Zentrale Instrumente und Kennzahlen im Marketing

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Instrumente und Kennzahlen
Zentrale Instrumente und Kennzahlen im
Marketing- und Vertriebs-Controlling
n
Die Relevanz des Themas Marketing-Controlling in der Praxis ist
unbestritten: Gerade in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten mssen
Marketingfhrungskrfte die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des
Einsatzes des Marketingbudgets nachweisen.
n
Wissenschaftler aus den Bereichen Marketing und Controlling haben
insbesondere in den vergangenen Jahren zahlreiche Vorschlge fr ein
wirkungsvolles Marketing-Controlling entwickelt. Dennoch scheint
eine große Diskrepanz zwischen theoretisch-konzeptioneller Entwicklung einerseits und ihrer Umsetzung in der unternehmerischen
Praxis andererseits zu bestehen.
n
Der Beitrag zeigt, welche Instrumente, Verfahren und Kennzahlen des
Marketing-Controllings in der Praxis tatschlich eingesetzt werden.
Daraus wird abgeleitet, in welchen Bereichen noch Implementierungsprobleme existieren und bezglich welcher Aspekte weiterer
Forschungsbedarf im Marketing-Controlling besteht.
Inhalt
Seite
1
Marketing-Controlling 2010 .........................................
21
2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Stand des Marketing-Controllings in der Praxis .............
Status des Marketings .....................................................
Zufriedenheit mit dem Marketing-Controlling .................
Herausforderungen des Marketing-Controllings ...............
Budgetierung fr das Marketing ......................................
Marketing- und Vertriebskennzahlen ...............................
22
22
23
23
25
27
3
3.1
3.2
Instrumente des Marketing-Controllings .......................
Strategisches Marketing-Controlling ...............................
Controlling der Marketinginstrumente .............................
29
29
31
4
Zusammenfassung und Diskussion .................................
35
5
Literaturhinweise ...........................................................
37
19
Grundlagen & Konzepte
n
Die Autoren
Prof. Dr. Sven Reinecke ist Direktor des Instituts fr Marketing an der
Universitt St. Gallen (HSG), CH-St. Gallen, und Leiter des dortigen
Kompetenzzentrums „Marketing Performance Management“.
Dipl.-Kffr. Jasmin Eberharter ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und
Leiterin des Manager-Seminars Marketing- und Verkaufs-Controlling
am Institut fr Marketing an der Universitt St. Gallen (HSG), CH-St.
Gallen.
20
Instrumente und Kennzahlen
1
Marketing-Controlling 2010
Insbesondere in Krisenzeiten gert die Marketingfunktion immer strker
unter Rechtfertigungsdruck: Marketingfhrungskrfte mssen die Effektivitt und die Effizienz des Marketings belegen und bençtigen hierfr
Instrumente und Methoden. Am Anfang dieses Beitrags steht deshalb die
kritische Analyse des aktuellen Status des Marketing-Controlling s in der
betriebswirtschaftlichen Praxis:
• Wie hoch ist die Zufriedenheit mit dem Marketing-Controlling?
sind die zentralen Herausforderungen, die im Rahmen des
• Welches
Marketing-Controllings zu bewltigen sind?
welchem Ausmaß stehen dem Marketing-Controlling die erforder• Inlichen
Ressourcen zur Verfgung, um seinen Aufgaben Rechnung zu
•
•
•
tragen?
Verlangt die Unternehmensleitung einen Nachweis der Effektivitt
und Effizienz von Marketingmaßnahmen sowie der Gesamtfunktion
„Marketing“?
Wie wird das Marketing-Controlling dieser Nachweispflicht gerecht
und welche Instrumente werden genutzt?
Zusammengefasst: Wie ist der derzeitige Stand des Marketing-Controllings in der Praxis?
Um diese Fragen zu beantworten, hat das Institut fr Marketing an der
Universitt St. Gallen eine Umfrage durchgefhrt. Fr die Studie wurden
insgesamt 3.904 Manager im deutschsprachigen Raum per E-Mail
kontaktiert und gebeten, an einer standardisierten schriftlichen OnlineBefragung teilzunehmen. Whrend des Erhebungszeitraums (Februar/
Mrz 2010) fllten 516 Probanden den Fragebogen aus, sodass die
Nettorcklaufquote bei rund 13,0 % lag. Dies kann als sehr zufriedenstellend bewertet werden.
Die meisten Befragten bekleiden eine leitende Funktion in ihrem
Unternehmen: Geschftsfhrer, Marketingleiter und Aufsichts- bzw.
Verwaltungsrte machen insgesamt 56,5 % der Befragten aus. Die
restlichen 43,5 % setzen sich u. a. aus Verkaufs-, Werbeleitern und
Controllern zusammen. 33,4 % der befragten Unternehmen sind ausschließlich national ttig, 66,6 % der Unternehmen agieren auf internationalen Mrkten. 35 % der Unternehmen beschftigen 500 oder mehr
Mitarbeiter, 32 % zwischen 50 und 499 Mitarbeiter und 33 % der
Unternehmen beschftigen weniger als 50 Mitarbeiter. Die Stichprobe
umfasst ein breites Branchenspektrum, wobei der Großteil der befragten
Unternehmen im Dienstleistungsbereich ttig ist (49,7 %). Die andere
Hlfte der Probanden verteilt sich auf die Branchen Industriegter
21
Grundlagen & Konzepte
(19 %), Handel und Distribution (17 %) sowie Konsumgter (13 %).
Die Studie erhebt keinen Anspruch auf vollstndige Reprsentativitt fr
den deutschsprachigen Raum, auch wenn die Stichprobenstruktur der
mittelstndisch geprgten Wirtschaftslandschaft weitgehend entspricht.
2
Stand des Marketing-Controllings in der Praxis
2.1
Status des Marketings
Die Notwendigkeit, den „Return on Marketing“ (ROM) an das TopManagement zu berichten bzw. die Marketingeffizienz zu belegen,
polarisiert stark. Bei einigen Unternehmen ist sie sehr hoch, bei anderen
gar nicht ausgeprgt. Andererseits kann festgestellt werden, dass in den
letzten drei Jahren die Pflicht, die Effizienz des Marketings nachzuweisen, im Unternehmen deutlich gestiegen ist (s. Abb. 1).
Nachweispflicht des Return on
Marketing gegenüber dem Top- 7,0%
Management
Veränderung der Nachweispflicht
des Return on Marketing in den
letzten drei Jahren
20,7%
17,5%
9,9%
35,9%
5,6%
22,1%
25,4%
gar nicht (=1)
Top-Management: Marketing als
Aufwand oder Investition?
8,3%
Geschäftsbereichs: Marketing als
Aufwand oder Investition?
4,4%6,5% 8,3%
17,3%
16,1% 6,6%
MW=3,94
SD=1,762
5,8%
MW=4,73
SD=1,208
23,0%
sehr intensiv (=7)
11,5%
17,2%
20,8%
13,3%
33,3%
Aufwand (=1)
18,3%
10,5%
26,5%
MW=4,18
SD=1,847
MW=5,36
SD=1,619
Investition (=7)
Abb. 1: Marketingwahrnehmung zwischen Aufwand und Investition
Marketing:
Investition oder
Aufwand?
Die Marketingleitung schreibt dem Marketing mit großer Mehrheit einen
Investitionscharakter zu; das Top-Management der befragten Unternehmen sieht dies jedoch deutlich anders und nimmt Marketing relativ hufig
primr als Aufwand wahr. Fr das Marketingmanagement kann dies als
22
Instrumente und Kennzahlen
eindeutige Handlungsaufforderung betrachtet werden: Wenn Marketing
eine Wert stiftende Funktion attestiert werden soll, so muss diese auch
(finanzwirtschaftlich) nachgewiesen werden. Dafr ist es erforderlich,
geeignete Instrumente zur Erfassung von Effektivitt und Effizienz der
verschiedenen Marketingmaßnahmen im Unternehmen einzusetzen.
Ohne solides Marketing-Controlling fehlt die Basis, um Marketing einen
betriebswirtschaftlichen Investitionscharakter zuzuschreiben.
2.2
Zufriedenheit mit dem Marketing-Controlling
Aufgabe des Marketing-Controllings ist es, die Effektivitt (Wirksamkeit) und die Effizienz (Wirtschaftlichkeit, Output-/Input-Betrachtung)
des Marketingmanagements sicherzustellen. Die Zufriedenheit mit dem
Marketing-Controlling ist allerdings bei kaum einem Unternehmen sehr
hoch; vielmehr dominieren tendenziell strker Unzufriedenheit bzw.
Indifferenz (s. Abb. 2). Insgesamt kann die Zufriedenheit mit dem
Marketing-Controlling als sehr mßig eingeschtzt werden.
Zufriedenheit mit
7,2%
Marketing-Controlling
15,3%
19,4%
23,8%
sehr unzufrieden (=1)
22,0%
Mßige
Zufriedenheit
10,5%
MW=3,77
SD=1,485
sehr zufrieden (=7)
Abb. 2: Zufriedenheit mit dem Marketing-Controlling
Zusammenfassend lsst sich feststellen, dass viele Marketingfhrungskrfte lediglich behaupten, dass Marketing eine Investition sei – ohne
jedoch tatschlich auf ein zufriedenstellendes Marketing-Controlling
zurckgreifen zu kçnnen, das in der Lage wre, einen Wirtschaftlichkeitsnachweis zu erbringen. Die Marketingrealitt ist somit von einem
wert- bzw. investitionsorientierten Marketing noch weit entfernt.
2.3
Herausforderungen des Marketing-Controllings
Welches sind die wesentlichen Ursachen fr die Unzufriedenheit mit
dem Marketing-Controlling? Worin liegen die grçßten Herausforderungen?
Die Ergebnisse in Abb. 3 zeigen, dass vor allem
• die Messbarkeit des Marketingerfolgs,
• der Aufbau einer hochwertigen Informations- und Datenbasis und
• das verfgbare Know-how
23
Rentabilitt
oft nicht
nachweisbar
Grundlagen & Konzepte
die zentralen Herausforderungen fr ein professionelles Marketing-Controlling darstellen. Dabei ist interessant, dass dies alles Bereiche sind, die
vom Marketingmanagement selbst maßgeblich beeinflusst werden kçnnen. Insbesondere das Know-how ließe sich durch Personalselektion und
Weiterbildungsmaßnahmen deutlich verbessern. Ferner kann die Marketingleitung durch eine Differenzierung der Zielplanung sowie die
Definition und eindeutige Operationalisierung von Kennzahlen sowohl
die Messbarkeit als auch die Informationsbasis im Bereich Marketing
selber deutlich verbessern. Eindeutig operationalisierte Marketingziele
wren mithilfe von Marktforschung und Marketing-Accounting problemlos messbar.
Messbarkeit des Marketing
4,2%
7,5%
4,8%
Informations- und Datenbasis im 3,6%
6,7% 13,9%
Marketing
Know-how im Bereich
Marketing-Controlling
6,5% 8,4%
25,9%
15,1%
Engagement der Marketing- und
Verkaufsleitung für das
Marketing-Controlling
9,5% 11,8%
Funktionsübergreifende
Unterstützung
9,2% 10,5%
Finanzielle Mittel, um
Marketing-Controlling zu betreiben
36,4%
18,2%
20,0%
8,0% 13,7%
22,5%
gar keine
Herausforderung (=1)
16,4%
32,0%
29,4%
14,7%
MW=5,61
SD=1,369
28,2%
9,9%
MW=4,93
SD=1,401
21,2%
9,0%
MW=4,66
SD=1,483
21,6%
9,7%
MW=4,59
SD=1,558
18,7%
10,5%
MW=4,52
SD=1,555
29,4%
32,1%
25,6%
23,2%
MW=5,21
SD=1,380
sehr große
Herausforderung (=7)
Abb. 3: Herausforderungen des Marketing-Controllings
Zuordnung von
Ursache und
Wirkung im Fokus
Somit ist eigentlich nicht die Messbarkeit, sondern vielmehr die
eindeutige Zuordnung von Ursache und Wirkungen die dominierende
Herausforderung des Marketing-Controllings. Letzteres wrde Experimente erfordern, die in der Praxis zumeist an den nicht kontrollierbaren,
vielfltigen Feldeinflssen und den damit verbundenen hohen Marktforschungskosten scheitern.
24
Instrumente und Kennzahlen
2.4
Budgetierung fr das Marketing
Bei der Marketingbudgetierung handelt es sich um eine grundlegende
Marketing-Controlling-Aufgabe, in deren Rahmen Unternehmen sowohl
ber die Hçhe als auch ber die Verteilung ihrer fr das Marketing
einzusetzenden finanziellen Ressourcen zu entscheiden haben. Angesichts ihres hohen Anteils an den Gesamtkosten und ihres schwer zu
erfassenden betriebswirtschaftlichen Nutzens stehen Marketingmaßnahmen in vielen Unternehmen seit einiger Zeit verstrkt im Mittelpunkt
von Rationalisierungsprozessen des Top-Managements, das den Ausweis
und die Maximierung eines messbaren Beitrags des Marketings zum
Unternehmenserfolg bzw. -wert einfordert.
Da Unternehmen i. d.R. mehrere Anstze und Methoden zur Planung
der Hçhe des (aggregierten) Marketing- und Vertriebsbudgets heranziehen und kombinieren, wurden die Befragten gebeten, bis zu drei der
von ihnen primr fr die Marketingbudgetierung genutzten Anstze und
Methoden zu nennen.
Wie die in Abb. 4 dargestellten Ergebnisse zeigen, ist die Marketingbudgetierung in der Unternehmenspraxis stark geprgt durch inkrementelle
und induktive Verfahren. Problematisch erscheint, dass die Planung des
Marketingbudgets in den meisten Fllen primr auf Managementerfahrung und -intuition beruht und somit die Rationalitt schwer zu
berprfen ist. Ebenso ziehen ber 50 % der Unternehmen fr die
Marketingbudgetfestlegung das Marketingbudget der Vorperiode heran,
was einen vergangenheitsorientierten und wenig outputorientierten
Fortschreibungsansatz impliziert. Differenzierte zielorientierte Methoden, die ber Umsatz oder Absatz hinausgehen, sind relativ selten
anzutreffen. Einen geringen Stellenwert nehmen beispielsweise branchen- bzw. wettbewerbsbezogene Grçßen fr die Marketingbudgetierung
(Abb. 4: branchenbliche Werte = 6,9 %, Marketingbudgets der Hauptwettbewerber = 1,9 %) ein. Dies drfte nicht zuletzt darauf zurckzufhren sein, dass diese Werte außerhalb der marktforscherisch
besonders gut erschlossenen Konsumgterbranchen lediglich mit großem Aufwand erhltlich sind.
25
Bei der
Budgetierung
dominiert
Managementerfahrung
Grundlagen & Konzepte
Abb. 4: Marketing- und Vertriebsbudgetierung
Spielraum fr
Effektivitts- und
Effizienzsteigerungen
Des Weiteren wurden die Studienteilnehmenden gebeten, einzuschtzen, auf welchen Teil des Marketingbudgets man verzichten kçnnte,
ohne dass sich dies maßgeblich (negativ) auf den Umsatz des Unternehmens auswirken wrde (s. Abb. 5). Dabei offenbart sich ein nicht
unerhebliches Potenzial von ber 13 % des aktuellen Marketingbudgets.
Dieser Wert ist sogar hçher als jener aus einer Studie des Jahres 2005,
die das Institut fr Marketing und Handel damals mit der GfK in der
Schweiz durchgefhrt hat. Trotz des anhaltenden Drucks auf die
Marketingbudgets und trotz Wirtschaftskrise sehen die Fhrungskrfte
somit nach wie vor Spielraum fr Effektivitts- und Effizienzsteigerungen im Marketing.
Relativierend ist allerdings hinzuzufgen, dass die Bezeichnung „Verschwendung“ nicht immer ganz zutreffend ist. Insbesondere ist der
Zeitraum zu betrachten: Das Marketingbudget lsst sich in einigen
Situationen durchaus ohne nachhaltige Umsatzbeeintrchtigung kurzfristig reduzieren - nicht jedoch langfristig.
26
Instrumente und Kennzahlen
Ø „ Verschwendung“:
9,9 % (Studie 2005, CH)
13,4 % (Studie 2010, DACH)
Quellen: IHA-GfK/IMH 2005, IfM 2010
Abb. 5: Einsparungspotenzial beim Marketingbudget
2.5
Marketing- und Vertriebskennzahlen
Des Weiteren wurde, wie in Abb. 6 illustriert, nach allen eingesetzten
Marketing- und Vertriebskennzahlen (grner Balken) sowie den fnf
wichtigsten Kennzahlen (grauer Balken) gefragt. Zur Messung der
Effektivitt und Effizienz des Marketings werden hauptschlich absatzund finanzwirtschaftliche Marketing- und Vertriebskennzahlen, wie z.B.
• Umsatz,
• Nettogewinn,
sowie
• Umsatzrentabilitt
Absatz
•
verwendet. Aber auch kundenorientierte Kennzahlen wie Kundenzufriedenheit und wahrgenommene Kundenzufriedenheit werden gemessen,
wenn auch seltener als Top-Steuerungskennzahl eingesetzt. Konkurrenzorientierte Kenngrçßen werden (mit Ausnahme des Marktanteils) kaum
eingesetzt. Ferner lsst sich feststellen, dass auf komplexere sowie
differenziertere Marketingkennzahlen wie Kunden- und Markenwert
sowie Commitment eher selten zurckgegriffen wird.
27
Komplexe
Kenngrçßen
finden keine
Praxisanwendung
Abb. 6: Marketing- und Vertriebskennzahlen
Grundlagen & Konzepte
28
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