Schleicherbung im Fernsehen

Werbung
Inhaltsverzeichnis
Kapitel
Seite
1. Einleitung...........................................................................................................................1
2. Die Begriffe Schleichwerbung und Product Placement
2.1 Schleichwerbung..............................................................................................................3
2.2 Product Placement...........................................................................................................4
2.2.1 Bedeutung und Entwicklung...................................................................................4
2.2.2 Product Placement in Abgrenzung zur Schleichwerbung.......................................5
3. Das Schleichwerbungsverbot
3.1 Voraussetzungen und Ziel der Norm................................................................................7
3.2 Darstellung zu Werbezwecken.........................................................................................7
3.2.1
Nachweis der Werbeabsicht....................................................................................8
3.2.2
Träger der Werbeabsicht.........................................................................................9
3.3 Irreführung des Rezipienten............................................................................................12
4. Das Trennungsgebot
4.1 Bedeutung und Entwicklung...........................................................................................14
4.2 Sinn und Zweck des Grundsatzes....................................................................................16
4.3 Verfassungsrechtliche Betrachtung des Trennungsgrundsatzes......................................17
4.4 Zulässigkeit von Product Placement durch Einschränkungen des Trennungsgebotes....18
5. Die Novellierung der EG-Fernsehrichtlinie........................................................................21
6. Schlussbetrachtung..............................................................................................................24
II
Quellen:
Bundesgerichtshof vom 22. Februar 1990 – I ZR 78/88 – „Werbung im Programm“, in:
Archiv für Presserecht, 2 (1990), S. 120 - 126
Doetz, Jürgen, in: Der Spiegel 39 (2005), S. 83
EG- Fernseh- Übereinkommen:
Download unter: http://conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/132.htm vom 16.01.2006
Reding, Viviane: „Jeder kann wegzappen“, in: Der Spiegel 46 (2005), S. 58
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Kennzeichnung des Films ‚Feuer, Eis und Dynamit’ als Dauerwerbesendung, in: Archiv für
Presserecht 4 (1999), S. 402 - 408
III
Literaturverzeichnis:
Asche, Florian: Das Product Placement im Kinospielfilm. Frankfurt/ Main, 1996
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Redaktion und Werbung in den Medien. Neuwied, 1996
Bente, Klaus: Product Placement. Entscheidungsrelevante Aspekte in der Werbepolitik.
Wiesbaden, 1990
Danwitz, Thomas von: Zur Regulierung von “product placement” bei der Novellierung der
EU- Fernsehrichtlinie, in: Archiv für Presserecht 5 (2005), S. 417 - 421
Johansson, Anja: Product Placement in Film und Fernsehen. Berlin, 2001
Fleming, Harald: Aktuelle und künftige programmbegleitende Werbeformen im Rundfunk.
Frankfurt/ Main, 2005
Fuchs, Christian: Leise schleicht’ s durch mein TV. Product Placement und
Schleichwerbung im öffentlich- rechtlichen Fernsehen. Eine Inhaltsanalyse am Beispiel von
Wetten dass..?, Berlin, 2005
Hesselberger, Dieter: Das Grundgesetzt. Kommentar für die politische Bildung. 13. Auflage,
Bonn, 2003
Hormuth, Steffen: Placements. Eine innovative Kommunikationsstrategie. München, 1993
Meyer- Harport, Dirk: Neue Werbeformen im Fernsehen. Untersuchung besonderer
Werbeformen anhand deutschem und europäischem Rundfunk- und Medienrecht. Frankfurt/
Main, 2000
Kroeber- Riel, Werner/ Esch, Franz-Rudolf: Strategie und Technik der Werbung,
Verhaltenswissenschaftliche Ansätze. 6. Auflage, Stuttgart, 2004
IV
Laukemann, Marc: Fernsehwerbung im Programm. Die zunehmende Kommerzialisierung
des Fernsehprogramms im Zeitalter der Ökonomisierung der Aufmerksamkeit als
verfassungs-, wettbewerbs- und rundfunkrechtliches Problem. Frankfurt/ Main, 2002
Möschter, Sonja: Redaktionelle Schleichwerbung und Journalismus am Beispiel der Young
Miss 1995 – 2000. Magisterarbeit, Hamburg, 2001
Pießkalla, Michael A./ Leitgeb, Stephan: Product Placements im Fernsehen –
Schleichwerbung ohne Grenzen? Rundfunk-, wettbewerbs- und zivilrechtliche Aspekte einer
Werbeform, in: Kommunikation & Recht 10 (2005), S. 433 - 440
Springer, Jochen: Schleichwerbung. Bedeutung und rundfunkrechtliche Beurteilung,
insbesondere in Abgrenzung zu verwandten Formen der Nennung von Namen und Firmen im
Rundfunkprogramm. Uelzen-Hamburg, 1998, S. 37
V
Internet:
bbv-net (Bocholter- Borkener- Volksblatt): Product Placement – Nichts für Deutsche?, vom
13.12.2005, download unter:
http://www.bbv-net.de/public/druckversion/nachrichten/medien/tv/165974 vom 18.01.2006
Evangelischer Pressedienst (epd) Medien Nr. 89, 12. November 2004: EU: Ein
Anfangshinweis
auf
Product
Placement
soll
genügen,
download
unter:
http://www.epd.de/medien/print/medien_index_38221.htm vom 13.01.2006
Netzeitung: EU-Kommissarin verteidigt Product Placement, 12. Dezember 2005, download
unter: http://www.netzeitung.de/servlets/page?section=784&item=372548 am 15.01.2006
Schnur, Wolfram: Spielfilm als Dauerwerbesendung, in IRIS 1999 Rechtliche Rundschau der
Europäischen
Audiovisuellen
Informationsstelle,
download
unter:
http://merlin.obs.coe.int/iris/1999/1/article8.de.html vom 16.01.2006
VI
1. Einleitung
Product Placement gehört zu einer Form der Werbung, die sowohl in der Betriebswirtschaft
als auch in den Rechtswissenschaften eine immer größere Rolle spielt. Während sich die
Betriebswirtschaftler vorwiegend mit der Effektivität dieser Werbeform beschäftigen, gibt es
unter Juristen eine Diskussion über die rechtliche Zulässigkeit der Produktplatzierungen.
Diese Auseinandersetzung gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere für die
Werbebranche und die werbebetreibende Industrie. Hier sind vor allem wirtschaftliche Motive
ausschlaggebend. Produktplatzierungen sind geeignet, sich positiv in das Bewusstsein des
Zuschauers zu bringen und durch einen Wiedererkennungseffekt die Nachfrage nach einem
bestimmten Produkt, einer Ware oder Dienstleistung zu steigern. Durch eine gezielte
Platzierung konnte zum Beispiel die amerikanische Schokoladenfirma „Hersheys“ eine der
spektakulärsten Werbeerfolge erzielen, in dem sie eines ihrer Produkte in der
Spielfilmproduktion „E.T.“ einsetzte. Mit diesem Artikel konnte das Unternehmen in der
Folgezeit
eine
Absatzsteigerung
von
70
Prozent
verzeichnen. 1
Aber
auch
für
Fernsehveranstalter und Filmproduzenten wird aus produktionsfinanziellen Gründen der
Einsatz von Product Placement zunehmend attraktiver.
Alle Beteiligten unterliegen jedoch gesetzlichen Bestimmungen. Das Recht der Gesetzgebung
im Rundfunkrecht sowie in der Rundfunkorganisation obliegt gemäß Artikel 30 in
Verbindung mit Artikel 70 Absatz 1 des Grundgesetztes (GG) den Ländern. So findet man
zahlreiche Landesgesetze und Staatsverträge, zum Beispiel der Staatsvertrag über die
Gründung des Norddeutschen Rundfunks
sowie über die Gründung von ARD
(Arbeitsgemeinschaft der öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik
Deutschland) und ZDF (Zweites deutsches Fernsehen). Die durch die Zuständigkeit der
Länder verursachte Vielzahl unterschiedlicher Regelungen führten in den achtziger Jahren zu
dem Wunsch der Vereinheitlichung, aus dem im Dezember 1987 der Rundfunkstaatsvertrag
(RStV) der Länder hervorging. Dieser enthält nunmehr grundsätzliche Bestimmungen für den
Rundfunk sowie für das duale System des Nebeneinanders von öffentlich- rechtlichen und
privaten Rundfunkanstalten. Seit dem 1.1.1992 gibt aufgrund der Wiedervereinigung der
beiden deutschen Staaten den „Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinigten Deutschland“.
Artikel 1 dieses Staatsvertrages enthält eine Neufassung des Rundfunkstaatsvertrages vom
1987. Grund hierfür war nicht allein die einheitliche rundfunkrechtliche Regelung für alle 16
1
Vgl. Asche, Florian: Das Product Placement im Kinospielfilm. Frankfurt/ Main, 1996, S. 29
1
Bundesländer, sondern gleichfalls die Umsetzung der europäischen Richtlinien in nationales
Recht. Von Bedeutung sind hier vor allem die Richtlinie 89/552/EWG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 03.10.1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (EGFernsehrichtlinie) sowie das Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende
Fernsehen 2 vom 05.05.1989 (EG- Fernsehübereinkommen). 3
In diesen Vorschriften finden sich gesetzliche Normen für den Bereich der Werbung. Diese
Arbeit beleuchtet den Einsatz von Product Placement als Form der Werbung, die gesetzlichen
Schranken unterliegt. Dabei soll vor allem auf das Schleichwerbungsverbot sowie das
Trennungsgebot eingegangen werden. Es ist zu untersuchen, wann Product Placement
unzulässig und somit als Schleichwerbung klassifiziert werden muss. Auch in den Fällen, bei
denen es sich nicht um Schleichwerbung handelt, können Produktplatzierungen gegen
geltendes Recht verstoßen – gegen das Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem
Programm. Vorab soll der Sinn und Zweck sowie die Bedeutung dieser Vorschriften erläutert
werden.
Besonders in den letzten Debatten in der Öffentlichkeit, hervorgerufen durch den
Schleichwerbungskandal in der ARD- Fernsehserie „Marienhof“ sowie in einigen
Kriminalfilmen
der
„Tatort“-
Reihe,
aber
auch
durch
Sendungen
der
privaten
Fernsehveranstalter, beispielsweise Produktplatzierungen der Kochsendung „Schmeckt nicht,
gibt’s nicht“ bei dem Sender VOX, wurden Forderungen nach Neuerungen und Lockerungen
des strengen Regelungswerkes für Product Placement laut. Diese könnten durch die
Novellierung der EG- Fernsehrichtlinie nun Wirklichkeit werden.
Welche
Neuregelungen
zu
erwarten
sind
und
welche
medienpolitischen
Auseinandersetzungen geführt werden, soll in Kapitel 5 dargestellt werden.
Die
rechtliche
Zulässigkeit
von
Product
Placement
kann
ebenfalls
durch
wettbewerbsrechtliche Regelungen beeinflusst werden. Dies soll in dieser Arbeit jedoch nicht
betrachtet werden. Vielmehr richten sich die Ausarbeitungen allein auf oben genannte
rundfunkrechtliche Bestimmungen.
2
3
Amtliche Übersetzung Deutschlands
Vgl. Johansson, Anja: Product Placement in Film und Fernsehen. Berlin, 2001, S. 35 ff.
2
2. Die Begriffe Schleichwerbung und Product Placement
2.1. Schleichwerbung
Ein Begriff für Schleichwerbung veranschaulicht die Sicht der betroffene Werbeträger.
Danach schleichen sich Werbebotschaften in das laufende Programm ein, ohne das dies vom
Veranstalter ausdrücklich gewollt ist. Häufig kommt dies in Livesendungen zum tragen, wenn
durch einen Interviewpartner unvorhergesehen Marken, Produkte oder Firmen zu
Werbezwecken genannt werden. Diese Interpretation wird vor allem von den Medien genutzt,
da Schleichwerbung einen Einnahmeverlust bedeutet.
Die überwiegende Begriffsbestimmung orientiert sich jedoch an der Sichtweise des
Verbrauchers und definiert Schleichwerbung als eine Werbeform, deren werblicher Charakter
für den Rezipienten nicht erkennbar ist.4 Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft
(ZAW) folgt dieser Ansicht und beschreibt Schleichwerbung als Werbemaßnahme, die ohne
Erkennbarmachung der werblichen Form an den Zuschauer gesandt wird. 5
In § 2 Abs. 2 Nr. 6, 1. HS des Rundfunkstaatsvertrages ist eine Legaldefinition zu finden.
Danach handelt es sich um Schleichwerbung, wenn Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken
oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in
Programmen erwähnt oder dargestellt werden und dies vom Veranstalter absichtlich zu
Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks
dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt
insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine
ähnliche Gegenleistung erfolgt.
Diese Definition ist angelehnt an Artikel 10 Abs. 1 der EG- Fernsehrichtlinie.
Im Folgenden ist bei der Verwendung des Begriffes „Schleichwerbung“ die Definition des
Rundfunkstaatsvertrages beziehungsweise der Fernsehrichtlinie gemeint.
4
Vgl. Bente, Klaus: Product Placement. Entscheidungsrelevante Aspekte in der Werbepolitik, Wiesbaden, 1990,
S. 38
5
Vgl. Johansson: Product Placement in Film und Fernsehen. 2001, S. 13
3
2.2. Product Placement
2.2.1 Bedeutung und Entwicklung
Allgemein lässt sich Product Placement als „sichtbare Integration von Produkten in
redaktionelle Inhalte verstehen, enger die werbewirksame Platzierung von Markenprodukten
als reale Requisiten in der Handlung eines Films, im Hintergrund einer Szene oder in einer
Fernsehshow etc.“ 6 Dabei werden No- Name- Artikel durch Markenartikel ersetzt, welche im
Gebrauchs- und Verbrauchsfeld des Darstellers gezeigt und auf diesem Weg zielgerecht im
Rundfunkprogramm
eingesetzt
werden
Kommunikationsmittel Verwendung finden.
und
als
Marketing-
und
werbliches
7
Hierin liegt auch seine Bedeutung für den Werbetreibenden. Durch die Integration ihrer
Produkte oder Dienstleistungen in bestimmte Filme, Serien oder Unterhaltungsshows,
erhoffen sich die Unternehmen eine größere Reichweite bei der entsprechenden Zielgruppe.
Auch soll der Zuschauer das Produkt mit dem jeweiligen Programm positiv in Verbindung
bringen. 8
Weiterhin sinkt die Effizienz der klassischen Werbung, vor allem durch mangelnde
Glaubwürdigkeit beim Zuschauer, Reizüberflutung, übertriebene oder unglaubwürdige
Werbeaussagen oder fehlende Originalität, so dass neue Formen für die Anpreisung der
Waren gefunden werden müssen. Product Placement bietet sich hier geradezu an.
Nicht zuletzt spielen die Kosten eine entscheidende Rolle, da nicht nur die Gelder für die
Spots eingespart werden, sondern Product Placements in aller Regel günstiger als klassische
Reklame ist. 9
Aber auch für die Produktionsgesellschaften ergeben sich Vorteile. So können Kosten bei der
Herstellung des Rundfunkprogramms durch kostenlose oder kostengünstige Bereitstellung
von Requisiten gesenkt werden. 10
6
Fleming, Harald: Aktuelle und künftige programmbegleitende Werbeformen im Rundfunk. Frankfurt/ Main,
2005, S. 20
7
Vgl. Hormuth, Steffen: Placements. Eine innovative Kommunikationsstrategie. München, 1993, S. 67
8
Vgl. Pießkalla, Michael A./ Leigeb, Stephan: Product Placements im Fernsehen – Schleichwerbung ohne
Grenzen? Rundfunk-, wettbewerbs- und zivilrechtliche Aspekte einer Werbeform, in: Kommunikation & Recht
10 (2005), S. 433
9
Vgl. Fuchs, Christian: Leise schleicht’ s durch mein TV. Product Placement und Schleichwerbung im
öffentlich- rechtlichen Fernsehen. Eine Inhaltsanalyse am Beispiel von Wetten dass..?, Berlin, 2005 S. 51 ff.
10
Vgl. Pießkalla/ Leigeb: Product Placements im Fernsehen – Schleichwerbung ohne Grenzen?, in:
Kommunikation & Recht 10 (2005), S. 433
4
Product Placement ist kein neues Phänomen. Besonders in Kinofilmen wurde bereits in den
zwanziger Jahren strategische Produktplatzierungen vorgenommen. Allen voran Hollywood.
Autoverleiher boten ihre Fahrzeuge kostenlos als Requisite an, um als Gegenleistung einen
Werbeplatz im Kinofilm zu erhalten. 11 Das erste entgeltliche Product Placement wurde im
Film „Die Reifeprüfung“ von 1967 mit Dustin Hoffmann nachgewiesen, der als
Hauptdarsteller einen roten Alfa Romeo Spider fährt, welcher gegen die Zahlung eines
unbekannten Betrages werbewirksam platziert wurde. 12 In den siebziger Jahren entstanden die
ersten Product Placement- Agenturen, wodurch sich der Umgang mit Product Placement mehr
und mehr professionalisierte und sich zu einem eigenständigen Marketinginstrument
entwickelte.
In den achtziger Jahren entdeckte man aufgrund der sinkenden Effizienz der klassischen
Werbung auch in Deutschland das Instrument des Product Placement als neue
Finanzierungsmöglichkeit für aufwendige Produktionen. Allerdings führte ein anfangs
ungeschickter Umgang mit Platzierungen, zum Beispiel in der Fernsehserie der ARD
„Lindenstrasse“, zu Empörung beim Publikum und verschaffte den Veranstaltern negative
Presse. So entwickelte sich ein sensibler Umgang mit diesem Thema und eine Assoziation mit
dem Begriff Schleichwerbung. 13
2.2.2 Product Placement in Abgrenzung zur Schleichwerbung
Eine Unterscheidung bei der Definition der Begriffe Product Placement und Schleichwerbung
wird in der Literatur häufig nicht vorgenommen, vielmehr werden sie synonym verwandt.
Dabei wird Product Placement oftmals nur als „die höfliche Form der Schleichwerbung“ 14
oder als neue, moderne Variante der Schleichwerbung bezeichnet, die durch vermehrte
Verwendung von Anglizismen in den deutschen Sprachgebrauch integriert wurde. Fraglich ist
jedoch, ob die beiden Begriffe auch tatsächlich identisch sind. 15
Wie bereits dargestellt, ist ein wichtiges Kriterium der Schleichwerbung die Irreführung des
Rezipienten und ist gemäß § 7 Absatz 6 Rundfunkstaatsvertrag unzulässig ist. Product
Placement kann jedoch auch dann vorliegen, wenn der werbliche Charakter für den
11
Vgl. Asche: Das Product Placement im Kinospielfilm. 1996, S. 28
Vgl. Fuchs: Leise schleicht’ s durch mein TV. 2005, S. 17
13
Vgl. Hormuth: Placements. Eine innovative Kommunikationsstrategie. 1993, S. 68 f.
14
Hormuth: Placements. 1993, S. 71
15
Vgl. Springer, Jochen: Schleichwerbung. Bedeutung und rundfunkrechtliche Beurteilung, insbesondere in
Abgrenzung zu verwandten Formen der Nennung von Namen und Firmen im Rundfunkprogramm. UelzenHamburg, 1998, S. 37
12
5
Konsumenten eindeutig erkennbar gemacht wird. Bei Schleichwerbung geht die Darstellung
der Produkte, Marken oder Firmen über die einfache optische oder verbale Darbietung hinaus,
sondern sie durchdringen ganze Sendungen mit werblichen Inhalten. Dagegen kann der
Einsatz von Placements als Marketing- und Finanzierungselement genutzt werden und besitzt
teilweise als eingesetzte Requisite dramaturgische Notwendigkeit. Letzteres ist gerade bei
Schleichwerbung nicht der Fall. 16
Mithin sind Schleichwerbung und Product Placement nicht gleichzusetzen. Gemeinsamkeiten
weisen sie dennoch auf. Hervorzuheben ist insbesondere die werbliche Intention durch
Darstellung von Marken, Produkten und Firmen als Bestandteil einer Sendung und außerhalb
der regulären Werbezeit. 17
Product Placement könnte als spezielle Form der Schleichwerbung bezeichnet werden. Auch
wenn Product Placements im Rundfunkstaatsvertrag nicht ausdrücklich definiert werden, so
ist seit der Bundesgerichtshofentscheidung zum Fall „Wer erschoss Boro?“ verdeutlicht
worden, dass Placements ebenfalls den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrag unterliegen
und somit im redaktionellen Programm grundsätzlich verboten sind. 18 Bei „Wer erschoss
Boro?“ handelte es sich um ein Kriminalfernsehspiel des zweiten deutschen Fernsehens
Anfang der neunziger Jahre, bei dem das ZDF gemeinsam mit einem Verlag ein begleitendes
Lösungsbuch herausbringen wollte. In Programmhinweisen zu der Serie wurde gleichzeitig
auf das Buch aufmerksam gemacht. Der BGH sah hierin einen Verstoß gegen das
Trennungsgebot. 19
Product Placement ist mithin eine Form der Schleichwerbung. Diese Aussage ist jedoch nicht
allgemeingültig, denn nicht jedes Product Placement fällt unter das Schleichwerbungsverbot
und ist damit unzulässig. Es muss also zwischen zulässigem und unzulässigem Product
Placement unterschieden werden. Um vom Schleichwerbungsverbotes erfasst zu werden,
müssen die Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs. 6 RStV vorliegen.
Die Voraussetzungen des Schleichwerbungsverbotes soll im nächsten Kapitel veranschaulicht
werden.
16
Vgl. Fuchs: Leise schleicht’ s durch mein TV. 2005, S. 29 f.
Vgl. Meyer- Harport, Dirk: Neue Werbeformen im Fernsehen. Untersuchung besonderer Werbeformen anhand
deutschem und europäischem Rundfunk- und Medienrecht. Frankfurt/ Main, 2000, S.113
18
Vgl. Hormuth: Placements. Eine innovative Kommunikationsstrategie. München, 1993, S 209
19
Vgl. BGH vom 22. Februar 1990 – I ZR 78/88 – „Werbung im Programm“, in: Archiv für Presserecht, 2
(1990), S. 120 f.
17
6
3. Das Schleichwerbungsverbot
3.1. Voraussetzungen und Ziel der Norm
In
Abgrenzung
von
zulässigem
und
unzulässigem
Product
Placement
ist
das
Schleichwerbungsverbot des § 7 Abs. 6 S. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV
einschlägig. Die Tatbestandsmerkmale ergeben sich unmittelbar aus der Legaldefinition. Es
muss sich demnach um die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen,
Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von
Dienstleistungen in Programmen handeln. Zweite Voraussetzung ist der absichtlich vom
Veranstalter vorgesehene Werbezweck sowie drittens, die potentielle Irreführung der
Allgemeinheit – also des Zuschauers – über den eigentlichen Zweck der Darstellung oder
Erwähnung.
Sinn und Zweck dieser Norm ist also der Schutz des Rezipienten vor einer Täuschung über
den werblichen Charakter durch die jeweilige Produkterwähnung oder -darstellung. Dabei
muss das Publikum lediglich über den Zweck der Werbung irregeführt werden können, eines
empirischen Nachweises darüber, ob und wie hoch der tatsächlich getäuschte Zuschaueranteil
tatsächlich ist, bedarf es nicht. 20
Der Nachweis des Merkmales der Darstellung oder Erwähnung von Waren oder
Dienstleistungen ist regelmäßig unproblematisch, sodass im Folgenden auf die weiteren
Voraussetzungen eingegangen werden soll.
3.2. Darstellung zu Werbezwecken
Das Vorliegen des Werbezweckes ist gegeben, wenn die Einblendung eines Produktes
objektiv zur Werbung, also zur Förderung des Wettbewerbes geeignet ist und subjektiv eine
Werbeabsicht hinter der Produkteinblendung steht. Product Placement ist in der Regel allein
schon wegen des hohen Wiedererkennungs- oder Einprägungseffektes zur Werbung geeignet.
Somit bestehen beim Nachweis der Werbeeignung grundsätzlich keine Schwierigkeiten. Das
20
Vgl. Meyer- Harport: Neue Werbeformen im Fernsehen. 2000, S.113
7
subjektive Merkmal der Werbeabsicht ergibt sich aus der Formulierung „zu Werbezwecken
vorgesehen“ und ist weniger einfach darzulegen. 21
3.2.1 Nachweis der Werbeabsicht
Die Werbeabsicht kann unzweifelhaft dann angenommen werden, wenn die Darstellung
gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 6 S. 2 RStV gegen „Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt“.
So würden eine vertragliche Vereinbarung zwischen einem Rundfunkveranstalter und einem
Werbetreibenden über die Zurschaustellung von Emblemen oder Produkten gegen Entgelt
unter das Schleichwerbeverbot fallen. Gleiches gilt für andere Verpflichtungen, zum Beispiel
die Zusage zur kostengünstigen Abgabe von Übertragungs- oder sonstigen Rechten an den
Programmveranstalter zugunsten von Produktplatzierungen. Hierunter sind ebenfalls Fälle zu
subsumieren, in denen Musiker oder Schriftsteller auf Gagen verzichten, wenn im Gegenzug
Produkte der Künstler, Konzerttermine oder ähnliches während der Sendung erwähnt
werden. 22 Anschauliches Indiz für unzulässige Placements ist weiterhin die Beachtung einer
Marken- oder Produktdarbietung bereits beim Anfertigen eines Drehbuchs. Aufgrund der
fehlenden Transparenz und schwieriger Nachweisbarkeit der genannten Verabredungen, muss
„im Einzelfall auf objektiv interpretationsfähige Indizien“ 23 für unzulässige Product
Placements zurückgegriffen werden. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn kein Entgelt
gezahlt wurde und die Produkte kostenlos oder leihweise als Requisite zur Verfügung gestellt
werden.
So ist grundsätzlich die Werbeabsicht anzunehmen, wenn die Unterbringung von Produkten
oder Abbildung von Logos für die Handlung der Sendung nicht erforderlich sind. Dabei ist
die Erkennbarkeit der Marke, des Herstellers oder eines anderen Unterscheidungsmerkmales
von entscheidender Relevanz. So ist beispielsweise für die Handlung eines Spielfilmes
oftmals unerheblich, welche Marke verwendet wird. Das bedeutet, dass eine erkennbare
Darbietung des Produktes und damit unzulässige Schleichwerbung auch ohne Verlust der
Authentizität vermieden werden kann.
Anders verhält sich dies bei der Darstellung von Produkten, die allein schon wegen ihrer
bekannten Form einem Hersteller zuzuordnen sind, ohne dass die Marke genau bezeichnet
werden brauch. So ist zum Beispiel eine Coca-Cola Flasche für die meisten Rezipienten auch
21
Vgl. Johansson: Product Placement in Film und Fernsehen. 2001, S. 51
Vgl. Meyer- Harport: Neue Werbeformen im Fernsehen. 2000, S.114
23
Fleming: Aktuelle und künftige programmbegleitende Werbeformen im Rundfunk. 2005, S. 81
22
8
ohne das Etikett zu erkennen. Hierbei würde ein Verzicht auf diese Produkte zum Verlust der
realistischen, der Wirklichkeit angepassten Darstellung der Umwelt führen, was dem
Rundfunkveranstalter nicht zuzumuten wäre. 24
Allerdings ist in den Fällen, in denen die Darbietung eines Produktes notwendig war, das
„wie“ der Darstellung zu prüfen. Indiz für unzulässiges Product Placement ist dabei die
unverhältnismäßige Zurschaustellung eines Erzeugnisses, etwa durch Großaufnahmen oder
wiederholte Einblendungen, wenn dieses als Requisite für die Handlung zwar notwendig war,
die Intensität der Darstellung jedoch dramaturgisch auch unauffälliger hätte ausfallen können.
Auch übermäßige Erwähnung eines Produktes oder wiederholendes Lob führen zum Bejahen
des Tatbestandmerkmales der Werbeabsicht. 25
Schwierig ist die Einordnung zum Beispiel bei Quiz- Sendungen, in denen Waren als Preise
vergeben werden. Hierbei dürfen die Produkte nur dann genannt werden, wenn es für den
Ablauf der Sendung notwendig ist und weitere werbliche Erläuterungen über Merkmale des
Preises unterlassen werden. Auch bei Ratgeber-, Warentest oder Informationssendungen
können sich Hindernisse ergeben. In diesem Fall muss im besonderen Maße auf die
Neutralität des Rundfunks, sachliche Berichterstattung und auf die Vermeidung von
einseitiger Bevorzugung geachtet werden. 26
Die Darstellung der Möglichkeiten zum Nachweis der Werbeabsicht ist beispielhaft und muss
auch unter Berücksichtung verfassungsrechtlicher Grundsätze wie der Rundfunkfreiheit im
Einzelfall geprüft werden.
3.2.2. Träger der Werbeabsicht
Weiterhin ist zu prüfen, wer der Träger der Werbeabsicht ist. Unter das Schleichwerbeverbot
fallen Produkteinblendungen, wenn sie vom Rundfunkveranstalter selbst vorgenommen
werden. Rundfunkveranstalter im Sinne des Europäischen Übereinkommens über das
grenzüberschreitende Fernsehen des Europarates vom 05.05.1989 ist „die natürliche und
juristische Person, die Fernsehprogramme für den Empfang durch die Allgemeinheit
24
Vgl. Meyer- Harport: Neue Werbeformen im Fernsehen. 2000, S. 121 f.
Vgl. Fleming: Aktuelle und künftige programmbegleitende Werbeformen im Rundfunk. 2005, S. 81 f.
26
Vgl. Johansson: Product Placement in Film und Fernsehen. 2001, S. 55
25
9
zusammenstellt und sie verbreitet oder vollständig und unverändert durch einen Dritten
verbreiten lässt“ 27 . Bei juristischen Personen ist die Werbeabsicht der jeweiligen Organe zu
untersuchen. Organe sind dabei die verfassungsmäßig berufenen Vertreter der juristischen
Personen, die sich nach dem geltenden Gesellschaftsrecht richten. Öffentlich- rechtliche
Veranstalter organisieren sich in der Regel als öffentlich- rechtliche Anstalt. Privatrechtliche
Veranstalter können in verschiedenen Formen vertreten sein, zum Beispiel RTL plus
Deutschland Fernsehen GmbH & Co. KG oder Pro Sieben Sat 1 Media AG. 28
Schwieriger wird der Nachweis, wenn Dritte an der Sendung beteiligt sind. Der
Rundfunkstaatsvertrag erfasst als Adressaten lediglich den Fernsehveranstalter. Zulieferer,
zum Beispiel Produktionsgesellschaften, sind „aufgrund fehlenden Einflusses auf den
Programmablauf keine Verbotsadressaten“ 29 . Auch die EG- Fernsehrichtlinie stellt in Artikel
1 Buchstabe d auf den Fernsehveranstalter ab. Es sollte jedoch allein schon wegen des Sinn
und Zweckes des Schleichwerbungsverbotes für eine weite Auslegung argumentiert werden.
Die Allgemeinheit ist in der Regel nicht in der Lage, zwischen den verschiedenen Arten der
Produktion zu unterscheiden. Die erwartete Neutralität und Objektivität gilt somit für alle
redaktionellen Beiträge. Auch kann auf die Verantwortlichkeit der Organe, beispielsweise des
Intendanten nach § 27 Abs. 1 des ZDF- Staatsvertrages hingewiesen werden. So sollte der
Einfluss auf Auftragsproduktionen, zum Beispiel in Form von vertraglichen Vereinbarungen,
die Product Placement ausschließen, beachtet werden.
Daher sind auch Werbeabsichten Dritter unter das Schleichwerbeverbot zu subsumieren.
Allerdings kann von den Grundsätzen abgewichen werden, wenn es sich um Darstellungen
handelt, bei denen der Einfluss des Fernsehveranstalters begrenzt ist. Gerechtfertigt ist dies
bei reinen Kaufproduktionen. Kinofilme, bei denen nach geltender Rechtssprechung 30
Markenplatzierungen zulässig sind, können später auch im Fernsehen ausgestrahlt werden,
ohne dass die Unabhängigkeit des Veranstalters oder das Kommunikationsinteresse des
Zuschauers berührt wird. 31 Weiterhin herrscht für Spielfilmproduktionen nicht der gleiche
strenge Maßstab hinsichtlich Werbung wie bei Rundfunkveranstaltern oder Presse, da der
Zuschauer nicht das gleiche Maß an Objektivität erwartet wie beim Rundfunk. Auch werden
27
EG- Fernseh- Übereinkommen. Download unter http://conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/132.htm
vom 16.01.2006
28
Vgl. Johansson: Product Placement in Film und Fernsehen. 2001, S. 56
29
Vgl. Pießkalla/ Leigeb: Product Placements im Fernsehen – Schleichwerbung ohne Grenzen? In:
Kommunikation & Recht 10 (2005), S. 435
30
Vgl. dazu: VG Berlin, Urteil vom 15. April 1999 – VG 27 A 289.98 – „Zur Kennzeichnung des Films ‚Feuer,
Eis und Dynamit’ als Dauerwerbesendung, in: Archiv für Presserecht 4 (1999), S. 402 - 408
31
Vgl. Fleming: Aktuelle und künftige programmbegleitende Werbeformen im Rundfunk. 2005, S. 83
10
in ausländischen Produktionen oftmals nicht die gleichen hohen werberechtlichen
Anforderungen gestellt. Die strenge Durchsetzung der staatsvertraglichen Regelungen würde
somit der Herstellung von Drittproduktionen verhindern oder dem Publikum ausländische
Filme vorenthalten, was wiederum gegen den Programmauftrag der Sendeveranstalter
sprechen würde. 32
Nach herrschender Meinung ist daher bei Fremd- und Kaufproduktionen „eine Abwägung
zwischen der Quantität der enthaltenen Werbung, dem Publikumsinteresse, dem
Trennungsgebot und dem umfassenden Programmauftrag des Rundfunkveranstalters
gefordert, da nicht auf die Ausstrahlung aller Fremdproduktionen verzichtet werden könne,
bei denen Werbung und werbewirksame Darstellung sich nicht auf das künstlerisch oder
journalistisch Notwendige beschränkten“ 33 .
Diese Abwägung wirft allerdings die Problematik der Ungleichbehandlung von Fremd- und
Eigenproduktionen auf. Eine Differenzierung ist aber im Rundfunkstaatsvertrag nicht
vorgesehen. Fraglich ist, ob die Bevorzugung von Fremdproduktionen hinsichtlich der
Akzeptanz von Product Placement mit dem Verweis auf den Programmauftrag gerechtfertigt
ist. Auch spricht einiges dagegen, den Grad es Zuschauerinteresses als Abwägungsvariable zu
benutzten. Gerade bei einem hohen Interesse an einem Programm, welches Schleichwerbung
beinhaltet, ist der oben dargestellte Zweck der Norm im besonderen Maße gefährdet. Daher
sollte sich der Veranstalter, um nicht ganz auf die Ausstrahlung verzichten zu müssen, das
Recht zur Veränderung des Filmmaterials vorbehalten, soweit nicht Urheberrechte verletzt
werden. Dass dies allerdings in der Praxis kaum ausführbar ist, bleibt nicht unberücksichtig. 34
Ein weiteres Problem können Aussagen von Interviewpartner oder Personen, die als
Werbeträger bestimmter Unternehmen auftreten, darstellen. Vor allem in Live- Sendungen ist
die Einflussnahme des Veranstalters äußerst gering. 35 Allerdings ist in diesen Fällen die
Werbeabsicht klar erkennbar, so dass es an dem Tatbestand der Irreführung fehlt. Gleiches
gilt bei der Übertragung von Sportveranstaltungen, in denen zum Beispiel Banden- und
Trikotwerbung einen Werbeeffekt erzielen. Auch hier kann Täuschungsgefahr der
Allgemeinheit aufgrund der Offensichtlichkeit des Werbezweckes ausgeschlossen werden.
Außerdem ist Banden- und Trikotwerbung während Sportveranstaltung eine Abbildung der
32
Vgl. Meyer- Harport: Neue Werbeformen im Fernsehen. 2000, S.117 f.
Fleming: Aktuelle und künftige programmbegleitende Werbeformen im Rundfunk. 2005, S. 83
34
Vgl. Meyer- Harport: Neue Werbeformen im Fernsehen. 2000, S.117 ff.
35
Vgl. Johansson: Product Placement in Film und Fernsehen. 2001, S. 56 ff.
33
11
Wirklichkeit, was ausdrücklich zum Auftrag des Rundfunkveranstalter gehört. Werbeeffekte
können bei diesen Ereignissen hingenommen werden. 36
3.3 Irreführung des Rezipienten
Unzulässig wäre Product Placement dann, wenn auch das dritte Tatbestandsmerkmal des § 2
Abs. 2 Nr. 6. 1. HS RStV, also die Täuschungsgefahr, erfüllt ist. Dies bedeutet, dass Waren
wie zufällig als bloße Requisiten in die Handlung eingebaut werden, tatsächlich jedoch auf
die Erzielung von Werbeeffekten gerichtet sind, ohne dass der Werbecharakter vom
Zuschauer erkennbar wird. 37 Die Darstellung des Produktes muss demnach geeignet sein, die
„Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung“ (§
2 Abs. 2 Nr. 6. 1. HS RStV) irrezuführen.
Der Zuschauer erwartet, unabhängig von der Ausstrahlung im privaten oder öffentlichrechtlichen Fernsehen, keine Werbung. Diese Erwartungshaltung ergibt sich aus Erfahrungen
des Rezipienten sowie aus dem gesetzlich geregelte Trennungsgebot. Ausführlich wird das
Trennungsgebot in Kapitel 4 behandelt.
Auch sollte der Rezipient besonders im Hinblick auf den Informationsauftrag des
Rundfunkveranstalter, von dessen Neutralität ausgehen können. Tauchen Produkte im
laufenden Programm auf, erwartet das Publikum, dass dies aus unvermeidlichen
redaktionellen oder journalistischen und nicht aus wettbewerbstechnischen Gründen
geschieht. Steckt hinter der Einblendung eine Werbeabsicht, wird der Zuschauer über diese
Absicht getäuscht.
Ähnliches
gilt
bei
Unterhaltungssendungen.
Hier
geht
der
Zuschauer
bei
Produktplatzierungen von einer dramaturgischen oder künstlerischen Notwendigkeit aus, da
die Darstellung bestimmter Artikel für eine wirklichkeitsnahe Darbietung der Realität oftmals
notwendig ist. Steht jedoch die Werbeabsicht hinter der Abbildung des Produktes, ist die
Voraussetzung der Irreführung der Allgemeinheit gegeben. 38
36
Vgl. Meyer- Harport: Neue Werbeformen im Fernsehen. 2000, S.119 f.
Vgl. Pießkalla/ Leigeb: Product Placements im Fernsehen – Schleichwerbung ohne Grenzen? In:
Kommunikation & Recht 10 (2005), S. 434
38
Vgl. Johansson: Product Placement in Film und Fernsehen. 2001, S. 60 ff.
37
12
Wie unter Kapitel 3.2.2 bereits dargestellt, ist bei Product Placement, in denen sich der
Werbecharakter offensichtlich aufdrängt, der Tatbestand der Irreführung abzulehnen. Mithin
fallen diese Ereignisse nicht unter das Schleichwerbungsverbot des Rundfunkstaatsvertrages.
13
4. Das Trennungsgebot
4.1 Bedeutung und Entwicklung
Ist eine Produktplatzierung aus einem der oben dargestellten Gründen nicht wegen des
Schleichwerbungverbotes unzulässig, ist zu prüfen, ob dieses Product Placement
uneingeschränkt zulässig oder aufgrund des Trennungsgebotes unzulässig ist.
Diese Prüfungsreihenfolge ist anzuwenden, da das Schleichwerbungsverbot des § 7 Abs. 6 in
Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV eine Spezialvorschrift (lex specialis) gegenüber § 7
Abs. 3 S. 2 RStV darstellt. Mithin tritt das Trennungsgebot hinter der spezielleren Norm
zurück. Das Schleichwerbungsverbot verdrängt das Trennungsgebot jedoch nicht, sondern
stellt hinsichtlich der Produktplatzierungen eine Konkretisierung dar. 39
Das Trennungsgebot fordert, durch Einsatz optischer Mittel im Fernsehen oder akustischen
Mitteln im Hörfunk, die deutliche Trennung von redaktionellem Programm und
Wirtschaftswerbung, das bedeutet, dass diese beiden Faktoren keine Verbindungen
zueinander aufweisen dürfen.
Werbung soll gemäß des Satzes 1 des § 7 Abs. 3 RStV als solche klar erkennbar sein. Das
Kennzeichnungsgebot kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn es für den Zuschauer
nicht zweifelsfrei zwischen werblichen und redaktionell gestalteten Programm zu
unterschieden vermag. 40
Das Trennungsgebot geht ursprünglich auf die Zeitungsverleger zurück. Der Verein
Deutscher Zeitungsverleger (VDZV), gegründet 1894, sah sich durch Anzeigeblätter, wie
„Generalanzeiger“, in ihrer Existenz bedroht, da diese durch Anzeigen finanzierte Blätter
immer erfolgreicher wurden und forderten darum 1901 eine einheitliche Regelung. Im Jahr
1904 begann der Kampf gegen redaktionelle Reklame. Grund dafür war jedoch weniger die
Gefahr der Irreführung des Lesers oder der Verlust der Unabhängigkeit, sondern vielmehr die
Papierknappheit sowie die Furcht vor Einnahmeverlusten im Anzeigengeschäft, von dem man
zunehmend abhängig wurde. Letzteres wurde Mitte der Zwanziger Jahre erneut als Problem
39
Vgl. Johansson: Product Placement in Film und Fernsehen. 2001, S. 71
Vgl. Springer: Schleichwerbung. Bedeutung und rundfunkrechtliche Beurteilung, insbesondere in Abgrenzung
zu verwandten Formen der Nennung von Namen und Firmen im Rundfunkprogramm. 1998, S. 40
40
14
erkannt und durch freie Vereinbarungen zu bekämpfen versucht. 41 Doch erst unter der NSHerrschaft wurde die Trennung von Werbung und redaktionellem Teil erstmals gesetzlich
festgeschrieben. Allerdings waren hier bereits Ausnahmen vorgesehen, wenn es dem Wohle
der Gemeinschaftsinteressen diente, was vor allem von politischer und behördlicher Seite
genutzt wurde.
Nach 1945 wurde durch die alliierten Besetzungsmächte angewiesen, die Trennung von
Werbung und Programm schriftlich auszuführen. So nahmen als erstes die Länder Hessen und
Bayern den Trennungsgrundsatz und das Kennzeichnungsgebot in ihre Landespressegesetze
auf. Die anderen Bundesländer folgten diesem Beispiel. Zu erwähnen wäre hier auch der
Einfluss des Zentralausschusses für die Werbewirtschaft (ZAW) sowie des Deutschen
Presserates, die auch später, in den Fünfziger und Sechziger Jahren auf das Bewusstsein für
das Trennungsgebot eingewirkt haben. 42
Heute ist die journalistische Unabhängigkeit, die durch Werbe- und Anzeigenaufträge nicht
beeinflusst werden darf, in Form des Trennungs- und Kennzeichnungsgebotes in allen
Landespressegesetzen zu finden. 43
Die Regelungen gelten nicht nur für die Presse, sondern „greifen auch dann ein, wenn es sich
[...] um werbliche Äußerungen im Programmteil des Fernsehens handelt“ 44 . Dies wurde
eindeutig in dem BGH- Urteil „Wer erschoss Boro?“ von 1990 festgelegt. 45 Aber auch schon
vor dieser höchstrichterlichen Festsetzung floss der Grundsatz der Trennung von Werbung
und Programm in die rundfunkrechtlichen Vorschriften ein. Begonnen hat die
Auseinandersetzung mit diesem Thema mit der Einführung des, zum größten Teil durch
Werbung finanzierten, privaten Rundfunks. Die für die Regelungen des privaten Rundfunks
verantwortlichen Landesmedien- beziehungsweise Landesrundfunkgesetze beinhalten seit
1985 den Trennungsgrundsatz.
Im Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens (Rundfunkstaatsvertrag) wurde 1987
erstmals für öffentlich- rechtliche und private Rundfunkveranstalter die Wahrung des
Trennungsgebotes gesetzlich geregelt. 1991 legte der Staatsvertrag über den Rundfunk im
41
Vgl. Baerns, Barbara: Schleichwerbung lohnt sich nicht! Plädoyer für eine klare Trennung von Redaktion und
Werbung in den Medien. Neuwied, 1996, S. 9 ff.
42
Vgl. Laukemann, Marc: Fernsehwerbung im Programm. Die zunehmende Kommerzialisierung des
Fernsehprogramms im Zeitalter der Ökonomisierung der Aufmerksamkeit als verfassungs-, wettbewerbs- und
rundfunkrechtliches Problem. Frankfurt/ Main, 2002, S. 204
43
Vgl. Möschter, Sonja: Redaktionelle Schleichwerbung und Journalismus am Beispiel der Young Miss 1995 –
2000. Magisterarbeit, Hamburg 2001, S. 35 f.
44
BGH vom 22. Februar 1990 – I ZR 78/88 – „Werbung im Programm“, in: Archiv für Presserecht, 2 (1990), S.
124
45
Vgl. Springer, Jochen: Schleichwerbung. 1998, S. 37
15
vereinigten Deutschland die Vorschriften fest. Damit sollten den europäischen Richtlinien
ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland entsprochen werden.
Die Veranstalter wurden gleichzeitig verpflichtet, Richtlinien zur Durchführung und
Umsetzung der gesetzlichen Normen zu verabschieden. Diese Vorgabe wurden durch die
„ZDF- Richtlinien für Werbung und Sponsoring“ (1993), die ARD- Richtlinien für die
Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das
Sponsoring (1992) oder die Gemeinsame Richtlinie der Landesmedienanstalten für Werbung,
zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring
aufgrund der Neuordnung des Rundfunkstaatsvertrages (1993) 46 umgesetzt. 47
Das Trennungsgebot findet sich also in den meisten europäischen Staaten, der EGFernsehrichtlinie, dem Europäischen Fernsehübereinkommen sowie in den Rundfunkgesetzen
der Länder der Bundesrepublik wieder und gehört nicht nur zu den „Fundamentalprinzipien
des deutschen Rundfunkrechts, sondern hat als allgemeiner Grundsatz Geltung im gesamten
Medienbereich.“ 48
4.2 Sinn und Zweck des Grundsatzes
Der Zuschauer erwartet vom Veranstalter Neutralität und Objektivität und geht mithin davon
aus, dass Werbung in die dafür vorgesehene Werbezeit fällt, entsprechend gekennzeichnet
wird und somit auch als Werbung erkennbar ist.
Ebenso wie das Schleichwerbungsverbot bezweckt das Trennungsgebot „den Schutz des
Fernsehzuschauers und damit der Allgemeinheit vor einer Täuschung über den werbenden
Charakter des fraglichen Programmteils“ 49 . Der Schutzzweck des Trennungsgebotes ist
allerdings noch weiter gefasst als der des Schleichwerbungsverbotes.
Nach allgemeiner Auffassung ist die Unabhängigkeit und Freiheit des Rundfunks ein
gewichtiges und damit besonders schützenswürdiges Kollektivgut. Dies ergibt sich allein
schon aus der Verankerung im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Dieser
46
Die Jahresangaben beziehen sich auf die erstmalige Umsetzung der neuen Rundfunkstaatsverträge von 1987
bzw. 1991. Weitere Aktualisierungen folgten, die hier nicht in aller Ausführlichkeit benannt werden sollen. Die
genannten Richtlinien lösten bereits vorhandene Richtlinien über den Umgang mit Werbung ab.
47
Vgl. Baerns: Schleichwerbung lohnt sich nicht! 1996, S. 18 ff.
48
Fleming: Aktuelle und künftige programmbegleitende Werbeformen im Rundfunk. 2005, S 29
49
BGH vom 22. Februar 1990 – I ZR 78/88 – „Werbung im Programm“, in: Archiv für Presserecht, 2 (1990), S.
124
16
Grundsatz bedeutet auch die Freiheit vor sachfremder Einflussnahme durch Dritte. Die
Programmintegrität soll gewahrt sein. 50
Werbung
lässt
sich
„als
versuchte
Verhaltensbeeinflussung
mittels
besonderer
Kommunikationsmittel auffassen“ 51 . Sie zielt nicht nur auf eine Beeinflussung eines
bestimmten Verhaltens, sondern mitunter auch auf die Beeinflussung bestimmter Meinungen
oder Einstellungen ab. 52 Eine solche Einflussnahme während des redaktionellen Programms
widerspricht also dem in Artikel 5 des Grundgesetzes verankerten Neutralitäts- und
Objektivitätsgebot des Rundfunks. 53
Weiterhin gehört es zum Funktionsauftrag des Rundfunks, die Vielfalt bestehender
Meinungen in möglichst breitgefächerter Fülle darzubieten und umfassende Informationen zu
verschaffen. 54 Rundfunk gibt demnach einen Beitrag zur Meinungsbildung. Es muss daher
deutlich gemacht werden, ob es sich bei der jeweiligen Aussage um eine Meinungsäußerung
des Rundfunkunternehmens oder der werbetreibenden Industrie handelt. So kann der
Kommunikationsprozess geschützt werden und das Publikum ist in der Lage zu
unterscheiden, wer an diesem Prozess mitwirkt.
4.3 Verfassungsrechtliche Betrachtung des Trennungsgrundsatzes
Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG schütz die Freiheit des Rundfunks. Fraglich ist, ob Werbung ebenfalls
durch die Rundfunkfreiheit geschützt ist und ob mithin der Trennungsgrundsatz gegen Art. 5
Abs. 1 S. 2 GG verstößt.
Das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass Meinungsäußerungen aus Teilbereichen
der Wirtschaft in Form von Werbung aufgrund des Gewichts der Meinungsäußerungsfreiheit
ebenfalls in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG fallen, mithin Werbung als
„Meinung“ zu klassifizieren ist. Diese Einordnung legt eine Ausdehnung des Schutzes der
Rundfunkfreiheit auf die Werbung nahe. Denn gilt Werbung als „Meinung“ im Sinne des Art.
50
Vgl. Johansson: Product Placement in Film und Fernsehen. 2001, S. 69
Kroeber- Riel, Werner/ Esch, Franz-Rudolf: Strategie und Technik der Werbung, Verhaltenswissenschaftliche
Ansätze. 6. Auflage, Stuttgart, 2004, S. 35 f.
52
Vgl. ebd. S. 35
53
Vgl. Fuchs: Leise schleicht’ s durch mein TV. 2005, S. 74
54
Vgl. Hesselberger, Dieter: Das Grundgesetzt. Kommentar für die politische Bildung, 13. Auflage, Bonn, 2003,
S. 99
51
17
5 Abs. 1 S. 1 GG, so muss ihre Verbreitung im Rundfunk, unabhängig von Qualität oder Wert
der zu verbreitenden Meinung, ebenfalls geschützt sein. 55
Eine andere Ansicht vertritt die Auffassung, dass Werbung keine Leistung des Rundfunks ist,
sondern der werbetreibenden Industrie. Es werden demnach nicht Meinungen des Rundfunks,
sondern der Werbebranche verbreitet, welche sich jedoch nicht auf das Recht der
Rundfunkfreiheit berufen kann, da dieses nur den Rundfunkveranstaltern vorbehalten ist. 56
Für beide Meinungen gilt jedoch, dass Werbung als Mittel der Finanzierung eingesetzt wird.
Die Rundfunkfinanzierung insgesamt ist durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützt. Das bedeutet,
dass die Finanzierung sichergestellt sein muss, damit der Rundfunk seinem Funktionsauftrag
gerecht werden kann. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der
Gesetzgeber eine bestimmte Finanzierungsquelle verbieten kann, solange er sicherstellt, dass
andere Quellen vorhanden sind oder er dies neu regelt. Mithin verstoße das Trennungsgebot
nicht gegen die Rundfunkfreiheit. 57
4.4. Zulässigkeit von Product Placement durch Einschränkungen des Trennungsgebotes
Wie bereits erörtert sind Produktplatzierungen dazu geeignet, auf ein Produkt aufmerksam zu
machen, somit in das Bewusstsein des Zuschauers zu treten und durch den
Wiedererkennungsfaktor
einen
Werbeffekt
zu
erzielen.
Dies
gilt
gleichfalls
für
Produkteinblendungen, die ohne Werbeabsicht erfolgen.
Dennoch muss es den Rundfunkveranstaltern möglich sein, Markenartikel ohne Werbeabsicht
abzubilden, ohne durch das Trennungsgebot erfasst zu werden. Hierbei wird auf die
redaktionelle und dramaturgische Notwendigkeit abgestellt. Somit sind auch werbewirksame
Darstellungen zulässig, wenn dies dramaturgisch, journalistisch oder künstlerisch nicht zu
vermeiden, Alternativen nicht vorhanden oder der Verzicht der Darstellung nicht möglich
oder nicht zumutbar waren.
So kann beispielsweise ein Kommissar eines Kriminalfilmes in einem Markenfahrzeug
unterwegs sein. Der sich daraus ergebende Werbeeffekt ist dramaturgisch zu rechtfertigen.
Werden die Kameraeinstellungen jedoch immer wieder auf das Markenzeichen des
55
Vgl. Fleming: Aktuelle und künftige programmbegleitende Werbeformen im Rundfunk. 2005, 33 ff.
Vgl. Springer, Jochen: Schleichwerbung. 1998, S. 52
57
Vgl. ebd. S. 53
56
18
Kraftfahrzeuges gelenkt, ist dies für eine realistische Darstellung der Handlung nicht
notwenig und verstößt gegen das Trennungsgebot. 58
Beachtung findet weiterhin die Neutralitätspflicht der Rundfunkveranstalter, also die
einseitige Begünstigung eines bestimmten Unternehmens ohne redaktionellen Grund. Daher
soll das Programm weitestgehend von objektiven Werbewirkungen bei Einsatz von
Requisiten frei gehalten werden. 59
Allerdings soll das Trennungsgebot den Programmauftrag des Rundfunks nicht über Gebühr
einschränken. Zu den Aufgaben der öffentlich- rechtlichen sowie privaten Sender gehört es,
ein reelles Bild der Wirklichkeit zu vermitteln. Werbung ist laut BGH ein Bestandteil der
realen Umwelt und kann daher in Berichten und Darstellungen nicht künstlich ausgespart
werden und ist somit im Rahmen des Unvermeidbaren zulässig. 60
Es ist in jedem Einzelfall eine Interessenabwägung zwischen dem Recht der Sendeanstalt auf
umfassende Darstellung der realen Umwelt und dem Gebot der Trennung von Werbung und
Programm durchzuführen.
Ohne Schwierigkeiten sind die Fälle zu beurteilen, in denen die Produktplatzierungen
eindeutig eine Irreführung der Allgemeinheit zur Folge haben. Bei Vorliegen dieser
Täuschung des Zuschauers handelt es sich unzweifelhaft um unzulässige Product Placement
und kann zudem als Schleichwerbung eingestuft werden. 61 Diesbezüglich verweise ich auf
meine Ausführungen zur Irreführung des Rezipienten beim Schleichwerbungsverbot ( Kapitel
3.3).
Bei Kinofilmen, die später auch im TV vorgeführt werden sollen, ist bezüglich des
Trennungsgebotes ein weniger strenger Maßstab bei der Prüfung anzulegen. Wegweisend war
hier die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Berlin zu dem Willi Bogner Film „Feuer, Eis
& Dynamit“ vom 15. Oktober 1998.
Bei diesem Film werden Markenartikel offen in die Handlung integriert und dargestellt. Die
ProSieben Media AG beantragte die Ausstrahlung des Filmes mit bei der zuständigen
Medienanstalt Berlin- Brandenburg (MABB). Die Täuschung des Zuschauers soll verhindert
werden, in dem man im Vorfeld auf den werblichen Charakter des Filmes hinweist. Die
58
Vgl. Springer, Jochen: Schleichwerbung. 1998, S. 55
Vgl. Johansson: Product Placement in Film und Fernsehen. 2001, S. 73 ff.
60
Vgl. BGH vom 22. Februar 1990 – I ZR 78/88 – „Werbung im Programm“, in: Archiv für Presserecht, 2
(1990), S. 123
61
Vgl. Springer, Jochen: Schleichwerbung. 1998, S. 56
59
19
MABB hingegen trat für die Kennzeichnung des Filmes als Werbung während der gesamten
Ausstrahlung ein.
Das Verwaltungsgericht führte in seinem Beschluss auf, dass zwar ein Verstoß gegen das
Trennungsgebot vorläge, ein vollständiges Sendeverbot jedoch nicht zu rechtfertigen sei.
Vielmehr kann der Täuschungsgefahr aus dem Weg gegangen werden, in dem man einen
erläuternden Hinweis vor der Sendung einfügt. Eine Kennzeichnung als Dauerwerbesendung
ist nicht notwendig, da es sich nicht um eine Dauerwerbesendung im Sinne des
Rundfunkstaatsvertrages handelt, da der Werbecharakter nicht erkennbar im Vordergrund
stehe. Auch eine Klassifizierung als Schleichwerbung schloss das Verwaltungsgericht aus, da
der Film offen mit Waren und Marken spiele und somit der Irreführungstatbestand nicht
gegeben wäre. 62
62
Vgl. Schnur, Wolfram: Spielfilm als Dauerwerbesendung, in IRIS 1999 Rechtliche Rundschau der
Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle, download unter:
http://merlin.obs.coe.int/iris/1999/1/article8.de.html vom 16.01.2006
20
5. Die Novellierung der EG- Fernsehrichtlinie
In Artikel 10 Absatz 1 der EG- Richtlinie heißt es: „Fernsehwerbung und Teleshopping
müssen als solche klar erkennbar und durch optische und/oder akustische Mittel eindeutig von
anderen Programmteilen getrennt sein.“ Diese zweifache Pflicht zur Kenntlichzeichnung und
Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten hat implizit dazu geführt, dass nach
geltendem Recht Product Placement in den Programmen der Rundfunkveranstalter, die der
Fernsehrichtlinie unterliegen, verboten sind.
Die Europäische Kommission unterbreitet in ihrem Themenpapier für die Liverpooler
Konferenz zur audiovisuellen Politik vom Juli 2005 den Vorschlag zur Zulassung von
Produktplatzierungen und sieht darin „eine Möglichkeit, der tatsächlichen Entwicklung des
Werbemarktes Rechnung zu tragen, während sich heutige Produktplatzierungen im
rechtsfreien Raum bewegen. [...] Um Produktplatzierungen zu ermöglichen, dürfte das Prinzip
der Trennung nicht mehr ein unerlässliches Kriterium sein, sondern nur noch eines der Mittel,
anhand deren die Nutzer den kommerziellen Inhalt erkennen und ihn vom redaktionellen
Inhalt unterscheiden können.“ 63 .
Die EU- Kommission wird diese Empfehlung bei der Novellierung der EG- Fernsehrichtlinie
voraussichtlich umsetzen, in dem sie es für ausreichend erklärt, dass lediglich ein Hinweis am
Anfang der Sendung genüge, um auf integrierte Produktplatzierungen aufmerksam zu
machen. Dadurch soll die Irreführung des Zuschauers unterbunden und die Einstufung von
Product Placement als verbotene Schleichwerbung vermieden werden. Dies bedeutet, dass
zukünftig die Platzierung von Werbeprodukten in das laufende Programm als zusätzliche
Finanzierungsquelle für die Rundfunkanstalten zulässig wird. Ausgenommen sind
Nachrichten, Dokumentarberichte, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen sowie
Kindersendungen.
Zu
beachten
bleibt
dabei
jedoch
die
Verantwortung
Rundfunkveranstalter, die nicht beeinträchtigt werden darf.
und
Unabhängigkeit
der
64
Die EU- Medienkommissarin Viviane Reding stellt bei den Begründungen klar, dass der
Einsatz von Produktplatzierungen nur “in engem Rahmen“ stattfinden soll und
63
Themenpapier für die Liverpooler Konferenz zur audiovisuellen Politik, 2005, S. 4 f.
Vgl. epd Medien Nr. 89, 12. November 2004: EU: Ein Anfangshinweis auf Product Placement soll genügen,
download unter: http://www.epd.de/medien/print/medien_index_38221.htm vom 13.01.2006
64
21
Schleichwerbung weiterhin verboten sein wird. 65 Sie betont weiterhin, dass in den
außereuropäischen Produktionen liberaler mit Product Placement umgegangen wird und eine
Beibehaltung der strikten Regelungen einen wirtschaftlichen Nachteil für europäische
Produktionen bedeuten würde. 66 „Diese zusätzliche Einnahmequelle den Europäern zu
verwehren ist politisch und kulturell [...] nicht vertretbar. Dies kostet Marktanteile,
Arbeitsplätze und fördert den nichteuropäischen Anteil am Programm“ 67 . Nur durch eine
Änderung der strengen Regulierung sei laut Reding eine wirtschaftliche Konkurrenz mit
amerikanischen Produktionen möglich und Missbräuche, wie sie bereits aufgetreten sind,
verhinderbar. 68
Die Pläne der EU-Kommission haben medienpolitisch zu heftige Diskussionen geführt. Dabei
sehen die Kritiker besonders den Schutz der Rezipientenfreiheit, also der unbeeinflusste
Prozess der Meinungsbildung durch den Zuschauer, gefährdet. Die Kennzeichnungspflicht
allein ist dabei kein ausreichendes Mittel, um den mit Product Placement verbundenen
Gefahren für die Rezipientenfreiheit zu begegnen. Ein pauschaler Hinweis zu Beginn schütz
weder Zuschauer, die später einschalten, noch ist während der Sendung zuverlässig
nachzuvollziehen, wann es sich um redaktionelles Programm und wann um Werbung handelt.
Der Durchschnittzuschauer ist mithin nicht hinreichend geschützt.69
Weiterhin sehen beispielsweise die Landesmedienanstalten die Unabhängigkeit der Medien
gefährdet. So argumentiert der Direktor der Landesmedienanstalt Saarland, Gerd Bauer: „Das
Gebot zu dieser Trennung habe ‚für den freiheitlich- demokratischen Willensbildungsprozess
grundlegende
Bedeutung:
Es
stärkt
die
Verteidigung
der
Unabhängigkeit
Programminhalte und ihrer Macher gegenüber den Wünschen der Werbungtreibenden’“
der
70
Bevor der Richtlinienentwurf gegebenenfalls im Herbst 2007 in Kraft treten kann, muss er
nach seiner Verabschiedung durch die Kommission den Weg durch den Europäischen Rat
durchlaufen. Anschließend müsste diese Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Der
deutsche Gesetzgeber kann im Zulässigkeitsrahmen der neuen Richtlinie strengere
65
Vgl. Netzeitung: EU-Kommissarin verteidigt Product Placement, 12. Dezember 2005, download unter:
http://www.netzeitung.de/servlets/page?section=784&item=372548 am 15.01.2006
66
Vgl. bbv-net: Product Placement – Nichts für Deutsche?, vom 13.12.2005, download unter: http://www.bbvnet.de/public/druckversion/nachrichten/medien/tv/165974 vom 18.01.2006
67
Reding, Viviane: „Jeder kann wegzappen“, in: Der Spiegel 46 (2005), S. 58
68
Vgl. ebd. S. 58
69
Vgl. Danwitz, Thomas von: Zur Regulierung von “product placement” bei der Novellierung der EUFernsehrichtlinie, in: Archiv für Presserecht 5 (2005), S. 420
70
bbv-net: Product Placement – Nichts für Deutsche?, vom 13.12.2005, download unter: http://www.bbvnet.de/public/druckversion/nachrichten/medien/tv/165974 vom 18.01.2006
22
Bestimmungen verabschieden. Dies würde jedoch zu einer Diskriminierung der deutschen
Fernsehveranstalter führen. 71
Es wäre daher ratsam, über alternative Lösungen nachzudenken. Eine Möglichkeit könnte
eine
Selbstverpflichtung
der
Rundfunkveranstalter,
der
filmproduzierenden
und
werbetreibenden Industrie darstellen. Selbstverpflichtungen sind bisher durchaus erfolgreich,
wie am Beispiel des Jugendschutzes durch die Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle
(FSK) nachzuvollziehen. 72 Auch hier reicht ein Hinweis auf die Jugendgefährdung am
Anfang der Sendung aus. Eine permanente Einblendung von Warnungen ist nicht zumutbar.
Gleiches könnte auch hinsichtlich von Product Placement gelten. 73 Damit verbunden könnte
eine Instanz geschaffen werden, welche die Veranstalter überwacht und gegebenenfalls
Auflagen oder Sanktionen aussprechen darf. So kann beispielsweise die im August 2004 in
Österreich gegründete Medienbehörde KommAustria, welche die Werbepraxis der
österreichischen öffentlich- rechtlichen sowie privaten Rundfunkanstalten stichprobenartig
überwacht, Geldstrafen verhängen oder die Sender zur Absetzung der jeweiligen Programme
zwingen. 74
71
Vgl. epd Medien Nr. 89, 12. November 2004: EU: Ein Anfangshinweis auf Product Placement soll genügen,
download unter: http://www.epd.de/medien/print/medien_index_38221.htm vom 13.01.2006
72
Vgl. Meyer- Harport: Neue Werbeformen im Fernsehen. 2000, S.132
73
Vgl. Doetz, Jürgen, in: Der Spiegel 39 (2005), S. 83
74
Vgl. Asche: Das Product Placement im Kinospielfilm. 1996, S. 170
23
6. Schlussbetrachtung
Die zunehmende Schwierigkeit bei der Finanzierung von Fernsehen ist ein Problem, welches
die EU- Kommission in der neuen EU- Fernsehrichtlinie neben weiteren Werberegelungen
durch die Legalisierung von Product Placement zu begegnen versucht.
Fraglich ist, ob dabei der Grundsatz der Trennung und Werbung im Rundfunkprogramm
außer Kraft gesetzt wird. Dieser Grundsatz dient dem Schutz der Grundrechte des
Rezipienten, der Rundfunk- und Pressefreiheit und ist „Garant der pluralen Medien- und
Kommunikationsordnung, die das Gemeinschaftsverfassungsrecht gewährleistet.“ 75 Als
solches findet es sich in den meisten europäischen Staaten, der EG- Fernsehrichtlinie, dem
Europäischen Fernsehübereinkommen sowie in den Rundfunkgesetzen der Länder der
Bundesrepublik wieder.
Eine weitere bedeutende gesetzliche Norm ist das Schleichwerbungsverbot, welches eine
Konkretisierung
des
Trennungsgebotes
darstellt.
Hierbei
muss
insbesondere
der
Irreführungstatbestand beachtet werden. Besteht durch Product Placement die Gefahr der
Täuschung der Allgemeinheit, ist die Produktplatzierung unzulässig und fällt unter des
Schleichwerbungsverbot des § 7 Abs. 6 S. 1 RStV in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV.
Die Bedeutung der Vorschriften für den Schutz des Rezipienten sowie für die
Rundfunkfreiheit und der damit verbundenen Unabhängigkeit des Rundfunks durch die
Beeinflussung durch Dritte ist elementar.
Dieses Problem soll in der neuen EG- Fernsehrichtlinie durch die Kennzeichnung im Vorund Abspann der Sendung verhindert werden. Fraglich ist, ob diese Maßnahme für einen
umfassenden Schutz des Rezipienten ausreichend ist. Ein Vergleich mit dem Jugendschutz ist
angebracht.
Hierbei
handelt
es
sich
ebenfalls
um
ein
hohes,
schutzwürdiges
Gemeinschaftsgut. Dennoch ist eine einmalige Aufmerksammachung zu Beginn der Sendung
ausreichend. Warum also sollte eine solche Kennzeichnung für den mündigen Zuschauer
nicht zumutbar sein? Eine permanente Einblendung von Hinweisen, vor allem bei besonders
kurzen Darstellungen von wenigen Sekunden, ist praktisch kaum umzusetzen.
Besonders hervorzuheben ist außerdem die Absicht der Kommission, weiterhin das
Schleichwerbungsverbot aufrecht zu erhalten.
75
Danwitz: Zur Regulierung von “product placement” bei der Novellierung der EU- Fernsehrichtlinie, in: Archiv
für Presserecht 5 (2005), S. 417
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Product Placement ist ein Phänomen, welches trotz aller Regulierungen im Fernsehen
auftaucht und aus der heutigen Fernsehlandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Die
journalistische, dramaturgische oder künstlerische Notwendigkeit der Darstellung im
laufenden Programm oder die Ausstrahlung von ausländischen Produktionen, in denen
Product Placement weitestgehend akzeptiert wird, schafft schon heute Ausnahmen zur strikten
Einhaltung des Trennungsgebotes.
Eine einvernehmliche Lösung ist daher notwendig. Die Novellierung der EG- Richtlinie und
die damit verbundene Öffnung der strengen Normen ist hierfür eine Möglichkeit.
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