Johannes Gutenberg-Universität Mainz Geographisches Institut Projektstudie: Klimaökologie und Klimawandel am Aletsch- und am Rhonegletscher im Wallis/Südschweiz, SoSe 2006 Leiter: Prof. Dr. Hans Fuchs Referentinnen: Verena Bonnard und Sandra Klee Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ........................................................................................................... 2 2 Geologische und Tektonische Einflüsse auf das Gebiet Wallis.................... 2 2.1 Basics zu den Alpen..................................................................................... 2 2.1.1 Entstehung ............................................................................................ 2 2.1.2 Penninische Decken ............................................................................. 4 2.1.3 Flysch.................................................................................................... 5 2.1.4 Prozesse ............................................................................................... 5 2.2 Das Zentralmassiv........................................................................................ 6 2.2.1 3 4 Der Zentrale Aaregranit......................................................................... 7 Von der Theorie zur Praxis: Unser Untersuchungsgebiet mit Fokus auf den Aletsch.................................................................................................................8 3.1 Geologischer Überblick ................................................................................ 8 3.2 Effekte auf die Morphologie und Vergletscherung........................................ 9 3.3 Das „ewige Eis“? Gletschervorstöße und -rückgänge .................................10 3.3.1 Aletschhorn ..........................................................................................11 3.3.2 Der Aletschwald ...................................................................................14 3.3.2 Übersicht der Vor- und Rückstöße .......................................................15 Schlußwort: Lage und Begrenzung ................................................................21 Literaturverzeichnis .........................................................................................23 Anhang ..............................................................................................................25 Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 1 Einleitung Der Große Aletschgletscher ist der größte Alpengletscher. Er weist ein gewaltiges Nährgebiet auf und endet in der Massaschlucht, einem engen, steilwandigen Taleinschnitt auf 1518 m ü.N.N. Der Abfluss des Großen Aletsch wird ebenfalls Massa genannt und mündet nach kurzer Fließzeit in den Stausee ‚Gibidum’ und fließt danach weiter talwärts Richtung Rotten (Holzhauser 1984: 29). Im Norden begrenzt die Kammlinie Mittaghorn (3897m), Jungfrau (4158m), Mönch (4099m), Fiescherhorn (4049m), Finsteraarhorn (4274m) und Oberaarhorn (3637m) das Nährgebiet des Fiescher- als auch des Großen Aletschgletschers (Holzhauser 1984: 29). Da sich die Arbeiten von Holzhauser (1984) und Wipf (1999) in Bezug auf Geologie und Tektonik auf Labhart (1977) stützen, werden sich die Punkte unter 2. direkt auf sein Werk „Geologie der Schweiz (2001)“ beziehen um auch neuere Erkenntnisse sogleich mit einzubeziehen. Für den spezielleren Überblick über das Aletschgebiet werden dann aber besonders die Arbeiten von Holzhauser (1984) und Wipf (1999) Beachtung finden, da diese sich besonders auf das Untersuchungsgebiet konzentrieren. 2 Geologische und Tektonische Einflüsse auf das Gebiet Wallis mit dem Aletschgletscher 2.1 Basics zu den Alpen Im Alpenbogen, der sich von Nizza bis Wien erstreckt, sind die Schweizer Alpen der zentrale und höchstgelegene Sektor. Sie weisen nicht nur die typischen Elemente des Hochgebirgsreliefs auf, wie markante Bergketten, Gipfel und tief eingeschnittene Täler, sondern auch eine beachtliche Vergletscherung (Labhart 2001: 53). Der längste Gletscher der Alpen ist mit rund 24 km der Aletschgletscher. Um diesen in seinen physisch-geographischen Aspekten zu verstehen, sind ein paar grundlegende geologische und tektonische Prozesse zu erklären, um so zu einem runden Bild über den Aletsch zu kommen. Wegen der großen Höhendifferenzierung ist die Abtragung in den Alpen sehr intensiv. Durch eine stetige Hebung des Gebirgskörpers wird diese aber nahezu ausgeglichen. Die Alpen gehören zeitlich gesehen zu den jungen Faltengebirgen der Erde und sind am Ende der Kreidezeit und im Tertiär entstanden (Labhart 2001: 53). Bis heute sind sie eine aktive Zone und heben sich weiterhin jährlich um ca. 0,5 bis 1mm (Labhart 2001: 64). 2.1.1 Entstehung Die Alpen sind ein Falten- und Deckengebirge, entstanden durch eine seitliche Einengung der Lithosphäre. Dabei sind ursprünglich nebeneinander liegende Gesteinskomplexe durch die Kollision zweier Kontinente als Falten und Decken übereinander geschoben worden (Labhart 2001: 53). „Als Decken bezeichnet man flächige, allochthone (d.h. nicht mehr ortsfeste) Gesteinsmassen“ (Labhart 2001: 55). Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Im heutigen Deckenstapel verbirgt sich ein verfaltetes, ehemaliges Ozeanbecken. Diese Ozeanbecken, in welchem sich große Sedimentmassen ansammelten und die anschließend als Ganzes zu Gebirgen verfaltet wurden, werden oft als Geosynklinale1 bezeichnet (Labhart 2001: 54). Ein Modell der Plattentektonik erklärt die Entstehung. Nach dem Auseinanderbrechen des alten Riesenkontinents Pangäa bildete sich während der Jurazeit (siehe Abb. 1) ein Ozeanbecken von etwa der Größe des heutigen westlichen Mittelmeeres. Abb. 1: Die Erdgeschichte der Schweiz Quelle: LABHART 2001: 200 Dieses Urmittelmeer, oder die Tethys, wurde durch Subduktion eliminiert, da im Verlauf der Kreidezeit die vorher auseinander gedrifteten Kontinente Europa und Afrika sich wieder zu nähern begannen. Und da das ozeanische Tiefseebecken sozusagen verschluckt wurde, kollidierten im Tertiär die beiden Kontinente und verkeilten sich zu Deckenstapeln (Labhart 2001: 54). Dies ergab einen gewaltigen seitlichen Zusammenschub „von 500-700, vielleicht auch 1000km Breite des Ablagerungsraumes auf die heutigen 120 bis 150km 1 Synklinale = Faltenmulde (Labhart 2001: 198) Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Gebirgsquerschnitt“ (Labhart 2001: 55). Eine starke Störung der Anordnung der Gesteine war die Folge. Autochtone, also am Ort ihrer ursprünglichen Ablagerung befindliche mesozoische Sedimente, die über dem kristallinen Untergrund lagern, gibt es in der Schweiz nur noch im Tafeljura, im Mittelland, an den Rändern der Zentralmassive und im Südtessin. Die meisten Sedimentpakete der Alpen sind von ihrer Unterlage abgeglitten und mit unterschiedlich starker Faltung als Decken Dutzende von Kilometern nach Norden transportiert worden. Die Abfolge der Schichten geriet beim Transport dann oft mehrfach durcheinander oder wurde in mehrere Teildecken aufgespalten. Im penninischen [?] und ostalpinen Bereich wurden der kristalline Untergrund und die mesozoischen Sedimente oft gemeinsam in den Deckenbau einbezogen. Aber nur in den tiefsten und somit heißesten Zonen des Gebirges wurden diese verfaltet, in den höheren Lagen haben sie sich als starre, nicht verfaltbare Bretter oder Späne erhalten. Neben der auffälligen Überschiebungstektonik spielen beim Deckenbau auch Quer- und Längsbrüche eine Rolle (Labhart 2001: 55). Seit der Entdeckung des alpinen Deckenstapels anfangs des 20.Jahrhunderts unterteilte man ihn in einen helvetischen [?], einen penninischen, einen ostalpinen und einen südalpinen Teilbereich. In der Regel wurden dabei Gesteinspakete aus südlicheren Teilen des Ablagerungsraumes über nördlichere geschoben. Labhart leitet daraus eine (nicht ausschließlich gültige) Faustregel ab: „Was heute im Deckenstapel (tektonisch) höher liegt, kommt von weiter südlich her“ (Labhart 2001: 56). Demnach liegen die penninischen Decken als Ganzes über den helvetischen und unter den ostalpinen (Labhart 2001: 56). 2.1.2 Penninsche Decken Die penninische Region umfasst hauptsächlich das Gebiet der Walliser Alpen südlich der Rhone, dem Nordtessin und dem Westteil Graubündens. Die Gesteine des Penninikums entstammen den Meeresbecken beiderseits der Briançonnais-Schwelle (Abb. S. 94). die Faltung hat hier auch den kristallinen Sockel miterfasst, anders als im Helvetikum. Hier sind zwar auch die meisten Sedimente vom Untergrund abgeschert und als reine Sedimentdecken weiter nach Norden verfrachtet worden, doch auch das mit Resten der Sedimente im Süden zurückgebliebene Kristallin ist in den Deckenbau mit einbezogen worden (Labhart 2001: 86). Als Herkunftszone, oder Wurzelzone wird der rückwärtigste, südöstliche, steil abtauchende Teil vieler Decken bezeichnet. In den Schweizer Alpen wird dabei eine externe helvetische Wurzelzone (Achse Chamonix – Martigny – Rhonetal – Urserental – Rheintal) und eine interne penninisch-ostalpine Wurzelzone am Alpensüdrand (Labhart 2001: 56). Jetzt kommen auch die eben erwähnten Späne wieder ins Spiel. Denn wie bei allen großen, durch Kontinentkollisionen entstandenen Gebirgen, haben sich auch in den Alpen die bedeutenden Massenverschiebungen in der Tiefe abgespielt. Was an der Gebirgsoberfläche als Gipfel und Erhöhungen zu sehen ist, sind nur die höchsten Späne, zufällig durch Hebung und Abtransport freigelegt. Vor allem im Penninikum und im Zentralmassiv ist die kontinentale Kruste besonders dick, da dort viele übereinander geschobene Krustenspäne, also eine dicke Decke, vorzufinden sind2 (Labhart 2001: 60). 2 Diese Erkenntnisse über den Unterbau der Alpen ist dem Nationalen Forschungsprogramm (NFP) zu verdanken (Labhart 2001: 60). Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 2.1.3 Flysch Als Flysch werden Sedimentgesteine wie Breccien, Sandsteine und Tonschiefer bezeichnet, deren Schichtfolgen sich durch raschen und rhythmischen Wechsel auszeichnen. Sie enthalten Kleinfossilien, die für die Altersbestimmung sehr wichtig sind. Die Schichtflächen weisen häufig ornamentartige Strukturen auf, die entweder Störungsmarken oder auch Frass- und Weidespuren von Tiefseeorganismen wie Würmern oder Krebsen sind und für einen Spezialisten ein aussagekräftiger Fund sein können (Labhart 2001: 62). Derartige Gesteinsserien sind typisch für Meeresbecken, die sich während Gebirgsbildungen an aktiven Plattengrenzen und Deckenüberschiebungen bildeten. (Labhart 2001: S.64) Flyschsedimente markieren in den Alpen die Phase des größten Zusammenschubs. Diese ist gekennzeichnet durch das Auftreten von Inselketten mit benachbarten, sich rasch einengenden Meeresbecken. Flysch ist meist kurz nach seiner Entstehung in den Deckenbau mit einbezogen worden und bildet jetzt, da er an Bewegungszonen liegt und aufgrund seiner leicht verformbaren Tonschiefern, das Schmiermittel zwischen den einzelnen Decken (Labhart 2001: 64/65) (vgl. Abb. 2). Abb. 2: Die Entstehung von Flyschsedimenten Quelle: LABHART 2001: 64 2.1.4 Prozesse An der Entstehung der Alpen sind drei Prozesse gemeinsam beteiligt: Faltung, Hebung und Abtragung. Die Faltung schafft durch Plattenkollision und Einengung den Deckenbau, die Flyschsedimente beweisen, das dieser lange untermeerisch stattfand (Labhart 2001: 65). Erst später, vor ca. 30 Millionen Jahren haben Hebungsvorgänge eingesetzt. Diese können durch Molasseablagerungen im Vorland und durch radiometrische Altersbestimmung (z.B. C14 Methode) bewiesen werden. Die Hebung beträgt etwa 0,5 bis 1mm pro Jahr und dauert bis heute an. Im Laufe der Jahrmillionen wären dadurch also bis zu 30km hohe Berge entstanden, doch hier kommt der dritte Prozess ins Spiel, die Abtragung (Labhart 2001: 65). Momentan überwiegt die Hebung etwas über dem Abtrag und somit nehmen die Alpen etwas an Höhe zu. Doch Abtragung ist nicht nur destruktiv, denn erst dadurch dass sich Eis und Wasser synchron mit der Faltung von oben in den Deckenstapel eingraben, entsteht dieses reich gegliederte Hochgebirgsrelief (Labhart 2001: 66) und somit auch unser Alteschgletscher, der ja in erheblichem Maße die Landschaft geformt hat. Zur Hebung ist noch zu sagen, dass sich das Schweizer Territorium gegenwärtig unterschiedlich stark hebt oder senkt. Auffallend sind dabei zwei Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Hebungsmaxima von 1,4 bis 1,5mm im Inneren der Alpen, eines im Raum Chur und ein zweites in unserem Untersuchungsgebiet Wallis, genauer bei Brig/Visp (Labhart 2001: 67). Diese ungleichmäßigen Hebungen und Senkungen führten im Gebirgskörper zu Kulminationen und Depressionen. In Kulminationszonen ist das Gebirge bis auf tiefste tektonische Einheiten abgetragen worden, während in Depressionszonen hohe tektonische Einheiten erhalten geblieben sind. In der herzynischen Streichrichtung des Gebirges (West-Ost Richtung) steigen die Faltenachsen der Decken gegen die Kulmination an und fallen gegen die Depression ein (Axialkulminationen). Das Aarmassiv – Gotthardmassiv – Nordtessin ist dabei eine mächtige Kulminationszone3 (Labhart 2001: 69). 2. 2 Das Zentralmassiv In den Baueinheiten der Alpen wird als Massiv oder Zentralmassiv bezeichnet, was ein Teil des kristallinen Grundgebirges ist. Dieser ist bei der alpinen Gebirgsbildung zwar gestaucht, in Späne zerlegt, schwach metamorph überprägt, aber nicht in den Deckenbau einbezogen worden. Sie gelten als autochton und es gibt in der Schweiz vier dieser Komplexe: in der Zentralschweiz das Aarmassiv, zu dem (das Gomser Zwischenmassiv eingeschlossen) auch der Aletschgletscher gehört, das Gotthardmassiv, das sich direkt über das Gomser Zwischenmassiv anschließt, in der Westschweiz das Aiguilles Rouges/Arpille-Massiv und das Mont Blanc-Massiv im Süden (Labhart 2001: 69) (vgl. Abb.3). Die Zusammensetzung der Massive ist ähnlich. Sie bestehen aus einem sehr alten, aus verschiedenen metamorphen Gesteinen zusammengesetzten Altkristallin und jüngeren magmatischen Gesteinen, meist Graniten, teils mit begleitenden vulkanischen Bildungen. Im Karbon und im Perm waren die Massive Festland und starker Abtragung unterworfen. Während des Mesozoikums bildeten die Massive den Meeresboden unter dem Schelf des helvetischen und ultrahelvetischen Ablagerungsraumes, bezeugt von den an den nördlichsten Massivrändern erhaltenen, autochtonen, helvetischen Sedimenten (Labhart 2001: 70). 3 Es folgen von Westen nach Osten: Kulmination Aiguilles – Rouges – Mont-Blanc-Massiv, die Depression Rawil – Dent-Blanche, die Kulmination Aarmassiv – Gotthardmassiv – Nordtessin und der gesamte Ostteil der Schweiz ist dann eine große Depressionszone mit ostfallenden Achsen (Labhart 2001: 69). Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Abb. 3: Geologisch-tektonische Karte der Schweiz Quelle: LABHART 2001: 14 2.2.1 Der Zentrale Aaregranit Der Zentrale Aaregranit des Aarmassivs ist im weiteren Sinne gefasst ein lanzettförmige Masse granitsch-granodioritscher Gesteine. Er ist über 100km lang und maximal 8-10km breit und bildet die Kernzone des Aarmassivs. Der Zentrale Aaregranit ist mit 550km2 Oberfläche der größte zusammenhängende Granitkomplex der Schweiz und liegt mit etwas unter 20% unter Gletscher. Westlich des Unteraletschgletschers finden sich als Fortsetzung der Granitzone der Grimselnordseite nur noch einzelne schmale Granitstöcke und Granitlammellen in der Gebirgsgruppe des Finsteraarhorns und der Walliser Fiescherhörner. Westlich des Aletschgletschers setzt dann wieder ein bedeutender, geschlossener Granitzug ein. Er verläuft vom Aletschhorn, wo er das Altkristallin unterlagert, zieht über die Nesthorn-Bietschhorn-Gruppe und taucht schließlich im Ijollital ab (Labhart 1977: 13). Der Zentrale Aaregranit ist über weite Strecken recht gleichmäßig ausgebildet. Der normale Typ des Granits besteht aus einem massigen bis deutlich paralleltexturiertem, gleichkörnig oder schwach porphyrischem Gestein und zeigt oft helle, grünliche Feldspäte. Die Feldspäte sind meist Kalifeldspäte bis zu einem Zentimeter Größe und das Gestein ist weiterhin oft durchsetzt von glasig durchsichtigem oder zuckerkörnigem Quarz (Sandquarz). Der Biotit bildet dunkelgrüne bis schwarzbraune, stark kontrastierende Flecken dazu (Labhart 1977: 14). Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 3 Von der Theorie zur Praxis: Unser Untersuchungsgebiet mit Fokus auf den Aletsch 3.1 Geologischer Überblick Nachdem ein allgemeiner Überblick über die Entstehung der Alpen gegeben wurde, geht es nun speziell um das Aletschgebiet, das Teil des Aarmassivs ist. Das Aarmassiv lässt sich in verschiedene Zonen unterteilen. Das Altkristallin, der Zentrale Aaregranit und das Lauterbrunner und Innertkirchner Kristallin bilden das Gebirge (Labhart 1977: 10) (vgl. Abb. 4). Die Gesteine des Altkristallins wurden von mehreren Gebirgsbildungsphasen erfasst und haben durchweg einen metamorphen Charakter (Para- und Orthogneise). Vor ca. 300 Millionen Jahren (variszische Gebirgsbildung), im Karbon, drangen der Zentrale Aaregranit und weitere kleinere Granitstöcke in das Altkristallin ein. Diese Intrusion bewirkte eine Aufteilung des altkristallinen Körpers: Eine nördliche Zone erstreckt sich vom Lötschental in nordöstlicher Richtung bis nach Guttannen und eine zweite Zone erstreckt sich nördlich der Rhone von Visp bis nach Gletsch. Zwischen Kanderfirn und Engelbergertal bildet dann das Lauterbrunner und Innertkirchner Kristallin den Nordrand des Aarmassivs. Seine genauere Entstehung geht auf die partielle Aufschmelzung älterer Gesteine während der kaledonischen Gebirgsbildungsphase, vor etwa 400 Millionen Jahren zurück. Das Kristallin besteht aus einer granitischen Grundmasse, der Matrix, und eingeschlossenen älteren gneisigen Schollen, den Xenolithen (Wipf 49). Was weiter oben bereits erklärt wurde, ist auch im Aarmassiv zutreffend. Am Nordrand des Altkristallins wurden im Zuge der alpinen Gebirgsbildung mit der Verschiebung der Sedimentdecken auch Teile des Kristallinkörpers erfasst und auf jüngere Sedimente geschoben. Und so besteht auch die Gipfelpartie des Gletscherhorn, der Jungfrau bis zum Mönch aus kristallinen Gesteinen, während in tiefer gelegenen Zonen Sedimentgesteine anstehen. Und so bauen die kristallinen Gesteine des Aarmassives mit die höchsten Gipfel in unserem Untersuchungsgebiet auf, wie zum Beispiel das Finsteraarhorn, Aletschhorn, Jungfrau und weitere (Wipf 1999: 49). Auf der Nordseite und zwischen Aar- und Arpille-Massiv im Westen wird das Kristallin von einem Sedimentmantel umgeben. Im Gebiet um den Aletschgletscher treten nur Sedimentgesteine mesozoischen und tertiären Alters auf. Wie oben bereits erwähnt wurde auch ein Teil dieser Sedimente im Lauf der alpinen Gebirgsbildung vom kristallinen Untergrund abgeschert und in diesem Falle nach Nordwesten verlagert (Wipf 1999: 49). Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Abb. 4: Geologisch-tektonische Übersicht Quelle: HOLZHAUSER 1984: 35 3.2 Effekte auf die Morphologie und Vergletscherung Um von der Theorie zur Praxis zu kommen ist ein Aspekt besonders wichtig. Denn die tektonischen und geologischen Verhältnisse wirken sich direkt auf die Beschaffenheit des Reliefs aus. Verwitterungsresistente Gesteine bilden die Gipfelpartien aus und erosionsanfällige Gesteine finden wir entlang von Passlagen und Tälern (Wipf 1999: 50). Die Täler verlaufen dabei quer zur Stoßrichtung der Platten von Südwesten nach Nordosten und orientieren sich im Verlauf entlang von Gesteinsgrenzen oder entlang dem Hauptgefüge der Gesteine (Bänderung, Schieferung, Schichtung). Täler, die quer dazu verlaufen zeichnen Kluftscharen nach. Auffällige Talformen stellen z.B. das Rhonetal, das entlang einer geologischen Grenze verläuft und das Lötschental (Schieferung) dar. Die Schwächezone des Lötschentals ist durch eine massive tektonische Beanspruchung entstanden (alpine Gebirgsbildungsphase) und lässt sich via Lötschenlücke, Grünhorn, Gauli bis über Guttannen hinaus verfolgen (Wipf 1999: 50). „Auch die Form des Großen Aletschgletschers ist Ausdruck dieses Netzes von Längs- und Quertälern“ (Wipf 1999: 50). Besonders prägend ist neben der unterschiedlichen Verwitterungsanfälligkeit der Gesteine besonders deren Lagerung und Schichtung und geben dem Relief seinen Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 individuellen Charakter. Am Beispiel des Lötschentals zeigt Wipf, wie sich die Oberflächenform als Abbild des geologischen Untergrundes direkt auf die Entstehung der verschiedenen Gletschertypen auswirkt (Wipf 1999: 50). Die Schieferung im Lötschental läuft von Nordosten nach Südwesten parallel zur Gebirgskette und fällt gegen Südosten ab. Infolgedessen fallen die Platten auf der Südseite des Tales auch gegen den Berg ein, was zu den steilen Nordwestflanken geführt hat (vergl. Kapitel 2.1.2 Prozesse). Dementsprechend haben sich dort auch nur kleine Gebirgsgletscher mit großem Gefälle entwickelt (z.B. Nestgletscher). Dies steht im Gegensatz zur Lötschental-Nordseite und der Südseite des Gebirgszuges vom Wilerhorn bis zum Aletschhorn. Dort bilden die plattigen Felsrücken ausgedehnte Akkumulationsgebiete für die Gletscher und liefern somit die Basis für größere Gletscher, wie z.B. den Oberaletschgletscher. Eine ähnliche Situation zeigt sich auch am Nordrand des Aarmassives zwischen Stechelberg (Lauterbrunnental) und Grindelwald. Auf der Nordseite gibt es steile Aufschwünge mit vereinzelten Gebirgsgletschern und auf der Südseite liegen die flachen Einzugsgebiete des Großen Aletschgletschers (Wipf 1999: 50). Bei den Sedimentablagerungen wirkt sich die Fallrichtung der Sedimentschichten ebenfalls stark auf die Art der Vergletscherung in einer Gebirgsregion aus. So bestehen z.B. die Gipfelregionen der Kette vom Gspaltenhorn bis zum Rinderhorn aus Malm-Kalk. Diese fallen nach Nordwesten ab und bildet somit gleichzeitig die gleichmäßigen, plattigen Nordflanken, die dann überwiegend von Gebirgsgletschern bedeckt werden (z.B. Doldenhorngletscher). Auf der steil abfallenden Südseite dieser Gebirge stehen die brüchigen Gesteine des Doggers an, wie z.B. Sandkalke und dunkle Tonschiefer. Nur einzelne Gletscherflecken, vorwiegend auf simsartigen Versprüngen, sind hier entstanden (Wipf 1999: 51). 3.3 Das „ewige Eis“? - Gletschervorstöße und -rückgänge Abb. 5: Der Aletschgletscher hat an Länge und Dicke eingebüsst, die Oberfläche liegt heute rund 300 m tiefer als um 1850 Quelle: FUNK-SALAMÍ, F.(k.A.): http://www.eggishorn.ch/aletschgletscher/2.html (27.04.2006) Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 3.3.1 Aletschhorn Die Gletscherregion Aletschhorn dehnt sich auf der südostexponierten Abdachung des nördlichen Alpenhauptkammes von Gletsch bis zur Einmündung der Lonza bei Gampel/Steg aus und stellt die Gletscherregion mit einer der flächenmäßig größten Vergletscherung des Zentralmassivs dar. Der mächtigste Gletscher darunter ist der Große Aletschgletscher, aber auch der Fieschergletscher und der Oberaletsch Gletscher tragen einen erheblichen Teil dazu bei. Die hoch gelegenen, weit ausgedehnten Einzugsgebiete ermöglichen ihrer Lage auf der Südseite des nördlichen Alpen-Hauptkammes diese mächtigen Eisströme (Wipf 1999: 43). Das Einzugsgebiet der Massa umfasst eine Fläche von rund 195km2, wovon ca. 2/3 vergletschert sind (Stand um 1973). Klar dominiert wird diese Region dabei vom Großen Aletschgletscher mit seinem Nährgebiet, das sich von West nach Ost aus dem Großen Aletschfirn, dem Jungfraufirn, dem Ewig Schneefeld, sowie dem Grüneggfirn zusammen setzt (Holzhauser 1984: 39) (vgl. Abb. 4). Abb. 6: Blick vom Eggishorn, 2927m nach NW auf den Aletschgletscher Quelle: http://www.geographie.unistuttgart.de/lehrveranstaltungen/exkursionen/wallis_2001/html/aletschgletscher/aletschgletscher.html (24.04.2006) Mit einer Länge von rund 23 km und einer Fläche von etwa 86 qkm ist der Große Aletschgletscher sowohl der längste als auch der größte Alpengletscher. In einem gegen Osten weit ausholenden Bogen fließt er zuerst in südöstliche Richtung und Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 biegt dann auf der Höhe des Märjelensees4 nach Südwesten ab. In der Massaschlucht endet dann der Eisstrom mit einer relativ stark abfallenden Gletscherzunge. Wie man auch auf dem Bild erkennen kann, wurde die größte Eisdicke am Konkordiaplatz, in einer Höhe von über 2800 m ü. NN, mit ungefähr 900m gemessen (Holzhauser 1984: 39; Field 1975: 57) (vgl. Abb. 5). Abb. 7: Die Mittelmoränen des Aletschgletscher vom Gletscherweg aus (Bettmeralp) Quelle: http://www.picswiss.ch/Wallis/VS-37-03.html (15.04.2006) Beim Aletsch handelt es sich um einen Talgletscher, genauer gesagt, um einen Talgletscher des Firnmuldentyps. Dies heißt soviel, dass das eine Flachform des Gebirges, z.B. eine Mulde, oder ein Kar, sich als Nährgebiet bereitstellt. Wie oben schon erwähnt, setzt sich der Aletschgletscher aus drei großen Firnfeldern – den sogenannten Viertausendern – zusammen, sowie dem kleineren Grüneggfirn und dem Mittelaletschgletscher. Hierbei hat nun jeder Gletscher sein eigenes Nährgebiet. Und der Gesamtgletscher resultiert aus diesen fünf Teilströmen, welche durch Mittelmoränen (vgl. Abb. 5a) zwar getrennt bleiben, sich dennoch zu einer großen Zunge vereinen (Wilhelm 1975: 295/296) (vgl. Abb. 6 und 7). 4 ,welcher laut Field periodisch austrocknet. 1939 z.B. war er trocken, 1945 dann wieder ¾ mit Wasser gefüllt, 1947 dann wieder schließlich tocken.(1975: 58) Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Abb. 8: Typ des Firnmuldengletschers am Beispiel Großer Aletschgletscher Der Gesamtgletscher wird aus fünf Teilströmen zusammengesetzt, die von Gruneggfirn (1), Ewigschneefeld (2), Jungfrauenfirn (3), Großer Aletschfirn (4) und Mittelaletschgletscher (5) gespeist werden. C Concordiaplatz. Die gepunkteten Linien geben den Verlauf der Mittelmoränen und damit die Abgrenzung der einzelnen Teilströme wieder (Wilhelm 296). Quelle: WILHELM 1975: 296 Abb. 9: Übersichtskarte des Großer Aletschgletscher Quelle: VARESCHI 1942: 47 Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Die Gletscherzunge des Großen Aletsch reichte einst tief in die Waldregion hinein und liegt nun in 1560 m ü. NN. (http://www.pronatura.ch/aletsch/de/natur/ aletschgletscher.html 23.04.2006). Neben den beiden Grindelwaldgletschern stirnt er also von allen Schweizer Gletschern am weitesten unten. Bei Vorstößen des Großen Aletsch während des Mittelalters fuhr das Eis in den Wald und drückte die Bäume um, daher kann man nun im Bereich des Gletschervorfeldes fossile Hölzer finden. Da das Gletschervorfeld auch früher schon zwischen einzelnen Eisvorstößen bewaldet gewesen war, kann man durch Datierung (C14-Methode) der Holzreste verschiedene Gletschervorstöße nachweisen (Holzhauser 1984: 39; Field 1975: 84). 3.3.2 Der Aletschwald Oben genannte Vorstöße und Rückzüge des Gletschers wirkten sich natürlich auch auf die Vegetation aus. Lag der Aletschwald während der letzten Eiszeit (Würm), vor gut 18.000 Jahren noch unter einer mächtigen Eisdecke, so findet man heute ein seit 1933 unter Naturschutz gestelltes Waldgebiet vor, welches auf drei unterschiedlichen Möranenwegen durchquerbar ist und das in zwei Vegetationszonen gegliedert werden kann: einmal der gletschernahen Pioniervegetation und „im oberen Bereich dominiert dagegen ein entwickelter Altbestand aus Arven und Lärchen mit einem dichten Unterwuchs aus Wollgras sowie Zwergsträuchern“ - wie z.B. Alpenrosen oder Heidelbeeren. Abb. 10: Gliederung des Aletschwald Quelle: http://www.eggishorn.ch/aletschgletscher/1.html Arven, auch Zirbelkiefer genannt, sind ganz besondere Bäume. Typische Eigenschaften wie ihr Alter und ihre Widerstandsfähigkeit zeichnen die Arve aus. Verdrehte und knorrige Wuchsformen machen ihre robuste Haltung nach außen hin klar. Zwar wachsen diese Bäume unter solch rauhen klimatischen Bedingungen recht langsam, aber dafür werden sie, laut Untersuchungen, mindestens 600 – 700 Jahre alt (http://www.pronatura.ch/aletsch/de/natur/aletschwald.html 23.04.2006; PZ Bad Kreuznach 1995: 14). Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Da Gletscher mit tiefliegender Zunge schon immer ein Naturrisiko darstellten, weil sie in enger Nachbarschaft mit dem kultivierten Land standen, wurden auch im Aletschgebiet schon immer Bittprozessionen unternommen (Holzhauser 1984: 39). Folgen der Gletscherschmelze umfassen großflächige Erosionen, Ausschwemmungen von ganzen Landschaften, vermehrte Murgänge, Rutschungen, Bergstürze und Überschwemmungen (http://www.pronatura.ch/aletsch/de/ natur/gletscherklima.html 23.04.2006). 3.3.3 Übersicht der Vor- und Rückstöße In der Zeit der ältesten Dryas, 18- 13.000 yBP, verursachte diese Wärmephase das Zerfallen der Vergletscherung in kleinere Talgletscher (Wipf 1999: 53). Während einige Gletscher in den letzten beiden Jahrhunderten noch mit dem Großen Aletschgletscher zusammenhingen (z.B. der Oberaletschgletscher, der Schönbühl, der Wannenhorngletscher) lösten sich der Driest- und der Zenbächengletscher schon sehr früh vom Großen Aletsch, an der Wende vom Spät-/Postglazial vor rund 10.200 Jahren vor heute. Der Mittelalteschgletscher konnte hingegen erst zu Beginn der 1970er Jahre eine selbständige Zunge ausbilden (Holzhauser 1984: 40). Vorstöße, nach dem bekannten 1850er Hochstand, fanden in den Schweizer Alpen einmal zwischen 1875 und 1898 statt, unterbrochen von einer Rezession um 1911, und dann wieder vordringend zwischen 1914 und 1919. Nach einem relativ stetigen Rückgang erfolgte erst wieder in den Jahren von 1950 -59, nach „verdoppeltem Schneefall im Sommer“ und einem Temperaturfall von -1,8°C, eine Vorstoßperiode, die in den 60er Jahren jedoch wieder abflachte und nun zum dauernden Rückgang der Eismassen wechselte (Field 1975: 87) (vgl. Abb. 11). Abb. 11: Rückgang des Aletschgletscher Deutlich erkennbar sind die hellen Streifen an den Rändern des Gletschers. Sie weisen auf den Höchststand des Gletschers vor rund 140 Jahren (1859/60) hin. Seither hat der Gletscher gewaltig "abgespeckt" und ist etwa 3 Kilometer kürzer und 200 Meter dünner geworden. Quelle: ALBRECHT L. (2006): Pro Natura Zentrum Aletsch http://www.pronatura.ch/aletsch/de/zentrum/pressefotos.html (23.04.2006). In der Ausgabe vom Pädagogischen Zentrum (PZ) Bad Kreuznach werden die Jahre 1653, 1820 und 1858 als die Jahre der „Kleinen Eiszeiten“ aufgeführt. Je nachdem, Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 welcher Literatur man Glauben schenken mag, zieht sich die Gletscherzunge durchschnittlich 20 – 50 m im Jahr zurück.5 Wipf führt folgende Zeiträume als Vorstoßperioden auf: 1880er-1890er, 1920er1930er und die 1970er-1980er Jahre (Wipf 1999: 128). Bedingt durch den massiven Gletscherschwund der letzten 140-150 Jahre verringerte sich die vergletscherte Fläche um rund 30 km2 auf 86 km2. Dieser starke Eisverlust entblößte rund um die Gletscher Neuland, welches erst allmählich wieder an einigen Orten von der Vegetation eingenommen wird. Erkennbar sind die teilweise vegetationslosen Flächen an der hellen Färbung, die im starken Kontrast zu den vegetationsbedeckten Talhängen stehen. Diese Zone ist durch den Gletscherrand und die Ufermoränen des letzten Hochstandes um 1850 begrenzt. An der rechten Talseite des Großen Aletschgletscher ist die Ufermoräne besonders markant in der Gegend des ‚Tälli’ ausgebildet (vgl. Abb. 12). Abb. 12: Oberaletsch, Großer Aletsch und Tälli Quelle: Institut für Geographie der Universität Stuttgart Der ehemalige Eisrand ist bis weit talaufwärts an der Talflanke als breites und helles Schuttband erkennbar. Die Abschätzung der Ausdehnung von 1850 ist am Aletschwald recht gut möglich anhand des riesig aufgeschütteten Moränenwalls und 5 Die ermittelten Daten des Studienseminars Bad Kreuznach: 18. 08. 1994 – 23. 08. 94: • 47 cm Eis abgeschmolzen; entspricht ca. 8 cm/ Tag • Wandern der Messstation über 1 m/ 5 Tage bei einer Fließgeschwindigkeit am Aletschwald mit 80 m/ Jahr • max. Abschmelzung im Spätsommer mit bis zu 60.000 l/ sec. Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 der Grenze Lärchenwald/Altwald (bestehend aus Arven, Lärchen und Fichten). Junge Lärchen findet man hauptsächlich auf den Moränenwällen der letzten Hochstände. Auch ist die Bodenentwicklung auf diesen Ablagerungen noch wenig fortgeschritten (Holzhauser 1984: 40). Daten und Fakten zusammengefasst nach WIPF (1999): a) Gletscherflächen Gletscher Anzahl Fläche region Gletscher 1850 Rel. Anteil Fläche 1973 Rel. Anteil Flächenschwund 18501973 Øgletscher-individueller Schwund [n] [qkm] [%] [qkm] [%] [qkm] [%] [%] Jungfrau 70 91. 808 17,7 79. 226 19,2 01.12.82 13,7 20,4 Finsteraarhorn 64 22,9 41 Aletschhorn 73 15,3 42,5 85. 695 66. 069 19. 626 16,6 215. 910 41.7 16 182. 772 33. 137 44,3 (S. 99) b) Längenänderung Gletschername Länge 1850 Länge 1973 Längenschwund 1850 – 1973 [km] [km] [km] [%] Grosser Aletsch Gletscher 26,53 23,93 2,6 9,8 Fieschergletscher 17,11 15,35 1,76 10,3 Oberaletschgletscher 10,47 9,07 1,4 13,4 (S. 134) c) Häufigkeitsverteilung der Gletschertypen 1973 Talgletscher Gebirgsgletscher Gletscherfleck Firnfleck Jungfrau 2,00% 14,00% 14,00% 70,00% Finsteraarhorn 3,00% 10,00% 26,00% 61,00% Aletschhorn 3,00% 17,00% 11,00% 69,00% (S. 90) Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 d) Durchschnittsniederschlag und -temperatur 1973 Mittlere Höhe Mittlerer Jahresniederschlag (2000m ü. NN) Jahresdurchschnittstemperatur Sommerdurchschnittstemperatur Aletschgletscher 2855 m 1630 mm -3,4°C 3,2°C Ober Aletsch 2770 m 1630 mm -3,0°C 3,7°C (S. 218, 221) e) Gletscherbewegung (nach Hantke 1978) Meereshöhe Lokalität Gletschergefälle Mediane Fließgeschwindigkeit 3345 m Oberer Jungfraufirn 5,50% 36 -38 m/ Jahr 2930 m Unterer Jungfraufirn 7,00% 100 - 115 2710 m SW der Konkordiahütte 5,00% 185 - 195 2675 m S der Konkordiahütte 7,00% 195 - 205 2410 m NW des Märjelesee 4,50% 136 - 144 1770 m N des Aletschwaldes 9,00% 74 - 86 (S. 62) Auf dem von Blank entworfenen Arbeitsblatt sind weitere hervorragende Bilder, die den Gletscherstand vergleichend darstellen (BLANK ET. AL 2000) (vgl. Abb. 9/10/11). Abb. 13: Ausdehnung 1856 Zwischen 1850 und 1860 erreichte der Grosse Aletschgletscher einen sogenannten Hochstand Quelle: http://www.pronatura.ch/aletsch/ de/natur/gletscherklima.html (16.04.2006) Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Abb. 14: Ausdehnung 1987 Das große Ausmaß des Eis-Rückzuges zeigt sich an der gleichen Ansicht, nur 130 Jahre später Quelle: http://www.pronatura.ch/aletsch/ de/natur/gletscherklima.html (16.04.2006) Abb. 15: Gletscherzunge 1979 Das Eis reicht um diese Zeit noch weit in die Massaschlucht hinunter. Quelle: ALBRECHT L. (2006) Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Abb. 16: Gletscherzunge Durch den Rückzug hat der Gletscher einen imposanten Wasserfall frei gegeben. QUELLE: ALBRECHT L. (2006) Abb. 17: Gletscherzunge 2002 Die Zunge des Gletschers entzieht sich langsam dem Blick des Fotografen, der gewaltige Rückgang ist deutlich zu erkennen. Quelle: ALBRECHT L. (2006) Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Abb. 18: Ausdehnung 2030 In diesem digital retuschierten Foto werden mögliche Veränderungen des Gletschers bis 2030 gezeigt. Quelle: http://www.pronatura.ch/aletsch/de/natur/ gletscherklima.html (16.04.2006) Eine eigens erstellte Tabelle, die versucht die Veränderung des Gletschers während der Jahre 1850 – 2003 grob darzustellen befindet sich im Anhang (vgl. Tabelle 1). Ebenso eine weitere Tabelle mit genaueren Werten der Längenänderungen (vgl. Tabelle 2). 4. Schlusswort: Lage und Begrenzung Im Osten wird das Aletschtal durch die Walliser Fiescherhörner, dem Kleinen und Großen Wannenhorn, dem Eggis- und Bettmerhorn gegen das Fiescher Tal abgegrenzt. „Der vorerst noch felsige und stark zerklüftete Grat, unterbrochen durch den Einschnitt der ‚Märjela’, läuft nach dem Bettmerhorn allmählich in einen sanften, vegetationsbedeckten und parallel zum Rhonetal verlaufenden Rücken aus“ (Holzhauser 1984: 40). An dessen Westseite prangt der Aletschwald. Anhand der Richtung der Gletscherschrammen am anstehenden Fels des Rückens, kann man rekonstruieren, dass der Große Aletschgletscher während der Eiszeit seitlich gegen das Rhonetal hin auf die gut ausgebildete Hangterrasse der Rieder-, Greicher- und Bettmeralp abfloss (Holzhauser 1984: 40). In Nordwesten, gegenüber der ‚Moosfluo’, liegt die Oberalteschschlucht als markanter Geländeeinschnitt. Kahle Felsen ziehen beidseitig der Schlucht fast senkrecht empor. Um die Mitte des 19.Jahrhunderts führte der Oberaletschgletscher durch dieses Engnis Eis dem Großen Aletschgletscher und vereinigte sich beim Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 ‚Tälli’ mit diesem. Auch dieser frühere Zusammenfluss lässt sich anhand der dort abgelagerten Moränen leicht rekonstruieren (Holzhauser 1984: 40). Zwischen den steil aufgetürmten Fusshörnern und dem Grat vom Geiss- zum Zenbächenhorn breiten sich der Driest- und der Zenbächengletscher, durch den Geissgrat voneinander getrennt, aus. Beide sind Hängegletscher und enden mit einer breiten Eisfront, die beim Driestgletscher leicht gewölbt ist (Holzhauser 1984: 42). Vom Eggishorn aus eröffnet sich schließlich der Blick in das vom Mittelalteschgletscher eingenommene Tal. Im hinteren Teil des Tales steigt der Firn zum Aletschhorn (4195m) auf, sein Süd- und Nordostgrat umschließen das Nährgebiet (Holzhauser 1984: 42). Ein beliebtes Ausflugsziel, über das es schon frühe Zeichnungen gibt und das wir vielleicht auch bewundern werden. Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Literaturverzeichnis ALBRECHT L. (2006): Pro Natura Zentrum Aletsch http://www.pronatura.ch/aletsch/de/natur/aletschwald.html (23.04.06) ALBRECHT L. (2006): Pro Natura Zentrum Aletsch http://www.pronatura.ch/aletsch/de/natur/gletscherklima.html (23.04.06) BLANK, BERNHARD ET. AL (2000): Hydrologischer Atlas der Schweiz. Arbeitsblatt Getscher: Gletscher, Gestern – Heute – Morgen. http://www.klimaforschung.ch/arbeitsblaetter/Gletscher150.pdf (26.04.06) FIELD, WILLIAM O. (1975): Mountain laciers of the Northern Hemisphere: Volume 1. Hannover/ New Hamphire. FRANCOIS FUNK-SALAMI (K.A.): http://www.eggishorn.ch/aletschgletscher/2.html (27.04.06). HANTKE, RENÉ. (1978): Eiszeitalter 1: Die jüngste Erdgeschichte der Schweiz und ihrer Nachbargebiete. Bd.1: Klima, Flora, Fauna und Mensch; Alt- und Mittelpleistozän; Vogesen, Schwarzwald, Schwäbische Alb; Adelegg. Thun. HANTKE, RENÉ. (1980): Eiszeitalter 2: Die jüngste Erdgeschichte der Schweiz und ihrer Nachbargebiete. Bd. 2 : Letzte Warmzeiten, Würm-Eiszeit, Eisabbau und Nacheiszeit der Alpen-Nordseite vom Rhein zum Rhone-System. Thun. HANTKE, RENÉ. (1983): Eiszeitalter 3: Die jüngste Erdgeschichte der Schweiz und ihrer Nachbargebiete. Bd. 3: Westliche Ostalpen mit ihrem bayrischen Vorland bis zum Inn-Durchbruch und Südalpen zwischen Dolomiten und Mont Blanc. Thun. HOLZHAUSER, H. (1984): Zur Geschichte der Aletsch-Gletscher und des FiescherGletschers (=Physische Geographie 13). Zürich. LABHART T.P. (1977): Aarmassiv und Gotthardmassiv (=Sammlung Geologischer Führer 63). Berlin und Stuttgart. LABHART T.P. (2001): Geologie der Schweiz. Thun. 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Jhdt.) (=Physische Geographie 40). Zürich. INSTITUT FÜR GEOGRAPHIE DER UNIVERSITÄT STUTTGART [Dr. Joachim Eberle und Dr. Stefan Hecht] (2001): http://www.geographie.unistuttgart.de/lehrveranstaltungen/exkursionen/wallis_2001/html/aletschgletsche r/aletschgletscher_content.html (28.04.06). Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 27 Anhang Tab. 1: Ausgewählte Daten Aletschgletscher Gletscher- GletscherJahr länge in fläche in km km2 EismächGletFließgetigkeit scherschwindigkeit (Konkorbreite diaplatz) Daten – Quelle 1850 27,7 105,6 k. A. k. A. k. A. WIPF 1999: 102 1870 ca. 23,5 k. A. ca. 1000 m k. A. k. A. FIELD 1975: 59 1929 k. A. k. A. 790 m k. A. 190 m / Jahr am FIELD 1975: 57 KP 1940 25,5 113,4 792 m k. A. k. A. WILHELM 1975: 294, 327 1957 22,3 129,8 k. A. k. A. k. A. WILHELM 1975: 324 k. A. 23,6 k. A. k. A. Rund 1800 m 1973 26,5 96,1 k. A. k. A. k. A. WIPF 1999: 102 1994 24,0 k. A. 900 m k. A. k. A. PZ, BAD KREUZNACH k. A. 24,7 85,0 900 m k. A. 200 m / Jahr am http://www.eggishorn.ch/alet Konkordiaplatz schgletscher/2.html (KP) k. A. 24,7 86,76 k. A. k. A. k. A. HANTKE 1983: 639 k. A. ca. 23, 5 86,0 > 900 m k. A. k. A. http://www.schweizerseiten. ch/gletscher.htm 200 m / Jahr an http://www.pronatura.ch/alet der sch/dokumente/aletschgletsc Konkordiahütte; her_de.pdf 80 – 90 m / Jahr am Aletschwald 1997 23,3 k. A. k. A. k. A. k. A. WIPF 1999: 257 2002 23,1 k. A. k. A. k. A. k. A. DIE ALPEN 10/02: 27 http://glaciology.ethz.ch/mes snetz/downloadPubs/alpen01 -02-03_d.pdf (18.02.06) 2003 25,6 k. A. k. A. k. A. k. A. http://glaciology.ethz.ch/mes snetz/downloadPubs/alpen01 -02-03_d.pdf (26.04.06) Quelle: Eigene Darstellung Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher Tab. 2: Längenveränderung des Aletschgletschers 1870 - 2004 Zeitraum Längenänderung in Meter kummulierte Längenänderung in Meter 1870 -1881 -75 -75 1886 -1887 -100 -175 1892 -1893 -5 -180 1893 -1894 -7 -187 1894 -1895 -6 -193 1895 -1896 -5 -198 1896 -1897 -6 -204 1897 -1898 -10 -214 1898 -1899 -16 -230 1899 -1900 -30 -260 1900 -1901 -12 -272 1901 -1902 -6 -278 1902 -1903 -12 -290 1903 -1904 -20 -310 1904 -1905 -25 -335 1905 -1906 -12 -347 1906 -1907 -7 -354 1907 -1908 -1 -355 1908 -1909 -25 -380 1909 -1910 -20 -400 1910 -1911 -18 -418 1911 -1912 -3 -421 1912 -1913 -11 -432 1913 -1914 -7 -439 1914 -1915 -6 -445 1915 -1916 -36 -481 1916 -1917 -5 -486 1917 -1918 -9 -495 1918 -1919 -9 -504 1919 -1920 -21 -525 1920 -1921 -30 -555 1921 -1922 -20 -575 1922 -1923 -78 -653 1923 -1924 -33 -686 1924 -1925 -10 -696 1925 -1926 -14 -710 1926 -1927 -25 -735 1927 -1928 -18 -753 1928 -1929 -14 -767 1929 -1930 -18 -785 1930 -1931 -4 -789 1931 -1932 -2 -791 27 Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 1932 -1933 -3 -794 1933 -1934 -13 -807 1934 -1935 -1 -808 1935 -1936 -7 -815 1936 -1937 -18 -833 1937 -1938 -19 -852 1938 -1939 -18 -870 1939 -1940 -21 -891 1940 -1941 -20 -911 1941 -1942 -2 -913 1942 -1943 -26 -939 1943 -1944 -24 -963 1944 -1945 -12 -975 1945 -1946 -14 -989 1946 -1947 -24 -1013 1947 -1948 -7 -1020 1948 -1949 -9 -1029 1949 -1950 -10 -1039 1950 -1951 -15 -1054 1951 -1952 -24 -1078 1952 -1953 -29 -1107 1953 -1954 -9 -1116 1954 -1955 -44 -1160 1955 -1956 -6 -1166 1956 -1957 -24 -1190 1957 -1958 -20 -1210 1958 -1959 -10 -1220 1959 -1960 -23 -1243 1960 -1961 -19 -1262 1961 -1962 -25 -1287 1962 -1963 -15 -1302 1963 -1964 -26 -1328 1964 -1965 -62.7 -1391 1965 -1966 -74.0 -1465 1966 -1967 -36.2 -1501 1967 -1968 -8 -1509 1968 -1969 -16 -1525 1969 -1970 -25 -1550 1970 -1971 -34 -1584 1971 -1972 -28 -1612 1972 -1973 -42 -1654 1973 -1974 -40 -1694 1974 -1975 -2 -1696 1975 -1976 -10 -1706 1976 -1977 -27 -1733 27 Bonnard, Verena und Klee, Sandra: Physisch-Geographische Aspekte am Aletschgletscher 1977 -1978 -28 -1761 1978 -1979 -22 -1783 1979 -1980 -9 -1792 1980 -1981 -28 -1820 1981 -1982 -12 -1832 1982 -1983 -95 -1927 1983 -1984 -46 -1973 1984 -1985 -46 -2019 1985 -1986 -25 -2044 1986 -1987 -22 -2066 1987 -1988 -12 -2078 1988 -1989 -14 -2092 1989 -1990 -19 -2111 1990 -1991 -9 -2120 1991 -1992 -18 -2138 1992 -1993 -26 -2164 1993 -1994 -37 -2201 1994 -1995 -60 -2261 1995 -1996 -30 -2291 1996 -1997 -43 -2334 1997 -1999 -46 -2380 1999 -2000 -18.5 -2398 2000 -2001 -47.8 -2446 2001 -2002 -57.0 -2503 2002 -2003 -28.4 -2532 2003 -2004 -41.0 Quelle: http://glaciology.ethz.ch/swiss-glaciers/ (16.04.2006). -2573 27