Um- und Neubauten im Ortsbild

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ARV Amt für Raumordnung und Vermessung
Um- und Neubauten im Ortsbild
ARV-STUDIE: Umnutzung und Verdichtungspotential in ländlichen Gemeinden
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Einleitung
Schutzobjekte, schutzwürdige Ortsbilder und Nachverdichtung - ein Widerspruch?
Beschränkte Neubaumöglichkeiten im Ortsbild
und grosser Erneuerungsdruck auf Altbauten
bringen schützenswerte Einzelgebäude und
Ortsbilder in Bedrängnis. Die Zielsetzungen der
baulichen Erneuerung und diejenige des
Ortsbildschutzes und der Denkmalpflege müssen sich jedoch nicht ausschliessen. Die vorliegende Broschüre soll zu verschiedenen
Themen im Zusammenhang mit der Nachverdichtung eine Auswahl an Lösungsansätzen
bieten. Die ausgewählten Beispiele haben für
den Ortsbildschutz und die Denkmalpflege
unterschiedliche Bedeutungen; Von nicht eingestuft, über kommunal bis zu überkommunal
schützenswerte Ortsbilder und Einzelobjekte.
Die Einstufung sollte jedoch generell keine
Rolle spielen, da gute Architektur überall
erwünscht ist.
Nachverdichtung
Nachverdichtung bezeichnet das Nutzen leer
stehender Flächen und Gebäude im Bereich
bereits bestehender Bebauungen. Sie kann
durch innere Ausbauten, Aufstockungen,
Anbauten, die Füllung von Baulücken oder
dichtere Neubebauung geschehen. Bei historisch wertvollen Gebieten mit einzelnen
Schutzobjekten stellt sich dabei die Frage nach
dem Umgang mit der schützenswerten Substanz. Ortsbildschutz und Denkmalpflege stehen hier im Spannungsfeld zwischen Modernisierung und Bewahrung der Geschichte.
Grundlagen für die Nachverdichtung
Die Bau- und Zonenordnungen der Gemeinden
enthalten spezielle Gestaltungsvorschriften für
Um- und Neubauten. Diese Vorschriften basieren meist auf dem (veralteten) Grundgedanken,
dass die Integration von Neubauten gelingt,
wenn sie dem Formenvokabular der bestehenden Häuser angepasst sind. Massstab für die
Beurteilung ist demnach die «Ortsüblichkeit».
Die Vorschriften sind in manchen Fällen sehr
detailliert und definieren weitgehend die Gestaltung der Bauten, in anderen Fällen sind vage
Interpretationsspielräume formuliert.
Bei der praktischen Handhabung dieser
Gestaltungsvorschriften wird der spezifischen
Geschichte der einzelnen Gebäude des Dorfes
und seiner Weiterentwicklung oftmals zu wenig
Beachtung geschenkt. Die Möglichkeit, mit
einer sorgsamen, aktuellen Gestaltung auf den
gewachsenen Baubestand zu reagieren, bleibt
in vielen Fällen verwehrt.
Stand April 2010
Die nachfolgenden Beispiele zeigen eine
grosse Palette von Eingriffen an Gebäuden
auf, welche das Ortsbild bestimmen und auch
für sich genommen von besonderem Wert
sind. Gemeinsam ist ihnen die Lust zur differenzierten Auseinandersetzung mit den jeweiligen ortsbaulichen Gegebenheiten und spezifischen Charakteristiken der Bauten. Die
daraus abgeleiteten Lösungen sind entsprechend auf die angetroffene Situation abgestimmt – es sind keine Patentrezepte, die
sich nach Belieben auf andere Bauten übertragen lassen. Sie illustrieren die grosse
Bandbreite von Möglichkeiten, welche die
Gestaltungs-vorschriften des Planungs- und
Baugesetzes und der lokalen Bau- und
Zonenordnung offen lässt.
Die einzigartigen Raum- und Wohnqualitäten,
welche das Bauen im gewachsenen Ortsbild
bieten kann, sind in den hier vorgestellten
Beispielen deutlich erkennbar. Im Ortsbild, in
wertvoller und geschützter Bausubstanz bietet sich die Chance, Unverwechselbares zu
schaffen: die gezeigten Beispiele mögen die
Bereitschaft und Freude am Bauen im
Ortsbild wecken!
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Möglichkeiten der Nachverdichtung
Innere Verdichtung durch Um- und Ausbau
Bei der inneren Verdichtung wird vorhandener
aber leer stehender Raum neu- oder umgenutzt.
Bei Wohnhäusern betrifft es meistens das
Dachgeschoss, bei ausgedienten Bauernhöfen
wird nach einer neuen Nutzung für die Ökonomiegebäude gesucht, bei Industriearealen werden die Produktionsstätten neu genutzt.
Der Umbau von Gebäuden stellt eine grosse
architektonische Herausforderung dar. Wie wird
ein Stall zu einem attraktiven Wohnraum? Wie
lassen sich in einer Scheune Arbeitsplätze einrichten? Aber auch: welche Art der Umnutzung
erträgt ein Gebäude? Die folgenden Beispiele
zeigen gelungene Neunutzungen, welche nach
Aussen vielleicht unauffällige, nach Innen aber
umso überraschendere Eindrücke bieten. Blick
aufs Detail statt in die Weite: ein gelungener
Umbau überliefert Substanz und Eigenheiten
des Ursprungsbaus und bietet einen direkten
Blick in die Geschichte des Gebäudes und der
Menschen, die es erbaut haben – unverwechselbar und individuell. Es zeigt sich bei vielen
Beispielen, je mehr ursprüngliche Substanz erhalten bleibt und in die neue Nutzung integriert
Einleitung
wird, desto überzeugender ist das Ergebnis.
Der sogenannte Geist des Hauses lebt weiter.
Ersatzbau
Ein Ersatzbau ist in der Regel materiell ein
Neubau, auch wenn gelegentlich Fragmente des
Vorgängerbaus bestehen bleiben oder wieder
verwendet werden. Der Ersatzbau darf in einem
gewissen Kontrast zu seiner Umgebung stehen,
aber auch er tradiert die Bauform seines Vorgängers. Je bedeutender die Situation im Ortsbild ist, desto zurückhaltender muss auf die Gestaltung des «neuen Altbaus» geachtet werden.
Der Geist des Dorfes muss genügend Freiraum
zur Entfaltung haben.
Neubau
Die Baulandreserven in den Kernzonen auszuschöpfen, wie es die kantonalen Richtlinien vorsehen, ist ein schwieriges Unterfangen. Die Bebauung der Baulandreserven in den Kernzonen
birgt Chancen aber auch Risiken für die Wohnund Lebensqualität. So wird einerseits wertvoller
Aussenraum beschnitten, aber andererseits
neuer Wohnraum geschaffen, ohne neue Flächen erschliessen zu müssen. Erste Priorität
dieser Nachverdichtung müssen ein respektvol-
ler Umgang und eine hohe Rücksichtnahme
auf die nächste Umgebung sein. Die Qualität
des Neubaus in der Kernzone liegt in seiner
Zurückhaltung unter Einbezug zeitgemässer
Architektur. Dies betrifft sowohl die Wahl der
Volumetrie als auch die Materialisierung des
Gebäudes.
Gestaltungskriterien
Bei Um-, Ersatz- und Neubauten in historisch
sensiblen Gebieten ist eine hohe Qualität der
Architektur Grundvoraussetzung für das Gelingen der Baute und deren Integration im
gewachsenen Ortsbild. Dies bedingt die Wahl
einer geeigneten Fachperson in diesem Bereich. Es ist hier keine extravagante Selbstdarstellung, aber auch keine «biedere» Angepasstheit gefragt. Die Integration der Baute in
das Ortsbild wird nicht alleine durch die richtige Wahl der Volumetrie und die Einhaltung der
Massstäblichkeit bestimmt, sondern die Beachtung und Gestaltung kleiner aber ebenso
wichtiger Details spielen dabei eine grosse
Rolle.
Zu all diesen Fragen stehen Ihnen die jeweiligen Abteilungen von Ortsbildschutz und Denkmalpflege beratend zur Seite.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Inhaltsverzeichnis
UMBAUTEN
5
Hettlingen, Mitteldorfstrasse 1a und 2a, Tabakscheune und Vielzweckbauernhaus – Abbruch bewilligt und trotzdem erhalten
9
Knonau, Chamerstrasse, Schlossscheune – Lauschige Loggien hinter Scheunenjalousien
13
Fällanden, Maurstrasse 30, Vielzweckbauernhaus – Zenital-Licht im Tenn – Kochen im ehemaligen Stall
17
Wetzikon, Kantonsschulstrasse 6, Ökonomiegebäude Gubelmann – Augen auf für eine neue Nutzung
21
Marthalen, Oberdorf 17, Vielzweckbauernhaus – Licht durch das Scheunentor und Essen neben der 500-jährigen «heiligen Wand»
25
Unterstammheim, Hauptstrasse 5, Vielzweckbauernhaus «im Flösch» – Mehrzweckhalle als Aufenthaltsraum – Boxen und Velofahren im «Heustock»
29
Berg am Irchel, Hauptstrasse 2, Vielzweckbauernhaus – Wohnen in Scheune und Glaskubus
33
Schlatt, Kirchgasse 10, Vielzweckbauernhaus – Wohnen im Schopfanbau und Ferien im alten Wohnteil
37
Kappel am Albis, Uerzlikon, Oberdorfstrasse 38, ehem. Bauernhaus – Aus dem Winterschlaf erwacht
41
Eglisau, Tössriederenstrasse 82, Stallscheune – Wohnen in der Scheune statt Schlafen im Stroh
45
Hombrechtikon, Rütistrasse 47, «Brändlischeune» – Sanfte Umnutzung
49
Wald, Jonastrasse, Umnutzung Textilindustrieareal Bleiche/Lindenhof – Unternehmergeist ohne Abbruch
DACHAUSBAUTEN
53
Oberstammheim, Hauptstrasse 76, Bürgerhaus «Alte Kanzlei» – Neue Feuerstelle in alter Rauchkammer
57
Laufen-Uhwiesen, Uhwiesen, Dorfstrasse 32, ehemaliges Bauern- und Handwerkerhaus – Dachraum mit Panoramafenster
61
Männedorf, Alte Landstrasse 230/232, Pächterhaus zur Villa Liebegg – Kulturschüür
ERSATZBAUTEN
65
Zürich, Witikon, Berghaldenstrasse 76, Ersatzbau für Stallscheune – Ersatzbau … und trotzdem Heuaufzug im Treppenhaus
69
Meilen, Winkelstrasse 15, Ehem. Gerberwohnhaus, «Ergänzungsbau» – Ergänzunsgbau als Schutzmassnahme
73
Eglisau, Burgstrasse 18, Ersatzbau für Stallscheune – Nach Abbruch ... Ergänzung im Ortsbild
NEUBAUTEN
77
Eglisau, Tössriederen, Laubistrasse 15, Wohnhaus – Rücksicht statt Anbiederung
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Hettlingen, Mitteldorfstrasse 1a und 2a, Tabakscheune und Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Hettlingen
Tabakscheune und Vielzweckbauernhaus
Abbruch bewilligt und trotzdem erhalten
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Ortsbild
Die gelungenen Umnutzungen zeigen, dass mehr erhaltenswert ist als ein Inventar vorgibt. Die Vielfalt der beiden individuellen und traditionellen Gebäude prägt die
Mitteldorfstrasse. Die Materialisierung der verschiedenen Fassaden ist erhalten geblieben und auf Dachaufbauten wurde ganz verzichtet. Die anspruchsvollen und
erschwerten äusseren Rahmenbedingungen führten
letztlich zur Erhaltung eines individuellen, ortsspezifischen Ensembles. Die Gebäude sind nicht unterkellert.
Das einzige neu errichtete Gebäude, eine Doppelgarage, wurde in traditioneller Art und Weise ausgeführt
und fällt kaum auf.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Hettlingen, Mitteldorfstrasse 1a und 2a, Tabakscheune und Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Zum Gebäude
Ein Gutachten der kantonalen Denkmalpflegekommission aus dem Jahr 1988 misst der imposanten, 1948
erbauten Tabakscheune und dem Vielzweckbauernhaus
– heute Mitteldorfstrasse 1a und 1b – keine kommunale
Bedeutung zu. Das stattliche Bauernhaus mit Gewölbekeller entspricht einem Einheitstyp für intensivierte
Graswirtschaft des 19. Jahrhunderts. Dieser Beurteilung
der KDK entsprechend, beabsichtigte die Genossenschaft EIWOG 1992 die Errichtung eines Doppelhauses
und von fünf Reihenhäuser an Stelle der Altbauten. Eine
erfolgreiche private Einsprache gegen das bewilligte
Projekt einerseits und Finanzierungsprobleme der Genossenschaft anderseits verzögerten das Bauvorhaben
erheblich. Im Jahr 2000 kaufte die Agensa AG alle drei
Liegenschaften und baute sie zweckmässig um.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Hettlingen, Mitteldorfstrasse 1a und 2a, Tabakscheune und Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Das Wohnen in der Scheune stellt eine willkommene
Alternative zum minimalisierten Grundriss von gängigen
Reihenhäusern dar. Raumvolumen als Qualität und
«günstiger Luxus». Wer hat schon ein Badezimmer von
20m2 Bodenfläche? Die Holzkonstruktion der ehemaligen Tabakscheune wurde mit Gipskartonplatten verkleidet, während im Scheunenteil des Vielzweckbauernhauses massive Mauern und Betondecken zur Anwendung kamen. Isoliert wurden sie im Minergie-Standard,
sodass sich der Ölverbrauch in Grenzen hält. Jeder
Wohnteil hat seine eigene Heizung. Die Hausteile sind
beliebt und wurden zum Teil bereits während dem Bau
verkauft. Die Grosszügigkeit der Räume trägt zu diesem
Erfolg bei.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Hettlingen, Mitteldorfstrasse 1a und 2a, Tabakscheune und Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Raumqualität
In der ehemaligen Tabakscheune wohnen Sven Thali
und Barbara Stalder mit Kind. Dieser Hausteil unterscheidet sich vom zweiten durch das Fehlen einer grossen gedeckten Terrasse, dafür ist mehr geheizte Wohnfläche vorhanden. Im Erdgeschoss befinden sich Wohnzimmer, Küche, separates WC und Keller. Der Treppenbereich wird über die grossen Korridore belichtet und
die beiden oberen Geschosse dienen als Schlaf- und
Arbeitszimmer. Im Kehlbodenbereich befindet sich ein
durchgehender Raum mit schöner Aussicht nach Nordosten. Die bestehenden grossen Vordächer sind attraktiv und werden geschätzt. Peter Dönz erwarb das Haus
2a vor der Fertigstellung und hat als Baufachmann den
Innenausbau selbst bestimmt. Er bewohnt das Haus mit
seiner Partnerin Beatrice Bolt und ihren zwei erwachsenen Kindern. Schon im Eingangsbereich merkt man,
dass hier reichlich Platz zur Verfügung steht. Der Wohnraum befindet sich unter dem bis aufs Erdgeschoss herunterreichenden Dach und ist im Innern zum grössten
Teil zweigeschossig. Über eine Galerie sind die weiteren Wohnbereiche und Zimmer erschlossen. Ein
Wasch- und Trockenraum wird indirekt über den Wohnraum belichtet. An der Stelle von Misthaufen und
Scheunenvorfahrt liegt heute der Garten.
Architekt und Bauherr: Agensa AG, Maur
Eigentümer: Sven Thali und Barbara Stalder
Peter Dönz
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Knonau, Chamstrasse, Schlossscheune UMBAUTEN
Knonau
Schlossscheune
Lauschige Loggien
hinter Scheunenjalousien
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Ortsbild
Am Südostrand des alten Dorfkerns liegt die Schlossanlage Knonau aus dem 16. Jahrhundert. Die historisch
und ortsbaulich bedeutende Anlage ist der Kernzone von
Knonau zugeteilt; ihre Umgebung wird teilweise durch
Freihaltezonen bewahrt. Am nordwestlichen Rand gelegen ist die Schlossscheune ein ortsprägender Bestandteil der Gesamtanlage. Der Nahbereich wird durch
den Bahndamm, den Wattbach und die verlegte Strasse
Richtung Steinhausen und Zug markant bestimmt. Mit
der Durchführung eines eingeladenen Wettbewerbs unter
drei Gartenarchitekten konnte die Gestaltung der Freiräume, unter Vereinbarung von historischen Belangen
und den Bedürfnissen der heutigen unterschiedlichen
Besitzer, gelöst werden.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Knonau, Chamstrasse, Schlossscheune UMBAUTEN
Zum Gebäude
Die Scheune in ihrem heutigen Erscheinungsbild ist in
Folge von zwei Bränden ein Bau aus dem Jahre 1879.
Angebaut an das Richterhaus, diente sie ursprünglich
auf dem Schlossgut als Wagen- und Holzschopf sowie
als Speicher. Es ist ein imposanter Satteldachbau im
Schweizer Holzstil, mit mächtigem Quergiebel und
einem zweiseitig vorkragenden Obergeschoss auf
Holzstützen. Unter dem mächtigen Dach mit einer
Firsthöhe von fast fünfzehn Metern befindet sich ein
riesiges Volumen, welches es mit einer neuen Nutzung
mit Wohn- und Arbeitsräumen zu belegen galt. Unter
Berücksichtigung der denkmalgeschützten Fassaden
und der damit begrenzten Belichtungsmöglichkeit war
ein kleinteiliger Ausbau für die Umnutzung auszuschliessen. Idealerweise konnte die ehemalige Scheune
entlang der Firstlinie in zwei Wohn-/Arbeitseinheiten
getrennt werden.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Knonau, Chamstrasse, Schlossscheune UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Neue Zwischenwände und Holzdecken ordnen sich
sowohl der bestehenden Holzkonstruktion als auch dem
individuellen Raumbedarf der jeweiligen Eigentümer
unter. Hinter den bestehenden grossen Fassadenöffnungen werden die neuen Verglasungen als Raumabschluss deutlich hinter die Fassade zurückgesetzt.
Diese Massnahme ermöglicht einen grösstmöglichen
Lichteinfall und zudem entsteht jeweils ein gefasster
Aussenraum, eine Art Loggia.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Knonau, Chamstrasse, Schlossscheune UMBAUTEN
Raumqualität
Es entsteht eine neue Wohnform mit offenen Räumen,
welche sich ohne Türen aneinander reihen und so das
Hausinnere als ein homogenes Ganzes erscheinen lassen. Einzig die Küche, die Toilette und die Atelierräume
sind durch Türen abgetrennt, um damit Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen. Die für den Ausbau verwendeten Materialien sind in Anlehnung an die über 100jährige Scheune bewusst nüchtern, bzw. roh gehalten.
Auf edle Ausbaumaterialien wird verzichtet.
Architekt: Carl Frei, Architekt SIA, Zug
Bauherrschaft: Carl Frei und Pia Schleiss
Alexander Brandenburg und Andrea Veronesi
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Fällanden, Maurstrasse 30, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Fällanden
Vielzweckbauernhaus
Zenital-Licht im Tenn –
Kochen im ehemaligen Stall
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Ortsbild
Gegenüber dem öffentlichen Raum bleibt das Erscheinungsbild des Gebäudes bei geschlossenem Tenntor
praktisch unverändert. Das im Absatz von Wohn- und
Scheunenteil angebrachte Lichtband tritt am Tag wenig
in Erscheinung. Nachts dagegen zeigt es unmissverständlich, dass hier gewohnt wird. Die grosse Gebäudetiefe sehr vieler landwirtschaftlicher Gebäude erschwert
eine gute Belichtung erheblich. Am vorliegenden Objekt
wurden beide Scheuneneinfahrten verglast, wobei auf
der Strassenseite das Tor erhalten blieb. Nach Bedarf
bildet es nun einen angenehmen Schutz vor den
Immissionen der Strasse und respektiert das Ortsbild
tadellos.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Fällanden, Maurstrasse 30, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Zum Gebäude
Das Bauernhaus mit Tennteil, Stall und Scheune wurde
vor 1812 erbaut. Das einfache Gebäude liegt im Dorfzentrum dicht an der stark befahrenen Strasse nach
Maur. Südostwärts ist ein weiteres Haus leicht versetzt
angebaut. Das Vielzweckbauernhaus mit dem später
errichteten Remiseanbau lässt sich leicht etappenweise
umbauen. Den finanziellen Möglichkeiten folgend, wurden bis heute erst der Wohnteil, das Tenn sowie ein Teil
der Ställe zu Wohnzwecken umgebaut. Die ehemalige
Heubühne und der Remiseanbau werden gegenwärtig
als grosse Stauräume genutzt. Die Volumenreserve
reicht für eine weitere Wohneinheit.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Fällanden, Maurstrasse 30, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Das Projekt übernimmt die gegebenen Räume so wie
sie sind. Die Verlegung der Erschliessung in den
Tennbereich stellt den einzigen inneren Eingriff in die
bestehende Baustruktur dar. Am dadurch freigewordenen Platz der Treppe im Wohnteil befindet sich nun ein
separates WC. Das ehemalige Tenn erhält mit der
neuen Wendeltreppe aus Stahl ein zusätzliches architektonisches Element, welches die eindrückliche Höhe
bis unter das Dach unterstreicht. Mit Hilfe eines durchgehenden Oberlichtbandes im Tenn entlang des Wohnteils wird der einst düstere Futterumschlagplatz zu
einem hellen, imposanten Wohnraum. Die Dachräume
des Wohnteils erhalten ebenfalls zusätzliches Licht
über das Tenn. Das zweckmässige Projekt verzichtete
auf kostspielige Unterkellerungen.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Fällanden, Maurstrasse 30, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Raumqualität
Für die Familie Eggenberger war die Umbauzeit mit
sehr vielen Fragen und Unsicherheiten verbunden. Wie
lässt sich in einem Tenn wohnen und wie kann der enge
und eher spärlich belichtete Wohnteil den heutigen
Bedürfnis nach Licht gerecht werden? Kann Wohnen
neben der Futterkrippe und Kochen im ehemaligen Stall
attraktiv sein? Die «Heubrügi» als Galeriegeschoss ist
ebenfalls noch vorhanden und die ehemalige Aufzugsöffnung wurde, um den Lichtfluss zu verstärken begehbar verglast. Auf kleinem Raum ergibt sich eine
abwechslungsreiche Raumabfolge zwischen dem
eigentlichen Wohnhaus und dem ehemaligen Ökonomieteil.
Architekt: Theo Wälty, Ettenhausen
Bauherrschaft: Andreas und Sandra Eggenberger,
Fällanden
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Wetzikon, Kantonsschulstrasse 6, Ökonomiegebäude Gubelmann UMBAUTEN
Wetzikon
Ökonomiegebäude
Augen auf für eine neue Nutzung
1
Ortsbild
Zwischen der in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs gelegenen Villa und dem zugehörigen Ökonomiegebäude
bildet der Park eine wertvolle grüne Oase im verkehrsbelasteten Zentrum. Im Rahmen eines Gestaltungsplans wurde das schützenswerte Areal einer Gesamtbetrachtung unterzogen. Auf dieser Basis konnte im
Parkbereich zwischen den historischen Gebäuden
sorgsam ein Neubau platziert werden. Der grössere Teil
der Parkfläche mit dem alten Baumbestand blieb so als
unbebaute Erholungsfläche erhalten und die Villa konnte fachgerecht restauriert werden. Die Neunutzung des
Ökonomiegebäudes erforderte am Äussern lediglich
das Aufschlagen der Tore und ursprünglich fest verschlossenen Jalousien vor den Lüftungsöffnungen. Das
Oblichtband auf dem Längsfirst tritt zurückhaltend als
gezielt eingefügtes, neues Element in Erscheinung.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Wetzikon, Kantonsschulstrasse 6, Ökonomiegebäude Gubelmann UMBAUTEN
Zum Gebäude
Das 1898 erbaute Ökonomiegebäude gehörte zum
parallel zum Industriebetrieb geführten Landwirtschaftsbetrieb der Familie Gubelmann. Das Ensemble mit der
um gut 20 Jahre älteren Villa und dem baumbestandenen Park wurde schon vor mehr als 30 Jahren als
Baudenkmal von überkommunaler Bedeutung erkannt.
Die aussergewöhnlich grossvolumige Scheune wendet
sich mit der zu einem veritablen Kopfbau erweiterten
Schmalseite dem Park der Villa zu. Die Symmetrie dieser Schaufassade mit dem steilen Quergiebel reflektiert
dabei die rationale innere Grundrissordnung mit dem
zentralen Mittelgang. Die Sichtbacksteinbauweise im
Erdgeschoss und die bretterverschalte Holzkonstruktion
im Obergeschoss zeichnen den Bau als Ökonomiegebäude aus, das mit schöner Bauzier im Schweizer Holzstil den repräsentativen Anspruch seiner Bauherrschaft
zur Schau trägt.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Wetzikon, Kantonsschulstrasse 6, Ökonomiegebäude Gubelmann UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Die durch das Aufklappen von Fensterjalousien und
Zurückrollen von Toren freigelegten, ursprünglichen
Wandöffnungen sind mit grosszügigen Verglasungen
versehen, die sich als Gestaltungselemente der neuen
Nutzung zeigen. Während die Dachflächen des repräsentativ in Erscheinung tretenden Kopfbaus unangetastet blieben, wurde dem First des dahinter liegenden
Längstraktes ein neues Oblicht aufgesetzt. Das neue
Element tritt als präziser, auf die spezifische örtliche
Situation abgestimmter Eingriff in Erscheinung, der in
der Gesamtwirkung des Gebäudes dennoch untergeordnet bleibt und die Dachkonstruktion intakt lässt.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Wetzikon, Kantonsschulstrasse 6, Ökonomiegebäude Gubelmann UMBAUTEN
Raumqualität
Ein grosses Gebäudevolumen, grosszügig genutzt:
Dass sich mit einem Architekturbüro und einem Gastronomiebetrieb lediglich zwei Nutzer die Flächen der ehemaligen Stallscheune teilen, ist für alle ein Gewinn. Ein
solch imposanter Dachraum macht das Konzept des
Grossraumbüros zur Attraktion, einen spannungsvollen
Kundenzugang gab’s mit der Hocheinfahrt geschenkt.
Der Geschossboden trennt die Büros vom Restaurant
im Erdgeschoss, wo die Lust an der Auseinandersetzung mit den gegebenen Raumstrukturen ein erfolgreiches Gastronomiekonzept zu generieren vermochte.
So selbstverständlich das Zusammenwirken der Stärken
des Gebäudes mit denjenigen seiner Nutzer heute wirkt
– der Weg dazu erforderte Geduld. Die Bereitschaft zur
Gesamtbetrachtung des Areals trug dabei wesentlich
zum Erfolg bei.
Architekt: meierpartner architekten eth sia ag
(Peter J. Meier), Wetzikon
Bauherrschaft: Suzy Gubelmann-Kull, Wetzikon
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Marthalen, Oberdorf 17, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Marthalen
Vielzweckbauernhaus
Licht durch das Scheunentor und Essen
neben der 500-jährigen «heiligen» Wand
1
Ortsbild
Das Haus mit asymmetrischem Giebel hat vier sehr verschiedene Fassaden. Die Giebelfassade zur Strasse hin
ist verputzt und die Nordwestfassade weist zwei Geschosse Fachwerk auf. Die schiefe Nordostfassade besteht ebenfalls aus einer Riegelwand mit sehr wenigen
Öffnungen und auf der Südostseite reicht das Dach bis
fast zum Boden. Diese Ansicht ist besonders empfindlich. Mit verschieden alten Ziegeln wieder eingedeckt,
präsentiert sich das dominante Dach alles andere als
eintönig. Mit der Beibehaltung des Schopfanbaus und
der Inkaufnahme von beschränkten Belichtungsmöglichkeiten gelang es, ein prägnantes, immer selteneres ortsbildtypisches Haus in Marthalen zu erhalten.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Marthalen, Oberdorf 17, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Zum Gebäude
Das auf den ersten Blick unscheinbare Haus im Oberdorf von Marthalen beinhaltet einen bald 550-jährigen
Kernbau. Im kleinen 1463 errichteten Haus verbirgt sich
das älteste in Marthalen bekannte Gebäude. Das ursprüngliche Wohnhaus wurde in den Jahren 1620, 1643
und 1736 dreimal erweitert. Dieser Umstand wurde dem
Eigentümer erst bei der Baueingabe bewusst, was eine
Neuplanung unter Mithilfe der kantonalen Denkmalpflege zur Folge hatte. Kernstück der Erhaltung bildet
die heute im Innern sichtbare Aussenwand des Kernbaus. Der Dachstuhl mit den verschiedenen Bauetappen und alle Aussenfassaden wurden integral erhalten.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Marthalen, Oberdorf 17, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Die neue Architektur beschränkt sich auf den Bereich
der Scheuenerweiterung. Der alte Wohnteil blieb weitgehend unangetastet. Einzig die ungeschickte Erschliessung des oberen Geschosses wurde verbessert.
Um im kleinen Scheunenteil Platz zu gewinnen, erfolgt
die Erschliessung des neuen Einbaus ebenfalls über
diese geradläufige Treppe. Dadurch entsteht ein interessantes Erschliessungssystem um die historische Wand
herum. Man erlebt sie vom ehemaligen Scheuneneingang aus von unten, am Essplatz auf Augenhöhe und
von einer Galerie aus in der Übersicht. Der neue Ausbau, im Scheunenbereich ist in Beton ausgeführt. Er
dient zur Stabilisierung des ganzen Gebäudes und bildet gleichzeitig einen ästhetischen Kontrast zum Holzfachwerkbau. Durch das verglaste Scheunentor wird
das an sich bescheiden belichtete Innere wirkungsvoll
aufgewertet.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Marthalen, Oberdorf 17, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Raumqualität
Als die heutigen Eigentümer im Jahr 2003 das Haus
erwarben, ahnten sie nicht, dass es sich beim Kaufobjekt um einen typologisch seltenen Bautyp und um
das älteste bekannte Gebäude Marthalens handelt.
Die Familie Thomas und Christine Hausheer und ihre
zwei Kinder fühlen sich nach einer langen Bauzeit wohl
in ihrem Haus. Der Schwiegervater erbrachte als pensionierter Schreiner sehr viele Eigenleistungen und der
Bauherr verputzte die Wände im alten Teil eigenhändig
mit Lehm.
Architekt: Ernst Rüegg, Zürich / Emil Zingg, Hüttwilen
Bauherrschaft: Thomas und Christine Hausheer
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Unterstammheim, Hauptstrasse 5, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Unterstammheim
Vielzweckbauernhaus «im Flösch»
Mehrzweckhalle als Aufenthaltsraum –
Boxen und Velofahren im «Heustock»
1
Ortsbild
Das Haus steht am westlichen Ende einer zusammengebauten Häuserzeile. Zusammen mit den davorliegenden gepflegten Gärten prägt die Gruppe den östlichen
Dorfeingang. Durch den Verzicht auf Dachaufbauten
bleibt der ehemalige Scheunencharakter erhalten. Die
grosse Öffnung auf der Westfassade dient der Belichtung eines grossen Raumes. Die zusätzlichen Fenster
auf der Südseite kommen mit einem minimalen Verlust
an Füllungen aus und das Skelett blieb ganz erhalten.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Unterstammheim, Hauptstrasse 5, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Zum Gebäude
Die Entstehungsgeschichte der zusammengebauten
Bauernhäuser geht auf die Familie Johannes Kappeler
zurück. Zwischen 1821 und 1852 entstanden zwei
Wohnhäuser und drei Ökonomieteile. Der westliche
Hausteil wurde vor zehn Jahren umgebaut. Das
Treppenhaus als Metall-Holzkonstruktion steht in der
ehemaligen Tenndurchfahrt und erschliesst das Oberund Dachgeschoss. Hier befindet sich heute auch der
Hauptzugang des Hauses. Die dunkle Küche wurde um
die fassadenseitige Kammer erweitert, um mehr Tageslicht ins Innere zu bringen. Der frühere Hauseingang
dient heute als Ausgang auf den Gartensitzplatz. Schon
beim Umbau des Wohnteils war vorgesehen, die Scheune zu einem späteren Zeitpunkt besser zu nutzen.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Unterstammheim, Hauptstrasse 5, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Der neue Mehrzweckraum entspricht genau dem ehemaligen Heustockvolumen. Die Westwand wurde aussenseitig isoliert und wieder mit einem traditionellen
Eternitschild versehen. Durch das grosse Glasfenster
heizt sich der Raum im Hochsommer auf. Das Dach ist
innen isoliert, sodass die Sparren nicht mehr sichtbar
sind. Der Raum ist nicht beheizt und besitzt das Klima
eines grossen Wintergartens. Dem Betrachter fällt es
leicht, sich weitere Einbauten vorzustellen. Die gut erhaltenen sichtbaren Holzriegel gliedern die Innenwände
und die im Lot stehenden Fenster machen die schiefen
Wände deutlich sichtbar. Der Raum bietet nach wie vor
das attraktive Raumerlebnis eines leeren Heustocks.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Unterstammheim, Hauptstrasse 5, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Raumqualität
Hanspeter und Anita Wepfer und ihre drei Kinder haben
das Bauernhaus geerbt und in Etappen umgebaut. Bei
den allermeisten Generationenwechseln erfahren
Gebäude Veränderungen. Der Bauernbetrieb
existiert nicht mehr und somit stellte sich die Frage
nach einer geeigneten Nutzung. Die Scheune bietet
heute Platz für Fitness, Boxen und Velofahren, Spiele,
Versammlungen u.a.m. und kommt einem gedeckten
Wohnplatz am nächsten. Die Vielfalt der Nutzungsmöglichkeiten verleiht dem sehr grossen Raum einen
besonderen Reiz.
Architekt: Walter Graf, Unterstammheim
Bauherrschaft: Hans-Peter und Anita Wepfer
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Berg am Irchel, Hauptstrasse 2, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Berg am Irchel
Vielzweckbauernhaus «Im Chloster»
Wohnen in Scheune und Glaskubus
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Ortsbild
Das Ortsbild wird bei diesem Konzept kaum tangiert.
Der grossflächige Ziegelschild wurde entfernt und durch
eine vertikale Schalung mit durchgehenden Brettern mit
ähnlicher Wirkung ersetzt. Die Lichtausbeutung wird
dadurch erst möglich und bei Nacht macht sich der
leuchtende Glaskubus – dezent – nur durch die Abstände der Lamellen bemerkbar. Das Gebäude hat keinen eigentlichen Umschwung. Die Platzsituation auf der
Ostseite mit Brunnen und Vorgärten kompensiert die
ungünstige Lage an der Hauptstrasse.
29
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Berg am Irchel, Hauptstrasse 2, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Zum Gebäude
Das ehemalige Bauernhaus «Im Chloster» steht im
Dorfkern dicht an der Hauptstrasse gegenüber der
Kirche. Die Giebelfassade der Scheune ist gegen
Süden gerichtet. Kernbau und Scheune stammen aus
dem Jahr 1559. Die Nord- und Westtfassade weisen
Spuren von Wandmalereien und verschiedenen Farbfassungen des Fachwerks auf. Das Haus wurde 1717
gegen Norden in Firstrichtung und 1804 durch einen
Quergiebelanbau gegen Osten hin erweitert. Die Südfassade war vor dem Umbau mit einem Ziegelschild
versehen.
30
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Berg am Irchel, Hauptstrasse 2, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Das starke architektonische Konzept des gläsernen
Hauses im Haus macht das Innenleben einer Scheune
zur spannenden «Aussicht». Gegen Westen steht die
Glaswand in gut begehbarem Abstand zur alten
Aussenmauer, gegen Osten blickt man in die Räume
späterer Anbauten und gegen Süden lässt sich die neue
durchgehende Holzverschalung lammellenartig öffnen
und schliessen. Licht- und Sichteinfall können je nach
Bedürfnis eingestellt werden. Möglich ist diese Lösung
nur dank einer leicht eingeschränkten Ausnützung des
bestehenden Volumens. Im ehemaligen Stall befinden
sich der Eingang sowie ein Schlafzimmer, in den beiden
oberen Geschossen der Wohn- und Essraum mit Küche
sowie ein Schlafraum mit Bad und WC.
31
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
4
Berg am Irchel, Hauptstrasse 2, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Raumqualität
Die Eigentümerin Maya Bühler liebt Bilder und trotzdem
fühlt sie sich sehr wohl im Glashaus in der Scheune,
auch ohne herkömmliche Wände. Die drei grossen
«Wandbilder» beschränken sich auf die geschichsträchtige Bausubstanz der Aussenmauern und ihrer interessanten Spiegelungen. Diese werden immer wieder in
verschiedenem Licht wahrgenommen. Die Veränderung
der Patina am beweglichen Holzlamellenschild ist aus
nächster Nähe im Streiflicht besonders reizvoll. Das
Schutzobjekt wird zum Kunstgegenstand. Sie ist der
Überzeugung, dass «die Architektur ohne Experimente
nicht weiterkommt».
Architekt: Arnold Amsler, Winterthur
Bauherrin: Maya Bühler
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Schlatt, Kirchgasse 10, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Schlatt ZH
Vielzweckbauernhaus Kirchgasse
Wohnen im Schopfanbau
und Ferien im alten Wohnteil
1
Ortsbild
Das Gebäude ist von allen Seiten sehr gut einsehbar
und steht neben den prominenten Schutzobjekten Kirche und Pfarrhaus. Die Zurückhaltung gegenüber Veränderungen an den Fassaden fällt nicht schwer, weil
das Gebäude praktisch allen gefällt – und zwar so wie
es ist. Durch die integrale Erhaltung der Fassaden des
Hauptgebäudes fallen die Veränderungen am
Remiseanbau kaum ins Gewicht.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Schlatt, Kirchgasse 10, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Zum Gebäude
Das Wohnhaus mit Scheune bildet zusammen mit der
Kirche und ihrem dazugehörigen imposanten Pfarrhaus
ein wertvolles Ensemble. 1776 als Pfarr- und Zehntenscheune erstellt und 1839 teilweise zu Wohnzwecken
umgebaut, erfuhr das Gebäude in den letzten 30 Jahren
keine wesentlichen Veränderungen, denn der Kanton
Zürich kaufte 1977 die Liegenschaft im Hinblick auf ein
Strassenbauprojekt. 2002 verkaufte er das sanierungsbedürftige Vielzweckbauernhaus an Martin und
Suzanne Kuhn mit denkmalpflegerischen Auflagen: Im
bestehenden Wohnteil müssen die Raumstruktur und
der Kachelofen erhalten bleiben und der Dachstuhl von
Wohnhaus und Scheune soll unbeheizt bleiben.
34
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Schlatt, Kirchgasse 10, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Das architektonische Konzept kommt den Ansprüchen
von Bauherrschaft und Denkmalpflege sehr entgegen.
Der aus denkmalpflegerischer Sicht unbedeutende Remiseanbau liegt an der schönsten Wohn- und Aussichtslage. Er dient dem Wohnen, Kochen und Schlafen, während das Badezimmer im Scheunenteil losgelöst von der
Aussenwand untergebracht ist. Alter und neuer Wohnteil
sind nur über den ungeheizten Scheunen-Raum erreichbar. Die Belichtung des Badezimmers erfolgt geschickt
über das Dach und den vom Eigentümer liebevoll genannten «Kreuzgang». Die kreuzförmigen Lüftungsöffnungen der Zehntenscheune ergeben eine sakrale
Stimmung. Zentral geheizt mit Erdwärme wird nur der
Neubauteil. Auf dem Dach des kleinen ehemaligen
Waschhauses wurden die Sonnenkollektoren für die
Warmwasseraufbereitung in die Ziegelebene eingebaut.
35
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
4
Schlatt, Kirchgasse 10, Vielzweckbauernhaus UMBAUTEN
Raumqualität
Die Bauherrschaft richtete das Umbauprojekt und ihr
Leben geschickt nach den eingeschränkten Vorgaben.
Die Familie zog unmittelbar nach dem Kauf in den
sanierungsbedürftigen Wohnteil ohne jeden Komfort ein.
WC und Duschkabinen wurden ausserhalb des Gebäudes aufgestellt und geheizt wurde mit dem Kachelofen.
Der Bauherr, Schreiner und Parkettleger, erbrachte
grosse Eigenleistungen für den zeitgemässen Ausbau
der Scheune und des Remiseanbaus, die die Bauzeit
entsprechend verlängerten dafür aber die Kosten senkten. Die dreiköpfige Familie brauchte mehr Platz und
betrachtet den alten Wohnteil heute als heimeliges
«Ferienhaus» im eigenen Haus. Das Nebeneinander
von zwei verschiedenen Wohnformen, die Erhaltung der
Tenndurchfahrt sowie die unausgebauten Teile der
Scheune verleihen der Anlage eine spannende und
abwechslungsreiche Stimmung.
Architekt: Kuhn und Zehnder, Winterthur
Bauherrschaft: Martin und Susanne Kuhn
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Kappel am Albis, Uerzlikon, Oberdorfstrasse 38, ehem. Bauernhaus UMBAUTEN
Kappel am Albis, Uerzlikon
Ehemaliges Bauernhaus
Aus dem Winterschlaf erwacht
1
Ortsbild
Das Wohnhaus «Butzen», Teil des Bauernhofes Hägi,
liegt in der Landwirtschaftszone, am Rande des gut
erhaltenen Weilers Uerzlikon. Der Weiler ist im Inventar
der schutzwürdigen Ortsbilder von überkommunaler
Bedeutung enthalten. Die direkte Umgebung des
Gebäudes wird zum einen durch den Bauernhof mit
Wohnhaus und Scheune aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und zum zweiten durch die als «wichtiger
Freiraum» definierte landwirtschaftliche Fläche geprägt.
37
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Kappel am Albis, Uerzlikon, Oberdorfstrasse 38, ehem. Bauernhaus UMBAUTEN
Zum Gebäude
Das Schutzobjekt stammt aus dem 18. Jahrhundert und
wurde seit den 1920er Jahren nicht mehr bewohnt,
wodurch es in seiner Ursprünglichkeit in seltener Art
und Weise erhalten blieb. Die Bestandgarantie (Art. 24,
Abs. 2 RPG) war anderseits damit für ein Gebäude ausserhalb der Bauzone nicht mehr gegeben. Durch die
denkmalpflegerische Bedeutung konnte aber das öffentliche Interesse an der Erhaltung bzw. der Wiedernutzung zu Wohnzwecken begründet und bewilligt werden. Das Gebäude gliedert sich in drei Teile, dem zweigeschossigen Wohnhaus, der ehemaligen Scheune und
dem Anbau der ehemaligen Wagenremise. Die heutige
Nutzung bildet eine Wohneinheit, welche sich vom
Wohngebäude in die beiden Ökonomiegebäudeteile
erstreckt.
38
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Kappel am Albis, Uerzlikon, Oberdorfstrasse 38, ehem. Bauernhaus UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Unter Berücksichtigung des schutzwürdigen und räumlich kleinteiligen Wohnhauses wurde ein neuer grosszügiger Wohnraum mit Galerieeinbau in der ehemaligen
Wagenremise realisiert. Eine diskrete Befensterung an
der Westfassade lässt diese neue Nutzung erahnen.
Weiterhin wurde, um die Substanz des Wohnhauses
nicht zu beeinträchtigen und mit Leitungssträngen nicht
unnötig zu belasten, der Einbau der neuen Sanitärräume in den rückwärtigen Scheunenteil und in die ehemalige Wagenremise gelegt. Das Dachgeschoss blieb
konsequent als Kaltraum erhalten.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
4
Kappel am Albis, Uerzlikon, Oberdorfstrasse 38, ehem. Bauernhaus UMBAUTEN
Raumqualität
Die von den Bewohnern geschätzte Qualität liegt im
spannungsvollen Wechsel zwischen den historisch
gewachsenen Strukturen, ihren Oberflächen und
Elementen aus vergangenen Jahrhunderten und den
neuen grosszügigen Wohnräumen in den ehemaligen
Ökonomieteilen. Die sorgfältig restaurierte Stube im
Erdgeschoss mit Wand- und Deckentäferung, den
Fenstern, dem Kachelofen von 1747 und dem eisernen
Holzherd in der Küche sorgen neben modernen Einbauten für eine unvergleichbare Raumatmosphäre.
Architekt: Ernst Rüegg, Zürich
Bauherrschaft: Hans-Peter und Evelyn Kunz-Jucker,
Uerzlikon
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Eglisau, Tössriederenstrasse 82, Stallscheune UMBAUTEN
Eglisau
Stallscheune
Wohnen in der Scheune
statt schlafen im Stroh
1
Ortsbild
Das Ortsbild des Strassendorfs Tössriederen lebt einerseits von den Einzelobjekten entlang der Hauptstrasse
und anderseits von der gut einsehbaren geschlossenen
Dachlandschaft. Beiden Gesichtspunkten wurde hier
sehr sorgfältig Rechnung getragen. Das Dach wurde
wieder mit den alten Ziegeln eingedeckt.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Eglisau, Tössriederenstrasse 82, Stallscheune UMBAUTEN
Zum Gebäude
Das Stallscheune ist vermutlich 200 Jahre alt und der
jüngere Stalleinbau stammt aus dem Jahr 1907. Die
einfach konstruierte Scheune wurde im Laufe der Zeit in
ihrer Statik einige Male arg strapaziert. Das leichtfertige
Entfernen von Konstruktionsteilen im Hinblick auf veränderte Nutzungen verursachten beim Umbau vor neun
Jahren einiges Kopfzerbrechen mit entsprechenden
Mehrkosten.
42
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Eglisau, Tössriederenstrasse 82, Stallscheune UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Am Volumen der Scheune wurde nichts verändert. Die
Dreiteiligkeit des Gebäudes ist noch erlebbar. Der
grösste Eingriff in die vorhandene Bausubstanz bildet
die Betondecke über dem Erdgeschoss. Ansonsten handelt es sich aber wieder ausschliesslich um eine Holzkonstruktion. Die massive Westfassade wurde nicht verändert und die eindrücklich ausladenden Vordächer nur
im Bereich über dem ehemaligen Stall etwas gekürzt,
was den Blick von der Wohnküche aus auf den Rhein
ermöglicht. Im Treppenbereich ist die Höhe des ehemaligen Tenns noch spürbar. Die glatte, lasierte Schalung
mit schmalen Brettern verweist auf die anspruchsvollere
Anforderung der isolierten Aussenwände. Die Anordnung und Gestaltung der Fenster ist zweckmässig und
führt zu einer schönen und abwechslungsreichen
Belichtung der Innenräume.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
4
Eglisau, Tössriederenstrasse 82, Stallscheune UMBAUTEN
Raumqualität
Der Eigentümer Eddie Borowski bewohnt seine Wohnscheune originell und eigenwillig. Im Erdgeschoss hat er
den Stall mit einem eingefügten horizontalen Holzboden
versehen ohne den alten Stallboden zu zerstören. Der
Raum dient ihm als Lager, Werkstatt kurz als Ort der
Inspiration. Das Gebäude ist nicht unterkellert, einzig
ein Rübenkeller ausserhalb des Hauses wurde erst bei
den Bauarbeiten entdeckt. Das Gebäude besitzt keinen
Umschwung. Ohne die Möglichkeit der Pacht von
70 Quadratmeter Gartenfläche auf der sonnigen Rückseite hätte er das Haus nicht erworben. Gegessen und
geschlafen wird im 1. Obergeschoss. Der durchgehend
offene Dachraum dient der Arbeit und Erholung. Die
Erhaltung der Laufkatze zur Verteilung der Heu- und
Strohballen war ihm ein Anliegen.
Architekt: Urs Eberhard, Zürich
Bauherr: Eddie Borowski, Tössriederen
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Hombrechtikon, Tobel, Neuhof, Rütistrasse 47, «Brändlischeune» UMBAUTEN
Hombrechtikon
«Brändlischeune»
Sanfte Umnutzung
1
Ortsbild
Die «Brändlischeune» steht am südöstlichen Dorfrand
von Hombrechtikon. Als grosser Solitärbau prägt sie das
Strassenbild an diesem Dorfausgang. Das zur Scheune
gehörende Wohnhaus «Neuhof» liegt auf der gegenüberliegenden Seite der Rütistrasse. Durch diese stark
frequentierte Hauptstrasse wird die ehemalige Hofeinheit «Neuhof», das Wohnhaus (Neuhof) und das Ökonomiegebäude («Brändlischeune») voneinander getrennt, vor der Scheune entsteht dadurch ein dreiecksförmiger Vorplatz. Das rückwärtige Wiesengrundstück
mit zwei hohen Bäumen und der westlichen Scheunenhocheinfahrt sind charakteristisch erhalten geblieben.
Die Nahumgebung besteht aus Neubaugebieten.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Hombrechtikon, Tobel, Neuhof, Rütistrasse 47, «Brändlischeune» UMBAUTEN
Zum Gebäude
Es handelt sich um ein bedeutendes Beispiel einer
grossen Stallscheune der um die Mitte des 19. Jahrhunderts in der Region aufkommenden Milchwirtschaft.
Erbaut im Jahre 1853 präsentierte sich die «Brändlischeune» bis zur Restaurierung und sanften Umnutzung in den 1990er Jahren noch in nahezu originalem
Zustand. Die Fassade und der Innenraum sind klassizistisch-symmetrisch gegliedert. Durch die Symmetrie
ergab sich eine Doppelstallanlage mit je einer Durchfahrt, einem Futtertenn und einem Viehstall. Der Name
der Scheune erinnert an den letzten Eigentümer. Dieser
übertrug das Gebäudeensemble testamentarisch einer
gemeinnützigen Stiftung mit dem Zweck aus dem Ertrag
der Liegenschaften den Gebäudeunterhalt zu finanzieren.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Hombrechtikon, Tobel, Neuhof, Rütistrasse 47, «Brändlischeune» UMBAUTEN
Neue Nutzung
Nach der Erwägung verschiedener Nutzungskonzepte
und Verhandlungen mit Gemeinde und Denkmalpflege
erklärte sich die Stiftung 1994 bereit, die Scheune nach
denkmalpflegerischen Grundsätzen zu restaurieren und
unter Schutz zu stellen, sofern die Restaurierung zu
Lasten des Staates ausgeführt werden könne. Oberstes
Ziel dieser Restaurierung war der grösstmögliche Erhalt
der Substanz und damit auch der räumlichen Gliederung im Innern. Heute dient die Scheune nun im Erdgeschoss als Werkstatt einer Grabstein- und Bildhauerei, sowie als Verkaufsfläche für Kindergebrauchtwaren, im Ober- und Dachgeschoss als Lager und Ausstellungsraum.
47
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
4
Hombrechtikon, Tobel, Neuhof, Rütistrasse 47, «Brändlischeune» UMBAUTEN
Raumqualität
Mit der sanften Umnutzung der Scheune können
grösstenteils die bestehenden Raumqualitäten
erhalten bleiben. Im Erdgeschoss wird die bestehende Querunterteilung für die Abtrennung der
verschiedenen Nutzungseinheiten herangezogen
und im Dachgeschoss wird das riesige Volumen
des kalten Dachraums, mit all seinen konstruktiven
Details, unter Berücksichtigung der Nutzung weiterhin sichtbar erhalten.
Architekten: Baur + Zachs, Küsnacht/ZH
Bauherrschaft: H. und M. Brändli-Bertschi-Stiftung,
Hombrechtikon
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Wald, Jonastrasse, Umnutzung Textilindustrieareal Bleiche/Lindenhof UMBAUTEN
Wald, Ehem. Textilindustrieareal
Unternehmergeist ohne Abbruch
1
Ortsbild
Die baulichen Zeugnisse der beispiellosen Erfolgsgeschichte der Textilindustrie im Zürcher Oberland verleihendem Ortsbild von Wald seinen unverwechselbaren
Charakter. Mit dem Bau zweier Spinnereigebäude und
dem Aufkauf älterer Industriebauten verdichtete die Unternehmerfamilie Honegger ihre Produktionsstätte in der
«Bleiche» zu einem eigentlichen Industriequartier. Nach
der Stilllegung der Produktion 1988 ergriff die vierte
Generation der Gründerfamilie die Initiative zu einer
nachhaltigen Umnutzung. Das Industrieareal hat sich
schrittweise zu einem lebhaften Wohn- und Gewerbequartier gewandelt. Geblieben ist die Strahlkraft der
«Bleiche» – als bestimmendes Element des Ortsbildes und
einzigartiger Beweis wandelfähigen Unternehmergeistes.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Wald, Jonastrasse, Umnutzung Textilindustrieareal Bleiche/Lindenhof UMBAUTEN
Zum Gebäude
Die langgezogenen, in stumpfem Winkel zueinander
stehenden Webereibauten «Bleiche» (1871) und
«Bleichwies» (1907) sind die raumbildenden Elemente
der Industrieanlage und legen Zeugnis ab über den
rasch wachsenden Erfolg der Textilproduktion: 1016
Webstühle ratterten in der Blütezeit vor dem ersten
Weltkrieg in den Honeggerschen Sälen! Ältere Bauten,
so die 1824 erstellte Spinnerei «Lindenhof»,erfuhren
bauliche Anpassungen und wurden weiter genutzt. Von
weither sichtbar sind der über 100-jährige, sorgfältig
restaurierte Hochkamin und der 1900 errichtete, mit einem Pyramidendach gedeckte Turm des «Lindenhofs».
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Wald, Jonastrasse, Umnutzung Textilindustrieareal Bleiche/Lindenhof UMBAUTEN
Neue Architekturelemente
Das Unterbringen neuer Nutzungen unter der Vorgabe
des Erhalts der charakteristischen inneren und äusseren Erscheinung und der Bausubstanz bot bei den ehemaligen Weberei- und Spinnereigebäuden verhältnismässig wenig Schwierigkeiten. Ihre Gebäudestruktur ist
einfach und grosszügig, und eine gute Belichtung war
schon für die Textilproduktion ein Erfordernis.
Anspruchsvoll war in diesem Fall vielmehr, den zonenrechtlichen Rahmen für die Ablösung der industriellen
Produktion durch Wohnen und Gewerbe zu schaffen. In
enger Zusammenarbeit mit den Eigentümern und der
Denkmalpflege erliess die Gemeinde Sonderbauvorschriften für das in der Kernzone gelegene, ehemalige
Industrieareal. In einem ausgeglichenen Nutzungsmix
sorgen nebst den attraktiven Loft-Wohnungen heute ein
Restaurant, das Hotel und das «Bleichebad» dafür,
dass das unvergleichliche Ambiente des umgenutzten
Bleiche-Areals weit über das Zürcher Oberland hinaus
bekannt geworden ist.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
4
Wald, Jonastrasse, Umnutzung Textilindustrieareal Bleiche/Lindenhof UMBAUTEN
Raumqualität
Die in den ehemaligen Websälen eingerichteten LoftWohnungen bieten schier unerschöpflichen Platz für
unkonventionelle Wohnideen:In den luftigen Raumhöhen schweben Galerien, Badezimmer und Küchen sind
frei in die grossen Flächen gestellt und wer sich ein geschlossenes Spielzimmer für die Kinder wünscht, kann
sich auch einen alten, schmucken Wohnwagen in den
Loft stellen. Der kräftige Charakter der Industriebauten
mit dem Raster der Gusseisensäulen, den regelmässigen Fensterreihen und den flächigen Holzzementböden
lässt sich dadurch kaum aus der Ruhe bringen.
Dass zwischen den grossen Spinnereigebäuden auch
gearbeitet wird und kleinere Nebenbauten und Freiflächen erhalten geblieben sind, macht das Gebäudeensemble zum lebenswert-lebhaften Quartier.
Architekten: Createam, Diggelmann& Steinmann, Wald
David A. Huber, Zürich
Bauherrschaft: Otto & Johann Honegger AG, Wald
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Oberstammheim, Hauptstrasse 76, Bürgerhaus «Alte Kanzlei» DACHAUSBAUTEN
Oberstammheim
«Alte Kanzlei»
Neue Feuerstelle in alter Rauchkammer
1
Ortsbild
Das Haus «Zur alten Kanzlei» steht sehr prominent am
östlichen Dorfeingang von Oberstammheim. Zusammen
mit dem Gasthof «Zum Hirschen», dem grossen Remisegebäude, einem stattlichen Vielzweckbauernhaus
und den zwei Brunnen bildet es ein Ensemble von
höchster Qualität. Um die strassenseitige Ansicht des
dominanten Hauses und seines grossflächigen Dachs
nicht durch gängige Giebellukarnen zu beeinträchtigen
entschloss man sich zu einer ungewöhnlichen Lösung.
Der Dachabsatz gewährleistet die Belichtung des
Dachraumes. Durch die Zurücksetzung der Verglasung
in den Dachbereich wirkt der Absatz wie eine traditionelle Belüftungsgaube. Was wird hier wohl getrocknet?
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Oberstammheim, Hauptstrasse 76, Bürgerhaus «Alte Kanzlei» DACHAUSBAUTEN
Zum Gebäude
Die «Alte Kanzlei», auch als Zunftrichterhaus bekannt,
wurde vermutlich 1630 errichtet. Von 1688–1839 waren
Mitglieder der Familie Wehrli hier als Landschreiber
tätig. Das repräsentative und wohlproportionierte Gebäude besitzt ein Erdgeschoss in Massivbauweise, zwei
Obergeschosse in Fachwerkbauweise und einen grossen, in Eiche konstruierten Dachstuhl. Der Erkeranbau
wurde über 200 Jahre später erstellt und zwar wieder in
Fachwerkbauweise. 1957 wurde der Riegel der Westfassade freigelegt und 28 Jahre später zum Schutz wieder mit einem Ziegelschild geschützt.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Oberstammheim, Hauptstrasse 76, Bürgerhaus «Alte Kanzlei» DACHAUSBAUTEN
Neue Architekturelemente
Der ausgebaute Dachstuhl besteht nach wie vor aus
zwei Grossräumen. Über die bestehende Treppe erreicht man neben der erhaltenen grossen, achteckigen
Rauchkammer das Dachgeschoss. Die Galerie auf dem
Kehlboden des östlichen Raumes bildet ein stimmungsvolles «Schlafzelt». Da zwischen den Sparren isoliert
wurde, sind nur noch die Binder sichtbar. Die durchgehende weisse Schalung dient der Aufhellung des Raumes und steht im Kontrast zu den wertvollen TäferDecken der unteren Geschosse. Durch die zurückversetzte Verglasung im Bereich der niedrigen Schleppgaube entsteht ein origineller trogartiger Aussenraum
mit geschütztem Aussenklima. Die Aussicht auf die
Dächer und ins Stammertal ist sehr schön. Auf der
westlichen Giebelseite wurden zusätzliche
Fensteröffnungen erstellt.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
4
Oberstammheim, Hauptstrasse 76, Bürgerhaus «Alte Kanzlei» DACHAUSBAUTEN
Raumqualität
Regula Langhard, Rico Zryd und ihre beiden Kinder
nutzen das 2. Obergeschoss und den zweigeschossigen Dachstock, letzteren als Mehrzweckraum. Wohnen,
arbeiten, spielen und schlafen überlagern sich hier wie
einst die im Dachboden gelagerten Güter. Das durch
Glasschiebewände abgetrennte Bad mit Rundkiesboden
und einer frei in den Raum gestellten Dampfdusche
bringt sogar etwas Strandatmosphäre in den Dachstuhl.
Das Haus wird intensiv genutzt. Die Eigentümerin
betreibt einen Coiffeursalon im Erdgeschoss und die
Wohnung im 1. Obergeschoss ist vermietet.
Architekt: Heinz Ulrich, Oberstammheim
Bauherr: Regula Langhard, Rico Zryd, Oberstammheim
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Laufen-Uhwiesen, Uhwiesen, Dorfstrasse 32, ehem. Bauern- und Handwerkerhaus DACHAUSBAUTEN
Laufen-Uhwiesen
Ehem. Bauern- und Handwerkerhaus
Dachraum mit Panoramafenster
1
Ortsbild
Die noch unversehrten geschlossenen Dächer der Nachbarhäuser und die dominante Lage des Hauses innerhalb des Ortsbildes verlangten nach einer diskreteren
Lösung als die maximal mögliche Anzahl von GiebelLukarnen. Zur Vermeidung einer zu monumentalen Wirkung wurde nach einer anderen Lösung gesucht. Die
«Panoramafensterlösung» bedurfte einer Ausnahmebewilligung. Der Eigentümer war bereit, auf dem Ökonomieteil keine zusätzlichen Dachaufbauten zu erstellen.
Im Gegenzug wurde dem Eigentümer zugestanden,
einen verglasten Dachabsatz, das Panoramafenster über
dem ganzen Wohnteil zu realisieren. Mit dieser differenzierten Behandlung der Dachfläche bleibt die Zweiteiligkeit zwischen Wohn- und ehemaligem Ökonomieteil
weiter bestehen.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Laufen-Uhwiesen, Uhwiesen, Dorfstrasse 32, ehem. Bauern- und Handwerkerhaus DACHAUSBAUTEN
Zum Gebäude
Der zweigeschossige Sichtfachwerkbau stammt im
Gefüge aus dem 16./17. Jahrhundert und wurde 1872
umfangreich umgebaut. Der nordwestlich, leicht zurückgesetzte Ökonomieanbau datiert aus dem Jahr 1908.
Das Gebäude, das im Laufe des 19. Jahrhundert zahlreiche Handwerker, wie Drechsler, Küfer und Schuster
bewohnten, nimmt durch seine eigenwillige Stellung
eine bedeutende Funktion im Uhwiesener Ortsbild ein.
Das von den Eigentümern sanft renovierte Gebäude
brannte am 21. Dezember 1995 lichterloh. Der Dachstuhl, Teile des Obergeschosses und des angebauten
Ökonomiegebäudes sowie ein Schopfanbau wurden
Opfer der Flammen. Das Gebäude wurde wieder in
Stand gesetzt und gleichzeitig der Dachausbau realisiert. Erst zehn Jahre später baute der Eigentümer
selbst die Scheune aus.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Laufen-Uhwiesen, Uhwiesen, Dorfstrasse 32, ehem. Bauern- und Handwerkerhaus DACHAUSBAUTEN
Neue Architekturelemente
Beide Ausbauten erfolgten nicht in der üblichen, rustikalen Art und Weise. Der Dachstuhl wurde gänzlich mit
Gipskartonplatten verkleidet und wirkt demzufolge sehr
hell. Die Erinnerung an den Brand trug vielleicht zu dieser auch brandschutzmässig einwandfreien Lösung bei.
Keine Veränderung am äusseren Bild gegenüber dem
öffentlichen Raum und trotzdem eine hohe Wohnqualität
im Innern bildet hier die Herausforderung der architektonischen Gestaltung. Die innenliegende Treppe wird über
Dachflächenfenster auf der Rückseite belichtet. Die ausgebaute Scheune ist ganz nach Osten ausgerichtet. Als
Wohn- und Essraum des Scheunenausbaus dient weiterhin der attraktive Dachraum mit Panoramafenster.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
4
Laufen-Uhwiesen, Uhwiesen, Dorfstrasse 32, ehem. Bauern- und Handwerkerhaus DACHAUSBAUTEN
Raumqualität
Der Dachausbau erfolgte zur Steigerung des Wohnkomforts und im Hinblick auf den später geplanten
Ausbau der Scheune. Der ausgebaute Dachraum
stellt innerhalb der eher engen Räume der unteren
Geschosse eine grosse Überraschung dar. Er ist nicht
unterteilt und damit entfaltet das Panoramafenster
seine ausserordentliche Wirkung. Die Erschliessung
des Dachgeschosses erfolgte schon vor dem Scheunenumbau über den ehemaligen Tennbereich. Heute
bewohnen die Eigentümer die ehemalige Scheune und
das Dachgeschoss des Wohnteils. Der ursprüngliche
Wohnteil wird fremdvermietet und die Bewohner benützen den schon immer bestehenden Hauseingang auf
der südlichen Giebelseite.
Architekt: Willi Roost, Kleinandelfingen
Bauherr: Markus und Regula Wildi, Uhwiesen
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Männedorf, Alte Landstrasse 230/232, Pächterhaus zur Villa Liebegg DACHAUSBAUTEN
Männedorf
Pächterhaus und Ökonomiegebäude
Kulturschüür
1
Ortsbild
Obschon dorfseitig der Alten Landstrasse gelegen, steht
das Rebbauernhaus mit Scheune ausserhalb des eigentlichen Dorfkerns. Zur Zeit seiner Erbauung dürfte es sich
inmitten eines Rebhanges befunden haben. Mit dem Bau
der Villa Liebegg im Jahr 1835 ist das Bauernhaus Teil
des Umschwungs dieses repräsentativen Wohnsitzes
geworden. Seit 1894 scheidet die Eisenbahnlinie das
Villenareal deutlicher vom Ortskern. Eingebettet zwischen Kirchenbezirk im Norden und Dorfkern im Süden
ist das Areal prominent gelegen; die zugehörigen Bauten
stehen allseitig frei im Villenpark. Ihre Fassaden- und
Dachflächen sind entsprechend stark exponiert und
verlangten im Rahmen des Umnutzungsprojekts nach
einem besonders sorgfältigen Umgang.
61
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Männedorf, Alte Landstrasse 230/232, Pächterhaus zur Villa Liebegg DACHAUSBAUTEN
Zum Gebäude
Der Wohnteil des Pächterhauses zählt zu den ältesten
Gebäuden von Männedorf: das Holz für den Bau des
Hauses ist in den 1520er-Jahren gefällt worden. Dieser
Gebäudeteil wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach
umgebaut; die am Kellertürbogen und Stubenkachelofen ablesbare Jahrzahl 1752 dokumentiert wohl nur
eine von zahlreichen Erneuerungsphasen. Der Ökonomietrakt hingegen wurde 1860 anstelle eines kleineren
Vorgängerbaus neu erstellt. Der firstparallel an das
Wohnhaus angeschlossenen, brettverschalten Scheune
schliesst sich unter einem Quergiebel ein ehemaliges
Trottgebäude mit verputztem Mauersockel an.
62
ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Männedorf, Alte Landstrasse 230/232, Pächterhaus zur Villa Liebegg DACHAUSBAUTEN
Neue Architekturelemente
Auf der Basis einer Machbarkeitsstudie sind im ehemaligen Ökonomietrakt Versammlungs- und Museumsräume eingerichtet worden. Die vollständig neue, winkelförmige Erschliessungstreppe durchstösst mit ihrer
Ecke die Aussenwände von Scheune und Trotte und
lässt die neue Nutzung gegen Aussen ablesbar werden.
Das neue Bauteil hebt sich in seiner Materialisierung
klar vom Bestand ab, respektiert jedoch Trauf- und
Gebäudekanten der Altbauten und ist so als Zufügung
lesbar. Während die bestehenden, ursprünglich mit
Läden und Toren verschlossenen Fassadenöffnungen
grosszügig verglast werden konnten, ist die Dachfläche
konsequent geschlossen geblieben und mit historischem Ziegelmaterial eingedeckt worden. Die Dachräume im Ökonomietrakt bleiben als Archiv- und Depoträume extensiv genutzt.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
4
Männedorf, Alte Landstrasse 230/232, Pächterhaus zur Villa Liebegg DACHAUSBAUTEN
Raumqualität
Ein Gang über die den Ökonomieteil durchdringende,
neue Treppenanlage ermöglicht ein ungewohntes und
spannungsvolles Raumerlebnis: Auf verschiedenen
Zwischenpodesten erlauben Verglasungen erhöhte
Einblicke auf verschiedene Raumebenen im Innern und
nach Draussen. Im Wohnteil sorgen hinter der Holzschalung des Südgiebels zurückversetzte und unter
einem langen Vordach verborgene grössere Fensterflächen für attraktive Belichtung – wenige gezielte
Eingriffe erzeugen auch hier eine überraschende Kombination der einzigartigen Intimität der historischen Räume
mit den neu gestalteten Erschliessungsbereichen.
Architekt: AMZ Architekten AG Wolfgang Müller), Zürich
Bauherrschaft: Gemeinde Männedorf sowie Rolf
Heusser und Daniela Zünd Heusser, Männedorf
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Zürich, Witikon, Berghaldenstrasse 76, Ersatzbau für Stallscheune ERSATZBAUTEN
Zürich, Witikon
Stallscheune
Ersatzbau … und trotzdem Heuaufzug
im Treppenhaus
1
Ortsbild
Der Dorfkern von Witikon ist durch einen Grüngürtel vom
übrigen Baugebiet getrennt. Das Gebäude ist sowohl
über die Wiese als auch vom Strassenraum aus ebenbürtig erlebbar. Dieser Ersatzbau ist durch die Erhaltung
und Wiederverwendung einiger weniger Bauteile gut in
seine Umgebung eingefügt. Die Materialisierung der
Holzfassade, die Weiterführung des Sichtbacksteins in
der Fortsetzung der erhaltenen Stallwand sowie die alten
Ziegel auf dem imposanten Dach verleihen dem Gebäude die gewisse Unverwechselbarkeit einer ehemaligen
Scheune. Im weitgehend intakten Ortsbild von Witikon
stellt diese Art des «Neuen Bauens» einen wertvollen
Beitrag dar. Durch die Erhaltung weniger Teile wurden
die Volumetrie strikte eingehalten und die Abfahrt zur
Tiefgarage, die in der Freihaltezone liegt, weit genug
vom Gebäude entfernt unauffällig angeordnet.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Zürich, Witikon, Berghaldenstrasse 76, Ersatzbau für Stallscheune ERSATZBAUTEN
Zum Gebäude
Die freistehende Doppelscheune mit den Baudaten
1715 und 1795 gehörte einst zur grössten Hofstatt des
Dorfes Witikon. Das dazugehörende stattliche Wohnhaus, erbaut 1649, mit grossem Quergiebel gilt als
Bauwerk der lokalen Dorfaristokratie. Die Eigentümer
bekleideten oft öffentliche Ämter und wirkten als
Geschworene, Säckelmeister und später auch als
Gemeinde- und Kantonsräte. Als bäuerliche Liegenschaft mit Wohnhaus und freistehender Scheune bildet
die Häusergruppe zusammen mit der grossen Linde,
einem Bauerngarten, der nahen Obstwiese und dem
kleinen Waschhaus ein sehr empfindliches Ensemble
im Kern der bis 1934 eigenständigen Gemeinde
Witikon, heute ein Aussenquartier der Stadt Zürich.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Zürich, Witikon, Berghaldenstrasse 76, Ersatzbau für Stallscheune ERSATZBAUTEN
Neue Architekturelemente
Das Mehrfamilienhaus umfasst fünf Wohneinheiten:
auf der Nordseite firstgetrennt zwei dreigeschossige
Hausteile und auf der Südseite drei zweigeschossige
Maisonettewohnungen. Offene Wohn-Ess-Bereiche
sowie grosszügige Wohnräume im Dachgeschoss vermitteln «Loft-Charakter». Alle Wohneinheiten werden
durch das ehemalige Tenn erschlossen. In diesem sehr
grossen «Treppenhaus» ist das «Erlebnis Scheune» für
die Besucher immer noch erlebbar. Der Blick auf die
wiederverwendeten Hölzer des ehemaligen Dachstuhls
sowie die von der Bauherrschaft wieder eingebrachte
alte Laufkatze unterstreichen diesen Eindruck. Die
restriktive Übernahme der Volumetrie des Hauptgebäudes, die Typologie des Grundrisses und die äussere
Materialisierung bilden in diesem Fall die Grundpfeiler
der Einordnung im Ortsbild. Die Art der Befensterung
macht die Scheune eindeutig zum Wohnhaus.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
4
Zürich, Witikon, Berghaldenstrasse 76, Ersatzbau für Stallscheune ERSATZBAUTEN
Raumqualität
Für die Geschwister Theres Fischer und Ulrich Fischer
stellte das Bauvorhaben in der elterlichen Scheune eine
Herausforderung dar. Das Resultat ist ein erkämpfter
Kompromiss zwischen denkmalpflegerischer Erhaltung
und zeitgenössischen Ansprüchen an Architektur und
Wohnkomfort. Je eine Wohnung bewohnen die Eigentümer selbst und für die drei andern fanden sie leicht
die entsprechenden Liebhaber als Mieter. Die Planungszeit dauerte sechs Jahre und die Bauzeit eineinhalb
Jahre. Das Gebäude kommt bei den Passanten gut an.
Die Eigentümer erhalten für den gelungenen Ersatzbau
immer wieder Komplimente.
Architekt: Staffelbach und Partner, Zürich
Bauherrschaft: Therese Widmer-Fischer und
Ulrich Fischer, Zürich
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Meilen, Winkelstrasse 15, Ehem. Gerberwohnhaus, «Entlastungsbau» ERSATZBAUTEN
Meilen
Ehem. Gerberwohnhaus, «Entlastungsbau»
Ergänzungsbau als Schutzmassnahme
1
Ortsbild
Das Konglomerat von Gewerbe-, Ökonomie- und Wohngebäuden an der Winkelstrasse verbirgt seine komplexe
Baugeschichte hinter einem einheitlich wirkenden, allseits vertrauten Bild. Parallel zum Strassenzug der
Kirchgasse bildet die historische Gebäudegruppe ein
zweites Ortskerngebiet in Meilen. Die Einpassung des
aktuell gestalteten Anbaus in die gewachsene Struktur
erforderte Feingefühl und Diskussionsbereitschaft. Im
Sinne einer klaren Unterordnung des Anbaus gegenüber dem überkommunalen Schutzobjekt ist der Neubau entgegen den ursprünglichen Plänen verkleinert
worden und dient ausschliesslich als Treppenhaus – der
Wunsch nach Balkonanbauten wurde zurückgewiesen.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Meilen, Winkelstrasse 15, Ehem. Gerberwohnhaus, «Entlastungsbau» ERSATZBAUTEN
Zum Gebäude
Die Baugeschichte des ehemaligen Gerberwohnhauses
ist komplex und konnte im Rahmen der jüngsten Umbaumassnahmen leider nicht abschliessend geklärt werden. Seine heutige Gestalt erhielt das Haus in den
1760er-Jahren und 1882–1883. Doch im seeseitigen
Gebäudeteil steckt ein Weinbauernhaus aus der Mitte
des 16. Jahrhunderts, das im Laufe der Jahrhunderte
mehrfach erweitert und immer aufwändiger ausgestattet
worden ist. Zur Strasse hin umschliesst das Wohnhaus
mit dem Ökonomiegebäude einen kleinen Hof, hinter
dem Haus ist ein grosser Garten, der Mitte des vergangenen Jahrhunderts zu einem Freilichttheater umgestaltet wurde.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Meilen, Winkelstrasse 15, Ehem. Gerberwohnhaus, «Entlastungsbau» ERSATZBAUTEN
Neue Architekturelemente
Der komplett neue Anbau hat den Abbruch eines älteren
Gebäudeteils erfordert und die äussere Erscheinung
des früheren Gerberwohnhauses wesentlich verändert.
Im Gegenzug erlaubte die Auslagerung der Vertikalerschliessung mit Treppe und Lift jedoch einen wesentlich schonungsvolleren Umgang mit den Innenräumen
des ehemaligen Gerberwohnhauses, das zu einem
Mehrfamilienhaus werden sollte. Das aussenliegende
Treppenhaus spricht eine aktuelle Architektursprache
und tritt markant zu Tage, bleibt jedoch dank formaler
Reduktion und Flachdach ein untergeordneter Anbau.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Meilen, Winkelstrasse 15, Ehem. Gerberwohnhaus, «Entlastungsbau» ERSATZBAUTEN
Raumqualität
Mit der Auslagerung der Treppe und des Liftes in einen
modernen Anbau liessen sich die brandschutztechnischen Anforderungen ohne Eingriffe in die schützenswerte Bausubstanz lösen. Die Eingangssituation präsentiert sich genauso grosszügig wie die repräsentativen Geschosswohnungen, die von der Einzigartigkeit
der historischen Raumausstattungen und dem Ausblick
auf die weitgehend intakte Umgebung, die besondere
Gartenanlage und schliesslich auf den See profitieren.
Architekt: steigerpartner Architekten & Planer AG, Zürich
Bauherrschaft: Wunderly Immobilien- und
Verwaltungs AG, Küsnacht
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Eglisau, Burgstrasse 18, Ersatzbau für Stallscheune ERSATZBAUTEN
Eglisau
Stallscheune
Nach Abbruch ... Ergänzung im Ortsbild
1
Ortsbild
Der Wert des mittelalterlichen Städtchens Eglisau mit
seinem urbanen Ausdruck ist unbestritten. Im ausserhalb des eigentlichen Städtchens liegenden Ortsteil
Burg findet man Wohnhäuser mit und ohne Ökonomietrakten. Die Struktur von gemauertem Stall und der
darüber liegenden Scheune in Holzkonstruktion wurde
fallengelassen, weil das Haus nicht mehr horizontal
genutzt wird. Auf Dachaufbauten wurde verzichtet und
die Dachflächenfenster mittels Glasziegeln kaschiert.
Als geschlossene Holzfassade zwischen den benachbarten Riegelbauten behauptet sich der Neubau unaufdringlich.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Eglisau, Burgstrasse 18, Ersatzbau für Stallscheune ERSATZBAUTEN
Zum Gebäude
Die Scheune ist gegen Westen einseitig angebaut. Auf
der nördlichen Strassenseite gliedert sich die Fassade
in Stall-, Tenn- und Heustockteil. Letzterer erstreckt sich
über die ganze Länge des Gebäudes. Die dekorativen
Belüftungsschlitze über dem Stallteil verleihen dieser
Ansicht einen speziellen Ausdruck. Die beiden andern
Fassaden sind mit einer geschlossenen Holzschalung
versehen. Das Sockelgeschoss ist durchgehend
gemauert und auf der Süd- und Westseite verputzt und
auf der Strassenseite dagegen in Sichtbackstein ausgeführt. Das Belüftungssystem des Heustocks steht Pate
für das Belichtungssystem des jetzigen Neubaus aus
dem Jahr 2001.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Eglisau, Burgstrasse 18, Ersatzbau für Stallscheune ERSATZBAUTEN
Neue Architekturelemente
Der Ersatzbau übernimmt exakt die Form des Vorgängerbaus. Zusätzlich wurde er unterkellert. Die Materialwahl
Holz für die Fassaden vermittelt den Scheunencharakter.
Die Verfremdung der Schalungsrichtung – horizontal statt
vertikal – provoziert die Frage nach dem Aussehen des
Vorgängerbaus stärker als eine konventionelle Lösung.
Damit gibt sich der Neubau klar zu erkennen. Das grosse
Vordach wurde nicht zu Gunsten einer konventionellen
Belichtung weggelassen, sondern attraktiv in Szene
gesetzt. Im Innern des Neubaus kommt Sichtkalksteinmauerwerk und Holz zur Anwendung. Der Durchblick
zwischen Strassen- und Rheinseite verleiht den Wohnungen eine gewisse Grosszügigkeit und interessante
Spannung. Die innere Erschliessungstreppe ist ebenfalls
in Holz mit offenen Stufen konstruiert wie man sie auch
in Scheunen antrifft.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Eglisau, Burgstrasse 18, Ersatzbau für Stallscheune ERSATZBAUTEN
Raumqualität
Die drei Wohnungen sind vermietet. Die beiden über
drei Geschosse reichenden 41/2 Zimmer Häuser werden
von einer alleinstehenden Person und einem Ehepaar
bewohnt. Die ebenerdige Einliegerwohnung nutzt die
Eigentümerin. Alle Wohneinheiten haben Sicht auf den
Rhein und sogar einen Zugang zum Ufer über einen
eigenen Garten jenseits des kleinen öffentlichen Weges.
Die offene Struktur entspricht nicht dem üblichen Wohnungsbau und wird von den Bewohnern geschätzt. Der
grosse gedeckte Balkon wird als offenes Sommerzimmer genutzt. Die beiden Maisonettegrundrisse sind
gespiegelt. Die Küchenfarben sind rot und grün und die
Kalksandsteinsichtwände zum einen Teil roh belassen
und zum anderen weiss getüncht.
Architekt: Gerold Schurter und Christoph Stauffer, Herisau
Bauherrschaft: Helen Deppeler-Angst, Eglisau
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
Eglisau, Tössriederen, Laubistrasse 15, Wohnhaus NEUBAUTEN
Eglisau
Wohnhaus-Neubau
Rücksicht statt Anbiederung
1
Ortsbild
Aus der Ferne wird das Gebäude kaum als Neubau
wahrgenommen. Der ungewöhnliche Verlauf des Giebels über der kürzeren Gebäudeseite macht Dachaufbauten überflüssig und verleiht dem Bau einen speziellen Ausdruck. Die dunkle Holzschalung und das geschlossene Dach richten sich klar nach den bäuerlichen
Vorbildern der unmittelbaren Nachbarschaft. Auf die
Alterung der dunkel gestrichenen Holzschalung kann
man ja wohl gespannt sein. Wird sie im Gegensatz zur
Naturholzschalung im Laufe der Zeit wohl heller?
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
2
Eglisau, Tössriederen, Laubistrasse 15, Wohnhaus NEUBAUTEN
Zum Gebäude
Das 2007 errichtete Wohnhaus liegt im ehemaligen
rückwärtigen Garten des Vielzweckbauernhauses
Tössriederenstrasse 44. Das Gebäude hat eine Breite
von 17.5 und eine Tiefe von lediglich sechs Meter. Der
Giebel verläuft über der kürzeren Gebäudeseite. Das
Haus ist «breiter als lang». Seine Form und Platzierung
macht das Haus zu einem neuen «Nebengebäude».
Es belässt dem bestehenden Vielzweckgebäude ein
Maximum an Freiraum, was sich bei einem künftigen
Umbau als vorteilhaft erweisen wird.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
3
Eglisau, Tössriederen, Laubisstrasse 15, Wohnhaus NEUBAUTEN
Neue Architekturelemente
Dieser Neubau setzt sich über einige gängige Vorschriften der Einordnung hinweg. Er fügt sich mit asymmetrischem Satteldach und flach geneigtem, begrünbarem Dach auf dem Garagenbäude gut in das vertraute
Ortsbild ein – auch ohne Dachvorsprung. Der geschlossene Charakter der Fassaden im Dachbereich entspricht mehr einer Scheune als einem Einfamilienhaus.
Die indirekte Lichtführung wirkt attraktiv und reduziert
die in Erscheinung tretenden Glasflächen erheblich.
Das Haus verfügt auf drei Wohngeschossen über sehr
abwechslungsreiche Räume.
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ARV-STUDIE: Um- und Neubauten im Ortsbild
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Eglisau, Tössriederen, Laubistrasse 15, Wohnhaus NEUBAUTEN
Raumqualität
Die Planungsphase dauerte bei diesem Bauvorhaben
sehr lange. Dank dem Durchhaltevermögen von
Architekt und Bauherr wurden behördliche und gerichtliche Schwellen erfolgreich gemeistert. Die Familie
Hirner fühlt sich hier sehr wohl. Die verschiedenen
Niveaus im Innern stehen im direkten Zusammenhang
mit der Dachform und dem gewachsenen Terrain. Der
Wohnraum mit Küche erstreckt sich über zwei Drittel
der Gebäudefläche und öffnet sich grosszügig gegen
den Garten. Die Aussicht in die Glarner Alpen vom
kleinen Balkon des Badezimmers wird von allen sehr
geschätzt.
Architekt: Rudolf Hofer
Bauherr: Peter und Petra Hirner, Tössriederen
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