Funktionswandel der nationalsozialistischen Lager

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Michael Wildt
Funktionswandel
der nationalsozialistischen Lager
Mittelweg 36 4/2011
Die Bilder, die wir von den nationalsozialistischen Konzentrationslagern im Kopf haben, stammen von Fotografien und Filmen, die
die alliierten Armeen bei der Befreiung der Lager aufgenommen haben:
Ohrdruf, Dachau, Bergen-Belsen, Auschwitz. Baracken, in denen gänzlich abgemagerte, entkräftete Menschen von alliierten Soldaten versorgt
werden, Todeskammern, in denen sich noch die Leichen stapeln, britische Soldaten, die mit Bulldozern die toten Körper in Massengräber
schieben. Filme, die zum ersten Mal im Nürnberger Prozess gegen die
Hauptkriegsverbrecher gezeigt und wenig später – wie zum Beispiel der
bekannte Film »Death Mills/Todesmühlen« – neu zusammengeschnitten
in den Kinos der westlichen Besatzungszonen der deutschen Bevölkerung gezeigt wurden, um ihr vorzuführen, was in ihrem Namen an
kaum glaublicher Gewalt geschehen war.1
Eugen Kogons Bericht über seine Haft im Konzentrationslager Buchenwald, der unter dem Titel »Der SS-Staat« 1946 erschien und eine
beachtliche Verbreitung fand, ordnete die Informationen zu einem festen
Bild, in dem das Konzentrationslager als Gewaltort der SS gekennzeichnet wurde, dessen Ordnung von der Willkür der Täter abhing. Kogon
wörtlich: »Die Mannschaft des Apparates bestand [...] aus Menschen,
die im normalen Polizeidienst nicht vorwärtsgekommen waren, und aus
einer Fülle frisch hereingenommener verkrachter Existenzen, meist ohne
jede charakterliche oder fachliche Vorbildung. [...] sozial deklassierte
Primitive, die man wirklich zu nichts anderem gebrauchen konnte.« 2
Dieses Bild des nationalsozialistischen Konzentrationslagers als hermetisch von der Umwelt abgetrennter Ort entgrenzter Gewalt herrschte
viele Jahre in der Historiographie wie in Filmen oder auch in der Gedenkstättenkultur und hat schließlich in Wolfgang Sofskys Buch »Die
Ordnung des Terrors« (1993) seine geradezu kanonische Formulierung
gefunden. Die Rede von der »absoluten Macht« wurde nachfolgend in
etlichen Büchern als bare Realität genommen, obwohl Wolfgang Sofsky
selbst sein Modell des Konzentrationslagers als Idealtypus im Sinne
1
Vgl. Ulricke Weckel, Beschämende Bilder. Deutsche Reaktionen auf alliierte Dokumentarfilme über befreite Konzentrationslager, Stuttgart 2011 (i.E.).
2
Eugen Kogon, Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager, Frankfurt
am Main 1946, S. 290f.
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Max Webers entworfen hat, das entsprechend so nicht in der Wirklichkeit auffindbar ist.3
Es brauchte Studien wie die von Sybille Steinbacher über die Regionalität des KZ Dachau, über die vielfältigen Interaktionen zwischen
umgebender Gesellschaft und Konzentrationslager, um die Vorstellung
des Konzentrationslagers als hermetisch abgegrenzten Ort abzulösen.4
Ebenso machten die Forschungen, wie jüngst vor allem von Marc Buggeln,5 zu den zahllosen Außenlagern der jeweiligen Stammlager in der
zweiten Kriegshälfte, in der Hunderttausende von KZ-Häftlingen als
Zwangsarbeiter in den Betrieben eingesetzt waren, deutlich, dass das
nationalsozialistische Lager kein exterritorialisierter Ort des Ausnahmezustands ist, keine »Zone der Anomie, in der alle rechtlichen Bestimmungen – und insbesondere die Unterscheidung zwischen öffentlich
und privat selbst – deaktiviert sind«, wie sie vor einigen Jahren noch
Giorgio Agamben mit großem Nachhall in die Diskussion gebracht
hat,6 sondern eine gesellschaftliche Organisationsform des Nationalsozialismus bildete.
Nicht ohne Grund haben die Nationalsozialisten, insbesondere die
SA, nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler nicht darauf gewartet, dass politische Oppositionelle aufgrund der Reichstagsbrandverordnung im Februar 1933 verhaftet und ins Gefängnis gesperrt wurden, sondern gingen – nicht zuletzt in ihrer in Preußen von Göring
als kommissarischem Innenminister verliehenen Funktion als Hilfspolizisten – selbständig gegen Kommunisten, Sozialdemokraten, liberale
Hitlergegner und Juden vor, verschleppten sie in provisorisch hergerichtete Lager, um sie zu misshandeln, zu foltern, zu töten. Diese Lager
und Folterstätten sollten eben nicht dem Reglement von Gefängnissen,
einer kalten, geregelten Staatsgewalt unterworfen sein, sondern Orte
eigener Ordnung bilden, in denen uneingeschränkt der Terror herrschen konnte.7
Der jüdische, sozialdemokratische Jurist Ernst Fraenkel, der 1938
Deutschland verlassen musste und in die USA emigrierte, prägte den
3
Wolfgang Sofsky, Die Ordnung des Terrors: Das Konzentrationslager, Frankfurt am Main
1993, vgl. dazu Karin Orth/Michael Wildt, »Die Ordnung der Lager. Über offene Fragen und
frühe Antworten in der Forschung zu Konzentrationslagern«, in: WerkstattGeschichte 12 (1995),
S. 51–56.
4
Sybille Steinbacher, Dachau – die Stadt und das Konzentrationslager in der NS-Zeit. Die
Untersuchung einer Nachbarschaft, Frankfurt am Main 1993.
5
Marc Buggeln, Arbeit & Gewalt. Das Außenlagersystem des KZ Neuengamme, Göttingen
2009.
6
Vgl. Giorgio Agamben, Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben, Frankfurt am Main 2002. Das Zitat stammt aus seinem Buch: Ausnahmezustand, Frankfurt am Main,
2004, S. 62.
7
Wolfgang Benz/Barbara Distel, Der Ort des Terrors. Geschichte der Konzentrationslager,
Bd. 2: Frühe Lager. Dachau. Emslandlager, München 2005.
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Begriff vom »Doppelstaat«, der das »Nebeneinander eines seine eigenen
Gesetze im allgemeinen respektierenden ›Normenstaates‹ und eines die
gleichen Gesetze missachtenden ›Maßnahmenstaates‹« bezeichnen sollte.
Unter »Maßnahmenstaat« verstand Fraenkel das »Herrschaftssystem der
unbeschränkten Willkür und Gewalt, das durch keinerlei rechtliche
Garantien eingeschränkt ist«, unter »Normenstaat« das »Regierungssystem, das mit weitgehenden Herrschaftsbefugnissen zwecks Aufrechterhaltung der Rechtsordnung ausgestattet ist, wie sie in Gesetzen,
Gerichtsentscheidungen und Verwaltungsakten der Exekutive zum Ausdruck gelangen«.8 Dieses Nebeneinander von juridischen Institutionen
eines bürgerlichen Rechtsstaates auf der einen Seite und politischen
Institutionen einer neuen, erst herzustellenden Staatlichkeit und gesellschaftlichen Ordnung, eben jener Volksgemeinschaft, die die Nationalsozialisten anstrebten, auf der anderen Seite, erlaubt es, die Gewaltdynamik des NS-Regimes, wie sie insbesondere in der Institution des
Lagers zum Ausdruck kam, zu untersuchen.9
Diese Dynamik bedeutete eben nicht, dass die Gewalt prinzipiell
entgrenzt und willkürlich war, diese Orte keine Gewaltordnung besaßen. Vielmehr kam es den Tätern darauf an, dass diese Ordnung
nicht an staatliche Vorgaben, bürokratische Regulierungen, schon gar
nicht an Gesetze gebunden sein sollte, sondern ausschließlich nach politischen Absichten eingesetzt und je nach Situation flexibel veränderbar war. Heydrichs Stellvertreter Werner Best hat einmal formuliert:
»’ Der politische Totalitätsgrundsatz des Nationalsozialismus [...] duldet
keine politische Willensbildung in seinem Bereich, die sich nicht der
Gesamtwillensbildung einfügt. Jeder Versuch, eine andere Auffassung
durchzusetzen oder auch nur aufrechtzuerhalten, wird als Krankheitserscheinung, die die gesunde Einheit des unteilbaren Volksorganismus
bedroht, ohne Rücksicht auf das subjektive Wollen seiner Träger ausgemerzt. Aus diesen Grundsätzen heraus hat der nationalsozialistische
Führerstaat zum ersten Mal in Deutschland eine politische Polizei entwickelt, wie sie von unserem Standpunkt aus als modern, das heißt den
Bedürfnissen unserer Gegenwart entsprechend, aufgefasst wird: als eine
Einrichtung, die den politischen Gesundheitszustand des deutschen
Volkskörpers sorgfältig überwacht, jedes Krankheitssymptom rechtzeitig
erkennt und die Zerstörungskeime [...] feststellt und mit jedem geeig-
8
Ernst Fraenkel, »Der Doppelstaat«, in: Gesammelte Schriften, Bd. 2: Nationalsozialismus
und Widerstand, hrsg. von Alexander v. Brünneck, Baden-Baden 1999, S. 49. Fraenkels Studie
erschien 1941 in den USA unter dem Titel »The Dual State« und kam in deutscher Sprache erst
1974 heraus.
9
Vgl. Michael Wildt, »Die politische Ordnung der Volksgemeinschaft. Ernst Fraenkels
›Doppelstaat‹ neu betrachtet«, in: Mittelweg 36, Heft 2/2003, S. 45–61.
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neten Mittel beseitigt.« 10 Kein Ort vermag solche Ordnungsvorstellungen besser in Wirklichkeit umzusetzen als das Lager.
Das gilt nicht nur für die Straflager, sondern ebenso für die zahlreichen Inklusionslager, die sich mit dem nationalsozialistischen Machtantritt rasch ausbreiteten.11 Schon den Lagern der Jugendbewegung der
Jahrhundertwende oder des freiwilligen Arbeitsdienstes der Zwischenkriegszeit waren die Kritik an der bürgerlichen Gesellschaftsordnung
und die Vision einer gemeinsam erlebten Volksgemeinschaft inhärent.
Und jene zahlreichen Referendars-, Lehrer-, HJ-, BDM- und Reichsarbeitsdienstlager, die 1933 entstanden, zielten ebenso auf antibürgerliche Vergemeinschaftungsformen, in denen nicht individuelle Freiheitsrechte und ein vernunftgeleiteter Gesellschaftsvertrag im Mittelpunkt
standen, sondern, wie Sebastian Haffner anschaulich geschildert hat,
Kameradschaft als Gefühl einer neuen, durchaus militarisierten Gemeinschaft.12 Ebenso wie der Terror gegen »Gemeinschaftsfremde« keinem
bürgerlich-staatlichen Reglement unterworfen sein sollte, so auch die
neue Kollektivität einer Volksgemeinschaft nicht herkömmlichen gesellschaftlichen Gemeinschaftsformen wie Vereinen oder Interessenverbänden. Bezeichnenderweise begrüßten die jungen Rechtsreferendare im
Gemeinschaftslager in Jüterbog den preußischen Justizminister Hanns
Kerrl im August 1933 mit einem selbstgebauten Galgen, an dem ein
Paragraph hing! 13
Exemplarisch verklärte die ehemalige Funktionärin des Bundes
Deutscher Mädel (BDM), Melitta Maschmann, 1933 als Jugendliche
gegen den Willen ihrer rechtskonservativen Eltern in den BDM eingetreten, noch im Rückblick das Lager als antigesellschaftliches Gemeinschaftsmodell: »Unsere Lagergemeinschaft war ein verkleinertes Modell
dessen, was ich mir unter Volksgemeinschaft vorstellte. Sie war ein vollkommen gelungenes Modell. Niemals vorher oder nachher habe ich
eine so gute Gemeinschaft erlebt, auch dort nicht, wo die Zusammensetzung in jeder Beziehung homogener war. Unter uns gab es
Bauernmädchen,Studentinnen, Arbeiterinnen,Verkäuferinnen, Friseusen,
10 Best, Geheime Staatspolizei, zit. nach Ulrich Herbert, Best. Biographische Studien über
Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft, 1903–1989, Bonn 1996, S. 164. Bests Formulierungen wurden in der Folge von anderen Autoren zum Polizeirecht übernommen, vgl. dazu
umfassend Andreas Schwegel, Der Polizeibegriff im NS-Staat. Polizeirecht, juristische Publizistik
und Judikative 1931–1944, Tübingen 2005.
11 Vgl. Andreas Kraas, Lehrerlager 1932–1945. Politische Funktion und pädagogische Gestaltung, Bad Heilbrunn 2004; Folker Schmerbach, Das »Gemeinschaftslager Hanns Kerrl« für Referendare in Jüterbog 1933–1939, Tübingen 2008.
12 Sebastian Haffner, Geschichte eines Deutschen. Die Erinnerungen 1914–1933, München
2002, S. 278–285. Vgl. dazu Thomas Kühne, Kameradschaft. Die Soldaten des nationalsozialistischen Kriegs und das 20. Jahrhundert, Göttingen 2006.
13 Siehe dazu die Fotografie aus dem Bestand des Fotografen Georg Pahl im Bundesarchiv/Bildarchiv Koblenz, Bildsignatur 102-14899.
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Schülerinnen, Büroangestellte usw. Geführt wurde das Lager von einer
ostpreußischen Bauerntochter, die nie über ihre engere Heimat hinausgekommen war. [...] Dass ich dieses Modell einer Volksgemeinschaft
damals mit so intensivem Glücksgefühl erlebt habe, hat einen Optimismus in mir entstehen lassen, an den ich mich bis 1945 eigensinnig
klammerte.« 14
Arbeit avancierte zur zentralen Kategorie. Innerhalb einer von den
Nationalsozialisten geforderten »Volksgemeinschaft« diente Arbeit hingegen als zentrales Praxisfeld von Inklusion der Volksgenossinnen und
Volksgenossen. Zukünftig sollte die Kluft zwischen geistiger und manueller Arbeit, zwischen den »Arbeitern der Stirn« und den »Arbeitern
der Faust«, überwunden werden. In den Inklusionslagern des Reichsarbeitsdienstes, der HJ und anderer Organisationen bildete die von allen
gleichermaßen getane Handarbeit die grundlegende Praxis erlebter Gemeinschaft, die herkömmliche gesellschaftliche Distinktionen nach
Herkunft oder Ausbildung negierte und allein nach der für die Gemeinschaft geleisteten Handarbeit fragte. In den Konzentrationslagern
der frühen NS-Herrschaft stellte Arbeit das entscheidende Erziehungsmittel dar, mit dem sozialistische Politiker, jüdische Professoren und
Publizisten das »wahre« Volksleben kennenlernen sollten, und zugleich
Demütigungsmittel, um, wie es hieß, »Juden endlich das Arbeiten beizubringen«.
Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen – diese utilitaristische
Maxime durchzieht das gesamte rassistische Denken. Arbeitsfähigkeit
als Selektionskriterium entschied in der Volksgemeinschaft im Reich
über die Berechtigung von Wohlfahrtsbezügen und in den Ghettos in
den besetzten Gebieten über Leben und Tod. Nicht Recht oder gar
Barmherzigkeit bildeten die sozialen Parameter, sondern allein der Einsatz für die Optimierung des Volkskörpers, im positiven wie im negativausmerzenden Sinn. Nationalsozialistische Lager sind Ausdruck eines
gesamtgesellschaftlichen Umgestaltungswillens, eines politischen Projekts des sozialrassistischen Umbaus von Gesellschaft.
Deshalb sind die Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe um Nicolas
Wachsmann zur Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager 1933 bis 1939 wichtig, weil entgegen dem alten Stufenmodell, demzufolge zunächst die politischen Oppositionellen und dann rassistisch
sogenannte »Asoziale« und Juden in die Konzentrationslager gebracht
wurden, deutlich wird, dass von Anfang an sich die nationalsozialistischen Konzentrationslager mit Menschen füllten, die nicht allein
wegen ihrer politischen Gesinnung, sondern nach rassenbiologischen
14
Melitta Maschmann, Fazit. Mein Weg in die Hitler-Jugend, München 1979, S. 35f.
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Kriterien selektiert worden waren. Der Begriff der »Asozialität« wurde
zu einer zentralen rassehygienischen Kategorie, noch bevor die Verhaftungsaktion im Juni 1938, bezeichnenderweise unter dem Namen »Aktion Arbeitsscheu im Reich«, diese Verfolgungspraxis evident machte.15
Dennoch stellte der Krieg eine Zäsur dar, denn von an nun wurde
das Lager nicht mehr allein von der SS, sondern von einer Vielzahl ganz
unterschiedlicher Institutionen zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt.
In den eroberten und besetzten Gebieten hatte das Modell Buchenwald
keine Gültigkeit mehr.
Zunächst gab es wieder Kriegsgefangenenlager, die aber keineswegs
der bloßen Internierung gegnerischer Soldaten dienten, sondern dem
Einsatz dieser Männer zur Zwangsarbeit. Angehörige der polnischen
Elite wurden ermordet oder in Konzentrationslager verschleppt; polnische Juden auf dem Land in Ghettos in den nächstgrößeren Orten
beziehungsweise in Ghettos im sogenannten Generalgouvernement deportiert, und dort zur Zwangsarbeit eingesetzt.16 In einem Netz von
Zwangsarbeitslagern waren vermutlich über 200 000 polnische Juden
im Generalgouvernement eingesperrt.17
Nicht zu vergessen die Zehntausende von volksdeutschen Umsiedlern aus dem Baltikum und der Sowjetunion, deren Ansiedlung auf
Höfen, von denen die polnischen Eigentümer vertrieben worden waren,
weit hinter den Planungen der SS zurückblieb und die nun in Lagern
der Volksdeutschen Mittelstelle in den nächsten Jahren bis zu ihrer
Flucht und Vertreibung aus den Ostgebieten 1945/46 lebten.
Mit der Planung des Kriegs gegen die Sowjetunion schossen die
Zahlen für demnächst zu internierende sowjetische Kriegsgefangene in
den polnischen Konzentrationslagern in die Höhe. Das KZ Lublin bei
Majdanek war zunächst im Juli 1941 als Konzentrationslager für 25 000
bis 50 000 Häftlinge geplant, die in den SS-eigenen Werkstätten arbeiten
sollten. Wenige Monate später sollten rund 150 000 sowjetische Kriegsgefangene aufgenommen werden, deren Zahl bis Frühjahr auf 250 000
gesteigert wurde. Auch Auschwitz sollte Kriegsgefangene aufnehmen.
15 Aus dieser Forschungsgruppe geht insbesondere Julia Hörath dieser Spur nach. Vgl. dazu
dies., »Sozialrassistische und kriminalpräventive KZ-Haft in Bayern und Baden 1933–1937/38«,
in: Dominique Schröder/Christiane Hess/Kim Wünschmann (Hrsg.), Kontinuitäten und Brüche.
Neue Perspektiven auf die Geschichte der Konzentrationslager (i. E.); sowie den Band: »Ausgegrenzt. ›Asoziale‹ und ›Kriminelle‹ im nationalsozialistischen Lagersystem« (Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, Bd. 11), hrsg. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Bremen 2009.
16 Michael Alberti, Die Verfolgung und Vernichtung der Juden im Reichsgau Wartheland 1939–
1945, Wiesbaden 2006.
17 Dieter Pohl, »Die großen Zwangsarbeitslager der SS- und Polizeiführer für Juden im Generalgouvernement 1942–1945«, in: Ulrich Herbert/Karin Orth/Chistoph Dieckmann (Hrsg.),
Die nationalsozialistischen Konzentrationslager. Entwicklung und Struktur, Frankfurt am Main
2002, 2 Bde., Band 1, S. 415–438, hier S. 438.
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Im Herbst 1941 ist von einem Kriegsgefangenenlager für 125 000 Männer die Rede, das unweit vom Stammlager auf einem Gelände errichtet
werden sollte, das die Deutschen Birkenau nannten. Als die ersten
sowjetischen Kriegsgefangenen eintrafen, stand dort noch keine einzige
Baracke. Unter großem Druck und immensen Entbehrungen mussten
die Häftlinge die ersten Unterkünfte aus Abbruchmaterialien bauen.
Nur wenige von ihnen überlebten die Tortur, der Bau der Baracken
stockte. Um die zu erwartenden Häftlinge unterzubringen, wusste sich
die SS schließlich nicht anders zu helfen, als mehrere hundert Holzschuppen, die in Fertigbauweise als Pferdeställe für die Wehrmacht
gedacht waren, aufzustellen. Für 52 Pferde waren diese Bauten vorgesehen, in Auschwitz-Birkenau wurden dort bis zu 1000 Menschen zusammengepfercht.18
Die anfänglichen Planungszahlen für die Kriegsgefangenenlager
wurden bei weitem nicht erreicht – vielmehr wurden Millionen gefangene sowjetische Kriegsgefangene in Lagern, die oftmals nicht mehr als
ein von Stacheldraht umzäuntes Stück Erde waren, als »überzählige
Esser« dem Hungertod preisgegeben. Im Mai 1941 hatte eine Versammlung deutscher Staatssekretäre in Berlin kalt notiert: »Der Krieg
ist nur weiterzuführen, wenn die gesamte Wehrmacht im 3. Kriegsjahr
aus Russland ernährt wird. Hierbei werden zweifellos zig Millionen
Menschen verhungern, wenn von uns das für uns Notwendige aus
dem Lande herausgeholt wird.«19 Die sogenannten Stalags und Dulags,
in denen die sowjetischen Kriegsgefangenen sterben sollten, damit
deutsche Soldaten genug zu essen hatten, gehören – wie Buchenwald
und Sachsenhausen – zur Geschichte der nationalsozialistischen Lager.
Bezeichnenderweise waren es sowjetische Kriegsgefangene und kranke
Häftlinge, an denen in Auschwitz im September 1941 erstmals die Wirkung von Zyklon B erprobt wurde.
Lager im Osten konnten durchaus verschiedene Funktionen erfüllen. Die ursprünglich vorgesehene Funktion des KZ Majdanek als Arbeitslager innerhalb eines geplanten riesigen SS-Siedlungs- und -Nachschubkomplexes für die Einheiten der SS und Polizei in der besetzten
Sowjetunion trat nicht in Kraft. 1942 wurden Juden und Polen aus der
Region in dem Lager inhaftiert, 1943 galt es als Konzentrations- und
18 Zu Auschwitz siehe Sybille Steinbacher, »Musterstadt« Auschwitz. Germanisierungspolitik
und Judenmord in Ostoberschlesien, München 2000; Robert Jan van Pelt/Debórah Dwork,
Auschwitz. Von 1270 bis heute, Zürich 1998.
19 Aktennotiz über Ergebnis der heutigen Besprechung mit den Staatssekretären über Barbarossa, 2.5.1941, in: Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Nürnberg 1947, Bd. 31, S. 84 [2718-PS]; vgl. dazu Alex J. Kay, »Germany’s Staatssekretäre, mass starvation, and the meeting of 2 May 1941«, in: Journal of Contemporary History
41 (2006), S. 685–700.
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Arbeitslager für Juden und polnische politische Häftlinge sowie für
die vertriebene Landbevölkerung in Polen und der Sowjetunion. Etwa
57 000 Polen, Ukrainer, Weißrussen und Russen waren in Majdanek
eingesperrt. Der Beschluss, auch das KZ Majdanek in das Massenmordprogramm der »Aktion Reinhard« einzubeziehen, fiel wohl erst Mitte
1942, die ersten großen Vernichtungsaktionen durch Gaskammern begannen im Herbst des Jahres, ihren Höhepunkt erreichten sie im Sommer 1943 mit der Ermordung der Juden aus den Ghettos in Warschau
und Bialystok. Bei der größten Massenerschießung von Juden in Polen,
der »Aktion Erntefest« im November 1943, wurden 17 000 bis 18 000
Menschen in Gräben vor dem Lager erschossen, darunter etwa 8000
Häftlinge aus dem KZ Majdanek selbst. Von der Jahreswende 1943/44
bis zu seiner Auflösung im Frühjahr 1944 erfüllte das Lager vornehmlich die Funktion einer Mordstätte für kranke Häftlinge aus anderen
Konzentrationslagern.20
Hunderttausende von Juden, die die ersten Erschießungsaktionen
in den besetzten sowjetischen Gebieten überlebt hatten, wurden in
Ghettos gesperrt und zur Zwangsarbeit eingesetzt. Diese Zwangsarbeitslager konnten der Wehrmacht wie der Zivilverwaltung oder auch der SS
und Polizei unterstehen. Über ihre Zahl und Geschichte lassen sich bislang immer noch nur Vermutungen anstellen. Für einige große Ghettos
wie in Lodz, Warschau und Riga sind profunde Studien erschienen. 21
Von den Tausenden übrigen wissen wir nach wie vor nur sehr wenig. In
Kaunas zum Beispiel war der Wechsel der Leitung des Ghettos von der
Stadtverwaltung zur SS im Herbst 1943 ein einschneidender, der die
Phase »relativer Stabilität« beendete und zu erneuten Selektionen und
Kasernierungen führte. Einer der Überlebenden des Ghettos Kaunas
nannte in seinen Erinnerungen als vier wichtigste Veränderungen: die
Umwandlung des Ghettos in ein KZ, die Ablösung der SA-Herrschaft
durch die SS, die Abschaffung des Ältestenrates und die Kasernierung,
durch die rund 16 000 Juden des Ghettos gezwungen wurden, in Arbeitslagern zu leben und ihnen damit die Möglichkeiten, durch Kontakte
und Schwarzhandel überlebensnotwendige Nahrungsmittel zu besorgen, einschneidend beschränkt wurden. Die »Kinder- und Altenaktion«’
im März 1944, bei der mehr als 1000 Kinder und 300 alte Menschen
20 Vgl. Tomasz Kranz, »Das KL Lublin – zwischen Planung und Realisierung«, in: Herbert/
Orth/Dieckmann (Hrsg.), Konzentrationslager, Band 1, S. 363–389.
21 Vgl. Andrea Löw, Juden im Getto Litzmannstadt. Lebensbedingungen, Selbstwahrnehmung,
Verhalten, Göttingen 2006; Peter Klein, Die »Gettoverwaltung« Litzmannstadt 1940 bis 1944.
Eine Dienststelle im Spannungsfeld zwischen Kommunalbürokratie und staatlicher Verfolgungspolitik, Hamburg 2009; Yisrael Gutman, The Jews of Warsaw, 1939–1943. Ghetto, Underground, Revolt, Brighton 1982; Andrej Angrick/Peter Klein, Die »Endlösung« in Riga. Ausbeutung und Vernichtung 1941–1944, Darmstadt 2006.
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aus dem Ghetto in die Vernichtungslager Auschwitz und Majdanek
abtransportiert wurden, ist den Überlebenden, obwohl von den Opferzahlen her bei weitem nicht die größte, so doch als die grausamste
Aktion in Erinnerung.22
Die Erkenntnis, dass der »Russlandfeldzug« nicht mehr als »Blitzkrieg« gewonnen werden konnte, hatte entscheidende Auswirkungen auf
die Funktion und Rolle der Lager im Osten. Ein länger andauernder
Krieg gegen die Sowjetunion veränderte die kriegswirtschaftlichen Erfordernisse grundlegend. Waren die Ressourcen bislang auf ein halbes Jahr
verplant, mussten nun Arbeitskräfte, Lebensmittel, Treibstoff, Rohstoffe
etc. für eine längere Kriegsphase organisiert werden. Aus den Kriegsgefangenenlagern, in denen die sowjetischen Soldaten durch Hunger
und Seuchen zugrunde gingen, wurden ab Dezember 1941 sowjetische
Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter ins Reich deportiert. Millionen von
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, die größtenteils mit Gewalt
vor allem aus Russland, der Ukraine und Weißrussland rekrutiert wurden, waren sämtlich in Lagern untergebracht, die vor aller Augen lagen.
Die Lebensbedingungen waren vor allem für diese »Ostarbeiter« katastrophal. Sie wurden wie Arbeitssklaven gehalten, zu Anfang in stacheldrahtumzäunten Lagern mit oftmals notdürftigen Hütten oder gar
Erdlöchern. Zwar wurden Stacheldraht und Bewachung 1942 wieder
aufgegeben, weil die Betriebe wie die Behörden durch sie überfordert
waren. Eine reale Fluchtchance hatten die Zwangsarbeiter ohnehin
nicht. Zu essen gab es dünne Suppen, so genanntes Russenbrot aus
Roggenschrot, Zuckerrübenschnitzeln, Zellmehl und Laub, ungeschälten
Kartoffeln und Kohlrüben. Die Kleidung war zerrissen und im Winter
viel zu dünn; von einer ärztlichen Versorgung kann nicht gesprochen
werden – und das alles bei vielen Stunden schwerer Arbeit am Tag.23
Auch die Zahl der Häftlinge in den von der SS verwalteten Konzentrationslagern stieg immens an – aus demselben Grund, nämlich
um die Häftlinge den Unternehmen als Zwangsarbeiter zu vermieten.
Das Reich war mit einem dichten Netz von Außenlagern der Konzentrationslager und Lagern für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter
überzogen, und es dürfte kaum einen Ort gegeben haben, in dem nicht
ein solches Lager existiert hätte. Allein die Zunahme der Häftlingszahlen in den Außenlagern des KZ Neuengamme von 7829 Männern und
530 Frauen im Juni 1944 auf 21 956 Männer und 5180 Frauen nur vier
Monate später und auf 31 434 Männer und 11 869 Frauen im Februar
22 Christoph Dieckmann, »Das Ghetto und das Konzentrationslager in Kaunas 1941–1944«,
in: Herbert/Orth/Dieckmann (Hrsg.), Konzentrationslager, Band 1, S. 439–471.
23 Siehe insbesondere den informativen Begleitband zur Ausstellung: Zwangsarbeit. Die
Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg, hrsg. von Volkhard Knigge, Rikola-Gunnar Lüttgenau und Jens-Christian Wagner, Weimar 2010.
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1945 zeigt die Dimension dieses Arbeitseinsatzes von KZ-Häftlingen in
der letzten Kriegsphase an. Etwa 400 000 KZ-Häftlinge arbeiteten im
Sommer 1944 in der Rüstungsindustrie.24 »Schon bald nach den ersten
Bombardierungen«, schilderte nach dem Krieg der damals 36-jährige
Emil Pascha aus Düsseldorf, »sah ich häufig, wenn ich mit der Straßenbahn von der Arbeit nach Hause fuhr, eine Kolonne von etwa 30
bis 40 KZ-Häftlingen auf dem Weg zurück ins Lager. Von der Straßenbahn aus habe ich sie gesehen. [...] Wenn man dann mit der überfüllten
Bahn langsam daran vorbeifuhr, sah man zwangsläufig die Gesichter
der Elenden, deren Schädel kurzgeschoren gelblich und bis auf die
Knochen abgemagert waren.« Der damals 13-jährige Egon Bauerett
erlebte im Winter 1943/44 in Köln, wie ein SS-Mann einen Häftling,
der erschöpft zusammengebrochen war, auf offener Straße mit dem
Gewehr erschoss.25
Der Plan einer homogenisierten Volksgemeinschaft hatte sich zum
Kriegsende in sein Gegenteil verkehrt; nie zuvor waren in Deutschland
so viele Ausländer öffentlich präsent wie in den letzten beiden Jahren
des NS-Regimes. Und nie zuvor waren die Grenzen so gewalttätig gezogen. Lager waren nunmehr in Deutschland keine Orte von Strafarbeit
als Erziehung oder nationalsozialistischer Vergemeinschaftung, sondern
Merkmal rassistischer Distinktion. In den Lagern lebten Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge, über die man verfügen, mit denen man Schwarzhandel treiben oder die man bemitleiden konnte, über denen man in
jedem Fall herrschaftlich stand. Herrenmenschen nicht nur als Soldat
und Besatzungsangehöriger in den besetzten Gebieten, sondern auch
im eigenen Land. Ein Stück Generalplan, der die Versklavung von
Millionen Einheimischer zugunsten deutscher Siedler vorsah, war in
diesen Jahren durchaus zu erfahren.
In den sogenannten Arbeitserziehungslagern, die den regionalen
Gestapostellen unterstanden und in denen renitente, auffällig gewordene Zwangsarbeiter strafinterniert wurden, hatte in der Schlussphase
der Krieges die lokale Gestapo das Recht, nach ihrem Gutdünken zu
töten. Tausende von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern wurden
noch in den letzten Kriegswochen ermordet.26
Wenn von nationalsozialistischen Lagern die Rede ist, dann sollte
man die vorgeprägten Bilder von Buchenwald, Dachau, Bergen-Belsen
aufgeben und vielmehr die quantitative wie qualitative Vielzahl von
24 Buggeln, Arbeit & Gewalt, S. 157.
25 Zitate nach Karola Frings, »Sklaven für die Heimatfront«. Kriegsgesellschaft und Konzentrationslager«, in: Jörg Echterkamp (Hrsg.), Die deutsche Kriegsgesellschaft 1939 bis 1945, Bd.
1, München 2004, S. 246–248.
26 Vgl. Gabriele Lotfi, KZ der Gestapo. Arbeitserziehungslager im Dritten Reich, Stuttgart
2000.
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Lagern, die sowohl in den besetzten Gebieten als auch im Reich existierten, wahrnehmen. Kiran Patel hat in einem klugen Aufsatz vom
Janusgesicht der nationalsozialistischen Lager gesprochen, um sowohl
»’ Auslese« wie »Ausmerze«, Inklusions- wie Exklusionslager in den Blick
zu nehmen.27 Nimmt man den hier gebotenen Überblick über die
vielfältigen Funktionen nationalsozialistischer Lager im Nationalsozialismus ernst, dann stünde über eine Ambiguität hinaus die Pluralität
und die alltägliche Praxis von Gemeinschaft und Gewalt der Lager im
Forschungsmittelpunkt. Lager wären demnach nicht allein exterritoriale Orte des Terrors im Ausnahmezustand, sondern vielmehr genuine
Räume nationalsozialistischer Herrschaft und einer Transformationspolitik, die Gesellschaft in Volksgemeinschaft verwandeln will.
27 Kiran Patel, »›Auslese‹ und ›Ausmerze‹. Das Janusgesicht der nationalsozialistischen
Lager«, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 54 (2006), Heft 4, S. 339–365.
Mittelweg 36 4/2011
Summary
Research on the interactions betweenNazi concentration camps and society
has disproved the previously dominant view of these camps as hermetically
sealed-off sites of uncontrolled violence. Recent studies support conceptualization of the camps as a organizational form of Nazi society with its own order
of violence, designed to promote the establishment of the Volksgemeinschaft.
This view applies to the many types of camps, including the early penal camps
that served to »purify the people’s body« or the »inclusion camps« of the Nazi
youth movement and labor service. Work became a central category in all
Nazi camps. The text ends by calling for increased attention to the day-to-day
practices of community and violence as in the camps as a part of the Nazi
politics of transforming German society into the »Volksgemeinschaft«.
86 Funktionswandel der nationalsozialistischen Lager
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