Minoritenplatz 5, 1010 Wien www.bmb.gv.at DVR 0064301 Österreichischer Gemeindebund per E-Mail Sachbearbeiter/in: Dr. Rainer Fankhauser Abteilung Präs.6 Tel.: +43 1 531 20-2340 Fax: +43 1 531 20-812340 [email protected] Antwortschreiben bitte unter Anführung der GZ: BMB-10.010/0147-Präs.6/2016 Kommerzielle Werbung an Schulen Verbot aggressiver Geschäftspraktiken Rundschreiben Das Bundesministerium für Bildung übermittelt ein Rundschreiben zum Thema aggressive Geschäftspraktiken in Verbindung mit kommerzieller Werbung an Schulen mit dem Ersuchen um Kenntnisnahme. Es ersetzt bzw. ergänzt und präzisiert das Rundschreiben Nr. 10/2015. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat am 6. Juni 2016 eine Entscheidung in Verbindung mit dem Herstellen von Klassen- und Erinnerungsfotos durch professionelle Fotografen in Schulen getroffen (17 Os 8/16d). Anlass waren Verträge, nach denen Schulen einen Teil des vom Fotografen erzielten Erlöses als Sponsorgeld erhalten haben. Die Höhe der Sponsoreinnahmen hing von der Anzahl der von den Erziehungsberechtigten abgenommenen Fotosets ab. Der Oberste Gerichtshof hat diese Praxis unter der Voraussetzung akzeptiert, dass Schülerinnen und Schüler im Unterricht nicht dahingehend beeinflusst werden, ihre Eltern oder Erziehungsberechtigten zur Abnahme von Fotos zu bewegen. Geschieht das, kommt es im Rahmen der hoheitlichen Vollziehung zu einer Verknüpfung von Vorteil und Amtsgeschäft, was nach dem Korruptionsstrafrecht nicht gestattet ist (§§ 304 und 305 StGB). Um dem Risiko einer Rechtsverletzung durch Schulen vorzubeugen, untersagt das Rundschreiben derartige Modelle des Sponsorings (Punkt 6.1). In diesem Zusammenhang geht es auch um den Schutz von Schulleitungen und Lehrpersonen. Eine Beeinflussung von Schülerinnen und Schülern ist nicht erst bei einer direkten Aufforderung gegeben, Produkte des Sponsors zu erwerben. In seiner Entscheidung macht der OGH auch grundsätzliche Ausführungen zum Korruptionsstrafrecht. Danach sind Schulleitungen und Lehrkräfte Amtspersonen im Sinn des StGB (§ 74). Der Begriff des Amtsgeschäftes erfasst neben hoheitlichem auch privatwirtschaftliches Handeln. Vertragsabschlüsse im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung zur besseren Erfüllung hoheitlicher Aufgaben sind damit Amtsgeschäfte. Das Korruptionsstrafrecht gilt nur für Amtsgeschäfte im Rahmen der Hoheitsverwaltung, weil Zuwendungen aus Verträgen kein Seite 2 von 2 zu Geschäftszahl BMB-10.010/0147-Präs.6/2016 Vorteil im Sinn des Korruptionsstrafrechtes sind. Die Grenze zur Hoheitsverwaltung wird jedoch, wie oben ausgeführt, überschritten, wenn Schulen im Rahmen des Unterrichts Produkte des Sponsors direkt oder indirekt promoten, um den Sponsorerlös möglichst hoch zu halten. Der OGH-Entscheidung ist ferner zu entnehmen, dass im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung geschlossene Verträge korruptionsstrafrechtlich relevant werden, wenn sie gegen zwingendes Recht verstoßen. In Verbindung mit Werbung und Sponsoring sind das beispielsweise gesetzliche Werbeverbote oder Werbebeschränkungen. Zu beachten ist, dass sich derartige Verbote und Beschränkungen sowohl auf Produkte als auch auf Werbe- oder Marketingmethoden beziehen können. Auf § 1a (aggressive Geschäftspraktiken) bzw. § 2 UWG (irreführende Geschäftspraktiken) wird verwiesen. Davon abgesehen haben Schulen auch Maßstäbe sinngemäß zu beachten, die in anderen, sich auf öffentlich-rechtliche Einrichtungen beziehenden Gesetzen in Verbindung mit Werbung und Sponsoring enthalten sind. Das Rundschreiben geht unter Punkt 2.1 darauf ein. Der OGH hat sich in weiterer Folge auch zur Zuständigkeit von Vertragsabschlüssen geäußert. Seiner Ansicht nach kommt diese Befugnis den Schulleitungen zu. Er stützt seine Auffassung auf § 56 Abs. 1 SchUG, aus der er eine subsidiäre Kompetenz von Schulleitungen für Vertragsabschlüsse ableitet. Selbst wenn das zutreffen sollte, vermittelt die Regelung kein subjektives Recht zum Abschluss von Verträgen. Die verfassungsrechtlich festgelegte Weisungskette (Art. 20 Abs. 1 B-VG) besteht auch im Rahmen privatwirtschaftlichen Handelns. Sie wird durch einfaches Recht nicht beseitigt. Die für öffentliche Schulen geltende Anordnung, wonach die Schulleitungen nur mit Ermächtigung des Schulerhalters Werbe- und Sponsorverträge schließen können, bleibt aufrecht und wird im Rundschreiben wiederholt bzw. bestätigt (Punkt 3). Beilage Wien, 10. Oktober 2016 Für die Bundesministerin: Dr. Rainer Fankhauser Elektronisch gefertigt Unterzeichner Bundesministerium für Bildung Datum/Zeit 2016-10-10T15:22:21+02:00 Aussteller-Zertifikat CN=a-sign-corporate-light-02,OU=a-sign-corporate-light-02,O=A-Trust Ges. f. Sicherheitssysteme im elektr. Datenverkehr GmbH,C=AT Serien-Nr. 991639922 Hinweis Dieses Dokument wurde amtssigniert. Prüfinformation Informationen zur Prüfung des elektronischen Siegels bzw. der elektronischen Signatur finden Sie unter: http://www.signaturpruefung.gv.at. Informationen zur Prüfung des Ausdrucks finden Sie unter: http://www.bmb.gv.at/verifizierung.