Akademiska Orkestern - Akademisches Orchester Åbo Dirigent Sauli Huhtala Solist Christoph Habicht, Cello Von der Wiener Klassik zur finnischen Nationalromantik Samstag, 28.4., 19.00 Uhr, Peterskirche, Heidelberg Sonntag, 29.4., 17.00 Uhr, Stadthalle, Weinheim Eintritt: CD: 5/10 Euro 15 Euro Herzlich willkommen zu unseren Konzerten! Das Akademische Orchester der Universität Åbo Akademi (schwedischsprachige Universität in der zweisprachigen Stadt Åbo/Turku) bringt regelmäßig Neue Musik zur Uraufführung und führt vergessene oder zumindest selten gehörte Kompositionen auf. 2011 veröffentlichte unser Orchester als sogenannte World Premier Recording-Aufnahmen Kompositionen Axel von Kothens sowie die Sinfonie Axel Gabriel Ingelius‘, die sowohl als erste Turkuer als auch erste finnische Sinfonie gilt. Ebenso brachten wir 2011 die Oper Henrik och häxhammaren (Henrik und der Hexenhammer) von Ulf Långbackan und Dan Henrikson zur Uraufführung sowie meine eigene Komposition I vågskålen (Auf der Waagschale) nach Texten von Erik Andersson, interpretiert von der Sopranistin Camilla Nylund. Unsere Herbstspielzeit schloss nach den traditionellen Weihnachtskonzerten am 16.12. mit einem Wohltätigkeitskonzert zusammen mit dem Bass Matti Salminen. Neben traditioneller Weihnachtsmusik enthielt es Werke von Beethoven, Mozart und Sibelius. Im Laufe des vergangenen Jahres spielte unser Orchester insgesamt vor knapp 9000 Zuhörern. In unseren diesjährigen Frühlingskonzerten haben wir die Freude, ein Programm mit Werken von Beethoven, Schumann und Sibelius zu präsentieren. Aufführungsorte jetzt im April sind Kemiö, Turku, Heidelberg und Weinheim. Nicht nur die Namen der Komponisten, sondern die gesamte Realisierung dieser Tournee sind Zeichen einer bemerkenswerten Zusammenarbeit zwischen Finnland und Deutschland. Die Entstehungsgeschichte der 2. Sinfonie Sibelius‘ hat außerdem einen starken Turkuer Einfluss aufzuweisen, denn ohne die Mitwirkung Axel Carpelans (Turkuer Mitglied einer alteingesessenen finnischen Adelsfamilie) wäre diese Sinfonie damals unter vollkommen anderen Umständen geschrieben worden. In dem inspirierenden Milieu des Turkuer Sibelius-Museums haben wir die mit diesem Werk verbundenen Handschriften und Materialien untersucht. Nach unserer Tournee werden wir im Herbst in den finnischen Orten Korppoo, Masku, Lapväärtti und Turku konzertieren, wo wieder die Uraufführung Neuer Musik auf dem Programm stehen wird. Die oben beschriebene umfangreiche idealistische Arbeit bedarf Freunde, die wir stets mit offenen Armen willkommen heißen. Herzlich willkommen zu diesem Konzert! Sauli Huhtala Dirigent Programm Ludwig van Beethoven (1770-1827) Coriolan-Ouvertüre, op. 62 (1807) Robert Schumann (1810-1856) Konzert für Violoncello und Orchester in a-Moll, op. 129 (1850) I Nicht zu schnell II Langsam III Sehr lebhaft Jean Sibelius (1856-1957) 2. Sinfonie in D-Dur, op. 43 (1902) I Allegretto II Tempo andante, ma rubato III Vivacissimo IV Allegro moderato Das Orchester – AKADEMISKA ORKESTERN - Akademisches Orchester Das Akademische Orchester ist ein der Turkuer schwedischsprachigen Universität Åbo Akademi zugehöriges voll besetztes Sinfonieorchester. Es ist eines der ältesten finnischen sowie eines der größten nordischen universitären Sinfonieorchester. Im Akademischen Orchester setzt sich eine alte europäische universitäre Orchestertradition fort. Im Jahre 1640 gründete Generalgouvernör Per Brahe auf Betreiben Königin Christinas die erste Universität auf finnischem Boden, die Akademie zu Turku. Sie war die dritte im damaligen schwedischen Reich. Von Anfang an gehörten zu den akademischen Feiern studentische Musikaufführungen, was sich in dem 1747 in Turku gegründeten ersten beständigen Orchester Finnlands, der Akademiska Kapellet (Akademischen Kapelle), niederschlug. 1828 wurde die Universität nach Helsinki, seit 1812 die Hauptstadt des russischen Großfürstentums Finnland, verlegt und die Orchestertradition u.a. unter der Leitung Fredrik Pacius‘ (gebürtiger Hamburger, Friedrich Pacius) fortgesetzt. In den Jahren 1868 bis 1926 benutzte man den finnischen Namen Akateeminen Orkesteri (Akademisches Orchester). Seine Dirigenten waren u.a. Jean Sibelius und Robert Kajanus. 1928 kehrte die universitäre Orchesterarbeit unter Leitung des Komponisten Alfred Anderssén wieder zu ihren Ursprüngen in der alten Hauptstadt zurück, an die zehn Jahre zuvor gegründete schwedischsprachige Universität Åbo Akademi. Das dann neu gegründete Orchester behielt, jetzt allerdings auf schwedisch (Akademiska Orkestern), seinen bisherigen Namen und wurde Ausdruck des studentischen Musikschaffens. Als Leiter des Orchesters fungierten u.a. der langjährige Professor für Musikwissenschaft der Universität, John Rosas, und von 1955 bis 1990 der Ehrendoktor der Philosophie und Ehrendirigent des Orchesters, Gottfrid Gräsbeck. Heutzutage umfasst das Orchester rund 70 Musiker, Studenten und Mitarbeiter aus fast allen Hochschuleinrichtungen der Stadt Turku. Der Standort des Orchesters ist das Turkuer SibeliusMuseum. Jährlich gibt das Orchester mehrere Konzerte in seiner Heimatstadt und gastiert regelmäßig im übrigen Finnland sowie im Ausland, u.a. in Schweden, Estland, Deutschland, Österreich, Russland und der Slovakei. Zu den wichtigsten Traditionen des Orchesters zählt die Begleitung akademischer Feierlichkeiten der Åbo Akademi sowie manchmal auch der finnischsprachigen Universität Turku und das alljährige Adventskonzert mit den Studentenchören Brahe Djäknar und Florakören unter der Leitung Ulf Långbackans. Die letzten Jahre stellen in der Orchestergeschichte eine Besonderheit dar, denn das Akademische Orchester hat eine Reihe von Großproduktionen vollendet. Im Laufe des Jahres 2011 konnte manch ein Erfolg erreicht werden. Anfang des Jahres veröffentlichte das Orchester seine Aufnahme von der einzigartigen Uraufführung der ersten finnischen Sinfonie, die Sinfonie Nr. 1 von Axel Gabriel Ingelius. Im gleichen Frühling gab das Orchester ein Benefizkonzert namens Maritime Musik zugunsten der Ostsee. Die bedeutenste Produktion des Jahres war wohl die Volksoper Henrik und der Hexenhammer. Zusammen mit namhaften Solisten und den Chören Brahe Djäknar und Åboland Kammarkör veranstaltete das Akademische Orchester im August die Uraufführung im Innenhof der Burg zu Turku. Einen krönenden Abschluss fand das Jahr in dem stimmungsvollen Weihnachtskonzert im Turkuer Dom, in dem der weltberühmte und auch in Deutschland beliebte Bass Matti Salminen als Solist auftrat. Der Dirigent – SAULI HUHTALA Dirigent Sauli Huhtala hat in den Dirigentenausbildungsgängen der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (oder: der Wiener Musikuniversität) und der Sibelius Akademie (Musikhochschule in Helsinki) Orchesterdirigieren studiert und 1995 sein Diplom als Dirigent mit den besten Noten erhalten. Er hat unter anderem bei Professor Jorma Panula und Karl Österreicher studiert, sowie unter der Anleitung von Atso Almila, Eri Klas und Ilja Musin. Er hat auch einen der vom Niederländischen Radio Philharmonie Orchester veranstalteten Internationalen Kirill Kondrashin Dirigentenkurse der Meisterklasse absolviert. Seit 1991 ist Huhtala Dirigent und Künstlerischer Leiter des Sinfonieorchesters der Universität Åbo Akademi. Als Gastdirigent hat er schon beinahe alle finnischen Sinfonieorchester geleitet. Gastiert hat er auch in Schweden, Estland, Deutschland und Polen –und z.B. das Baltische Philharmonie Orchester (Danzig) erfolgreich geleitet. Huhtala ist als vielseitiger Musiker bekannt: sein Spektrum reicht von der Wiener Klassik bis hin zur zeitgenössischen Moderne oder auch Filmmusik. Er hat sich auch einen Namen als Komponist gemacht. Die Musik der zur großen Beliebtheit aufgestiegenen finnischen Adaptierung des Jedermanns (Jokamies, 1998 in Turku uraufgeführt) stammt aus Huhtalas Feder. Seine Heimatstadt Turku hat Sauli Huhtala 1990 den ABOA-Kulturpreis verliehen. Der Solist – CHRISTOPH HABICHT Der Cellist Christoph Habicht hat bei Professor Georg-Ullrich von Bülow und Daniel Grosgurin studiert. Er hat auch Meisterkurse unter Pierre Fournier und Janos Starker absolviert. Weitere wichtige Anregungen hat er durch Rudolf Metzmacher und Anner Bylsma erhalten. Seit 1987 ist Habicht Cellist im Philharmonischem Orchester Heidelberg und seit 1993 Mitglied des Ossian-Quartetts. Zu seinem Repertoire als Solist gehören z.B. das Konzert von Friederich Gulda für Violoncello und Blasorchester, Variations von Lloyd-Webber und Giorgio F. Ghedinis Konzert für zwei Violoncelli und Orchester. Pianistenpartner Habichts im Bereich der Kammermusik sind zum Beispiel Ulrich Eisenlohr, Eugen Polus sowie Adelheid Lechner und im Barock-Repertoire immer wieder Peter Laue. Seit 1977 ist Habicht an diversen Lehreinrichtungen pädagogisch tätig. Er spielt ein Violoncello des Londoner Instrumentenbauers William Forster von 1796. Ludwig van Beethoven: Coriolan-Ouvertüre, op. 62 Beethoven schrieb 1807 seine beliebte Ouvertüre Coriolan für das gleichnamige Drama des Österreichers Heinrich von Collins. Ort der Geschehnisse der politischen Intrigen in diesem Schauspiel ist das antike Rom. Dasselbe Thema hatte schon William Shakespeare 200 Jahre vorher aufgegriffen. Die Struktur und die Themen der Ouvertüre zeichnen in groben Linien die Struktur des Dramas nach: das Werk beginnt mit einem kriegerischen Hauptthema, das die Endlösung Coriolans erahnen lässt, wobei wiederum das lyrische Seitenthema die tragische Natur des Stückes hervorbringt. Die Ouvertüre wurde gleichzeitig mit Beethovens 4. Sinfonie und seinem Klavierkonzert Nr. 4 uraufgeführt. Die Aufnahmen der Ouvertüre mit den Berliner Philharmonikern unter Leitung von u.a. Wilhelm Furtwängler und Herbert von Karajan sind äußerst geschätzt. Robert Schumann: Konzert für Violoncello und Orchester in a-Moll, op. 129 Schumanns Schicksal sollte sein, dass er für alles, was ihm am liebsten war, kämpfen musste. Die Mutter wünschte sich einen Juristen, aber Jura interessierte den Sohn nicht, obwohl er sich zunächst in ihr, in Leipzig und Heidelberg studierend, versuchte. Mit hilfreicher Unterstützung seines Klavierlehrers Friedrich Wieck konnte er seine Mutter von einer Musikerlaufbahn überzeugen. Auf diesem eingeschlagenen Weg blieb er Zeit seines Lebens. Später verliebte Schumann sich in Wiecks Tochter Clara. Ihre Liebesgeschichte ist sicherlich eine der berühmtesten der Musikwelt. Vater Wieck verweigerte der jungen Liebe seinen Segen und versuchte sie mit allen Mitteln zu sabotieren. Nach vier schmerzvollen Jahren ließ Schumann die Angelegenheit an einem Gericht entscheiden, das ihm Recht zusprach. Clara und Robert heirateten im Herbst 1840. Schumann komponierte das Cellokonzert innerhalb von zwei Wochen im Herbst 1850, kurz nachdem er zum städtischen Musikdirektor in Düsseldorf gewählt worden war. Die Faszination der Konzertes liegt in seinen virtuosen und klangvollen Melodien. Die drei Sätze des Konzertes gehen ohne Pause ineinander über, denn Schumann soll Applaus zwischen den Sätzen eines Werkes gehasst haben. Wie in klassischen Konzerten üblich beginnt der erste Satz mit einer Orchestereinleitung, der das vom Cello vorgestellte Hauptthema folgt. Der lyrische zweite Satz leitet in das lebhafte Rondo des dritten Satzes über. Das Konzert fand seine Premiere erst vier Jahre nach dem Tod des Komponisten, im Zusammenhang mit den Festlichkeiten anlässlich der 50. Wiederkehr seines Geburtstages. Schumanns Cellokonzert hat jedoch seinen festen Platz in Konzertprogrammen gefunden, wohingegen sein Violinkonzert seltener zu hören ist. Jean Sibelius: 2. Sinfonie in D-Dur, op. 43 Jean Sibelius verbindet vieles mit Turku. Dort verbrachte er in seiner Kindheit lange Zeiten bei seinem Onkel und dort lebte auch sein guter Freund Axel Carpelan, dessen Einfluss auf Sibelius‘ Kompositionen von großer Bedeutung war. Auf die Entstehung der zweiten Sinfonie wirkte er u.a. insofern ein, als dass er dem Komponisten eine Reise nach Italien vorschlug und auch die Finanzierung derselben sicherstellte. Sibelius widmete dann auch diese Sinfonie Nr. 2 seinem Turkuer Freund und Mäzen Axel Carpelan. Auch mit der ersten Universität des Landes, der Akademie zu Turku, fühlte Sibelius sich verbunden, denn sein Urahn Samuel Haartman dirigierte die Festmusik zu Ehren der Eröffnungsfeierlichkeiten der Akademie im Juli 1640. Von weiteren musikalischen Verflechtungen mit Turku zeugen die Uraufführungen der überarbeiteten Version der 5. Sinfonie und der C-DurRomanze für Streichorchester. Die Åbo Akademi bestellte von Sibelius die Kantate Jordens sång (Das Lied der Erde), die auch heute noch bei den Promotionsfeiern der Universität gespielt wird. Zwischen dem Akademischen Orchester und Sibelius besteht auch eine ganz besondere Bande, denn der Heimatsaal des Orchesters ist das einzige Sibelius-Museum der Welt. Sibelius’ 2. Sinfonie ist die beliebteste und am meisten aufgenommene unter seinen Sinfonien. Sie ist schon viel kunstfertiger orchestriert als die erste. Die Satztechnik ist reifer und die rauhe slawische Freudlosigkeit wird von einem klassischeren Ansatz und der maritimen Helligkeit Italiens abgelöst. Zu großen Teilen schrieb Sibelius die 2. Sinfonie ja auch in Rapallo. Die heldenhafte und optimistische Stimmung des Kopf- und Finalsatzes sind gerade das, wonach das finnische Publikum 1902 zu Zeiten von Repressionen und Unruhen unter der russischen Zarenmacht dürstete. Die Uraufführung manifestierte Sibelius‘ Stellenwert als Nationalheld. Auch in der weiten Welt gelangte die Sinfonie schnell zu Ruhm. Text und Layout: Sanna Qvick Übersetzung: Katri Oldendorff