VITAMIN D UND SEINE BEDEUTUNG FÜR

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Sonntag, 3. März 2013
3. Vortrag
VITAMIN D UND SEINE BEDEUTUNG
FÜR HERZKREISLAUFERKRANKUNGEN
Priv.-Doz. Dr. Karin Amrein
Universitätsklinik für Innere Medizin
Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel
Auenbruggerplatz 15
8036 Graz
E-Mail: [email protected]
Vitamin D und seine Bedeutung für Herz-Kreislauferkrankungen
Einleitung
Vitamin D hat in den letzten Jahren eine wahre Renaissance erlebt, da einerseits ein Vitamin
D-Mangel aus verschiedenen Gründen auch bei Gesunden häufig ist und andererseits Vitamin
D neben seinen altbekannten Wirkungen auf den Kalziumhaushalt auch weitere interessante
pleiotrope Wirkungen hat, unter anderem auf das Herz-Kreislaufsystem (Abbildung 1).
Vitamin D ist kein klassisches Vitamin, da es bei ausreichender Sonnenlichtexposition vom
Körper selbst gebildet werden kann und die Zufuhr über Nahrungsmittel wie verschiedene
Fische, Pilze oder Eier nur eine untergeordnete Rolle spielt. Im Winter und bei Verwendung
einer Sonnencreme ist die Vitamin D-Produktion drastisch reduziert.
Vitamin D wirkt über dem Vitamin D-Rezeptor, der die Transkription vieler Gene reguliert.
Des Weiteren ist erwähnenswert, dass neben der Niere, die das zirkulierende aktive Vitamin
D (Calcitriol) produziert, viele weitere Zelltypen das Enzym 1-α-Hydroxylase besitzen, um
Vitamin D auf zellulärer Ebene zu aktivieren.
Definition Vitamin D-Mangel
Die derzeit geläufigste, aber nicht einzige Definition für einen Vitamin D-Mangel ist in
Tabelle 1 abgebildet. Ein ausgeprägter Vitamin D-Mangel, der zu schweren
Skelettmineralisationsstörungen führen kann (bei Kindern Rachitis, bei Erwachseneren
Osteomalazie) liegt im einstelligen ng/ml-Bereich vor.
Prävalenz Vitamin D-Mangel bei Kindern, gesunden Erwachsenen, Chronisch
Kranken
Ein Vitamin D – Mangel ist sehr häufig, dies vermutlich in erster Linie lebensstilbedingt durch
immer weniger Aktivitäten im Freien sowie vermehrten, teils vielleicht sogar übertriebenen
Sonnenschutz. Bei Kindern konnte eine deutsche Forschungsgruppe zeigen, dass nach dem
ersten Lebensjahr (und damit meist Stopp der Vitamin D-Prophylaxe) bei fast allen
Altersgruppen mehr als die Hälfte der Kinder Vitamin D-Spiegel von < 20ng/ml aufwiesen.
Bei Kindern mit Migrationshintergrund war dies sogar noch eklatanter. In Graz wissen wir aus
eigenen Daten, dass weniger als 40% gesunder BlutspenderInnen einen normalen Vitamin D
Spiegel haben. Bei Kritisch Kranken weisen 60 bis 100% einen Vitamin D-Mangel auf.
Vitamin D, Herz-Kreislauf-Erkrankungen & Mortalität
Insbesondere ein schwerer Vitamin D-Mangel ist mit kardiovaskulären Ereignissen und
kardiovaskulären Risikofaktoren eindeutig assoziiert. Einige Studien mit primär
muskuloskelettalen Endpunkten und bis zu 36.000 TeilnehmerInnen konnten bisher jedoch
keinen Benefit einer Vitamin D-Gabe zeigen.
Es gibt mittlerweile auch viele große Beobachtungsstudien, die den klaren Zusammenhang
zwischen erniedrigtem Vitamin D-Spiegeln und erhöhter Mortalität berichten (sowohl
kardiovaskulärer wie auch anderer Ätiologien). Unklar ist nach wie vor, ob es sich tatsächlich
um einen kausalen Zusammenhang handelt oder Vitamin D nur ein Marker für den
Schweregrad der Mobilitätseinschränkung bzw. der Erkrankung ist.
Ein Cochrane Review konnte einen Überlebensvorteil von absolut 6% unter CholecalciferolSupplementierung zeigen, allerdings hauptsächlich bei älteren Frauen in Osteoporosestudien,
sodass dieser Effekt auch über Frakturprävention erklärbar sein könnte.
Vitamin D Präparate und Verabreichung
In Österreich ist Vitamin D derzeit als Cholecalciferol (Vitamin D3) in Multivitaminpräparaten
(üblicherweise mit etwa 200-400 IU pro Tablette), in Kalzium-Vitamin-D-Präparaten (meist
400 IU pro Tablette) und in Tropfenform (400 IU pro Tropfen) erhältlich. Die aktive Form
Calcitriol ist nur in seltenen Fällen (z.B. bei schwerer Niereninsuffizienz) indiziert und
überdies sehr teuer. Grundsätzlich kann Vitamin D täglich oder auch wöchentlich verabreicht
werden, Megadosen und lange Intervalle von > 4 Wochen sind in der Regel nicht sinnvoll.
Ausblick, offene Fragen und Zusammenfassung
Ein Vitamin D – Mangel ist bei Gesunden und insbesondere bei Chronisch Kranken häufig. Es
besteht eine klare Assoziation mit erhöhter Mortalität, kardiovaskulären Ereignissen und
Risikofaktoren. Derzeit gibt es jedoch zu wenig Evidenz für eine Vitamin D
Supplementation
in
der
zur
Primäroder
Sekundärprophylaxe
bei
Herzkreislauferkrankungen. Einige adäquat große, prospektive randomisiert-kontrollierte
Studien mit geplant bis zu 20,000 TeilnehmerInnen laufen derzeit in verschiedenen Ländern
und Resultate werden in den nächsten Jahren erwartet.
Ein 25(OH)D-Spiegel von mind. 20 ng/mL ist jedenfalls für eine optimale
muskuloskelettale Gesundheit sinnvoll. Einige Experten fordern höhere Zielspiegel,
insbesondere für Risikopopulationen, jedoch ist die Datenlage dafür nicht eindeutig. Wie
bereits von mehreren Fachgesellschaften empfohlen, ist bei Kindern und älteren Menschen
eine Supplementierung mit täglich 400-800 IE Cholecalciferol indiziert, insbesondere bei
eingeschränkter Mobilität sowie erhöhter Frakturgefährdung.
Abb. 1: Vitamin D wird über Nahrung, Supplemente oder UVB-Exposition aufgenommen. Es
hat endokrine Effekte, die über das zirkulierende aktive Vitamin D (Calcitriol; 1,25(OH)D)
vermittelt werden und autokrine Effekte, die in vielen Geweben intrazellulär stattfinden
(reproduziert mit freundlicher Erlaubnis von Univ.Prof.Dr. Harald Dobnig).
Mangel
< 20ng/ml
<50nmol/L
Insuffizienz
20-30ng/ml
50-75nmol/L
Normal
>30ng/ml
>75nmol/L
Tabelle 1: Definition Vitamin D Mangel (Holick New England Journal of Medicine 2007)
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