Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen W.GSDEU03.05 Luzern, Herbstsemester 2015 Unterrichtsskript Lerngruppe 204 (basierend auf Skripten von Vinzenz Rast und Sonja Kolberg) Zentralstrasse 9, CH-6002 Luzern T +41 41 228 41 11, F +41 41 228 41 00 www.hslu.ch Dr. Sabine Witt [email protected] Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Wirkungsvolle Texte: Einführung in die Textanalyse Aufgabe 1 Definitionen von Werbung vergleichen (© Bruno Frischherz) Lesen Sie die folgenden Definitionen von Werbung. Lassen sich aus diesen Definitionen Kriterien ableiten, mit denen Sie Werbetexte analysieren können? Zur Definition der Werbung im Alltag Wahrig, G. (1986): Deutsches Wörterbuch. Gütersloh: Bertelsmann Lexikon Verlag. wer-ben 1 (V. t.) zu gewinnen suchen (Anhänger, Käufer, Mitglieder, Rekruten, Soldaten) 2 (V. i.) Werbung betreiben, Käufer, Anhänger suchen; für einen Handelsartikel ~ ; für eine Partei ~ ; um jmdn. od. etwas ~ sich um jmdn. od. etwas bemühen, jmdn. od. etwas für sich zu gewinnen suchen; um jmds. Gunst ~; um ein Mädchen ~ es zur Ehefrau zu gewinnen suchen [ < mhd. werben, werven < ahd. werban, wervan <(älterem) hwerfan „sich drehen, bewegen, sich bemühen; hin u. her gehen; etwas betreiben, ausrichten"] Zur Definitionen der Werbung aus der betriebswirtschaftlichen Literatur Kotler, Ph. & Bliemel, F. (1995). MarketingManagement, 8. Auflage. Stuttgart: Schäffer Pöschl. „Die Werbung ist eines der Instrumente der absatzfördernden Kommunikation. Durch Werbung versuchen die Unternehmen, ihre Zielkunden und andere Gruppen wirkungsvoll anzusprechen und zu beeinflussen. Zur Werbung gehört jede Art der nicht persönlichen Vorstellung und Förderung von Ideen, Waren oder Dienstleistungen eines eindeutig identifizierten Auftraggebers durch den Einsatz bezahlter Medien.“ Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 2 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Zur Definition der Werbesprache Bussmann, H. (2002). Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Kröner. Aufgabe 2 „Öffentlicher, auf Verhaltenssteuerung gerichteter Sprachgebrauch, speziell in der Konsumwerbung. Die W. ist keine lexikalisch oder grammatisch fixierbare Sprachform im Sinne einer Varietät, sondern eher ein funktionaler Stiltyp, der geprägt ist durch die persuasive Intention des „Überredens“. Sein Hauptmerkmal ist die Indirektheit der sprachlichen Strategien, die alle Ausdrucksmittel im Dienste des verdeckten Werbeappells instrumentalisiert. Kennzeichnend sind der adressatenspezifische Sprachgebrauch, ein komplexer Handlungsaufbau, dessen dominante Absicht unausgesprochen bleibt …, und der artifizielle, auf Konnotationen und Assoziationen abzielende Einsatz von Wortschatz und Grammatik …: ferner spielerische Intertextualität in Form von Anspielungen oder Mustermischungen, Inszenierung von Varietäten (Fachsprachen, Umgangssprachen), Ausprägung spezieller appellativer Textsorten und Textstrukturen …. Die W. ist einerseits innovativ (z.B. in der Wortbildung) und wirkt als „Verteilersprache“ zwischen verschiedenen Sprachschichten (z.B. von der Fach- zur Standardsprache), andrerseits bestätigt und verstärkt sie bestehende Normen und soziale Stereotypen.“ Analysekriterien formulieren Formulieren Sie nun verschiedene Kriterien, um Werbeanzeigen zu analysieren. Ziel dieses Kriterienkataloges ist es, unterschiedliche Werbetexte wissenschaftlich zu untersuchen. Ein mögliches Kriterium ist beispielsweise: Welches Ziel verfolgt der Werbetext? Ein weiteres wäre etwa: Wie gliedert sich der Text? Notieren Sie Ihre Kriterien. Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 3 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Aufgabe 3 Beispielanalyse Analysieren Sie nun mit Hilfe der aufgestellten Kriterien ein selbstgewähltes Inserat. Klären Sie vorab den kommunikativen Kontext. Präsentieren Sie Ihre Ergebnisse mit Hilfe von Folien auf dem Hellraumprojektor und machen Sie dabei die verwendeten Kriterien transparent. Zeit: 15 Minuten Lektürefragen 1. Lesen Sie den Text von Hartmut Stöckl im Reader durch. Konsultieren Sie bei Unklarheiten den Anhang zur Werbesprache am Ende dieses Lektionsskripts oder Nachschlagewerke. Fragen, die Sie nicht klären können, Stellen Sie im nächsten Unterricht. 2. Welchen Ansatz schlägt Hartmut Stöckl für die Analyse von Werbetexten vor? Finden Sie diesen überzeugend? Begründen Sie. 3. Vergleichen Sie Stöckls Kriterien mit jenen, die Sie im Unterricht erarbeitet haben. Können Sie die eigenen sinnvoll ergänzen? Notieren Sie die Kriterien. 4. Überlegen Sie sich, welche Kriterien sich spezifisch für die Analyse von Werbefilmen eignen? Notieren Sie sich Ihre Antworten und bringen diese in den nächsten Unterricht mit. Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 4 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Linguistischer Ansatz der Werbeforschung [Kompetene Journalisten und Journalistinnen schreiben für Sie in Schweizer Zeitungen und Zeitschriften über Aktualitäten und ihre Hintergründe. Damit Sie besser informiert sind und sich eine eigene Meinung bilden können. Bestellen Sie jetzt per Mausklick ein Probeabo Ihrer gewünschten Zeitung oder Zeitschrift auf www.probeabo.ch und mit etwas Glück gewinnen Sie Einkaufsgutscheine von Coop City im Gesamtwert von CHF 100'000. – Ihre Schweizer Zeitungen und Zeitschriften] Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 5 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Analysieren sie das Schweizer-Medien-Inserat systematisch: Lautung und Schrift Morphologie Lexik Syntax Rhetorik Pragmatik Semiotik Textlinguistik/Stilistik Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 6 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Zur Textsorte „Expertise“ Kontext Für einen Wettbewerb der Werbebranche wird eine Website erstellt. Diese Website dient der Dokumentation der eingereichten Arbeiten, aber auch als Grundlage für die JuryEntscheide. Aufgabe Erstellen Sie einen Teil eines Webtextes, der folgende Elemente enthalten muss: • Filmstill des bewerteten Werbespots • die Quellenangabe • die Bezeichnung des Werbemittels • die kurze Inhaltsangabe • die Beschreibung der Form: - Bildinhalt (Umgebung, Handlung, Komposition etc.) - Sprache/Schrift (Lexik, Syntax, Rhetorik etc.) - Sprache/Ton Vorgehen Arbeiten Sie mit dem Template auf ILIAS. Beachten Sie die angegebenen verbindlichen Textmengenvorgaben. Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 7 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Ihr Lexikon zur Werbung und Werbesprache (basierend auf Skript Zurgilgen/Albert) 1. Ziele der Werbung Nicht jede Anzeige will einfach verkaufen. Es gibt ganz verschiedene Werbeziele, die unterschiedliche Strategien erfordern. Einführungswerbung Es soll über ein neu kreiertes Produkt informiert werden, das Produkt soll bekannt gemacht werden, ein Markenimage aufgebaut werden. Erhaltungs- oder Erinnerungswerbung Ein bekanntes Produkt wird beworben. Ziel der Werbung ist, an seine Existenz zu erinnern und den Absatz zu halten und zu fördern. Stabilisierungswerbung Der Absatz eines Produkts ist durch Konkurrenz bedroht. Mit Werbung werden Verkaufseinbrüche und eine Verschiebung von Marktanzeilen zum Konkurrenzprodukt zu verhindern versucht. Expansionswerbung Der Marktanteil eines Produkts soll ausgebaut und erweitert werden. Imagebildung Ein übergreifendes Werbeziel ist die Imagebildung, das sich auf Produkte, aber auch auf Unternehmen beziehen kann und damit – je nach Marktsituation – meist zugleich der Erhaltung oder Stabilisierung dient. Imagebildung spielt vor allem in Krisensituationen eine wichtige Rolle, wenn das Ansehen und die Marktposition eines Unternehmens oder seine gesellschaftliche Rolle gefährdet sind. AIDA-Formel In den USA wurde in den Sechzigerjahren die so genannte AIDA-Formel geprägt. Sie listet die Wirkungsabsichten der Werbung auf: Attention – Interest – Desire – Action. Werbung soll Aufmerksamkeit erregen, um dann Interesse zu wecken, das zu Wünschen führt, die eine Kaufhandlung auslösen. 2. Text als Handlungsträger Texthandlung „über Existenz und Beschaffenheit des Produktes informieren“: a) b) c) Produkt explizit nennen Produkt beschreiben Anwendungsmöglichkeiten aufzeigen Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 8 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Texthandlung „zum Kauf bewegen“ a) b) c) d) e) Verkaufsargumente aufführen Verkaufsmodalitäten nennen Emotionen ansprechen Werte ansprechen Autoritäten zitieren 3. Persuasive Funktion von Sprache Um ihre Ziele zu erreichen, ist die Werbesprache persuasiv gestaltet. Persuasiv meint „überredend, überzeugend“, im Gegensatz zu „manipulativ“ (jemanden ohne sein Wissen oder gegen seinen Willen beeinflussen“). Darum ist die Werbesprache stark intentional konstruiert und inszeniert. Mögliche Funktionen des persuasiven Prozesses in einem Text sind: a) b) c) d) e) Aufmerksamkeit aktivierende Funktion (zum Beispiel auffällige Typographie, auffällige Wörter). Akzeptanzfunktion: der dargestellte Sachverhalt soll glaubwürdig sein (Zitieren von Autoritäten) Erinnerungsfunktion: Wiederholung, Reim, Alliteration Vorstellungsaktivierende Funktion: Aufzeigen von Möglichkeiten, die Besitzer des Produktes haben Ablenkungs- und Verschleierungsfunktion: Alle Mechanismen, die von der Persuasionsabsicht ablenken. 4. Argumentation Argumentation in der Werbung ist monologisch. Diese muss im Gegensatz zur dialogischen nicht in Form von Rede und Gegenrede aufgebaut sein, dass allfällige Einwände schon prophylaktisch ausgeräumt werden. Dabei geht es nicht um Objektivität und Diskussion von Vor- und Nachteilen. Ein syllogistisches Schlussverfahren ist nicht geplant. Zwei Argumentationsverfahren kommen in der Werbung zum Zug. Sie sind dieselben wie in der Alltagskommunikation: a) Enthymemargumentation: Das Enthymem ist ein dreigliedriger Argumentationsschritt: Der Geltungsanspruch einer strittigen Aussage wird mit Hilfe einer unstrittigen Aussage gestützt. Ein Beispiel: Die Werbung für ein Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 9 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung b) Joghurt argumentiert mit den Vitaminen, die es enthält. Dies ist das Argument, das dafür spricht, es zu kaufen. Beispielargumentation: Dabei unterscheiden wir das induktive und das illustrative Beispiel. Das illustrative dient der Verstärkung des Gesagten. Das induktive Beispiel zieht einen Schluss vom Besonderen auf das Allgemeine. Ein Beispiel: Die Magnum-Werbung, in der ein junger Mann eigentlich Kondome kaufen will, sich aber spontan für den Kauf eines Magma-Eises entscheidet. Der Genuss ist mit einem extremen Beispiel belegt. Bei der Enthymemargumentation gibt es feste Muster von Schlussfolgerungen: Alltagslogische Schlussverfahren: a) Kausalschlüsse (Topos Ursache-Wirkung, Mittel-Zweck) b) Vergleichsschlüsse c) Gegensatzschlüsse d) Einordnungsschlüsse e) Beispiele (von einem Beispiel auf ein Ganzes schliessen) Konventionalisierte Schlussfolgerungen: a) Analogie („Drei, die Hilfe holen“. Gezeigt werden Flipper, Lassie und ein Tele-Aid-System). b) Topos der Person: (Dynamische Person trinkt Fanta) c) Topos der Autorität Auffällig ist, dass bei der Argumentation in der Werbung die Konklusion oft offen bleibt. Sie wird dem Leser überlassen. Das wirkt subtiler. Zudem scheint eine selbst gefundene Konklusion glaubwürdiger. 5. Die sprachliche Form Lexik Konnotation: Begleitvorstellungen, die an den Begriff selbst bzw. die damit bezeichnete Sache gebunden sind. Assoziationen: Verknüpfungen zu anderen Begriffen und Sachverhalten a) Wortarten und Wortbildungen Alle Studien zur Werbesprache stellen eine deutliche Bevorzugung von Nomen fest. Diese dienen auch als Referenz. Nur mit Nomen kann man auf Gegenstände und Sachverhalte Bezug nehmen (also referieren). Verben dagegen dienen der Personifizierung und Aktivierung: Gegenständen werden Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 10 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Handlungen zugeschrieben. Sie eröffnen auch Handlungsmöglichkeiten für den Empfänger. Adjektive stehen seit neustem oft alleine oder in Reihung und kommen immer häufiger als Modalangaben vor („Genial gebaut“ – „natürlich schön“). Stehen sie in dieser Reihung allein, können sie auf verschiedene Dinge bezogen werden (Aussage über eine Eigenschaft des Produkts, Aussage über den Empfänger oder Qualität einer Handlung). Eine Möglichkeit der Wortbildung sind Neologismen (neu gebildeter sprachlicher Ausdruck, Augenblickskompositum). Meistens handelt es sich um Kompositionen von zwei schon bekannten Ausdrücken, quasi als Einsparung einer umständlichen sprachlichen Konstruktion (Frischeflirt, Vitaminversprechen, magenzärtlich, unkaputtbar, aprilfrisch). b) Fremdsprachiges Folgende Fragen sind dabei interessant: • Auswahl des Sprachmaterials (aus welchen Sprachen, Welche Lexeme, Wortarten, einzelne Morpheme, ganze Wörter, Sätze?) • Vorkommen und Verteilung (Wie viele Elemente? Wo?) • Grafische und phonetische Form der Übernahmen (angepasst, damit gespielt?) • Bedeutung (Denotat, Konnotat? Bedeutungswandel im Deutschen?) • Funktionen, stilistische Absicht c) Hochwertwörter – Schlüsselwörter – Plastikwörter Hochwertwörter sind all jene Ausdrücke, die ohne einen Komparativ oder Superlativ geeignet sind, das damit Bezeichnete aufzuwerten (ideal, genial, vollendet). Schlüsselwörter dagegen haben nicht nur aufwertende Funktion, sondern sie nehmen temporär eine Schlüsselstellung im Gedankengut der Werbung ein, momentan etwa Schutz, Pflege, Bio, natürlich, Sicherheit, Nachhaltigkeit. Plastikwörter nennt man populäre, umgangssprachliche Begriffe, die aus der Wissenschaft übertragen werden, hier das Ansehen allgemein gültiger Wahrheiten erhalten und nun autorisiert in die Umgangssprache zurück wandern (Geprägt von Uwe Pörksen 1992). Ungezählte diffuse Eindrücke werden auf einen Begriff gebracht (Entwicklung, Fortschritt Prozess, Struktur). Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 11 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Phraseologie Phraseologismus ist im weitesten Sinn der Oberbegriff für alle Syntagmen und Redewendungen, die sich durch ihren Wortgruppencharakter und eine relative Stabilität auszeichnen. Sie können nicht ohne weiters durch Attribute ergänzt werden („In Teufels heisse Küche kommen“). Auch ihr Wortbestand lässt sich kaum verändern („in den Rasen beissen“. Zu den Phraseologismen gehören auch feste Redeformeln („Guten Morgen“), geflügelte Worte und Sprichwörter. Die Werbung spielt mit Phraseologismen, verändert und benutzt sie. Sie können dann durch Mehrdeutigkeit überraschen und amüsieren („Haben Sie daran gedacht, dass Ihre Füsse den ganzen Tag auf den Beinen sind?“) Syntax Die Werbung arbeitet vor allem in Slogans mit unvollständigen Sätzen. Kurze Sätze sind ein weiteres Merkmal der Werbesprache. Ausrufe-, Aufforderungs- und Fragesätze spielen eine untergeordnete Rolle. Meistens arbeitet die Werbung mit Aussagen. An zweiter Stelle stehen Fragen. Textgrammatik Da die Werbesprache oft nicht mit ganzen Sätzen arbeitet, ist es umso wichtiger, dass Kohäsion und Kohärenz geschaffen wird (Siehe Skript „Schreiben für Wissenschaft und Praxis – Textlinguistik“). Zentral ist dabei der Begriff der Rekurrenz. 6. Besondere Werbestrategien Rhetorik in der Werbung Rhetorik hat in der Werbung eine zentrale Bedeutung. Sie orientiert sich an der klassischen Rhetorik, die klare Regeln für persuasive Reden aufgestellt hat. a) Rhetorischer Textaufbau Als Redearten für die Werbung interessant sind die Feierrede und die Überzeugungsrede. Zu den Zielen des Redners zählen hier: Belehren (docere), Beweisen (probare), Für-sichGewinnen (conciliare) und das Erfreuen (delectare sowie das emotionale Bewegen (Movere) und das Anstacheln (concitare). All diese Ziele lassen sich auch in der Werbung finden. b) Rhetorische Figuren Ihre mögliche Funktion in persuasiven Werbetexten könnte die Erinnerung an Vertrautes sein, mit der die Werber dann spielen. Rhetorische Figuren: Repetition! (siehe Frischherz u.a., Wirkungsvolle Reden und Präsentationen, 2011) c) Sprachspiele Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 12 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Ein Sprachspiel lässt sich durch zwei Merkmale charakterisieren: Von der Form her ist es eine spielerische Abweichung von der sprachlichen Norm und eignet sich deshalb dazu, Aufmerksamkeit zu erregen. Zum Anderen erfolgt diese Abweichung absichtlich mit dem Ziel, eine komische, witzige und persuasive Wirkung zu erzeugen. Die Abweichungen werden in anderem Kontext als Fehler geahndet. Hier bedeuten sie Mehrwert und zusätzliche Aussage. Die Entschlüsselung dieses Mehrwerts darf dabei nicht zu schwierig sein. Und der Empfänger soll sich danach nicht nur an den Witz, sondern vor allem an das Produkt erinnern. Wortspiele Phonetische (Spiele mit Wortgleichklang): „Der Held, was er verspricht“, Lautvertauschung, - Hinzufügung oder Versetzung: „Leckt schmecker“, „Unnachrahmlich“, „Massenteurismus“, Lautverschriftung: „Schnupfn“. Morphologische Verfahren: Spiel mit Komparativen: „Gut. Besser. Paulaner“, Spiel mit ungrammatischen Wortformen: „Tankwart und wart und wart“, Spiel durch Neubildungen: „Unkaputtbar“. Syntaktische Verfahren: Mittels rhetorischer Figuren: „Genial einfach. Einfach genial“, Spiel mit Verben: „Heben sie sich ab, aber heben sie nicht ab“, Spiel mit normwidriger Syntax; „denn kleiner ist schöner ist besser“. Phraseologische Verfahren durch Ersetzen, Hinzufügen oder Weglassen eines Ausdrucks in einer festen Redewendung: „“Der klügere Gurt gibt nach“. Grafische und orthografische Verfahren: Spiel mit Interpunktion und Grafik: „SchreIBMaschine“, „Alfaspider. Auf. Und davon“, Spiel mit der Typografie, zum Beispiel Wahl der Schrift bei griechischen Wochen von McDonald’s. Kontextspiele Die Erwartungen des Empfängers, die sich auf den Zusammenhang von Textinhalt und Kontext, Situation sowie Textsorte beziehen, werden verletzt, zum Beispiel ein Inseratetext in Briefform. Referenzspiele Personifizierung, Kontextkombinationen, die gebrochen werden: Zylinder (Hüte) anstelle von Autozylindern zeigen, Anspielungen auf der Text-Bild-Basis. Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 13 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Inszenierung von Varietäten Die drei häufigsten Varietäten in der Werbung sind Fachsprache, Jugendsprache und Dialekt. a) Fachsprache Die Fachsprache dient einer zweckgerichteten, weit gehend emotionslosen Kommunikation zwischen Fachleuten über die Gegenstände ihres Fachs. Die Fachsprache in der Werbung dient nicht dieser Art von Kommunikation, sondern will wissenschaftliche Autorität ausstrahlen. Die Eigenschaften der Fachsprache (Genauigkeit, Fehlen von Konnotationen und Sachbezogenheit) sind hier nicht relevant. Daher werden fachsprachliche Ausdrücke in der Werbung auch erst erfunden („Pflegevitamin“, „Bodysplash“, Computerwerbung, Lebensmittelwerbung). b) Jugendsprache Wenn man Jugendsprache als Sondersprache mit sozialer Identifikations-, Abgrenzungs- und zum Teil Protestfunktion versteht, muss ihr Einsatz in der Werbung gut überlegt sein. c) Dialekt Dialekt wird vor allem im Fernsehen und Radio eingesetzt. Im Inserat eignet sich Dialekt für regionale Werbung. Die Ausdrücke müssen jedoch allgemein verständlich sein. Intertextualität Gemäss Linke Nussbaumer (1997) lässt sich vom Begriff Intertextualität für die Werbung die Frage ableiten, wie ein Text auf andere Texte anspielt, sie zitiert, nachahmt, parodiert oder karikiert. Werbung steckt voller Abspielungen. Dabei wären folgende Fragen interessant: Funktion der intertextuellen Anspielungen? Welche Texte werden aus welchem Grund woher geholt? Welcher argumentativen Strategie dienen sie? 7. Interpunktion und Typografie Als beliebtestes Satzzeichen in der Werbung gilt der Punkt. Er grenzt ab, verdichtet die Aussage, reiht aneinander und setzt gleich. Eine andere Tendenz ist, dass zwischen Produktname und Slogan kein Punkt mehr steht, sondern der Produktname grafisch abgesetzt wird. Der Doppelpunkt grenzt weniger ab, weckt aber Erwartungen auf das Folgende. Ein Bindestrich setzt Produktname und Slogan gleich. Das Komma gilt als weicheres Trennmittel, als der Punkt und wird in der Werbung gleich verwendet wie in anderen Texten. Fragezeichen sind häufiger als Ausrufezeichen. Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 14 Systematische Textanalyse: Beispiel Werbung Mit Hilfe der Typografie stellt die Werbung einzelne Ausdrücke oder Wortteile heraus. Eingesetzt werden verschiedene Schriftarten, Versalien, Kursivdrucke und Farbe. Kommunikation: Texte und Konzepte für Unternehmen HS 2015 – [email protected] 15