Regel- und Ausgleichsenergiemarkt Gas Modellvorschlag für den deutschen Gasmarkt Christian Hewicker, Dr. Stefanie Kesting, Richard Robinson Internationaler Workshop zum Thema Regel- und Ausgleichsenergiesystem Gas – Internationale Erfahrungen und (nationale) Perspektiven – 1. Oktober 2007, Bonn Experience you can trust. Agenda 1. Einleitung 2. Beschaffung von Regelenergie 3. Bepreisung von Ausgleichsenergie 4. Entwicklungsmöglichkeiten 5. Zusammenfassung 1. Oktober 2007 2 Einleitung Hintergrund und Ziele des Gutachtens • Grundregeln des Netzzugangs im deutschen Gasmarkt durch EnWG, GasNZV und KoV neu ausgestaltet: – Bildung von Bilanzkreisen – Bereitstellung von Ausgleichsenergie • Derzeit sehr teure Bilanzierung / Abrechnung Ausgleichsenergie • Transparentes und diskriminierungsfreies Ausgleichsenergiesystem essentiell für funktionierenden Wettbewerb • Ziel des Gutachtens: Entwicklung eines möglichst marktorientierten Regel- und Ausgleichsenergiemodells, das: – Kompatibel mit dem neuen Netzzugangsmodell der KoV ist, – Den physikalischen Gesetzmäßigkeiten im Gasmarkt Rechnung trägt, – Die Besonderheiten des deutschen Gasmarktes berücksichtigt. 1. Oktober 2007 3 Einleitung Vorschlag klar definierter Begrifflichkeiten Betriebliche Erfordernisse Bilanzielle Abrechnung Regelenergie Ausgleichsenergie Einsatz von Ausgleichsleistungen durch einen Netzbetreiber zum physischen Ausgleich eines Netzes / des MGs im (laufenden) Betrieb Interne Regelenergie Externe Regelenergie Einsatz Netzpuffer und anderer netzseitiger Speichermöglichkeiten Auf Anweisung eines NB von TK / Dritten gelieferte Regelenergie (z.B. Handel, externe Speicher, flexible Einspeisungen, abschaltbare Kunden) 1. Oktober 2007 Differenzmenge zwischen der abzurechnenden aggregierten Ein- und Ausspeisung eines Bilanzkreises je definierter Bilanzperiode 4 Einleitung Ausgleichsenergiesystem - Hintergrund • Ausgleichsenergie in der Praxis unvermeidbar, (vollständiger) Ausgleich durch Transportkunden nicht möglich Æ Notwendigkeit eines Preissystems zur Verrechnung Grundlegender Zielkonflikt Ziel: Anreize zur Vermeidung vorhersagbarer / vermeidbarer Ungleichgewichte Ziel: Keine Bestrafung unvorhergesehener bzw. unausweichlicher Abweichungen • Notwendigkeit ausreichend hoher Ausgleichsenergiepreise • Vermeidung von Arbitrage • „Kauf“ von Ausgleichsenergie, falls PreisAE < PreisGroßhandel • Vorteile ausreichend niedriger Ausgleichsenergiepreise ! • Minimale Benachteiligung kleiner / neuer Lieferanten • Wettbewerbsfördernd • „Verkauf“ von Ausgleichsenergie, falls PreisAE > PreisGroßhandel • Fazit: Ausgleichsenergie (im Mittel) stets „teurer“ als Marktpreis 1. Oktober 2007 • Fazit: Ausgleichsenergiepreis möglichst nah am Marktpreis 5 Bepreisung der Ausgleichsenergie Grundmodell • Bepreisung der Ausgleichsenergie folgt dem Preis für die Beschaffung externer Regelenergie – Unmittelbare Arbitrage zwischen Regel- und Ausgleichsenergie ist damit unterbunden • Zur Vermeidung von Arbitrage gegen den Markt: Geringe Spreizung (d.h. 2 separate Preise) • Beibehaltung von Stundentoleranzen und (geringen) Stundenpönalen – Bezahlung stündlicher Pönalen führt dann nicht mehr zum Abzug der pönalisierten Mengen von der kumulierten Differenz • Täglicher Ausgleich der kumulierten Differenz 1. Oktober 2007 6 Beschaffung von externer Regelenergie Vom Ideal zur Praxis • Ideales Zielmodell – Kombination aus Regelenergiemarkt und Intra-day Handel – Bilanzkreis-Netzbetreiber (BKN) kauft Bedarf an Regelenergie im allgemeinen Intra-day Markt (ggf. spezifisches Produkt) – Ausgleichsenergiepreise basieren auf Preisen bzw. Kosten für tatsächlichen Einsatz Regelenergie bzw. resultierendem Marktpreis • Kernprobleme für deutschen Gasmarkt – Fehlen allgemein anerkannter, „marktgebietsscharfer“ Marktpreise – Fundamentale Unterschiede im Zugang zu kurzfristigen Flexibilitäten für Strukturierung und operativen Bilanzausgleich • Weitere Einschränkungen in der Praxis – Voraussichtlich erhebliche regionale Unterschiede in der Bedeutung unterschiedlicher Regelenergiequellen (interne ⇔ externe Regelenergie) – Fehlen eines (ausreichend liquiden) Intra-day Handels – Konzentration der Anbieterseite 1. Oktober 2007 7 Beschaffung von Regelenergie Eckpunkte des vorgeschlagenen Modells • Zentrale Bereitstellung von Regelenergie durch die Netzbetreiber, unter zentraler Koordination des BKN (marktgebietsaufspannender Netzbetreiber) • Gestaffelter Einsatz von Regelenergie: 1 2 3 Ausschöpfung eigener interner Regelenergie-Quellen Netzbetreiber gleicht eigenes Netz im Rahmen seiner Möglichkeiten aus Austausch interner Regelenergie zwischen Netzbetreibern Gegenseitiger Austausch zwischen Netzbetreibern (inkl. MG-überschreitend) => kostenneutral, d.h. keine Zusatzkosten für Gesamtsystem Beschaffung / Einsatz externer Regelenergie BKN beschafft externe Regelenergie und koordiniert Einsatz Modell gilt grundsätzlich für Vorhaltung und Einsatz Regelenergie (s.u.) 1. Oktober 2007 8 Beschaffung von Regelenergie Austausch interner Regelenergie - Verrechnungsmodell • Grundmodell mit gegenseitigem Austausch von interner Regelenergie bereits in Kooperationsvereinbarung vorgesehen • Zwei Fragen bezüglich der praktischen Ausgestaltung – Gewährleistung des tatsächlichen Einsatzes – Fairer Kostenausgleich zwischen verschiedenen Netzbetreibern • Lösungsvorschlag: Einführung eines zweistufigen Verrechnungsmodells Vorhaltung von interner Regelenergie 1 • Zentral koordinierter Austausch der verfügbaren internen Regelenergie • Interne Vergütung auf Grundlage langfristiger Grenzkosten Einsatz von interner Regelenergie 2 1. Oktober 2007 • Dezentraler Einsatz zwischen benachbarten Netzbetreibern • Interne Vergütung auf Grundlage kurzfristiger Grenzkosten 9 Beschaffung von Regelenergie Beschaffung externer Regelenergie - Rückliefermodell • Erwartung, dass zumindest in einigen Regionen (oder Netzen) zusätzlich externe Regelenergie erforderlich ist • • In vielen Marktgebieten voraussichtlich kein bzw. unzureichender Wettbewerb Vorschlag Rückliefermodell Kontrahierung Speichervorhaltung 1 • BKN kontrahiert „Speicherscheiben“ auf langfristiger Basis (z.B. 1 Jahr) • Vertraglich vereinbarte Vergütung für Vorhaltung (€/MW/a) Einsatz externer Regelenergie 2 1. Oktober 2007 • • • • Freier Einsatz durch BKN (innerhalb festgelegter Grenzen) Anbieter erhält arbeitsabhängige Vergütung für Speicherung BKN schreibt tägliche Nettomenge am Folgetag (D+1) aus Rücklieferung (Tagesband) am übernächsten Tag (D+2) 10 Bepreisung von Ausgleichsenergie Vorschlag Preismodell und Toleranzen • Fokus auf kumulierte / tägliche Abweichung und Preise • Bei Beibehaltung stündlicher und kumulierter Toleranzen – (Geringe) Pönale für Überschreitung Stundentoleranz – Abrechnung kumulierte und tägliche Toleranzen auf Grundlage Arbeitspreise für Regelenergie (separat für Defizit/Überschuss) Stündlich Kumuliert Täglich 1. Oktober 2007 Toleranz Pönale / Ausgleichsenergiepreis Proportional zur gebuchten Leistung Pönale (wenige % Marktpreis) + Sockeltoleranz Proportional zur gebuchten Leistung + Sockeltoleranz Keine Defizit (Überschuss): Maximaler (Minimaler) Marktpreis bzw. Preis für Rücklieferung D, D+2 (ggf. minimale Spreizung) 11 Bepreisung von Ausgleichsenergie Einführung einer Sockel-Toleranz Kumulierte Tolerenz Kumulierte Toleranz Stundentoleranz Stündliche Tolerenz Gebuchte Leistung 1. Oktober 2007 12 Bepreisung von Ausgleichsenergie Kostenneutralität und Transparenz • Vorgeschlagenes Modell führt zu Differenz zwischen Kosten und Erlösen von Regel- und Ausgleichsenergie – Vorrang für Effizienz und Anreizwirkung – Gilt für alle Preissysteme (Ausnahme: mittlerer gewichteter Arbeitspreis) • Umlage der folgenden Kosten / Erlöse auf alle BK – Vorhaltung externer Regelenergie – Verbleibende Kosten / Erlöse aus Einsatz Regelenergie – Verbleibende Kosten / Erlöse aus Verrechnung Ausgleichsenergie • Keine Einbeziehung von Zusatzkosten in Netzentgelte • Ergänzt durch Veröffentlichung der folgenden Informationen (mind.) – Einsatz und Verfügbarkeit interne / externe Regelenergie – Kosten und Erlöse externe Regelenergie (Vorhaltung / Einsatz, Marktgebiet / ortsgebunden), Ausgleichsenergie und Pönalen 1. Oktober 2007 13 Entwicklungsmöglichkeiten Intra-day Markt für (externe) Regelenergie • Vorgeschlagenes Modell kann grundsätzlich durch Einführung zusätzlicher Angebote vor/während des jeweiligen Gastages schrittweise in Richtung eines Intra-day Markts für Regelenergie weiterentwickelt werden – Mögliche Teilnehmer: (1) Anbieter mit freien Flexibilitäten (2) Transportkunden mit sich abzeichnendem Ungleichgewicht (3) abschaltbare Kunden – Erfordert interne Bewertung der zu erwartenden Preise für Rücklieferung (D+2 Handel an der EEX)! • Weitere Alternative: „Market Maker Verträge“ mit einem vorab vereinbarten angemessenen Preis-Spread zwischen positiver und negativer Regelenergie 1. Oktober 2007 14 Entwicklungsmöglichkeiten Bilanzierung und Ausgleichsenergie • Traditionell / International Gashandel auf Tagesbasis, Handel von Stundenprodukten unüblich • Netzpuffer usw. in bestehenden Netzen dient(e) 2 Zielen: – Ausgleich ungeplanter Abweichungen („ungeplante [interne] Regelenergie“) – Profilausgleich („geplante Regelenergie“) • Nachteile stündlicher Abrechnung und individualisierter Netzpuffer – Hohe Komplexität – Suboptimaler Einsatz der vorhandenen Flexibilitäten – Wenig wettbewerbsfreundlich, Zersplitterung der Liquidität • Grundsätzlich erscheint ein Übergang zur Tagesbilanzierung nicht nur technisch möglich, sondern auch wirtschaftlich geboten • Ansatz prinzipiell mit Tagesbilanzierung kompatibel (Nur Anpassung Preissystem für Ausgleichsenergie) 1. Oktober 2007 15 Zusammenfassung Modellvorschlag Regel- und Ausgleichsenergie • Abgestimmtes Modell für Regel- und Ausgleichsenergie • Spezifische Vorteile des vorgeschlagenen Modells – Setzt Anreize für korrekte Planung und vermeidet Arbitrage – Vermeidet übermäßige Pönalen für unvermeidbare Abweichungen – Erschwert Manipulation von Preisen für Regel- und Ausgleichsenergie – Kann Liquidität in kleinen Marktgebieten erhöhen – Sowohl für stündliche als auch für tägliche Bilanzierung geeignet 1. Oktober 2007 16 Herzlichen Dank! Christian Hewicker Dr. Stefanie Kesting Richard Robinson Managing Consultant Senior Consultant Director [email protected] [email protected] [email protected] KEMA Consulting GmbH Kurt-Schumacher-Str. 8 53113 Bonn Tel. 0228 44 690 – 00 Fax 0228 44 690 - 99 TPA Solutions Ltd 84 Whitemoor Dr., Solihull, B90 4UL, United Kingdom +44 (0) 121 745 8731 Experience you can trust. Bepreisung von Ausgleichsenergie Fokus auf kumulierte / tägliche Abweichung und Preise • Abruf externer Regelenergie von mehreren Faktoren abhängig – Momentanes und erwartetes Ungleichgewicht des Marktgebiets – Bisheriger Einsatz interne Regelenergie • Ausschlaggebend ist primär Höhe der kumulierten Abweichung • Vorteile einer Preisbildung auf Grundlage der täglichen Kosten – Vermeidet gaswirtschaftlich nicht relevante kurzfristige Preisausschläge – Ermöglicht weitgehende Optimierung des Regelenergieeinsatzes Quelle: AGGM, AGCS (14. – 17. Februar 2007) Änderung interne Regelenergie Einsatz externe Regelenergie 0h 1. Oktober 2007 12 h 0h 12 h 0h 12 h 0h 12 h 18