Kurt Winkler / Hans-Peter Brehm / Jürg Haltmeier Bergsport Sommer 2. überarbeitete Auflage Technik, Taktik, Sicherheit SAC-Verlag Projektleiter SAC: Bruno Hasler In Zusammenarbeit mit: Schweizer Alpen-Club SAC Club Alpin Suisse Club Alpino Svizzero Club Alpin Svizzer Risikobox: Viel Rot braucht auch viel Grün, sonst stürzt die Box ab, was im Allgemeinen auf ein (zu) hohes Risiko der geplanten Tour hinweist. Planen & Entscheiden 93 94 SAC – Bergsport Sommer Beispiel Hochtour: Liskamm, Überschreitung W Wer Bewertung Länge Abstieg Resultat E Bergführer mit zwei Gästen ZS, 3 Führerzeit: 6 h bis ins Lisjoch vom Lisjoch 1 h bis Cap. Gnifetti Tour zu riskant. Alternative gewählt: über Naso auf Corno Nero Beispiel Klettertour: Piz Badile N-Kante Wer Bewertung Länge Abstieg Resultat SAC-Tour: drei 2er-Seilschaften 5a+ (5a obl.) 2 h Zustieg, 7 h Kletterei 3 h zum Rif. Gianetti anspruchsvolle Tour mit vertretbarem Risiko Felsklettern 207 Vor dem Losklettern absprechen, ob abgeseilt oder abgelassen wird. Das Wort «Stand» bedeutet auf Mehrseillängenrouten, dass sich der Vorsteiger selbstgesichert hat und der Sichernde die Partnersicherung lösen soll. Dieses Wort ist beim Fädeln tabu, da der Sichernde die Partnersicherung vor dem Ablassen nie aushängen darf. Selbstsicherung erst aushängen wenn wir uns vergewissert haben, dass der Sichernde aufpasst! Am besten zuerst in das umgelenkte Seil hängen und erst dann die Selbstsicherung aushängen oder zumindest Blickkontakt mit dem Sichernden aufnehmen. Fädeln: 2. Variante Diese Lösung ist etwas einfacher als die Universal-Variante. Sie funktioniert aber nur bei einem genügend grossen Ring und sie benötigt mehr Seil. Wir empfehlen sie routinierten Kletterern als zusätzliche Variante. F D H D C G A B E s Selbstsicherung am Umlenkring mit Nabelschnur und gesichertem Karabiner (A). s Eine Seilschlaufe (B) durch den Umlenkring ziehen. s In der durchgezogenen Seilschlaufe (C) einen Achterknoten anbringen (D). Diesen mit einem gesicherten Karabiner in den Anseilring einklinken (E). s Losseilen, Seilende durch Ring ziehen (F). So verbessern wie die Übersicht. s Knoten und Seilverlauf kontrollieren. s Der Sicherungspartner spannt das Seil an (G). Der Kletterer zieht sich näher zur Umlenkung heran, hängt ins umgelenkte Seil und löst erst dann seine Selbstsicherung (H). So verhindern wir Missverständnisse mit fatalen Folgen. 220 SAC – Bergsport Sommer Express-Stand s s s s Ideal für Zweierseilschaft bei wechselndem Vorstieg. Benötigt wenig Material. Funktioniert auch bei weit entfernten Fixpunkten. Vor allem bei Bohrhaken. Expressstand bei wechselndem Vorstieg («Überschlagen»). s Selbstsicherung mit Partieseil: Mastwurf in gesichertem Karabiner im unteren Bohrhaken einhängen (A). s Expressschlinge in oberen Bohrhaken einhängen (B). s Gestrecktes Seil mit Mastwurf im oberen Karabiner der Expressschlinge fixieren (C). s Sicherungsgerät im Schraubkarabiner des unteren Bohrhakens einhängen und damit Nachsteiger sichern (D). s Wenn der Nachsteiger den Stand erreicht hat, fixiert er sich am Stand, z.B. mit Nabelschnur (E). s Neuer Vorsteiger wird mit 2. HMS-Karabiner am Körper gesichert (F). s Expressschlinge im oberen Bohrhaken als 1. Zwischensicherung einhängen (G). s Sicherung kontrollieren, Seil aus erstem HMS-Karabiner entfernen und losklettern. B C G A E D F Felsklettern 221 Bei gleichem Vorsteiger ergeben sich folgende Anpassungen: s Im unteren Bohrhaken zwei Karabiner einhängen, der untere mit Verschlusssicherung. Die Selbstsicherung im unteren Karabiner anbringen (A). s Expressschlinge in oberen Bohrhaken einhängen (B). s Gestrecktes Seil mit Mastwurf im unteren Karabiner der Expressschlinge fixieren (C). s Sicherungsgerät im unteren, gesicherten Karabiner einhängen (D). s Nachsteiger an beiden Bohrhaken mit Mastwurf im jeweils oberen Karabiner fixieren (E). s Partnersicherung am Körper einhängen (F). Expressschlinge im oberen Bohrhaken für 1. Zwischensicherung verwenden (wie oben, G). B E G C A E D F Rettung 281 Toprope: Seil zu kurz Das wichtigste ist ein Knoten im Seilende (oder das Ende anderweitig zu fixieren), damit wir merken, wann das Seil fertig ist und das Seilende nicht aus Versehen durch die Bremse durchrutscht. Erreicht der Kletterer noch den Fels, hängt er sich in einer (soliden!) Zwischensicherung ein, zieht das Seil oben ab und seilt von seiner Zwischensicherung aus weiter ab. Dabei bleibt in der Zwischensicherung normalerweise ein Karabiner zurück. An Stelle des Karabiners nur dann ein Maillon Rapide verwenden, wenn der Bohrhaken eine so grosse Öse hat, dass immer noch ein Karabiner direkt eingehängt werden kann – die nachfolgenden Kletterer danken es dir. Kann der Kletterer den Fels nicht mehr berühren, seilt sich der Sichernde am anderen Seilende an und klettert den noch eingehängten Zwischensicherungen nach aufwärts (er wird dabei vom Seilzug des abgelassenen Kletterers unterstützt), bis der erste Kletterer den Boden erreicht. Danach seilt der zweite Kletterer an einer Zwischensicherung ab. Ist ein zweites Seil vorhanden, so seilt sich der Kletterer los, nachdem er wie oben beschrieben den Boden erreicht hat. Dann knüpft er die Seile zusammen, hängt die HMS ein und lässt den Sicherer von seiner Zwischensicherung her wieder runter. Seilverlängerung Mit der «Seilverlängerung» bremsen wir unseren Partner mit zwei zusammengeknoteten Seilen über mehr als eine Seillänge ab. Klassische Variante Aus Sicherheitsgründen muss die dargestellte Reihenfolge eingehalten werden. Beim Üben empfehlen wir ein separates Sicherungsseil. s Zuerst die beiden Seile mit dem doppelten Spierenstich zusammenknoten (A). s Partner mit dem ersten Seil abbremsen (B). Etwa 2 m vor dem Seilende mit dem Blockierungsknoten fixieren und diesen absichern (C, siehe S. 141). s Das 2. Seil knapp hinter dem Verbindungsknoten mit separatem HMS-Knoten befestigen (D). Diesen mittels Blockierungsknoten fixieren und absichern (E). s In eine Hilfsreepschnur eine Achterschlaufe knoten (F, Durchmesser ca. 6 mm, Länge mindestens 3 m) und damit am belasteten 1. Seil möglichst weit oben einen Klemmknoten anbringen (G). 282 SAC – Bergsport Sommer B D H C E I F G A J K M L s Hilfsreepschnur in separatem HMS-Karabiner mittels HMS-Knoten straff am Stand befestigen (H), diesen mittels Blockierungsknoten fixieren und sichern (I). s Blockierung des 1. Seils (C) lösen und Partner weiter abbremsen (J). Dabei das Seil durch den Klemmknoten der Hilfsreepschnur gleiten lassen (Klemmknoten mit der Hand zurückhalten, K) und diesen erst kurz bevor der Seilknoten (A) den HMS-Knoten erreicht, greifen lassen (L). So verhindern wir, dass der Klemmknoten unerreichbar weit nach unten wandert. Zudem reicht eine kürzere Hilfsreepschnur aus. Rettung 283 s HMS-Knoten im 1. Seil (B) lösen. s Blockierungsknoten der Hilfsreepschnur (I) lösen und mit der Hilfsreepschnur abbremsen, bis Gewicht im 2. Seil hängt (M). s Hilfsreepschnur entfernen, dann mit 2. Seil weiter abbremsen. Immer zuerst die Seile zusammenknüpfen. Sonst kann ein schleifender Klemmknoten zum Absturz führen. Not-Variante Diese Variante zur Seilverlängerung ist besonders einfach und funktionell. Sie sollte nur im Notfall angewandt werden, weil die Seile beim Knoten stark abscheuern. Wichtig ist, die Seile mit einem Führerknoten zusammen zu knüpfen und einen grossen HMS-Karabiner zu verwenden. a a «a» so kurz wie möglich. Damit bleibt den «Hüpfer» des Abgelassenen klein.1 Beim Durchziehen der Seilenden die Finger nicht einklemmen! 1 Nach einer vollen Abseillänge ist die Seildehnung so gross, dass der Schlag auf die Verankerung kaum spürbar ist (winzig kleiner Sturzfaktor von ca. 0.01, siehe S. 132).