Statement von Dr. med. Kai Kolpatzik - AOK

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Pressegespräch des AOK-Bundesverbandes
Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel im Internet
am 3. Mai 2017 in Berlin
Statement von Dr. med. Kai Kolpatzik
Leiter der Abteilung Prävention im AOK Bundesverband
Es gilt das gesprochene Wort!
Kindermarketing für zuckerhaltige Lebensmittel konterkariert jedes Präventionsengagement
Ungesunde Lebensmittel sind neben fett- und salz- vor allem zuckerhaltig. Der aktuelle Pro-KopfZuckerverbrauch in Deutschland liegt bei 32 Kilogramm im Jahr. Damit bewegt sich der Zuckerkonsum
hierzulande in den letzten Jahren mit täglich 90 Gramm pro Person auf einem deutlich zu hohen
Niveau. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, den Zuckerkonsum auf zehn Prozent der
täglichen Gesamtenergiezufuhrmenge zu begrenzen, das entspricht für Erwachsene höchstens ca. 50
Gramm und für Kinder höchstens ca. 25 Gramm pro Tag. Ein großes Problem dabei stellt der künstlich zugesetzte Zucker in einem Großteil unserer Lebensmittel dar. So enthalten etwa 80 Prozent der
im Supermarkt erhältlichen Lebensmittel zusätzlichen Zucker. Der Anstieg von Volkskrankheiten wie
Übergewicht und Diabetes sowie hohe gesundheitsökonomische Kosten sind die Folgen.
Rund 18 Prozent der Elf- bis 17-Jährigen in Deutschland sind übergewichtig oder adipös. Eine umfassende Analyse der WHO aus 2008 konnte bereits zeigen, dass Kindermarketing für ungesunde
Lebensmittel Einfluss auf Ernährungswissen, Lebensmittelpräferenzen und Konsumverhalten von
Kindern hat. Darüber hinaus belegen Studien einen Zusammenhang zwischen Kindermarketing und
Adipositas bei Kindern. Am häufigsten wird für gesüßte Frühstückscerealien, Getränke und Snacks
geworben. Der größte Teil der Werbung findet bisher im TV statt. Werbung für Obst und Gemüse gibt
es so gut wie gar nicht. Die aktuelle von der AOK in Auftrag gegebene Studie zum Kindermarketing
von ungesunden Lebensmitteln im Internet macht deutlich, dass über den TV-Bereich hinaus auch
Onlinemarketing an Bedeutung gewinnt und soziale Medien dabei eine zentrale Rolle einnehmen. Bis
zu 22 Mal kommen Kinder allein im Internet pro Tag mit Werbeangeboten der Lebensmittelindustrie
in Kontakt.
www.aok-bv.de
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Das Ziel der Hersteller ist dabei eine aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten, was Lernprozesse
besonders fördert. Und Kinder lernen schnell und nachhaltig. Ernährungsgewohnheiten werden
bereits in Kindheit und Jugend geprägt und haben Einfluss bis ins Erwachsenenalter. Das macht
die Entwicklung von Kindermarketing besonders besorgniserregend und konterkariert gleichzeitig
das Präventionsengagement der gesetzlichen Krankenkassen, vor allem der AOK, in Schulen und
Kindergärten. Das Wissen über gesunde Ernährung, das wir morgens vermitteln, verpufft bereits
nachmittags zuhause beim Surfen auf Facebook und anderen Plattformen.
Die Ergebnisse der in Auftrag gegebenen neuen Studie bestätigen bisherige Befunde, die aufdecken,
dass die von Unternehmen postulierte freiwillige Selbstverpflichtung, auf Kindermarketing bei Lebensmitteln zu verzichten, wirkungslos bleibt. Unternehmen, die sich verpflichtet haben, nutzen zum
Teil sogar mehr Kindermarketingmaßnahmen im Internet als solche, die sich nicht verpflichtet haben.
Weil Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel einen nachgewiesenen Einfluss auf das Ernährungsverhalten von Kindern hat und Unternehmen Kinder weiterhin aktiv ansprechen, fordern die
AOK wie auch medizinische Fachgesellschaften ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für
Lebensmittel im TV und Internet.
Aber ein Werbeverbot alleine reicht nicht aus, um Übergewicht bei Kindern zu reduzieren. Gleichwohl
ist es eine der zentralen Stellschrauben, an der von der Politik gedreht werden muss. Auch muss die
Gesundheitskompetenz von Eltern und Kindern gestärkt werden. Neue Studien zeigen: Über die
Hälfte der Menschen in Deutschland verfügt über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. So
verstehen beispielweise 45 Prozent die Nährwert-Angaben auf den Lebensmittelpackungen nicht.
Dies macht deutlich: Eine Kennzeichnung von Lebensmitteln beispielsweise mithilfe von Ampelfarben,
wie sie die AOK bereits vor einigen Jahren auf EU-Ebene gefordert hat, ist in Deutschland nach wie
vor nötig.
Zurück zum Zucker und seinen Risiken für Kinder und Erwachsene: In vielen Ländern, unterstützt
durch die Weltgesundheitsorganisation, finden bereits auf verschiedenen Ebenen Aktivitäten zur
Zuckerreduktion statt. Um das Thema auch in Deutschland auf die Agenda zu setzen, veranstaltet
der AOK-Bundesverband am 28. Juni 2017 den 1. Deutschen Zuckerreduktionsgipfel in Berlin. Ziel der
Veranstaltung ist es, gemeinsam mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Verbraucherschutz, Ärzten
und Lebensmittelindustrie die Öffentlichkeit für das Thema Zuckerkonsum zu sensibilisieren und über
Ansätze zur Zuckerreduktion zu diskutieren und diese nachhaltig zu verfolgen.
ANSPRECHPARTNER
Dr. Kai Behrens | AOK-Bundesverband | 030 346 46 2309 | [email protected]
www.aok-bv.de
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