MACBETH Melodramma in vier Akten von Giuseppe Verdi Libretto vom Komponisten nach William Shakespeare Unter Mitarbeit von Francesco Maria Piave und Andrea Maffei Pariser Fassung 1865 In italienischer Sprache mit deutschen & englischen Übertiteln Macbeth Lady Macbeth Banco Macduff Malcolm Kammerfrau der Lady Arzt Diener Mörder Herold Erscheinungen Macbeths Traum Pas de deux Gruppe Kinder SEUNG-GI JUNG / JACO VENTER Ks. BARBARA DOBRZANSKA / RACHEL NICHOLLS a. G. Ks. KONSTANTIN GORNY / AVTANDIL KASPELI / RENATUS MESZAR JESUS GARCIA / JAMES EDGAR KNIGHT CAMERON BECKER / Ks. KLAUS SCHNEIDER CONSTANZE KIRSCH* / AGNIESZKA TOMASZEWSKA MEHMET ALTIPARMAK* / LUIZ MOLZ MARCELO ANGULO / ALEXANDER HUCK MEHMET ALTIPARMAK* / LUKASZ ZIOLKIEWICZ ANDREY NETZNER / DMITRIJUS POLESCIUKAS GABRIEL MENDE** / MORITZ WARNECKE** WOLFRAM KROHN / THOMAS REBILAS LYDIA GEHRLEIN / THERESA NIEDERSTRASSER ALESSANDRO GOCHT / WITALIJ KÜHNE SIMONA HABICH, ALEXANDRA LITZOWSKY, TATJANA MASCHNIKOWA, CHRISTINA MOHARI, SAMIRA NIEDERSTRASSER, ANGELA VERGARA, JINGWEI ZHAO / DAIANE RIBEIRO, ANA GOTH DAVID SPOGIS / MATTIS VAN RENSEN DAVID BAUMGARTEN / PHILIPP REMY NILS CORDES / FELIX SPOGIS LARS CORDES, ROMAN KLENIN, BRANDON KRAUSS, GABRIEL MENDE** *Opernstudio ** Cantus Juvenum Karlsruhe e. V. Musikalische Leitung Nachdirigat Regie Ausstattung Chor Choreografie Video Licht Dramaturgie JOHANNES WILLIG DANIELE SQUEO HOLGER MÜLLER-BRANDES PHILIPP FÜRHOFER ULRICH WAGNER HÉLÈNE VERRY ACHIM GOEBEL RICO GERSTNER BORIS KEHRMANN BADISCHE STAATSKAPELLE BADISCHER STAATSOPERNCHOR & EXTRACHOR STATISTERIE DES STAATSTHEATERS KARLSRUHE PREMIERE 23.1.16 GROSSES HAUS Aufführungsdauer ca. 3 Stunden, eine Pause Aufführungsrechte Casa Ricordi Editore, Milano 1 Regieassistenz & Abendspielleitung ANJA KÜHNHOLD Musikalische Assistenz & Einstudierung ALISON LUZ, JULIA SIMONYAN, MIHO UCHIDA Studienleitung STEVEN MOORE Mitarbeit Choreinstudierung MARIUS ZACHMANN Bühnenbildassistenz FLORIAN SCHNEIDER Kostümmitarbeit HANNAH BARBARA BACHMANN Kostümassistenz THERESA HELLBRUEGGE, CAROLINE PACKENIUS Übertitel ACHIM SIEBEN Soufflage ANGELIKA PFAU Inspizienz GABRIELLA MURARO Leitung der Statisterie OLIVER REICHENBACHER Technische Direktion HARALD FASSLRINNER, RALF HASLINGER Bühneninspektor RUDOLF BILFINGER Bühne RUDOLF BILFINGER, EKHARD SCHEU Leiter der Beleuchtungsabteilung STEFAN WOINKE Leiter der Tonabteilung STEFAN RAEBEL Ton / Video HUBERT BUBSER, GUNTER ESSIG, JAN PALLMER Leiter der Requisite WOLFGANG FEGER Werkstättenleiter GUIDO SCHNEITZ Malsaalvorstand GIUSEPPE VIVA Leiter der Theaterplastiker LADISLAUS ZABAN Schreinerei ROUVEN BITSCH Schlosserei MARIO WEIMAR Polsterund Dekoabteilung UTE WIENBERG Kostümdirektorin CHRISTINE HALLER Gewandmeister/-in Herren PETRA ANNETTE SCHREIBER, ROBERT HARTER Gewandmeisterinnen Damen TATJANA GRAF, KARIN WÖRNER, ANNETTE GROPP Waffenmeister MICHAEL PAOLONE, HARALD HEUSINGER Schuhmacherei NICOLE EYSSELE, THOMAS MAHLER, VALENTIN KAUFMANN Modisterei DIANA FERRARA, JEANETTE HARDY Kostümbearbeitung ANDREA MEINKÖHN Chefmaskenbildner RAIMUND OSTERTAG Maske SABINE BOTT, MELISSA DÖBERL, LAURA FELDMANN, FREIA KAUFMANN, NIKLAS KLEIBER, MARION KLEINBUB, JUTTA KRANTZ, MELANIE LANGENSTEIN, CAROLIN MASKE, JESSICA MOLNAR, INKEN NAGEL, SOTIRIOS NOUTSOS, SANDRA OESTERLE, KERSTIN WIESELER WIR DANKEN der Privatbrauerei Hoepfner GmbH für die Unterstützung der Premierenfeier. Wir machen darauf aufmerksam, dass Ton- und/oder Bildaufnahmen unserer Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind. OH, MEINE FRAU! 2 Ks. Barbara Dobrzanska 3 SZENEN EINER LIEBE ZUM INHALT Vorspiel Macbeth und die Lady begegnen sich. Liebe auf den ersten Blick. 1. Akt Macbeth wird von Ängsten geplagt. Er sieht das Kind, das er nicht haben wird. Die Lady versucht, den Geliebten zu beruhigen. Sie wollen die konventionellen Männerund Frauenbilder überwinden und eine Beziehung auf Augenhöhe führen. Männer und Frauen treffen aufeinander. Banco spielt den Macho. „Ich würde euch Frauen nennen, aber das verbietet mir euer dreckiger Bart.“ Die Frauen rächen sich. Sie verheißen Macbeth Macht und Banco Kinder. Macbeth fragt sich, warum Banco potenter ist als er. Die Welt Duncans wird überwunden. Macduff und Banco spüren, dass sich etwas ändert. Macbeth und die Lady inszenieren sich als neues Traum- und Herrscherpaar. Eine neue Ära beginnt. Macbeth stellt die Lady ins Zentrum seiner Welt. Sie weiß, dass ihn die Ellenbogengesellschaft verunsichert und beschließt, ihm den Rücken zu stärken. Wiedersehen der Liebenden. Ein grotesker Marsch kündigt Duncan an. Der König bleibt unsichtbar. Er ist Symbol einer Epoche und ihrer Werte. Die Gespenster der alten gesellschaftlichen Codes kehren zurück. Ist ein Paar ein Paar, wenn es keine Kinder hat? Ihr Repräsentant Banco, Inbild potenter Männlichkeit, muss weg. Die Lady setzt ihre Leidenschaft und Erotik ein, den Geliebten zu beruhigen und zu stärken. 4 2. Akt Banco macht seinen Sohn zum „Mann“. Er wird beseitigt. Fleance flieht. Bancos Weltbild lebt in ihm fort. Auf einer Party feiert sich die scheinliberale Gesellschaft selbst. Erlaubt ist, was gefällt, solange man mit dem Strom schwimmt. Die Lady jongliert souverän mit den Spielregeln. Macbeth will nicht wie Banco werden. Er sieht sich von Mördern umgeben und beschließt, die Frauen, die ihm den Aufstieg voraussagten, ein zweites Mal aufzusuchen. Sie sollen ihre Prognose korrigieren. Er realisiert, dass er keine Kinder haben wird. Nach seinem Tod wird nichts von ihm bleiben. „Ach, dass du kein Leben hast“, sagt er zu den Kindererscheinungen. Die Lady versucht ihm zu helfen. Ihr Liebesduett mündet in einen verzweifelten Racheschrei. Die Kinder müssen weg. 4. Akt Das Volk konfrontiert Macbeth mit seinen Taten. Macduff betrauert den Tod seines Sohnes. 3. Akt Die Lady zieht das Fazit ihrer Beziehung. Die Frauen spiegeln den Männern in grotesker Überzeichnung, wie sie Frauen behandeln: Als Ware. Macbeth fragt sie, wie es weitergehen soll. Sie verweigern die Antwort und verweisen ihn auf sich selbst. Die Männer machen die Frauen zu Prinzessinnen. Aus emanzipierten Frauen werden Luxusbräute. Im grünen Licht wirken sie wie die Bäume im Wald von Birnam. Träumend rekapituliert er die Geschichte seiner Liebe. Im Spiegel sieht er, wer er ist. Macbeth und die Lady sind mit ihrem Versuch einer Geschlechterbeziehung auf Augenhöhe gescheitert. WERDEN ALSO SEINE SOHNE HERRSCHEN? 5 6 Ks. Barbara Dobrzanska, Seung-Gi Jung, Samira Niederstrasser, Angela Vergara 7 ABGRÜNDE DER SEELE ZUM STÜCK Mit seiner ersten Shakespeare-Oper wollte Verdi weg vom Belcanto. „Lassen sie uns etwas versuchen, das abseits des Gewohnten liegt“, feuerte er seinen Texter Francesco Maria Piave an. Und seinem Auftraggeber, dem Florentiner Intendanten Alessandro Lanari, versprach er eine „Arbeit von einiger Bedeutung“. Da war Verdi erst 33, verfügte aber schon über reiche Musiktheatererfahrung. Macbeth war seine 10. Oper. Seine dritte, Nabucco, hatte ihn mit 29 zum Superstar gemacht. Blockbuster wie Ernani und Die Lombarden hatten seinen Ruhm bestätigt. Bei seinen Premieren wurde er hysterisch gefeiert. Anschließend gaben ihm jubelnde Massen mit Fackeln das Geleit vom Theater zum Hotel. „Wenn irgendwo eine Verdi-Uraufführung ansteht“, schreibt Antonio Calvi in der Zeitung Il Ricoglitore, „wartet ganz Italien ungeduldig auf Nachricht, wie es gelaufen ist.“ Bei der Uraufführung des Macbeth am 14. März 1847, seiner ersten Oper für Florenz, wurde das Theater in der Via della Pergola vier Stunden vor Beginn geöffnet, um die Wartenden einzulassen. Schon nach dem 8 ersten Hexenchor wurde Verdi auf die Bühne gerufen. Nach dem zweiten erneut, nach dem Duett „Fatal mia donna, un mormore“ wieder und so weiter insgesamt 12 Mal. Alle diese Nummern und der Mörderchor wurden wiederholt. Beim Schlussapplaus musste Verdi 27 Mal vor den Vorhang treten. Die Uraufführung zog sich unter allen Ovationen und Wiederholungen sechs Stunden hin. Am Vorabend seiner Abreise, es war die dritte Vorstellung, drückte ihm die Sängerin der Lady nach dem zweiten Akt einen goldenen Lorbeerkranz auf das Haupt. Auf dessen Blättern waren die Titel seiner Opern eingraviert. Damit dankte ihm ein Kreis von Verehrern dafür, ihrer Vaterstadt eine seiner Opern geschenkt zu haben. Enthusiasten spannten ihm die Pferde aus und zogen seine Kutsche zum Hotel, wo er sich immer wieder auf dem Balkon zeigen musste. Auch in Mailand, Verdis nächster Station, finde Macbeth „enthusiastische Befürworter“, berichtete Verdis Eckermann Muzio einen Monat später: „Der Klavierauszug wird in allen Häusern gespielt und die Nummern stehen auf jedem Klavier.“ Man muss modern sein Obwohl noch relativ jung, konnte es sich der 33-Jährige also leisten, Tabus zu brechen. Er durfte Konventionen missachten, Publikum, Sängern, Musikern Dinge zumuten, die sie nicht gleich verstanden, ohne seine Karriere aufs Spiel zu setzen. Verdis Ansehen, Selbstsicherheit und Autorität waren so, dass man sich ihm in künstlerischen und finanziellen Fragen unterwarf und nicht umgekehrt. Dessen war er sich bewusst. Er duzte seinen Intendanten und schärfte ihm ein, alle seine Anweisungen strengstens zu befolgen, „dann wirst Du täglich 1000 Mal von mir gesegnet werden, und glaube mir, mein Segen ist fast soviel wert wie der des Papstes.“ Eine Übertreibung, sicher. Aber eine, die ein Gran Wahrheit enthielt. Verdi neigte nicht zu Witzen. So konnte er es im Sommer 1846 wagen, Shakespeares bis dahin nie in Italien gespielte Tragödie für sein nächstes Opernprojekt zu wählen. Er tat dies in der Absicht, die herrschende Ästhetik der Gesangsoper à la Bellini und Donizetti zu durchbrechen, die Kehlkopfvirtuosen in standardisierten Modulen – Arie, Duett, Scena, Concertato, Ensemble usw. – Gelegenheit zu bel canto, schönem Gesang gab. Verdis Adlatus Piave war sich sicher, Macbeth werde „unserer Musik eine neue Richtung weisen und den Komponisten der Gegenwart und Zukunft neue Wege ebenen.“ Der Komponist selbst schrieb seiner ersten Lady: „Ich glaube, ich sagte Ihnen bereits, dass dieses Schauspiel keinem anderen ähnlich ist und wir alles in unserer Macht Stehende tun müssen, um es so ursprünglich wie möglich auf die Bühne zu bringen. Außerdem glaube ich, es ist an der Zeit, die konventionellen Formeln und Methoden der Gesangskunst hinter uns zu lassen und ich glaube, dass man damit die größte Wirkung erzielt, besonders Sie, die Sie über so reiche Mittel verfügen.“ Immer wieder betonte der Komponist, dass es ihm in dieser Oper nicht um die Gesangslinie, sondern um Ausdruck ging. In Berichten von den Proben unter seiner Leitung und in Kritiken lesen wir, wie schwer es seinen Zeitgenossen fiel, seine ungewohnten Vorstellungen zu verstehen. Anhänger der alten Schule bezeichneten ihn als „Totengräber des italienischen Belcanto“ und „Stimmenvernichter“ und schrieben verdifreundlichen Rezensenten anonyme Droh- und Schmähbriefe. „Wenn Varese weiterhin Macbeth und ähnliche Rollen singt, wird er in zwei Jahren keine Stimme mehr haben“, prophezeite Alessandro Gagliardi in der Revue et Gazette Musicale. Der erste Interpret des Macbeth schwankte auf den Proben selbst zwischen Verzweiflung und Bewunderung. Alle Sänger stöhnten unter der Sturheit, mit der Verdi sie einzelne Phrasen und Szenen bis zur Erschöpfung wiederholen ließ. Er ließ erst locker, als sie in die Nähe dessen kamen, was ihm vorschwebte. Macbeth ist „ein wenig schwerer als meine anderen Opern“, räumte der Maestro ein. Sänger und Direktion ließen sich das nicht nur gefallen, weil man sein Genie spürte. Verdi war auch ein Wirtschaftsfaktor. Macbeth, bei weitem nicht seine erfolgreichste Oper, brachte es in zehn Jahren allein in Italien auf 100 Inszenierungen, international auf das Doppelte und machte den Komponisten so kühn, für die französischen Rechte das dreifache Honorar zu verlangen. Die Impresarii schnappten nach Luft und zahlten. Verdis wichtigstes Experiment Immer wieder betonte der Meister, er ziehe Macbeth allen seinen anderen Opern vor. Entsprechende Äußerungen finden 9 sich regelmäßig bis 1875, als er einen Schlussstrich unter sein Schaffen gezogen und dieses für beendet erklärt hatte. 1847 widmete er Macbeth seinem Mentor, dem er lebenslang dafür dankbar war, seine ersten musikalischen Schritte finanziert zu haben. In der Dedikation zitierte er ohne Beethovens Namen zu nennen dessen Widmung der Missa solemnis an seinen bedeutendsten Mäzen und signalisierte auf diese Weise diskret, in welcher Liga er Macbeth sah. Im Frühjahr 1875, also fast 30 Jahre später, wurde Verdi von der Wiener Neuen Freien Presse interviewt. Man kam auf Wagner zu sprechen. Verdi meinte, dieser habe dem Musiktheater unschätzbare Dienste geleistet, weil er den Mut besessen habe, „sich der traditionellen, barocken Formen zu entledigen“, womit Verdi die oben genannten Module der Belcanto-Oper meinte, die aus der Barockoper abgeleitet sind. „Auch ich habe die Verschmelzung von Musik und Drama versucht“, fährt Verdi fort, „und zwar in Macbeth, doch konnte ich mir die Textbücher nicht selber dichten, wie Wagner.“ Dies war sein letztes Wort zu Macbeth, bevor er 14 Jahre später sein Gelübde brechen und, ausgelöst durch die italienische Erstaufführung der Meistersinger von Nürnberg, die italienische Musik zu „retten“ und dem grassierenden „Wagnerismo“ einen Riegel vorzuschieben versuchte, indem er mit Falstaff ein Gegenmodell schuf. Abermals mit Hilfe Shakespeares. Libretto-Technik Dass Verdi im Zusammenhang mit Macbeth noch drei Jahrzehnte später auf die Textbuch-Frage zu sprechen kommt, ist bezeichnend. Gerade bei dieser Oper hatte er erstmals versucht, sich sein Libretto in engster, teilweise wörtlicher Anlehnung 10 an Shakespeare, selbst zu schreiben. Dramaturgischen Rat holte er sich bei seinem Freund Andrea Maffei, einem kultivierten, zweisprachig im Trentino aufgewachsenen Dichter, der vor allem deutsche und englische Literatur übersetzte und Verdi nicht nur Schiller und Grillparzer, sondern auch das Shakespeare-Bild August Wilhelm Schlegels vermittelte. Auch der ShakespeareÜbersetzer Giulio Carcano steuerte seine Expertise bei. Da Verdi es sich aber nicht zutraute, selbst Verse zu schreiben, zog er dafür einen Theaterroutinier heran. Eigener Aussage zufolge schickte er Francesco Maria Piave, Hauslibrettist und Regisseur am Teatro La Fenice in Venedig, ein bis in die Dialoge ausgearbeitetes Textbuch in Prosa zu, das dieser nach seinen Anweisungen in Verse bringen sollte. Prosa singen zu lassen, wie es später Puccini und die Veristen taten, widersprach Verdis ästhetischem Empfinden. Er verlangte von der Oper Wirklichkeitsnähe, aber nicht Wirklichkeit und fand es beispielsweise degoutant, wenn seine Violettas im Sterbeakt der Traviata schwindsüchtig hüstelten. Das „gesungene Drama“ sollte auch in der gebundenen Verssprache etwas haben, das es über die Wirklichkeit ins Reich der Fantasie zur Kunst erhob. Wie ging Verdi vor, als er seinen Prosa-Entwurf zum Macbeth-Libretto schrieb? Verdi konnte kein Englisch. Er las Shakespeare in der ersten italienischen Gesamtausgabe, die Carlo Rusconi 1838 in Padua veröffentlichte. Damals war der Komponist 25 Jahre alt. Er muss sie sich sofort gekauft haben, denn später behauptete er, Shakespeare sei „seit meiner Jugend mein Lieblingsautor“ gewesen. Die zweibändige Ausgabe steht noch heute zerlesen dort, wo sie immer stand: Auf Verdis Nachttisch. Notizen und Anstreichungen zeigen, dass er auf dieser Grundlage alle seine Shakespeare-Opern schrieb. Das Jesus Garcia 11 sind neben den vollendeten Macbeth (1847), Otello (1887) und Falstaff (1893) die vier unvollendeten König Lear, Der Sturm, Cymbeline und Hamlet. Von ersteren beiden liegen die Libretti kompositionsfertig vor, vom Cymbeline das Szenarium. Hamlet wurde rasch verworfen, da sein Wesentliches nicht in Geistererscheinungen oder Liebeshandlungen besteht, sondern in philosophischen Reflexionen. Und Philosophie kann man nicht singen. Außer bei Wagner, dessen Monologe darum auch berüchtigt sind. Gesamtkunstwerk aus einem Guss schaffen wollte. Die Einzelkünste sollten nicht nebeneinander herlaufen, sondern zur Einheit verschmelzen. Das Ideal des Dichterkomponisten stand seit der romantischen Idee des Universalkünstlers im Raum, auch wenn sie mit Persönlichkeiten wie E.T.A. Hoffmann, Berlioz, Schumann, Wagner, Peter Cornelius, Boito, Pfitzner und Schönberg nur ausnahmsweise realisiert wurde. Für Verdi und das konservative Italien war sie Ausdruck von Modernität. Verdis Prosa-Libretto des Macbeth ist nicht erhalten. Der Vergleich der Bruchstücke aus seiner Korrespondenz und der Fassungen Piaves mit Rusconis Übersetzung offenbart aber, dass er sich eng an Rusconi hielt. Das belegen viele wörtliche oder sinngemäße Entlehnungen. Gerade die berühmtesten Nummern basieren auf Rusconis Wortprägungen, „La luce langue“ etwa oder „Ora di morte“. Ungewöhnliche Formulierungen sind direkt von ihm übernommen, Übersetzungsfehler, eigenwillige Deutungen und dramatische Details, die bei Shakespeare nicht vorkommen, wie Macbeths Ohnmacht im 3. Akt. Die Hexen erzählen den grausamen Schabernack, den sie mit der Frau des Kapitäns treiben, im Singular, „ich“, obwohl das bei Verdi im Gegensatz zu Shakespeare die ganze Soprangruppe im Plural tut. Dass Verdi sich so eng wie möglich an Shakespeare halten wollte, deutet er im Briefwechsel mit seinem Mitarbeiter Piave mehrfach an. „Meines Erachtens käme das klarer zum Ausdruck, wenn wir Shakespeares Gedanken und seine eigenen Worte verwenden“, heißt es dort einmal. Der bisher nicht genügend gewürdigte Umstand, dass er sich bei Macbeth sein Libretto zumindest im Prosaentwurf erstmals selbst schrieb, zeigt, dass er mit dieser Oper ein sprachlich-musikalisch-dramatisches Moderne Missverständnisse 12 Warum lohnt es sich, an Verdis Pochen auf die Unkonventionalität seines Macbeth zu erinnern? Weil uns dieses Werk mit der schönen Tenor- und Bassarie, mit dem Trinklied und der Bankettszene, mit den Balletten und patriotischen Chören, ja selbst mit der Arie der Lady „La luce langue“ wie typischer Verdi vorkommt und dementsprechend kulinarisch genossen wird. Dabei schärfte der Komponist etwa seiner ersten Lady ein, es ginge ihm nicht um Unterhaltung, sondern darum, dass das Publikum von Furcht und Mitleid ergriffen würde. Diese Formulierung deutet an, dass ihm etwas wie eine antike Tragödie vorschwebte. Furcht und Mitleid sind die Zentralbegriffe der aristotelischen Tragödientheorie. Wie passen aber die fidelen Hexen- und Mörderchöre, die ulkigen Botenmusiken, die vom Anfang bis zum Ende der Oper immer zwischen Cavatine und Cabaletta stehen, der benommen taumelnde Walzer im 1. Finale, mit dem das versammelte Ensemble auf Duncans Tod reagiert, zur „antiken Tragödie“? Alles Dinge, die uns wie „typisch Oper“ vorkommen! Verdi scheint das anders gehört zu haben. Wir können Macbeth heute nicht mehr mit den Ohren von 1847 wahrnehmen. Unsere Ohren sind den späten Verdi, Wagner, Puccini und die Musik des 20. Jahrhunderts gewohnt. Wir können aber versuchen, seinen Absichten nachzuspüren. Shakespeare in Italien Ein Indiz ist die Wahl der Vorlage. Wenn Verdi an Piave schreibt, „Diese Tragödie ist eine der größten Schöpfungen der Menschheit“, dann scheint der Begriff Tragödie wie auch der oben zitierte Verweis auf die aristotelischen Kategorien Furcht und Mitleid darauf hinzudeuten, dass es ihm mit diesem Experiment um einen neuen Ernst auf der Opernbühne ging. Oper sollte existenziell erschüttern, statt mit bel canto unterhalten. Dass Verdi mit dieser Neujustierung der Oper auf Shakespeare zurückgriff, war symptomatisch. Der Elisabethaner war damals auf dem italienischen Theater so gut wie inexistent. Mit Othello hatte man aus Lokalpatriotismus – er spielt bekanntlich in Venedig – 1841 und 1842 in Neapel und Mailand zwei Versuche gemacht, die im Gelächter und Gejohle eines Publikums untergingen, das das Theater zur Entspannung nutzte wie wir heute Sitcoms im Fernsehen und sich einen Farbigen auf der Bühne nur als schwarz bemalte Witzfigur vorstellen konnte. Daneben hat die italienische Theatergeschichte nur zwei halb private Teilaufführungen des Hamlet 1791 und 1795 in gelehrten Liebhaberkreisen aufspüren können. Das sind alle Shakespeare-Inszenierungen, die sich vor Verdis Macbeth in Italien nachweisen lassen. Rossinis Otello (1816), Vaccais Giulietta e Romeo (1825) und Bellinis I Capuletti e i Montecchi (1830) kommen uns des Titels wegen wie Shakespeare-Opern vor, sind aber keine. Sie gehen auf Schauspiele zurück, die entweder auf denselben Quellen basieren wie Shakespeare (Vaccai, Bellini) oder auf Schauspielen, die Bearbeitungen von Bearbeitungen von Bearbeitungen Shakespeares sind (Rossini). Die erste italienische Shakespeare-Gesamtausgabe erschien, wie erwähnt, erst 1838. Wer ihn vorher lesen wollte, tat das auf Französisch. Auch Verdi musste für das Macbeth-Libretto hämische Kritik einstecken, bezeichnenderweise für jene Stellen, die mehr oder weniger wörtlich aus Shakespeare übernommen waren. Der Erfolg seiner Oper trug dann aber mit dazu bei, das bürgerliche italienische Publikum an Shakespeare zu gewöhnen, sodass ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts langsam ernst zu nehmende Shakespeare-Aufführungen in Italien möglich wurden. Verdis Griff zum „originalen“ Shakespeare hatte auch einen selbsterzieherischen Aspekt. Er verbaute sich dadurch jeden Rückfall in die Opernschablone und zwang sich, neue Wege zu suchen. Diese Erkundung inhaltlich-dramatischen Neulandes verstand er als Experiment. „Je mehr man über Macbeth nachdenkt“, schrieb er Piave, „desto mehr Wege findet man, wie man es besser machen kann.“ Was war es, was er inhaltlich in Shakespeare sah? Das „genere fantastico“ Am 17. Mai 1846 bestätigte Verdi dem Intendanten Alessandro Lanari, einem Freund seiner Lebensgefährtin, dass er seinen Kompositionsauftrag annähme und hielt schriftlich fest, sie hätten sich auf eine Oper im „genere fantastico“ geeinigt. Was war damit gemeint? Der Begriff „fantastico – fantastisch“ leitet sich vom altgriechischen „phantasma“ = Erscheinung, Bild, Vorstellung, Vision, Gespenst her. Beide Begriffe werden im Stück 13 zitiert. Zu Beginn spricht Macbeth die Hexen als „creature fantastiche“ an. Die Worte „fantasma“ oder „fantasima“ für Einbildung, Vision kommen immer wieder an zentralen Stellen des Librettos vor. Sie bezeichnen die Erscheinung des Dolches im 1. Akt, des toten Banco im 2., der künftigen Könige im 3. Damit signalisiert der Text selbst den Zuschauern, welchem Genre er angehört. Der Kult des Fantastischen zwischen 1750 und 1850 hat eine verschlungene Geschichte. Sie verlief in den romanischen Ländern anders als in den germanischen, in der Hochkultur anders als in der Populärkultur, in den einzelnen Nationen wieder unterschiedlich und war über viele Umwege vermittelt, voller Missverständnisse und Ungleichzeitigkeiten. Von Italien aus gesehen waren alle nordischen Länder, dort wo es kalt und neblig war, die Heimat der Hexen und des Fantastischen. Der Sinn des Fantastischen war es, den klassizistischen Regelzwang, der in den romanischen Ländern stark war, aufzubrechen und die Fantasie zu entfesseln. Darum ging es Verdi auf der formalen Ebene, als er sich für Stücke wie Macbeth, König Lear, Der Sturm und Cymbeline mit ihren fantastischen und märchenhaften Elementen interessierte. Im Macbeth aber lösen die Hexen einen innerpsychischen Prozess von tragischer Unausweichlichkeit aus, während die anderen Stücke ihre Heldinnen und Helden eher durch Märchensituationen schicken. Der innerpsychische Aspekt des „Fantastischen“ sollte die Rechtfertigung dafür sein, dass Verdi die Regeln der Gesangs-Oper mit ihren stereotypen Stoffen, Konflikten und Emotionen aufbrach. Und der Geisterapparat, das Schauvergnügen der gerade wieder in Mode kommenden, romantisch erneuerten Feerien und Zauberopern, sollten dem Publikum die möglicherweise bittere Pille 14 des versalzenen bel canto versüßen. Hexen und Mörder: Das Groteske Betrachtet man den Begriff des „genere fantastico“ aus geistesgeschichtlicher Perspektive, so erhält man den Schlüssel zu den aus heutiger Sicht befremdlich fröhlich wirkenden Hexen- und Mörderchören. Einer der tonangebenden Vertreter der Romantik im romanischen Sprachraum war der junge Dichter Victor Hugo, der 1830 mit seinem Hernani eine berühmte Saalschlacht zwischen Traditionalisten der klassizistischen Schule und Neuerern in der Comédie Française auslöste. Bereits drei Jahre zuvor hatte er in einem viel gelesenen Essay, den er als Vorwort zu seiner Tragödie Cromwell publizierte, eine Theorie des modernen Dramas skizziert. Dort wird unter Berufung auf den in Frankreich noch immer nicht akzeptierten Shakespeare das Unregelmäßige, Hässliche und Groteske als Signum der Moderne bezeichnet. Der ebenmäßig-schöne klassizistische Idealismus, der an den Akademien gelehrt wurde, sei hingegen der Stil der Antike, also einer vergangenen Epoche, wenn nicht gar ihr epigonaler Abklatsch. Der moderne Mensch, argumentiert Hugo, habe kein ungebrochenes Weltbild mehr, sondern erlebe die Welt als verwirrend. Darum trete an die Stelle des harmonischschönen Menschen realistischerweise der „charakteristische“, schlimmstenfalls der groteske. Die Tragik des modernen Menschen und somit auch der modernen Tragödie bestehe in der erlittenen Diskrepanz zwischen dem Streben nach dem schönen Ideal und der hässlichen Wirklichkeit. Die Formen des Grotesken und Hässlichen sah Hugo in den Wasserspeiern der mittelalterlichen Kathedralen, bei Breughel oder Hieronymus Bosch verwirklicht. Die Tragik eines modernen Kunstwerkes könne vergrö- ßert werden, wenn die Fantasie die natürlichen Formen der Hässlichkeit fantastisch übersteigere. Auf diese Weise sind der Begriff des Grotesken und des Fantastischen bei Hugo verknüpft. Verdi war von Hugos Theorie angetan, zog in den Jahren vor und nach Macbeth mehrere seiner Dramen für Opernprojekte in die engere Wahl und vertonte schließlich zwei, den konventionelleren Ernani (1844) mit dem bewährten Liebesdreieck Bariton zwischen Sopran und Tenor sowie den unkonventionelleren Rigoletto (1851), in dem er eine böse und hässliche Figur im Sinne der Hugoschen Theorie der Fallhöhe zum Zentrum einer umso erschütternderen menschlichen Tragödie machte. Auch am Macbeth interessierte ihn das Leiden des Mörders, sodass es sicher kein Zufall ist, dass er beide Partien für denselben Sänger komponierte, obwohl er ihn wegen angeblicher vokaler Defizite zäh gegen Widerstand durchsetzen musste: Felice Varesi. Es sollte uns zu denken geben, dass die dritte Partie, die Verdi für Varesi schrieb, Vater Germont ist – auch ein humaner Mörder? Hugos Theorie des Grotesken hilft uns zu verstehen, warum Verdi für die Hexen und Berufskiller Musiken schreibt, die auf uns wie Parodien wirken. Das Wilde und Verzerrte der Hexenreigen ist das Irreguläre. Es spiegelt den Versuch, eine Musik zu finden, die klassizistischem Ebenmaß widerspricht und durch rhythmisch „falsche“ Akzente, dem „gesunden Menschenverstand“ widersprechende Harmonik und Melodik (DurTonarten für das Böse) und Übertreibungen à la Hieronymus Bosch auf hintergründige Weise grotesk wird. „Die Hexen dominieren das ganze Drama“, schreibt Verdi an seinen französischen Verleger: „Alles geht von ihnen aus. Sie sind lümmelhaft und redselig im Folgeseiten Seung-Gi Jung, Kinderstatisten ersten Akt, weise und prophetisch im dritten.“ Seinen Helfer Piave weist er an: „Die Sprache des Librettos muss gehoben sein außer in den Hexenchören, die trivial sein sollen, aber grotesk und originell.“ Auch für sie suchte Verdi die Hugo-typisch paradoxe Verbindung von Vulgariät und Weisheit. Da er sie in seiner Shakespeare-Übersetzung nicht fand, sollte Piave helfen: „Die Verse der Hexen müssen viel befremdlicher klingen. Ich kann dir auch nicht sagen, wie, aber so sind sie nicht schön. […] Du musst experimentieren und eine bizarre Poesie finden.“ Das Ergebnis blieb mehrdeutig. Die Hexenchöre gehörten zwar zu den Erfolgsnummern der Partitur, scheinen aber von der Masse mehr genossen als begriffen worden zu sein, während traditionelle Kritiker wie Alessandro Gagliardi wetterten, ihre „skandalöse“ Komik widerspräche der Tragik des Sujets. Gagliardi kämpfte als Klassizist gegen die Neuerer, die unter Hugos Fahnen das Groteske propagierten und „alles Erhabene ins Lächerliche ziehen“. Auch am Gassenhauer-Ton des Mörderchores, der ebenfalls überall, wo Macbeth gespielt wurde, wiederholt werden musste, kritisierten Gagliardi und seine Gesinnungsgenossen, er habe „nichts von dem Erschreckenden, was die Worte verlangen“, weil Verdi hier erneut der Hugoschen Theorie des Kontrasts folgt. Der Komponist weist Piave darauf hin, dass der Chor zwischen der Arie der Lady, die im erhabenen Stil zu versifizieren sei, und der Bankett-Szene stünde. Dadurch war klar, dass ein heiteres Zwischenspiel gebraucht wurde, um das Schicksal umso wuchtiger auf Banco niedergehen zu lassen. Zudem waren Mörder, wenn sie nicht wie Macbeth als Hauptpersonen, sondern als Handlanger auftreten, nach Hugo und wie in Shakespeares Königsdramen seelisch deformiert, 15 16 17 also groteske Figuren, während Mörder als Hauptpersonen wie Rigoletto oder Macbeth in die Kategorie „erhaben“ fielen. Die Theorie des Kontrasts ist auch auf der Mikroebene wirksam. Zwischen der Prophezeiung und dem Duettino Bancos und Macbeths in der ersten Szene gibt es einen kleinen Chor der Boten. Die beiden Feldherrn taumeln noch benommen von den unbegreiflichen Prognosen, die ihnen da gestellt wurden, von cis-Moll über g-Moll nach G-Dur. Da bricht der sonnige C-Dur-Marsch der sechs Boten pausbäckig mit seiner Botschaft „für Macbetto“ in die düstere Ratlosigkeit und erfüllt die zweite Weissagung. Der Einbruch ist eigentlich nichts anderes als eine etwas unpassend-heitere Kadenz, die zwei düstere Episoden voneinander trennt, um eine Kontrastfläche zu schaffen und den beiden Nummern zu größerer Wirkung zu verhelfen. Dasselbe wird sich im 4. Akt mit der Ankunft Malcoms im Stile der Gesslerschen Truppe aus Rossinis Wilhelm Tell-Ouvertüre wiederholen, der die beiden Teile der Arie Macduffs trennt. Realitätsverlust Schließlich hat der Begriff des Fantastischen eine psychologische Ebene. Das griechische Wort „phantasma“ bezeichnet auch die Einbildung. Macbeth hat ein Realitätsproblem. Im 1. Akt ist es der Dolch, den er klar vor Augen sieht, aber nicht greifen kann, im 2. Akt Bancos Geist, im 3. die Vision der künftigen Könige, im 4. der Wald von Birnam, der sich bewegt. Solche Momente halluzinatorischer Wahrnehmungsstörung auf der schwer fassbaren Grenze zwischen Wahn und Wirklichkeit faszinierte die Menschen des 19. Jahrhunderts. Man denke an die Irrenhausfantasien in den Nachtwachen des Bonaventura und Ingres‘, an Berlioz‘ 18 Symphonie fantastique und Courbets Fou de peur, an E.T.A. Hoffmanns und Dostojewskis Doppelgänger und die Mode des Sonnambulismo auf der Opernbühne. Nicht ohne Grund tat die klinische Psychologie zwischen Karl Philipp Moritz und Charcot damals ihre ersten Schritte. Wo die Fantasie aufgewertet wird, kann sie zur Bedrohung werden, wenn sie außer Kontrolle gerät. In den Erzählungen E.T.A. Hoffmanns und seiner Nachahmer war dies eines der Hauptthemen. Die Flucht in die Fantasie hatte oft reale gesellschaftliche Ursachen. Es war eine Flucht aus einer politisch bedrückenden und ökonomisch beängstigenden Gegenwart. Eine Liebestragödie Für einen Komponisten, der sich für die differenzierte Darstellung von Seelenvorgängen interessierte, war das ein weites Feld. Der Aspekt des unkontrollierbaren Wahns muss Verdi am „genere fantastico“ interessiert haben. Zwar gehörte die Wahnsinnsszene zur Standardausstattung der Belcanto-Oper. Mit Macbeth hatte er aber einen Stoff an der Hand, bei dem die Standardformen nicht mehr griffen. Hier ging es nicht um einen Wahnsinnigen, sondern um einen normalen Menschen, der unvermittelt von Schüben von Realitätsverlust heimgesucht wird. Zu derartigen Phänomenen verspürten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Intellektuelle eine mehr oder weniger starke Affinität. Sie erschienen auf unheimliche Weise relativ normal. Für dessen Erkundung musste Verdi neue musikalische Ausdrucksweisen finden. Das dürfte ihn angezogen haben. In traditionellen Lesarten des Macbeth werden jene berühmten Briefstellen zitiert, in denen Verdi und sein Assistent Muzio darauf bestanden, dass für Macbeth und die Lady keine „schönen“ Stimmen notwendig seien, sondern charaktervolle, solche die wirkungsvoll „deklamieren“, also sprechsingen konnten, ja sogar „hässlich“, „rau“, „hohl“, „tonlos“ seien. Es lohnt sich aber, sich bei diesen Zitaten den genauen Wortlaut und jeweiligen Kontext anzuschauen. Am 19. August 1846 hatte sich Verdi entschlossen, Macbeth zu komponieren. Bedingung war allerdings, dass sein Duzfreund Felice Varesi die Titelpartie sänge. Er akzeptierte keinen anderen Interpreten. Den Einwand seines Auftragsgebers, es gäbe doch viel bessere Sänger in Italien, nahm Verdi vorweg. Varesi sei der Einzige, der die Partie so singen könne, wie er sie sich vorstelle, und zwar aufgrund seiner Art zu singen („per il suo genere di Canto“), seiner Intelligenz, seiner Sensibilität, seiner kleinen Statur und hässlichen Erscheinung. Ein anderer, viel zitierter Brief bezieht sich auf die Inszenierung in Neapel, in der Eugenia Tadolini die Lady singen sollte. Verdi lehnte sie mit der Begründung ab, ihre Stimme und Erscheinung seien viel zu schön. „Die Tadolini hat eine wundervolle, klare, reine, kraftvolle Stimme und ich möchte für die Lady eine herbe, gequetschte, dumpfe Stimme haben.“ Der letzte Begriff, „cupa – dumpf, düster“ findet sich als Vortragsbezeichnung allenthalben in der Partitur. Gerade, weil er einen so ungewöhnlichen Deklamationsstil forderte, hatte sich Verdi Mühe gegeben, dies an allen Stellen, wo er ihn vorsah, in den Noten auch zu vermerken. „Achte genau auf Bezeichnungen, Akzente, pp.- und f-Vorschriften in der Partitur“, ermahnte er Varesi am 7. Januar 1847. „Du wirst alle Erläuterungen zum Vortrag in deiner Stimme verzeichnet finden.“ Äußerungen solcher Art ließen sich weiter zitieren und sind mittlerweile zum Klischee geworden, weil sie die Modernität Verdis unterstreichen. Dabei geriet etwas Anderes vollkommen in Vergessenheit: Wie oft Verdi und seine Zeitgenossen im Hinblick auf Macbeth von der Schönheit und Großartigkeit dieser Musik sprechen. Am 14. Dezember 1846 brachte sein Assistent Muzio das Particell (Gesangsstimme plus Basslinie) des 1. Aktes zum Kopisten und schwärmte: „Sie können sich die Originalität und Schönheit dieser Musik nicht vorstellen.“ Als Varesi die ersten beiden Akte bekam, bezeichnete er sie als Verdis „schönste und dramatischste“, seine „erhabenste Musik“. Verdi fand Piaves Hexenverse nicht „schön“ genug, zählte Macbeths Dolchmonolog, die Schlafwandelszene, ja das ganze Stück zu den „schönsten und poetischsten dramatischen Eingebungen“ und betonte immer wieder, seine Oper solle poetisch, „sublim“ sein, nicht „disgustoso – abstoßend“. Seiner ersten Lady schärfte er ein, ihre erste Arie „Che tardi“ sei „di genere grandioso e cantabile, ma d’un cantabile non sdolcinato – groß und kantabel, aber nicht klebrigsüß“. Die gleiche Anweisung erhielt gleich mehrfach sein erster Macbeth, dem er einschärfte, seine Sterbeszene männlich und von der zuckersüßen Manier Donizettis fernzuhalten. Aus Verlautbarungen wie diesen schmiedeten die selbsternannten Retter des Belcanto dann eine Verdi-Karikatur, die mit umgekehrten Vorzeichen heute immer noch zu wirken scheint: „Seine Züge sind stark entwickelt, verraten aber mehr Intellekt als Fantasie. Er ist hager, wortkarg, gelblich. Es ist nur zu offensichtlich, dass Begeisterung und Spontaneität nicht zu seinen hervorragenden Charakterzügen gehören. Seine traurige und grüblerische Art passt genau zu seiner zerquälten, getriebenen Musik. Er wirkt wie ein Bauer, der sich auf seinem un19 fruchtbaren Boden plagt und ständig Angst um seine Ernte hat.“ Nur verdeckt diese Karikatur eine wesentliche Seite Verdis. Als er 1864 für die Pariser Neufassung die „schreckliche“, weil konventionelle Cabaletta der Lady im 2. Akt ersetzte und einen neuen Text aus Shakespeares Monolog III, 2 – „La luce langue“ – destillierte, schärfte er Piave ein, er solle „il troppo di terribile – das Zuviel an Grauen“ entfernen und stattdessen die Freude der Lady betonen. „Però vorrei che restasse la parola volluttà – Darum will ich, dass das Wort Wollust [in der Endfassung des Textes] stehenbleibt“. Im 3. Akt fügte er nach Macbeths Zusammenbruch seine Begegnung mit der ihn suchenden Lady ein, die ihn „in seiner großen Seelennot ein wenig aufrichtet“. Verdi hatte seinen Shakespeare genauer gelesen als seine Interpreten. Einmal sensibilisiert, fällt nämlich auf, wie zärtlich Lord und Lady Macbeth in der Vorlage mit einander umgehen. Macbeth redet seine Frau liebevoll „my dearest partner of greatness“ (I, 5, 11), „my dearest love” (I, 5, 58), „love” (III, 2, 29), „dear wife” (III, 2, 36), „dearest chuck” (III, 2, 45) usw. an, die Lady ihren Mann „my husband“ (II, 2, 13) und „gentle my lord” (III, 2, 27). „Lay it to thy heart” schreibt Macbeth der Lady, sein Herz sei „too full o’th’milk of human kindness” repliziert diese (I, 5, 13ff.). Auch König Duncan weiß, dass die Lady Macbeths „great love” ist (I, 6, 23). Und noch während der Entscheidungsschlacht nimmt dieser sich ausführlich Zeit für eine Visite, um mit dem Arzt über die Heilung seiner Frau zu beraten (V, 3, 37-60). Die bequeme Gewohnheit, in dem Mörderpaar das absolut Böse zu sehen, hat uns daran gewöhnt, darüber hinwegzulesen, was offen an Shakespeares Textoberfläche, und über die Intimität hinwegzuhören, die in Verdis Arien und 20 Duetten liegt. „Das Thema [des Macbeth] ist weder politisch, noch religiös, sondern fantastisch“, schreibt Verdi am 19. August 1846 an Lanari. Fantastisch in jenem oben dargelegten dreifachen Sinn, der darauf hinausläuft, dass der Mensch in seinen eigenen Bildern, seinen eingebildeten Bildern von der Wirklichkeit, auch „selffulfilling prophecies“, eingeschlossen ist. „Der Mensch, das Tier, das seine Träume deutet, / verliert‘s den Schlüssel seiner Traumeswelt, / so steht es nackt in Weltenraumes Frost / vor seiner eignen Thür und leidet Pein“, heißt es in Gerhart Hauptmanns ShakespeareParaphrase Schluck und Jau. Diese verdrängte Schicht wieder freizulegen, nimmt sich unsere Inszenierung vor. Ein weiterer Ansatz liegt in Verdis Bearbeitung der Shakespeareschen Tragödie. Verdi zoomt das Protagonistenpaar in so radikaler Weise heran, dass seine Zeitgenossen ihn immer wieder und mit allen Mitteln bereden wollten, die Tenor-Partie des Macduff aufzuwerten. Verdi bestand darauf, dass seine Oper drei Protagonisten habe, Lady, Macbeth und die Hexen – in dieser Reihenfolge im Brief an Escudier, 8.2.1865 – und weigerte sich, davon abzugehen. Tatsächlich fällt auf, dass er alle Morde von der Bühne verbannte. König Duncan, dessen Verhältnis zu Macbeth Shakespeare den ganzen 1. Akt widmet, zieht bei Verdi einmal wenige Sekunden lang stumm im Hintergrund über die Bühne. Bancos Ermordung, bei Shakespeare spannend auf offener Szene exekutiert, verlegt Verdi ins off. Die Ausrottung von Macduffs Familie, bei Shakespeare ein elisabethanisches Schlachtfest voll blutigen Humors – „Stirb, du Ei!“ –, wird bei Verdi nur beklagt. Und in seiner Pariser Bearbeitung war es ihm ein zentrales Anliegen, auch den letzten verbliebenen Mord, Macbeths Ende, aus dem Blickfeld der Zuschauer zu nehmen. Verdi hat das Stück zu reinem Kopftheater gemacht, in dem sich zwei Menschen mit ihren Fantasmen plagen. Unsere Inszenierung nimmt diese Versuchsanordnung ernst. Paris 1865 Gespielt wird trotz des in seiner wuchtigen Knappheit vielleicht eindrucksvolleren Schlusses der Urfassung von 1847 die Pariser Fassung von 1865. Es ist diejenige, die Verdi für letztgültig ansah. Die Veranlassung zu der Überarbeitung gab Léon Carvalhos Wunsch, Macbeth nach den extrem erfolgreichen Pariser Aufführungen des Rigoletto und der Traviata als Konkurrenzunternehmen des Théâtre Lyrique zu der ungeduldig erwarteten Uraufführung von Giacomo Meyerbeers Nachlassoper Die Afrikanerin an der Pariser Oper ins Feld zu führen. Macbeth bot sich dazu an, weil er mit seinem schottischen Ambiente ebenso exotisch wie Die Afrikanerin war und mit seinen Hexen und Geistererscheinungen eine Inszenierung voller Zaubereffekte ermöglichte. Carvalho bat Verdi um ein zusätzliches Ballett und ein pompöseres Chorfinale nach dem Geschmack der Pariser. Verdi las sich die Partitur noch einmal durch und teilte Carvalho mit, dass er auf „Dinge“ in der Musik gestoßen sei, „die ich nicht zu finden hoffte“. „Einige Nummern dort sind entweder schwach oder ohne Charakter, was noch schlimmer ist.“ Den 3. und 4. Akt, der schon bei der Uraufführung nicht gezündet hatte, schrieb er bis auf die unverändert übernommene Schlafwandelszene fast vollständig neu. Im 1. Akt wurde das Duett MacbethLady, im 2. Akt das Finale überarbeitet. Die Folgeseiten Seung-Gi Jung, Kinderstatist, Damenchor konventionelle Cabaletta der Lady im 2. Akt wurde gegen „La luce langue“ ausgetauscht. „Der Rest ist gut, schnell und feurig.“ Besondere Sorgfalt verwendete Verdi auf die Instrumentation, also auf das Spiel der Orchesterfarben. Er sah weder die Ballette noch den Schlusschor als lästige Pflicht an, sondern war im Gegenteil sehr zufrieden mit ihnen. Der Schlusschor sei „trocken und wild“ und habe „Charakter“. Trotzdem hat sich die mit großem Aufwand inszenierte Pariser Fassung nicht durchgesetzt. Sie wurde nach 14 ungenügend verkauften Vorstellungen vom Spielplan genommen und konnte sich erst ab 1928 durchsetzen, als Fritz Busch und Carl Ebert mit sensationell erfolgreichen Aufführungen dieses Werkes eine von Deutschland ausgehende Macbeth-Renaissance auslösten, die 1936/37 auch Karlsruhe erreichte. Verdis Verleger gab zwar auch die Pariser Fassung in italienischer Sprache heraus, ließ wie der Komponist aber den Bühnen selbst die Wahl. Die zogen bis zum Abbrechen der Aufführungstradition im Jahre 1894 die Urfassung vor. Als Macbeth 1928 wiederentdeckt wurde, drehte sich das Verhältnis um. In Karlsruhe wurde das Werk in bisher vier Produktionen gezeigt. Nach der genannten Erstaufführung 1936/37 außerdem 1954/55 unter Walter Born mit Paula Baumann und Karl Wolfram als Titelpaar in einer an Eberts Modell anknüpfenden Inszenierung von Gerhard Overhoff, 1978–1980 mit Dagmar Trabert und Anthony Raffell unter Christof Prick in der Inszenierung Václav Kasliks sowie 1997–2001 mit Ines Salazar und Valeri Alexejev unter Kazushi Ono in der Inszenierung von Thomas Schulte-Michels. 21 22 23 VORHERBESTIMMTE DER MENSCH ZUR MUSIK Kürze und Klarheit waren Verdis Anliegen bei der Konzeption und Komposition des Macbeth. Der Niedergang des Paares sollte mit der Unausweichlichkeit einer antiken Tragödie à la Ödipus von dem, was Macbeth in seiner letzten Arie als „höllische Weissagung“ bezeichnet in den Untergang führen. Alles Beiwerk wurde gekappt. Großstruktur Die vier Akte der Oper weisen eine klassisch-symmetrische ABAB-Struktur auf. Im Zentrum des 1. und 3. Aktes stehen die Hexen und ihre Wirkung, im Zentrum des 2. und 4. die Menschen. Die Finali 1 und 2 sind großdimensionierte Chor-Tableaux, die Finali 3 (Racheduett) und 4 (Schlacht, kurzer Dialog Macduff/Macbeth und vier Takte Schlussspruch) von geradezu becketthafter Lakonie. Verdi hat sich 1864/65 entschlossen, diese eisige Kargheit aufzugeben und der zweiten Werkhälfte, die das Publikum ratlos ließ, mehr romantische Luft zum Atmen zu geben. So entstanden nachträglich das epische Ballett der Zu24 kunftsvisionen und vor allem das pompöse Finale des 4. Akts. In der Neufassung, die unserer Inszenierung ungekürzt zugrunde liegt, nähert sich die Struktur der Oper der klassischen Sinfonie mit den Sätzen Allegro (1. Akt) – Scherzo (2. Akt: Mörderchor und Bankettszene) – Andante (3. Akt: Vision) – Allegro-Finale (4. Akt) an. Diese Deutung wird auch dadurch gestützt, dass Verdi eine Aufteilung des 4. Akts in zwei Akte, wie sein Pariser Auftraggeber Léon Carvalho sie wünschte, ablehnte. Preludio Eröffnet wird die Oper von einem knappen, aber gehaltreichen „Preludio“, das VerdiFeinde schon 1847 giften ließ, der „ordinäre Maestro“ sei eben nicht in der Lage, eine schulgerechte Ouvertüre à la Rossini zu schreiben, obwohl er genau das in Nabucco getan hatte. Die Holzbläser zitieren zunächst die Zaubersprüche der Hexen aus dem 3. Akt, deren groteskes Ritual vom diabolischen Lach- und Blitzmotiv der ersten Szene gebrochen wird. Darauf rufen die Posaunen zum Jüngsten Gericht. Es sind dieselben Posaunen, die im 3. Akt die Erscheinung der Kinder und Könige „dalle basse, dalle alte regioni“ ankündigen und dessen Feierlichkeit von dem zweiten Hexenlachmotiv der 1. Szene gebrochen wird. Da diese Erscheinungen aus Himmel und Hölle kommen, folgt darauf eine Episode, in der das erste Schlafwandelmotiv der Lady, ihr tastendes Suchen, mit einer apokalyptischen Sequenz steigender und fallender Tutti-Akkorde konfrontiert wird, als ob die Kinder und Könige Himmels- und Höllenleitern auf- und niederstiegen, um gegeneinander zu kämpfen. Schließlich wird auch das zweite Schlafwandelmotiv der Lady eingeführt. Es ist eine melancholische Klage im Stile Donizettis, deren weit gespannte Melodiebögen die Lady in ihrer Zerrissenheit aber nicht mehr wird singen können. Sie kann in ihrer großen Szene nur noch abgerissene Phrasen stammeln. Darum wird der Gesang auch dort von Flöten, tiefer Klarinette und Violinen übernommen. Es ist, als würde das Orchester sie beklagen. Das Vorspiel fasst also den gesamten Radius der Tragödie in sich: Von dem unheilvollen Orakel der Hölle bis zur totalen Zerstörung des Menschen. Die Ouvertüre verwendet ausschließlich Motivmaterial der Frauen. Für eine Tragödie, die nach einem Mann benannt ist, ist das merkwürdig. Sind die Frauen Macbeths Schicksal, wie das Duett „Fatal mia donna!“ nahezulegen scheint? Dessen Motiv wird übrigens auch in der kurzen Einleitung zum 2. Akt zitiert. Vorausdeutungen Die 1. Szene ist wieder klassisch gebaut: Zwei Hexenchöre rahmen die kurze Wahrsageszene, den parodistischen Botenchor und ein daran anschließendes Duettino Macbeth/Banco ein. Macbeths Orakel steigt in Terzen auf, Bancos Orakel tut einen tiefen Oktavfall, kehrt aber mit jedem der drei Sprüche chromatisch aufsteigend unmerklich in die Tonika, also sozusagen „nach Hause“, in die „gottgewollte Ordnung“ zurück. Ein erstes Beispiel komponierter Ambivalenz, also jener Doppeldeutigkeit, die als Motto über Shakespeares Tragödie steht – „Fair is foul and foul is fair“ (I, 1, 11) und die Menschen, die das mißverstehen, in den Untergang treibt. Dem Duettino ist erstmals jener rhythmisch treibende Puls unterlegt, der sich als atemloses Herzklopfen in verschiedenster Gestalt durch das Stück ziehen wird. Das monoton tappende Staccato der Nachtwandlerin klingt wie eine entseelte Deformation dieses Herzschlags, die schwungvollen Cabaletta-Rhythmen wie kraftstrotzender Übermut. Macbeth singt in gebundenen Linien, aber harmonisch instabil, Banco in hüpfenden Rhythmen, aber unerschütterlich auf kadenzharmonisch sicherem Boden. Hier werden zwei gegensätzliche Charaktertypen vorgeführt: Der labile und der nie zu verunsichernde. Die Hexen treten, wie derlei zweifelhafte Kollektive oft bei Verdi, z.B. auch die Mörder in Macbeth, nach Stimmhöhe gruppiert auf: Erst die tiefen, dann die mittleren, dann die hohen Stimmen. Vielleicht war das für italienische Opernchöre anno 1847 einfach leichter sauber zu singen. Nach einem gestampften Dialog tanzen sie einen operettenhaft-fidelen Hexenreigen in ADur. Der Schlusschor der Szene evoziert mit punktierten Galopprhythmen den Hexenritt auf dem Besen. Schon beim Abflug prophezeien sie, dass Macbeth wiederkommen wird und weisen damit auf den 3. Akt voraus. Mit der im Macbeth ähnlich wie im vier Jahre späteren Rigoletto dicht entwic25 kelten Technik der Vorausdeutungen und Vorahnungen betont Verdi die Unausweichlichkeit des Schicksals. Das Paradox von individueller Schuld und Vorherbestimmung ist eine Konstante seiner Werke bis zum Troubadour und zur Macht des Schicksals. In Rigoletto und Macht des Schicksals sind es ein Fluch und ein Pistolenschuss, also Menschen, die die Katastrophe auslösen, im Troubadour wie in Macbeth eine Hexe, genauer eine Frau, die als Hexe verbrannt wird. Shakespeare beschreibt einen Schicksalskreislauf. Zu Beginn seiner Tragödie wird Macbeth als Tapferster der Generäle und Ausbund staatsmännischer Tugend eingeführt. Er verteidigt das Reich gegen inländische Rebellen und ausländische Aggressoren. Für das, was dann geschieht, findet der Dramatiker deutliche Worte. Der loyale Feldherr konfrontiert Norwegens König kämpfend „mit seinem Ebenbild, / Schwertspitze gegen Schwertspitze, Arm gegen Rebellenarm, / Und zwingt den weit über das ihm Zustehende hin ambitionierten Geist zurück in die Ordnung.“ Am Ende ist Macbeth selbst zu dem geworden, was er am Anfang bekämpfte: Ein „rebellious arm“ und „lavish spirit“. Dahinter steckt bei Shakespeare das Modell des Satansfalls vom Schönsten der Engel zum Bösesten der Bösen. Dieser Fall wird bei Verdi von den Hexen ausgelöst. Ihr Lachen aber ist zweideutig. Die charakteristischen Zweiunddreissigstel-Figuren können gemäß Regieanweisung als Blitze, aber auch als Hexengekicher gedeutet werden. Sind es Naturgewalten oder doch eher menschenähnliche? Oder gar Einbildungen der überhitzten Fantasie? Die europäische romantische Literatur war besessen vom Verschwimmen dieser Grenzen. „Siehst Vater, du den Erlkönig nicht! / Den Erlenkönig mit Kron‘ und Schweif? / Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.“ 26 Die anschließende Szene der Lady beginnt mit einer kurzen Instrumentaleinleitung, die aus dem Sturm auf der Heide einen Seelensturm macht. Die Szene selbst ist nach bewährtem „forma solita“-Muster in langsame Cavatine und schnelle Cabaletta zweigeteilt. Als Ausdruck schreibt Verdi „grandioso“ vor. Dieselbe Ambition verrät die Melodieführung mit großen Intervallsprüngen. Die Lady will nach oben. In den halben Noten der Cabaletta staut sich die Energie, die sich in rauschenden Skalen entlädt. Der Marsch, mit dem der König hinter der Szene in das Schloss einzieht, ist ein typisches „banda“-Stück, wie es Verdis Zeitgenossen aus dem Repertoire ihrer Militärkapellen kannten. Verdi schreibt „musica villereccia“ darüber. „Ländliche Musik“ für einen König? Ziehen ihm Bauern entgegen? Als heiteres Zwischenspiel steigert es analog zu Shakespeares berühmter Szene I,6, aber hier mit rein musikalischen Mitteln, den Kontrast zur folgenden „Scena“, in der Macbeths Dolchmonolog einen neuen Parlando-Stil erprobt. Nicht eine formalmusikalische Idee gliedert den Monolog, sondern Shakespeares Text, die psychische Bewegung. Verdi war stolz auf die Orchesterpalette, die er einsetzt, um die wechselenden Eindrücke, die durch Macbeths Hirn huschen, als ständig wechselnde Farbnuancen desselben Grundtons fühlbar zu machen. Die Basis sind gedämpfte Streicher und Pauken, darüber huschen Holzbläser und Horn in immer neuen Kombinationen. Das Parlando geht fließend in das dreiteilige Duett „Fatal mia donna“ über. Der Grundpuls greift das bereits erwähnte „klopfende Herz“ wieder auf, die permanente existenzielle Unruhe, Unsicherheit, Getriebenheit evozierend, sowie zweitens das Motiv des immer wieder gegen die Ks. Konstantin Gorny, Seung-Gi Jung 27 Wand An- oder auf denselben Ton Zurennens, das wir als Heldenmotiv aus Beethovens Eroica kennen. Es erinnert uns einmal mehr an Beethovens Bedeutung für Verdi. Figuren der Wiederholung, des obsessiven Auf-der-Stelle-Tretens gehören zu den charakteristischsten Motiven des Macbeth. Auch das 1. Finale ist dreiteilig angelegt. Auf die Entdeckung des Mordes folgt ein Adagio „con tutta la forza“ in statischem Unisono, in dem das gesamte Ensemble wie unter Schock erstarrt. Nach einer Generalpause wird Gott in einem a-cappellaGebet im dreifachen Pianissimo um Hilfe angefleht. Schließlich haben sich die um Fassung Ringenden wieder gefangen und schwingen, immer noch benommen, in einen kollektiven Walzer ein, der sie langsam ins Leben zurückholt. Wenn man an die öffentlichen Reaktionen auf die Pariser Terroranschläge vom November 2015 zurückdenkt, fällt auf, dass Verdis Modell ziemlich genau beschreibt, wie Gesellschaften auf kollektive Traumata reagieren. Die 1. Stufe ist Fassungslosigkeit (Wie konnte das passieren?), die 2. Anrufung Gottes (gemeinsame Trauerrituale, Beileidsbekundungen, Staatsakte), 3. Benommene Rückkehr ins Leben (Suche nach Lösungen, meist hilflos und vorschnell: Walzer, Pseudobewegung). Der 2. Akt beginnt mit einer Reprise des „Fatal mia donna“-Motivs aus dem 1. Die Sorge nagt an den Protagonisten. Der kurze Austausch des Paares mündet in Macbeths Entschluss „Banco, die Ewigkeit öffnet dir ihr Reich“. Eine Modulationskette stürzt von H-Dur bis dis-Moll in die Tiefe. Die sich daran anschließende konventionelle Cabaletta der Lady von 1847 hat Verdi 1865 durch „La luce langue“ ersetzt. Die Arie setzt mit einer Barcarole ein, in der man die Wellen des Unterweltsflusses treiben hört, 28 und steigert sich über einen Mittelteil voller ostinater Wiederholungen in den Jubel des Schlussteils. Der Mörderchor in ungetrübtem C-Dur setzt, wie so oft in Macbeth, einen Kontrast und verschafft den Nerven ein wenig Entspannung vor Bancos Arie, die erstaunlicherweise exakt wie die der Lady davor zwischen e-Moll und E-Dur pendelt. Hier hat Verdi in der Pariser Fassung über die Harmonik einen Bezug hergestellt, sodass der ganze 2. Akt eine Spiegelsymmetrie aufweist, deren Spiegelachse der Mörderchor ist. Das Bankett-Finale beginnt denn auch analog zum Aktbeginn in f-Moll mit einer Festmusik in F-Dur. Ihren BuffaTon kennen wir aus den Ball-Bildern von Rigoletto, Traviata oder Maskenball. Wie in diesen steht ein zweistrophiges Trinklied (Brindisi) im Mittelpunkt, in dessen Refrain der Chor einstimmt. Allerdings wird die Fröhlichkeit zweimal durch Macbeths Visionen gestört, wobei die zweite Erscheinung durch eine wunderbare Modulation von b-Moll nach E-Dur entspannt wird. Der Akt klingt in einem benommenen Concertato aus, dessen unruhige Triolen an den „Walzer“ des 1. Finales erinnert. Es gehorcht demselben Prinzip des „bewegten Stillstands“. Im Zentrum des 3. Aktes steht die dreiteilige Ballettmusik, die in unserer Aufführung vollständig erklingt, sowie die 1865 harmonisch durchgreifend neugefasste Vision der künftigen Könige, die mit Macbeths Ohnmacht endet und über einen vertanzten HeilschlafChor der Luftgeister in ein finales Racheduett mündet. Die Idee des Heilschlafes hatte Verdi aus Goethes Faust II übernommen, den er durch seinen Freund Andrea Maffei kannte. Dort wird der Gretchen-Mörder durch ein solches Therapeutikum von seinen Gewissensbissen befreit. Macbeths Ohnmacht war eine Erfindung der von Verdi benutzten Shakespeare-Übersetzung. Bei den Balletten handelt es sich um sogenannte Aktionsballette, bei denen pantomimisch Handlung dargestellt wurde. Das feurige erste basiert auf dem Klanggegensatz zwischen Blechblasinstrumenten, die in solchen Kontexten immer eine Anmutung von Jüngstem Gericht haben, und Streichern. Das zweite, ein „religiosamente“ überschriebenes Andante, ist harmonisch besonders exquisit und enthält eine mit Bassklarinette, Fagott und Cello außergewöhnlich instrumentierte Melodiestimme, die wie Saxophon klingt. Die „Valzer“ überschriebene Nummer ist „vivacissimo“, geradezu hektisch und von diabolischer Getriebenheit. Die Visionsszene selbst wird von jenen Posaunen des Jüngsten Gerichts eingeleitet, die schon in der Ouvertüre erklangen. Für den 4. Akt schrieb Verdi einen Chor schottischer Flüchtlinge, der bewusst an „Va pensiero“, den Hit aus Nabucco anknüpfte. 1865 ersetzte er ihn durch eine Neukomposition. Sie gibt den homophonen Volksliedcharakter „zum Mitsingen“ zugunsten eines komplexeren, motettisch durchbrochenen Satzes auf. Auch diese Fassung basiert auf Synkopen, dem musikalischen Äquivalent für Seufzer. Sie werden aber vielfältiger eingesetzt. Ein Vor- und ein Nachspiel umrahmen die beiden Strophen. Macduffs Arie folgt wieder der zweiteiligen „forma solita“. Macduffs Klage um seinen ermordeten Sohn gibt Anlass zu einer innigen Cavatine, die über ein burleskes Zwischenspiel mit Malcolm als „reitendem Boten“ in die Cabaletta „La patria tradita“ mit Chor-Refrain übergeht und in eine effektvolle Stretta mündet. Dass die Cabaletta von einem zweiten Tenor verstärkt wird, war eine Notlösung. Der Macduff der Uraufführung soll nicht über genug Stimme verfügt haben. Heute trägt die Verdoppelung zur Pikanterie der Stelle bei. Auf die Schlafwandelszene war Verdi besonders stolz. Sie ist wieder dreiteilig angelegt. Auf ein ausgedehntes instrumentales Tongemälde folgt ein kurzer szenischer Dialog der Kammerfrau und des Arztes der Lady, an den sich das Solo anschließt. Die Szene basiert auf dem bereits in der Ouvertüre vorweggenommen Staccatomotiv und auf der Elegie der Holzbläser und Streicher. Diese Motive halten die zerbröckelnde Gesangslinie der Lady zusammen und treiben sie vorwärts. Am Ende kommentieren Kammerfrau und Arzt als „griechischer Chor“ die ins dreigestrichene des’’’ wie ins Nichts entschwebende Gesangslinie der Lady. Die letzten Worte der Lady lauten „andiam Macbetto – Lass uns gehen“, die letzten des Kommentars „pietà – Erbarmen“. Wie die der Amneris in Aida. Das Finale hat Verdi in der Pariser Fassung zu einem mehrgliedrigen, heterogenen Szenenkomplex zusammengefasst. Deren Hauptbestandteile sind ein kurzes Arioso Macbeths als Fazit seines Lebens, eine dreistimmige Fuge mit Kontrasubjekten und obligaten Vokaleinwürfen als traditionelle Form der Schlachtenmusik sowie einen homophonen, von a-Moll nach A-Dur modulierenden Triumphgesang, der in der Tessitur durch unterschiedliche Vokalgruppen – Barden, Soldaten, Frauen – variiert wird. Macbeths Arioso steht in derselben Tonart Des-Dur wie die Nachtwandelszene und beginnt mit demselben Wort, mit dem sie endet. „Pietà, rispetto, amore“, das sind die drei Dinge, die Macbeth verloren hat. Folgeseiten Luiz Molz, Agnieszka Tomaszewska, Ks. Barbara Dobrzanska 29 30 31 DAS EROTISCHE ZUR INSZENIERUNG Holger Müller-Brandes über Verdis Macbeth Holger, Du hast mit Philipp Fürhofer ein ungewöhnliches Konzept erarbeitet. Was war Euer Ausgangspunkt? Das war die Frage, vor welchem Hintergrund die Hexen ihre Prophezeiung aussprechen. Wir können Hexen ja nicht als gegeben nehmen. In so einer Bezeichnung steckt immer eine Perspektive: Der Blick von Männern auf Frauen. Die Prophezeiung findet also vor dem Hintergrund eines spezifischen Geschlechterverhältnisses statt. Das Interessante an Verdi im Unterschied zu Shakespeare liegt darin, dass er das Politische des Stoffes in ihm verortet. Musikalisch sieht man das an der Aufwertung der Lady. Das ist nicht nur eine Möglichkeit, die Gesellschaft zu analysieren, sondern, wie wir leider gerade in Köln wieder feststellen konnten, auch eine aktuelle Frage. In Eurer Konzeption spielt Banco eine wichtige Rolle. 32 Das Interessante bei Verdi ist, dass er Macbeth im Verhältnis zu seinem Gegenspieler Banco zeichnet. Verdi hat die Zahl der Protagonisten seiner Vorlage radikal reduziert. Es gibt Macbeth und die Lady, und Banco steht für die Männerwelt, die bei Shakespeare in viele Figuren aufgespalten ist. Malcolm, Macduff, Duncan kommen bei Verdi nur noch schemenhaft vor. Alle Gegenspielereigenschaften sind in Banco gebündelt. Das ist typisch für Verdi. Er stellt einen sensiblen, zärtlichen, erotisch liebenden Mann einem Macho gegenüber, der seine Sexualität zynisch auslebt oder ein Über-Patriarch ist. Macbeth und Banco sind zwei unterschiedliche Rollenmodelle für männliche Positionierung in der Gesellschaft. Banco ist der tradierte Typus in einem patriarchalischen System, Macbeth der Außenseiter, der ausschert. Diesen Antagonismus finden wir in vielen Werken Verdis, sodass wir annehmen, dass er sich mit diesem Thema identifizierte. Wo schlägt sich das in der Musik nieder? Zum Beispiel in der Erscheinung der Kinder im 3. Akt. Macbeths „Ahi, che non hai tu vita! – Ach, dass du kein Leben hast“ ist eine der emotionalsten Stellen der Musik. Das Kind zu haben, ist ja eine der beiden Verheißungen der Hexen. Der Eine erhält das Königtum, der Andere die Nachkommenschaft. Die Zeugung von Stammhaltern aber ist das Fundament der patriarchalen Gesellschaft. Diese beiden Rollenmodelle werden parabelhaft gegeneinander gestellt. Welche Rolle spielen die Frauen? Es fällt auf, dass bei Verdi dort, wo bei Shakespeare drei Hexen auftreten, alle Frauen singen, und wo Shakespeare drei Mörder hat, alle Männer. Ich glaube, dass er das bewusst macht. Damit zeichnet er ein düsteres Gesellschaftsbild, das auf der leicht kaschierten Spaltung der patriarchalen Welt in Männer = Mörder und Frauen = Hexen basiert. Ein Riss geht durch das Universum. Die Gesellschaft befindet sich in Schieflage. Das ist der Hintergrund für etwas, was Verdi oft macht. Er zeigt ganz im Sinne der Romantik ein liebendes Paar, das an der Gesellschaft zerbricht. Die Gesellschaft krankt an ihrem Geschlechterverhältnis. Darin sieht Verdi ein Politikum. Die Frauen sind also emanzipierte Frauen, die man als Hexen bezeichnet? Genau. Banco tut das. Da macht einer einen kleinen groben Scherz und dann hat das Folgen und man merkt schnell, dass die ganze Emanzipation, die uns so augenfällig erscheint, Risse bekommt. Verdi führt das in drei Phasen vor. Er zeigt 1. eine feudale Gesellschaft, König Duncan, die sich 2. in eine liberale verwandelt, Macbeth, und 3. wieder in die Diktatur kippt, Malcolm. Verdis Musiksprache ist da eindeutig. König Duncan wird durch einen historisierenden Marsch gezeichnet. Im 2. Finale mischen sich König und Gesellschaft auf dem Bankett und das 4. Finale klingt wie Propaganda-Fernsehen. In diesen musikalischen Rahmen betten wird das Geschlechterverhältnis. Wir haben etwas „Emanzipiertes“, das zerbricht und gegen etwas Neokonservatives wieder eingetauscht wird. Wie eng ist diese Deutung aus Text und Musik entwickelt? Ich gehe wörtlich mit Verdis Text um, berücksichtige aber, dass Verdi nicht wörtlich mit Shakespeares Text umgeht. Die Komposition ist ja seine Textausdeutung und gibt uns den Subtext und den nehmen wir sehr ernst. Ich will ein Beispiel nennen. An der Stelle, wo Macbeth über den Mord an König Duncan nachdenkt, sagt die Lady zu ihrem Mann, „Du wirst dich doch nicht wie ein eitles Kind aufführen“. Es gibt Interpretationen, in denen die Lady ihn da von oben herab, vielleicht sogar gouvernantenhaft tadelt. Die Musik spricht aber eindeutig von großer Empathie. Eine getrübte Farbe Macbeths wird dort wiederholt von einer aufgehellten Farbe der Lady, sodass die Musik klarstellt, dass sie emotional dicht an seiner Seite steht. Sie gibt ihm positive Energie. Auch in ihrer ersten Arie, „Vieni! T'affretta!“, gibt es keinen Grund, das mit einem Augenrollen zu spielen, weil das eine verführerische Musik ist. Die hat eine extreme Sinnlichkeit und das muss man ernst nehmen. Gleich im ersten Rezitativ sagt sie, „Du bist ehrgeizig, hast grandezza, bist ein großartiger Typ“, also ein Visionär, der etwas darstellt, aber bist du im politischen Geschäft auch durchsetzungsfähig? Das bedeutet doch nicht, dass er Hexentränke 33 zusammenbrauen soll, sondern ganz konkret: Wenn man König werden will, muss man auch Konkurrenten aus dem Weg schaffen können. Das wird so musiziert, dass er Lust darauf kriegt. Dazu setzt sie ihre Erotik ein. Und das Erotische ist auch etwas, was dieses Paar, wie seine Musik deutlich macht, ganz stark trägt. Deshalb bezeichnest Du ihre Arien auch als verkappte Duette? Diese Arien sind, wenn man sie im größeren Zusammenhang sieht, zum Teil spiegelbildlich auf einander bezogen. Es heißt immer, Macbeth sei eine Oper ohne Liebesduett. Eigentlich ist die ganze Oper ein Liebesduett, in das ein paar Episoden dazwischengeschoben sind. tes Projekt wird abgelöst. Es gibt ja auch Politiker, die Symbole für bestimmte Zeiten waren, diese aber nicht selbst gestalten konnten. Willy Brandt mit seiner Ostpolitik in Deutschland etwa, Kennedy in den USA usw. Die haben unglaublich viel Visionäres eingebracht, konnten es aber nicht mehr selbst verwirklichen. Das sind Ideengeber, die werden am Ende von der Gesellschaft geschluckt. Auf das Modellhafte des Vorgangs deutet für mich auch die Fuge als objektive musikalische Form hin. Der Mechanismus ist klar: Eine Gesellschaft wird exponiert, dann gibt es ein Interregnum, das sind Lord und Lady Macbeth, und dann kommt wieder sehr modellhaft die Restauration. Es ist bezeichnend, dass Verdi gerade an dieser Stelle Shakespeares Figuren Macduff und Malcolm zu Masken entindividualisiert. Es geht um eine Zeitenwende. Warum wird die Frau wahnsinnig? Sie wird nicht wahnsinnig, sondern schlafwandelt. Für mich sieht sie sehr klar, was los ist. Sie scheitert daran, dass ihr Mann wahnhaft wird. Er empfindet die Prophezeiung der Hexen als Auftrag, als Mission. Er will etwas bewirken und kommt an einen Punkt, wo er über sein Ziel hinausschießt und ihr verloren geht. Daran scheitert sie. Sie sieht sehr klar, dass man vor dem Hintergrund dieser Gesellschaft Liebe nicht zustande kriegt. Man kriegt immer nur Machtverhältnisse zustande. Und das sind ja auch die Partikel, die durch ihre Arie geistern. Was passiert am Ende mit den Beiden? Sie gehen ab, weil es sich nicht um ein persönliches Schicksal handelt, sondern um eine symbolische Handlung. Ein bestimm- 34 Und diese Zeitenwende zeigt Ihr, indem die Frauen, die anfangs im Smoking auftraten, nun mit Hochzeitskleidern zu Prinzessinnen am Herd gemacht werden? Genau. Das hat was Restauratives, was den Menschen über die Form Halt und Sicherheit gibt. Und darin ist auch ein Gewaltmoment inbegriffen. Die Frauen geben ihre Selbständigkeit ein Stück weit auf und ordnen sich wieder in die alte Geschlechterhierarchie ein. Das ist sehr schlaglichtartig gemacht, entspricht aber, glaube ich, Verdi, der Shakespeare auch sehr schlaglichtartig komprimiert. Er zeigt exemplarische Stationen und streicht die Entwicklung. Wir sehen darin einen Kreislauf, wo sich Frauen emanzipieren und die Emanzipation wieder geschluckt wird von der Macht, von immer denen, die nicht die Liebenden sind. Jesus Garcia, Damen des Badischen Staatsopernchores und Extrachores 35 JOHANNES WILLIG Dirigent DANIELE SQUEO Nachdirigat Nach dem Studium an den Hochschulen seiner Heimatstadt Freiburg i.B. und Wiens begann der DAAD-Stipendiat seine berufliche Laufbahn am Theater Biel / Solothurn. Im Januar 2000 wechselte Willig als 2. Kapellmeister und Assistent des GMD an das STAATSTHEATER KARLSRUHE, drei Jahre später als 1. Kapellmeister und stellvertretender GMD an die Oper Kiel. Gastspiele führten ihn an die Opernhäuser von Neapel, Bologna, Wiesbaden, Freiburg i.B., Lyon sowie an die Deutsche Oper Berlin. Sein Opernrepertoire erstreckt sich von Werken Mozarts, Verdis und Puccinis über Richard Strauss bis hin zur Moderne. Seit 2011/12 ist Willig 1. Kapellmeister und Stellvertretender Generalmusikdirektor am STAATSTHEATER KARLSRUHE. Hier dirigierte er u. a. Ein Maskenball, Tosca, La Traviata und Doctor Atomic. 2015/16 leitet er die Neuproduktionen Der Prophet und Macbeth sowie das 6. Sinfoniekonzert mit Werken von Adams, Ligeti, Tomasi und Strauss. Squeo studierte Klavier, Chor- und Orchesterleitung in seiner Heimat Apulien sowie an der Weimarer Musikhochschule „Franz Liszt“ und war Stipendiat des Deutschen Musikrates. Im Rahmen der Ruhr Akademie arbeitete er mit Steven Sloane, Sir Roger Norrington und Sylvain Cambreling zusammen. Praxis erwarb sich der Preisträger internationaler Wettbewerbe an der Spitze der Orchester von Jena, Spoleto, Teplice, Karlsbad, Nürnberg, Bochum, Essen sowie 2010–2013 als Chefdirigent des Akademischen Orchesters der TU Ilmenau. Nach einem Jahr als Studienleiter und Kapellmeister am Theater Nordhausen kam Squeo 2014/15 als 2. Kapellmeister an das STAATSTHEATER KARLSRUHE. Hier hat er zahlreiche Opern- und Ballettproduktionen geleitet, in dieser Spielzeit u.a. die Premiere der Terence-Kohler-Choreografie das kleine schwarze / the riot of spring. Im Juni wird er Bellinis I Capuletti e i Montecchi einstudieren. 36 HOLGER MÜLLER-BRANDES Inszenierung PHILIPP FÜRHOFER Ausstattung Holger Müller-Brandes studierte Musiktheater-Regie in Hamburg. Seine Lehrer waren Götz Friedrich sowie die Schauspielregisseurin Elke Lang. Gemeinsam mit Katrin Lea Tag ist er Erster Preisträger des Ring Award 1998. Er ist als Opern- und Schauspielregisseur aktiv. Neben dem klassischen Repertoire hat sich Holger Müller-Brandes im Bereich von Uraufführungen, Neuentdeckungen und Projektentwicklungen einen Namen gemacht. Am STAATSTHEATER KARLSRUHE brachte er 2013 mit Philipp Fürhofer als Ausstatter die Deutsche Erstaufführung von Mieczyslaw Weinbergs Auschwitz-Oper Die Passagierin mit großem Erfolg heraus. 2015 inszenierte Holger Müller-Brandes u.a. die viel beachtete Wiederentdeckung der Oper Irrelohe von Franz Schreker am Pfalztheater Kaiserslautern. In der kommenden Spielzeit wird er für die Königliche Oper Kopenhagen Dead Man Walking von Jake Heggie im Bühnenbild von Katrin Lea Tag in Szene setzen. Der gebürtige Augsburger ist eine musikalisch-bildkünstlerische Doppelbegabung. 2002 nahm er sein Studium der Bildenden Kunst an der Berliner Universität der Künste bei Hans Jürgen Diehl auf, das er 2008 mit dem Master abschloss. Seit 2007 stellen Galerien in Deutschland, Österreich, Italien, der Schweiz, Norwegen und Australien die Arbeiten des vielfach ausgezeichneten Künstlers aus. Seine Installationen beziehen oft Elemente des Theaters wie historische Dekorationen, trompe-l‘œilMalerei, Licht und Illusionismus mit ein. Als Ausstatter für Regisseure wie Stefan Herheim, Holger Müller-Brandes, Nadja Loschky und Kasper Holten verbindet er seine Leidenschaft für Bild- und Tonkunst. In Karlsruhe hat er mit Mieczyslaw Weinbergs Passagierin Aufsehen erregt. Außerdem arbeitete er bei Ariadne auf Naxos in Luzern mit Müller-Brandes zusammen. Seine Arbeiten für Stefan Herheim sind auf DVD erschienen. Folgeseiten Jesus Garcia, Seung-Gi Jung, Agnieszka Tomaszewska, Ks. Barbara Dobrzanska, Ks. Konstantin Gorny, Ks. Klaus Schneider, Badischer Staatsopern- und Extrachor 37 38 39 SEUNG-GI JUNG Macbeth Der koreanische Bariton studierte in Seoul und Karlsruhe. Engagements führten ihn nach Bern, Augsburg, Gstaad und Toulouse. 2011 debütierte er als Marcello und Vater Germont am Teatro La Fenice in Venedig. 2014/15 gab er in Karlsruhe sein gefeiertes Debüt als Ford in Falstaff. 2015/16 ist er hier auch als Kurwenal in Tristan und Donner in Rheingold zu erleben. JACO VENTER Macbeth Der südafrikanische Bariton studierte in seiner Heimat und San Francisco, besuchte Meisterklassen u .a. bei Thomas Hampson, Ruth Ann Swenson und Patricia Craig. Seit 2011/12 ist er Ensemblemitglied am STAATSTHEATER KARLSRUHE. 2014/15 sang er hier Giorgio Germont, Scarpia, Klingsor. 2015/16 steht außer Falstaff und Macbeth demnächst Alberich auf seinem Programm. Ks. BARBARA DOBRZANSKA Lady Macbeth Die Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe machte Aufnahmen für Rundfunk und Fernsehen. Seit 2002 ist sie Ensemblemitglied am STAATSTHEATER KARLSRUHE, wo sie neben internationalen Gastauftritten u. a. alle großen Verdi-, Puccini- und Verismo-Heroinen verkörperte. 2011 wurde sie zur Kammersängerin ernannt. Mit der Lady gibt sie hier ihr Rollendebüt. RACHEL NICHOLLS a. G. Lady Macbeth Die britische Sopranistin startete eine steile Karriere als Barocksolistin u. a. in Masaaki Suzukis gefeiertem Bach-Projekt, aber auch mit Hauptrollen in Opern von Monteverdi bis Mozart. 2012 wechselte sie mit der Götterdämmerungs-Brünnhilde ins dramatische Fach. In Karlsruhe war sie 2014 die Eva in den Meistersingern. Im neuen Tristan singt sie die Isolde. Ks. KONSTANTIN GORNY Banco Mit seinem Debüt bei den Bregenzer Festspielen 1993 startete der russische Bass seine Weltkarriere, die ihn an der Seite Anna Netrebkos an die Wiener Staatsoper, nach Tokio, Sydney, Paris, Verona und an viele wichtige Bühnen der Welt führte. Seit 1997 ist er Mitglied des STAATSTHEATERS KARLSRUHE, seit 2006 Kammersänger. 2016 ist er Marke im neuen Tristan. AVTANDIL KASPELI Banco Der georgische Bass studierte u. a. in München, wo er als Sparafucile in Rigoletto debütierte. Am Prinzregententheater war er der Komtur in Don Giovanni. Seit 2011/12 ist er am STAATSTHEATER KARLSRUHE engagiert. Hier sang er Pimen in Boris Godunow, Colline, Sarastro, Zacharias in Der Prophet. Neu kommen Lorenzo in Bellinis Capuletti und Fafner hinzu. RENATUS MESZAR Banco Der studierte Kirchenmusiker gab 1990 bei der Münchner Biennale sein Operndebüt. Über Braunschweig, Weimar, Bonn kam er 2012 ans STAATSTHEATER KARLSRUHE, wo er die großen Wagner-Partien, aber auch Eichmann in Wallenberg und Groves in Doctor Atomic sang. Gastpiele führten ihn zuletzt als Kaspar nach Darmstadt und Wotan nach Minden. 40 JESUS GARCIA Macduff Der Amerikaner erhielt etliche Auszeichnungen, z. B. den Tony Award als Rodolfo in Baz Luhrmans Broadway-Produktion von La Bohème. Gastengagements führten ihn an renommierte Häuser in ganz Europa und den USA. In Karlsruhe stellte er sich 2015 als Rodolfo und Pylades in Iphigenie auf Tauris vor. Seit 2015/16 gehört er fest zum Ensemble des STAATSTHEATERS. JAMES EDGAR KNIGHT Macduff Der Australier ist seit dieser Spielzeit Ensemblemitglied des STAATSTHEATERS KARLSRUHE. Hier stellte sich der Absolvent der New Yorker Juilliard School und Stipentiat des Metropolitan Opera Development Programs als Fenton in der Neuproduktion von Falstaff vor. Außerdem singt er Jonas in Der Prophet, Freddy in My Fair Lady und Froh in Das Rheingold. CAMERON BECKER Malcolm Der amerikanische Tenor wurde an der Arizona State University und am Salzburger Mozarteum ausgebildet. Bevor er 2015/16 ans STAATSTHEATER wechselte, war er am Theater Regensburg engagiert. In Karlsruhe ist er u. a. als Tamino in Die Zauberflöte, Pedrillo in Die Entführung aus dem Serail, Freddy in My Fair Lady und Bardolfo in Falstaff zu erleben. Ks. KLAUS SCHNEIDER Malcolm Der Rheinländer debütierte 1989 an der Opéra National de Paris und gehört seit 1990 dem Ensemble des STAATSTHEATERS KARLSRUHE an. Hier sang er die großen Mozart-, ausgewählte Wagner-Partien sowie u. a. Max im Freischütz, Blaubart, Hoffmann, Werther, Peter Grimes. 2003 wurde ihm der Kammersänger-Titel verliehen. 2015/16 ist er u. a. als Mime und Melot zu erleben. CONSTANZE KIRSCH Kammerfrau Die Sopranistin studierte 2006 bis 2010 bei Marga Schiml an der Hochschule für Musik Karlsruhe und anschließend am Institut für Musiktheater bei Christiane Libor. Sie gastierte 2013 bei den Osterfestspielen in BadenBaden und 2014 am Nationaltheater Mannheim. Seit 2014/15 ist sie Mitglied des OPERNSTUDIOS und singt u. a. Eine Griechin in Iphigenie auf Tauris. AGNIESZKA TOMASZEWSKA Kammerfrau Die polnische Sopranistin studierte in Danzig und Wien. Am STAATSTHEATER KARLSRUHE gastierte sie als Susanna in Figaros Hochzeit und Katja in Die Passagierin bevor sie 2014 fest ins Ensemble eintrat. Hier machte sie als Sina in Verlobung im Traum, Mimì, Fiordiligi und Berthe im Propheten von sich reden. Demnächst ist sie als Micaela in Carmen zu erleben. MEHMET ALTIPARMAK Ein Arzt / Ein Mörder Der junge Bariton studierte an der Mimar-Sinan-Universität in Istanbul bei Payam Koryak. Meisterkurse bei Elena Filipova, Amelia Felle und Christa Ludwig ergänzten seine Ausbildung. 2014 ging er als Gewinner aus dem 14. Siemens Gesangswettbewerb in Istanbul hervor und gehört somit seit 2014/15 dem OPERNSTUDIO am STAATSTHEATER an. 41 LUIZ MOLZ Ein Arzt Der Brasilianer ist nach Engagements in Stuttgart und Freiburg seit 2001 am STAATSTHEATER KARLSRUHE. Hier war er in über 80 Partien zu erleben. Gastspiele führten ihn durch ganz Europa, nach Südkorea und Brasilien, wo er regelmäßig auf Musikfestivals unterrichtet. In Karlsruhe war er zuletzt als Colline in La Bohème und Zacharias in Der Prophet zu erleben. MARCELO ANGULO Ein Diener Der Bass begann seine Karriere als Solist in seiner Heimat Ecuador. Nach Abschluss seines Studiums in Deutschland war er neben zahlreichen Soloauftritten zunächst Chormitglied im Theater Lübeck. Seit 2001 ist er Mitglied des BADISCHEN STAATSOPERNCHORES. Hier übernimmt er auch zahlreiche Solopartien, aktuell in Der Prophet, La Bohème und Macbeth. ALEXANDER HUCK Ein Diener Nach seiner Gesangsausbildung und Abschluss der Opernschule in Karlsruhe kam der gebürtige Schwarzwälder 2000 in den BADISCHEN STAATSOPERNCHOR. Seit 2004 ist er hier in vielen solistischen Partien zu hören, beispielsweise als Sciarrone in Tosca sowie aktuell als Wiedertäufer und Bürger in Der Prophet und Lord Boxington in My Fair Lady. LUKASZ ZIOLKIEWICZ Ein Mörder Der polnische Bassist studierte in seiner Heimatstadt Posen Sologesang und sang im Extrachor des Teatr Wielki. Nach einem Engagement in Kiel wechselte er ans Theater Nordhausen, wo er in verschiedenen Solopartien auf der Bühne stand. Seit Juni 2014 ist er Mitglied im BADISCHEN STAATSOPERNCHOR und war u. a. als Zöllner in La Bohème zu hören. ANDREY NETZNER Ein Herold Der Bass studierte in St. Petersburg Gesang. Beim Bundeswettbewerb „Jessenins Lieder“ gewann er den 2. Preis. Außerdem war er Stipendiat des Wagnerstimmen-Wettbewerbs Bayreuth. Vom Theater Detmold wechselte er 2010 in den BADISCHEN STAATSOPERNCHOR. Hier ist er solistisch aktuell in Die Entführung aus dem Serail und La Bohème zu hören. DMITRIJUS POLESCIUKAS Ein Herold Nach seinem Gesangsstudium in Vilnius gehörte der litauische Bass dem Chor des Litauischen Nationaltheaters an. Dort war er auch solistisch u. a. als Saretzki in Eugen Onegin, als Sergeant in Manon Lescaut, als Herold in Otello und als Ariodate in Händels Serse zu hören. Anfang 2014 wechselte er in den BADISCHEN STAATSOPERNCHOR. WOLFRAM KROHN Erscheinung Der Bass studierte in Hannover, gehörte dem NDR-Chor Hamburg an und sang u. a. im Bayreuther Festspielchor. Solo-Engagements führten ihn nach Ludwigshafen, Braunschweig und Würzburg. Seit 1998 singt und spielt Krohn im BADISCHEN STAATSOPERNCHOR, wo er auch zahlreiche Solo-Partien übernimmt, zuletzt u. a. in Der Prophet und in der Zauberflöte. 42 THOMAS REBILAS Erscheinung Der Gewinner mehrere internationaler Gesangswettbewerbe wurde in den USA geboren. Als Solist war er seit 1978 an Theatern wie Mannheim, Köln, Wiesbaden, Dortmund, Heidelberg und Würzburg in Rollen wie Nabucco, Iago, Eugen Onegin, Telramund, Golaud und Orest in Elektra zu hören. Seit 2011 ist er Mitglied des BADISCHEN STAATSOPERNCHORES. HÉLÈNE VERRY Traum-Choreografie Verry studierte an den Konservatorien Dijon und Lyon und erwarb in Paris ihr Tanzdiplom. Über das Jeune Ballet de France und das Ballet National de Nancy et de Lorraine kam sie zum Ballett des STAATSTHEATERS KARLSRUHE. Hier tanzte und assistierte sie unter den Ballettchefs Casado, Schmidt und Wyss. 2004 gründete sie das Ballettstudio LA REMISE. ACHIM GOEBEL Video Goebel studierte in Karlsruhe und an der Hochschule der Künste, Berlin, Malerei. Er schloss seine Ausbildung als Meisterschüler von Klaus Fußmann ab. Seither ist er freischaffend u. a. für das ZKM, den SWR und das STAATSTHEATER KARLSRUHE tätig. Hier realisierte er Das Glasperlenspiel und führte die Live-Kamera in La Bohème und Der Prophet. VEREHRUNG, RESPEKT, LIEBE WERDEN DEINEM GREISENALTER KEINE BLUMEN STREUEN. 43 BILDNACHWEISE IMPRESSUM TITELFOTO Felix Grünschloß PROBENFOTOS Falk von Traubenberg HERAUSGEBER BADISCHES STAATSTHEATER KARLSRUHE Foto J. Willig: John Wright GENERALINTENDANT Peter Spuhler KAUFMÄNNISCHER DIREKTOR Johannes Graf-Hauber VERWALTUNGSDIREKTOR Michael Obermeier TEXTNACHWEIS Alle Texte sind Originalbeiträge von Dr. Boris Kehrmann für dieses Programmheft. Sämtliche Stückzitate sind in eigener Übersetzung wiedergegeben. OPERNDIREKTOR Michael Fichtenholz LEITENDER DRAMATURG OPER Carsten Jenß REDAKTION Dr. Boris Kehrmann KONZEPT DOUBLE STANDARDS BERLIN www.doublestandards.net BADISCHES STAATSTHEATER KARLSRUHE 2015/16 Programmheft Nr. 294 www.staatstheater.karlsruhe.de GESTALTUNG Kristina Schwarz DRUCK medialogik GmbH, Karlsruhe SEI EIN MANN, MACBETTO! 44 Seung-Gi Jung ICH MÖCHTE EUCH FRAUEN NENNEN, ABER DAS VERBIETET MIR DIESER DRECKIGE BART.