18 Stromregelung selbstgeführter Wechselrichter Übungsziele: • Arbeitsweise von selbstgeführten B2-Brücken mit Phasenstromregelung • Arbeitsweise von selbstgeführten B6-Brücken mit Phasenstromregelung Übungsdateien: SIMPLORER: 18.1 sb2rlzwpkt_ m.ssh; sb6rlzwpkt_m.ssh Zweipunktregelung der B2-Brücke Der Phasenstrom der B2-Brücke wird in einem Toleranzband der Breite Delta geschaltet, das symmetrisch um einen sinusförmigen Sollwert liegt. Ein Hysteresekomparator schaltet die Ventile um, sobald der Strom die Bandgrenzen erreicht. Die Differenz zwischen Sollwert und Istwert entspricht dem Verzerrungsanteil des Stromes, der auch eventuelle Abweichungen der Grundschwingung mit einschließt. Der Verzerrungsstrom ist in Bild 18.4 gezeichnet. Die Grundschwingung der Ausgangsspannung stellt sich den Lastverhältnissen nach Betrag und Phase entsprechend ein. i t Bild 18.1: Ausschnitt aus dem Phasenstrom Grundsätzliche Eigenschaften: • Im Gegensatz zu den Verfahren der Spannungssteuerung ist bei der Stromsteuerung der Verzerrungsanteil des Phasenstroms unabhängig vom Arbeitspunkt des Stromrichters. Seine Scheitelwerte und Effektivwerte lassen sich in Abhängigkeit von der Toleranzbandbreite nach Gleichung (18.1) angeben. Für die Berechnung des Effektivwertes wird Linearität zwischen den Berührungspunkten des Toleranzbandes angenommen. ) Delta I verz = 2 I verz eff = Delta 2 3 (18.1) 18.1 Zweipunktregelung der B2-Brücke 281 • Im Gegensatz zu den spannungssteuernden Verfahren kann die Schaltfrequenz nicht vorgegeben werden. Sie stellt sich von selbst ein und verändert sich laufend innerhalb einer Grundperiode. Die Stromsteuerung ist asynchron. In diesem Fall besteht das Frequenzspektrum nicht nur aus ganzzahligen Harmonischen der Grundschwingung. Es treten zusätzlich noch Zwischen- und Subharmonische auf. 18.1.1 Simulation der Einphasenbrücke mit SIMPLORER Die Zweipunktregelung wird an einem Beispiel mit der Datei sb2rlzwpkt_m.ssh erklärt. Der Strom schaltet in Bild 18.2 zwischen den Toleranzgrenzen Delta = 0,2 um. Der sinusförmige Sollwert hat die Amplitude Ampl = 80 A. Seine Vorgabe hängt von der Einstellung der Lastwerte am Widerstand R und der Induktivität L ab. In Bild 18.3 schwingt der Laststrom zwischen der oberen und unteren Grenze des Toleranzbandes um den Sollwert. Der Strom erreicht die Toleranzgrenze und schalteten dann um. Seine Frequenz hängt von der Breite des Toleranzbandes und der Vorgabe des Sollwertes ab, wie in Bild 18.3 und Bild 18.4 gezeigt wird. Die momentane Frequenz f mom ändert sich zu jedem Zeitpunkt. Berechnet man über einer Grundperiode eine mittlere Schaltfrequenz f S, dann gilt für das Frequenzverhältnis mit dem Modulationsgrad M: fS ð Ud M2 1 − = f1 2ω1 L Delta 2 (18.2) Bild 18.2: Zweipunktregelung der B2-Schaltung Bei der Frequenzanalyse ergeben sich verdichtete Linienspektren, die sich mit zunehmender Aussteuerung über das gesamte Frequenzspektrum ausdehnen, während sich die Amplituden verkleinern. Es ergibt sich ein typisches Frequenzband asynchroner Steuerung. 282 18 Stromregelung selbstgeführter Wechselrichter Weiterhin kann der Phasenstrom in Abhängigkeit von einer Gegenspannung untersucht werden. Der Phasenstrom lässt sich mit dem Zweipunktregler sehr schnell regeln. Sobald der Strom das Toleranzband verlassen will, wird er mit maximaler Geschwindigkeit ins Band zurückbewegt. Bild 18.3: Laststrom und Spannung der B2-Brücke Bild 18.4: Verzerrungsstrom der B2-Brücke ohne Sollwert 18.2 Zweipunktregelung der B6-Brücke Jede Phase des dreiphasigen, selbstgeführten Stromrichters wird mit je einem Zweipunktregler ausgestattet. Wäre der Nullwert des Spannungszwischenkreises mit dem Sternpunkt N verbunden, so würden sich die drei Regler wie einphasige Zweipunktregler verhalten. Da Nullpunkt und Sternpunkt in Bild 18.5 nicht ver- 18.2 Zweipunktregelung der B6-Brücke 283 bunden sind, beeinflussen sich die Phasen gegenseitig, da jede Phasenspannung von allen drei Schaltzuständen abhängig ist. Da bei elektrischen Maschinen die Sternpunkte meist nicht zugänglich sind, entspricht diese Schaltung der Realität. Bild 18.5: Zweipunktregelung der B6-Brücke 18.2.1 Simulation der Dreiphasenbrücke mit SIMPLORER In Bild 18.6 sind die drei Phasenströme mit ihren Grenzen und dem sinusförmigen Sollwert sowie eine Phasenspannung dargestellt. Die Sollwertamplitude ist mit Ampl = 50 A vorgegeben. Das Toleranzband hat die Breite Delta = 20 % der Sollwertamplitude. Der Modulationsgrad ist M = 0.8. Man kann aus den Beispielen folgende Besonderheiten erkennen: • Der Phasenstrom nutzt nicht immer das gesamte Toleranzband aus. Die Schalthandlungen in den anderen Brückenzweigen beeinflussen sich und können auch die Steigung der Momentanwerte umkehren. • Schon beim einphasigen Zweipunktregler tritt die kleinste momentane Schaltfrequenz dort auf, wo die Ströme durch Null gehen. Dieser Effekt wird verstärkt, da zur gle ichen Zeit die anderen Brückenzweige größere Schaltaktivität aufweisen. • Der Strom geht über das Toleranzband hinaus. Er erreicht den Rand und kann ihn sogar überschreiten, obwohl der entsprechende Brückenzweig schon entgegengesetzt geschaltet hat. Erst das Schalten eines anderen Brückenzweiges verringert wieder den Stromfehler. 284 18 Stromregelung selbstgeführter Wechselrichter • Die Grundschwingung der Phasenspannung stellt sich zwar auf den richtigen Wert ein. Es werden aber nicht immer die günstigsten Schaltniveaus verwendet. Dadurch schwingt der Phasenstrom manchmal nicht mit der kleinsten möglichen Schaltfrequenz. Bild 18.6: Laststrom und Spannung der B6-Brücke Bild 18.7: Verzerrungsstrom einer Phase der B6-Brücke ohne Sollwert Die Verläufe der mittleren Schaltfrequenz f S in Anhängigkeit der Modulation M können nicht mehr wie beim Zweipunktregler nach Gleichung (18.2) berechnet werden. Diese Frequenz und die Effektivwerte können nur experimentell ermittelt werden. 18.2 Zweipunktregelung der B6-Brücke 285 Allgemeine Aussagen über die Schaltfrequenz: • Die Schaltfrequenzen können bezogen auf eine Grundperiode stark variieren. • Einer Verdopplung des Toleranzbandes folgt näherungsweise die Halbierung der Schaltfrequenz und entsprechend eine Verdopplung des Verzerrungsstroms. • Die Schaltfrequenz ist im Bereich der Modulation 0,6 < M < 1 ähnlich dem der einphasigen Zweipunktregelung mit doppeltem Toleranzband. • Obwohl die Phasenströme nicht streng von einer Bandgrenze zur anderen schwingen, kann der Effektivwert weiterhin mit der Näherungsformel Gle ichung (18.1) berechnet werden. Die tatsächlichen Werte sind nur etwas größer. • Der dreiphasige Zweipunktregler ergibt keine exakt symmetrischen Verhältnisse in den drei Phasen. Im Mit tel stellen sich für alle Schalter dieselben Schaltfrequenzen und Effektivwerte ein. 18.2.2 Grenzzyklus bei niedrigen Modulationen Bei niedrigen Aussteuerungen gelten diese Aussagen nicht mehr. Es kann zeitweise der sogenannte Grenzzyklus auftreten, bei dem die Brückenzweige genau abwechselnd schalten. In Bild 18.8 und Bild 18.9 sind allein der Verzerrungsstrom und die Phasenspannung bei M = 0,1 aufgenommen. Die Zeitintervalle, in denen die Grenzzyklen auftreten, sind an den hohen Spannungsamplituden und der großen Frequenz erkennbar. Mit der Annahme, dass die Zyklen mit äquidistanten Schaltflanken behaftet sind (Bild 18.10) folgt die maximale Schaltfrequenz der Instabilität zu: f mom f mom max max = 2U d 9 Delta L (18.3) ist die größte momentane Schaltfrequenz, die möglich ist. In den Grenzzyklen arbeitet die Stromregelung instabil. Die Anzahl der Zyklen und ihre Folge tritt zufällig auf. Sie bestimmen bei kleiner Modulation maßgebend die mittlere Schaltfrequenz. Mit zunehmender Aussteuerung werden die Grenzzyklen seltener und verschwinden bei M > 0,4 vollständig. Die unnötig hohe Schaltfrequenz bei kleiner Modulation kann in der Praxis durch verschiedene Maßnahmen vermieden werden. Die Zweipunktregler werden im Bereich der maximalen Aussteuerung während einer sechstel Periode festgehalten. Es sind dann während dieser Zeit nur zwei Regler im Einsatz. Es treten dabei aber größere Toleranzbandverletzungen auf, was zu einem höheren Effektivwert des Verzerrungsstroms führt. 286 18 Stromregelung selbstgeführter Wechselrichter Durch Einführen einer minimalen Ein- und Ausschaltzeit wird die momentane Schaltfrequenz auf einen Wert begrenzt, der kleiner als f ins max ist. Bild 18.8: Grenzzyklus bei niedriger Aussteuerung Bild 18.9: Ausschnitt Grenzzyklus bei niedriger Aussteuerung Bild 18.10: Grenzzyklen mit äquidistanten Schaltflanken