ALLES HAT EIN ENDE Oder: Zu den Entscheidungsfindungsprozessen der Abschaffung der Sozialpsychologie und der Gender Studies Die Sozialpsychologie in Hannover wird abgeschafft. Das ist nun beschlossene Sache. Noch vor wenigen Monaten hätten die meisten Studierenden, wie auch ein Großteil der Dozierenden dies nicht für möglich gehalten. Die Assoziation Kritische Sozialpsychologie (AKS) hat bis zur letzten Senatssitzung am 26.11.2008 dafür gekämpft die Leibniz Universität Hannover als international renommierten Standort für Sozialwissenschaften und Gender Studies zu erhalten. Auf der letzten Senatssitzung wurde nun jedoch der neue Entwicklungsplan der Philosophischen Fakultät angenommen und damit das Ende der Sozialpsychologie in Hannover und damit der Sozialwissenschaften und der Gender Studies in ihrer momentanen Form besiegelt. Dieser Artikel soll euch einen groben Überblick über die Ereignisse geben, die zu dieser Entscheidung geführt haben wie auch die Folgen aufzeigen, die diese strukturellen Veränderungen mit sich bringen. Die Idee, die Sozialpsychologie und die Gender Studies als Forschungsschwerpunkt der Sozialwissenschaften abzuschaffen war sehr kurzfristig, in einer „Nacht-und-Nebel“-Aktion in den Entwicklungsplan reingerutscht. Ursprünglich bestand das Vorhaben, durch das Ministerium abgesegnet, die Sozialpsychologieund gleichzeitig Eckprofessur der Gender Studies von GudrunAxeli Knapp nach deren Emeritierung schon vorzeitig neu zu besetzen. Dies sollte das ohnehin schon reduzierte Lehrangebot der Sozialpsychologie gewährleisten. Zugleich mit der Absegnung dieser Neuausschreibung kam aber auch die Weisung des Ministeriums, dass die drei neuberufenen Dozierenden des Instituts (Barlösius, Döhler und Klein) ein Mitentscheidungsrecht bei der weiteren Planung des Instituts erhalten sollten. Von diesen kam in einer kleinen Runde der Vorschlag, die Professur von Frau Knapp in eine Bildungssoziologiestelle umzuwandeln. Diese Änderungen wurden undiskutiert, ohne Absprache mit den Betroffenen und anderen Mitgliedern des Instituts, vom anwesenden Dekan in den Entwicklungsplan der Philosophischen Fakultät übernommen. Selbst die meisten Mitglieder des Fakultätsrats waren überrascht, aber angesichts des Zeitdrucks wollte man – trotz der studentischen Bemühungen, eine Diskussion in Gang zu bringen – über diese einschneidenden Entscheidungen dennoch nicht diskutieren. Zwar konnten durch studentischen Protest eine Abstimmung verhindert werden, trotzdem wurde der Entwicklungsplan so an den Senat weitergegeben. Auch im Senat setzten sich die protestierenden Studierenden für eine Diskussion ein und konnten dadurch erreichen, dass der Entwicklungsplan an die Fakultät zurückgegeben wurde, da offensichtlich Klärungsbedarf bestand. Statt der von den Studierenden jetzt erhofften unter weniger Zeitdruck leidenden, offenen Diskussion mit den VertreterInnen der verschiedenen beteiligten Gruppen, gab es jedoch es eine reine Präsentation der eigenen Macht: Der Dekan lud zusammen mit den Neuberufenen eine Diskussionsgruppe ein, deren Zusammenstellung das Ergebnis schon von Vornherein festlegte. Nicht eingeladen wurde Frau Knapp, weil es um ihre Stelle ging. Fast „vergessen“ einzuladen wurden die VertreterInnen der Gender Studies, welche erst auf Nachdruck hin eine Einladung erhielten. Stattdessen war der ehemalige geschäftsführende Direktor der Politischen Wissenschaften (Schmalz-Bruns) anwesend, der bei der gegebenen Problemstellung eigentlich keine Kompetenzen vorweisen kann, jedoch sehr dezidiert für eine Abschaffung der Politischen Psychologie und der Gender Studies einstand. Die vier Studierenden, die neben den beiden studentischen VertreterInnen auch noch mitdiskutieren wollten wurden schnell von der Sitzung ausgeschlossen. Das kurze Statement wurde mit spöttischen Bemerkungen begleitet. Argumente, wie die hochkarätig unterstützte Petition (Es unterschrieben mehr als 1500 Menschen für den Erhalt der Sozialpsychologie in Hannover.) und Stellungnahmen von international angesehenen ProfessorInnen wurden in keiner Weise berücksichtigt. Für die neuberufenen ProfessorInnen bestand während des gesamten Prozesses in keiner Weise Argumentationszwang, es tauchten immer wieder offensichtliche Unwahrheiten auf, die trotz der Intervention der Studierenden anscheinend nicht korrigiert werden mussten. Schließlich gab es in der erwähnten „Diskussions“-Sitzung wieder keine Diskussion, stattdessen wurden schon die neuen Ausschreibungen und neue Modulpläne vorgelegt, die nur noch abgesegnet werden sollten. Der Entwicklungsplan wurde schließlich abgestimmt – abgesehen von einer vagen Erläuterung, dass man sich um eine „Abwicklungslösung“ bemühen würde – in der alten Version an den Senat weitergegeben. Angesichts dieser unverhohlenen Machtdemonstration und der Erkenntnis, dass Diskussionsforderungen hoffnungslos seien, blieb den Studierenden auf der nächsten Senatssitzung, am 26. November, nur noch, die Enttäuschung über die intransparenten Verfahren zu äußern. Von verschiedenen Dozierenden kamen noch Gegenreden und Rechtfertigungen, auf die inhaltlichen Argumente eingegangen wurde jedoch wieder nicht. Die Argumentationen seitens des Senats waren, • dass eben alle Fakultäten sparen müssten und man sich das nicht aussuchen könne. • dass es früher auch schon so war und man nicht immer seinen Willen bekommt. • dass der Dekan auch darunter leidet, dass seine Stelle umbenannt wird. • dass die Gender Studies ja interdisziplinär angelegt seien und daher auch nicht verloren gehen sondern in viel breiterer Auswahl weiter zur Verfügung stehen. Und zu guter letzt: • dass Sozialpsychologie ja im Bachelorstudiengang Sozialwissenschaften keinerlei Stellenwert besitzt bzw. nicht vorhanden ist!!! Der Entwicklungsplan wurde also schließlich abgesegnet und die Schließung der Sozialpsychologie in Hannover damit besiegelt. Für eine zügige Abwicklung des Studienzweiges bekommt Rolf Pohl eine feste Anstellung mit zwei MitarbeiterInnenstellen für die nächsten fünf Jahre. Eine direkte Konsequenz dieser Entscheidung war schon am folgenden Tag zu erkenne: Æ Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Gender Studies gibt ihre Auflösung bekannt. Æ Die Koordinatorin der Gender Studies, Sybille Küster, tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Wie die Zukunft der Sozialwissenschaften in Hannover nun aussieht ist ungewiss, ein derart breites Spektrum im Lehrangebot wird es jedoch gewiss nicht wieder geben… Für weitere Informationen: www.sozialpsychologie-hannover.de Kim Holtmann Basisdemokratische Fachschaft Sozialwissenschaften