Thema: How advertising builds Brand Equity

Werbung
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Freie Universität Berlin
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaften
Brand Marketing
Leitung: Prof. Dr. Marlene Posner-Landsch
Wintersemester 00/01
Referenten:
Linda Martinez, Magdalena Palewicz, Viktorija Vuletic,
Christiane Weihe
Thema: How advertising builds Brand Equity (Millward Brown)
1. Einleitung
Die Millward Brown-Studie „How advertising builds brand equity“, verfasst von Andy
Farr,
beschäftigt
sich
mit
zwei
wesentlichen
Fragen
der
Werbe-
bzw.
Marketingforschung. Zum einen wird danach gefragt, wie der Markenwert eines
Produktes durch den Verbraucher bestimmt wird, und zum zweiten, welche
Werbekampagnen einen langfristigen Markenwert herstellen können.
Da Werbung in Hinsicht auf ihre kurzfristige Wirkung nicht vertretbar ist, sondern vor
allem Bedeutung in der langfristigen Markenetablierung hat, ist es nötig, den
Markenwert des Verbrauchers, die consumer equity, zu messen. Nicht alle
Werbestrategien sind in Bezug auf ihre Effektivität und die Übermittlung ihrer
Werbebotschaft gleich erfolgreich. Daher brauchen Werbestrategen heutzutage
einen Beweis, dass ihre Investitionen sich auf lange Sicht lohnen. Dazu können
Veränderungen in den langfristigen Kernverkäufen (core sales) und andere
Maßstäbe für den Verkaufswert, die sales equity, herangezogen werden.
Da sich Langzeiteffekte von Werbung erst nach ein bis fünf Jahren zeigen, muss
herausgefunden werden, welche Vorläufer einer langfristigen Markenetablierung es
gibt. Hier setzt die Verbraucherforschung ein. Sie identifiziert die Maßstäbe, die die
führenden Indikatoren für die Wirkung der Markenwerbung sind und stellt die Frage,
welche Werbestrategien und -umsetzungen die Marken schon zu einem frühen
Zeitpunkt in die richtige Richtung bringen.
2. Der Markenwert des Verbrauchers und Werbung
2
Der Markenwert eines Produktes für den Verbraucher wird über dessen Ideen,
Assoziationen und Vorstellungen definiert.1 Aus diesen Aspekten resultiert schließlich
auch die Bereitschaft des Verbrauchers, den geforderten Preis für das Produkt zu
bezahlen, und des Nicht-Verbrauchers, den Kauf in Betracht zu ziehen. Aus diesem
Grund ist die Überwachungsforschung für die Markenherstellung von großer
Bedeutung. Wenn das Ansehen der Marke so stark ist, dass der Verbraucher den
geforderten Preis freiwillig bezahlt, hat die Marke ihren Verbraucherwert verwirklicht
und sich in einen Verkaufswert (sales equity) verwandelt.
Die fünf Elemente des Markenwertes für den Verbraucher, mit denen sich die
vorliegende Millward Brown-Studie befasst, sind
1. die Markenpräsenz (presence),
2. die Markenrelevanz bzw. der Markennutzen (relevance),
3. die Produktdarstellung (product performance),
4. der Markenvorteil (advantage) sowie
5. die Kundenbindung (bonding).2
2.1 Markenpräsenz
Marken können im Markt für den Verbraucher auf unterschiedliche Weise präsent
sein. Das kann Nicht-Bewusstsein (no awareness) sein, d.h. der Konsument hat den
Markennamen schon einmal gehört, das Produkt jedoch noch nicht probiert, sowie
Vertrautheit (familiarity), d.h. der Konsument hat die Marke schon einmal probiert
oder kennt sie durch Werbeaktivitäten, aber auch dynamische oder wachsende
Beliebtheit
(brand
dynamism),
d.h.
der
Konsument
gebraucht
das
Produkt
regelmäßig.
Die Stärke bzw. das Ausmaß der Markenpräsenz hängt hierbei vom bereitwilligen
Bewusstsein des Verbrauchers, der Auffälligkeit und Vertrautheit der Marke sowie
der Markendynamik ab. Für eine aktive Präsenz braucht eine Marke eine hohe
Vertrautheit, d.h. der Verbraucher hat ein großes Bewusstsein über die Marke. Hat
1
Der Markenwert ist stets eine mehrstufige Angelegenheit – das zeigt sich besonders in Hinsicht auf die
Assoziationen der Verbraucher, die stets mit kognitiven Elementen verbunden sind. Für Markenwerbung können
keine neuen Assoziationen geschaffen werden – man kann lediglich auf schon vorhandenen Assoziationen
aufbauen. Eine Systematik schafft dabei eine größere Nähe zum Produkt. Es muss danach gefragt werden, wie
ein Rezipient das Produkt verbraucht, wie er sich damit identifiziert und welche emotionale Bindung er zur
Funktion oder zur Ästhetik des Produktes aufgebaut hat. Die Herstellung einer Bindung zum Produkt ist jedoch
ein stufenweiser Prozess – er vollzieht sich nicht plötzlich und spontan, sondern benötigt mehrere Schritte.
2
Marken müssen kreiert werden, sie sind ein emergentes Produkt: Eine Marke besteht aus verschiedenen
Eigenschaften.
3
der Verbraucher hingegen kein Bewusstsein über die Marke, spricht man von
passiver Markenpräsenz.
Die
Bedeutung
der
Markenpräsenz
und,
eng
damit
verbunden
auch
der
Markendynamik, zeigt sich sowohl bei Markeneinführungen (brand launches) als
auch bei bereits etablierten Marken.3
Werbung hat große Bedeutung für die Einführung einer Marke: Der Verbraucher soll
auf das Produkt und die damit verbundene Marke aufmerksam werden, damit er
einen Kauf überhaupt in Erwägung zieht. Kein Konsument kauft eine Marke, von der
er
nichts
weiß;
es
besteht
ein
enger
Zusammenhang
zwischen
dem
Einführungsbewusstsein, der Aufmerksamkeit und dem folgenden Probekauf.
Die Millward Brown-Studie geht dabei zwingend davon aus, dass besonders die
Menge
der
TV-Ratings
der
Werbespots
Einfluss
auf
eine
erfolgreiche
Markeneinführung hat – je öfter der Verbraucher das Produkt also im Fernsehen
sieht, desto eher wird er ein Bewusstsein dafür entwickeln und es kaufen.
Misserfolge
einer
Markeneinführung
können
jedoch
auch
von
einem
Verteilungsmangel herrühren, sie sind nicht zwingend von einer unzureichenden
Markenpräsenz abhängig.
Aber auch der Abverkauf von bereits etablierten Marken kann durch Werbung wieder
gesteigert werden. So kann ein wachsender Verkauf einer Marke etwa durch
Aufmerksamkeit und Emotionen erreicht werden.4
Gerade bei etablierten Marken ist eine vergrößerte Markenpräsenz der führende
Maßstab für Verkaufszuwächse.
Zusammenfassend lässt sich also sagen:
?? Die effektive Neueinführung einer Marke ist u.a. von der Menge der TVRatings abhängig. Je mehr Werbung für die Marke im Fernsehen läuft, desto
größer ist das Bewusstsein des Verbrauchers über die Marke.
?? Bei etablierten Marken kann Werbung wieder Bewusstsein herstellen.
3
Eine Marke kann jedoch nicht nur durch direkte Werbung, sondern auch durch das sogenannte Product
Placement ins Gespräch gebracht werden. Ein Beispiel dafür ist die Ikea-Ausstattung bei Big Brother. Wichtig
ist hier vor allem, dass die Marke auch zur Sendung passt – ligne rosset sollte beispielsweise keinesfalls bei Big
Brother Product Placement betreiben und es ist auch kein Wunder, dass BMW seinen Z3 erst einmal von James
Bond ‚probefahren’ ließ.
4
Millward Brown führt hier das Beispiel ‚Pepperami’ an, dessen Werbekamp agne eine Bewusstseinssteigerung
von 11% auf 67% erreichte. Da jedoch keine Belege für diese Angaben gefunden werden konnten, bleibt es
fraglich, ob diese Zahlen auf eine fundierte Forschung zurückzuführen sind.
4
?? Ob eine Werbekampagne das Potenzial hat, einen Markenwert für den
Verbraucher herzustellen, zeigt sich am Anstieg des Bewusstseins über die
Werbung in der Zielgruppe.
?? Alle Arten von Werbung können Markenpräsenz herstellen, wichtig ist vor
allem die Präsenz und Penetranz der Werbung – Werbung, seien es nur
Anzeigen oder TV-Spots, wird beim Verbraucher auf keinen Fall etwas
bewirken, wenn er sie nicht bewusst wahrnehmen kann.
2.2 Relevance (Wichtigkeit)
Der Marktanteil einer Marke und die Erreichbarkeit des Marktanteils hängt von der
Größe ihrer Zielgruppe ab und inwiefern sie die Bedürfnisse und Sehnsüchte der
Verbraucher befriedigen kann.
Ein Beispiel für „low-involvement“-Produkte, die gezielte Bedürfnisse befriedigen
müssen, zeigt der Zahnpastamarkt. Eine klare Marktpositionierung kann unter
anderem die Marke Sensodyne aufweisen. Besonders im Bereich der empfindlichen
Zähne zeigt sich die Marke als die effektivste, mit einem Marktanteil von 75%.
Da aber die Relevanz der Marke für den gesamten Zahnpastamarkt nicht so groß ist
– er beträgt nur 4 % – wird Sensodyne als ein Nischenprodukt angesehen.
Nischenprodukte passen sich an Bedürfnisse an, die nur von einer kleinen
Konsumentengruppe nachgefragt werden. Die Qualitäten eines Produktes und der
damit
erhöhte
Preis
wird
nur
von
einem
kleinen
Anteil
der
gesamten
Konsumgesellschaft als wichtig betrachtet, somit kann ein Nischenprodukt nur einen
geringen Marktanteil erreichen.
Direkte Überzeugungskraft der Werbung ist abhängig von einer Kombination der
folgenden Faktoren:
-
News Content – Welche Inhalte übermittelt die Werbung?
-
Relevance – Welche Relevanz/Wichtigkeit der Marke vermittelt die Werbung? –
(besonders für verlorengegangene Konsumenten und Nicht-Probierer relevant)
-
Vergnügen – Welchen unterhaltenden Wert vermittelt die Werbung?
-
Branding – Markenbildung.
Direkte Motivatoren eines gesteigerten Absatzes sind Innovationen innerhalb eines
Produktes – Werbung bietet die Möglichkeit, die Wirkung der Innovationen zu
vergrößern. Deutlich wird diese Wirkungssteigerung besonders bei bereits etablierten
5
Marken.
Werbung
kann
insbesondere
bestehende
Vorteile eines Produktes
beeinflussen, indem sie innerhalb neu definierter Zielgruppen durch die oben
genannten Faktoren neue Bedürfnisse hervorruft, bzw. diese wahrnehmbar macht.
Die Werbewirksamkeit wird nicht nur anhand der Messung von Erstkäufen und
Wiederholungskäufen deutlich, sondern ebenfalls anhand der Betrachtung, ob alle
Gelegenheiten der Verkaufsförderung und Werbemaßnahmen ausgeschöpft wurden.
Effektive Werbebotschaften für die definierten Zielgruppen sollten somit klar,
glaubwürdig und relevant sein.
2.3. Product Performance
Ein weiterer relevanter Faktor ist die Darstellung des Produktes – die Product
Performance. Grundsätzlich lässt sich anführen, dass der Wahrnehmungsprozess
der Konsumenten u.a. subjektiv beeinflusst ist. „Die Wahrnehmung der Umwelt durch
ein
Individuum
Erfahrungen,
wird
beeinflusst
(teilweise
seinen
Wertungen
sowie
geprägt)
seinen
von
dessen
Fähigkeiten
zur
bisherigen
„richtigen“
Verarbeitung sensorischer Reize.“5 Nicht objektive Produkteigenschaften sind für das
Käuferverhalten ausschlaggebend, sondern die persönlich geprägte Wahrnehmung
und Verarbeitung der Stimuli. Werbung hat die Funktion, die durch Erfahrung
gesammelten Einstellungen der Marke gegenüber durch positive Aussagen und
Bilder positiv zu verstärken, bzw. ins Positive umzuwandeln. Werbung, die den
Konsumenten nicht positiv beeinflusst, führt langfristig zum Absatzrückgang.
Marken,
die
keine
wirksame
Werbung
aufzuweisen
haben,
können
ihre
Wettbewerbsvorteile verlieren. Werbung macht aufmerksam auf neue Produkte und
Produktinnovationen, darüber hinaus ist Werbung in der Lage ein starkes Produkt
stärker in den Vordergrund zu rücken und seine Produktvorteile zu verstärken.
Allerdings kann durch Werbung ein schlechtes Produkt nicht qualitativ aufgewertet
werden.
Durch Product Performance kann man einem Produkt Eigenschaften zuschreiben,
die positiv auf die jeweiligen Zielgruppen wirken.
2.4. Camel – praktisches Beispiel
Die Zigarettenmarke Camel ist eine authentische und originale Marke, die mit der
Zeit „mitgeht“, sich dem Verlauf der Zeit anpasst. Camel’s Kombination von
5
Kuß,Alfred/Torsten Tomczak: Käuferverhalten: Eine marketingorientierte Einführung. Stuttgart 2000, S. 30.
6
„klassischer Natur mit einem modernen Touch“ verstärken die einzigartige
Positionierung der Marke als eine „geschmackvolle“ Zigarette mit einer besonders
ausdifferenzierten Persönlichkeit und einem Sinn für Humor. Die Positionierung der
Marke Camel auf dem Markt und dessen Persönlichkeit haben dafür gesorgt, dass
die Marke sich trotz verstärkter Konkurrenz immer sehr gut auf dem Zigarettenmarkt
behaupten konnte. Um diese Position zu behalten und zu verstärken hat die Marke
im Jahr 1999 einige innovative Marketingprogramme eingeführt, unter anderem die
„Pleasure to burn“-Werbekampagne. Eine Konsumentenbefragung hat ergeben, dass
diese Kampagne sowohl Frauen als auch Männer in allen Altersstufen anspricht. Die
neuen Werbeplakate von Camel zeugen von einem starken Wiedererkennungseffekt
und Aufmerksamkeit sowie dem Vergnügen, das die Konsumenten beim Betrachten
der Motive empfinden. Die Frequentierung der Plakate verstärkt ihre Wirksamkeit.
Konsumenten können sich an die alten Werbekampagnen nicht mehr erinnern, was
wiederum ein Indikator für die Wirksamkeit der aktuellen Werbung ist. Sogar im
Internet finden sich relativ viele private „Sites“, die mit den Camel-Motiven arbeiten.
Sogar
bei
Nichtrauchern,
die
nicht
zu
den
definierten
Zielgruppen
der
Zigarettenmarke zählen, erfreut sich die Kampagne großer Beliebtheit und weist
mittlerweile eine Art Sammler- und Kultstatus. All diese Indikatoren zeugen von einer
wirksamen und erfolgreichen Werbekampagne.
3. Product and Brand Advantages
Ein Produkt hat gegenüber der Konkurrenz einen echten Vorteil auf dem Markt, wenn
es einzigartige Eigenschaften vorzuweisen hat. Die Marken der 90er Jahre können
allerdings nur selten echte Einzigartigkeiten aufweisen. Die Konkurrenz ist sehr stark
ausgebaut, die Produkte gleichen sich zu stark, so dass für den Konsumenten primär
nur schwer echte Vorteile einer Marke wahrnehmbar werden. Durch Werbung wird
eine Eigenschaft des Produktes in den Fokus gerückt, die für die Zielgruppe relevant
ist. Weiterhin wird der Marke eine Persönlichkeit, Identität verliehen, durch die die
Identifikation mit der Marke erleichtert wird. Eine gelungene Kommunikation von
wahrnehmbaren Produktvorteilen zieht nach sich, dass ein erhöhter Preis für das
Markenprodukt verlangt werden kann, ohne dass er über die qualitativen Merkmale
eines Produktes gerechtfertigt werden muss.
Zwei Faktoren beeinflussen die Product Performance:
7
1.
product enhancement: Produktwertsteigerung durch (positive) Ausrichtung
der Produkterfahrungen des Konsumenten,
2.
Interest-Status: Markenwertsteigerung durch Werbung.
Produktvorteile werden durch die eigentliche Produkt-Wertsteigerung geschaffen
oder durch die Beeinflussung der Konsumentenerwartungen hinsichtlich des
Produktes.
Die Wirksamkeit der Werbung und dessen Auswirkungen auf die Kreation der
Bekanntheit einer Marke wird nur deutlich, wenn keine externen Einflüsse das
Kaufverhalten
der
Konsumenten
beeinflussen,
z.B.
Sonderangebote
oder
Preissenkungen.
Erst wenn der Absatz eines Markenproduktes nur durch Werbung gesteigert wird,
kann man die Werbekampagne als erfolgreich einstufen.
Die Produktwerbung ist allerdings auch nur dann langfristig effektiv, wenn der
Verbraucher mit der Zeit immer mehr Vorteile mit dem Produkt assoziiert. Dafür muss
es eine Interaktion zwischen Produkt und Verbraucher geben.
Die
Übereinstimmung
der
wahrgenommenen
Produktvorstellung
und
der
tatsächlichen Produktvorteile ist ebenfalls ausschlaggebend für den Erfolg des
Produktes. Dies macht die folgende Abbildung deutlich:
Actual Product
Performance
High
Potential
Strong
Low
High
Perceives
Product
Performance
Dying
Vulnerable
Low
Marken mit einer hohen tatsächlichen und einer hohen wahrgenommen Product
Performance sind stark und können einen höheren Preis verlangen.
Marken mit einer hohen wahrgenommenen Product Performance und einer niedrigen
tatsächlichen Product Performance sind verletzbar. Sie können nur für kurze Zeit
einen Preisaufschlag verlangen.
8
Marken mit einer hohen tatsächlichen Product Performance und einer niedrigen
wahrgenommen
Product
Performance
haben
Potenzial
und
sind
unterstützungswürdig. Diese Marken benötigen eine Werbung, die sich auf die
Produktvorteile richtet und einen Probieranreiz schafft.
Marken
mit
einer
niedrigen
tatsächlichen
und
wahrgenommenen
Product
Performance haben keine Chance, sich auf dem Markt zu positionieren.
3.1 Führende Indikatoren für den Werbeeffekt auf Produktvorteile
Der Wertsteigerungseffekt stellt sich erst nach der Produkterfahrung ein. Daher stellt
sich die Frage ob Werbung hier schon kurzfristig wirken kann.
Es gibt zwei Schlüsselfaktoren für eine funktionierende Werbekampagne:
-
Erstens muss die Werbung erinnert werden. Das ist sehr wichtig, da der größte
Einfluss im Probiermoment stattfindet.
-
Zweitens
muss
die
übermittelte
Botschaft
in
Zusammenhang
mit
der
Benutzungserfahrung stehen, also die Werbung muss bestimmte Erwartungen
herstellen.
Es ist daher ratsam, parallel zur Entwicklung der Werbekampagne Produkttests
durchzuführen, um die Wirkung zwischen Produkt und Werbung zu maximieren. Die
Rolle der Werbung ist hier, um auf einige Aspekte der Product Performance zurück
zu kommen, die Vorteile des Produktes mit den kommunizierten Vorteilen zu
koppeln.
4. Produktvorteil durch Interesse
4.1 Status oder Marken-Werbung
Die Rolle der Werbung ist primär die Kreation von Anziehung und Aufmerksamkeit
bei Konsumenten für ein Produkt. Erfolgreiche Werbekampagnen können einen
Produktvorteil kreieren, d.h. das Produkt scheinbar qualitativ aufwerten. Deutlich
werden diese scheinbaren Produktvorteile nicht bei Produkttests, bei denen die
Qualität eines Produktes nur aufgrund des Geschmacks aufgezeigt wird. Bei diesen
sogenannten „blinden Test“ wird deutlich, dass der Konsument zwar einen
qualitativen Unterschied der Produkte feststellt, aber die Produkte nicht aufgrund der
Unterschiede zu einer bestimmten Marke zuordnen kann. Besonders bei Produkten,
die sich nur marginal unterscheiden, beispielsweise bei Tee; wie etwa Meßmer-Tee,
Lipton Tee, Teekanne und einem No-Name Tee. Bei Tests, bei denen die Marke des
9
Produktes jeweils bekannt ist, erweist sich das Produkt, das eine interessante,
Aufmerksamkeit erzeugende und aktuelle Werbekampagne vorzuweisen hat, als das
von den Konsumenten scheinbar qualitativ beste zu sein.
Die Werbung kann die Bekanntheit steigern und gleichzeitig einen von der
Zielgruppe wahrgenommenen Produktvorteil gegenüber der Konkurrenz kreieren,
welcher nicht von den situativen Verkaufsmaßnahmen (bspw. Sonderangeboten)
abhängt.6
Ein erhöhtes Interesse für eine bestimmte Marke steigert den Absatz des Produktes
im Einzelhandel, da es ein Bedürfnis hervorruft.
4.2 Verlust der Marktführung durch Wettbewerb
Der aus der Werbung resultierende Produkt- und Markenvorteil kann durch die
Einführung neuer Produkte (launch) verloren gehen. Die Effektivität der angesetzten
Werbemaßnahmen verliert trotzdem nicht an ihrer Wirkung, aber der Grad der
Wirksamkeit, und der Einzigartigkeit der Marke sinkt – proportional zu der Steigerung
der Bekanntheit der neuen Marke, des neuen Produktes. Infolgedessen geht auch
der Absatz des Produktes zurück.
4.3 Emotionaler Markenvorteil
Neben dem Produktvorteil, der durch gesteigertes Interesse hervorgerufen wird,
beeinflusst der emotionale Markenvorteil den Erfolg einer Marke. Der emotionale
Markenvorteil hat nichts mit der physischen Wahrnehmung (Preis) oder sinnlichen
Wahrnehmung (Geschmacksqualität) des Produktes zu tun.
Die
Marktführung
einer
Marke
kann
durch
eine
emotionale
Bindung
des
Konsumenten unterstützt werden, besonders bei Marken, die eine eigene Identität
haben und bestimmte Werte vermitteln. Wenn sich die Zielgruppenmitglieder mit der
Marke identifizieren können, wird ihnen durch den Kauf, Gebrauch oder Verbrauch
eines bestimmten Markenproduktes die Zugehörigkeit zu einer ausgewählten
Gesellschaftsgruppe suggeriert.
Der emotionale Markenvorteil hängt stark davon ab, ob die Markenwelt und die
vermittelten Werte der Marke adäquat denen der definierten Konsumentengruppe
6
PG Tips: “The data showed that when tested blind in 1983 there was very little to distinguish between the
brands, (…). However in branded tests, PG enjoyed the geatest preference. In other words, the brand was able to
create a level of perceives product advantage not wholly supported by the actual product offering.” S. 17.
10
sind 7. Levi’s – als Beispiel - würde einfach eine qualitativ „gute“ Jeanshose sein,
wenn die Werbung dem Produkt nicht eine Identität und einen besonderen Status
verleihen würde. Sobald sich der Konsument mit der kommunizierten Identität
identifizieren kann, nimmt er auch einen überhöhten Preis in Kauf.8
4.4 Überprüfe, ob Werbung einen Markenvorteil kreieren kann
Die Aufmerksamkeit und das Interesse, das durch Werbung hervorgerufen wird,
wecken im Gedächtnis des Konsumenten ein scheinbares Bedürfnis. Bedürfnisse
werden definiert als das Empfinden eines Mangels und implizieren den Wunsch nach
dessen Befriedigung.
Schlüsselaussage: Es ist nicht das Produkt per se, die Qualität des Produktes, die
Interesse und Bedürfnisse hervorrufen, sondern eine auf den Konsumenten wirksam
gestaltete Werbekampagne. Folgerichtig müssen für eine wirksame Werbekampagne
die Zielgruppen genau definiert und deren Involvement für das Produkt und die
angestrebten Werbemaßnahmen untersucht werden. Werbung wirkt darüber hinaus
nachhaltig und verspätet: d.h. nicht direkt beim Schauen des Spots wird das direkte
Bedürfnis hervorgerufen, sondern es wird im Gedächtnis gespeichert und im Moment
der Konfrontation mit dem Produkt, z.B. im Einzelhandel, wieder abgerufen. Bei
häufiger Wiederholung/Penetranz der Werbemaßnahmen, festigt sich das Interesse
und verstärkt die Neugierde, generiert also das Bedürfnis, das zum endgültigen Kauf
des Produktes führt.
5. Bonding
Der Erfolg einer Werbekampagne wird an ihrer langfristigen Wirksamkeit bemessen,
oder – absatztechnisch – an der langfristigen Bindung des Kunden an eine
bestimmte Marke, d.h. am gesteigerten Absatz des Produktes.
Allerdings wird der Konsument nicht nur durch die Qualität des Produktes an die
Marke gebunden, sondern auch durch die erwähnte „emotionale Bindung“ an die
Marke. Der Konsument testet zwar auch die alternative Marken der gleichen
Produktgruppe, wird aber aufgrund seines Vertrauens in die Marke immer wieder
7
Bsp.: Zigaretten: Marlboro: vermittelt das Gefühl einer starken, männlichen, rauen Welt, Wild Western, Wüste,
Reiten, etc. – Davidoff: vermittelt eine Karriere-Welt, der karrierebewusste, gut verdienende, aufs Äußere
achtende junge, dynamische Mann, in der Hauptstadt wohnhaft, clever und hip raucht Davidoff.
8
Werbung schafft ein Wir-Gefühl bei Konsumenten der gleichen Marke – man identifiziert sich über eine Marke
in der eigenen gesellschaftlichen und sozialen Umgebung.
11
zurückkehren. Besonders deutlich wird dieses Verhalten bei „low-involvementProdukten“, wie Kosmetika, Cremes, Shampoos, aber auch bei Textilien, wie
Jeanshosen. Das Produkt-Involvement bezeichnet man als die Stärke der Beziehung
des Konsumenten zu einer Produktart, also deren Wichtigkeit für den Konsumenten9
und die damit implizierte Entscheidung über den Kauf oder Nicht-Kauf. „Low
Invovelment-Käufe“ sind Käufe von Produkten, die für die Persönlichkeit und den
Lebensstil des Konsumenten unwichtig sind, z.B. Joghurt oder Reinigungsmittel. Sie
werden meist durch Werbekonsum beeinflusst. Statistiken weisen darüber hinaus
nach, dass ein Drittel solcher Produkte nur wegen der Bekanntheit der Marke gekauft
werden.10
Brand leader
Proportion
only 36%
Second brand
Other brands
22%
17%
considering brand
for purchase
6. Conclusions / Schlussfolgerungen
Andy Farr hat versucht ein Gerüst aufzubauen, anhand dessen man die kurzfristige
und langfristige Werbekampagnen evaluieren kann, die wiederum einen Markenwert
aufbauen können.
Eine starke Marke zeichnet sich aus durch:
o Präsenz
o Relevanz auf dem Markt
o Suggerierte Produktvorteile und emotionale Bindung
o Stellung der Marke auf den Markt11
Langfristige Effekte der Werbekampagnen stellen sich erst nach 1-5 Jahren ein,
daher muss herausgefunden werden, welche Maßnahmen einer Markenetablierung
vorangehen.
Es gibt zwei Kategorien möglicher Maßnahmen:
9
Kuß, a.a.O., S. 64.
“…many consumers do have genuine emotional bonds with the brand they buy.” 10% der Verbraucher bleiben
ihren Produkten treu. S. 23.
11
„Whilst such a framework is not definitive, it is the case that increases or declines on dimensions relating to
the brands presence, its relevance to the market place, its perceives product and emotional advantages and
ultimately brand preference, status and commitment, will be indicative of a brand’s strength or weakness.” S. 25.
10
12
1)
Innovation
führt
bei
einem
Produkt
zur
Markenüberlegenheit/
Nischenbesetzung;
2)
Wertsteigerung durch die effektive Werbung.
Werbung muss klar machen, was das Produkt bietet: Bilder, Werte, Images, die in
der Werbung verwendet werden, müssen mit der Marke direkt in Verbindung
gebracht werden.
Werbung muss aufmerksam machen, Interesse wecken, Bedürfnisse hervorrufen
und
im
Kauf
enden.
Werbung
sollte
die
faktisch
häufig
fehlenden
Produktunterschiede schaffen.
Schlussfolgernd stellen sich folgende Fragen:
??Was macht eine Marke aus; was schafft den Markenwert?
??Muss tatsächlich ein Produktvorteil vorhanden sein, um erfolgreich auf dem
Markt zu agieren? In der Zeichentheorie gibt es nur die Beziehung zwischen
den Zeichen, d.h. der Werbebotschaften und dem Referent. Beide müssen
zusammengebracht werden, damit in der Vorstellung ein Produktvorteil
entstehen kann. Produktvorteile können allerdings nur dort entstehen, wo
kulturell definierte Standards sehr stark sind und innerhalb der sozialen und
gesellschaftlichen Gruppen stark differieren. Demnach stellt sich die Frage
nach den wichtigen Aspekten der Kultur.
??Der Produktvorteil muss auch in der Sache, dem Produkt selbst liegen,
einhergehend mit der Qualität des Produktes: Produktqualität spielt allerdings
nicht die wesentliche Rolle, sondern das, was die Konsumenten im Kopf als
Produktbild verankert haben.
??Der Produktvorteil muss demnach real und mental vorhanden sein, um eine
erfolgreiche Marke zu etablieren.
7. Praktisches Beispiel für langfristige Markenwertsteigerung:
Nivea
Von der Marke für Hautcreme – zur Dachmarke für Hautpflege:
89 Jahre nach der Einführung der NIVEA Creme in Deutschland, im Jahre 1912, ist unter
der Marke eine große Familie herangewachsen. Neben der „Mutter“, der NIVEA Creme,
gibt es viele Töchter:
13
Badeprodukte,
Sonnenschutzmittel,
Gesichtsreinigungs-
und
Gesichtspflegemittel,
Produkte für die Frau, den Mann und das Baby. NIVEA ist längst nicht mehr nur Creme
sondern auch Lotion, Tonic, Seife, Öl, Schaum und sogar Shampoo.
Es gibt neun verschiedene Sortimentsteile mit knapp 50 Produkten. Mit dem kompletten
Sortiment hat die Marke NIVEA umsatzmäßig längst die Milliardengrenze überschritten.
Sie ist in 148 Ländern der Welt vertreten und ist die meistgekaufte Körperpflegemarke der
Welt.
NIVEA hat mit der Creme ihre Position weltweit ausbauen können und musste sich kaum
einem nennenswerten Wettbewerb stellen.
Wirklich erfolgreich war eigentlich nur die Creme. Um so problematischer war die Situation
für das Unternehmen Beiersdorf, als sich nach Jahren kontinuierlicher Entwicklung Ende
der sechziger Jahre tiefgreifende Veränderungen der Marke und der Handelsstruktur
anbahnten:
-
neue kapitalkräftige Wettbewerber, die mit neuen Crememarken direkt gegen
NIVEA Creme operierten;
-
das Aufkommen differenzierter Pflegeserien und Spezialcremes,
-
der Übergang vom traditionellen Fachhandel zur Selbstbedienung, die Aufhebung
der Preisbindung.
Die erfolgreiche NIVEA-Creme geriet in Schwierigkeiten. Hier lag der Ansatzpunkt für eine
neue Marketing-Strategie, die die Pflege des Markenkerns ebenso berücksichtigt wie den
konsequenten Markentransfer.
1967 wurde eine umfassende NIVEA-Studie durchgeführt. Sie brachte ein Ergebnis, das
schon lange vermutet wurde:
-
NIVEA hat einen äußerst hohen „goodwill“,
-
NIVEA genießt hohes Vertauen,
-
NIVEA steht für Ehrlichkeit und Qualität bei Verbraucher und Handel.
Aber: Die Marke hat deutlich an Attraktivität verloren.
Die Studie zeigt aber auch den überraschenden Aspekt, dass in der Marke große
Chancen für die Einführung neuer Produkte auf den unterschiedlichsten Märkten stecken.
Vorausgesetzt allerdings, dass diese Produkte dem Markenkern treu bleiben, nämlich wie
die NIVEA-Creme als preiswertes, ehrliches Angebot und mit guter, verlässlicher Qualität
ausgestattet sein müssen. Kein rigoroser Bruch mit dem Kern der Marke, sondern ein
sorgfältiger, schrittweiser Ausbau schien möglich. Dies aber nur, wenn es gelang, das
Herz der Marke – NIVEA Creme – wieder deutlich zu aktualisieren und ihr neue
14
Attraktivität zu geben. Man hat ein neues Markenkonzept erarbeitet, demzufolge folgende
Aspekte, die den Zusammenhang zwischen der Marke und dem Markt deutlich machen,
beachtet werden müssen:
-
hohe Qualität, mindestens auf dem Niveau des in den Markensegmenten
führenden Mitbewerbers,
-
ein vernünftiger Preis, d.h. keine Billigmarke, keine Exklusivmarke, ein gutes PreisLeistungs-Verhältnis,
-
einfach
und
unkompliziert,
d.h.
keine
Orientierung
nach
Hauttypen
oder
Duftvarianten,
-
keine Problemlöserkonzepte,
-
breite Distribution in allen relevanten Absatzkanälen.
NIVEA-Produkte sollten in allen künftigen Märkten und unter allen Konzepten des
Wettbewerbes die „Pflege-Version“ darstellen. Und: Diese Grundsätze wurden als
verbindliche, unumstößliche Grundsätze für NIVEA festgelegt. Der Markentransfer sollte
konsequent durchgezogen werden.
Fazit der Markenstrategie:
Die gesteckten Ziele wurden mehr als erreicht. Die NIVEA-Creme hat als Marktführer
ihren Anteil im Inland bei über 30% stabilisiert. Viele der hinzugekommenen Produkte sind
in ihrem Segment ebenfalls die Nummer Eins. Während die „Mutter gesund und munter
auch ins 89. Jahr geht, bringen die Töchter das Wachstum für die gesamte Familie, die
weltweit die Milliardengrenze erreicht hat und ein Viertel ihres Geschäftes in der
Bundesrepublik erwirtschaftet“. Innerhalb des zurückliegenden Jahrzehnts haben sich die
Gewichte, wie geplant und erwartet, deutlich verschoben. Während der Cremeumsatz in
diesem Zeitraum im Inland um 41 Prozent stieg, erreichte das ergänzende Sortiment
beinahe die zehnfache Zuwachsrate gegenüber der Creme und erwirtschaftete bereits
über 70 Prozent des gesamten Umsatzvolumens. Hier wird auch der Unterschied zu der
Markenstrategie der frühen Jahre sichtbar. Denn solche Erfolge sind nicht allein durch die
Übertragung eines Erfolgskonzeptes auf eine Palette von Produkten erreichbar, sondern
auch
durch
Produkte,
die
durch
ein
konsequentes
Markenpersönlichkeiten in ihren Märkten geworden sind.
Konzept
zu
selbständigen
15
Literaturverzeichnis:
?? Farr, Andy: How advertising Builds brand equity. Millward Brown International.
1996.
?? Kuß,
Alfred;
Tomczak,
Torsten:
Käuferverhalten:
eine
marketingorientierte
Einführung. 2. Auflage. Stuttgart, 2000.
?? Meffert, Heribert: Marktforschung. Grundriß mit Fallstudien. Wiebaden, 1986.
?? Pepels, Werner: Marketing. München, 1996.
?? Schweiger, Günter; Schrattenecker, Gertraud: Werbung. Eine Einführung. 4. erw.
Auflage. Stuttgart, Jena, 1995.
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