Exposé Vorläufiger Arbeitstitel der Dissertation „Das musikalische Zitat im österreichischen Urheberrecht“ Verfasser MMag. Clemens Bernsteiner, LL.M. angestrebter akademischer Grad Doktor der Rechtswissenschaften (Dr. iur.) Wien, im April 2015 Studienkennzahl lt. Studienblatt: A 083 101 Dissertationsgebiet lt. Studienblatt: Rechtswissenschaften Betreuer: Hon.-Prof. Dr. Michel M. Walter Inhaltsverzeichnis 1 Themenvorstellung ................................................................................................ 3 2 Aufbau der Dissertation ......................................................................................... 4 3 Methodik................................................................................................................ 5 4 Zentrale Forschungsfragen .................................................................................... 6 5 Voraussichtlicher Zeitplan..................................................................................... 6 6 Ausgewählte Literatur ........................................................................................... 7 2 1 Themenvorstellung Das gegenständliche Dissertationsvorhaben hat die tiefgehende Auseinandersetzung mit einer in Literatur und Rechtsprechung bislang kaum bzw nur sehr rudimentär behandelten Ausformung des Zitats im österreichischen Urheberrecht zum Inhalt. Zitate, welche als sogenannte freie Werknutzungen die Rechtsposition des Urhebers beschränken, finden sich im österreichischen Urheberrechtsgesetz in verschiedenen Ausprägungen, welche hinsichtlich des erlaubten Umfangs oder des verlangten Verwendungszwecks durchaus beachtlich divergieren. Weitläufig bekannt und umfassend erforscht sind beispielsweise das literarische Kleinzitat des § 46 Z 1 UrhG oder das literarische (wissenschaftliche) Großzitat (Z 2 leg cit). Ein Schattendasein im wissenschaftlichen Diskurs führt jedoch das in § 52 Z 1 UrhG statuierte „musikalische Zitat“, welches gemäß den verba legalia die Vervielfältigung und Verbreitung, sowie die öffentliche Aufführung, die Rundfunksendung und die öffentliche Zurverfügungstellung für zulässig erklärt, „wenn einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Tonkunst in einem selbstständigen neuen Werke der Tonkunst angeführt werden“. Im Ergebnis geht es um die Frage der Möglichkeit und Zulässigkeit in einem Werk der Tonkunst einzelne Stellen eines anderen (urheberrechtlich geschützten) musikalischen Werkes zu zitieren. Da es sich gerade nicht um die Zitierung der Musik in einer literarischen Arbeit handelt 1 (zu denken ist hierbei an eine Abbildung der Notenschrift in einem musikwissenschaftlichen Aufsatz), sondern vielmehr um das Zitieren von Musik in der Musik, kann man auch folgerichtig vom (kleinen) „musikalischen Musikzitat“2 sprechen. Das intendierte Forschungsprojekt möchte sich nunmehr intensiv mit dem Anwendungsbereich und den Grenzen des „musikalischen Musikzitats“ näher auseinandersetzen. Insbesondere soll seine Stellung im Gefüge des Urheberrechts im Bereich der Tonkunst herausgearbeitet und seine Möglichkeiten für Komponisten und Musiker aufgezeigt werden. Wichtig erscheint es auch hinsichtlich der gebotenen Stringenz und Nachvollziehbarkeit einen roten Faden vom urheberrechtlich geschützten Werk auf dem Gebiet der Tonkunst bis hin zum musikalischen Zitat zu ziehen und 1 2 Diese wird in § 52 Z 2 und Z 3 geregelt. Walter, Österreichisches Urheberrecht (2008) Rz 1234 ff. 3 insbesondere alle auf diesem Weg gestreiften Phänomene des Urheberrechts aus dem Licht des konkreten Forschungsgegenstand zu untersuchen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dürften der Herausarbeitung der Konturen und speziell der Abgrenzung des musikalischen Zitats sicherlich in höchstem Maße dienlich sein. 2 Aufbau der Dissertation Der oben aufgestellten Maxime eines roten Fadens getreu, soll auch das intendierte Dissertationsvorhaben folgenden Aufbau aufweisen. Auf eine kurz gehaltene Einleitung, welche im Wesentlichen aus der Vorstellung des Themas, der zur Anwendung gelangenden Methoden sowie der zentralen Forschungsfragen besteht, soll ein in vier Teile untergliederter Hauptteil folgen. Zunächst soll generell auf das urheberrechtlich geschützte Werk auf dem Gebiet der Tonkunst näher eingegangen werden, denn sowohl Quelle, als auch aufnehmendes Medium sind bei musikalischen Zitat iSd § 52 Z 1 Werke der Tonkunst. Eine intensive Auseinandersetzung mit dem zentralen Anknüpfungsmoment des Urheberrechts, nämlich dem Werkbegriff, ist somit unerlässlich. Freilich erfolgt diese Untersuchung immer unter dem speziellen Fokus der Tonkunst, wobei der Versuch letztere zu definieren oder klar abzugrenzen nicht fehlen darf. Im Zusammenhang mit der Untersuchung des Werkbegriffs an sich, wird auch die Schutzfähigkeit einzelner Werkteile eine zentrale Rolle spielen, da es sich bei (rechtmäßigen) musikalischen Zitaten zwangsläufig um die Entlehnung einzelner Stellen handelt 3, und somit immer die Schutzfähigkeit von Werkteilen betroffen ist. Der zweite Teil steht im Zeichen der Abgrenzung und des Spannungsverhältnisses zwischen urheberrechtlich geschütztem Werk, Werkschutz 4 (also dem Verbot von eigenmächtigen Änderungen), Bearbeitungen 5 und freien Nachschöpfungen 6. Insbesondere die zuletzt Genannte wird für die historische Interpretation der Bestimmung über das musikalische Zitat eine nicht bloß geringfügige Rolle spielen. 3 Gemäß § 52 Z 1 ist ja nur die Entnahme „einzelner Stellen“ eines erschienenen Werks der Tonkunst zulässig. 4 § 21 UrhG. 5 § 5 Abs 1 UrhG. 6 Für bloße Benutzung eines geschützten Werks als Vorlage für ein neues selbstständiges Werk gemäß § 5 Abs 2 UrhG haben sich mehrere Bezeichnungen etabliert, so firmiert die freie Nachschöpfung auch unter der Bezeichnung „abhängige Neuschöpfung“ oder „freie Bearbeitung“ (Walter, Österreichisches Urheberrecht Rz 286). 4 Im anschließenden dritten Teil soll das Zitatrecht als freies Werknutzungsrecht in der gebotenen Kürze generell untersucht werden, um mögliche Anhaltspunkte für teleologische Interpretationsansätze oder Analogien aufzufinden. Der vierte Teil ist sodann in großem Umfang dem eigentlichen Protagonisten der Dissertation vorbehalten, nämlich dem musikalischen Zitat selbst. Aufbauend auf den Erkenntnissen der vorangegangenen Ausführungen soll die gegenständliche Bestimmung des § 52 Abs 1 UrhG intensiv erforscht und nach allen Regeln der rechtswissenschaftlichen Kunst ausgelegt werden. Ziel der Dissertation ist die Herausarbeitung der Konturen des musikalischen Zitats, mithin dessen Voraussetzungen, Reichweite und Abgrenzungen, sowie die Beantwortung der in der Einleitung aufgestellten Forschungsfragen. In einem finalen Schlussteil werden die wichtigsten und innovativsten Forschungsergebnisse kurz und prägnant wiedergegeben sowie die Ansichten und Erkenntnisse des Verfassers noch einmal zusammengefasst dargestellt. 3 Methodik Als rechtswissenschaftliches Forschungsvorhaben wird im Zuge der gegenständlichen Dissertation in erster Linie auf den Methodenkanon der Jurisprudenz zurückgegriffen werden. Insbesondere sollen alle bekannten Auslegungsmethoden von gesetzlichen Bestimmungen zur Interpretation des § 52 Z 1 UrhG herangezogen werden, um den Sinngehalt der im Mittelpunkt stehenden Norm zu ermitteln. Darüber hinaus ist von einem intensiven Studium der für das Forschungsthema relevanten Literatur und Judikatur ein hoher Erkenntnisgewinn zu erwarten, der im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung in die Arbeit miteinfließen soll. In diesem Zusammenhang soll die Tatsache nicht unerwähnt bleiben, dass der Blick auch auf das deutsche Schrifttum bzw die deutsche Rechtsprechung gerichtet werden soll, was aufgrund der großen Ähnlichkeiten des österreichischen und deutschen Urheberrechts, sowie der ständig anzutreffenden wechselseitigen Verweise in der Jurisprudenz, nahezu geboten scheint. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass die gegenständliche Dissertation grundsätzlich keinen rechtsvergleichenden Ansatz verfolgt, sondern die Heranziehung deutscher Rechts- und Rechtserkenntnisquellen nur zu Zwecken der besseren Aufarbeitung des Stoffes erfolgt. 5 4 Zentrale Forschungsfragen Obgleich davon auszugehen ist, dass viele Problemkreise erst im Zuge des Forschungsprozesses hervortreten bzw an Konturen und Schärfe gewinnen, sollen dennoch an dieser Stelle die zentralen Ausgangsfragen vorgestellt werden. • Gilt das vielfach vertretene Postulat der zwingenden „Belegfunktion“ von Zitaten 7 auch uneingeschränkt für das musikalische Musikzitat oder ist die Verfolgung von gänzlich anderen Zwecken (zB zur Illustration oder als Zeichen der Ehrerbietung) ebenso gerechtfertigt und mithin zulässig? • Gebietet die Beschränkung der musikalischen Zitierfreiheit auf „einzelne Stellen“ gleichzeitig die ganzheitliche Übernahme einer zitierten musikalischen Passage oder sind auch einzelne musikalische Gestaltungselemente, beispielsweise die Melodie, als selbstständig schutzfähige Werkteile im Sinne des § 1 Abs 2 UrhG zitierfähig? • Wie ist das Erfordernis der „Selbständigkeit“ des aufnehmenden (zitierenden) Werks im Vergleich zur „Selbständigkeit“ der freien Nachschöpfung nach § 5 Abs 2 UrhG zu verstehen? • Welche Bedeutung kommt dem Änderungsverbot des § 57 Abs 1 UrhG 8 in diesem Zusammenhang zu? In welchem Ausmaß verbietet diese – den geistigen Interessen des Urhebers des zitierten Werks dienende – Bestimmung, Veränderung an der zitierten musikalischen Passage vorzunehmen? 5 Voraussichtlicher Zeitplan Nachdem alle erforderlichen Lehrveranstaltungen des Doktoratstudiums bereits absolviert bzw anerkannt worden sind, verbleibt (lediglich) das Verfassen der wissenschaftlichen Qualifikationsarbeit. Aufgrund der bereits stattgefundenen intensiven Auseinandersetzung mit der relevanten Literatur und Judikatur ist für deren Fertigstellung derzeit noch ein Zeitraum von 15 Monaten veranschlagt, weshalb nach aktuellem Stand der Dinge von einer Einreichung der Dissertation mit Ende des Sommersemesters 2016 auszugehen ist. 7 Siehe dazu Ciresa, Österreichisches Urheberrecht (2009) § 46 Rz 5, § 52 Rz 2; Schneider in Kucsko, urheber.recht (2008) 819; Walter, Österreichisches Urheberrecht Rz 1130; Zanger, Urheberrecht und Leistungsschutz im digitalen Zeitalter (1996) 121. 8 Diese Bestimmung verweist wiederum auf § 21 UrhG (Werkschutz). 6 6 Ausgewählte Literatur Alpert, Zum Werk- und Werkteilbegriff bei elektronischer Musik – Tracks, Basslines, Beats, Sounds, Samples, Remixes und DJ-Sets, ZUM 2002, 525. Blum, Musik: Versuch einer Definition, Neue Zeitschrift für Musik 1963, 52. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff² (1991). 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