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BÜHNEN
Seiten
Magazin des OldenburgischeN Staatstheaters
13. Internationale
Tanztage Oldenburg
Test: Wie gut kennen Sie unser Ensemble?
ERFOLGREICH UND INNOVATIV:
Die Jugendclubarbeit des
Staatstheaters
Eine Kolumne von Wigald Boning
Theatergeheimnis: Die Restkarten
APR-JUN
2017
EDITORIAL
Liebes Publikum,
in großen Schwärmen kehren die Zugvögel wieder zurück und beleben mit ihren beeindruckenden Formationsflügen das Oldenburger Umland. Auch wir
starten mit Schwung in das letzte Drittel der Spielzeit und freuen uns, Ihnen
in der zweiten Ausgabe der BÜHNENSEITEN wieder spannende Einblicke in
unsere Arbeit auf, neben und hinter der Bühne gewähren zu können.
Der leichtfüßige Fred Astaire nutzte in ‚Royal Wedding‘ einen simplen Kameratrick, um die senkrechte Wand hinauf zu tanzen. Am Oldenburgischen Staatstheater gelingt den Tänzern der Compagnie Retouramont dies live, ganz ohne
Tricks und doppelten Boden. Wenn sie am Abend des 5. Mai die Außenfassade
des Theaters erklimmen, ist dies die spektakuläre Eröffnung der 13. Internationalen Tanztage, eines Festivals, das in seiner Größe, Internationalität und Dichte
einzigartig ist. Neun Tage lang werden große Compagnien aus Europa, den USA
und Afrika Oldenburg zur Hauptstadt des Tanzes machen. Neben Deutschlandund Europapremieren sowie Erstpräsentationen von neuen Tanzgruppen bietet das Festival allen Besucherinnen und
Besuchern auch die Möglichkeit, selbst in Bewegung zu kommen. Nahezu alle Compagnien stellen in Workshops ihre
Arbeit vor und laden Sie, liebes Publikum, herzlich ein, sich in ihre Tanzsprache einzufühlen.
DANKE
FÜR
10 JAHRE
Was passieren kann, wenn man sich als Individuum den Bewegungen und Konventionen einer Gruppe verweigert, beleuchtet ‚Yvonne, Princesse de Bourgogne‘. Der belgische Komponist Philippe Boesmans entwickelte für die auf dem
Schauspiel von Witold Gombrowicz basierende Oper eine äußerst atmosphärische und aufs Dichteste mit der Handlung
verschmolzene Musiksprache, die den Hörer unmittelbar in ihren Bann zieht. Wir freuen uns, die Deutsche Erstaufführung der Oper, die 2009 in Paris ihre Uraufführung erlebte, realisieren zu können.
Mit Verve und viel Energie stürmen im Juni rund 250 junge Theatergegeisterte die Bühnen des Staatstheaters, der Kulturetage und des Internationalen Jugendprojektehauses. Eine Woche lang zeigen Jugendtheatergruppen aus Nordwest ihre
aktuellen Produktionen, inspirieren sich gegenseitig und feiern gemeinsam die Jugendtheatertage 2017.
wir danken den besten gästen der
welt für zehn genussvolle,
leidenschaftliche und erfolgreiche
jahre bestial am staatstheater.
Und es gibt einen besonderen Grund, das Heft bis ganz zum Ende zu blättern: Der Autor, Komiker und Moderator Wigald
Boning erzählt in seiner Gastkolumne von Glücksrädern, Lebensträumen, Mundgeheul und was dies mit seiner speziellen
Zuneigung zum Oldenburgischen Staatstheater zu tun hat.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen!
Herzlich, Ihr
Christian Firmbach
Generalintendant
RESTAURANT · BAR
AM THEATER
w w w. b e s t i a l . d e
3
Seite 6
Seite 24
Inhalt
Kulissengeflüster
Neuigkeiten aus dem
Oldenburgischen Staatstheater
JungeSeiten
Über die Jugendclubs des
Staatstheaters
Seite 8
Seite 28
INTERNATIONALE
TANZTAGE
Zum 13. Mal in Oldenburg
QUIZ
Wie gut kennen Sie
unser Ensemble?
Seite 10
Seite 30
BallettSeiten
Antoine Jully über seine
Uraufführung ‚Men and Women‘
KONZERTSeiten
Im Oldenburger Konzertzimmer
und bei den Programmen
Thomas Honickels
Seite 13
Seite 34
JETZT ONLINE
Im Theaterzettel-Himmel
Seite 14
SChauspielSeiten
‚Die Gerechten‘
damals wie heute
Seite 16
OPERNSeiten
‚Carmen‘ lädt zu „L’amour“
und Christoph Pohl
zu seinem ersten Meisterkurs
S
chon mal über das Oldenburgische Staatstheater geflickflackt?
Woran nie zu denken war, wird nun
wahr: Wie der Vogelschwarm auf dem
Cover unserer zweiten Ausgabe der
BÜHNENSEITEN fallen im Mai 2017
weltweit bekannte Tanzgruppen bei
uns ein. Während der 13. Internationalen Tanztage Oldenburg bevölkern
sie Haus und Fassade und laden ein zu
zwei Wochen geballter Bewegungskunst. Kommen Sie in Scharen und
schwärmen Sie mit!
SchauspielSEITEN
Karen Simon über ihr Kostümbild
von ‚Sein oder Nichtsein’
Seite 36
SEITENBLICK
Weniger ist anders
Seite 38
SEITENBÜHNE
Der Opernchor
Seite 40
Seite 20
THEATRALE GLÜCKSGÜTER
Die Wagnertube
Theatergeheimnis
Die Restkarten
Seite 41
Seite 21
7Seiten
(DON’T) TOUCH THE ART
4
GASTSPIEL
Eine theatralische Kolumne
von Wigald Boning
KulissenGeflüster
KulissenGeflüster
NEWS …
Aarne Pelkonen
bei „Das Lied“
Wir begrüßen
Ryan McKinny!
Er sang Biterolf in ‚Die Meistersinger
von Nürnberg‘ unter James Levine an
der Metropolitan Opera New York,
den Holländer an der Hamburgischen
Staatsoper, Donner und Gunther
(‚Der Ring des Nibelungen‘) an der
Washington National Opera sowie
Amfortas (‚Parsifal‘) bei den Bayreuther Festspielen – und das allein
in der vergangenen Saison 15/16!
Eine Wagner-Partie aber fehlt dem
gefeierten Bass-Bariton noch in seiner
Rollenkartei: der ‚Walküre‘-Wotan,
als der er nun in Oldenburg debütiert.
Ab Ende Mai laufen die Vorproben
zum ‚Ersten Tag des Bühnenfestspiels‘ und wir freuen uns neben
Ryan McKinny u. a. auf Zoltán Nyáris
Siegmund-Debüt und Nadja
Stefanoff als Sieglinde. Der spektakulären Fortsetzung des gefeierten
Oldenburger ‚Ring‘ steht nichts
mehr im Wege …
6
Aller Abschied ist
schwer
Nominierung für
,Die Glücksforscher‘
Da wurde das Glück nicht nur
erforscht, sondern auch gefunden:
Das in dieser Spielzeit am Oldenburgischen Staatstheater uraufgeführte
Kinderstück ,Die Glücksforscher‘ von
Autor und Regisseur Marc Becker ist
für den Mülheimer Dramatikerpreis
2017 nominiert! Die ernannten
Stücke werden vom 13. Mai bis
3. Juni bei den 42. Mülheimer Theatertagen aufgeführt. Am Ende des
Festivals wird der Preisträger von der
Jury gekürt. In der Sparte „KinderStücke“ darf sich die Gewinnerin oder
der Gewinner über den Förderpreis
in Höhe von 10.000 Euro freuen. Wir
drücken nun fest die Daumen, damit
es bald heißt: „… and the winner is
Marc Becker“.
Ballett in Chemnitz
Die BallettCompagnie Oldenburg
ist eingeladen: Im Rahmen einer
Ballett-Benefizgala am Theater
Chemnitz zeigt unser Tänzer Lester
René González Álvarez sein Solo
‚Artikulation‘, das Chefchoreograf Antoine Jully in der Spielzeit
2015/16 eigens für ihn zur gleichnamigen Musik von György Ligeti
choreografiert hat. Wir freuen uns
auf das Gastspiel in Chemnitz am
13. Mai und darauf, einen guten
Zweck unterstützen zu können!
Fester Bestandteil des Theaterlebens
sind Neuanfänge und Abschiede. Und
so verabschieden wir uns zur neuen
Saison im Schauspiel mit einem
weinenden Auge von Lisa Jopt, Diana
Ebert und Pirmin Sedlmeir. Auch
Magdalena Höfner und Maximilian
Pekrul verlassen uns im Sommer als
feste Ensemblemitglieder. Hier ist die
Trennung jedoch nur auf Zeit, denn
beide kehren als Gäste immer wieder
nach Oldenburg und auf die Bühne
des Staatstheaters zurück. Schon jetzt
freuen wir uns auf weitere wunderbare Vorstellungen von ,Die Leiden des
jungen Werther‘! Es bleiben die Erinnerungen an vielfältige, spielfreudige
und beseelte Theatermomente. Und
wie Albert Einstein schon sagte:
„ Abschiede sind Tore in neue
Welten“ – wir wünschen alles
Gute für die Zukunft!
Dass der Bariton Aarne Pelkonen ein
Händchen – bzw. in diesem Fall eine
Stimme – für das Lied hat, ist dem Oldenburger Publikum längst bekannt.
Jede Saison gestaltet er mindestens einen Liederabend, in dem er dieser Intimkunst so berückend wie poetisch
ein Denkmal setzt. Dass er mit dieser
Leidenschaft jedoch auch zu Wettbewerben eingeladen wird, hat sich jetzt
wieder bewiesen. Nach seiner ersten
erfolgreichen Teilnahme an dem
internationalen Wettbewerb „Das
Lied“ in Berlin 2011, wo er mit dem
Pianisten Juho Alakärppä den Preis
für das beste Duo gewann und in das
Finale einzog, war er nun auch dieses
Jahr beim gleichnamigen Wettbewerb
des Internationalen Liedzentrums in
Heidelberg zugelassen. Unter dem
Juryvorsitz von Thomas Quasthoff
brillierte er mit einem umfangreichen
Programm von über 30 Liedern.
Wir applaudieren aus Oldenburg
und sind voller Stolz auf unser
Opernstudio-Mitglied!
Writer
in Residence
Noch ist der Spielplan für die
kommende Saison 17/ 18 unter
Verschluss. Doch eines darf schon
verraten werden: Die bekannte Berliner Dramatikerin Rebekka Kricheldorf wird als Writer in Residence
ein Stück für das Oldenburgische
Staatstheater schreiben! In Kooperation mit dem Hanse-Wissenschaftskolleg zur Förderung neuer Dramatik
erarbeitet die Autorin vor Ort ihren
neuen Theatertext, der dann in der
nächsten Spielzeit am Staatstheater
uraufgeführt wird. Beim Heidelberger Stückemarkt wurde Rebekka
Kricheldorf für ,Prinzessin Nicoletta.
Ein Märchen für Erwachsene‘ gleich
zweifach mit dem Verleger- und Publikumspreis ausgezeichnet. Ihr Stück
,Alltag & Ekstase‘ wurde 2014 am
Deutschen Theater Berlin uraufgeführt und war ein Jahr später, in der
Inszenierung von Regisseur Matthias
Kaschig, im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters zu erleben.
7
TANZTAGE
TANZTAGE
Willkommen zu den
13. internationalen
Tanztagen OLDENBURG
Seit 24 Jahren, 13 Compagnien aus 3 Erdteilen und 7 Ländern, 33 Vorstellungen in
Tanz oder Ballett, 3 Musikgruppen in Foyer-Konzerten zu freiem Eintritt, 13 Workshops für Anfänger und Fortgeschrittene, junge Menschen ab 0 Jahren, ältere Menschen ab 50 Jahren, 2 Partys für alle, 29 Choreografien von 27 Choreografen, 110
Tänzerinnen und Tänzer aus 42 Nationen, 15 Musiker und das Oldenburgische Staatsorchester, 61 Gäste hinter den Kulissen, 2.410 Minuten Tanz und Ballett, 275 Minuten Pausen, 1.180 Minuten Workshops, an die 660 Minuten Tanz des Publikums, 643
Übernachtungen, 31 Vorbereitungsreisen, 1.437 Mails, 19.908 km Anreise nach Oldenburg, 19.956 km Heimreise, ungezählte Telefonate und Gespräche, circa 500
Tage Vorbereitung, 8 Sponsoren und Förderer, 2 Kulturpartner, 10.481 angebotene
Tickets, 7.000 verkaufte und reservierte Tickets am Tag des Vorverkaufsstarts, 120
neue Ballettabonnenten, 10 neue Mitglieder für den Freundeskreis des Staatstheaters, 100 Stunden zusätzlicher Ticketverkauf, 4.000 Plakate, 750 Taschen, 15.000
Festivalprogramme, 6480 Wörter pro Broschüre, 480 Essensgutscheine, 1.200 Liter
Wasser, 240 Müsliriegel, 13 Obstkörbe, 5.600 Technikerstunden, 870 m Klebeband,
640 m Tanzteppich, 18 Dauerpark-Genehmigungen, 1.200 Scheinwerfer, 60 ausgeliehene Handtücher, 9 Compagnie-Betreuer, 2 Ankleider, 2 Bügelbretter, 140 Dienststunden in der Schneiderei und Garderobe, rund 100 Waschmaschinenladungen.
Hervé Koubi
IT Dansa
Eigentlich könnten sie zum Tanzen den Boden benutzen,
aber warum, wenn es auch senkrechte Wände gibt? So
zumindest sieht es die Tanzcompagnie Retourament aus
Frankreich. Zur Eröffnung der Internationalen Tanztage in
Oldenburg werden sich die zwei Tänzerinnen an der Fassade des Oldenburgischen Staatstheaters abseilen. Das Tanzfestival mit Tanzgruppen auf Weltklasse-Niveau beginnt
im Mai.
NDR 1
Darüber hinaus wird ein spezielles Programm für ganz
Kleine angeboten und das umfangreiche Workshop-Programm bietet Besucherinnen und Besuchern jeden Alters
die Möglichkeit, die Tanzsprache der Compagnien selbst zu
erfahren. Bei den Eröffnungs- und Abschlusspartys kann
dann ausgiebig mit den Tänzerinnen und Tänzern gefeiert
werden.
landkreis-kurier.de
Zu den Hauptattraktionen dürften die Auftritte von Les
Ballets Bubeníček aus Tschechien zählen. Die eineiigen
Zwillinge Jiří und Otto Bubeníček traten 1993 dem Hamburger Ensemble von John Neumeier bei, der für die Brüder
etliche Choreografien schuf.
Kreiszeitung
Für die beiden Auftaktvorstellungen des Veranstaltungsreigens am 5. und 6. Mai konnte das Ballet du Grand Théâtre de Genève gewonnen werden, das im Großen Haus eine
zweistündige Doppelchoreografie zeigt, die zwischen profanen und religiösen Elementen vermittelt.
Weserkurier Bremen
Aus sieben Ländern kommen die 110 Tänzer nach Oldenburg. Den weitesten Weg legt das Ensemble Hubbard Street
Dance Chicago zurück. Es ist eine der wichtigsten Compagnien der USA, die sieben kurze Stücke und Ausschnitte aus
ihrem Repertoire im Kleinen Haus präsentiert.
Nordwest Zeitung
Obwohl es sich bereits um die 13. Internationalen Tanztage in Oldenburg handelt, die vom 5. bis 14. Mai am Oldenburgischen Staatstheater stattfinden, spricht Generalintendant Christian Firmbach von einem unvergleichlichen
Ereignis, „das angesichts seines hochkarätigen Programms
europaweit einmalig ist“. Tatsächlich ist es ihm und Festivalleiter Burkhard Nemitz gelungen, eine noch nie dagewesene hochkarätige Vielfalt zu präsentieren.
Oldenburger-Onlinezeitung.de
Seien Sie dabei – wir freuen uns auf Sie!
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Theatre du Suresnes
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BALLETTSeiten
BALLETTSeiten
Über die vielschichtige Beziehung
von Frauen und Männern
Zum ersten Mal in seiner Karriere entwickelte Chefchoreograf Antoine Jully ein abendfüllendes
Ballett mit Orchester: ‚Men and Women‘, das am 12. März 2017 Uraufführung feierte. Im Gespräch
mit Dramaturgin Nastasja Fischer gibt der gebürtige Franzose Einblicke in seinen Arbeitsprozess,
den neuen Ballettabend und den schöpferischen Alltag mit der Compagnie.
‚Men and Women‘ – ein Titel, der viel Interpretationsspielraum lässt. Warum hast du dich für diesen
Titel entschieden und was ist dein Interesse an dem
Thema?
Antoine Jully: Meine erste Recherche für diese Kreation
begann, nachdem ich die 6. Sinfonie von Allan Pettersson,
der sich zu der Zeit, als er das Werk komponierte, in einer
persönlichen Krise und Krankheit befand, entdeckt habe.
In Petterssons Sinfonie hören wir Besessenheit, Schmerz
und Frustration, Perfektionismus, Fundamentalismus,
Persönliches … Es ist eine Musik, bei der man sich konzentrieren und zwingen muss, sie genau zu hören. Seine
Musik wird als maximal minimal beschrieben. Diese Attribute können auch den Beziehungen zwischen Männern
und Frauen zugeschrieben werden. Vom metaphysischen
Standpunkt aus habe ich mich gefragt: Was ist eine Frau,
was ist ein Mann? Doch wir Menschen sind letztendlich alle
gleich; wir teilen und wachsen gemeinsam. Das menschliche Leben an sich – darin lag meine Inspiration. Es ist ein
sehr komplexes Geflecht. Die Beziehungen von Frauen und
Männern, Frauen und Frauen, Männern und Männern sind
schwer fassbar und vielschichtig. Beide Geschlechter sind
kraftvoll und stark, unvorhersehbar, von einer unbegreiflichen mystischen Aura umgeben, wundervoll, sinnlich und
schlau. Die Neugier darauf macht uns lebendig. Die Suche
nach dem Puren fasziniert uns.
In dem Ballett hast du intime, leidenschaftliche,
verzweifelte Pas de Deux, Trios etc. entwickelt. Es
gibt Konstellationen zwischen Männern und Frauen, aber auch Choreografien nur zwischen Frauen
oder Männern. Gibt es Unterschiede in der choreografischen Herangehensweise?
AJ: Friedrich Schiller sagte: Der Mensch „ist nur da ganz
Mensch, wo er spielt“. Eine Choreografie zu kreieren, das
ist auch ein Spiel. Verschiedene Konstellationen sind uns
vertraut, wir teilen, wir finden Beziehungen und bewahren oder zerstören diese. Einige sind zerbrechlich, andere
Antoine Jully und das Ensemble bei der Probe
extrem stark. Aber ich habe keine unterschiedlichen Zugänge in der Arbeit. Beide Körper – der weibliche und der
männliche – sind organisch, physisch, teilen sich dieselbe
Lebenswelt, aber doch als einzelnes Individuum mit verschiedenen Ansichten. Ich bitte Frauen, Männer zu heben,
vielleicht auch irgendwann einmal Männer, Spitzenschuhe
zu tragen. Um ein Duett zu choreografieren, braucht man
natürlich einen Partner, eine Partnerin, das ist sicher. Aber
ich verändere auch innerhalb der Compagnie oft die Situation und lasse nicht immer dieselben Tänzerinnen und
Tänzer miteinander tanzen. Es basiert alles auf einem Austausch.
In ‚Men and Women‘ gibt es keine Handlung, aber
wir können pure Bewegung sehen und Emotionen,
die sich aus dem tiefsten Inneren der Körper entwickeln. Du bist ein Choreograf, der meist einen
„abstrakten“ choreografischen Weg einschlägt, der
dem Publikum und auch dem Ensemble Freiraum
lässt, eigene Gedanken und Interpretationen zu
entwickeln. Kannst du deine Herangehensweise erklären?
AJ: Die Musik als Plattform zu nutzen, ist immer sehr hilfreich, aber für diese Kreation habe ich versucht, nicht zu
musikalisch zu sein. Das gibt mir die Möglichkeit, in einer
abstrakten und offenen Weise zu kreieren. Ich entwickle
kleine Ideen in meinem Kopf oder schreibe sie nieder, bezogen auf die Situationen des Stückes. Abstrakt zu kreieren,
bedeutet nicht immer, dass es auch abstrakt für mich ist. Ich
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‚Men and Women‘
muss an der Dramaturgie des Stückes mit meinen Tänzerinnen und Tänzern arbeiten – damit sie in der Lage sind,
ein Wort in eine physische Emotion zu übersetzen –, aber
ich teile bewusst nicht alle meine Gedanken, sodass die
Tänzerinnen und Tänzer als Künstlerinnen und Künstler
die Situation selbst interpretieren können. Leben – Kunst –
muss immer auch von selbst blühen und gedeihen.
Inwiefern inspiriert dich die Compagnie?
AJ: Meine Tänzerinnen und Tänzer sind oftmals die Quelle meiner Inspiration. Jeden Tag mit denselben Künstlerinnen und Künstlern zu arbeiten, ist sehr herausfordernd.
Die Situation und die Beziehung ändern sich täglich. Ich
muss schauen, wer in der Lage ist, welchen Part zu tanzen.
Antworten suchen auf das, was ich choreografiert habe, es
zu arrangieren, wenn es ästhetisch nicht funktioniert und
wenn nicht das Bild entsteht, das ich möchte. Wie arbeiten
sie zusammen, als Partner oder Partnerin, als Ensemble, als
Solisten? Wer ist gut in Form, wer möchte mehr? Wer folgt
mir, wer ist selbstbewusst? Der Kreationsprozess wächst
mit dem Wachsen der Tänzerinnen und Tänzer, er ist vielseitig ausgereift und die Inspiration hört niemals auf.
Im Stück gibt es Teile, in denen sich die Choreografie an den Sieben Todsünden orientiert. Warum
hast du dich davon inspirieren lassen?
AJ: Diese spezifischen Eigenschaften gehören zu uns allen.
Das sind wir. Die Sieben Todsünden sind ein Teil von uns
und trotzdem können wir immer noch lieben, teilen, eine
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BALLETTSeiten
BÜHNENSEITE
Musik finden, die diese Offenheit und dieses Infragestellen
anbietet. Die Elastizität der Komposition war sehr hilfreich
für mich, um die Choreografie zu erarbeiten. Ein menschliches Leben ist ein langgezogener, unebener Weg mit vielen
Hindernissen. Es führt uns in die Leichtigkeit, aber auch in
schwierige Situationen. Es ist wie ein Blick auf einen Berg
und die Emotion, die dich überkommt, wenn du dich darauf vorbereitest, ihn zu besteigen.
Antoine Jully
Beziehung aufbauen. Wie ich bereits gesagt habe: Die Tänzerinnen und Tänzer sind Teil meiner Inspiration. Es gibt
auch in der Arbeit beim Ballett immer wieder Phasen von
Eifersucht, Verlangen, Stolz, Faulheit, Jähzorn etc. Einige
Künstlerinnen und Künstler projizieren diese Gefühle, erschaffen sie und so bekomme ich die Reaktionen, die ich
für das Kreieren brauche. Es ist ideal für dieses Stück, weil
es um das Menschsein geht.
Die 6. Sinfonie des schwedischen Komponisten
Allan Pettersson ist eine Musik, die, bereits nur
beim Hören, alle Gefühle evoziert, die ein Mensch
in einem Leben fühlen kann. Pettersson wollte mit
dieser Sinfonie einen ganzen Kreislauf des Lebens
beschreiben. Warum hast du dich für diese Komposition entschieden?
AJ: Petterssons Musik erlaubt es einem zu zweifeln, abzuschweifen, sich selbst zu befragen. In dieser Phase befinde
ich mich im Moment, denke ich. Ich wollte eine moderne
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Die Musik wird vom Oldenburgischen Staatsorchester gespielt. Wie gestaltet sich der Arbeitsprozess
zwischen dir, dem Ensemble, dem Dirigenten und
dem Orchester?
AJ: Die musikalische Leitung für dieses Stück hat Carlos
Vázquez inne, der zum ersten Mal ein Ballett dirigiert. Das
ist immer eine sehr sensible Situation. Ein Ballett-Dirigent
muss die menschliche Physis verstehen. Er sollte fähig sein,
die Stimmungen der Tänzerinnen und Tänzer wahrzunehmen und umzusetzen. Dies ist ein intensiver und spannungsvoller Moment zwischen dem Dirigenten und der
Tänzerin bzw. dem Tänzer. Der musikalische Leiter muss
in der Lage sein, sofort auf das, was auf der Bühne passiert,
zu reagieren. Das ist sehr kompliziert. Zu verstehen, was
eine Bewegung ist und meint. Die Tänzerinnen und Tänzer
müssen auch in der Lage sein, ihre Bewegungen und Musikalität an den Dirigenten und das Orchester anzupassen,
wenn sich beispielsweise Tempi verändern. Manchmal ist
das gut, manchmal ist es so aber auch unmöglich, die Technik der Choreografie bis zum höchsten Punkt auszuführen.
Tempi sind wichtig, die Stimmung variierbar.
Das Interview führte Nastasja Fischer.
MEN AND WOMEN (UA)
zur 6. Sinfonie von Allan Pettersson
Musikalische Leitung — Carlos Vázquez
Choreografie — Antoine Jully
Neugierig auf Oldenburger
Theatergeschichte?
Über 150 Jahrgänge von Theaterzetteln sind nun online verfügbar
S
tellen Sie sich vor, Sie sind Theater- und Literaturwissenschaftler und schreiben gerade an Ihrer Dissertation zum Thema „Tradition und Moderne in der Spielplangestaltung der 1910er Jahre an Theatern des Norddeutschen Raumes“ oder Sie brüten gerade als Dramaturgin des
Hauses über einem Konzertformat, das Uraufführungen
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts am Oldenburgischen Staatstheater rekapitulieren soll. Vielleicht sind Sie
aber auch einfach begeisterter Opernliebhaber und Ihr
Interesse gilt speziell dem Wirken historischer Dirigentenpersönlichkeiten, weshalb Sie schon immer einmal
wissen wollten, welche Werke Landesmusikdirektor Werner Ladwig in den Jahren 1924 bis 1928 in Oldenburg dirigiert hat. – Ab sofort können Sie in all diesen Bereichen
digital auf Forschungsreise gehen, denn seit Februar 2017
sind die Theaterzettel des Oldenburgischen Staatstheaters
der Jahre 1832 bis 1945 u. a. über die Homepage der Oldenburgischen Landesbibliothek weltweit und frei online
verfügbar. Gefördert vom Niedersächsischen Ministerium
für Wissenschaft und Kultur sowie der Stadt Oldenburg,
übernahm die Oldenburgische Landesbibliothek im Rahmen eines Projektes des KulturRates im Oldenburger Land
die Digitalisierung von circa 20.000 Theaterzetteln, Konzertprogrammen, Aufführungskritiken und historischen
Fotos, die hierfür vom Stadtarchiv Oldenburg, dem Niedersächsischen Landesarchiv Standort Oldenburg sowie
dem Stadtmuseum und Landesmuseum für Kunst- und
Kulturgeschichte zur Verfügung gestellt wurden.
Was früher in Archiven schlummerte und nur wenigen
Fachleuten zugänglich war, öffnet sich nun also der interessierten Öffentlichkeit und gibt unschätzbares Wissen
frei. Wie schlugen sich gesellschaftliche Tendenzen in der
Spielplangestaltung nieder? Wie politisch zeigte sich das
Theater in bestimmten Zeiten? Welche ästhetischen Moden lassen sich erkennen? Welche Besetzungstraditionen
gab es am Haus? Welche bedeutenden Künstlerpersönlichkeiten verbindet eine berufliche Beziehung mit dem Oldenburgischen Staatstheater? Und welche historisch wichtigen Werke starteten ihren erfolgreichen Weg möglicherweise in Oldenburg? – All diesen und unzähligen weiteren
Fragen lässt sich mit Hilfe der historischen Dokumente
nun auf den Grund gehen. Eine spannende Aussicht!
Sind Sie neugierig geworden? Dann durchstöbern Sie doch
einfach einmal die digitale Sammlung. Sie erreichen diese
über einen speziellen Link in unserer Mediathek > staatstheater.de/mediathek, direkt über die Homepage der Oldenburgischen Landesbibliothek unter > digital.lb-oldenburg.de oder über das Portal > kulturerbe.niedersachsen.de.
Annabelle Köhler
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SCHAUSPIELSeiten
EIN STÜCK WIRD ABGESETZT
Albert Camus’ ‚Die Gerechten’ – die Geschichte einer Oldenburger Erstaufführung im Deutschen
Herbst ’77
R
ussland im Winter des Jahres 1905. Eine Gruppe von
Revolutionären plant einen Anschlag auf die Kutsche
des Großfürsten. Alle Vorbereitungen sind getroffen. Die
Falle ist gestellt. Der Moment ist gekommen – und dennoch zerreißt keine Detonation den Himmel über Moskau. Das Attentat ist fehlgeschlagen. Der Monarch lebt.
Der Attentäter Iwan Kaljajew hat seinen Auftrag nicht
ausgeführt, weil der Tyrann in Begleitung von Kindern
war. Kinder, die Kaljajew nicht bereit war zu töten. Zurück im Hauptquartier entbrennt eine hitzige Diskussion
über die Legitimität von Gewalt in Zeiten der Unterdrückung und ein erneuter Anschlag wird geplant.
Im Angesicht zweier Weltkriege und des Widerstandes der französischen Résistance gegen den Faschismus
schreibt Albert Camus das Drama ‚Die Gerechten‘, um die
Widersprüche seiner Zeit zu bündeln. Ein Stück, das, so
oft es auf die Bühne gebracht wurde, auch immer wieder
als Kommentar zur aktuellen Situation galt und damit
Anlass für mancherlei Skandal war.
So auch im Herbst des Jahres 1977 in Oldenburg: Der
damalige Oberspielleiter des Staatstheaters Gerhard Jelen und sein Team brachten am 4. September 1977 – also
mitten in der Hochphase des Terrors der „Roten Armee
Fraktion“ – einen aufsehenerregenden Versuch des Dramas auf die Bühne. So war es jedenfalls der Premierenkritik der Nordwest Zeitung zu entnehmen. Über die ausgedehnte Improvisationsphase, die dem Stück vorangestellt
wurde, heißt es dort:
„[Dies ist] eine Methode moderner Theaterarbeit, die
ähnlich bereits vielerorts angewandt worden ist [...]. Den
Spielern mag das gefallen und für das Publikum ist es etwas Neues. Aber weil der Zuschauer die Assoziationen
der Darsteller ja nicht nachvollziehen kann, findet er
es bald einförmig oder gar langweilig. Also – was soll’s?
Wo es gegen Repression gehen soll, wird der Zuschauer
gezwungen, einem für ihn undurchsichtigen Spiel beizuwohnen. Eine Art geistige Selbstbefriedigung der Ausführenden zwingt ihn in die Rolle des Voyeurs. Dazu spricht
Gerhard Jelen (über Lautsprecher) Texte, die überwiegend
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Verteidigungsreden für den Anarchismus sind. Politische
Indoktrination von eindeutig marxistischer Färbung.
Nicht, daß das verboten werden sollte. Aber der Kritiker
hat den Eindruck, daß eine bestimmte Gruppe unter den
Oldenburger Theaterleuten ausprobiert, wie lange die Zuschauer sich diese Tendenz gefallen lassen, ohne zu protestieren.“
Der hier angekündigte Protest ließ nicht lange auf sich
warten. Als am Morgen des 5. September 1977 – also
am Folgetag der Oldenburger Premiere des Stückes – der
damalige Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer
von der RAF entführt wurde, wobei sein Fahrer und drei
Leibwächter starben, war das Maß für zahlreiche Vertreter
der Bürgerschaft voll. Lautstark wurde in Leserbriefen die
Absetzung des Stückes vom Spielplan gefordert. So empörte sich beispielsweise in der Nordwest Zeitung vom
15. September unter der Überschrift „Terror-Verherrlichung am Theater?“ ein Leser: „Das ist Tendenztheater
im Sinne von (laut amtlicher Schätzung) 1.200 Terroristen und 6.000 Sympathisanten. Aber bezahlt wird es von
den -zig Millionen restlichen Bürgern, die keineswegs mit
diesen Leuten eines Sinnes sind. Es soll hier nicht die Frage erörtert werden, ob und in welchem Umfang ein Staat
solche anarchistische Unterwanderung dulden soll oder
kann. Ich erhebe nur die Forderung, daß so etwas wenigstens nicht aus öffentlichen Mitteln finanziert wird.“
Da derlei Unmutsbekundungen sich häuften und nun zunehmend auch aus der Landespolitik kamen, fühlte sich
die Theaterleitung vermutlich veranlasst, das Stück vorerst aus dem Programm zu nehmen. In einem Pressekommuniqué vom 17. September des gleichen Jahres heißt
es dazu: „Das Oldenburgische Staatstheater rückt damit
weder von der Aufführung des Stückes noch von seiner
Inszenierung ab. Aber wir tragen der Tatsache Rechnung,
daß die Morde von Karlsruhe, Frankfurt und Köln eine
Situation geschaffen haben, die niemand von uns bei der
Aufstellung des Spielplans voraussehen konnte. Unsere
Entscheidung geschieht aus Respekt vor den Opfern des
Terrors. Die Diskussion um Geschichte, Ursache und Folgen des Terrors aber wird weitergehen. Wir werden als
Nordwest Ze
itung vom 17
.9.1977
Theater dazu mit der Aufführung des Stückes von Camus
zu gegebener Zeit – in jedem Falle noch im Laufe dieser
Spielzeit – unseren Beitrag leisten.“
An diese Ankündigung hielten sich die Theatermacher
auch: Am 8. Januar 1978 wurden die Aufführungen im
Schlosstheater wiederaufgenommen. In einer späteren Publikation des Staatstheaters war hierzu zu lesen: „Das Haus
war ausverkauft. Eine ungeheure Spannung lag über dem
Publikum, und auf der Bühne herrschte die Atmosphäre
einer Premiere. Theater, in der Zeit stehend und von ihr geprägt, wurde zum politischen Forum.“
Das Oldenburgische Staatstheater zeigt nun nach gut 40
Jahren die zweite Inszenierung des modernen Klassikers in
der Regie seines Oberspielleiters Peter Hailer. Premiere war
am 25. Februar 2017.
Jonas Hennicke
DIE GERECHTEN
von Albert Camus
Regie — Peter Hailer
15
OPERNSeiten
OPERNSeiten
In der Arena der Leidenschaften
Robert Lehmeier setzt in Oldenburg Bizets ‚Carmen‘ neu in Szene
A
uf in den Kampf! Ob Auge in Auge mit dem Stier oder
für den Erhalt der Liebe – in Georges Bizets ‚Carmen‘
wagen sich alle Figuren in die Arena der Leidenschaften, getrieben von einem einzigen Ziel: zu leben, um jeden Preis.
Als der 37-jährige Bizet 1875 sein letztes Werk in Paris
zur Uraufführung brachte, konnte er selbst nicht ahnen,
dass sein Leben gerade rapide dem Ende entgegeneilte. Auf den Tag drei Monate nach der Premiere erlag er
in Bougival bei Paris einer tödlichen Herzattacke und
ließ seine Nachwelt vor einem großen Fragezeichen zurück: Wie hatte dieser unauffällige und brave Mann – ein
Spießer, wenn man gemein urteilen wollte – ein derartig
einschlagendes Stück über die zerstörerische Kraft von
Liebe und Freiheit schreiben können? „Ein in höchstem
Maße unmoralisches Werk“, urteilte die Fachpresse nach
der Uraufführung und ließ den Neuling prompt untergehen. Den einen war das sehnsüchtig erwartete Stück zu
konventionell, man hatte sich eine Ausrichtung an dem
als „modern“ geltenden deutschen Wagner gewünscht;
die anderen zeigten sich enttäuscht, dass Bizet der „echt
französischen“ Opéra comique nicht wieder zu ihrem
längst verblichenen konservativen Glanz verhalf. Alle
aber nahmen sie Anstoß an der Gestaltung der Protagonistin. Aus der rückhaltlosen Andalusierin in Prosper
Mérimées gleichnamiger Novelle aus dem Jahr 1845 hat- mit einer tiefen Frauenstimme ausgestattet – jenseits der
te Bizet zusammen mit seinen beiden Librettisten Henri Rossini’schen Buffo-Partien immer noch eine Seltenheit
Meilhac und Ludovic Halévy eine schillernde Frauenfigur zur damaligen Zeit –, symbolisiert sie ein Unikum: die
sinnlich-dämonische Liebe, die Exotik
geschaffen, die heute ihren Platz neben
verspricht und das Verderben bedeutet.
Bergs Lulu als berühmteste Femme Fa„Kann man die
tale der Operngeschichte einnimmt.
„L’amour est un oiseau rebelle“ / „Die freie Liebe wirklich Im Gegensatz zu dieser Titelheldin betritt Don José den Kampfplatz vor allem,
Liebe ist ein wilder Vogel“, stellt sich
um zu gewinnen: Carmen als Person wie
Carmen in ihrer Habanera im ersten
binden?
als Geliebte. Anders als seine entscheiAkt vor und benennt damit von Anfang
dungsfreudige literarische Vorlage wird
an ihre kompromisslosen LebensideDas begehrte
der Don José Bizets dabei aufgerieben
ale: Liebe und Freiheit. Wenn Carmen
zwischen dem ehrlichen, bürgerlichen,
in die Arena einzieht, dann für die freie
Feuer wirklich
langweiligen Dasein auf der einen und
Liebe – eine Liebe, die selbst erwählt,
dem abenteuerlichen Leben auf der anbeendet, flammt und zerstört. Die von
besitzen?“
deren Seite. Dies zeigt sich in der Oper
ihr geschaffene Kunstfigur „Carmencita“ ist Mittelpunkt des männlichen Interesses und doch durch zwei Frauenfiguren: Um die Extravaganz Carmens
fern eines wie auch immer gearteten Besitzes. Sie ist Ver- herauszuheben – und die ängstlichen Theaterintendanten
lockung, Spielführer und Zerstörer in einem. Von Bizet durch eine opernkonforme Figur zu beruhigen –, stellten
16
Meilhac und Halévy
ihrer
Protagonistin
einen gegenläufigen femininen Charakter anbei:
Micaëla. Das „sehr keusche, sehr
unschuldige Mädchen“ ist das bürgerliche Kontrastprogramm zur exotischen
Carmen. Micaëla symbolisiert Treue, Monogamie, Familie und Ehe. Sie bietet José eine beständige,
wenn auch überschaubare und damit wenig aufregende
Beziehung. Doch anstatt sich für eine der beiden Alternativen zu entscheiden, versucht José, die wilde Carmen zur
Micaëla-ähnlichen Partnerin zu zwingen. Er will beides
haben, Abenteuer und Sicherheit. Oder anders gesagt: Er
will das eine im anderen vereinen.
„Doch kann man die freie Liebe wirklich binden? Das begehrte Feuer besitzen?“, überlegt Regisseur Robert Lehmeier, der ‚Carmen‘ für Oldenburg neu in Szene setzt. „Es
ist sicherlich einen Versuch wert. Und das ist Don Josés
Experiment.“ Robert Lehmeier versteht Carmen als Zentrum und Sinnbild einer männlichen Sehnsucht, die aus
dem kleinbürgerlichen Beziehungsmodell ausbrechen
will. Vergrößert erscheint dies in der Oper durch den
Handlungsort Spanien. Bizet, der selbst nicht wusste, wie
dieses Spanien auszusehen oder zu klingen hatte (zu einer
Reise aufgefordert, lautete seine Reaktion nur: „Cela me
gênerait“ – „Das wäre mir eine Last“), schuf sich ein musikalisches Fantasiekonstrukt und kürte Carmen zu des-
sen Mittelpunkt. Fern eines realistischen Schauplatzes fungiert Spanien in
der Oper folglich als Metapher einer bebenden Arena: Es ist hitziges Gegenbild zur soliden
Bürgerlichkeit, Sehnsuchtsort des reisescheuen Inländers. An diesem Punkt setzt Robert Lehmeier an,
wenn er sich in seiner Interpretation auf die Arena als
durchstehenden Handlungsort konzentriert. „Die runde
Manege unseres Bühnenbildes ist ein Experimentierfeld,
optisch angelehnt an das ‚Moulin Rouge‘“, erklärt der Regisseur. „Es ist eine französische Form des Exotismus. Sei
es Varieté, Theater, Nachtclub oder Zelt: Hier sucht die
männerdominierte Gesellschaft nach einer anderen Liebe,
die sie meint, mit Geld kaufen zu können. Nur Don José
will nicht akzeptieren, dass dieser Kauf eine Endlichkeit
hat. Er unternimmt den Versuch, die unbändige Carmen
in beziehungskonventionelle Fesseln legen zu wollen.“
Dem Experiment Don Josés folgt eine uniform gekleidete Männergesellschaft, die voyeuristisch teilhaben will,
ohne selbst ein Risiko einzugehen. Im Bühnenbild von
Stefan Rieckhoff beobachtet sie das Geschehen von einem
Zuschauerrang aus, dessen Gestaltung an das Auditorium
des Oldenburgischen Staatstheaters angelehnt ist. Dort
verzerren sich die Zylinderträger zu Fratzen, vermischen
sich reale Situation und Theatralität: Was ist noch Spiel,
was entglittener Ernst?
„L’amour“ prangt als Leuchtschriftzug über dem ganzen
Abend. Die Liebe als Show, die Liebe als Lebensentwurf,
die Liebe als Fatalität. Denn wofür lohnt es sich zu kämpfen, wenn nicht für die Liebe? Die Spielregeln sind gesteckt, das Experiment kann beginnen. Manege frei!
Valeska Stern
CARMEN
von Georges Bizet
Oper in drei Akten
Text von Henri Meilhac und Ludovic Halévy
nach einer Novelle von Prosper Mérimée
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung — Hendrik Vestmann
Regie — Robert Lehmeier
Premiere am 27.05.2017, 19.30 Uhr, Großes Haus
17
OPERNSeiten
OPERNSeiten
„Ich will ein Sparringpartner sein“
Seit nunmehr fast drei Jahren fördert das Opernstudio des Staatstheaters junge Sängertalente –
indem es diese bei ihren ersten Schritten auf der Bühne begleitet sowie ihre Ausbildung punktuell
verfeinert. Für Letzteres konnte nun der international erfolgreiche Bariton Christoph Pohl gewonnen werden, der in Oldenburg seinen ersten, von der Erna-Schlüter-OpernGesellschaft gesponserten Meisterkurs gibt. Im Gespräch verrät der Sänger, was er sich vom Unterricht erwartet und
wieso er das Lied zum Kern seines Angebotes kürt.
Christoph Pohl, Sie singen auf den großen Bühnen
Europas – in London, Berlin, Wien und zuletzt Venedig. Dabei handelt es sich jedoch in erster Linie
um Opernauftritte. Wie bringen Sie in Ihrem vollen
Kalender noch das Lied unter?
Christoph Pohl: Tatsächlich in meiner Freizeit, die ich
aus Ideologie dafür aufwende. Ich habe das aber noch nie
bereut: Wenn man vor allem Oper singt und in diesem
Fach an einer Karriere „schraubt“, darf man meiner Meinung nach das Lied auf keinen Fall vergessen.
Warum? Immerhin sorgt es weder für besondere Aufmerksamkeit noch für einen vollen Geldbeutel …
CP: Weil es im besten Fall nicht darum geht. Neben der
Notwendigkeit, mit unserer Kunst Geld zu verdienen, gibt
es Momente, in denen man als Sänger in erster Linie künstlerisch erfüllt ist. Das findet für mich im Lied statt. Das Lied
ist die reinste und direkteste Form der Kommunikation
zwischen Sänger und Publikum. Hier sind alle „störenden“
Elemente wie Regisseur, Bühnengraben, Orchester oder
Requisiten ausgeblendet. Übrig bleibt etwas sehr Pures und
Persönliches. Verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich
kann man auch eine Opernrolle persönlich gestalten. Doch
dort finden sich zumeist nur gewisse Schnittmengen mit
den eigenen Emotionen und Erfahrungen. Bei einem Liederabend dagegen kann man sich konzentrierte anderthalb
Stunden so offen und intim zeigen wie in keiner anderen
Kunstform. Das finde ich ziemlich einzigartig.
Auch bei Ihrem Meisterkurs in Oldenburg haben Sie
sich für den Schwerpunkt Lied entschieden. Was
kann man Ihrer Meinung nach vom Lied lernen?
CP: Ich glaube, genau das: Authentizität. Am Anfang steht
hier die Überlegung: Wie wirken Text und Musik auf mich,
was geben sie mir, wie deute ich sie? Dann folgt der Moment, den ich als das „Persönliche“ bezeichne: die Entscheidung für eine Interpretation. Das ist in der Regel das,
was den Sänger in dem jeweiligen Lied am meisten bewegt,
und es macht seine Darbietung automatisch intim. Im Lied
geht es nicht um Perfektion oder Tradition. Hier ist das
Echte, das Persönliche wichtig, um den Zuhörer zu erreichen. Man erlernt die Fähigkeit, auf sich selbst zu hören,
Informationen zu sammeln und sich dann für eine Sache
zu entscheiden. Das beginnt bereits im Kleinen: wenn ich
zum Beispiel darüber nachdenke, was die Forelle in Schuberts gleichnamigem Lied für mich ist – eine Metapher oder
ein Fisch? Beides ist „richtig“, aber ich muss mich entscheiden. Und sobald ich mich entschieden habe, bin ich einen
Schritt weiter auf dem Weg, eine persönliche Meinung zu
etwas zu entwickeln, das heißt, Künstler zu sein.
Wenn Sie nun selbst zurückdenken an die von Ihnen besuchten Unterrichtsstunden: Wovon profitiert man als Schüler am meisten?
CP: Ich denke, man profitiert generell von Feedback. Auch,
wenn man für sich aussortiert, dass ein Ratschlag oder
eine Technik nicht das Richtige für einen sind, hat es doch
schon etwas bewirkt. Man hat sich dann wieder auf einen
neuen Prüfstand begeben. Denn das ist unabdinglich im
Sängerberuf – die Auseinandersetzung mit sich selbst darf
nie aufhören.
Was haben Sie sich also für Ihren Meisterkurs vorgenommen?
CP: Ich habe generell ein Problem mit dem Begriff des
„Meisters“. Ich denke nicht, dass jemand im Bereich des
Gesangs wirklich ein „Meister“ sein kann in dem Sinne,
dass er weiß, wie der Hase läuft, und seinen Schülern einen genauen Weg vorgeben kann. Ich werde also auf keinen
Fall ansagen, wie man ein Lied interpretieren oder singen
sollte. Vielmehr geht es darum, sein eigener Meister zu
werden, den Mut zur eigenen Deutung zu haben und diese
zu formulieren. Dabei hilft einem der Farbenreichtum des
Liedes – übrigens eine weitere Facette, die man an dieser
Kunstform lernen und in die Oper mitnehmen kann. Ein
Lied wird neben der persönlichen Deutung dadurch lebendig, dass man es durch ganz verschiedene Farben gestaltet.
Es verlangt der Stimme eine große Flexibilität ab und wird
deshalb auch gerne als „Stimmhygiene“ bezeichnet. Diese
Christoph Pohl
Farben herauszuarbeiten und zu entscheiden, was man mit
ihnen transportieren will, wird die größte Herausforderung sein. Im besten Fall bin ich dabei ein guter Sparringpartner, der die richtigen Fragen stellt.
Den Meisterkurs rundet der Liederabend ‚Also
spiegle du in Liedern, was die Erde Schönstes hat‘
ab, bei dem Sie gemeinsam mit den Kursteilnehmern auf der Bühne stehen. Was haben wir hier zu
erwarten?
CP: Es ist generell schön, einer Arbeit ein Ziel zu geben.
Deshalb haben wir an das Ende dieses Meisterkurses ein
Abschlusskonzert gesetzt, in dem präsentiert werden soll,
woran wir uns versucht haben. Auch ich werde mich in
dieses Programm einbringen und damit meine Aussage
unterstreichen, dass Lied etwas sehr Persönliches ist. Ich
werde wie alle anderen mein „Persönliches“ dazugeben.
MEISTERKURS MIT CHRISTOPH POHL
Offener Unterricht
01.04.2017, 16 Uhr, Probenzentrum
Liederabend
‚Also spiegle du in Liedern, was die Erde Schönstes hat‘
02.04.2017, 18 Uhr, Großes Haus
Klavier — Carlos Vázquez
OPERNGESELLSCHAFT
ER N A - S C H L Ü T E R - OP E R N G E S E L L S C H A F T
OLDENBURG
Das Gespräch führte Valeska Stern.
Erna-Schlüter-Operngesellschaft · Etzhorner Weg 125 · 26125 Oldenburg
EHRENPRÄSIDENTIN
KAMMERSÄNGERIN
HILDEGARD BEHRENS †
18
Dr. Manfred Schmoll
Etzhorner Weg 125
26125 Oldenburg
Telefon (04 41) 30 32 04
Telefax (04 41) 9 35 03 86
[email protected]
19
BÜHNENSeite
Seiten
Theatrale
Glücksgüter
(DON’T) TOUCH THE ART!
Die Wagnertube
„K
Über eine besonders künstlerische Reihe der Sparte 7
unst existiert nicht, es sei denn
als angewandte.“ In seinem so
betitelten Artikel formuliert der Kunstpädagoge und Psychoanalytiker KarlJosef Pazzini, dass Kunst nicht als solche bestehe, sondern nur in Form ihrer
Anwendung, und dass dies sowohl für
die Produktion als auch für die Produkte gelte.
W
ie eine Inszenierung auf der Bühne will
auch das sie ausrichtende Theater
immer wieder mit neuen „Bühnenbildern“
und „Requisiten“ ausgestattet sein. Als
Glücksgüter werden diese Neuanschaffungen
in der kultursparsamen Zeit empfunden – bereichern sie doch die Produktionsabläufe wie Aufführungsqualität erheblich. Pünktlich zu den Vorproben der ‚Walküre‘ ist
der Glücksreigen nun an den Hornisten des Oldenburgischen Staatsorchesters: Sie dürfen sich über drei brandneue
Wagnertuben freuen. Doch wie: Ein Hornist freut sich
über eine Tuba?! Ja, selbst den fachkundigen Wagnerianer führt der Begriff der Wagnertube gerne auf die falsche Fährte. Denn eine „Tube“ – wiederum nicht zu
verwechseln mit der Zahnpastatube – ist nicht identisch mit ihrem Geschwister, der geläufigeren Tuba.
Dennoch sei dem frischen Instrumentenkundler eine
gewisse Verwirrung nachgesehen. Immerhin finden
sich auch bei der Tube, analog zu ihrem Begriffspendant mit schließendem A, vier Ventile, die ihr den chromatischen Tonraum bis zum tiefsten Ton eröffnen. Der
Rest des Baus allerdings weist in eine andere Richtung: Das
Horn-Mundstück, die ovale Form und eine relativ schlanke Mensur setzen den Zwitter in die Nähe der Bügelhörner.
Dorthin sollte laut Wagner auch ihr Klang reichen. Um die
Tönung des Bläsersatzes besser zu vermischen, plante er mit
der Wagnertube, die Lücke in der Klangfarbe zwischen Horn
und Posaune zu schließen. Vor allem Walhalls göttliche Majestät und die finstere Unterwelt Nibelheims sollte sie in edle
Töne fassen. Die Idee hierzu kam dem Visionär bereits 1853
bei der ‚Rheingold’-Komposition im Züricher Exil; bis zum
ersten Erklingen des Neulings mussten allerdings noch weitere 22 Jahre ins Land gehen. Zwar konnte Wagner nämlich
auf gewisse, vor allem aus der Militärmusik entlehnte Vorgängermodelle zurückgreifen, für ihren Einsatz im Opernorchester mussten diese jedoch weiterentwickelt werden.
„Die Wagnertube zieht sich durch den ganzen ‚Ring‘“,
führt Andreas Bertz, Orchesterdirektor des Oldenburgischen Staatstheaters, aus. „Natürlich kamen sie deshalb
schon im ‚Rheingold‘ zum Einsatz. Hierfür mussten wir
uns allerdings noch mit Leihinstrumente behelfen. Das
soll sich bei der ‚Walküre‘ ändern.“ Da Wagnertuben dar20
auf ausgelegt sind, im Quartett zu spielen, und das Staatsorchester bereits stolzer Besitzer eines einzelnen Tubenhorns ist, mussten von der österreichischen Firma Jungwirth lediglich drei Exemplare geordert werden. Bis diese
im Juni geliefert werden, können die Hornisten Christoph
Sinning, Carolin Fehr, Cornelius Nünchert und Hubertus
Grünewald nun noch einmal die doch etwas andere Spieltechnik auffrischen. Vor allem in Hinblick auf die Intonation gilt die Wagnertube nämlich als heikel – außerdem ist
für die Klangerzeugung im Unterschied zum Horn nicht
nur der weiche Anstoß essentiell, sondern auch die dabei
verwendete Luftmenge: Nur wenn viel Luft in das Instrument geblasen wird, kommt auch ein Ton dabei heraus.
„Hornisten können Tuben nicht blasen“, urteilte Cosima
Wagner deshalb 1875 hart. – Andreas Bertz ist hier anderer
Meinung: „Unsere schon!“
Valeska Stern
Mit ‚(DON’T) TOUCH THE ART‘ hat
die Sparte 7 sich auf die Suche nach
verschiedenen Formen der Anwendung begeben. Studentinnen und Studenten, Künstlerinnen und Künstler,
Musikerinnen und Musiker, Slammerinnen und Slammer haben mit diesem
Veranstaltungsformat die Möglichkeit, zu zeigen und vorzutragen, was sie geschaffen haben.
Hierfür haben wir ein Pop-Up-Galerie-Format erdacht, das
alle zwei Monate in unserem Probengebäude in der Baumgartenstraße 11-12 seine Türen öffnet. In den vergangenen
zwei Spielzeiten wurden in der Baumgartenstraße beim
Repaircafé Kulturgüter erstmals ebenfalls als reparaturbedürftiges Gut thematisiert und die Aneignungsprozesse
der Herstellung und Reparatur auf die Kultur erweitert. Bei
‚(DON’T) TOUCH THE ART‘ steht nun die Kunst im Fokus und soll für jede und jeden zugänglich, berührbar, ausprobierbar und anwendbar sein.
Für den ersten Termin haben sich Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des Staatstheaters zusammengetan und ihr
künstlerisches Schaffen außerhalb der Theaterbühne in
den Fokus gestellt. Zu sehen waren Gemälde von Tim Athner, analoge Fotografie von Laura Schöning, digitale Fotografie von Carlos Döring und Fotomontagen von Stephan
Walzl.
Mit PLATEAU N 53° 8.387460 E 8° 12.845940 erhielt
der zweite Termin einen eigenen Titel durch die Künstlerinnen Anneke Kleimann und Evelyn Möcking, die eine
Komposition aus ihren zwei eigenständigen, kontrastierenden plastischen Arbeiten ausstellten. Dabei entstand
im abgedunkelten, nur punktuell beleuchteten Raum eine
poetische Spannung zwischen den Arbeiten der Künstler-
innen und den elektronischen Sounds des Komponisten
_ne, der mit seinen atmosphärischen Klängen den Besuch
zu einem akustischen Erlebnis werden ließ. Die Gemälde
der Künstlerin Katja Gohe wurden bei unserem dritten
Termin ausgestellt. Sie fertigt durch eine Mixtechnik von
Farbauftrag, Übermalungen, Bildtransfer, Spachteln oder
Abspülen abstrakte Bilder, die eine beeindruckende Vielschichtigkeit, Leichtigkeit und Tiefe aufweisen.
Allen Terminen gleich ist, dass es um 19 Uhr einen Bühnenslot gibt, zu dem bereits Musik aufgelegt wurde und
eine Lesung des Hamburger Autors Lukasz Lumpowitcz
Lawicki stattfand. Und damit es nicht beim passiven Schauen und Konsumieren bleibt, wird jeweils um 16 Uhr ein
Workshop zur Aneignung einer künstlerischen Technik
angeboten, um über das Sehen hinaus auch allen Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit zur Beteiligung und
zum Kreieren eigener Kunstwerke zu geben. Wir haben
bereits gemeinsam Siebdrucke, Cyanotypien und Collagen
durch Bildtransfer angefertigt.
Gesine Geppert
(DON’T) TOUCH THE ART
Pop Up Galerie
Baumgartenstraße 11-12
13.05.2017, 15-21 Uhr
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‚Das Rheingold‘
JUNGESeiteN
JUNGESeiten
DER JUGENDCLUB AM STAATSTHEATER
Ein Porträt anlässlich des Festivals JUNGE BANDEN! – Jugendtheatertage 2017
Ü
ber die Jahre hinweg hat sich der Jugendclub des Oldenburgischen Staatstheaters als feste Institution am
Haus etabliert: Jährlich entstehen um die sieben Uraufführungen mit Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 20
Jahren und viele der Teilnehmenden verbringen viel Zeit,
meistens sogar ihre ganze Jugend im Club – mit dem Theater und ihren Theaterfreunden wachsen sie zu jungen
Erwachsenen heran. Wöchentlich kommen sie zu Proben
zusammen und arbeiten mit gleichaltrigen Jugendlichen
und den Spielleiterinnen und Spielleitern an eigenen
Theaterstücken. Dabei stehen immer ihre Fragen im Zentrum der künstlerischen Auseinandersetzung. Im Jugendclub können sich die Teilnehmenden selbst ausprobieren,
verschiedene Perspektiven und Rollen einnehmen, über
sich hinauswachsen, einmal eine ganz Andere sein und
sich vor allem die Frage stellen, wer sie als Mensch sind
und wer sie später einmal sein wollen. An kaum einem
anderen deutschen Theater ist die Clubstruktur so ausgeprägt und vielfältig wie in Oldenburg – was vielleicht auch
daher rührt, dass neben den hauptamtlichen Theaterpädagoginnen auch Ensemblemitglieder in die Clubszene
integriert sind und in verschiedenen Teams Projekte anleiten. So arbeiten die Spielleiterinnen und Spielleiter in
spartenübergreifenden Tandems und mittlerweile auch
mit ehemaligen Jugendclubbern, die das Theater zu ihrem
Beruf machen wollen. Ein Highlight sind jedes Jahr die
Jugendtheatertage, bei denen die Jugendclubs des Staatstheaters neben Schultheater-AGs, freien Jugendtheatergruppen und Darstellenden Spiel-Kursen ihre aktuellen
Arbeiten zeigen. Die Jugendtheatertage 2017 stehen in
diesem Jahr unter dem Motto JUNGE BANDEN!. Hier
lernen sich die eingeladenen Gruppen kennen und können sich über die künstlerische Umsetzung ihrer Themen
austauschen. Anlass genug, um einmal innezuhalten und
bei den Spielleiterinnen und Spielleitern Mareike Schulz,
Sandra Rasch, Thomas Renner und Klaas Schramm nachzuforschen, was sie und ihre jeweiligen Clubs antreibt.
„Im Jugendclub sind alle gleich und dennoch individuell!
Ich würde den Jugendclub als eine Mannschaftssportart beschreiben,
denn man braucht alle, um zu funktionieren.“
(Luca Uhrlau)
,Zuhause‘ unter der Leitung von
Klaas Schramm und Jakob Dalin
Die Arbeit als Spielleiter bzw. Spielleiterin im Jugendclub kostet viel Zeit und Energie – was motiviert euch, diese Aufgabe auf euch zu nehmen, vor
allem neben eurem eigentlichen Beruf am Theater?
Klaas Schramm: Als Schauspieler stehe ich ja auf der
Bühne und bekomme gesagt, was zu tun ist. Da freue ich
mich, dass ich gemeinsam mit Jugendlichen eigene Stücke
erarbeiten kann, die wir allein über ein Ausgangsthema
bzw. eine Frage entwickeln. Es macht mir Spaß, für die
Stücke ein Bühnen- und Kostümbild zu entwerfen, Musik herauszusuchen und Sounds selber zu entwerfen. Je
länger ich mit Jugendlichen arbeite, desto mehr gelingt
es mir, die Texte der Jugendlichen anzunehmen, und das
erweitert meinen Horizont absolut. Ja, die Jugendclubarbeit füllt mich manchmal mehr aus als nur Schauspieler
zu sein.
Thomas Renner: Ich schätze die Arbeit mit Jugendlichen
sehr, die in erster Linie das Theater lieben und ganz unverstellt ans Theater herangehen.
Woran arbeitet ihr zurzeit in euren Gruppen?
Mareike Schulz: Unser momentanes Thema ist „Raum“.
Wir haben mit ganz unterschiedlichen Räumen experimentiert. Welche Wirkungen haben sie auf mich, was ist, wenn
ich selbst der Raum bin? Wenn ich nichts hören oder sehen
kann? Oder wenn der Raum nur aus Menschen besteht?
Und was macht es mit Menschen, die zusammen in einem
Raum eingeschlossen sind? Was für Konflikte entstehen dadurch?
TR: Bei uns geht es um die Frage: Wie verhalte ich mich,
wenn ich Angst habe oder wenn mir langweilig ist? Über
Improvisation entstehen hier Figuren und wir entwickeln
eigene Szenen.
KS: Wir machen die Begegnung verschiedener Menschen
aus verschiedenen Kulturen zum Thema. Es ist ein Spiel mit
24
,Jugend ohne Gott‘ unter der Leitung von
Melina Hehemyer und Hanna Puka
,Honningsvag‘ unter der Leitung von Mareike Schulz und Thomas Renner
Identitäten und Bildern von Menschen. Wir arbeiten vor
allem mit biografischem Material und erzählen die persönlichen Geschichten unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus Palästina, Irak, Syrien oder Oldenburg kommen.
Sandra Rasch: Wir gehen von der Novelle ‚Michael
Kohlhaas‘ aus und beschäftigen uns mit Themen wie Gerechtigkeit, Macht und Selbstjustiz. Dabei versuchen wir,
an aktuelle Ereignisse anzuknüpfen. Es ist mir wichtig, in
den wöchentlichen Treffen in politische Diskussionen zu
gehen und dafür auch Raum zu lassen.
Was sind die Interessen der Jugendlichen?
KS: Sie beschäftigen sich mit Fragen der eigenen Identität:
Was wird aus mir? Was will ich in zwei, drei Jahren machen? Oder was will ich überhaupt vom Leben? Manchmal
geht es aber auch ganz profan darum, den eigenen Schulabschluss zu schaffen.
SR: Die Jugendlichen wollen vor allem „spielen“, sich
selbst über das Spiel kennenlernen, improvisieren und eigene Szenen entwickeln.
KS: Ja, auf der Bühne trauen sie sich, neue Seiten an sich
auszuprobieren, sich zu verstellen, anders zu sein. Wenn
sie sich dann von ihren Mitspielerinnen und Mitspielern,
sogar vom Publikum angenommen fühlen, ist das natürlich
gigantisch für die eigene Persönlichkeit.
Und mit welchen Erwartungen kommen die Jugendlichen in den Jugendclub?
KS: Sie haben ein gewisses Qualitätsdenken, durchaus einen Anspruch – wie der aber konkret aussieht, können sie
nicht beschreiben.
SR: Viele kommen zu uns, weil sie ein Jugendclubstück gesehen haben und auch dabei sein wollen. Sie ahnen dabei
oft nicht, dass der Prozess harte Arbeit und zeitintensiv ist.
MS: Das heißt aber nicht, dass sie nicht in hohem Maße en25
JUNGESeiteN
JUNGESeiten
TR: Genau, der Jugendclub ist kein exklusiver Ort, immerhin arbeiten weit mehr als hundert Jugendliche in unseren
Clubs.
SR: Wir möchten in die Breite wirken und es vielen Jugendlichen ermöglichen, Theater zu spielen sowie das
Theater als Ort kennenzulernen. Nichtdestotrotz wollen
wir Jugendliche, die über viele Jahre hinweg mitgespielt
haben, individuell fördern und herausfordern. Neuartige
Projekte sind deshalb auf jeden Fall in Planung …
Hanna Puka
Premieren der Jugendclubs:
BEGEGNUNGEN
Leitung: Jakob Dalin, Klaas Schramm
Premiere am 29.04.2017, 18 Uhr, Exerzierhalle
[LOCKED-IN]
Leitung: Mareike Schulz, Thomas Renner
Premiere am 29.04.2017, 20 Uhr, Exerzierhalle
KOHLHAAS
Leitung: Sandra Rasch, Luise Wilcken
Premiere am 11.06.2017, 18 Uhr, Exerzierhalle
KARÔSHI
Leitung: Chris Fromm, Yassin Trabelsi
Premiere am 11.06.2017, 20 Uhr, Exerzierhalle
,When avends root de Wulken treckt‘ unter der Leitung von Sarit Streicher und Kevin Sandersfeld
PUNCH & JUDY
Leitung: Hanna Puka, Lukas Ganem
Premiere am 10.06.2017, 20 Uhr, Exerzierhalle
„Ein Fluchtort aus dem Alltag. Vertrauter Ort, auf den man sich
die ganze Woche freut, Zusammentreffen von Gleichdenkenden
und vor allem coolen und hauptsächlich lustigen Leuten, aber auch
ein ehrenvoller Platz, wo man viel über das Schauspielern an sich, aber
auch über sich selber lernen kann.“
(Yannik Heckmann)
gagiert wären. Die Jugendlichen bringen viel Eigeninitiative mit. Vor der Premiere wollen sie sagen können: „Das ist
mein Stück!“
Was können die Jugendlichen denn im Club „lernen“ und wie nachhaltig ist die Arbeit?
SR: Die Jugendlichen haben ein klares Bild davon, wie
Theater zu sein hat: ein Textbuch, eine eindeutige Rollenverteilung, schöne Kostüme und ein naturalistisches Bühnenbild. Ich sehe es als meine Aufgabe, ihnen verschiedene
Arbeitsweisen, Ästhetiken und Methoden näherzubringen. So lernen sie verschiedene Wege kennen, um an ein
Ziel zu gelangen.
TR: Deshalb finde ich es wichtig, wenn die Jugendlichen
mit unterschiedlichen Spielleiterinnen und Spielleitern
arbeiten. Denn jeder Spielleiter, jede Spielleiterin hat seinen bzw. ihren besonderen Stil, persönliche Schwerpunkte
KS: Ja klar, das ist machbar. Manche Themen kann man
mit Jugendlichen fast direkter behandeln. Denn wenn die
Darstellerinnen und Darsteller genauso alt sind wie die
Figuren in der Geschichte, hat das selbstverständlich eine
andere Authentizität. Und natürlich übt es eine besondere
Faszination auf ein junges Publikum aus, Gleichaltrige auf
der Bühne zu erleben.
TR: Ja, man glaubt ihnen, was sie machen. Denn oft sind sie
auf der Bühne auch sie selbst.
KS: Spannend wäre es, die Jugendclubprojekte einem
größeren Publikum zu zeigen und sie in das ENTER-Programm, das junge Menschen an das Theater heranführt, zu
integrieren. Aber wie das gehen sollte, weiß ich noch nicht.
Denn die Rahmenbedingungen professioneller Produktionen lassen sich hier nicht so einfach übertragen. Da Schüler
hauptsächlich zur Schule gehen, können sie ja zum Beispiel
nicht vormittags proben oder spielen.
und Vorlieben.
Welche Perspektiven gibt es für die Clubs? Können
wir mit Jugendlichen genauso gutes Theater machen wie das professionelle Theater?
26
Es stellt sich uns ja auch immer die Frage, wie viel
Zeit die Jugendlichen für ihr Hobby investieren
wollen und können. Nicht jeder, der bei uns im Club
ist, träumt davon, Schauspieler zu werden …
In der Spielzeit zeigen die Clubs ihre Arbeiten in der Exerzierhalle. Neben den Kinder- und Erwachsenenclub-Premieren im
März und April präsentieren sich die Jugendclubs während der
Jugendtheatertage, die vom 10. bis 17. Juni 2017 in Kooperation mit dem Jugendkulturarbeit e.V. und der Kulturetage veranstaltet werden. Jeweils zu Beginn einer neuen Saison starten
neue Projekte. Weitere Informationen und Anmeldung unter:
[email protected]
GRENZORTE/GRENSPLAATSEN
Leitung: Sophia Geerdes, Sarit Streicher
Premiere am 10.06.2017, 18 Uhr, Exerzierhalle
IMPROVISATION
Leitung: Antoine Jully, Marié Shimada
Premiere am 11.06.2017, 16.30 Uhr, Exerzierhalle
Kommt zusammen:
Erforscht! Erfahrt! Erlebt!
Seit einigen Jahren gibt es ein vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung aufgelegtes Programm mit dem Titel
„Kultur macht stark“. Auch am Oldenburgischen Staatstheater gibt es mehrere Projekte, die über das Programm finanziert wurden. Ziel des Projektes ist, Jugendliche aus bildungsfernen Familien an die Kultur heranzuführen und gleichzeitig
die Zusammenarbeit von theatralen Institutionen und freien
Kulturschaffenden zu fördern.
Das Projekt „Kommt zusammen: Erforscht! Erfahrt! Erlebt!“,
welches zusammen mit dem Verein Jugendkulturarbeit und
der IGS Kreyenbrück ins Leben gerufen wurde, hat sich zum
Ziel gesetzt, Jugendliche aus verschiedenen Stadtteilen und
Schulformen über das Theaterspielen in einen Dialog zu bringen. Entstanden ist das Projekt durch die Beobachtung, dass
Jugendliche vor allem durch die verschiedenen Schulformen
früh getrennte Wege gehen und es ab da kaum mehr Berührungspunkte gibt. Gleiches gesellt sich zu gleichem. Ein
Austausch mit Menschen, die sich an anderen Orten und in
anderen Kontexten aufhalten, findet kaum mehr statt.
Das Projekt besteht darin, dass sich übers Jahr verteilt sechs
Patengruppen treffen. Sie besuchen sich in ihren jeweiligen
Probenräumen, sie proben zusammen, sie diskutieren über
das Gesehene. Sie schauen zusammen Theater und sie besuchen gemeinsam Workshops. Sie verlassen ihre gewohnte
Umgebung und begeben sich an Orte mit neuen Menschen,
die sie im täglichen Leben vielleicht nicht treffen würden. Sie
erleben, wie die jeweiligen Gruppen arbeiten und entwickeln
Verständnis für die Theaterarbeit der anderen. Die Jugendlichen lernen sich über das Theaterspielen kennen. Auf diese
Weise gelang es in den letzten Jahren, Jugendliche aus verschiedenen Hintergründen in einen Dialog zu bringen.
Ein weiterer positiver Effekt ist, dass sich auch die Spielleitungen der einzelnen Clubs austauschen und in ihrer Arbeit kennenlernen. Die Synergieeffekte entstehen also auf mehreren
Ebenen.
Auf dieses Weise findet eine Vernetzung zwischen Menschen
aus diversen Stadtteilen mit verschiedenen Theateransätzen
und unterschiedlicher Herkunft statt.
27
Wie gut kennen Sie
unser Ensemble?
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Sie sind regelmäßiger Besucher unserer Theaterproduktionen und wähnen sich im Schauspiel, Tanz und in der Oper gleichermaßen fit? Jetzt bekommen Sie die Chance, dies unter Beweis zu stellen! Ordnen Sie die jeweiligen Bilder unserer Ensemblemitglieder den zugehörigen Informationen zu und triumphieren Sie als wahrhafter Oldenburger Theaterkenner.
Ihr Ergebnis können Sie bis zum 06.04.2017 an [email protected] senden und auf diese Weise
Karten für die Vorstellung ‚Sein oder Nichtsein‘ am 16.04.2017 gewinnen.
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29
KONZERTSeiten
KONZERTSeiten
KONZERT IM ZIMMER
Raumakustik und Lärmschutz
Im letzten Quartal der Spielzeit steht wieder eine Vielzahl von Konzerten auf dem Programm des
Oldenburgischen Staatstheaters. – Welche technischen Anforderungen stellt ein Sinfoniekonzert
an eine Theaterbühne?
W
ährend das Orchester bei Opernaufführungen im
Orchestergraben sitzt, nimmt es bei Konzerten
Platz auf der Bühne, die durch den Aufbau des „Konzertzimmers“ das Theater in einen Konzertsaal verwandelt.
Für eine solche Raumkonstruktion besteht vor allem eine
akustische Notwendigkeit, aber auch viele weitere Faktoren spielen eine wichtige Rolle. Ein den hauseigenen Gegebenheiten individuell angepasster Konzertaufbau ist für
viele Theater ein Thema von großer Bedeutung. So hat
auch vor gut einem Jahr die Staatsoper Hannover ein neues
Konzertzimmer eingeweiht.
Das aktuelle Oldenburger Konzertzimmer entstand 2005
maßgeblich auf Betreiben des damaligen Generalmusikdirektors Alexander Rumpf, nachdem die allgemeine Unzufriedenheit mit dem vorangegangenen Aufbau zu groß
geworden war: Er wurde nicht nur als optisch wenig ansprechend bemängelt, sondern bot für das Publikum auch
eine sehr „trockene“ Raumakustik. Zudem war die Sitzverteilung der Orchestermusiker nicht ideal: Die musikalische
Kommunikation zwischen Dirigent und Orchester war erschwert und da die Musikerinnen und Musiker teils zu eng
beieinander saßen, war die Einhaltung der Lärmschutzrichtlinien nicht gewährleistet. All diese Aspekte galt es
beim Bau eines neuen Konzertzimmers zu berücksichtigen.
Erste Pläne
Die Vorplanungen begannen bereits im Juni 2002 mit einer ersten „Bauprobe“. Zum Austesten der akustischen
Gegebenheiten diente ein – in voller Orchesterbesetzung
gespieltes – Werk von Benjamin Britten, dessen Musiksprache sich dafür hinsichtlich der Klanggewalt und akustischen Differenziertheit besonders eignete: Zunächst wurde
der Bühnenraum mit einem schalldurchlässigen Spezialgewebe ausgehängt, um die Klangverhältnisse des akustisch
offenen Gesamtraumes zu erkunden. Der anschließende
Aufbau des alten Konzertzimmers mit einigen zusätzlichen
Versatzstücken bewies, dass nach wie vor ein geschlossener Raum aus Holzwänden grundsätzlich die weitaus
bessere Raumakustik bot. (Es gab durchaus Stimmen, die
das zunächst bezweifelten.) Damit war die Planung eines
neuen Konzertzimmers beschlossene Sache und die am
Haus engagierte Bühnenbildnerin Johanna Deffner wurde beauftragt, einen Entwurf anzufertigen. Zeitpunkt der
Fertigstellung und Finanzierung waren allerdings noch zu
klären und so konkretisierte sich das Vorhaben erst allmählich. 2004 zeichnete sich die Finanzierbarkeit des Projektes
ab, an dessen Kosten sich Oldenburger Privatspender und
Institutionen zu über einem Viertel beteiligten. Die handwerkliche Arbeit wurde von den theatereigenen Werkstätten geleistet.
Während grundsätzlich für den Konzertgenuss im Zuschauerraum vor allem eine verlängerte Nachhallzeit wünschenswert ist, ist es für die Musizierenden von elementarer Bedeutung, einander deutlich hören zu können, ohne
dass Echos den Klang verschleiern oder einzelne Instrumentengruppen den Klang dominieren. Auch dem Dirigenten muss es akustisch möglich sein, ein klares Klangbild der einzelnen Instrumentengruppen wahrzunehmen.
Bauliche Maßnahmen im Sinne beider Zielgruppen waren
beim Oldenburger Konzertzimmer u. a. eine gebrochene
Struktur der Seitenwände und -decken, die Vermeidung
paralleler oder konkaver Wandflächen und eine gezielte
Ausrichtung der Reflexionsflächen zum Portal hin.
Auch sollte nun endlich beachtet werden, was im alten
Konzertraum für die Orchestermusikerinnen und -musiker nicht immer gewährleistet war: die Einhaltung der
Lärmschutzrichtlinien. Bis dahin war es beispielsweise
vorgekommen, dass nur einen halben Meter neben der
Pauke mit ihrer Spitzenlautstärke von bis zu 130 dB der
nächste Musiker saß, dem auch ein amtlicher Hörschutz
nur bedingt Linderung verschaffte. Bei der Neukonstruktion galt es nun also auch – ganz besonders zwischen den
Instrumentengruppen mit hohem Schallpegel – auf ausreichende Abstände zu achten: Da eine Verdoppelung des
Abstandes bereits eine vierfache Reduktion des Schallpegels bewirkt, konnte man allein mit der Größe der Podien, auf denen die Musikerinnen und Musiker sitzen, den
gewünschten Erfolg erzielen. Zur weiteren Optimierung
des Lärmpegels wurde ein Akustik-Fachmann zu Rate gezogen, der im hinteren Bereich des Konzertzimmers, wo
Schlagzeug und Pauken angesiedelt sind, Öffnungen des
Raumes nach oben anregte.
6. SINFONIEKONZERT:
WIENER SPUREN
Arvo Pärt: Fratres/Erich Wolfgang Korngold: Violinkonzert
D-Dur mit Richard Lin als Solist/Johannes Brahms:
Sinfonie Nr. 3 F-Dur
02. & 03.04.2017
Musikalische Leitung — Hendrik Vestmann
7. SINFONIEKONZERT: KREISLÄUFE
Maurice Ravel: Le Tombeau de Couperin/Joseph Haydn:
Trompetenkonzert Es-Dur mit Reinhold Friedrich als Solist/
Robert Schumann: ‚Frühlingssinfonie‘
23. & 24.04.2017
Musikalische Leitung — Rasmus Baumann
8. SINFONIEKONZERT: IRRWEGE
Edvard Grieg/Henrik Ibsen: ‚Peer Gynt‘
11. & 12.06.2017
Musikalische Leitung — Hendrik Vestmann
30
Das Oldenburgische Konzertzimmer
Das Sichtfenster
des Feuerwehrmannes
im Konstruktionsplan
Das fertige Konzertzimmer im Spielbetrieb
Für den laufenden Repertoirebetrieb mit ständig wechselnden Vorstellungen ist vor allem auch die Praktikabilität
von zentraler Bedeutung: Nur wenn ein Konzertzimmer
sehr schnell auf- und abgebaut werden kann, ist es möglich,
beispielsweise ein Vormittagskonzert am Sonntag zwischen zwei Abendvorstellungen am Samstag und Sonntag
anzusetzen. Dies wurde u. a. mit der Aufteilung in mehrere
einzelne, schnell zusammenzusetzende Einzelplatten mit
möglichst wenigen Schraubverbindungen zu erreichen
versucht.
Anfang März des Jahres 2005 begannen die theatereigenen Werkstätten, das Konzertzimmer in seiner heutigen
Gestalt zu bauen: Auf einer 8mm dicken Multiplex-Bodenplatte aus Birkenholz stehen ringsherum aluminiumgestützte Sperrholzwände mit applizierten Holzstäbchen
zur besseren Schallverteilung. Das nach oben abschließende „Deckensegel“ ist eine Aluminiumkonstruktion mit
Sperrholzverkleidung und eingebauter Beleuchtung. Als
Farbton wurde „der dunkelste vorkommende Honigton“
gewählt.
Der Neubau wurde feierlich am 2. Oktober des Jahres mit
einem Konzert eingeweiht, auf dessen Programm u. a. die
Festouvertüre in C-Dur des Oldenburger Komponisten
Albert Dietrich stand. Als „ Augen- und Ohrenschmaus“
rühmte GMD Alexander Rumpf das Konzertzimmer, das
seitdem für die meisten Orchesterkonzerte im Großen
Haus den Rahmen bietet.
Stephanie Twiehaus
31
KONZERTSeiten
KONZERTSeiten
„Mit fröhlicher Ernsthaftigkeit“
Thomas Honickel, Musikalischer Leiter der KlangHelden und Kapellmeister, über das frisch gegründete KlangEnsembleOldenburg, neue Konzertformate und seine aktuellen Pläne im Bereich der
Kinder- und Familienkonzerte
Auf dem Programm des 3. Familienkonzertes steht
ein musikalisches Porträt des genialen Geschwisterpaars Felix und Fanny Mendelssohn. Zwei Wunderkinder, zwei überaus interessante und reife Künstler
– worauf legst du den Schwerpunkt des Konzertes?
Thomas Honickel: Wir berichten über die facettenreiche, spannende und auch ein wenig nachdenkliche Lebensgeschichte der beiden talentierten Geschwister von der
frühen Jugend bis zum nahezu gemeinsamen Tod 1847.
Dabei spielen die große Schwester Fanny, ihr Lebensweg,
die lebenslange innige Verbindung zum kleinen Bruder
Felix und Blicke in die damalige Zeit eine herausragende
Rolle.
Das 3. Familienkonzert wendet sich nicht nur an
ein junges Publikum, sondern bezieht auch Kinder
und Jugendliche in die Programmgestaltung ein,
denn einmal mehr steht der KlangHelden-Jugendchor auf der Bühne. Worin werden wir ihn erleben?
TH: Wir spielen kleine Szenen aus dem Leben der beiden
Geschwister nach; dabei werden einige der KlangHelden
solistisch das Konzert zu einem halbszenischen Ereignis
machen. Außerdem werden wir mit dem Chor bedeutende
Chorsätze der beiden a cappella singen. Ein Glücksfall, dass
wir all das mit eigenen vokalen und darstellerischen jungen
Kräften realisieren können!
Neben den KlangHelden hat sich inzwischen noch
ein weiteres Ensemble gebildet, das KlangEnsemble
Oldenburg. Wie kam es dazu?
TH: Tatsächlich kam aus dem Kreis der KlangHeldenElternschaft vor knapp einem Jahr der Impuls zur Gründung eines Chores von Eltern und Freunden, die dem
Chor nahestehen und bislang „nur“ als Zuschauer präsent
waren. Angefeuert vom nachdrücklichen Erfolg und der
Bühnenpräsenz ihrer Jugendlichen, reifte der Entschluss,
selbst sängerisch aktiv zu werden. Unsere erfolgreichen
Mitsingkonzerte haben das Ihre dazu beigetragen. So fanden viele Menschen auch in fortgeschrittenem Alter und
häufig ohne große musikalische Vorbildung den Weg in
ein Musizieren, das generationsübergreifend für sich einzunehmen weiß.
32
Im Mai nimmt das 4. Familienkonzert der Saison
erstmals Bezug auf ein Werk des Opernspielplans.
Doch nicht auf irgendein Werk, sondern auf eine
der beliebtesten Opern aller Zeiten: ‚Carmen‘!
Wie dürfen wir uns dieses Konzert vorstellen?
TH: Wir werden die insgesamt dreistündige Oper auf
handliche 90 Minuten herunterbrechen, ohne der Geschichte allzu viel zu nehmen. Der Konflikt zwischen
Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit grundverschiedenem Temperament, wie er sich in den beiden
Protagonisten Carmen und Don José niederschlägt, spielt
dabei die entscheidende Rolle. Alle Stadien einer Beziehung vom ersten Verliebtsein über die Aufgabe von gesellschaftlichen Konventionen bis hin zum dramatischen
Showdown, in der Eifersucht und unbeantwortete Liebe
zum Mord führen, werden dargestellt. In einem repräsentativen Querschnitt von Teilen der Oper führen wir
den kolossalen Reiz der Partitur vor Augen, wobei zwei
jugendliche KlangHelden das kleine und große Publikum
durch die Handlung geleiten werden. Dass es kein HappyEnd gibt in dieser Oper, können wir nicht ändern; aber
wir können das Interesse wecken, sich das Werk als Ganzes anzuschauen.
Nicht alle Geheimnisse großer Kunst lassen sich rational
erfassen …
Ein neues Format hat in der laufenden Saison den
Konzertspielplan bereichert – das der Werkstattkonzerte. Wie entstand die Idee dazu?
TH: Es kann nie wirklich falsch sein, mehr zu wissen und
zu erfahren über das, was große Meister planten, bevor sie
ihre Partituren schrieben. Ohr und Herz sind natürlich
ganz bestimmende Größen beim Musikgenuss, aber auch
die Einsicht in bestimmte Mechanismen der Komposition – com-ponere heißt zusammen-stellen – kann den
Genuss vergrößern. Aus dieser Erkenntnis speist sich der
Gedanke, den Schöpfern großer Kunst gewissermaßen
über die Schultern zu schauen, indem wir Werke auseinandernehmen, erklären und anschließend wieder zusammensetzen. Das Ganze mit „fröhlicher Ernsthaftigkeit“
und dem Anspruch, das Wesen der Kunst auch aus seiner
Entstehungszeit zu erklären.
Auch in der kommenden Spielzeit soll dieses Format fortgeführt werden. Dürfen wir schon mehr
wissen?
TH: Es gibt mit Wagners ‚Ring‘ gewissermaßen eine Steilvorlage für einen eindrucksvollen Blick in das Innenleben
einer Komposition. Wagners Idee der Erinnerungsmotive
bzw. Leitmotive stellt eine nachdrückliche Verbindung
her zwischen den Gestalten auf der Bühne, ihrem Seelenleben und den Sehnsüchten der Handelnden und Getriebenen. Dabei kommt dem Orchester die tragende Rolle
zu, denn die musikalische Faktur trägt und (be)fördert
das Bühnengeschehen. Oftmals findet die Handlung ausnahmslos im Orchestergraben statt. Anhand des ‚Rheingold‘ und mit einem Ausblick auf ein paar maßgebliche
Passagen der ‚Walküre‘ wollen wir den Nachweis antreten, dass auch ein ‚Ring ohne Worte‘ erlebbar und spannend sein kann.
Das Interview führte Annabelle Köhler.
3. FAMILIENKONZERT:
FANNY UND FELIX –
NICHT OHNE MEINE SCHWESTER
Porträtkonzert der Geschwister Mendelssohn
30.04.2017, 11.30 Uhr, Großes Haus
4. FAMILIENKONZERT: CARMEN
Opernquerschnitt zu Georges Bizets Oper
21.05.2017, 11.30 Uhr, Großes Haus
4. KINDERKONZERT:
WHAT A FEELING!
18.06.2017, 11.30 Uhr, Großes Haus
Jens Ochlast vor der Vorstellung in der
Thomas Honickel
„What a feeling!“, heißt es dann im 4. Kinderkonzert der Saison. – Im Grunde kann man das ja
von jedem deiner Konzerte sagen, die Kopf und
Bauch immer gleichermaßen ansprechen. Hier
aber näherst du dich dem Thema der Emotionen
auf ganz andere Weise …
TH: Der Titel ist ja einem sehr berühmten Tanzfilm der
1980er Jahre entnommen. Wir wollen den Nachweis antreten, dass Musik in uns auf ganz spezifische und unnachahmliche Weise Gefühle weckt. Sogar ohne den Text zu
kennen, erahnen wir Trauer, Glück, Hass, Verzweiflung,
Humor und manches andere. Dahinter stehen oft ganz
handfeste „Komponisten-Tricks“: spezielle Tonleitern,
besondere Klänge, eine ganz eigentümliche Instrumentierung, ein prägnanter Rhythmus, ein typisches Tempo.
Wir stellen ausgewählte Stimmungen der Gefühlsskala
vor, wobei wir auf den Kontext der Arien eingehen und
auch das eine oder andere Detail erklären. Das soll aber der
bezwingenden Wirkung der Musik keinen Abbruch tun.
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SCHAUSPIELSeiten
SCHAUSPIELSeiten
Perfekt unperfekt
Am 18.02.2017 hatte die Komödie ‚Sein oder Nichtsein‘ Premiere. Darin versucht eine Gruppe Schauspielerinnen und Schauspieler im besetzten Warschau, die Nazis mithilfe ihrer Theaterkunst zu überlisten. Plötzlich hängt ihr Leben an einer Rolle und deren Verkleidung – kein Wunder, dass den
Kostümen hierbei eine besondere Bedeutung zukommt. Ihre Gestaltung übernimmt in der Neuproduktion am Oldenburgischen Staatstheater die Kostümbildnerin Karen Simon, die zuletzt an führenden Häusern wie dem Schauspielhaus Hamburg oder der Volksbühne Berlin arbeitete. Im Interview
mit Dramaturgin Daphne Ebner erzählt sie über den Humor in ihren Entwürfen und warum schlecht
sitzende Kostüme manchmal genau richtig sind.
,Sein oder Nichtsein’ spielt zur Zeit der Nazi-Besatzung in Polen. Sind die Kostüme historisch an
die Zeit angepasst?
Karen Simon: Ja. Sie sind historisch und, vielleicht
könnte man sogar sagen, etwas „polnisch“ angelehnt.
Allerdings versuche ich hier keine exakte historische Rekonstruktion. Ich würde eher sagen, die Kostüme sind inspiriert durch Zeit und Ort der Handlung im Stück.
Daneben übernehmen auch die Mittel des Theaters
und der Illusion eine wichtige Rolle. Das Maskieren, Verkleiden und Imitieren wird für die verfolgte Schauspielertruppe im Stück zur Überlebensstrategie. Wie hast du diesen Aspekt umgesetzt?
KS: Mit der Idee der Verkleidung oder Kostümierung
spiele ich auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Einerseits
gibt es die Kostümebene, die sehr naturnah, fast filmisch
genau funktioniert. Daneben gibt es die zweite Ebene, die
bewusst provisorisch, gemacht, unperfekt wirken soll, was
die Farbe, Form oder Machart des Kostüms betrifft. Bei
der Figur des deutschen Doppelagenten Professor Silewski sieht man das sehr schön. Wenn sich Josef Tura nach
dessen Ableben als Silewski verkleidet, um die Nazis zu
täuschen, ähnelt sein Kostüm dem Original. Allerdings ist
es aus einem anderen Material gefertigt, auch die Perücke
ist nur ein schlecht sitzendes Imitat von Silewskis Frisur.
Durch diese Diskrepanz und den Gegensatz von perfekt
zurechtgemacht und notdürftig kostümiert wird deutlich,
was die Schauspieltruppe die ganze Zeit gezwungenermaßen tun muss: improvisieren, was das Zeug hält!
,Sein oder Nichtsein’ ist einer der größten Komödienklassiker der Filmgeschichte. Spielt Humor
eine Rolle in deinen Entwürfen?
KS: Ja, definitiv. Besonders auf der Ebene der Theaterschauspieler im Stück. Wenn Josef Tura beispielsweise seinen berühmten, bedeutungsschwangeren Gang
zur Rampe macht, um den Hamlet-Monolog „Sein oder
Nichtsein“ zu halten, trägt er ein historisch anmutendes
Kostüm, das an die Shakespeare-Zeit erinnert. „Drusen“
nannte man die damaligen Pluderhosen, die man von
klassischen, historischen Hamlet-Abbildungen kennt.
In einer heutigen ‚Hamlet‘-Inszenierung würde man das
wohl eher nicht machen, weil es die Figur fast schon ein
bisschen ins Lächerliche ziehen würde, aber für die Theaterästhetik, die da im Stück zitiert wird, passt es perfekt.
Ksch. Thomas Lichtenstein, Franziska Werner und
34
Johannes Schumacher in ,Sein oder Nichtsein‘
Figurinen für das Kostümbild von ‚Sein oder Nichtsein‘
Wie sieht der Fertigungsprozess von der ersten
Idee bis zum letztendlichen Kostüm am Abend
der Premiere aus?
KS: Als erstes schicke ich meine konzeptionellen Vorschläge an den Regisseur. Sobald wir uns auf eine Linie verständigen, sammle ich assoziatives Bildmaterial.
Das können Bilder aus Zeitschriften, dem Internet oder
Kunstbänden sein. Danach zeichne ich Figurinen zu jeder Figur und ihren verschiedenen Kostümen im Stück.
Bei einer großen Besetzung mit vielen Kostümwechseln,
wie bei ,Sein oder Nichtsein‘, kommen da schnell über 20
Figurinen zusammen. Dann wähle ich die Stoffe aus und
jetzt beginnt die Anfertigung in den Werkstätten, wobei
die Schauspieler immer wieder zu Anproben gehen, denn
die Kostüme sind ja maßgeschneidert.
Wie sehr spielt dein Interesse an Gestaltung auch
privat eine Rolle für dich? Verfolgst du zum Beispiel aktuelle Trends in der Mode oder im Design?
KS: Mode und Gestaltung sind und waren immer ein
wichtiger Bestandteil in meinem Leben. Ich liebe es, Din-
ge zu entwerfen, einen Brief etwa oder etwas zu Hause
oder im Garten, denn ich bin gern von schönen Dingen
umgeben, baue, bastle und verändere gern. Ich informiere
mich auch über aktuelle Strömungen. In gewissem Sinne
gehört das ja auch zu meinem Beruf dazu. Allerdings ist
ein Kostümbildner für mich keinesfalls ein Designer oder
Modeschöpfer, das sind für mich ganz entschieden zwei
unterschiedliche Paar Schuhe. Und privat trage ich übrigens einfach, was mir gefällt und bequem ist. Modisch
muss es auf keinen Fall sein.
Das Interview führte Daphne Ebner.
SEIN ODER NICHTSEIN
von Nick Whitby
Regie — Klaus Schumacher
35
SeitenBLICK
Der
Spielplan
Weniger ist anders
SEITENBLICK
„Wir sind nicht hilflose Teile einer unbegreiflichen Maschinerie,
wir können auch Sand ins Getriebe streuen.“
Über eine konstruktive Verweigerungshaltung und die Neugier auf Störenfriede am Schauspiel des
Oldenburgischen Staatstheaters
U
nsere ersten beiden Spielzeiten im Schauspiel standen le-Netzwerk hat in der kurzen Zeit seines Bestehens bereits
unter dem Motto „Postkollaps – gemeinsam weniger bundesweit zu einem Bewusstseinswandel beigetragen! All
erreichen“. In Zusammenarbeit mit dem Postwachstums- das hat uns Mut gemacht: Theater wirkt tatsächlich! Nach
forscher Niko Paech von der Uni Oldenburg und vielen Ak- der selbst verordneten Entschleunigung haben wir uns nun
die Systemfrage gestellt: Mit unseteuren der Stadt haben wir uns zurem zweiten Schwerpunktthema
nächst einmal befreien wollen von
„Resetting Staatstheater“ überfühder neoliberalen Steigerungs- und
„Wer noch kein
ren wir die allenthalben geführte
Verwertungslogik, die auch in den
Stadttheater-Debatte in die Praxis.
Burnout hatte,
Theatern längst den Ton angibt und
Im Zuge dessen probieren wir neue
die uns doch so sehr daran hindert,
macht
sich
verdächtig!“
Arbeitsweisen und -strukturen
sinn- und lustvoll zu machen, was
aus, ergänzend zu dem konvenwir wollen: Kunst.
tionell-hierarchischen Verhältnis
Wir alle stammen aus Theaterhäusern, an denen es zum zwischen Regieteam und Schauspielensemble und den übguten Ton nicht nur (aber besonders) in der Dramaturgie lichen Sechs-Wochen-Probenblöcken. Wir bilden ein mulgehört, sich fatalistisch, aber auch irgendwie stolz in sein tiethnisches Ensemble und tasten uns vor, hin zu offenen
Schicksal als Workaholic zu fügen. Da nimmt der Wettbe- Erzählweisen, die – als Ergänzung, nicht als Ersetzung des
werb, welcher Dramaturg sich vermeintlich klaglos durch geschlossenen literarischen Dramas – einer sich veränderndie längsten Arbeitszeiten quält, schon mal absurde Züge den sozialen Realität, einer vielfältigen, offenen Gesellschaft
an. Der mit der größten Frustrationstoleranz gewinnt! Wer Rechnung tragen. Wir befragen den alten Beruf des Schaunoch kein Burnout hatte, macht sich verdächtig! Da treibt es spielers und die Rolle des Zuschauers auf deren Verändeeinem die Tränen in die Augen, wenn einem ältere Kollegen rungspotentiale für die Zukunft. Und vor allem haben wir
erzählen, dass der Dramaturg früherer Zeiten auch schon uns mit dem BANDEN!-Festival durchlässig gemacht und
mal dienstlich spazieren ging, um sich frischen Wind um die uns neu vernetzt mit Künstlern aus der freien PerformanceNase wehen und sich inspirieren zu lassen. Obacht! Wenn Szene, progressiven Theaterwissenschaftlern und weiteren
Sie jetzt beim Lesen ein abschätziges Gefühl verspüren à Akteuren, die die Erneuerung des Staatstheaters ganz prakla „Spazierengehen? Sonst noch was? Von nichts kommt tisch mit uns weitertreiben. Da hat sich eine Bande gebildet
nichts!“, dann sind Sie selbst Opfer Ihres eigenen neolibe- aus lauter liebevollen Störenfrieden, die die Welt als gestaltralen Arbeitsethos. Aber da sind Sie nicht allein. Wir alle (!) bar begreifen, Lust haben, neue Gesellschaftsentwürfe gleich
sind geprägt durch Jahrhunderte protestantischen Pflichtbe- mal am eigenen Leib auszuprobieren und das Theater immer
wusstseins. Doch im Schauspiel des Staatstheaters hat sich wieder zu einer Heterotopie zu machen, einem Alternativeine Widerstandszelle gebildet: In Formaten wie dem Re- Ort, wo die Uhren anders laufen, einem Lebens-Labor, eipaircafé und „Gehen lassen“ haben wir nach Auswegen und nem Ort des freien Probehandelns, wo man künstlerisch
neuen Seins- und Arbeitsbegriffen gesucht. In Inszenierun- schon mal ausprobieren kann, wie man eigentlich auch „in
gen wie ‚Was ihr wollt‘ das scham- und ziellose Spiel jenseits echt“ leben will.
jeder Verwertungslogik zelebriert. Und wir haben gemerkt,
dass man etwas tun kann, dass man die Art, wie man leben Die Frage, wie es nun weitergeht mit unserer kleinen Theund arbeiten will, tatsächlich beeinflussen kann. Wir sind aterbande und ob wir wirklich nachhaltig etwas bewirken
nicht hilflose Teile einer unbegreiflichen Maschinerie, wir können, habe ich nirgends besser formuliert gefunden, als
können auch Sand ins Getriebe streuen. Niemand hat das je in der ‚Philosophie des Störenfrieds‘ des Philosophen Dieter
hartnäckiger, energiegeladener, überzeugter und charmanter Thomä: „Macht die Ordnung mit dem Störenfried kurzen
getan als die Schauspiel-Kollegin Lisa Jopt. Sie hat die Ideen Prozess oder treibt er sie zur Veränderung, erwirkt er einen
unseres gemeinsamen Schwerpunktthemas weitergedacht Umbruch?“ Das Verhältnis von Ordnung und Störung
und in die Welt getragen: Das von ihr gegründete Ensemb- beschreibt Thomä so: „ Auch heute steht die Zukunft der
36
modernen Gesellschaft auf dem Spiel. Und nach wie vor
entscheidet sie sich nicht im Zentrum der Macht, sondern
an den Rändern, wo die Krisen ausgefochten werden. Dort
– an der Schwelle zur Ordnung – tummeln sich Trittbrettfahrer und Quertreiber, Eigenbrötler und Rebellen.“
Deshalb verbinden wir uns am Schauspiel des Staatstheaters so gern mit den Störenfrieden aus der Freien Szene:
um die Theaterzukunft aktiv von den Rändern aus mitzuentscheiden. Von „Postkollaps – gemeinsam weniger erreichen“ bis „Resetting Staatstheater“ zieht sich der Bogen
unserer gemeinsamen Suche nach anderen Möglichkeiten
eines lust-, würde- und sinnvollen Kunstschaffens. Denn
im Raum der Kunst kann der Zuschauer gemeinsam mit
uns beispielhaft neue Konzepte gesellschaftlichen Miteinanders ausprobieren. Statt immer mehr des Immergleichen
lautet unser Motto also: weniger und anders! Damit unsere zweieinhalbtausend Jahre alte Institution nicht irgendwann kollabiert und auch morgen noch die Bretter beherbergt, die die Welt bedeuten.
Marc-Oliver Krampe
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SEITENBühne
SEITENBÜHNE
„Mit der Zeit merkt man,
wie schön das Ganze ist.“
Erste Einblicke in die Arbeit des Opernchores an ‚Yvonne, Princesse de Bourgogne‘
„Q
uel adorable coucher de soleil!“ … „Was für ein
wunderbarer Sonnenuntergang!“ – Draußen bewegen sich die Temperaturen um den Gefrierpunkt. Es ist
feucht und dunkel, typisches Oldenburger Winterwetter,
doch man meint, die laue Abendstimmung förmlich zu
spüren, wenn der Opernchor diese Worte singt. Man probt
für die nächste Premiere, ‚Yvonne, Princesse de Bourgogne‘, eine zeitgenössische Oper über Gombrowiczs gleichnamiges Schauspiel, die am 25. März 2017 in Oldenburg
ihre Deutsche Erstaufführung erlebt. Es ist eine ungemein
farbenreiche und bildhafte Musik, die mit diversen Stilzitaten, Einflüssen aus der Welt des Jazz und polytonalen Feldern ebenso spielt wie mit einer hochkomplexen und bis
ins kleinste Detail ausgearbeiteten Rhythmik. Dass diese
Musik außerordentliche Anforderungen an die Ausführenden stellt und eine akribische Vorbereitung erfordert, steht
außer Frage! Wie Friederike Hansmeier, Sopranistin des
Opernchores und in ‚Yvonne‘ zudem als eine der Tanten
der Titelfigur besetzt, berichtet, beginnt diese bereits lange
vor der ersten Chorprobe: Man beschäftigt sich allein mit
38
Chorprobe mit Thomas Bönisch
dem Notentext, hört Aufnahmen des Stückes, informiert
sich über dessen Kontext und versucht so, immer tiefer in
dieses einzudringen. „Dann komme ich in die erste Chorprobe, und fange – dank Herrn Bönisch, der eine super
Korrepetition für diese Oper gemacht hat – an, das Stück zu
begreifen, und so langsam wird es dann auch zu ‚meinem‘.
Es ist einfach ein schönes Gefühl, wenn man merkt, dass
man die Hürde der Modernen Musik, die einem anfangs
manchmal fast unüberwindbar scheint, dann doch genommen hat, und wenn man spürt, wie alles sicher zusammenwächst.“
Die musikalische Interaktion zwischen den Sängerinnen
und Sängern ist im Falle von ‚Yvonne‘ ganz besonders
wichtig, nicht zuletzt, weil Komponist Philippe Boesmans
sich auf eine kammermusikalische Chorbesetzung konzentriert, die dem Einzelnen umso stärkeres Gewicht verleiht. Thomas Bönisch, Chordirektor am Oldenburgischen
Staatstheater, beschreibt die Dynamik, die durch diese
ebenso kleine wie feine Besetzung entsteht: Während bei
einer großen Gruppe der Hauptimpuls im Sinne eines mit unterschiedlichen Stimmtechniken zu tun, die man
stringenten Arbeitens zwangsläufig vom Chorleiter aus- nicht unbedingt im Rahmen seiner Ausbildung erlernt. So
gehen muss, erlaubt die kammermusikalische Besetzung zum Beispiel das sogenannte Belten im Musical oder aber
den Mitwirkenden, auch individuelle eigene Erfahrungen der Anspruch, jeden Musikstil in der ihm notwendigen
einfließen zu lassen, die die Gruppe voranbringen. Tho- Weise zu gestalten.“ Die Arbeit an zeitgenössischer Musik
mas Bönisch schätzt diese Arbeit sehr: „Viele Vorschlä- stellt dabei zwar besondere Anforderungen an die Sängerinnen und Sänger, gibt ihnen aber
ge sind echt klasse. Ich probiere das
auch eine gewisse Freiheit, wie Friesehr gerne aus.“ Und Javier Bernardo,
derike Hansmeier sagt: „Für mich ist
Tenor im Opernchor des Oldenburgi„Meine Damen,
die Arbeit mit ‚Yvonne‘ eine Chance,
schen Staatstheaters und als Yvonnes
mal wieder Detailarbeit zu machen,
da müssen Sie
zweite Tante besetzt, ergänzt: „Ich
ohne sich dabei im Kleinsten zu verliespüre, dass wir in der Gruppe einen
soubrettiger
ren oder gar zu verzetteln und ohne den
besseren Klang haben, weil wir uns
Druck von: ‚Wir wissen aus der Tradiextrem konzentrieren und sehr wach
klingen!“
tion, wie etwas zu klingen hat, und das
sein müssen.“ – Der Weg zu diesem
müssen wir gefälligst herstellen.‘“
schönen gemeinsamen Klang ist nicht
einfach. Viele Einzelteile müssen zu einem komplexen
Ganzen zusammenwachsen, was mitunter durchaus auch Bisweilen erfordert dies auch, eine tradierte Klangästhetik
einmal zu musikalischen Kollisionen führen kann, wie über Bord zu werfen, was mitunter zu witzigen Situationen
Javier Bernardo lachend erklärt. „ Aber dann denkt man: führt, etwa wenn Chordirektor Bönisch den FrauenstimOk, ok, wir schaffen das! Und mit der Zeit merkt man, wie men ermutigend zuruft: „Meine Damen, da müssen Sie
soubrettiger klingen!“, oder die Herren zu mehr Vibrato
schön das Ganze ist.“
auffordert, weil man natürlich die Nervosität der Höflinge
Thomas Bönisch beschreibt, wie viel Detailarbeit notwen- beim Auftreten Yvonnes spüren muss. Thomas Bönisch
dig ist, bis es zu diesem Eindruck kommt: „Es ist alles ziem- lacht: „Sonst hören sie von mir immer: ‚Zu viel Vibrato!‘“
lich kompliziert notiert. Und wenn man nur ein bisschen Hier steht die Stimme also voll und ganz im Dienst der Szedanebenliegt, klingt es scheußlich. Man muss alles ganz ge- ne und geht eine wahre Symbiose mit ihr ein. Die Sängerinnau befolgen, wie ein Konzertchor. Dann ist das ganz klas- nen und Sänger des Opernchores sind nicht nur agierende
se Musik.“ – Diese Genauigkeit dann auch im szenischen Figuren der Handlung, sondern gleichzeitig auch Schöpfer
Spiel auf der Bühne zu bewahren, ist eine weitere Heraus- der Atmosphäre, die alles umgibt. Eine spannende Aufforderung, wie er betont. Überhaupt ist der Schritt auf die gabe und eine wunderbare Musik … modern, und doch
Bühne ein überaus spannender Moment für die Mitglieder in keiner Weise verstörend … „Herzmusik“, wie Thomas
des Opernchores. Friederike Hansmeier kennt Regisseurin Bönisch sagt, eine Musik, die sich stets im tonalen Raum
Andrea Schwalbach schon aus früheren Produktionen: „Sie bewegt, die große Bögen und Entwicklungen zeigt und die
ist immer sehr, sehr gut vorbereitet, hat klare Bilder, lässt Ausführende wie Hörer gleichermaßen in ihren Bann zu
aber auch immer ganz viel Raum für das, was wir noch im ziehen weiß.
Zusammenspiel anbieten. Darauf freue ich mich.“
Annabelle Köhler
Mitglied des Opernchores zu sein, heißt nicht nur, die unterschiedlichsten Hürden innerhalb einer Produktion zu
nehmen, sondern auch, virtuos zwischen den Stilen der
YVONNE,
unterschiedlichen Produktionen von Barock bis ModerPRINCESSE DE BOURGOGNE (DE)
von Philippe Boesmans
ne zu springen. „Für mich ist es eigentlich keine Herausforderung, sondern vielmehr ein Geschenk. Wenn man
Tragikomödie in vier Akten
von Luc Bondy und Marie-Louise Bischofberger
nur einen Stil bedienen würde, hätte man irgendwann das
nach dem gleichnamigen Stück von Witold Gombrowicz
Gefühl, man kann das jetzt, und sobald man das denkt, ist
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
die Sackgasse vorprogrammiert“, erklärt Thomas Bönisch.
Musikalische Leitung — Vito Cristofaro
Auch Friederike Hansmeier sieht die Vielfalt des SpielRegie — Andrea Schwalbach
plans als Bereicherung: „Immer wieder haben wir es dabei
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HINTERBühne
HINTERBühne
Theatergeheimnis
Die Restkarten – ein Mysterium klärt sich auf
(Linie 307 nach Drielake)
Er: Na?
Sie: Joo … (Pause)
Er: Und sonst so?
Sie: Ja, naja … (Pause) Wir warn ja mit der Uschi und dem Klaus letzten Sonntag in der
,Lustigen Witwe’. Ganz schön, nech.
Er: Ach sach? Ihr mit der Uschi und dem Klaus?
Sie: Jo, nech.
Er: Toll. (Pause) Da wollten die Inge und ich
auch mal hin.
Sie: Jo.
Er: Ist aber immer ausverkauft.
Sie: Jo, nech, blöd. (Pause) Aber der Klaus
hat da wohl noch Restkarten bekommen.
Er: Restkarten?
Sie: Jo, nech.
Er: An der Abendkasse?
Sie: Nee, wohl online.
Er: Obwohl da immer alles ausverkauft is?
Sie: Jo, da kennt der Klaus sich wohl aus mit. Der sagt, da gäb’s nen Trick.
Er: Nen Trick?
Sie: Jo, nech. Schön.
Oldenburg ist eine Theaterstadt. Das weiß man hier und
auch anderenorts. Und der beste Beweis für diese These
sind die vielen übervollen Säle in den verschiedenen Häusern der Stadt. Auch am Staatstheater heißt es bei zahlreichen Vorstellungen schon häufig lange im Vorfeld „derzeit
ausverkauft“. Und dennoch bleibt es ein ewiges Geheimnis,
warum man dann genau in diesen Vorstellungen doch immer wieder einzelne oder sogar eine ganze Zahl von Plätzen leer vorfindet, obwohl die Karten doch monatelang als
„nicht mehr zu haben“ galten. Einen Teil der Antwort kann
man sich ohne große Überlegung sicher selbst beantworten:
Natürlich ist ein Theaterabend wie alle anderen alltäglichen
Geschehnisse gewissen Planungsunsicherheiten ausgesetzt.
Menschen werden krank, Züge verspäten sich, Termine
werden verschusselt und ein oder zwei Plätze im Parkett
bleiben dann eben leer.
Aber gelegentlich hört man auch von Glückspilzen, die kurz
vor der vermeintlich restlos ausverkauften Vorstellung noch
ein paar gute Karten für sich und ihre Familie ergattern konn40
ten. Was ist der Grund hierfür? Ein Fehler im Buchungssystem? Grippewelle? Todesfall im Bowlingteam? Mitnichten!
Die wenig aussagekräftige Antwort auf dieses wenig gehütete Geheimnis lautet „Hauskarten“. Dabei handelt es sich um
eine geringe Menge an Karten in jeder Vorstellung, die bis zu
einem Stichtag zurückgehalten werden müssen und damit
nicht in den Verkauf gehen können. Gründe für dieses Vorgehen gibt es zahlreiche. Beispielsweise braucht man immer
wieder freie Plätze für den Fall, dass ein Schauspieler oder
eine Sängerin ein Stück genauestens studieren muss, weil
in Kürze eine Übernahme des Parts oder der Rolle ansteht.
Oder aber eine zukünftige Gastregisseurin ist angereist und
möchte sich am lebenden Objekt ein Bild des fantastischen
Ensembles machen. Ebenso haben die Verlage des gespielten
Stückes das Recht, kurzfristig Vertretungen in die Vorstellungen zu entsenden. Darüber hinaus ist das Zurückhalten
weniger Karten jedoch auch der Position eines öffentlichen
Theaters im Gefüge demokratischer Institutionen geschuldet. Wie Gerichte, Schulen, Parlamente und Rathäuser gehört auch diese Einrichtung der Allgemeinheit und wird
daher von öffentlichen Trägern wie Stadt oder Land alimentiert. Das heißt, sie wird aus Steuergeldern finanziert. Damit
es allerdings stets überprüfbar bleibt, was mit diesen Zuwendungen der öffentlichen Hand passiert, haben Aufsichtsratmitglieder und Rechtsträgervertreter die Möglichkeit, nicht
nur Buchprüfungen zu machen, sondern auch bei Vorstellungen im Theater anwesend zu sein. Hier können sie sich
direkt durch das Endprodukt überzeugen, wie erfolgreich
der öffentliche Kulturauftrag in die Praxis umgesetzt wird.
Bühne frei für das
Sicher ist das in den meisten Fällen der angenehmere Teil
eines Jobs in der Kulturpolitik, für den deren Vertreter und
Vertreterinnen verständlicherweise nicht immer genug Zeit
finden. Somit werden die meisten dieser Hauskarten gar
nicht erst angefordert – und genau an diesem Punkt schlägt
die Stunde der Kurzentschlossenen! Zu einem bestimmten
Zeitpunkt – meist zwei oder drei Tage vor der jeweiligen
Vorstellung – werden die zurückgehaltenen Karten dann
doch noch in den Verkauf gegeben und liegen schlussendlich für alle Interessierten als Restkarten an der Kasse bereit,
einen erbaulichen und anregenden Abend zu gestalten. Eine
Garantie gibt es hierfür selbstverständlich nicht, aber einen
Versuch ist es in jedem Fall wert.
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Eine theatralische Kolumne von … Wigald Boning
Mit atavistischem Mundgeheul
O
b ich eine Gastkolumne schreiben möchte? Und ob!
Dem Oldenburgischen Staatstheater fühle ich mich
lebenslang verbunden. Hier hatte ich meine ersten Erlebnisse als Zuschauer; ich war noch Grundschüler, als ich
Monteverdis ‚Krönung der Poppea‘ „sah“. Ich schreibe
„sah“ in Anführungsstrichen, denn meine erste Oper war
gleichzeitig die letzte, der ich trotz meiner bereits stark
ausgeprägten Kurzsichtigkeit ohne Brille beiwohnte. Dies
hatte zur Folge, dass ich die Inszenierung als ein betont unscharfes Arrangement diffuser Farbflächen in Erinnerung
habe – den Himmeln der Aquarelle Emil Noldes ähnelnd.
Und die Musik war ebenfalls himmlisch.
1984, ich war 17 Jahre alt, belegte ich gemeinsam mit
dem Musiker und Schauspieler Lars Rudolph beim Kompositionswettbewerb des Oldenburgischen Staatstheaters den zweiten Platz. Unser Beitrag, die „Glücklichen
De-Kadenzen“ sah vor, dass auf der Bühne per Glücksrad
Ausschnitte aus dem klassischen Repertoire festgelegt und
anschließend vom Orchester für eine Minute angestimmt
werden sollten. Dies hatte laut Partitur unter erschwerten
Bedingungen zu geschehen: Die Geigensaiten sollten mit
Paketklebeband ihrer Schwingfähigkeit beraubt und die
Schalltrichter der Trompeten während des Spiels in Wasser eingetaucht werden. Die Mitglieder des Orchesters weigerten sich, unser Werk bei der Preisverleihung zum Besten
zu geben, da es „Elemente des darstellenden Spiels“ beinhalte. Ersatzweise konzertierte meine Punkjazzband KIXX
und die Partitur segelte in hundertfacher Miniaturausgabe,
gleichsam als buchstäblicher Flyer, von der Decke des Großen Hauses auf das Publikum herab. Der Kritiker der NWZ
beschrieb den entstehenden Tumult mit der nachgerade
klassischen Formulierung: „Das Publikum reagierte mit
atavistischem Mundgeheul“.
Seither hatte ich leider kaum noch Gelegenheit, in meinem
Lieblingstheater aufzutreten, dafür habe ich es unzählige Male als Zuschauer beehrt, bestens bebrillt, und wenn
atavistisch mundheulend, dann ausschließlich vor Begeisterung. Ich kann mich für alle Sparten begeistern, von der
plattdeutschen Komödie (in der eines Tages aufzutreten,
zu meinen heimlich beruflichen Lebensträumen gehört)
bis zur Oper, und besonders emsig und gerne denke ich
42
Wigald Boning
über die Frage nach, wie Stücke aus vergangenen Epochen
zu behandeln sind, um ihre Kraft in unserer Zeit wirken zu
lassen. Aus aktuellem Anlass möchte ich als Beispiel auf
Bizets ‚Carmen‘ hinweisen, diese verruchte Personifizierung unbändigen Freiheitsdranges. Bekanntlich ist Carmen
nicht nur verrucht, sondern auch verraucht, arbeitet sie
doch in einer Zigarettenfabrik. Nun befinden wir uns am
Ende der Epoche des Nikotingenusses und es ist fraglich, ob
zukünftige Opernfreunde mit der Welt des Glimmstängels
irgendetwas anzufangen wissen. Für jene Übergangsphase,
in der wir uns befinden, rege ich an, dass die glutäugige (!)
Carmen als Zeitarbeiterin in einer E-Zigarettenfabrik jobbt.
Ich bin gespannt, ob die Oldenburger Inszenierung meine
Anregung aufnimmt oder sich einen blauen Dunst dafür
interessiert, und werde mich beizeiten persönlich als Zuschauer informieren. Ich freue mich drauf,
Ihr Wigald Boning
Der gebürtige Wildeshausener ist ein wahres Multitalent und
gehört seit der Comedy-Sendung „RTL Samstag Nacht“ zu
den bekanntesten deutschen Komikern und Moderatoren. Als
Komponist und Musiker hat er mit seinem Album ,Lieder, die
die Welt nicht braucht‘ die Charts gestürmt und alle wichtigen
deutschen Musik- und Medienpreise abgeräumt. Dass er auch
ein hervorragender Autor ist, kann man unter anderem hier lesen.
Leder Holert_14-02-2017.indd 3
Impressum
Spielzeit 16/17
Herausgeber: Oldenburgisches Staatstheater
Generalintendant: Christian Firmbach
Redaktion: Dramaturgie und Öffentlichkeitsarbeit
Chefredaktion: Caroline Schramm, Valeska Stern
Bildnachweis: Cover und Fotografie (sofern nicht anders angegeben): Stephan Walzl,
S. 6 Ryan McKinny: Simon Pauly, S. 7 Rebekka Kricheldorf: Karoline Bofinger, S. 8: DanAucante,
S. 9 links: Didier Philispart, S. 9 rechts: Jesús Robisco, S. 12: Martina Pipprich, S. 15: NWZ vom 17.09.1977,
S. 16/17: Dreamstime, S. 19: Réne Limbecker, S. 20: Die Musik in Geschichte und Gegenwart/Bärenreiter 1999,
S. 21: Gesine Geppert, S. 28 Nicol Omezzolli: Martina Pipprich, S. 35: Karen Simon, S. 42: Stefan Menne
Layout und Satz: Gerlinde Domininghaus
Druck: Prull-Druck GmbH & Co. KG, Oldenburg
Stand der Drucklegung: 13.03.2017, Änderungen vorbehalten.
www.staatstheater.de
Theaterkasse 0441. 2225-111
14.02.2017 13:18:07
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Anmeldung: Christiane Hackenberg | Tel 0441.‡2225-141
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