Ge n e C o l e man Der Komponist und Interpret Gene Coleman ist 2013 Fellow der American Academy in Berlin. In seinen Kompositionen verortet er die Grenzen zwischen Geräusch und Klang auf neuartige Weise. Seit 2001 untersucht er vor allem die Beziehungen zwischen Musik, Architektur, Video und Tanz und richtet das Augenmerk auf die Globalisierung. Gene Coleman studierte Komposition sowie Musik, Malerei und Film an der School of the Art Institute of Chicago. Er hat in Projekten mit so unterschiedlichen Kollegen wie Helmut Lachenmann, George Crumb, Jim O’Rourke und Otomo Yoshihide zusammengearbeitet. Gene Coleman war Composer in Residence in Rom, Philadelphia, Hamburg, Taipeh, Beirut und Tokio und schrieb Werke u.a. für Klangforum Wien, die Japan Society und das Museum of Modern Art. www.soundfield.org/genecoleman.html N i ck Ler man arbeitet als Videokünstler, Cutter und Kameramann mit dem bekannten Komponisten und Regisseur Gene Coleman zusammen. Aber auch sein eigenes Filmschaffen wurde auf zahlreichen Bühnen in den USA, Europa und Asien präsentiert. Er führte Regie und produzierte Filme, die u.a. beim Philadelphia Film Festival und Margaret Mead Film Festival gezeigt wurden. Für den preisgekrönten Filmemacher Ramin Bahrani war er als Assistent tätig. Ebenso ist er als Gitarrist und Musiker in New York aktiv. Zahlreiche Auftritte als Musiker – wobei er verschiedene Genres und Musikstile bedient – führten ihn in Städte entlang der ganzen Ostküste. Er studierte Medienkunst an der City University in New York im Rahmen des Baccalaureate Program for Unique and Interdisciplinary Studies, wo er für seine Studien viele akademische Stipendien erhielt, u.a. Thomas W. Smith Academic Fellowship, Brooklyn College Foundation General Scholarship und Furman-Tow Travel Stipend. www.nicklerman.com Te i n o s uke K i n u gasa Der japanische Filmregisseur Teinosuke Kinugasa wurde 1896 in der Präfektur Mie geboren und starb 1982 in Kyōto. Er ist einer der prägenden Pioniere des japanischen Films. Kinugasa begann als Darsteller von Frauenrollen, bevor er 1922 sein Regiedebüt gab. Zu seinen bekanntesten Filmen gehört der Stummfilm „Kurutta Ippēji“ („A Page of Madness“, 1926), der gemeinsam mit seinem Film „Jūjiro“ („Crossways“, 1928) zu den wenigen noch erhaltenen Frühwerken des japanischen Filmschaffens gehört. In expressiven Bildfolgen und ohne Zwischentitel schildert Kinugasa in „Kurutta Ippēji“ die subjektive Wahrnehmung der Insassen einer Psychiatrie. Sein Film „Jigokumon“ („Gate of Hell“)aus dem Jahr 1953 wurde mit dem Grand Prix der Filmfestspiele von Cannes 1954 und dem Oscar für den besten ausländischen Film ausgezeichnet. P HAC E Seit vielen Jahren gehört PHACE zu den innovativsten österreichischen Ensembles. Den Schwerpunkt von PHACE bildet die klassische und zeitgenössische Kammermusik. Oft erweitern die Musiker und Musikerinnen von PHACE ihren Klangkörper mit Gästen und arbeiten für Musiktheaterproduktionen sowie für interdisziplinäre Projekte mit Tanz, Theater, Performance, Elektronik, Video und DJs. PHACE hat bislang mehr als 200 neue Werke in Auftrag gegeben und uraufgeführt. 2010 startete das Ensemble die Aufführungsreihe PHACEx, in der in musiktheatralischen Räumen die Grenzen zwischen neuer Musik, Performance, Elektronik, Klang- und Videoinstallation gesprengt werden. Das Ensemble PHACE ist seit Jahren Gast auf internationalen Festivals und hat ab der Saison 2012/13 einen eigenen Zyklus im Wiener Konzerthaus. www.phace.at S i m e o n P i r o n ko f f Simeon Pironkoff wurde in Sofia geboren und studierte Komposition, Dirigieren und Korrepetition an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien. Als Dirigent hat er nach dem Studium zahlreiche Opernproduktionen und Konzerte diverser Jugendorchester geleitet. 1992 gründete Simeon Pironkoff das Ensemble PHACE, damals noch unter dem Namen Ensemble on_line. Seit 2004 ist er außerordentlicher Professor für Dirigieren an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien. Als Dirigent und Komponist arbeitet Simeon Pironkoff mit vielen Orchestern und Ensembles aus Europa und Asien zusammen. Er hat diverse Publikationen und CD-Einspielungen mit Werken des 20. Jahrhunderts vorgelegt und gibt Gastvorlesungen sowie Meisterkurse im Fach Dirigieren in Asien und Europa. www.pironkoff.at Th o m a s B uck n er Der Bariton Thomas Buckner prägt seit über 40 Jahren nicht nur als Sänger, Vokal- und Improvisationskünstler, sondern auch als Konzertveranstalter die neue Musik in den USA. Er hat Konzertreihen für experimentelle Musik in Berkley, Kalifornien und New York ins Leben gerufen und mehrere Plattenlabels gegründet. Klassisch ausgebildet wurde Thomas Buckner bei dem legendären französischen Opernsänger Martial Singher und hat seitdem kontinuierlich neuartige Vokaltechniken entwickelt und sein Ausdrucksspektrum ausgeweitet. Thomas Buckner hat über 100 Werke zeitgenössischer Komponisten zur Uraufführung gebracht, bislang über 40 CDs aufgenommen und wird weltweit zu Gastspielen eingeladen. Seine Lust zum Experiment hat ihn mit Multi-MediaKünstlern zusammengeführt und im Rahmen von Installationen mit bildenden Künstlern. www.thomasbuckner.com Ly d i a R i l l i n g Lydia Rilling ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Musikwissenschaft der Universität Potsdam. Als Autorin und Moderatorin mit dem Schwerpunkt zeitgenössische Musik ist sie u.a. für den SWR und die Berliner Philharmoniker tätig. Sie studierte Musikwissenschaft und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in Berlin, Paris und St. Louis (USA) und verbrachte im Rahmen ihres laufenden Promotionsprojektes über „Affektpoetiken im Musiktheater seit 1945“ einen einjährigen Forschungsaufenthalt an der Columbia University in New York. Gemeinsam mit Helga de la Motte und Julia H. Schröder publizierte sie 2011 „Dokumente zur Musik des ­ 20. Jahrhunderts“. G ENEColEman 1803201320UHR E H E malig EsSTU M M F I LM K I N O„dE lP H i“ maERZMUSIKfEstiValFÜRaKtUEllEMUSIK Po rtr ait Ge n e C o le man G E N E C OL E MAN Spiral Network für Film und Ensemble mit Stimme, Shō, Koto, Bassklarinette, E-Gitarre, Violoncello und Elektronik (2013) UA 27’ Gene Coleman, Regie/Text nach Konzepten von Buckminster Fuller und John Cage Nick Lerman, Film / Schnitt Pause A Page of Madness Stummfilm von Teinosuke Kinugasa (1926) mit Musik von Gene Coleman (2013) UA 60’ Auftragswerk von PHACE und Berliner Festspiele / MaerzMusik Filmkopie aus der Sammlung George Eastman House PHACE Ensemble: Naomi Sato, Shō Naoko Kikuchi, Koto / Stimme Reinhold Brunner, Bassklarinette Botakoz Musasheva, Violine Rafal Zalech, Viola Roland Schueler, Violoncello Burkhard Stangl, E-Gitarre Simeon Pironkoff, Leitung Thomas Buckner, Bariton Eine Produktion von PHACE in Zusammenarbeit mit Berliner Festspiele / MaerzMusik und The American Academy in Berlin. Mit Unterstützung von Japan Foundation durch Performing Arts Japan Program und Österreichisches Kulturforum Berlin Berliner Festspiele ein Geschäftsbereich der Kulturverwaltungen des Bundes in Berlin GmbH Gefördert durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Intendant Dr. Thomas Oberender Kaufmännische Geschäftsführung Charlotte Sieben 19:00 Uhr Künstlergespräch Gene Coleman im Gespräch mit Lydia Rilling Künstlerischer Leiter Matthias Osterwold Organisationsleitung Ilse Müller Mitarbeit Ina Steffan / Chloë Richardson / Anna Christina Brünjes Programmberatung Oliver Schneller / Barbara Eckle / Volker Straebel Redaktion Melanie Uerlings / Barbara Barthelmes / Christina Tilmann Technische Leitung Matthias Schäfer / Andreas Weidmann Grafik Ta-Trung, Berlin Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten Das Gesamtprogramm mit Essays können Sie für 5 € in einer Box erwerben Seit vielen Jahren konzentriert der in Philadelphia lebende Komponist, Bassklarinettist und Regisseur Gene Coleman sein Schaffen auf den weltweiten Beziehungswandel von Kultur und Musik, arbeitet in verschiedenen Genres und Besetzungen und bezieht unterschiedliche Medien mit ein. Komplexe Notationen ebenso wie freie Improvisationen bestimmen seine Werke. Sein besonderes Gene Colemann © A. Hornischer Interesse gilt der Kultur Asiens und der dortigen Tradition der Verknüpfung verschiedener Kunstformen. Mit seiner künstlerischen Arbeit erforscht er die Räume zwischen Klang und Vision und versucht, über Tradition und gegenwärtige globale Kultur neu nachzudenken. Als Preisträger des „Berlin Music Prize“ der American Academy 2013 ist Gene Coleman derzeit in Berlin zu Gast und präsentiert im Rahmen von MaerzMusik zwei neue Werke: seine Musik zu dem japanischen Stummfilm „A Page of Madness“ des Filmemachers Teinosuke Kinugasa und seinen eigenen Film „Spiral Network“. Ge n e C o l e man Zu „S piral Net work“ und „ A Page of M adness“ Die Anregung zu diesem Programm ist für mich die Frage gewesen: Wie sollte ein Komponist heutzutage mit bewegten Bildern umgehen? Im 21. Jahrhundert ist das eine wichtige Fragestellung, angesichts der immensen Produktion von Werken, die Klang und Bild verbinden. Das Programm präsentiert zwei völlig unterschiedliche Annäherungen, die ich auf diesem Feld unternommen habe. Eines dieser Werke besteht in der Konzeption und Ausführung einer Komposition, die vollständig aus Material und Strukturen besteht, die gehört, gesehen und gelesen werden sollen. Das andere ist eine neuartige Annäherung an Musik und Klangkomposition mit einer Filmvorlage, in diesem Fall ein Stummfilm von beträchtlicher künstlerischer und historischer Bedeutung. So wird die zentrale Absicht meiner Arbeit, nämlich neuartige Bezüge zwischen Klang, Bild und Sprache zu erstellen, in unterschiedlicher Weise deutlich. Sp i r al Ne t w o rk Diese Musik- und Film-Komposition ist Teil eines Zyklus, den ich gestaltet habe. Er basiert auf den Ideen und Arbeiten des amerikanischen Erfinders, Architekten und Meine Herangehensweise unterscheidet sich deutlich von der üblichen Praxis, wie Musik bei Stummfilmen eingesetzt wird (und generell in jedem Kinofilm, jeder Fernsehproduktion und jedem medialen Kunstwerk, wo Bilder wichtiger sind als Klänge). Der zentrale Aspekt ist, dass Klänge die Wahrnehmung eines filmischen Inhalts in starkem Maße verändern können – vor allem, wenn man sich wirklich die Zeit genommen hat, die Struktur des Films zu analysieren. Wenn man diese Struktur genau berücksichtigt, wird es möglich, dass mit den Klängen viele interessante Dinge erreicht werden, die sich ansonsten nicht ergeben würden. Zum Beispiel können Klänge eingesetzt werden, um Bilder und Handlung sowohl zu lenken als auch zu kontextualisieren. Und wenn Klänge jenseits „musikalischer“ Normen verwendet werden, kann dies die emotionale und psychologische Bandbreite beim Erleben des Films beträchtlich erweitern. Nun geht es aber um Live-Musik, die ganz andere Voraussetzungen für das Publikum schafft, ich würde sagen „intuitivere“ und auch spannendere, denn die Klänge werden live erzeugt, was in dieser Hinsicht Verhältnissen in einem Theater entspricht. Schriftstellers Richard Buckminster Fuller. Vor einigen Jahren bin ich auf ihn aufmerksam geworden, zunächst durch die Schriften des Komponisten John Cage. Ich hatte Interesse daran, aber Fullers Bücher waren zu schwierig für mich, um sie wirklich zu verstehen, deshalb legte ich sie beiseite. Seit ich aber vor knapp zehn Jahren nach Philadelphia gezogen bin, wuchs mein Interesse. Und als ich erfuhr, dass Fuller die Jahre 1973 bis 1980 hier verbracht hat, entschloss ich mich, mit einigen Ideen zu arbeiten, die er in dieser Zeit entwickelt hatte. Das führte zu dem ersten Werk „9 Chains …“, das ich 2012 komponiert habe. „Spiral Network“ ist das Folgewerk in dieser Reihe und basiert in gewisser Weise auf der vorausgegangenen Komposition. In „Spiral Network“ ziehe ich zwei Projekte heran, die Fuller entwickelte, als er in Philadelphia lebte. Es handelt sich dabei um a) die Vorlesungsreihe „Everything I Know“ und b) um das sogenannte „World Game“. Ich benutze diese Projekte als Metaphern und Strukturen für mein Werk – „Everything I Know“ bietet einen gewaltigen Gedankenwirbel. Deshalb überwiegen Wirbel und Spiralformen in Teil 1, während Teil 2, „World Game“, konzeptionell auf zellulärem Wachstum und auf der Multiplizierung visuellen und auditiven Materials und auf dementsprechenden Formen beruht. Sowohl die Filmebene als auch die Musik enthalten viele Klänge und Bilder, die sich auf Japan beziehen. Das liegt daran, dass ich Bezüge zwischen Fullers Entwürfen und japanischer Architektur der 1950er, 1960er und 1970er Jahre sehe. Fuller unternahm viele Reisen nach Japan und beeinflusste dort die Architektur, auch wenn dies im Westen nicht so sehr wahrgenommen wurde. In meinem Werk berücksichtige ich Fullers Bestrebungen hinsichtlich der weltweiten Kommunikation und Zusammenarbeit – dies wird bei „World Game“ deutlich – durch die Verbindung von traditionellen japanischen Instrumenten und „westlichen“ klassischen Instrumenten sowie elektronischen Klängen. Diese Elemente werden in einem neuen Raum zusammengebracht, den ich als Klangfeld bezeichne und worin die Grenzen zwischen traditioneller und zeitgenössischer Musik verschwimmen. Film und Musik verwenden auf vielfältige Weise gesprochene und geschriebene Sprache. Wir sehen und hören Texte in japanischer und englischer Sprache, die ich zusammen mit einigen Zitaten von Fuller verfasst habe. Manchmal sieht man den Text, bevor man ihn hört, ein andermal geschieht dies in gegenteiliger Reihenfolge. Und auf diese Weise wird eine andere Art von „audiovisuellem Kontrapunkt“ erzeugt. Der visuelle Stil des Textes im Film ist in hohem Maße von John Cages Poesie in seinem Buch „M“ beeinflusst. Gene Coleman Übersetzung: Eckhard Weber PHACE © Oliver Topf „Spiral Network“ intensiviert meine Versuche, Geome­ trie auf unterschiedliche Art und Weise in meinen Kompositionen zu verarbeiten. Es ist eine natürliche Tendenz in meinem Werk, die mein langjähriges Interesse an Architektur und ihre Bezüge zur Musik widerspiegelt. Während der Entstehung dieser Komposition bin ich auf die Arbeiten von Benjamin Betts gestoßen. Er war ein Architekt des 19. Jahrhunderts und glaubte daran, dass Geometrie helfen könne, die Natur des menschlichen Bewusstseins zu beschreiben – eine Idee, die ich faszinierend finde. Zusammen mit den großartigen Filmbildern von Nick Lerman und einigen Zeichnungen, die ich angefertigt habe, finden sich in Teil 1 auch einige Bilder von Betts – wunderschöne Wirbelformen, die den Klangwirbeln in der Musik entsprechen. A Pa g e o f Ma d n e s s Den Film „A Page of Madness“ („Kurutta Ippēji“) habe ich vor über 25 Jahren in Chicago gesehen. Ich kann mich daran erinnern, dass ich sofort daran dachte, Klänge dafür zu komponieren. Die Gelegenheit dazu kam 2010 durch einen Auftrag vom International House Philadelphia, das sein hundertjähriges Bestehen feierte. Diese erste Fassung war eigentlich eine gemeinsame Arbeit von mir und Akikazu Nakamura, einem japanischen Meister auf der Shakuhachi (japanische Flöte). Jeder von uns komponierte etwa die Hälfte der Musik. Diese Version kam am International House in Philadelphia zur Uraufführung und wurde danach, Oktober 2010, im New Yorker Museum of Modern Art präsentiert. 2012 schlug mir das Ensemble Phace in Wien vor, neue Musik für den Film zu komponieren und zwar für das Ensemble sowie für die japanischen Instrumente Koto (japanische Wölbbrett-Zither) und Shō (japanische Mundorgel). Diese Fassung wird heute Abend uraufgeführt. Negativfilms in seinem Schuppen fand. Teinosuke Kinugasa drehte fast hundert Filme, doch nur einer wurde zu seiner Zeit in englischer Sprache veröffentlicht, ein Historiendrama mit dem Titel „Gate of Hell“ („Jigokumon“) aus dem Jahr 1953, der 1955 die Goldene Palme von Cannes und den Oscar als bester fremdsprachiger Film gewann. Die Entstehungsgeschichte dieses Films ist faszinierend, und ich empfehle denjenigen, die mehr darüber erfahren möchten, auf jeden Fall das Buch von Aaron Gerow. „A Page of Madness“ ist ein so legendärer wie erstaunlicher japanischer Stummfilm. Er wird hochgeschätzt und ist Gegenstand akademischer Aufsätze sowie einer Studie von Aaron Gerow („A Page of Madness. Cinema and Modernity in 1920s Japan“, 2008). Er wird sehr bejubelt, aber wurde selten gesehen, auch weil bis heute keine DVD davon erhältlich ist. Er wurde 1926 von Teinosuke Kinugasa geschaffen, als der Regisseur am Beginn seiner Karriere war. Kinugasa gehörte im Japan der 1920er Jahre einem Kreis von Schriftstellern und Regisseuren an, die eine besondere Art von Kino entwickeln wollten, um ein internationales Publikum anzusprechen. Man nahm an, dass die Filmkopie von „A Page of Madness“ während des Zweiten Weltkriegs zerstört worden sei, bis Kinugasa eine Kopie des Was mich am meisten an diesem Film beeindruckt, ist die Radikalität der filmischen Sprache. Wenn man nicht wüsste, dass er 1926 gedreht wurde, würde man denken, er wäre viel später entstanden, denn der Einsatz von Montagen, Überblendungen und anderen Techniken macht ihn zum Vorboten experimenteller Kinoströmungen der 1950er und 1960er Jahre. Dieser außergewöhnliche Film erfordert geradezu eine kühne Musiksprache, die in der Beziehung zwischen Musik und Film in ganz neue Dimensionen vorstößt, mit geschichteten Texturen und Klangfarben, wodurch die Bildsprache und der intensive emotionale Charakter des Films verstärkt werden können.