerten bei der Stromabnahme zeigt. Die Grafik von Van Tilburg sieht wesentlich ausgeglichener aus. Der Verbrauch liegt niedriger und die Spitzen sind nicht so ausgeprägt. Rob Jacobs, der Van Tilburg beim Bau seines neuen Stalls beriet, ist begeistert: „Van Tilburg verbraucht nicht nur viel weniger Strom, der Verbrauch ist auch viel gleichmäßiger über den Tag verteilt. Dadurch reicht bei ihm ein weniger starker Anschluss und das kostet ihn weniger Grundgebühr.“ Überdies: Zu hohe Spitzen sind für Elektrogeräte besonders schädlich. „Sie beeinträchtigen ihre Lebensdauer. Festplatten und Leiterplatten geben eher den Geist auf und auch Lampen gehen eher kaputt. Mit diesem flacheren Verbrauch wird Van Tilburg langfristig viel Geld sparen.“ Van Tilburg fasste den Entschluss für den Bau seines neuen Stalls nicht von heute auf morgen. Die Erweiterungspläne beschäftigten ihn einige Zeit. „Der Denkprozess begann vor zwei Jahren“, erzählt der Milcherzeuger. Damals verschaffte sich Van Tilburg mithilfe des Online-Energiescans von FrieslandCampina zum ersten Mal einen Überblick über den Energieverbrauch seines Milcherzeugerbetriebs. „Dieser Scan verdeutlichte, dass sich auf meinem Betrieb noch viel einsparen ließ.“ In einer Studiengruppe lernte Van Tilburg Rob Jacobs kennen, der Energieberater bei L’orèl Consultancy ist. „Der Entwurf des Stalls erfolgte nach intensiver Abstimmung mit ihm.“ Van Tilburg hat seinen Stall einerseits so eingerichtet, dass der Energieverbrauch niedrig ist - beispielsweise durch eine energiesparende Beleuchtung. Andererseits nutzt er die Wärme (d.h. die Energie) der Milch seiner Kühe optimal. Diese Energie nutzt er zum Kühlen der Milch, für die Reinigung seiner Melkanlage und zum Heizen seines Wohnhauses. Ein (geschlossener) Kreis aus Eiswasser und Wärmepumpen sorgt für die Wiederverwendung der Energie. Speicherbehälter In seinem neuen Boxenlaufstall steht das wirkliche Herz des Systems: ein mit Eiswasser gefüllter 4.000 Liter fassender Speicherbehälter. Das Eiswasser fließt während des Melkens durch einen Plattenkühler. Dadurch kühlt die Milch von etwa 32° C auf etwa 7° C ab, bevor sie in den Kühltank fließt. Das 17 Milch Nummer 34 September 2014 ohnung Wohnung oiler W Boiler B 56°C 52°C (37 °C) Milch (37 Erwärmung Wohnung Wohnung warmes warmes Wasser Wasser Kältespeicher Kältespeicher Plattenkühler Plattenkühler 4,6°C 51°C 69°C 67°C 1,4°C (7°C) Milch (7°C) tlere mittlere oiler mit Boiler B emperatur Temperatur T Wärmepumpe Milchtank Milchtank Die Investitionen amortisieren sich innerhalb von sieben Jahren erwärmte Eiswasser fließt in den Speicherbehälter zurück. Zu einem späteren Zeitpunkt kühlt die Wärmepumpe dieses Wasser wieder auf 2° C herunter. Mit der dabei freigesetzten Wärme wird Wasser erhitzt. Dieses Wasser wird für verschiedene Zwecke verwendet, zum Reinigen des Milchtanks und der Milchanlage sowie zum Heizen des Wohnhauses von Van Tilburg. Die Anlage versorgt sogar die Dusche im Haus mit heißem Wasser. „Die Kapazität reicht aus, um Betrieb und Wohnhaus auch im Winter zu beheizen“, sagt Van Tilburg. Das Besondere ist, dass auch die Milch im Milchtank mit Eiswasser gekühlt werden kann. „Dadurch können wir die verfügbare Wärme noch besser nutzen.“ In den Niederlanden wird Rohmilch meistens mit Kältemitteln auf Basis von Freon gekühlt. „Im Ausland ist Geringerer Verbrauch, weniger Spitzen Ampère 80 traditioneller Milchviehbetrieb Ampère Milchviehbetrieb van Tilburg 60 60 40 40 20 20 0 0 0 Stunden 48 Stunden Boiler Boiler hohe emperatur Te Temperatur Wärme aus der Milch optimal genutzt Milch (4 °C) 80 ster Wärmebooster Wärmeboo 0 Stunden 48 Stunden Der Verbrauch von Elektrizität auf einem traditionellen Milchviehbetrieb (links) und van Tilburg (rechts). Van Tilburg verbraucht weniger Energie, der Verbrauch ist gleichmäßiger verteilt und die Spitzen sind weniger hoch. Van Tilburg spart mehr als 50 Prozent Energie, er melkt derzeit rund 110 Kühe. Durch den neuen Stall kann er auf 145 Kühe wachsen. Er realisierte im Mai einen neuen, energieneutralen Stall, in dem die Wärme durch das Eco 200-System optimal genutzt wird (siehe Illustration) Kühlen mit Eiswasser aber nicht unüblich.“ Energieneutral Letztlich möchte Van Tilburg einen Stromverbrauch von 20 bis 25 Kilowattstunden je 1.000 Kilogramm Milch erreichen. Das wären 50 bis 70 Prozent weniger als auf einem gewöhnlichen Milcherzeugerbetrieb. Jacobs erwartet, dass die Stromrechnung von van Tilburg von 14.000 Euro auf 5.000 bis 6.000 Euro sinkt. "Die Investitionen amortisieren sich in sieben bis acht Jahren. Sofern van Tilburg die steuerlichen Möglichkeiten optimal zu nutzen weiß, könnte dies auch in kürzerer Zeit geschehen." Auf die Dauer möchte Van Tilburg in eine Photovoltaikanlage investieren und in Bezug auf Strom Selbstversorger werden. „Aber dann muss erst absolut klar sein, wie viel Strom dieser Betrieb verbraucht. Dem muss dann die Zahl der Sonnenkollektoren entsprechen. Ich strebe im Endeffekt einen energieneutralen Milcherzeugerbetrieb an.“ Lesen Sie weiter auf Seite 18 18 Genossenschaft Milch Nummer 34 Juli 2014 Acht Regelungen, die Energie sparen Milcherzeuger Jan Pieter van Tilburg hat eine Menge von Regelungen umgesetzt, um Energie zu sparen und Wärme zurückzugewinnen. Auf dieser Seite acht ins Auge springende Maßnahmen. Der Speicherbehälter Der Speicherbehälter enthält 4.000 Liter: mit Eiswasser gefüllt. Dieser Behälter bildet das Herz des energiesparenden Milcherzeugerbetriebs von Van Tilburg. Vorratsbehälter Die Melkanlage hat einen besonders großen Vorratsbehälter (400 Liter). „Das ist keine Standardausführung und musste also speziell angefertigt werden.“ Dank dieses besonders großen Vorratsbehälters kann Van Tilburg den Plattenkühler optimal nutzen. Da die Milch mit niedrigerer Geschwindigkeit durch den Kühler fließt, kann sie maximal gekühlt werden. Schalter im Melkstand Leuchtstoffröhren Im Stall (und Melkstand) hängen energiesparende Leuchtstoffröhren (T5, Farbcode 865). „LED hat den Ruf, energiesparend zu sein, aber diese Beleuchtung kann mit LED absolut konkurrieren. Und Leuchtstoffröhren geben angenehmes, gleichmäßiges Licht.“ Energiesparen ist manchmal ganz einfach. Van Tilburg kann vom Melkstand aus die Vakuumpumpe ein- und ausschalten. „Die Pumpe schalte ich erst ein, nachdem ich die ersten Kühe vorbehandelt habe. Dadurch spare ich Dutzende von Betriebsstunden pro Jahr.“ Verbrauch pro Gerät Plattenkühler Der Plattenkühler kühlt die Milch zurück auf 7 °C. Danach gelangt die Milch in den Tank. Wärmepumpe Die Wärmepumpe senkt die Temperatur des Eiswassers aus dem Plattenkühler wieder auf 2 ºC. Die dabei freigesetzte Wärme wird zum Erwärmen des Wassers genutzt. Ein Vorratsbehälter enthält 55 °C heißes Wasser (Vorspülen, Heizung für das Büro). Der andere Behälter enthält 70 °C heißes Wasser (für die Hauptreinigung). Dieses Wasser kann eventuell noch weiter erwärmt werden. Beim Wohnhaus von Van Tilburg steht eine vergleichbare Anlage, die Wärme für das Wohnhaus liefert. Van Tilburg registriert online den Stromverbrauch einiger Geräte (unter anderem den der Vakuumpumpe und der Wärmepumpe). Eine plötzliche Änderung des Stromverbrauchs kann beispielsweise auf Verschleiß oder eine falsche Justierung hinweisen. Der Milcherzeuger kann auf Basis dieser Informationen viel schneller eingreifen. Milchtank Die Milch im Tank wird mit Eiswasser gekühlt. In den Niederlanden ist das außergewöhnlich, in Dänemark beispielsweise normal. Der (gebrauchte) Tank kommt auch aus Dänemark.