Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Neues Museum DE Geschichte des alten Ägypten In den letzten 150 Jahren ist es der ägyptologischen Forschung gelungen, die mehr als drei Jahrtausende ägyptischer Geschichte (ca. 3000 v. Chr. bis 300 n. Chr.) mit ihren zahlreichen Herrschern erstaunlich genau zu erfassen. Grundlage für die heute gebräuchliche Einteilung der Epochen bilden zum einen die Schriften griechischer Historiker, allen voran das nur auszugsweise und sekundär überlieferte Werk des Ägypters Manetho (3. Jh. v. Chr.). Als Priester am Tempel von Heliopolis konnte Manetho offensichtlich eine oder mehrere dort aufbewahrte Königslisten einsehen. Auf dieser Basis verfasste er auf Griechisch eine Geschichte Ägyptens von den mythischen Anfängen bis zur Eroberung durch die Perser, wobei er die Herrscher in insgesamt 31 Dynastien unterteilte. Den größten Teil unserer Kenntnisse verdanken wir jedoch den Funden aus ägyptischen Gräbern und Tempeln. Von herausragender Bedeutung sind dabei die „Königslisten“, wie sie z.B. auf dem Palermostein, im Papyrus Turin und den Opferlisten aus Saqqara, Abydos und Karnak erhalten sind. Durch die Auswertung einer Fülle von Inschriften, in denen Name und Regierungsjahr des jeweiligen Pharaos genannt werden, konnten diese – unvollständigen – Listen ergänzt werden, so dass heute Abfolge und Regierungsdauer der meisten Könige gut bekannt sind und die Epochen wie folgt eingeteilt werden: Prädynastische Zeit 0. Dynastie ca. 5000-3032 v. Chr. Frühzeit 1.-2. Dynastie ca. 3032-2707 v. Chr. Altes Reich 3.-8. Dynastie ca. 2707-2202 v. Chr. Erste Zwischenzeit 9.-11. Dynastie ca. 2202-2014 v. Chr. Mittleres Reich 11.-12. Dynastie ca. 2057-1795 v. Chr. Zweite Zwischenzeit 13.-17. Dynastie ca. 1794-1550 v. Chr. Neues Reich 18.-20. Dynastie 1550-1070 v. Chr. Dritte Zwischenzeit 21.-25. Dynastie 1070-664 v. Chr. Spätzeit 26.-31. Dynastie 664-332 v. Chr. Griechisch-Römische Zeit 332 v. Chr.–395. n. Chr. Prädynastische Zeit In Ober- und Unterägypten entstehen an verschiedenen Orten sesshafte Kulturen, deren landwirtschaftliche und handwerkliche Aktivitäten uns gut bekannt sind. Gegen Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. treten die ersten namentlich bekannten Könige auf, die einer „0. Dynastie“ zugerechnet werden. Die Anfänge der Hieroglyphenschrift werden in Form von Plättchen und Siegeln sichtbar, die unter anderem mit Königsnamen beschriftet sind. Frühzeit Unter der Führung von Oberägypten werden die beiden Landesteile allmählich vereinigt. Die Könige der ersten beiden Dynastien, deren Machtbereich sich von Assuan bis zum Nildelta erstreckt, errichten bereits monumentale Grabbauten. In dieser Zeit bildet sich der ägyptische Staat mit seinem Beamtenapparat heraus. Die Notwendigkeit, eine zentrale Verwaltung zu organisieren, führt zu einer raschen Weiterentwicklung der Hieroglyphenschrift. Handelsverbindungen reichen bis in das syrisch-libanesische Gebiet. Altes Reich Das Alte Reich ist die erste große kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit Ägyptens. Nahe der Hauptstadt Memphis entsteht in der 3. Dynastie der erste monumentale Steinbau: Die Stufenpyramide des Djoser. In der vierten Dynastie erlebt der Pyramidenbau seinen Höhepunkt, verbunden mit den Namen der Könige Snofru, Cheops, Chephren und Mykerinos. Während der 5. Dynastie gewinnt der Kult des Sonnengottes Re an Bedeutung, in Abusir werden spezielle Sonnenheiligtümer errichtet. Der Einfluss Ägyptens reicht jetzt bis nach Unternubien. Die Schrift ist so weit entwickelt, dass auch längere Texte verfasst werden. Der älteste zusammenhängende Text ist die Biographie des Beamten Metjen in seiner Kultkammer (siehe Raum 108/ Ewiges Leben). Erste Zwischenzeit Geschwächt durch wirtschaftliche Schwierigkeiten, die politische und soziale Unruhen bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen nach sich ziehen, zerfällt Ägypten im Laufe der Ersten Zwischenzeit in zwei Herrschaftsbereiche. Während die Könige der 9. und 10. Dynastie mit Sitz in Herakleopolis im Norden des Landes nur wenig politischen Einfluss haben, übernimmt in Theben eine Gaufürstenfamilie die Macht, die später als 11. Dynastie in die Annalen eingeht. Obgleich die Bildende Kunst vergleichsweise beschei- Text: Vera Blumenthal Gesamtherstellung: Besucher-Dienste Staatliche Museen zu Berlin © 2009 Stiftung Preußischer Kulturbesitz dene Züge aufweist, erlebt die Literatur eine Blüte. Zahlreiche bedeutende Schriften wie die „Lehre für Merikare“ und die „Klagen des Bauern“ (siehe Raum 211/Bibliothek der Antike) setzen sich mit den gesellschaftlichen Zuständen dieser Epoche auseinander. Zweite Zwischenzeit Wie in der Ersten Zwischenzeit, regieren auch jetzt mehrere Dynastien parallel. Nordägypten wird von den Hyksos erobert, die aus dem Nahen Osten stammen und ihre Residenz in Awaris im Nildelta errichten. Von Theben aus kämpfen die Könige der 17. Dynastie über mehrere Generationen gegen die „Fremdherrscher“ und für die erneute Vereinigung von Ober- und Unterägypten. Generationen zum bedeutendsten Imperium der damals bekannten Welt. Unter Thutmosis III. reicht der ägyptische Einfluss vom Gebel Barkal am 5. Nilkatarakt im heutigen Sudan bis zum Fluss Orontes in Vorderasien. Seine Vorgängerin, Königin Hatschepsut, ist mit einer Regierungszeit von mehr als 20 Jahren die am besten dokumentierte Frau auf dem Pharaonenthron. In die 18. Dynastie fällt auch die berühmte „Amarna-Zeit“: Während seiner 17jährigen Regierung ändert König Amenophis IV. seinen Namen in Echnaton, gründet in Mittelägypten eine neue Hauptstadt namens Achet-Aton und versucht den Kult des Sonnengottes Aton als Staatsreligion zu etablieren. Seit Beginn des Neuen Reiches werden die Gräber der Pharaonen in dem am Westufer des Nils gegenüber Theben gelegenen Tal der Könige angelegt. Durch sein 1922 unversehrt entdecktes Grab wurde der sonst eher unbedeutende König Tutanchamun berühmt. In der 19. Dynastie können Sethos I. und sein Sohn Ramses II. den zwischenzeitlich verloren gegangenen ägyptischen Einfluss in Vorderasien wiederherstellen. Nach der Schlacht von Qadesch schließt Ramses II. mit dem Hethiterreich den ersten schriftlich überlieferten Friedensvertrag der Weltgeschichte. Während der 20. Dynastie brechen sämtliche Reiche Vorderasiens unter dem Ansturm der „Seevölker“ zusammen, einzig Ägypten kann von Ramses III. erfolgreich verteidigt werden. Das Neue Reich endet mit schweren wirtschaftlichen und politischen Problemen. Neues Reich Das etwa 500 Jahre währende Neue Reich ist durch eine Fülle von Zeugnissen erheblich besser dokumentiert als die vorangegangenen Zeiten. Zu Beginn der 18. Dynastie ist die nationale Einheit wieder hergestellt und Ägypten entwickelt sich innerhalb weniger Dritte Zwischenzeit Ägypten zerfällt in mehrere kleine, relativ machtlose Königreiche. Hauptstadt der 21. Dynastie ist Tanis im Delta, während sich in Theben unter dem zunehmenden Einfluss der Priesterschaft des Amun ein „Gottesstaat“ herausbildet. Die Könige der 22. bis Mittleres Reich Mitte der 11. Dynastie kann Mentuhotep II. die Herrscher von Herakleopolis besiegen und beide Landesteile vereinigen. Damit beginnt wiederum eine Phase politischer, wirtschaftlicher und sozialer Stabilität. Das Mittlere Reich gilt als der Höhepunkt der ägyptischen Kunst schlechthin. Auch die Blüte der Literatur setzt sich fort und auf dem Gebiet der Mathematik und Medizin sind erhebliche Fortschritte zu verzeichnen. In der 12. Dynastie, die von den Königen mit den Namen Amenemhet und Sesostris geprägt wird, wird die Residenz von Theben in die Nähe des Fayums verlegt und der ägyptische Machtbereich, insbesondere nach Süden, erheblich ausgedehnt. 24. Dynastie sind Abkömmlinge libyscher Militärführer und bilden ein eigenes Machtzentrum im Delta. Im 8. Jahrhundert. v. Chr. regieren die Könige von Napata im Sudan als 25. Dynastie über Ägypten. Die „Kuschitenherrschaft“ endet mit der Eroberung Ägyptens durch den Assyrer Assurbanipal. Spätzeit Dem ersten König der 26. Dynastie, Psammetich I., gelingt es, sowohl die kuschitische als auch die assyrische Vorherrschaft abzuschütteln und die politische Situation zu stabilisieren. Der wirtschaftliche Aufschwung ist nicht zuletzt griechischen Kaufleuten zu verdanken, die mit ausdrücklicher Billigung des Pharaos ein bedeutendes Handelszentrum in der Stadt Naukratis errichten. Nach dieser späten Blüte wird Ägypten von den Persern erobert, so dass die 27. Dynastie als Erste Perserzeit in die Annalen eingeht. Von der 28. bis zur 30. Dynastie regieren die letzten einheimischen Herrscher, in der 31. und letzten Dynastie wird Ägypten wiederum von Artaxerxes III. erobert und fest in das persische Großreich eingebunden. Griechisch-Römische Zeit 332 v. Chr. erobert Alexander der Große Ägypten, wird von den Ägyptern als Befreier von der Perserherrschaft begrüßt und zum Pharao gekrönt. Während seines Aufenthaltes gründet er die Stadt Alexandria. Nach Alexanders Tod fällt Ägypten an seinen Gefolgsmann Ptolemaios, dessen Nachkommen für drei Jahrhunderte über das Land herrschen. 30 v. Chr. wird Ägypten römische Provinz, so dass seit Augustus die römischen Kaiser in Ägypten als legitime Pharaonen geführt werden. Ab ca. 300 n. Chr. breitet sich verstärkt das Christentum aus und 395 n. Chr. fällt Ägypten an Byzanz.