19.10.2012 - Rechtsanwlte SOLMECKE Gewinn oder Abzocke? ? EuGH strkt Verbraucherrechte In den letzten Jahren waren die aggressiven Werbepraktiken, bei denen sich vermeintliche Gewinne als heimliche Lockangebote herausgestellt haben immer wieder Gegenstand gerichtlicher Kontrolle. Derartige Gewinne werden oftmals mit weiteren Kosten, wie beispielsweise Flughafen- oder Zollgebühren, notwendigen Versicherungen oder Zuschlägen für Ein- oder Zweibettzimmer und Verpflegungskosten verknüpft. In dem nun entschiedenen Fall hatte die britische Wettbewerbsbehörde mehreren, auf den Versand von Werbung spezialisierten Unternehmen derartige Praktiken verboten. Hierbei wurden Verbraucher unter anderem durch individuelle Briefe oder Werbebeilagen darüber informiert, einen Preis gewonnen zu haben, wobei offen blieb, ob es sich um einen beträchtlichen, oder lediglich symbolischen Gewinn handeln sollte. Um herauszufinden, ob und was er gewonnen hatte, konnte der Verbraucher entweder eine kostenpflichtige Rufnummer anwählen oder eine SMS schicken. Grundsätzlich bestand zwar auch die Möglichkeit, mit einem Brief zu antworten, diese Möglichkeit wurde jedoch nicht so hervorgehoben wie die anderen Möglichkeiten. Die Unternehmen nutzen dann die aus diesem Vorgehen gesammelten Datensätze, um den Verbrauchern individuelle Werbung anbieten zu können oder diese an andere Unternehmen weiter zu veräußern. Diesen Praktiken hat der Europäische Gerichtshof nunmehr einen Riegel vorgeschoben und in seiner aktuellen Entscheidung vom 18.10.2012 (Az.: C-428/11) die Rechte der Verbraucher entschieden gestärkt indem er festgestellt hat, dass das Unionsrecht derartige aggressive Praktiken verbietet, mit denen dem Verbraucher der Eindruck vermittelt wird, er habe bereits einen Preis gewonnen, obwohl ihm hierfür in Wahrheit zunächst Kosten entstehen. Das Gericht hat dabei klargestellt, dass hiervon sowohl Kosten für die Inanspruchnahme des Gewinns als auch solche umfasst sind, die für die Erlangung weiterer Informationen über die Art und Höhe des Gewinns. Nach Auffassung der Richter gilt dies auch für den Fall, dass die zusätzlichen Kosten im Verhältnis zum Gewinn nur einen geringfügigen Teil ausmachen. Damit hat der EuGH erfreulicherweise den Verbraucherschutz gestärkt. Bei konsequenter Anwendung dieses Urteils wird das Verbot auch für Fälle angewendet werden müssen, in denen sich die Kosten aus einem notwendigen Rückruf auf eine Kostenpflichtige Rufnummer oder den Einsatz einer Briefmarke beschränkt. Dies soll sogar für den Fall gelten, dass den Verbrauchern neben den kostenpflichtigen Antwortmöglichkeiten auch eine kostenfreie zu Verfügung steht. Die Entscheidung des EuGH ist unter Beachtung der Richtlinie 2005/29/EG, mit welcher die europäischen Verbraucher vor unklauteren Geschäftspraktiken geschützt werden sollen folgerichtig und in seiner Klarheit begrüßenswert. Gerade die aggressiven und irreführenden Werbemaßnahmen bedürfen einer stärkeren staatlichen Kontrolle. Aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Kommunikationsmittel ist es für den Verbraucher inzwischen fast Unmöglich geworden, seriöse von unseriösen Angeboten zu unterscheiden. Gerade in einer Zeit, in der die Kommunikation zwischen Verbrauchern und Unternehmen von Spam-Nachrichten und Callcenter-Mitarbeitern geprägt ist und eine SMS schnell mal mehrere Euro kosten kann sind gerade ältere Menschen von dieser Form der Kontaktaufnahme schnell überfordert. Mit der Entscheidung des EuGH ist nunmehr jedoch klar, dass sich die Verbraucher solche Praktiken nicht gefallen lassen müssen, sondern in Zukunft gerichtlich gegen solche Machenschaften vorgehen können. https://www.apraxa.de/recht/internationales-wirtschaftsrecht/eu-recht/310/gewinn-oder-abzocke-eughstaerkt-verbraucherrechte