Di 2. Mai 2017 20:00 Sartory-Säle Piia Komsi | Sopran Emily Hindrichs | Sopran Guilhem Terrail | Countertenor Christine Chapman | Sprecherin Peter Veale | Oboe, Englischhorn Helen Bledsoe | Flöte Marco Blaauw | Doppeltrichter-Trompete Ensemble Musikfabrik Peter Rundel | Dirigent Pause gegen 20:45 | Ende gegen 21:45 Gefördert durch das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen. PROGRAMM Jonathan Harvey 1939 – 2012 Sprechgesang (2007) für Oboe und Englischhorn solo und 13 Musiker Rebecca Saunders *1967 Bite (2016) für Flöte solo Deutsche Erstaufführung Peter Eötvös *1944 Snatches of a conversation (2001) für Doppeltrichter-Trompete in C und Ensemble Pause Julien Jamet *1979 Glossomanie (2017) für Doppeltrichter-Trompete Kompositionsauftrag von ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln, gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung Uraufführung Unsuk Chin *1961 Cantatrix Sopranica (2004 – 05) für zwei Soprane, Countertenor und Ensemble I II III IV V VI VII VIII 2 ZU DEN WERKEN Jonathan Harvey: Sprechgesang (2007) »Die Aufgabe von Künstlern ist dringend, ernst und gefährlich.« Ein Statement des britischen Komponisten Jonathan Harvey (1939 – 2012), der in London bei dem Schönberg-Schüler Erwin Stein studierte (1885 – 1958) – hierhin floh dieser 1938 von Wien aus vor den Nazis. Ob durch den Unterricht oder durchs Selbststudium oder anderswie – an dem Begriff und der Sache »Sprechgesang« kommt kein Komponist unserer Zeit vorbei – jedenfalls als Theorie –, wenn er in seiner Musik mit Sprache arbeiten will. 1912 verlangt Arnold Schönberg (1874 – 1951) von dem Stimminterpreten seines Melodrams Pierrot Lunaire, dass er oder sie »den Rhythmus haarscharf so einhält, als ob er sänge« und er möge nicht »in eine singende Sprechweise verfallen«, denn »der Gesangston hält die Tonhöhe unabänderlich fest, der Sprechton gibt sie zwar an, verlässt sie aber durch Fallen und Steigen sofort wieder«. Der Sprechgesang, der als im Dazwischen von Singen und Sprechen angesiedelt ist, lässt sich nicht so leicht realisieren. Vokal-Künstler tun sich schwer damit und manch Experte der Zweiten Wiener Schule bemerkte gar, dass er sich nicht genau erklären könne, wie das klingend überhaupt eingelöst werden könne. Sei’s drum. Denn Jonathan Harveys Ensemblestück Sprechgesang verzichtet sowieso auf die menschliche Stimme, ist rein instrumental. Die Oboe und später auch als English Horn verfärbt ist hier der Protagonist, stellt Fragen, plappert, plaudert und die Verwandten wie Bekannten tun es ihm gleich, quasseln und reden, ahmen einander nach, auch wenn der ein oder andere mal etwas schüchtern ist, dann findet sich eben ein anderer, der sich besonders mutig hervortut. Harvey selbst bemerkt zu seinem »Sprechgesang«: »Die Grundlage des Stücks ist eine Meditation über die Natur der Sprache als Klang. Wann nähert sich die Musik der Ausdruckweise, der Struktur und der Melodie der Sprache an?« Rebecca Saunders: Bite (2016) Die in Berlin lebende Komponistin Rebecca Saunders (* 1967) hat ihrem Bass-Flöten-Solo Bite (Biss), wie so oft in ihren Stücken, Fragmente aus Texten von Samuel Beckett (1906 – 1989) zur Seite gestellt, der auch den Kompositionsprozess dieses Stückes begleitet 3 und beeinflusst hat. Für das der Flötistin Helen Bledsoe, Mitglied im Ensemble Musikfabrik, gewidmete Bite – sie realisierte 2016 auch die Uraufführung in Huddersfield – wählte Saunders Becketts 1955 veröffentlichten »Textes pour rien« (Texte um nichts) aus, entnahm dem 13. und letzten dieser Kurzprosatexte drei Passagen. Einzelne Schlüsselwörter daraus, teils auch nur Phoneme oder Tonfälle, erscheinen wie ein Echo in der Musik wieder, resonnieren in der Flöte, deren SpielerIn auch vokal tätig sein muss. »… nur die Stimme ist, raunend und Spuren hinterlassen. Spuren, sie will Spuren hinterlassen, ja, wie die Luft sie im Laub hinterlässt… / Und wer schämt sich bei jedem stummen Millionstel einer Silbe, mit einer unauslöschlichen Unendlichkeit von sich Biss auf Biss vertiefenden Gewissensbissen, diesseits vom mindesten Gemurmel, soviel Lügen hören zu müssen, sagen zu müssen, so oft dieselbe lügnerisch geleugnete Lüge, wer, dessen brüllende Stille Wunde des Ja und Messer des Nein ist, sie fragt es sich. / … wenn es eines Tages an diesem Ort, wo es keine Tage gibt, der kein Ort ist, hervorgegangen aus der unmöglichen Stimme das nicht zu machende Sein gäbe und einen Beginn von Tageslicht, so wäre alles still und leer und schwarz wie jetzt, wie bald, wenn alles zu Ende, alles gesagt sein wird, sagt sie, murmelt sie.« (Übersetzung: Elmar Tophoven) Peter Eötvös: Snatches of a conversation (2001) Die kurzweiligen Snatches of a conversation für DoppeltrichterTrompete und Ensemble von Peter Eötvös (* 1944), im selben Jahr während des »europäischen musikmonats« in Basel uraufgeführt, sind ein komponiertes, aber improvisatorisch wirkendes Klangspiel über den Schein von Gleichzeitigem und Ungleichzeitigem. Sie sind – so der Komponist – »ein freundliches Gesprächs in einem Café, Fetzen einer cleveren, ironischen Unterhaltung… und wir finden unseren Weg zwischen den Tischen… Der Kellner ist eine 4 Doppeltrichter-Trompete«, deren Interpret äußerst rasant zwischen den Klangfarben, zwischen den Trichtern hin- und herschalten, zwischen den Tischen hin- und herlaufen muss. Nicht minder virtuos hat der zweite, von Eötvös in der Titelbesetzungsangabe verschwiegene Solist zu tun: ursprünglich ein »Noisemaker«, hat Eötvös aber auch eine Fassung für einen »normalen« Sprecher erstellt; auch dieser wird uns eine ganze Menge wirklichkeitsmöglicher »Gesprächsfetzen« nur so um die Ohren hauen. Snatches of a conversation ist ein vom Jazz, vom Scat-Gesang beeinflusstes, nicht-lineares Live-Hörspiel, das den Konzertsaal in ein temporäres Lokal verwandelt. Mit uns als Mit-Spielern. Sie werden es merken. Julien Jamet: Glossomanie (2017) Für Doppeltrichter-Trompete, eine vom Musikfabrik-Trompeter Marco Blaauw wiederbelebte und vielfach verbesserte Echo-Ventil-Idee aus dem Instrumentenbau des 19. Jahrhunderts, ist auch das Stück Glossomanie des französischen Komponisten Julien Jamet (* 1979). Der neurologische Terminus Glossomanie bezeichnet eine Sprachstörung mit spielerischen Wort- und Lautneubildungen ohne jegliche Syntax. Bei psychischen Erkrankungen tritt diese Störung auf. Auch das stetige Brabbeln, das Imitieren von Geräuschen und Phonemen, das unaufhörliche Wiederholen, das kontinuierliche Kombinieren des Probierten bei Kleinkindern auf dem Weg zur Spracherlernung mit semantischen Relevanzen und syntaktischen Regeln ist eine Art glossomanische Phase. Dieser einzigartige Zustand der Sprache, prä-symbolisch und vornehmlich vokal, fasziniert Jamet und er übertrug das Phänomen des spielerischen Spracherwerbs auf die Klangproduktion bei der Trompete – mit vielen Wiederholungen und Sequenzierungen des soeben Enddeckten, mit etlichen »Neologismen«, mit reinen Luftgeräuschen und einer Skala von Luftgeräusch-Klang-Mischungen, mit veränderten Lippen-/Ansatzpositionen am Mundstück usw. usw. Die Trompete als sprachobsessiver Steppke. 5 Unsuk Chin: Cantatrix Sopranica 82004 – 05) In der amüsant ironischen Kantate Cantatrix Sopranica lässt Unsuk Chin (* 1961) die Sängerinnen und Sänger über das Singen sinnierend singen. Die Idee dazu kam ihr bei der Lektüre von Georges Perecs »Das Soprano-Project. De Iaculatione Tomatonis (in cantatricem)«, einer pseudo-wissenschaftlichen Abhandlung aus dem Jahre 1974, in dem der Autor fiktiv, mit der Methode eines experimentellen Literaten – der Franzose Perec gehörte zu Oulipo, einer Werkstatt für potentielle Literatur – das Kreischen von 107 Sopranistinnen, wenn sie mit verfaulten Tomaten beworfen werden. Vier der insgesamt acht Texte – pro Satz ein eigener Text – verfasste die sprachspielfreudige Chin selbst; die anderen vier stammen oder sind inspiriert von anderen Autoren. Für Satz 2 griff sie eine Idee der modernen amerikanischen Autorin Gertrude Stein (1874 – 1946) auf. Der Text von Satz 4 verfasste das amerikanische Oulipo-Mitglied Harry Mathews (1930 – 2017); für Satz 5 verwendete sie ein ins Italienische übersetzte Gedichte des avancierten Schriftstellers Arno Holz (1863 – 1929) und Satz 6 liegt ein Text aus der chinesischen Tang-Dynastie (7.-10. Jahrhundert) zugrunde, dessen Klang und Tonfall ihr besonders zusagte. Dargestellt, verhandelt und kommentiert wird Cantatrix Sopranica alles, was zum gehobenen Sängersein dazu gehört: das Einsingen mit Tricks, Ticks und Tücken, die Posen hoher Nasen auf der Bühne und dahinter, etliche Klischees von Benimm und Unsinn scheinen hier auf, durchaus nicht postfaktisch. Auch musikalische Stereotypen aus der Tonkunstgeschichte sind immer mal wieder gegenwärtig, der europäischen wie der asiatischen, ebenfalls in jeder Hinsicht lustvoll gesetzte und doch bittere Wahrheiten aus dem Leben der lyrischen Sanges-Diven und sonoren Helden. Stefan Fricke 6 BIOGRAPHIEN Piia Komsi Sopran Die finnische Sopranistin Piia Komsi studierte zunächst Violoncello und war von 1989 bis 2000 Mitglied im Finnish National Orchestra. Gesang studierte sie an der Sibelius-Akademie in Helsinki. Dort debütierte sie 1999 beim Festival Musica nova Helsinki in der Rolle des Zimmermädchens in Tomas Adès Powder her face. Es folgten Engagements an Opernhäusern in Buenos Aires, Tel Aviv, München, Paris, Rom und Neapel. Als Konzertsolistin war sie u. a. mit dem Los Angeles Philharmonic, dem BBC Symphony, dem Orchestre Philharmonique de Radio France, dem Orquestra Sinfónica do Porto Casa da Música, den philharmonischen Orchestern von Oslo, Stockholm und Gothenburg, den Rundfunkorchestern in München, Leipzig und Hamburg sowie mit dem Ensemble Intercontemporain, dem Gulbenkain Orchestra, dem Ensemble Musikfabrik und dem Ensemble Modern zu hören. Sie hat mit Dirigenten wie Esa-Pekka Salonen, Peter Eötvös, Kent Nagano, Sakari Oramo, Jukka-Pekka Saraste, FrancoisXavier Roth und Peter Rundel zusammengearbeitet. Ihr Repertoire umfasst sowohl Rollen aus dem Barock als auch große Koloraturpartien des 18. Jahrhunderts und zahlreiche Werke der neuen Musik. Besonders aktiv ist sie im Bereich der zeitgenössischen Musik. Zu ihren jüngsten Erfolgen zählt die Rolle der Martha in Fabian Panisellos Le Malentendu. Eigens für Piia Komsi und ihre Zwillingsschwester Anu hat Esa-Pekka Salonen sein Stück Wing on Wing komponiert, das 2017 vom New York Philharmonic aufgeführt wird. 7 Emily Hindrichs Sopran Die Sopranistin Emily Hindrichs studierte an den Universitäten von Southern Mississippi und Exeter sowie am New England Conservatory. Anschließend war sie Mitglied im Young Artist Program der Seattle Opera und am Tanglewood Music Center. Sie ist Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe, des Sullivan Foundation Awards, des Washington International Competition und von Les Azuriales Opera. Seit der Spielzeit 2013/14 ist die amerikanische Sängerin Ensemblemitglied am Badischen Staatstheater Karlsruhe. 2013 sang sie im Barbican Centre Glières Konzert für Koloratursopran und Orchester und gastierte an der Oper Frankfurt als Königin der Nacht. In dieser Rolle war Emily Hindrichs auch international zu hören, so mit der English National Opera, dem Saarländischen Staatstheater, der Seattle Opera, dem Chicago Opera Theater und der New Orleans Opera. Debüts als Micaela in Bizets Carmen, als Anne Trulove in Strawinskys The Rake’s Progress und als Konstanze in Die Entführung aus dem Serail führten sie an das Opéra-théâtre de St. Étienne und zum Connecticut Early Music Festival. Emily Hindrichs ist eine gefragte Lied- und Konzertsängerin, sie trat bereits mit dem Toronto Symphony Orchestra, mit der Internationalen Bachakademie Stuttgart unter Helmuth Rilling, dem American Symphony Orchestra in der Carnegie Hall und dem Seattle Symphony auf. Mit Beginn der Spielzeit 2015/16 wechselte sie ins Ensemble der Oper Köln. 8 Guilhem Terrail Countertenor Guilhem Terrail wurde in Les Lilas im französischen Departement Seine-SaintDenis geboren. Er studierte Gesang am Konservatorium von Pantin, wo er als Bariton ausgebildet wurde. Darüber hinaus studierte er Chorleitung und Musikpädagogik und entdeckte dabei seine Countertenorstimme. Er ließ sich zwei Jahre lang von Robert Expert ausbilden und besuchte Meisterkurse bei Cynthia Jacoby und Estelle Béréau. Guilhem Terrail etablierte sich schnell als Solist im Konzert- und Opernfach, wo er ein umfangreiches Repertoire abdeckt. Als Interpret zeitgenössischer Musik übernahm er die Partie des Aymar in Oscar Bianchis »Thanks to my eyes« mit dem Ensemble Modern beim Festival Musica in Strasbourg. 2014 sang er die Rolle des Tambourmajors in Aurélien Dumonts Chantier Woyzeck. Er tritt regelmäßig mit dem Ensemble Le Balcon unter der Leitung von Maxime Pascal auf, war in Garras de oro von Juan Pablo Carreño in Paris und auf einer Kolumbien-Tournee sowie als Nico in Fernando Fiszbeins Avenida de los Incas 3518 zu erleben. 2015 debütierte Guilhem Terrail als Henri III in Wolfgang Mitterers Massacre mit dem Ensemble Remix unter Peter Rundel am Théâtre du Capitole de Toulouse. In der Uraufführungsproduktion der Oper Giordano Bruno von Francesco Filidei gastierte er mit der Partie des Papstes Clemens VIII in der Casa de Música in Porto, im Piccolo Teatro Strehler in Mailand, dem Teatro Municipale Valli in Reggio Emilia, beim Festival Musica in Strasbourg und am Théâtre de Caën. 9 Christine Chapman Sprecherin Christine Chapman studierte Musik an der University of Michigan und der Indiana University. 1990 kam sie nach Deutschland, wo sie für zahlreiche Orchester in Deutschland und Europa als Solohornistin tätig war, u. a. den Rundfunk-Sinfonieorchestern des Norddeutschen- und des Westdeutschen Rundfunks, der Deutschen Oper Berlin, dem GürzenichOrchester Köln und dem Königlichen Orchester in Antwerpen. Obgleich Christine Chapman schon seit ihrem siebzehnten Lebensjahr professionell als Hornistin tätig ist, war doch ihre erste Erfahrung mit einem Ensemble für neue Musik ein Auftritt mit dem Ensemble Musikfabrik im Jahr 2001, dessen festes Mitglied sie seit 2004 ist. 10 Peter Veale Oboe, Englischhorn Der in Neuseeland geborene und in Australien aufgewachsene Peter Veale stammt aus einer Musikerfamilie und griff im Alter von sechs Jahren zu Geige und Klavier. Später sattelte er auf die Oboe um. Mit tatkräftiger Unterstützung der besten Lehrer vor Ort machte er früh schon auf sich aufmerksam. Noch vor dem Studium bei Heinz Holliger in Freiburg spielte er im Rundfunkorchester von Adelaide. Orchestermusiker wollte Peter Veale dann allerdings nicht mehr werden und suchte nach anderen Perspektiven. Unter Francis Travis erlernte er das Dirigieren, eine Tätigkeit, die er auch für sein Wirken als Musiker für nützlich hält. Seiner Arbeit als Mitglied des ensembles recherche (1986 – 94), des Württembergischen Kammerorchesters Heilbronn (1986 – 96) und des Ensembles Musikfabrik steht seine Tätigkeit als Solist, Kammermusiker, Dozent, Buchautor (Die Spieltechnik der Oboe – gemeinsam mit Claus-Steffen Mahnkopf) und als Herausgeber der Reihe Contemporary Music for Oboe zur Seite. Seit 2011 ist er künstlerischer Leiter des Studios Musikfabrik – Jugendensemble für Neue Musik des Landesmusikrats NRW. Für Peter Veale wurden bis heute mehr als 50 Werke komponiert. 11 Helen Bledsoe Flöte Helen Bledsoe widmet sich seit vielen Jahren hauptsächlich der neuen Musik, daneben aber auch dem Jazz und der Weltmusik. Einen großen Anteil nimmt in ihrem Wirken auch die pädagogische Arbeit ein. In Aiken im US-Staat South Carolina geboren, absolvierte sie ihre künstlerische Ausbildung in Pittsburgh, Indiana (Bloomington) und Amsterdam. Seit 1994 lebt sie in Europa. Sie gewann den Gaudeamus Interpreter’s Competition for Contemporary Music und den Banff Concerto Award und trat als Solistin mit dem Dallas Chamber Orchester, der Calgary Philharmonic, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und zahlreichen renommierten Ensembles für neue Musik auf. 12 Marco Blaauw Doppeltrichter-Trompete 1965 geboren, studierte Marco Blaauw zunächst am Sweelinck Conservatorium Amsterdam und setzte seine Studien später u. a. bei Pierre Thibaud und Markus Stockhausen fort. Seit 1994 ist er festes Mitglied des Ensemble Musikfabrik. Sein Engagement in der Ensemblemusik ergänzt er durch solistische Projekte im Bereich der komponierten und improvisierten zeitgenössischen Musik und die intensive Zusammenarbeit mit bekannten und jungen Komponisten unserer Zeit. Etliche Werke sind eigens für Marco Blaauw geschrieben bzw. von ihm angeregt worden, darunter Kompositionen von Peter Eötvös, Richard Ayres, Isabel Mundry und Rebecca Saunders. Ab 1998 arbeitete er intensiv mit Karlheinz Stockhausen zusammen; so war Blaauw an zahlreichen Uraufführungen innerhalb des Opernzyklus Licht beteiligt. 13 Ensemble Musikfabrik Seit seiner Gründung 1990 zählt das Ensemble Musikfabrik zu den führenden Klangkörpern der zeitgenössischen Musik. Dem Anspruch des eigenen Namens folgend, ist das Ensemble Musikfabrik in besonderem Maße der künstlerischen Innovation verpflichtet. Neue, unbekannte, in ihrer medialen Form ungewöhnliche und oft erst eigens in Auftrag gegebene Werke sind sein eigentliches Produktionsfeld. Die Ergebnisse dieser häufig in enger Kooperation mit den Komponisten geleisteten Arbeit präsentiert das in Köln beheimatete internationale Solistenensemble in jährlich etwa 80 Konzerten im In- und Ausland, auf Festivals, in der eigenen Abonnementreihe »Musikfabrik im WDR« und in regelmäßigen Audioproduktionen für den Rundfunk und den CD-Markt. Bei WERGO erscheint die eigene CD-Reihe Edition Musikfabrik, deren erste CD Sprechgesänge 2011 den ECHO Klassik gewann. Alle wesentlichen Entscheidungen werden dabei von den Musikern in Eigenverantwortung selbst getroffen. Die Auseinandersetzung mit modernen Kommunikationsformen und experimentellen Ausdrucksmöglichkeiten im Musik- und Performance-Bereich ist ihnen 14 ein zentrales Anliegen. Interdisziplinäre Projekte unter Einbeziehung von Live-Elektronik, Tanz, Theater, Film, Literatur und bildender Kunst erweitern die herkömmliche Form des dirigierten Ensemblekonzerts ebenso wie Kammermusik und die immer wieder gesuchte Konfrontation mit formal offenen Werken und Improvisationen. Dazu gehören auch Gesprächskonzerte und das Experimentieren mit Konzertformaten, die das Publikum stärker integrieren. Dank seines außergewöhnlichen inhaltlichen Profils und seiner überragenden künstlerischen Qualität ist das Ensemble Musikfabrik ein weltweit gefragter und verlässlicher Partner bedeutender Dirigenten und Komponisten. Seit 2013 verfügt das Ensemble über ein komplett nachgebautes Set des Instrumentariums von Harry Partch. Daneben sind die mit Doppeltrichtern ausgestatteten Instrumente der Blechbläser ein weiteres herausragendes Merkmal der Experimentierfreudigkeit des Ensembles. Die Gästeliste des Ensembles ist so lang wie prominent besetzt: Sie reicht von Mark Andre, Louis Andriessen und Stefan Asbury über Sir Harrison Birtwistle, Unsuk Chin, Péter Eötvös, Brian Ferneyhough, Heiner Goebbels, Toshio Hosokawa, Michael Jarrell, Mauricio Kagel, Helmut Lachenmann, David Lang, Liza Lim und Benedict Mason, bis zu Mouse on Mars, Carlus Padrissa (La Fura dels Baus), Emilio Pomàrico, Enno Poppe, Wolfgang Rihm, Peter Rundel, Rebecca Saunders, Karlheinz Stockhausen, Ilan Volkov und Sasha Waltz. In der aktuellen Saison präsentiert sich das Ensemble Musikfabrik über die Konzerte bei ACHT Brücken | Musik für Köln, hinaus auf weiteren namhaften Festivals wie dem Musikfest Berlin, der Ruhrtriennale, dem Festival d’Automne à Paris, den Donaueschinger Musiktagen oder Musica Viva in München. An der Oper Köln bringt es Helmut Oehrings neues Instrumentaltheater KUNST MUSS (zu weit gehen) auf Texte Heinrich Bölls zur Uraufführung. Ensemble Musikfabrik wird vom Land Nordrhein-Westfalen unterstützt. Die Reihe »Musikfabrik im WDR« und der »Campus Musikfabrik« werden von der Kunststiftung NRW gefördert. 15 Die Besetzung des Ensemble Musikfabrik Helen Bledsoe | Flöte Elizabeth Hirst | Flöte Peter Veale | Oboe Carl Rosman | Klarinette Joel Diegert | Saxophon Elise Jacoberger | Fagott Christine Chapman | Horn, Sprecherin Marco Blaauw | Trompete Bruce Collings | Posaune Johannes Öllinger | Gitarre Marieke Schoenmakers | Harfe Ulrich Löffler | Klavier Benjamin Kobler | Klavier Dirk Rothbrust | Schlagzeug Rie Watanabe | Schlagzeug Hannah Weirich | Violine Sarah Saviet | Violine Axel Porath | Viola Dirk Wietheger | Violoncello Florentin Ginot | Kontrabass 16 Peter Rundel Dirigent Geboren in Friedrichshafen, studierte Peter Rundel Violine bei Igor Ozim und Ramy Shevelov in Köln, Hannover und New York sowie Dirigieren bei Michael Gielen und Peter Eötvös. Außerdem erhielt er Unterricht bei dem Komponisten Jack Brimberg in New York. Von 1984 bis 1996 war er Geiger beim Ensemble Modern, dem er als Dirigent weiter verbunden ist. Im Bereich der Neuen Musik kann er auf eine langjährige Zusammenarbeit mit dem ensemble recherche, dem Asko|Schönberg Ensemble und dem Klangforum Wien zurückblicken. Regelmäßig ist er auch beim Ensemble Intercontemporain und dem Ensemble Musikfabrik zu Gast. Nach Tätigkeiten als musikalischer Leiter der Koninklijke Filharmonie van Vlaanderen sowie der damals neu gegründeten Kammerakademie Potsdam übernahm Peter Rundel im Januar 2005 die Leitung des Remix Ensembles Casa da Música in Porto. Er gastiert regelmäßig beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin und den Rundfunkorchestern des WDR, NDR, SWR und des Saarländischen Rundfunks. Gastengagements führen ihn in der aktuellen Saison zum Orchestre National de Lille, zu den Brüsseler Philharmonikern, zum Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino und zum Orchestra del Teatro dell’Opera di Roma. Seine Operntätigkeit umfasst sowohl traditionelles Repertoire als auch wichtige Produktionen zeitgenössischen Musiktheaters. Die von ihm dirigierte Prometheus-Inszenierung wurde bei der Ruhrtriennale 2013 mit dem Carl-Orff-Preis gewürdigt. 17 ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln-Vorschau Mi 03. Mai Do 04. Mai 18:00 Stadtgarten 18:00 Kunst-Station Sankt Peter ON@ACHT BRÜCKEN I ON@ACHT BRÜCKEN II Scott Fields | Gitarre Niklas Seidl | Violoncello Matthias Schubert | Tenorsaxophon Dirk Rothbrust | Schlagzeug Camilla Hoitenga | Flöte, Stimme Karola Obermüller …silbern (2) (2008/2011) für Altflöte. Text von Sappho Hans Diernberger | Video Walter Solon | Video Elias Candolini | Video Kim Collmer | Video Tōru Takemitsu Voice (1971) für Flöte. Text von Shuzo Takiguchi Kaija Saariaho Dolce tormento (2004) für Piccoloflöte. Text von Francesco Petrarca Scott Fields Beckett Suite für Gitarre, Violoncello, Tenor­ saxophon, Schlagzeug und Video Play Rockaby Come and Go Not Miyuki Ito The sands of time (2003) für Bassflöte. Text von Matsuo Bashō Pèter Koeszeghy Lava (2016) für Flöte Deutsche Erstaufführung 20:00 Kölner Philharmonie Einstürzende Neubauten Greatest Hits Kaija Saariaho Laconisme de l’aile (1982) für Flöte. Text von Saint-John Perse In Zusammenarbeit mit c/o pop Dieses Konzert wird auch live auf philharmonie.tv übertragen. Der Livestream wird unterstützt durch JTI. Medienpartner spex 22:00 ACHT BRÜCKEN Festivalzelt ACHT BRÜCKEN Lounge Duo lit Tamara Lukasheva | voc Dominik Mahnig | dr Die ACHT BRÜCKEN Lounge wird ermöglicht durch den SpezialchemieKonzern LANXESS. 18 20:00 Kölner Philharmonie Fr 05. Mai Unsuk Chin im Porträt I Victor Hanna | Percussion Samuel Favre | Percussion Dimitri Vassilakis | Klavier 18:00 Kölnischer Kunstverein ON@ACHT BRÜCKEN III Ensemble intercontemporain Bruno Mantovani | Dirigent sprechbohrer Sigrid Sachse | Stimme Harald Muenz | Stimme Georg Sachse | Stimme Unsuk Chin cosmigimmicks (2011 – 12) für Ensemble Werke von Kurt Schwitters Richard Huelsenbeck / Marcel Janco / Tristan Tzara Hans Arp Harald Muenz Helmut Heißenbüttel Gerhard Rühm Oskar Pastior Tom Johnson Hans G Helms | / sprechbohrer Doppelkonzert (2002) für Klavier, Schlagzeug und Ensemble Allegro ma non troppo (1994/98) Fassung für Schlagzeug solo und Tonband Gougalon (2009) Szenen eines Straßentheaters für Ensemble Zu diesem Konzert findet der Wettbewerb »Kritiker gesucht« statt. Informationen und Teilnahmebedingungen dazu unter achtbruecken.de/ kritikergesucht. 20:00 Kölner Philharmonie Käptn Peng | words Inna Modja | words Malikah | words Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes stargaze André de Ridder | Violine und Leitung Aly Keita | Balafon Saied Silbak | Ûd Medienpartner k.west 19:00 Uhr: Einführung in das Konzert durch Stefan Fricke gemeinsam mit Unsuk Chin Spitting Chamber Music Unterstützt durch die DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH 22:00 ACHT BRÜCKEN Festivalzelt ACHT BRÜCKEN Lounge New Balance Band Eine Koproduktion der stargaze GmbH mit ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln und den KunstFestSpielen Herrenhausen, gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes Die ACHT BRÜCKEN Lounge wird ermöglicht durch den SpezialchemieKonzern LANXESS. Medienpartner JUICE Tamara Lukasheva | voc Thea Soti | voc Reza Askari | b Dierk Peters | vib 19 Träger ACHT BRÜCKEN-Hotline 0221 280 281 achtbruecken.de Informationen und Tickets zu allen Veranstaltungen des Festivals Kulturpartner des Festivals ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln ist ein Festival der ACHTBRÜCKEN GmbH Künstlerische Leitung Louwrens Langevoort Daniel Mennicken Dr. Hermann-Christoph Müller Thomas Oesterdiekhoff Andrea Zschunke Herausgeber ACHTBRÜCKEN GmbH Bischofsgartenstraße 1, 50667 Köln V.i.S.d.P. Louwrens Langevoort, Gesamtleiter und Geschäftsführer der ACHTBRÜCKEN GmbH und Intendant der Kölner Philharmonie Redaktion Sebastian Loelgen Textnachweis Der Text von Stefan Fricke ist ein Original­­­beitrag für dieses Heft. Fotonachweis Piia Komsi © Künstleragentur; Emily Hindrichs © privat; Christine Chapman © Klaus Rudolph; Peter Veale © Jonas Werner Hohensee; Helen Bledsoe © Klaus ­Rudolph; Marco Blaauw © Klaus ­Rudolph; Ensemble Musikfabrik © Jonas Werner Hohensee; Peter Rundel © Henrik Jordan Gesamtherstellung adHOC ­Printproduktion GmbH