Kanton Zürich Baudirektion Hochbauamt Haus zum Rechberg Instandsetzung und Umnutzung Einweihung Einweihung, 29. März 2014 Haus zum Rechberg Instandsetzung Hauptgebäude Umnutzung Nebengebäude Erneuerung Garten Inhalt 4 Barock im Rampenlicht der Gegenwart Regierungsrat Markus Kägi, Baudirektor 6 Parlamentarische Betriebsamkeit im Rechberg Bruno Walliser, Kantonsratspräsident 8 Gelungener Umgang mit barockem Juwel Dr. Matthias Haag, Kantonsbaumeister 12 Unzürcherisch barocke Pracht Lukas Knörr, Bauberater kantonale Denkmalpflege 16 Das Neue aus dem Alten geschöpft Tilla Theus, Architektin 18 Ein Ort der Entspannung inmitten der Stadt Guido Hager, Landschaftsarchitekt 20 Pläne 26 Chronologie 28 Am Bau Beteiligte Situation 1:10 000 Regierungsrat Markus Kägi, Baudirektor Barock im Rampenlicht der Gegenwart Mit der Einweihung eines Bauwerks, ob als Neubau oder nach einem Umbau, wird ein Status quo besiegelt, der ursprünglich nur eine Möglichkeit von vielen war. Nun sieht man das Fertige und denkt, es könne gar nicht anders sein. Dieser Effekt verstärkt sich noch bei Instandsetzungen von Bauwerken, die als typische Zeugen einer historischen Epoche wahrgenommen werden. Auch im Fall des Hauses zum Rechberg und seines Gartens verhält es sich so. Wir haben es ganz unverkennbar mit barocker Baukunst zu tun. Die Schlüssigkeit des Ganzen, wie es nun vorliegt, ergibt sich allerdings nicht daraus, dass versucht worden wäre, einen Barock in Reinform zu rekonstruieren. Gewiss wurde hier mit grosser Sorgfalt eine historische Bausubstanz instand gesetzt. Zugleich wurde aber eine Deutung vorgenommen. Die barocke ästhetische Inszenierung der Räume und Blickachsen wurde mit modernen Elementen ergänzt und im Rampenlicht der Gegenwart neu arrangiert. Das Ergebnis ist rundum überzeugend. Der Weg dahin war lang, und welche Massnahmen ergriffen werden sollten, stand nicht von Anfang an fest. Wahlfreiheiten ergaben sich schon aus der Unmöglichkeit einer vollständigen Rekonstruktion. Wegleitend war das Ziel, eine zeitgemässe und angemessene Nutzung für ein Gebäude zu finden, dessen Geschichte überaus wechselvoll und damit nur von beschränkter, determinierender Wirkung war. Von einem Zunftmeisterehepaar in den Jahren 1759–1770 erbaut, diente es zusammen mit der Gartenanlage verschiedenen Familien als prunkvoller Wohn- und Geschäftssitz und war einst sogar der Mittelpunkt eines internationalen Beziehungsnetzes. Davon zeugen die Gäste von Hans von Reinhard, welcher als Bürgermeister von Zürich und Landammann der Schweiz den neuen Bundesvertrag von 1815 wesentlich mitprägte. Im Jahr 1899 ging die Liegenschaft in den Besitz des Kantons Zürich über. Von allen späteren Nutzungen, darunter unbefriedigende wie die als Dépendance der Universität, erwies sich eine als besonders adäquat und darum der Fortführung wert: die Nutzung des 2. Stocks mit seinem Versammlungssaal als Veranstaltungsort für repräsentative Anlässe der Zürcher Kantonsregierung. Das Repräsentative zum Ausgangspunkt zu nehmen, greift eine der wesent­ lichen Funktionen barocker Architektur auf. Selbst in einem vorwiegend privaten Wohnhaus wie dem Rechberg ist der Bezug zur öffentlichen Repräsenta­ tion unübersehbar, am offensichtlichsten im grossen Versammlungssaal. Er war einst die «Bühne», der Ort festlicher Auftritte, wobei es auch die entsprechenden Hinterbühnen gab, kleine Salons als private Rückzugsorte, wo man sich auf den Auftritt vorbereiten und einkleiden konnte. In diesem «Theater» folgte alles den Regeln einer Inszenierung, selbst das Arrangement der dekorativen Elemente. Pflanzliche Ornamente verwiesen auf den Garten, der seinerseits Teil der Inszenierung war. Heute ist dieser Garten schon für sich genommen einzigartig. Er ist einer der schönsten Barockgärten Zürichs und gleichzeitig ein integraler Bestandteil des gesamten Ensembles, welches ein Denkmal von nationaler Bedeutung darstellt. In diesem Denkmal, auf dieser Bühne den heutigen Kanton Zürich repräsentieren zu wollen, ein demokratisches Gemeinwesen mit geteilten Gewalten, ist streng genommen ein Widerspruch. Repräsentation bedeutet heute etwas anderes als im Ancien Régime, als sie gleichsam auf die herrschende Person zentriert war, auch architektonisch. Solche Widersprüche ergeben sich allerdings überall, wo sich mehrere historische Epochen überlagern. Im würdigen Rahmen des Rechbergs das heutige Staatswesen zu repräsentieren, ehrt dieses Staatswesen und den Rechberg gleichermassen. Dass die Ehre nicht allein der «Herrschaft» gebührt, sondern dem ganzen Staatswesen, zeigt sich auch darin, dass sich die Repräsentativität nicht auf Regierungsanlässe im 2. Stock und den grossen Saal beschränkt, sondern das ganze Haus und die Nebengebäude einschliesst, wo die Kommissionen des Kantonsrats und die Parlamentsdienste eigene Räumlichkeiten belegen. Das Rechberg-Ensemble ist ein Ganzes, welches das Ganze repräsentiert, mitsamt seiner Geschichte – ein in jeder Hinsicht würdiges Ergebnis! 4 Bruno Walliser, Kantonsratspräsident Parlamentarische Betriebsamkeit im Rechberg Das barocke Stadtpalais mit seinen Nebengebäuden und dem lauschigen Barockgarten lädt ein, zu verweilen, Kraft zu tanken und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Der Rechberg steht wie eine Oase zwischen Limmat und Universität sowie zwischen Obergerichtsgebäude und Kaspar-Escher-Haus. Dieser Ort und die damit verbundene Stimmung sind für den parlamentarischen Betrieb der Kommissionen geradezu ideal. Fern der Hektik der Stadt können Ideen besprochen, Standpunkte überdacht und Lösungen erarbeitet werden. Zudem erhalten die Ratsmitglieder ausserhalb des Ratshauses, wo sie jeden Montagmorgen tagen, einen Ort, der ausschliesslich für sie reserviert ist, und wo sie sich jederzeit austauschen können. Als Forum für die parlamentarische Arbeit präsentiert sich der Rechberg als grosse Chance. Mit den parlamentarischen Kommissionen erhalten nun auch die Parlamentsdienste einen eigenen Sitz. Nach 18 Jahren Tür an Tür mit der Staatskanzlei werden sie neu, entsprechend ihrer Verwaltungsunabhängigkeit, in einem eigenen Gebäude arbeiten. Für die Parlamentsdienste bedeutet dies eine neue Herausforderung. Sie werden die gute Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene auch vom Rechberg aus weiterhin pflegen. Die Anforderungen an einen modernen Parlamentsverwaltungsbetrieb sind hoch. Die historischen Gebäude verlangten Kompromisse bei der Sanierung und Umgestaltung. Die Folge waren zahlreiche Projektänderungen: zuerst die Sitzungszimmer im Haupthaus, dann deren Verlegung ins Nebenhaus, weiter die Absenkung des Bodens im Kutscherhaus für einen behindertengerechten Zugang, die Planung der Archivräume und eines feuersicheren Kopierraums etc. Die gute Zusammenarbeit von Baudirektion, Geschäftsleitung des Kantonsrates, Hochbauamt, Immobilienamt, Staatskanzlei und Parlamentsdiensten sowie die pragmatische Lösungsfindung der Architektin haben zu einem Resultat geführt, das sich sehen lassen kann und auf das der Kanton Zürich und alle Beteiligten stolz sein dürfen. Die parlamentarischen Kommissionen und die Parlamentsdienste sind also nicht mehr nur zu Gast in dem von Regierungsrat und Verwaltung dominierten Kaspar-Escher-Haus, sondern haben jetzt mit dem Rechberg ein eigenes Zuhause erhalten. Wie das Rathaus teilen sich der Kantonsrat und der Regierungsrat auch den Rechberg. Diese Nutzung symbolisiert – neben der Unabhängigkeit der parlamentarischen Kommissionen und der Parlamentsdienste − auch die enge und konstruktive Zusammenarbeit von Parlament und Regierung. Gleichzeitig erlaubt die neue Betriebsamkeit, dass der Rechberg wieder eine öffentliche Funktion erhält und damit Leben ins Haus einkehrt. Ich bin überzeugt, dass der Rechberg nicht nur ein parlamentarisches Forum sein wird, sondern ein Forum für die Zürcher Politik, wo mit Musse und offenem Geist in historischen Gemäuern die Zukunft des Kantons Zürich mitgestaltet wird. 6 Dr. Matthias Haag, Kantonsbaumeister Gelungener Umgang mit barockem Juwel Das Rechberg Palais mit Nebengebäuden und Garten bildet als Ensemble ein Denkmal barocker Baukultur von nationaler Ausstrahlung. Für das Hochbauamt war deshalb von Beginn an klar, dass nur eine aufmerksame Instandsetzung und Erneuerung auf sehr hohem denkmalpflegerischem und gestalterischem Niveau infrage kommt. Dieser Anspruch hatte einen Planungsprozess von mehreren Jahren zur Folge. Im Fall des Gartens führten unterschiedliche Vorstellungen, wie mit der historischen Substanz umzugehen sei, zu einem aufwändigen und zeitraubenden Bewilligungsprozess. Erst im Juni 2012 konnte mit den Bauarbeiten an der oberen Kanzel sowie der Bepflanzung mit Lindenhecken und Obstbäumen begonnen werden. Seit Frühling 2013 ist der Garten nun wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Im Fall des Palais erwiesen sich die Abklärungen, wer künftig in den repräsentativen Räumen würde arbeiten können, als langwierig. Wie schon vor der Sanierung sollte das zweite Obergeschoss mit dem grossen Saal für öffentliche Anlässe des Regierungsrates genutzt werden. Eine Nutzung des ganzen Gebäudes zu Repräsentationszwecken erwies sich als zu aufwändig und musste verworfen werden. Erst 2010 folgte der Beschluss, die unteren Geschosse des Hauptgebäudes durch die Parlamentsdienste des Kantonsrats zu nutzen. Auf Baubeginn 2012 hin wurden auch die beiden Nebengebäude, ein Kutscherund ein Packhaus, frei und konnten zu vollwertigen Sitzungszimmern umgebaut werden. Ende desselben Jahres, die Bauarbeiten hatten schon begonnen, beschloss der Regierungsrat, auch die Fassade des Gebäudes instand zu setzen. Unter solch volatilen Bedingungen ist es wichtig, eine offene Projektkultur zu schaffen. Mit Fokus auf die künftige Nutzung wie auch unter Wahrung der wertvollen Bausubstanz wurden immer wieder neue Ansätze und Varianten geprüft. Dem Projektteam ist es in vielen Diskussionen gelungen, die ­Anliegen von ­Nutzern, Eigentümern und Denkmalpflege unter einen Hut zu bringen. ­Unter Leitung des Hochbauamts und in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege, der Architektin, den Restauratoren und den kompetenten Unternehmen wurden in einem intensiven, kooperativen Prozess sensitive Massnahmen erarbeitet: Dazu gehören die Instandsetzung der Sandsteinfassade und der Fenster, heikle bauliche Eingriffe wie der Einbau des Lifts und der Lüftung oder die aufwändige Restauration von Stuckatur, Täfer und Malerarbeiten sowie schliesslich die Ausstattung mit neuen Leuchten, Möbeln und Vorhängen. Dank der guten Vorbereitung, dem strikten Kostenmanagement, aber auch dem Engagement spezialisierter Unternehmungen ist es gelungen, die aufwändigen Arbeiten unter dem bewilligten Kredit abzuschliessen. Dass das Ensemble Rechberg heute wieder als Zeitzeuge des barocken Bauens in Zürich zur Geltung kommt, ist das Resultat der hervorragenden Zusammenarbeit aller Beteiligten über eine lange Vorbereitungs-, Planungs- und Realisierungszeit. Mit hohem Fachwissen und unermüdlichem Engagement haben sie zum guten Gelingen beigetragen. Ihnen gebührt ein ganz herzliches Dankeschön. Für das Hochbauamt ist die Instandsetzung und Umnutzung Rechberg ein gelungenes Beispiel für den Umgang mit wertvoller Baukultur und ein Vorbild für laufende und anstehende Projekte. 8 Die instandgesetzte Sandsteinfassade mit dunkelgrün‑schwarzen Läden und die Fenster in Holzmaserierung schenken dem Barockpalais wieder die einstige Herrschaftlichkeit. 10 Lukas Knörr, Bauberater kantonale Denkmalpflege Unzürcherisch barocke Pracht Seit der Erstellung im Jahre 1770 durch David Morf wurde das Haus «Zum Rechberg» mehrmals an die sich ändernden Bedürfnisse der Nutzer angepasst. Bis 1899 blieb das Anwesen in Privatbesitz und wurde als Wohn- und zeitweise auch als Geschäftshaus genutzt. Danach ging der «Rechberg» in den Besitz des Staates Zürich über und diente unter anderem als Regierungs- und Universitätsgebäude, beherbergte zeitweise die Staatskellerei und zuletzt das Sekretariat des reformierten Kirchenrates. All diese verschiedenen Nutzungen und die damit verbundenen baulichen Eingriffe erfolgten stets unter bewusster Rücksichtnahme auf die Bausubstanz und die prachtvolle Innenausstattung, so dass sich das Gebäude heute noch nach knapp 250 Jahren mit seiner ursprünglichen Raumstruktur und Ausstattung präsentiert. Die Instandsetzung der Gebäudehülle, welche Naturstein-, Spengler- und Dachdeckerarbeiten beinhaltete, liess sich ohne besondere denkmalpflegerische Herausforderungen durchführen. Der stete Gebrauch ist der beste Garant für das Fortbestehen eines Denkmals. Er hinterlässt im Innern jedoch Abnutzungsspuren. Als Folge der vielen Teilsanierungen war der Glanz der herrschaftlichen Räume verblasst. Bis zu eineinhalb Zentimeter dicke Farbschichten überformten die filigranen Stuckfiguren an den Decken. Auf dem Nussbaumtäfer liessen dicke Lackschichten die feine Struktur der handgehobelten Oberflächen verschwinden. Die Gesamtinstandsetzung des Gebäudeinnern beinhaltete nicht nur die Erneuerung sämtlicher haustechnischer Installationen (Sanitär-, Heizung-, Elektro- und Kommunikationstechnik) und die behindertengerechte Erschliessung mittels Einbau eines Lifts, sondern auch die Restauration der Täferverkleidungen, die Neufassung der Wände sowie die Reinigung und Ausbesserung der Fehlstellen an Stuckdecken und Parkettböden. Die Auflagen zur Erfüllung heute geltender Normen – wie Absturzsicherung, Erdbebenschutz, behindertengerechtes Bauen, energetische Optimierungen und Brandschutz – führen bei der Sanierung geschützter Bauten häufig zu Zielkonflikten mit der Denkmalpflege. Deren Umsetzung bedingen starke Eingriffe in die Substanz und widersprechen dem Gedanken des integralen Erhalts des Schutzobjekts. Dank der sorgfältigen Planung unter der Leitung des Hochbauamtes und der Architekten wurden Lösungen gefunden, die alle Beteiligten vertreten konnten. Wo die vollumfängliche Einhaltung der Vorschriften zu wesentlichen Einbussen für den Wert des Denkmals geführt hätten, konnten in Absprache mit den jeweiligen Bewilligungsbehörden Massnahmen getroffen werden, die einen Einfluss auf die Nutzung bzw. den Gebrauch der Räumlichkeiten haben, wie beispielsweise die Reduktion der maximal zulässigen Personenzahl in einem Raum. Dank dem guten Einvernehmen mit den künftigen Nutzern konnte hier auf Verständnis gezählt werden. Die besondere Herausforderung dieses Projekts war, eine Kultur zu etablieren, in der alle Beteiligten nach Konsenslösungen suchten und in der die verschiedenen Bedürfnisse nicht gegeneinander ausgespielt wurden. So wie sich das Rechberg-Ensemble nach Abschluss der Arbeiten präsentiert, ist dies ausgezeichnet gelungen. 12 Der Bezug zur Repräsentation ist im grossen Saal mit seinen festlichen Linsenlustern am offensichtlichsten. 14 Tilla Theus, Architektin Das Neue aus dem Alten geschöpft Unsere Aufgabe bestand darin, die originale Bausubstanz zu sichern und zu reparieren, spätere Zusatzverkleidungen zu entfernen und bei fehlenden Bauelementen durch Archivforschung den ursprünglichen Raumcharakter samt Farbigkeit und Helligkeit zu ergründen. Das verlangte eine zeitaufwändige, mit archäologischen Techniken vergleichbare Arbeit. Architektonisch und innenarchitektonisch war es uns wichtig, die Ensemblewirkung wieder stärker zu betonen. Das im Bestand Unentschlüsselbare bauten wir nicht mit historisierender Fantasie nach, sondern realisierten die Wiederherstellung als verantwortungsvolle Neuinterpretation. Sie respektiert die Stilhöhe und Atmosphäre der Bauzeit, ist aber klar und ehrlich als heutige Lösung erkennbar. Der Rechberg und die Nebengebäude durften kein Museum werden, sondern haben den heutigen praktischen und repräsentativen Bedürfnissen zu dienen. Anhand von Spuren im Bestand eruierten wir ein Zimmer mit roter und, anhand von Archivdokumenten, ein solches mit blauer Wandbekleidung. Wir verzichteten darauf, die Wände einfachheitshalber mit nachempfundenen, roten und blauen Stoffen zu bespannen, und entschieden uns, die Schablonenmalereien je rot und blau zunächst auf Papier aufzutragen und dann auf Molton aufzuziehen. Das Material ist neu, die Wirkung jedoch hinsichtlich Farbklang und Textilität die ursprüngliche. Ein schönes Beispiel für diese Vorgehensweise sind auch die Vorhänge. Statt Samt- und Brokatstoffen wählten wir die Leichtigkeit aus Tüll mit Pailletten. Das bringt ebenfalls Festlichkeit in die Räume, entspricht jedoch dem Zeitgeist besser. Die gleiche Subtilität leitete uns bei der Restaurierung der Böden, Wände und Stuckdecken. Mit präzisen baulichen Eingriffen in den Nebengebäuden – zum Beispiel die markante Stahlscheibe als Treppengeländer und der Deckendurchbruch für einen Glasgiebel – erzielten wir überraschend schöne räumliche Weiten und Durchblicke. Bei den grossen und kleinen Massnahmen legten wir Wert auf das feine und kreative Austarieren von Vergangenheit und Gegenwart und schöpften das Neue aus dem Alten. Die Tische entwickelten wir eigens für den Rechberg. Die Sitzmöbel gestalteten Trix und Robert Haussmann, was wir auch als Reverenz an die internationale Reputation des Zürcher Designs verstehen. Im gleichen würdigenden Sinne wählten wir für den Wandschmuck Bilder von Zürcher Konkreten. Neu, aber von alten Kerzenlustern inspiriert, ist der Linsenluster, der festliches Licht spendet. Die moderne Einrichtung drückt im ursprünglichen Geiste des Palais die Freude an der Repräsentativität aus. Als letztes Element kam die Aussenrenovation hinzu, die entscheidend zur Gesamtqualität der Renovation beitrug. Wir überholten und reparierten die Fassaden, sanierten das Dach und stimmten seine Farbigkeit wieder ein. Die dunkelgrün-schwarzen Fensterläden, die renovierten Fenster und die belassenen Vorfenster in Holzmaserierung schenken dem Barockpalais in seiner Steinstruktur wieder die einstige Herrschaftlichkeit. Im Ergebnis wirkt die Anlage mit dem Barockpalais, dem Packhaus, dem Waschhaus und der prächtigen Gartenanlage wieder als einmaliges Ensemble, dessen Herrschaftlichkeit dank der durchgängigen Nutzung direkt erlebbar ist. Der Gebäudekomplex hat entsprechend seiner historischen Bedeutung innen und aussen den Wert eines Juwels zurückgewonnen. 16 Guido Hager, Landschaftsarchitekt Ein Ort der Entspannung inmitten der Stadt Der spätbarocke Rechberggarten gilt als eine der prächtigsten Gartenanlagen in der Stadt Zürich. Um 1760 angelegt, wurde der Garten 1834/36 landschaftlich umgestaltet und durch zwei Bauparzellen erweitert. Nach mehreren Besitzerwechseln erwarb der Kanton Zürich 1899 Palais und Garten. Zuerst wurden nur Teile des Gartens der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. 1937/38 erfolgte eine vereinfachte Rekonstruktion der landschaftlichen Bereiche in einen «ba­ rockisierenden» Zustand. Nach dem Wegzug der Universitätsgärtnerei im Jahre 1985 wurde der Garten ganz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Seit seiner Entstehung haben auch die Umgebung und die Grenzen des Gartens starke Veränderungen erfahren: Die barocken Schanzen wurden abgebrochen, die einst ländlich geprägte Vorstadt nahm durch monumentale Gebäude zusehends städtische Züge an. Später wurden die Zäune und Hecken entfernt, was die Atmosphäre im Garten stark veränderte: Die einst klar definierten Grenzen mit Blick ins Grüne wurden verwischt und bis zu den angrenzenden neuen Nachbarbauten geöffnet. Der ursprünglich privat genutzte Garten wurde offener Freiraum. Die Gliederung entlang einer Längsachse mit Hof, Parterre und der Abfolge von Terrassen als tragende Gartenthemen gegenüber der ländlichen Umgebung verlor an Prägnanz. Die Hauptanliegen der Sanierungen, die auf einem Parkpflegewerk von 1989 beruhen und in Etappen bis 2013 umgesetzt wurden, waren, den ökologischen Wert zu erhalten, die Nutzungsmöglichkeiten zu steigern und den spätbarocken Garten gegenüber den angrenzenden Gärten der Universität wieder ablesbar zu machen. Die nach denkmalpflegerischen Kriterien bedeutenden Mauern, Wiesenböschungen und Bäume wurden als originale Substanz der verschiedenen Bauphasen geschützt, gepflegt und behutsam saniert. Zusätzliche Einbauten und Pflanzungen ergänzen den Garten nach historischem Vorbild in zeitgenössischer Sprache. Seit 1992 wachsen in teils mit Buchs gefassten Beeten Reben, Birnenspaliere, Weichseln und Blumen. Der Wechselflor wird jedes Jahr im Frühling und Herbst farblich neu zusammengestellt. Seit dem letzten Umbau 2012/13 werden die Terrassen wieder mit Eibenkegeln akzentuiert. Sie verdeutlichen das ursprüngliche Bild der horizontalen Linien mit vertikalen, nach oben niedriger werdenden Kegeln. Dadurch wird die theatralische Kulissenhaftigkeit in ihrer Tiefenwirkung verstärkt. Eine hohe Lindenhecke fasst den Garten wieder ein. Die Wiesen ausserhalb des Gartens sind mit Nussbäumen bepflanzt. Auf der obersten Terrasse laden Sitzsofas unter schattenspendenden, hainartig gepflanzten, kleinbleibenden Obstbäumen zum Geniessen der herrlichen Aussicht in den Garten und auf die Altstadt ein. Anstelle des 1820 abgebrochenen Pavillons am Ende der Längsachse markiert die neue Aussichtskanzel einen «point de vue». Hecke, Hain und Kanzel geben dem Garten eine eindeutige Begrenzung, lassen aber die Sicht über die Obstbäume von der darüberliegenden Wiese zu. Der Weg von der Schönberggasse führt neu direkt zur Mensa und nicht mehr durch den Garten. Dieser wird nun nachts abgeschlossen und damit vor Vandalen geschützt. Der grosse Aufwand für die Pflege des Gartens ist dank der Universitätsgärtnerei möglich. Der prachtvolle Ziergarten erzählt sowohl vom alten Zürich als auch von den wechselnden Gartenmoden und dient als Ort der Entspannung inmitten der Stadt. 18 Pläne Situation 20 0 5 10 m N Südwestfassade 0 Erdgeschoss 21 5 10 m Pläne Längsschnitt 1. Obergeschoss 22 N Nordostfassade 0 2. Obergeschoss 23 5 10 m Pläne Nordwestfassade N Querschnitt 0 Dachgeschoss 24 5 10 m Chronologie Haus zum Rechberg 2001 Auszug der juristischen Lehrstühle der Universität Zürich zeichnet sich ab. 2002 Übertragung der Liegenschaft Hirschengraben 40 vom Verwaltungsvermögen der Bildungsdirektion in das der Baudirektion im Januar. 2003–04 Erarbeitung des Nutzungskonzepts «Rechberg als repräsentativer Ort des Regierungsrats». Durchführung eines Projektwettbewerbs im selektiven Verfahren. 2005–07 Das Siegerprojekt von Tilla Theus und Partner AG mit einem zweiten Saal im Dachgeschoss ist trotz diverser Verhandlungen mit ­Heimatschutz und Denkmalpflege nicht umsetzbar. 2008 Das Kosten-/Nutzenverhältnis für den zweiten Saal im Untergeschoss erweist sich als ungünstig, ein geeigneter Mitträger für die hohen Investitionen kann nicht gefunden werden. 2009–10Suche nach geeigneten Mitnutzern. Im März zeigen die Parlamentsdienste des Kantonsrats Interesse an Räumlichkeiten im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss. Projektdefinition «Design to cost» beziehungsweise «Instandsetzung mit Schwerpunkt Erdgeschoss und 1. Obergeschoss». Projektausarbeitung mit Kostenschätzung. 2011 Auflagen Baubehörden beziehungsweise Projektanpassung Lüftung. Einbezug der Nebengebäude Florhofgasse 8 und 10 im April, Bauprojekt mit Kostenvoranschlag, Einreichung Baueingabe, Ausführungsplanung und Submission. 2012 Beschluss über den Objektkredit im März, Baubeginn am Hauptgebäude nach erfolgter Baufreigabe im April. Beschluss über zusätz­ liche Ausgaben für die Gebäudehülle im Dezember. 2013 Übertragung aller Nebengebäude, insbesondere Florhofgasse 8 und 10, vom Verwaltungsvermögen der Bildungsdirektion in das der Baudirektion im Januar. Baubeginn Nebengebäude im März. 2014 Übergabe Hauptgebäude Ende Januar, Übergabe Nebengebäude Ende April. Rechberggarten 1984 Beschluss über die Verlegung der Universitätsgärtnerei an die Universität Zürich Irchel. 1989 «Gartendenkmalpflegerisches Nutzungs- und Gestaltungskonzept» von Guido Hager mit dem Prinzip «Erhaltung/Erneuerung». 1992 Archäologische Grabungen. 1992–97 Denkmalpflegerisch begleitete Unterhaltsarbeiten. 1998 Projektierung Gesamtanlage, Objektkreditbeschluss im November. 1999 1. Baugesuch, Reservation von 300 Linden für die Hecke und 50 Eiben für die Gartenterrassen. 2000–10Erteilung Baubewilligung. Die Baufreigabe verzögert sich wegen verschiedener Rekurse. Auch das in Teilbereichen angepasste Baugesuch wird bestritten. 2010 Im November wird die Baubewilligung rechtskräftig, nachdem das Bundesgericht nicht auf die Beschwerde der Rekurrenten eingetreten ist. 2011 Beschluss über zusätzliche Ausgaben im September. 2012 Baubeginn am Rechberggarten im Juni. 2013 Übertragung des Rechberggartens vom Verwaltungsvermögen der Bildungsdirektion in das der Baudirektion im Januar. Wiedereröffnung im April. Instandsetzung Haus zum Rechberg: 19,5 Millionen Franken Erneuerung Garten: 2,1 Millionen Franken (Bewilligte Kredite) 26 Am Bau Beteiligte Eigentümer Staat Zürich Eigentümervertretung/Bauherr Baudirektion Kanton Zürich, Immobilienamt Thomas Maurer, Amtschef Giorgio Engeli, Abteilungsleiter Patrick Harsch, Portfoliomanager Peter Störchli, ehemaliger Portfoliomanager Peter Lüscher, Stv. Abteilungsleiter Bewirtschaftung Bauherrenvertretung Baudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt Dr. Matthias Haag, Kantonsbaumeister (Abschluss) Hans-Rudolf Blöchlinger, Chef Hochbauamt a. i. (Ausführung) Stefan Bitterli, ehemaliger Kantonsbaumeister (Bauprojekt) Werner Arnold, Abteilungsleiter BB2 Bruno Schulthess, Ressortleiter Andrea Walt Mohr, Projektleiterin Albert Bamert, Stv. Projektleiter Dr. Beat Wüthrich, Abteilungsleiter Stab Paolo Larocca, Fachprojektleiter GT Gianni Ligi, ehemaliger Fachprojektleiter GT Paul Eggimann, Bauökologie Dr. Christine Weisskopf Beer, Rechtsanwältin Kathrin Frauenfelder, Kunstsachverständige Nutzervertretung Kanton Zürich, Staatskanzlei Martin Jurt, Chef Zentrale Dienste Werner Malär, Leiter Veranstaltungen und Repräsentation Instandsetzung Haus und Nebengebäude Gesamtleitung Tilla Theus und Partner AG Tilla Theus, Ladislao Recupido, Ezio Rossi Fachplaner und Spezialisten Urech Bärtschi Maurer AG, Bauingenieure Schmidiger + Rosasco AG, Elektroingenieure Hps energieconsulting AG, HLKS-Ingenieure Lichtdesign Gratzel, Lichtplanung Planbar AG, Küchenplanung Wichser Akustik & Bauphysik AG, Akustik Atelier Markus Bruggisser, Signaletik BWS Labor AG, Bauuntersuchungen Gregor Frehner GmbH, Sandsteinuntersuchungen Fontana & Fontana AG, Farbuntersuchungen Parlamentsdienste Kanton Zürich Dr. Moritz von Wyss, Leiter Claudio Stutz, Bereichsleitung Denkmalpflege Baudirektion Kanton Zürich, Amt für Raumentwicklung Wilhelm Natrup, Amtschef Dr. Beat Eberschweiler, Leiter Archäologie und Denkmalpflege Peter Baumgartner, Leiter Bauberatung Lukas Knörr, Bauberater Giovanni Menghini, ehemaliger Bauberater Erneuerung Garten Gesamtleitung Hager Partner AG Guido Hager, Patrick Altermatt, Susanne Füge, Susanne Quednau Fachplanung und Spezialisten Urech Bärtschi Maurer AG, Bauingenieure Schmidiger + Rosasco AG, Elektroingenieure Gerber + Plüss Haustechnik AG, Sanitär BBS Ingenieur AG, Geländergutachten 28 Impressum Inhalt: Andrea Walt Mohr Baudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt Baubereich 2 Redaktion: Katharina Ingrid Weber/Markus Pfanner Baudirektion Kanton Zürich, Kommunikation Fotografie: Mark Röthlisberger Baudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt Stab Grundlage Situationsplan: Geodaten GIS-ZH Gestaltung, Layout: David Vogt/Sascha Schurtenberger Baudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt Prepress/Druck: Alinéa AG, Wetzikon Auflage: 300 Exemplare Herausgeberin: © 2014 Baudirektion Kanton Zürich Hochbauamt