Folgen und Reihen 10. Spezielle Folgen: Die Fakultätszahlen Die Fakultätszahlen spielen in der Kombinatorik und der Wahrscheinlichkeitsrechnung eine grosse Rolle. Sie können aber auch als einfache Folge betrachtet werden. Das n–te Glied an der Folge berechnet sich als Produkt aller natürlichen Zahlen von 1 bis n. a1 = 1 = 1! a2 = 1.2 = 2 = 2! a3 = 1.2.3 = 6 = 3! an = 1.2.3.….(n–1).n = n! Die Folge der Fakultätszahlen lässt sich zwar rekursiv definieren (a1 = 1, an+1 = an·(n+1)), aber es ist keine explizite Definition bekannt. Aufgaben 1. Die Fakultätszahlen wachsen mit steigendem n rasant an. Für welches n kann der Taschenrechner n! noch berechnen? Die folgenden Aufgaben zeigen, wie die Fakultät in der Kombinatorik und der Wahrscheinlichkeitsrechnung vorkommt. 2. Acht Sprinter und Sprinterinnen bestreiten ein 100 m–Rennen. Wie viele verschiedene Ranglisten sind theoretisch möglich? 3. Beim Lotto werden 6 Zahlen aus 45 gezogen. Wie viele verschiedene Ziehungen sind möglich? Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem Tipp einen Sechser zu machen? Lösungen 2) 40'320. 3) 8'145'060, 1.23·10–7. Seite 10 Folgen und Reihen 11. Spezielle Folgen: Die Fibonacci–Folge Zu den grossen Meistern der Mathematik gehört Leonardo von Pisa, genannt Fibonacci (etwa 1180–1228). In seinem Werk "Liber abaci" aus dem Jahre 1202 entnehmen wir folgendes Problem: Ein Kaninchenpaar wirft vom 2. Monat an in jedem Monat ein junges Paar und die Nachfahren verfahren ebenso. Wie viele Kaninchenpaare leben nach n Monaten, wenn zu Beginn der Zählung genau ein Paar vorhanden war? Aufgaben 1. Berechnen Sie die Zahl der Paare während der ersten 10 Monate! Die Zahlenfolge, die Sie erhalten, ist die sog. Fibonacci–Folge. 2. Die Folge der Fibonacci–Zahlen kann man rekursiv definieren. Zu jedem Zeitpunkt n haben wir Paare mit Nachwuchs, Paare ohne Nachwuchs und die Neugeborenen. Überlegen Sie sich: Wie viele und welche Paare haben zum Zeitpunkt 4, 5, 6, n Nachwuchs? Welche Paare haben noch keinen Nachwuchs? Können Sie jetzt eine rekursive Definition finden? 3. Die explizite Definition der Fibonacci–Folge ist äusserst kompliziert. Sie sehen Sie unten notiert. Ist es nicht erstaunlich, dass Sie bei dieser komplizierten Formel immer natürliche Zahlen erhalten? n n 1 1+ 5 1− 5 F(n) = − 2 5 2 Weitere Aufgaben € 4. Berechnen Sie mindestens die ersten 20 Glieder der Fibonacci–Folge. Untersuchen Sie nun den Quotienten von zwei aufeinander folgenden Gliedern? Der Quotient strebt offensichtlich gegen eine Zahl. Diese heisst goldener Schnitt. 5. a) Wir ordnen n Münzen jeweils auf möglichst viele Arten in Reihen an. Dabei müssen Münzen der oberen Reihen immer zwei Münzen der darunter liegenden Reihe berühren. Die Zahl der Möglichkeiten für n Münzen scheint gerade die n–te Fibonacci–Zahl zu sein. Stimmt das? b) Die n–te Münzengruppe hat genau n Münzen in der untersten Reihe. Darauf werden auf alle möglichen Arten weitere Münzen getürmt. Zählen Sie die Möglichkeiten! Spielt hier die Fibonacci–Folge mit? 6. Auch die Folge 3, 5, 8, 13, 22 erinnert an die Fibonacci–Zahlen. Aber halt! Die letzte Zahl passt nicht in die Reihe. Wie lautet das Bildungsgesetz dieser Folge? Lösungen 2) a1 = 1, a2 = 1, a3 = a2+a1, allg. an+2 = an+1+an. 4) an+1/an → 1.618…. 5a) nicht F.; b) F. 6) Verdoppeln und 1 subtrahieren, verdoppeln und 2 subtrahieren, etc. Seite 11 Folgen und Reihen 12. Spezielle Folgen: Die Primzahlen Primzahlen faszinieren die Mathematikerinnen und Mathematiker seit langem. Sie tauchen an verschiedenen Stellen in der Mathematik auf. Aber viele Probleme, die im Zusammenhang mit Primzahlen stehen, sind bis heute ungelöst. Für die Primzahlenfolge gibt es weder eine rekursive noch eine explizite Formel. Entsprechend muss für jede Primzahl einzeln bewiesen werden, ob sie prim ist oder nicht. Eine Liste mit den grössen bekannten Primzahlen finden Sie unter http://www.utm.edu/research/primes/largest.html. Einige der wenigen Eigenschaften, die bekannt ist, geht auf den Griechen Euklid (4. Jht. v. Chr.) zurück: Satz von Euklid: Es gibt unendlich viele Primzahlen. Beweis: Nehmen wir an, es gäbe eine letzte und grösste Primzahl qn. Dann können wir alle Primzahlen bis qn in einer Primzahlenliste notieren: 2, 3, 5, 7, 11, 13, …, qn–1, qn. Jetzt bilden wir das Produkt aller Primzahlen der Liste und addieren 1. Wir wollen diese Zahl mit q bezeichnen. q = (2·3·5·7·11·13·…·qn)+1 Diese Zahl q kann eine Primzahl sein. Leider ist sie es aber nicht in jedem Fall, wie das folgende Beispiel zeigt: (2·3·5·7·11·13) + 1 = 510'511 = 59·509 Sie wissen aber, dass wir alle Zahlen in Primfaktoren zerlegen können. Für eine Primzahl ergibt sich nur ein Primfaktor, nämlich die Primzahl selbst. Für alle anderen Zahlen finden wir mindestens eine Primzahl, die kleiner als die Zahl selbst und Teiler derselben ist. Wir können also q, ob prim oder nicht, als Produkt p.a schreiben, wobei p eine Primzahl und a eine natürliche Zahl ist. Wir erhalten zwei Fälle: Fall 1: Ist q Primzahl, so ist p = q und a = 1. Damit haben wir eine Primzahl p gefunden, die grösser ist als die Primzahl qn. p kommt also nicht in der Liste aller Primzahlen vor. Die Annahme führt uns zu einem Widerspruch. Der Satz ist für diesen Teil bewiesen. Fall 2: q ist nicht Primzahl, sondern lässt sich als p·a schreiben mit a > 1 und p prim und p < q. Frage: Kommt p in der Liste aller Primzahlen 2, 3, ..., qn vor oder nicht? Nein! Die Zahl q können wir nämlich ohne Rest durch p dividieren, da q = p·a. Für die Zahlen aus der Primzahlenliste bleibt aber immer der Rest 1! Dies bedeutet, dass p nicht in der ursprünglichen Primzahlenliste vorkommt, obwohl p kleiner ist als q. Dies ergibt wieder einen Widerspruch. Die Annahme einer grössten Primzahl müssen wir damit endgültig ■ verwerfen. Aufgabe 1. Die folgende Formel scheint eine Primzahlenformel zu sein! pn = n2+n+41 a) Berechnen Sie die ersten Folgeglieder und überprüfen Sie, ob sie prim sind. b) Finden Sie das erste Folgeglied, das nicht prim ist! Seite 12